Sedlak0100 - Universität Wien

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Universität Wien
Einfach menschlich?
Eine diskursanalytische Analyse xenophober Töne
im Nationalratswahlkampf der FPÖ
Maria ARDUÇ-SEDLAK
mail: [email protected]
Zweite überarbeitete Fassung des
Vortrages desselben Titels,
gehalten beim "2. Round Table"
der EU-Beobachtungsstelle für Rassismus
am 3. Dezember 1999 in Wien
2
1. Einleitung
Anfang Oktober 1999 fand in Österreich die Wahl zum Nationalrat statt. Die Wochen und
Monate davor waren von einem Wahlkampf geprägt, der sich nicht nur durch die
Konzentration auf das Thema "Immigration" und "Ausländerpolitik" auszeichnete – und das,
obwohl die österreichische Ausländer- und Asylpolitik in den vergangenen Jahren zunehmend
restriktiver wurde (siehe HÖDL/WINTER 1998) –, sondern auch durch die heftige Polemik
und den ungewohnt aggressiven Ton bei der Diskussion dieses Themas. So sprechen
PolitikerInnen vor allem der linken Parteien sowie VertreterInnen unterschiedlicher
nichtstaatlicher Organisationen und der Kirche von einem "Rassismus, der ein bis dahin
ungekanntes Ausmaß erreicht hat" (NR-Abgeordnete Terezija Stoisits im "Hohen Haus") und
von einer "Verrohung der Sprache" im Wahlkampf.
Die vorliegende Studie hat es sich zum Ziel gesetzt, eben diese Sprache, den Diskurs zur
"Ausländerthematik", zu untersuchen. Konkreter formuliert, fokussiert sie auf den
diskriminierenden und rassistischen Repräsentationen von "AusländerInnen" – sei es von in
Österreich ansässigen, sei es von Flüchtlingen und ImmigrantInnen –, die während des
Wahlkampfes von VertreterInnen verschiedener Parteien evoziert wurden, um WählerInnen
zu gewinnen. Ich werde mich hierbei vorwiegend auf den Diskurs der Freiheitlichen Partei
Österreichs (kurz: FPÖ) beschränken, da
-
der Wahlkampf der FPÖ ganz offensichtlich xenophobe Töne enthalten hat und sich die
verschiedenen
Formen
eines
diskriminierenden
Sprachgebrauchs
anhand
der
Wahlkampfreden und -texte dieser Partei sehr gut illustrieren lassen;
-
erstmals in der Geschichte der Zweiten Republik die FPÖ stimmenmäßig zur
zweitstärksten Fraktion im Nationalrat geworden ist und damit die Möglichkeit einer
Regierungsbeteiligung in greifbare Nähe gerückt ist, während die ehemaligen
Koalitionsparteien, die
Sozialdemokratische Partei
Österreichs
(SPÖ) und die
3
Österreichische Volkspartei (ÖVP), massiv Stimmen verloren (die ÖVP fiel sogar auf den
dritten Platz hinter der FPÖ zurück)1, und
-
nicht zuletzt dieser Ausgang der Wahlen im In- und Ausland für großes Aufsehen und
Aufregung gesorgt hat, so daß in der Folge nicht nur Jörg Haider, der Obmann der FPÖ,
eine Tour zur Imagekorrektur durch verschiedene europäische Staaten und durch die USA
machte, sondern sich auch PolitikerInnen anderer Fraktionen – allen voran der
Bundeskanzler und der Bundespräsident – veranlaßt fühlten, dem Ausland gegenüber zu
versichern, daß Österreich kein "Naziland" und "die FPÖ-WählerInnen nicht alle Nazis"
wären (siehe z. B. den Artikel von Martin Killian in "Profil" vom 8. 11. 1999).
Dies bedeutet jedoch keineswegs, daß der Wahlkampf der anderen Parteien wie der der
"Unabhängigen" (DU), der Partei des Baumeisters Richard Lugner, oder der der beiden
Mainstream-Parteien SPÖ und ÖVP nicht ebenfalls diskriminierende und xenophobe
Elemente enthielt. Deren Wahlkampf ist jedoch ebenso wie der Wahlkampf der linken
Opposition in weiteren Studien aufzuarbeiten2.
Ebensowenig soll damit impliziert werden, daß nur in diesem Wahlkampf diskriminierende
Äußerungen von freiheitlichen oder anderen SpitzenpolitikerInnen gemacht wurden. Vielmehr
stellt der Wahlkampf im Sommer und Frühherbst 1999 ein Kapitel in einer langen Geschichte
von diskursiven und nicht-diskursiven Diskriminierungs- und Ausschließungspraktiken der
politischen Eliten dar. Dementsprechend erhebt die Arbeit keineswegs den Anspruch der
Vollständigkeit, sondern ist ein illustrativer Ausschnitt (In diesem Zusammenhang sei auf die
Studien von GRUBER 1990, REISIGL/WODAK 1998, WODAK/SEDLAK 1999,
1
Für das Liberale Forum (LIF), das neben den Grünen die linke Opposition im Parlament stellte,
endeten die Wahlen noch fataler – es scheiterte an der 5-Prozent-Hürde und schaffte den Einzug in den
Nationalrat nicht. Einzig die Grünen konnten neben den Freiheitlichen Stimmen zulegen.
2
Die Zunahme xenophober Töne während des Wahlkampfes führte zu lautstarken Protesten von
Seiten linker PolitikerInnen, engagierter KünstlerInnen und SchriftstellerInnen, NGOs und
WissenschafterInnen. So wurde u. a. unter dem Titel "Public Eye" eine Watch Group von SOS-
4
WODAK/VAN DIJK (eds.) 2000 bzw. auf die derzeit laufende Untersuchung der
niederländischen Sprachwissenschafterin Jessika TER WAL zum Diskurs der FPÖ im
Vergleich zu der rechtsextremen Lega Nord in Italien verwiesen).
Mit anderen Worten: Die vorliegende Arbeit versucht, xenophobe und rassistische
Tendenzen im Wahlkampf der FPÖ, d. h. die diskursive Produktion und Reproduktion von
Ausgrenzungspraktiken und deren Argumentation und Legitimation, aufzuzeigen. Kapitel 2
setzt sich zunächst allgemein mit dem Verhältnis von politischem Diskurs und Rassismus
auseinander. In Sektion 3 und 4 werden die theoretischen und methodischen Grundlagen
dieser Studie und das zugrundeliegende Datenmaterial beschrieben. Im nächsten Kapitel soll
anhand der empirischen Analyse von ausgewählten Beispielen illustriert werden, wie im
Diskurs der Freiheitlichen "AusländerInnen" und ÖsterreicherInnen in Form von Wir- und
Sie-Gruppen konstruiert und repräsentiert werden, indem in spezifischer Weise auf sie Bezug
genommen wird und jeder der beiden Gruppen bestimmte Eigenschaften zugeschrieben
werden. Des weiteren sollen einige Argumentationsmuster vorgestellt werden, mittels derer
die dadurch entstehenden Formen der Eingrenzung und Ausgrenzung bzw. Diskriminierung
gerechtfertigt und legitimiert werden. Im letzten Kapitel werden schließlich die wichtigsten
Ergebnisse der Analyse kurz zusammengefaßt und diskutiert.
2. Rassismus und politischer Diskurs
2.1. Rasssismus – auch ein diskursives Phänomen
Rassismus ist ein komplexes Phänomen, das u. a. aus soziologischer, politischer,
psychologischer und linguistischer Sicht diskutiert werden kann. In der Literatur finden sich
Mitmensch ins Leben gerufen, die es sich zur Aufgabe machte, den Wahlkampf hinsichtlich solcher
5
dementsprechend viele verschiedene Definitionen und Erklärungsansätze für Rassismus
(siehe z. B. POLIAKOV 1992; MILES 1993; CLAUSSEN 1994; ZERGER 1997). Bei einer
diskursanalytischen Herangehensweise steht der diskursive Aspekt von Rassismus im
Vordergrund, d. h. die Annahme, daß Rassimus sowohl eine Ideologie als auch eine Form von
sozialer Praxis ist, die sich auch diskursiv manifestiert.
..., nehmen wir an, daß Rassismus sowohl eine Ideologie einer synkretistischen Form als
auch eine diskriminierende soziale Praxis (inklusive eine diskursive Praxis) ist, die mehr
oder weniger institutionalisiert sein kann und die mehr oder weniger unterstützt wird von
hegemonialen sozialen Gruppen . Rassismus basiert auf der hierarchisierenden
Konstruktion von Gruppen von Personen, die als Abstammungsgemeinschaften
charakterisiert werden und denen spezifische kollektive, naturalisierte oder biologisierte
als beinahe unveränderlich gedachte Eigenschaften zugeschrieben werden. Diese
Eigenschaften hängen vor allem mit biologischen Merkmalen, dem Erscheinungsbild,
kulturellen Praktiken, Sitten, Traditionen, der Sprache oder sozial stigmatisierten
Vorfahren zusammen. Sie werden – explizit oder implizit, direkt oder indirekt – negativ
bewertet, und diese Bewertung stimmt mehr oder weniger mit hegemonialen Ansichten
überein. Als ein ideologisches mixtum compositum kombiniert Rassismus verschiedene
und manchmal sogar widersprüchliche Doktrinen, religiöse Ansichten und Stereotpye und
konstruiert dabei einen fast invariablen pseudokausalen Zusammenhang zwischen – mehr
oder weniger fiktiven – biologischen (genetischen und phänotypischen) und sozialen,
kulturellen sowie mentalen Eigenschaften. (WODAK/REISIGL 2000; meine
Übersetzung)
Konkret bedeutet dies, daß rassistische Meinungen und Vorurteile, d. h. diskriminierende und
ausschließende Praktiken, durch diskursive Mittel produziert, reproduziert und legitimiert
werden (siehe WODAK/REISIGL 2000). Rassistische Diskurse zeichnen sich dadurch aus,
daß bestimmte ethnische Gruppen als minderwertig gegenüber der eigenen Gruppe dargestellt
werden, indem ihnen generell negative Eigenschaften zugeschrieben werden, d. h. daß diese
ethnischen
Gruppen
systematisch
ausgegrenzt
und
diskriminiert
werden
MATOUSCHEK/WODAK/JANOUSCHEK 1995; WODAK/VAN DIJK 2000).
diskriminierender Elemente zu beobachten.
(siehe
6
2.2. Politischer Diskurs
Politisches Handeln ist zu einem großen Teil diskursives Handeln. Man denke hier nur an die
vielen politischen Handlungsfelder, bei denen Sprache eine wesentliche Rolle spielt: Im
Rahmen der Gesetzesgebung finden wir beispielsweise Richtlinien, Gesetzesvorschläge, entwürfe und –texte; im Bereich der öffentlichen Meinungsbildung Pressekonferenzen,
Interviews, Ansprachen und Reden von PolitikerInnen, und das Handlungsfeld der
Propaganda umfaßt u. a. Wahlkampagnen, Slogans, Flugblätter und Inserate. Diese
verschiedenen Klassen von Diskursgenres lassen unter dem Begriff "politischer Diskurs"
zusammenfassen (siehe WODAK/REISIGL 2000; VAN DIJK 2000).
Die verschiedenen Genres von Diskursen, die in einem Wahlkampf zu finden sind (Reden,
Slogans, Pressekonferenzen, TV-Konfrontationen etc.), betreffen vor allem den Bereich der
politischen Propaganda
und den Bereich
der öffentlichen Meinungsbildung und
Selbstpräsentation. Dementsprechend weisen sie eine Reihe typischer Merkmale auf, von
denen hier nur einige erwähnt werden sollen: Alle Formen von Diskursen und Texten im
Rahmen eines Wahlkampfes sind nach außen gerichtet und wenden sich an eine breite
Öffentlichkeit, nämlich an potentielle Wähler und WählerInnen, die es zu überzeugen und zu
gewinnen gilt. Sie sind somit von Natur aus persuasiv und ideologiegeladen.
Dementsprechend zeichnen sich u. a. durch eine positive Selbstrepräsentation (vs. der
negativen Repräsentation politischer OpponentInnen), Wertungen aller Art (positive
Bewertung des eigenen Standpunkt und Programms, negative Wertung der Standpunkte des
politischen Gegners, etc.) und einen hohen emotionalen Gehalt (Stimmungsmache) aus. Die
Inhalte sind aktuell und konfliktträchtig, d. h. betreffen wesentliche soziale Probleme – einer
der Gründe, warum das Thema "Immigration und Aufenthalt von AusländerInnen" in
Wahlkampfzeiten so gerne aufgegriffen wird. Schließlich und endlich bestimmt auch der
jeweilige Kontext der Wahlkampfveranstaltungen, -reden und –texte (Zielpublikum,
7
Öffentlichkeitsgrad, Situation vor Ort, ...) die thematische Orientierung und Ausformulierung.
So ist es beispielsweise kein Zufall, wenn in den sogenannten Arbeiterbezirken Wiens das
Thema "Arbeitslosigkeit" im Zusammenhang mit der Ausländerpolitik diskutiert wird.
2.3. Die politische Elite als Produzent und Reproduzent eines rassistischen Diskurses
Rassismus ist nicht auf bestimmte gesellschaftliche Schichten oder auf bestimmte Bereiche
beschränkt. Fremdenfeindlichkeit gegenüber und Diskriminierung von spezifischen
ethnischen Gruppen manifestieren sich nicht nur in Form des sogenannten Alltagsrassismus –
etwa im Berufsleben oder in der Straßenbahn – (ESSED 1991); sie sind ebenso in den Medien
und bei Eliten zu finden (VAN DIJK 1993). Die politische Elite ist davon keineswegs
ausgeschlossen. Nach VAN DIJK spielen politische und gesellschaftliche Eliten (dazu zählen
u. a. führende PolitikerInnen, Regierungsmitglieder und ParlamentarierInnen) eine zentrale
Rolle bei der Produktion und Reproduktion von rassistischen Ideologien, da sie leichter
Zugang zum öffentlichen Diskurs (z. B. Medien) haben und damit die verschiedenen Formen
öffentlicher und institutionalisierter Diskurse sehr stark beeinflussen und kontrollieren können
(siehe ZWERGER 1997). Wenn PolitikerInnen vorurteilsbehaftete und diskriminierende
Meinungen über ethnische Minderheiten und Immigration äußern und rechtfertigen, so hat
dies einen großen Einfluß auf die öffentliche Meinungsbildung. Es wäre allerdings eine grobe
Vereinfachung und Überbewertung der Eliten, würde man den zweifellos existierenden
alltäglichen Rassismus einzig auf den Rassismus der Eliten zurückführen. Die Beziehung ist
vielmehr sowohl als eine Top-down als auch als Bottom-up zu definieren, d. h. PolitikerInnen
prägen nicht nur den Alltagsrassismus in der Bevölkerung durch ihre diskursiven und nichtdiskursiven Aktivitäten, sondern werden auch in ihrem Handeln durch den "Rassismus von
unten" beeinflußt. Sie greifen nicht selten innerhalb der Bevölkerung existierende
8
Stimmungen und Vorurteile gegen bestimmte ethnische Gruppen auf und machen sie sich
zunutze, um beispielsweise in Wahlkampfzeiten Wählerstimmen zu gewinnen.
3. Theoretische und methodologische Grundlagen
3.1. Der diskurshistorische Ansatz
Die Kritische Diskursanalyse (CDA) versteht sich als eine interdisziplinär ausgerichtete
Disziplin, die sich mit den linguistischen Aspekten von sozialen Prozessen und Phänomenen
befaßt. Ausgangspunkt ist dabei die Annahme, daß Diskurse eine Form sozialer Praxis sind,
sowie die Annahme eines dialektischen Verhältnisses zwischen Diskurs und sozialer Praxis.
D. h. Diskurse konstituieren auf der einen Seite diskursive und nicht-diskursive Praktiken und
werden auf der anderen Seiten von diesen konstituiert (siehe WODAK/REISIGL 2000). Als
kritische Disziplin hat es sich die Kritische Diskursanalyse zur Aufgabe gemacht,
linguistische und diskursive Aspekte von Ideologien und Machtbeziehungen und damit
einhergehende Formen von Diskriminierung aufzuzeigen und deren Produktion, Reproduktion
und Legitimation kritisch zu hinterfragen (siehe u. a. TITSCHER et. al. 1998).
Die Beschäftigung mit dem Thema Rassismus ist daher einer der Forschungsschwerpunkte
innerhalb der CDA. In den letzten Jahren haben sich nicht nur verschiedene Ansätze
entwickelt, um die Beziehung von Rassismus und Diskurs zu erklären (vgl. VAN DIJKs
soziokognitiver Ansatz, die Studien von QUASTHOFF zu Vorurteilen und Stereotypen ,
JÄGERs Diskursstränge, ...); es entstanden auch zahlreiche Studien zu Diskurs und
Alltagsrassismus, Rassismus in den Medien, Rassismus und Eliten u. v. m. (vgl.
MATOUSCHEK/
WODAK/JANOUSCHEK
1995;
JUNG/WENGELER/BÖKE
WODAK/LEEUWEN 1999; WODAK/SEDLAK 1999, ARDUÇ-SEDLAK 2000).
1997;
9
Den theoretischen und methodischen Hintergrund der vorliegenden Arbeit bildet der
sogenannte diskurshistorische Ansatz in der Wiener Tradition, der in der Auseinandersetzung
mit Diskurs und Antisemtitismus bzw. Rassismus entstand und weiterentwickelt wurde (siehe
z. B. WODAK et. al. 1990, GRUBER 1991, REISIGL 1999). Diskurse werden hier in ihrem
sozio-historischen Kontext analysiert, d. h. alle verfügbaren Informationen über die sozialen
und politischen Felder, in denen ein Diskurs eingebettet ist, werden in die Analyse
einbezogen. Diese erfolgt auf dem Hintergrund eines dreidimensionalen Analyseschemas:
Nachdem zunächst die spezifischen Inhalte eines bestimmten Diskurses mit (möglichen)
xenophoben und rassistischen Tendenzen identifiziert werden, gilt es die diskursiven
Strategien zu untersuchen, in denen Diskriminierung und Rassismus zum Ausdruck kommen.
Zuletzt werden die linguistischen Mittel und die jeweiligen kontextabhängigen linguistischen
Realisierungsformen diskriminierender Vorurteile und Stereotype herausgearbeitet.
3.2. Einige Kategorien zur Analyse von rassistischen Diskursen
In den zahlreichen linguistischen Studien zu Diskurs und Rassismus wurden eine Reihe
von linguistischen und rethorischen Kategorien entwickelt und herausgearbeitet, mittels derer
sich diskrimininerende und rassistische Tendenzen in verschiedenen Formen von Diskursen
identifizieren und nachweisen lassen. Hierzu zählen etwa Metaphern, Vagheit, syntaktische
Strukturen wie Passivierungen und Nominalisierungen, Implizitheit, Disclaimer, Modalität
und Perspektive, um nur einige wenige zu nennen (siehe VAN DIJK 2000, REISIGL 1999).
In der vorliegenden Studie sollen xenophobe und rassistische Töne im Wahlkampf der
FPÖ vornehmlich anhand der folgenden drei Fragen aufgezeigt werden:
1) In welcher Form wird auf ÖsterreicherInnen und "AusländerInnen" Bezug genommen?
Werden verschiedene Gruppen von ÖsterreicherInnen und "AusländerInnen"
unterschieden? Wenn ja, welche?
10
2) Welche Eigenschaften, Qualitäten und Aktivitäten werden ihnen zugeschrieben?
Inwieweit sind diese Zuschreibungen diskriminierend und vorurteilsbehaftet?
3) Welche Argumente liefert die FPÖ, um die spezifischen Repräsentationen von
ÖsterreicherInnen
und
"AusländerInnen"
und
die
damit
einhergehenden
Ausgrenzungen und Diskriminierungen zu rechtfertigen und zu legitimieren?
In Entsprechung zu diesen Fragen wurden für die Analyse daher die folgenden drei
Kategorien ausgewählt:
1) Referentielle Strategien (Strategien der Benennung),
2) Prädikative Strategien (Strategien der Merkmalszuschreibung) und
3) Argumentative Strategien (Strategien der Argumentation).
Eine genaue Definition der Kategorien erfolgt im jeweiligen Abschnitt der Analyse (siehe
auch den Anhang).
4. Beschreibung des Datenmaterials
Um ein möglichst repräsentatives Bild des FPÖ-Wahlkampfes aus linguistischer Sicht zu
geben, wurden für die vorliegende Arbeit verschiedene Materialien gesammelt. Hierzu zählen
vor allem
-
das FPÖ-Wahlprogramm;
-
der sogenannte "Haider-Prinzhorn-Plan"
(http://www.fpoe-wahl.at/fpoezentrale/nrz_content.htm);
-
Flugblätter, die vor der Wahl an PassantInnen verteilt wurden (Glaubwürdig für uns
Wiener!, Einer, der für Österreich arbeitet);
-
die TV-Konfrontation zwischen den Parteichefs der fünf im Nationalrat repräsentierten
politischen Parteien im September 1999, d. h. zwischen Bundeskanzler Viktor Klima
11
(SPÖ), Vize-Kanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP), Jörg Haider (FPÖ), Alexander van der
Bellen (Grüne) und Heide Schmidt (LiF);
-
Plakate (Wir garantieren: Stop dem Asylmißbrauch!; Wir garantieren: Stop der
Überfremdung!; Zwei echte Österreicher);
-
APA-Meldungen zu Aussagen freiheitlicher Spitzenpolitiker, und
-
verschiedene Zeitungsartikeln (Wiener Freie Zeitung sowie Der Standard, Wiener
Zeitung, Der Kurier sowie einige Bezirkszeitungen)3.
5. Analyse
5.1. Linguistische Konstruktion von verschiedenen In- und Out-Gruppen
In den Wahlkampfreden und –texten der FPÖ werden verschiedene Gruppen von sozialen
Akteuren konstruiert – nämlich
-
"die ÖsterreicherInnen", sprich die potentiellen WählerInnen,
-
"AusländerInnen"4,
-
die FPÖ und ihre VertreterInnnen,
-
PolitikerInnen der anderen Parteien, insbesondere die KandidatInnen für die
Nationalratswahlen, und
-
3
andere (z. B. RepräsentantInnen von Organisationen, SchriftstellerInnen, etc.).
An dieser Stelle möchte ich mich beim Dokumentationsarchiv für den Österreichischen Widerstand
und bei SOS-Mitmensch für das Datenmaterial bedanken, das man mir für diese Studie zur Verfügung
stellte.
4
Der Begriff "AusländerIn" wurde hier ganz bewußt unter Anführungszeichen gestellt, da er von
seiner Begriffsgeschichte her negativ konnotiert ist und auf das jus sanguinis abzielt. Denn
"AusländerIn" bleibt "AusländerIn", wenn man nicht von Geburt an ÖsterreicherIn ist – unabhängig
davon, wielange der oder die Betreffende in Österreich lebt (siehe REISIGL 1999)
12
Für diese Studie sind allerdings nur die Gruppe der "ÖsterreicherInnen" und die der
"AusländerInnen" von Bedeutung. In den folgenden Sektionen werden wir der Frage
nachgehen, in welcher Form die beiden Gruppen im Diskurs der FPÖ repräsentiert werden,
welche Eigenschaften ihnen zugeschrieben werden und welche diskursive Mechanismen und
Mittel dabei eingesetzt werden.
Graphik 1: Konstruktion einer "österreichischen" Gruppe und einer Guppe von
"AusländerInnen"
ÖsterreicherInnen
"AusländerInnen"
Die Konstruktion und Repräsentation der beiden Gruppen erfolgt zu allererst über
sogenannte referentielle Strategien, d. h. über die linguistische Identifikation durch eine
spezifische Benennung. Referentielle Strategien werden in erster Linie in Form von Nomina
und Nominalkonstruktionen realisiert, aber auch Personalpronomina und Adjektiva spielen in
diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle. Da die verschiedenen Referenzformen mit
positiven oder negativen Konnotationen verknüpft sind – durch die Art und Weise der
Benennung werden den so identifizierten Akteuren bestimmte Eigenschaften zugeschrieben –
, stellen sie eine der einfachsten und elementarsten Formen der linguistischen und
rhetorischen Diskriminierung dar (REISIGL 1999).
13
5.1.1. Konstruktion einer "ÖsterreicherInnen"-Gruppe mittels referentieller Strategien:
Wenden wir uns zunächst der Gruppe der ÖsterreicherInnen zu, so finden wir die folgenden
Referenzformen, mittels derer diese Gruppe konstruiert wird (Man beachte, daß viele in der
nachstehenden Tabelle zitierten Beispiele sich nicht nur einer Strategie zuordnen lassen, da
hier im Grunde mehrere Strategien kombiniert werden5, eine Mehrfachzitierung unterbleibt
jedoch aus praktischen Gründen):
Tab. 1.: Einige referentielle Strategien zur Konstruktion einer österreichischen In-Gruppe
Strategien
Kollektivierung
Linguistische Mittel
Deiktika: "wir" "unser"
Beispiele
"unsere Heimat", "unseren
Wiener Kindern", "unseren
Grenzen", "unserer Stadt"
Kollektive mit Referenz auf die "die Bevölkerung"
In-Gruppe
Ethnisierung
Ethnonyme
"die Österreicher" bzw. "der
Österreicher" (pars pro toto)
"De-Spatialization":
de-toponymische
"Inländer", "der Wiener"
Referenz auf der Basis der Anthrophonyme
lokalen Orientierung
Adjektive
"die heimischen Beisln", "die
heimischen Familien", "die
heimischen Jugendlichen"
"Spatialization"
Toponyme
"Österreich" (toto pro pars)
Politisierung
Politonyme
"die Wähler"
Sozialisierung
Soziative
"unsere jungen Mütter"
Humanisierung
Anthroponyme
"die Menschen"
Wie die Analyse zeigt, verwenden die Freiheitlichen häufig das Personalpronomen "wir"
bzw. das Possessivpronomen "unser" sowie sogenannte Kollektive (z. B. die Bevölkerung),
wenn sie auf die Gruppe der "ÖsterreicherInnen" Bezug nehmen. Auf diese Weise wird
erstens diskursiv ein "österreichisches Kollektiv" geschaffen, es wird gleichsam der Eindruck
5
Beispiele für eine solche Kombination von referentiellen Strategien sind Formulierungen wie "die
heimische Jugend" (Strategie der Sozialisierung und Referenz auf der Basis der lokalen Orientierung)
oder "die österreichische Bevölkerung" (Strategie der Ethnisierung in Kombination mit der Strategie
14
vermittelt, es handle sich um ein homogenes Volk mit einer Kultur und einer Sprache
(Strategie der Kollektivierung). Die pronominale Referenz mittels "wir" und "unser" ist
hörerinklusiv und erlaubt es der AdressatInnengruppe, den potentiellen WählerInnen, sich mit
der so konstruierten Gruppe zu identifizieren (siehe auch ARDUÇ-SEDLAK 2000).
Auch die Referenz auf der Basis einer lokalen Orientierung spielt eine wichtige Rolle bei
der Repräsentation der ÖsterreicherInnen – durch Ausdrücke wie "die heimische Jugend",
"die heimischen Familien" bzw. "Inländer" wird der Aspekt des Im-Lande-Seins betont.
Gleichzeitig spielen diese Ausdrücke meiner Ansicht nach auf das jus sanguinis an, da damit
ja nicht eine zeitweilige Anwesenheit in Österreich gemeint ist ("AusländerInnen", die bereits
seit mehreren Jahren in Österreich leben, sind hier ausgeschlossen). Vielmehr wird hier im
Sinn von Endogenität auf die Herkunft, die Abstammung, Bezug genommen.
Weitere Formen der Benennung, mittels derer die "ÖsterreicherInnen"-Gruppe in den hier
untersuchten Daten repräsentiert werden, sind die der expliziten Ethnisierung ("der
Österreicher" bzw. "die Österreicher") sowie toponymische Referenz ("Österreich"). Die
altbekannte Forderung der FPÖ "Österreich(er) zuerst!"6, die auch in diesem Wahlkampf
erhoben wurde, ist ein klassisches Beispiel dafür.
Von besonderer Bedeutung im Rahmen einer positiven Selbstrepräsentation ist m. E. die
Gleichsetzung von ÖsterreicherInnen mit Menschen (Strategie der Humanisierung)7, eine
Strategie, die die FPÖ bei der Repräsentation von "AusländerInnen" nicht verwendet. So sind
in dem folgenden Beispiel einzig und allein ÖsterreicherInnen angesprochen:
der Kollektivierung), bei der die Referenz sowohl über den nominalen Ausdruck als auch über das
Adjektiv erfolgt.
6
Schon 1993 lief ein Volksbegehren der FPÖ gegen die Einwanderung und den Aufenthalt von
"AusländerInnen", für das 7,4% aller Wahlberechtigten stimmten, unter dem Slogan "Österreich
zuerst!".
7
Dementsprechend präsentierten sich FPÖ-PolitikerInnen im Wahlkampf (man denke etwa an die
"einfach menschlich – FPÖ"-Symbole auf Plakaten und Flugblättern) als VertreterInnen der
"Menschen", sprich der ÖsterreicherInnen, und ihre Politik als "menschlich", d. h. den
15
Wollen Sie sich diese sozialistische Politik gegen die Menschen wirklich weiter gefallen
lassen? Wenn nicht, dann können Sie am 3. Oktober mit einer Stimme für die FPÖ für
eine menschliche Zukunft Österreichs sorgen. Das Modell Kärnten hat bewiesen: Wo wir
Freiheitliche regieren, geht es den Menschen besser. (Flugblatt)
Neben den genannten Referenzformen finden sich in den Daten noch einige andere wie die
Strategie der Politisierung und die Strategie der Sozialisierung, auf die aus Platzgründen an
dieser Stelle jedoch nicht näher eingegangen werden kann. Alle die Gruppe der
ÖsterreicherInnen konstruierenden und repräsentierenden referentiellen Strategien haben aber
eine neutrale oder positive Konnotation, so daß sich potentielle WählerInnen in dieser Gruppe
erkennen und damit identifizieren können.
5.1.2. Konstruktion einer "AusländerInnen"-Gruppe:
Der Gruppe der "ÖsterreicherInnen" werden, soviel können wir schon nach einer ersten
Durchsicht der Daten sagen, "die AusländerInnen" gegenübergestellt. Diese Gruppe wird
mittels der folgenden referentiellen Strategien konstruiert und identifiziert, wobei ich nur die
wichtigsten herausgegriffen habe (siehe auch ARDUÇ-SEDLAK 2000):
Die weitaus häufigste Form der Bezugnahme auf Angehörige ethnischer Minderheiten
erfolgt durch Referenz auf der Basis der lokalen Orientierung, nämlich den Begriff
"Ausländer", der – wie schon gesagt – negativ konnotiert und diskriminierend ist.
Ebenfalls sehr oft kommt die Strategie der Ethnisierung zur Anwendung – und zwar
sowohl in Form von Ethnonymen (z. B. "Türken", "Nigerianer") als auch durch Adjektive
bzw. Nominalkonstruktionen, die auf die ethnische Zugehörigkeit bzw. die geographische
Herkunft hinweisen (z. B. "schwarzafrikanische Asylwerber", "Chinalokal"). Auffällig ist
hierbei, daß ganz bestimmte Ethnien herausgegriffen werden (siehe auch weiter unten).
Menschenrechten entsprechend und für die "Menschen" gedacht (siehe auch ARDUÇ-SEDLAK
16
Tab. 2.: Beispiele für referentielle Strategien zur Konstruktion einer nicht-österreichischen
Out-Gruppe
Strategien
Ethnisierung
Linguistische Mittel
Ethnonyme
"De-Spatiatlization":
Referenz auf der Basis der
lokalen Orientierung
Kriminalisierung
de-toponymische
Anthrophonyme
negativ konnotierte
Qualionyme
Funktionalisierung/Aktionalis Funktionyme/Aktionyme
ierung
Professionalisierung
Professionyme
Sozialisierung
Soziative
Religiosierung
Abstraktion/Objektivierung
Religionyme
Nominalisierungen
Beispiele
"Türken"
"indo-pakistanische Händler",
"schwarzafrikanische
Asylwerber", "nigerianische
und türkische Banden",
"türkische Staatsangehörige",
"Chinalokal"
"Ausländer"
Illegale", "illegale
Ausländer", "kriminelle
Ausländer", "konsequente
Abschiebung von illegalen
und straffälligen Ausländern"
freiwilllig: "Zuwanderer";
unfreiwillig: "Asylwerber",
"Flüchtlinge"
"Billigstarbeitskräfte",
"türkische Arbeitnehmer"
"Ausländerkinder",
"ausländische Jugendliche"
"Muslime"
"Ausländerzuzug",
"Einwanderungsstopp"
Anders als die Gruppe der "ÖsterreicherInnen" werden "AusländerInnen" außerdem immer
wieder durch die Strategie der Funktionalisierung und Aktionalisierung repräsentiert, d. h.
durch Ausdrücke, die auf das Faktum der Immigration nach oder Emigration von Österreich
hinweisen. Wie die Analyse des Kontextes zeigt, sind auf Immigration referierende
Benennungen wie "Zuwanderer" oder "Asylwerber" dabei tendentiell negativ konnotiert. In
vielen Fällen wird die Immigration nach Österreich sogar kriminalisiert.
Aber auch in anderen Zusammenhängen z. B. in bezug auf den Aufenthalt oder die
Beschäftigung von "AusländerInnen" in Österreich wird die Strategie der Kriminalisierung
2000).
17
gerne angewandt (z. B. wird über "kriminelle Ausländer", "Drogenhändler", "Illegale", usw.
gesprochen).
In den verschiedenen Texten und Reden finden schließlich sich auch eine Reihe von
Nominalisierungen, die mehr oder weniger direkt, aber eindeutig auf "AusländerInnen"
referieren (Strategie der Objektivierung und Abstraktion). Diese Nominalisierungen lassen
sich in bestimmte Themenblöcke gliedern – etwa die Immigration von "AusländerInnen" und
deren Regulation (z. B. "Zuwanderungsstopp", "Einwanderungsstopp", "Null-Zuwanderung",
"Ausländerzuzug"),
die
Verleihung
der
österreichischen
Staatsbürgerschaft
an
"AusländerInnen" (z. B. "keine vorzeitigen Einbürgerungen"), die Beschäftigung bzw.
Arbeitslosigkeit von "AusländerInnen" (z. B. "keinen Zustrom von Billigstarbeitskräften")
oder
Kriminalität
(z.
B.
"organisierte
Kriminalität",
"Ausländerkriminalität",
"Sozialmißbrauch", ...). Durch die Nominalisierungen kommt es zu einer Abstraktion und
Objektivierung: "AusländerInnen" werden – im Gegensatz zur Gruppe der ÖsterreicherInnen
– nicht mehr als Individuen oder Gruppen von Personen gesehen, sondern werden
entpersonifiziert und verdinglicht.
Auch wenn auf den ersten Blick manche der hier vorkommenden referentiellen Strategien
denen der bei der Repräsentation der ÖsterreicherInnen angewandten gleichen, zeigen sich bei
der Mikroanalyse, bei der Analyse der Realisierungsformen, wesentliche Unterschiede. So
haben viele der verwendeten Bezeichnungen a priori eine negative Konnotation bzw. erhalten
eine solche aufgrund des Kontextes – eine Identifikation mit der auf diese Weise
repräsentierten Gruppe wird dadurch erschwert bzw. unmöglich gemacht. Die Referenz in
Form von Nominalisierungen steht zusätzlich einer möglichen Identifikation entgegen.
Schon aufgrund dieser Analyse der referentiellen Strategien ist es legitim von einer positiv
besetzten "ÖsterreicherInnen"-Gruppe, der Wir-Gruppe, und einer negativ besetzten
"AusländerInnen-Gruppe, der Sie-Gruppe, zu sprechen.
18
5.1.3. Konstruktion von Subgruppen/Kategorisierung
Die zuvor angesprochene Gegenüberstellung von ÖsterreicherInnen und "AusländerInnen" ist
jedoch zu ungenau und unspezifisch. Bei einer genaueren Betrachtung der Daten ergibt sich
ein viel komplexeres Bild. Eine detaillierte Analyse macht zum einen deutlich, daß im
Diskurs der Freiheitlichen zwischen "gebürtigen" ÖsterreicherInnen und "eingebürgerten"
ÖsterreicherInnen unterschieden wird.
Graphik 2: Differenzierung der österreichischen In-Gruppe
ÖsterreicherInnen
gebürtige ÖsterreicherInnen
eingebürgerte ÖsterreicherInnen
An dieser Stelle sei nur auf das Wahlplakat mit Parteiobmann Jörg Haider und dem
freiheitlichen Spitzenkandidatwn Thomas Prinzhorn, "zwei echten Österreichern", verwiesen,
wo das Prädikat "echt" offensichtlich im Sinne von "gebürtig" zu verstehen ist. D. h. hier wird
bezug auf das jus sanguinis genommen – ÖsterreicherIn ist nur der oder die, der bzw. die als
solcher bzw. solche geboren ist. In ähnlicher Weise ist die in Anspielung auf die bekannte
Filmserie gebrauchte Formulierung "Ein echter Wiener geht nicht unter" (Flugblatt) zu
verstehen. Auch hier bezieht sich das Attribut "echt" auf die Herkunft, die Geburt der
Betreffenden.
"Echte" oder "gebürtige" ÖsterreicherInnen werden dabei positiver repräsentiert als
"eingebürgerte". So spricht sich die FPÖ wiederholt gegen eine "vorzeitige Einbürgerung"
ausländischer StaatbürgerInnen aus (Als vorzeitig wird dabei eine Einbürgerung verstanden,
19
wenn sich ein/e "AusländerIn" weniger als 10 Jahre in Österreich aufhält). VertreterInnen der
FPÖ unterstellen dabei nicht nur, daß die Zahl der vorzeitig eingebürgerten "AusländerInnen"
zu hoch ist. Es wird auch argumentiert, daß jenen durch die Einbürgerung Rechte zugestanden
werden – nämlich der Zugang zu Gemeindewohnungen und das Wahlrecht –, die ihnen nicht
gebühren. Das folgende Beispiel ist typisch für diese Argumentation:
Wußten Sie, daß ...
... die SPÖ-Wien 9300 Ausländern pro Jahr meist vorzeitig die österreichische
Staatbürgerschaft verleiht, und diese dadurch in den Genuß des Wahlrechtes kommen
und den Zugang zu den Gemeindewohnungen erhalten? (Flugblatt)
Auch die Gruppe der "AusländerInnen" stellt keine einheitliche homogene Gruppe dar, wie
es vielleicht zunächst den Anschein haben mag. Wenn die FPÖ über "AusländerInnen"
spricht, bezieht sie sich nicht auf "AusländerInnen" im allgemeinen. Vielmehr differenziert
sie zwischen verschiedenen Gruppen bzw. Kategorien von "AusländerInnen". Diese
Differenzierung erfolgt u. a. auf der Basis
-
der Zugehörigkeit zu einem EU-Staat oder einem Drittstaat, wobei innerhalb der
Drittstaaten wieder zwischen solchem mit hohem Ansehen (z. B. USA, Schweiz, Japan,
...) und solchen mit geringem Ansehen (z. B. Türkei, Rumänien, Nigeria, etc.)
unterschieden wird;
-
der ethnischen Zugehörigkeit bzw. der Herkunft (TürkInnen, SchwarzafrikanerInnen, OstEuropäerInnen, ...);
-
des Religionsbekenntnisses (Unterscheidung zwischen MuslimInnen und Nicht-MuslimInnen);
-
der Aufenthaltsdauer bzw. des Status in Österreich (GastarbeiterIn, Flüchtlinge,
ImmigrantIn, Familienangehörige, ...), sowie
-
der Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes in Österreich (Legale vs. Illegale).
20
EU-BürgerInnen sowie BürgerInnen aus "positiv besetzten" Staaten (USA; Schweiz, etc.)
werden grundsätzlich aus dem Diskurs ausgeklammert. Die Kampagnen der FPÖ richten sich
vielmehr gegen sogenannte Drittstaatenangehörige mit geringem Ansehen. Wir können in
diesem
Zusammenhang
von
einer
Strategie
der
Ethnisierung
sprechen,
d.
h.
"AusländerInnnen" werden aufgrund ihrer ethnischen Herkunft diskriminiert und ausgegrenzt.
Besonders deutlich wird dies durch so abwertende und eindeutig bestimmte Ethnien
stigmatisierende Ausdrücke und Formulierungen wie "Türkenfesten", "Türkenbezirken", einer
"(afrikanisch beherrschten) Drogenszene" oder "(überwiegend slowakische) Betteltouristen"
(siehe z.B. Bezirkszeitung – stadt journal Liesing + NÖ Süd). Insbesondere "AusländerInnen"
islamischen
Glaubens
(u.
a.
TürkInnen)
und
SchwarzafrikanerInnen
sind
von
Stigmatisierungen und Vorurteilen betroffen.
Innerhalb
der
Gruppe
der
Drittstaatenangehörigen
werden
wiederum
weitere
Unterscheidungen getroffen, die auf der Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes (Legale vs. Illegale)
sowie des Aufenthaltstatus und der Aufenthaltsdauer (ansässige GastarbeiterInnen,
Flüchtlinge, neue ImmigrantInnen) basieren. Auch in diesem Fall ist die Kategorisierung mit
einer bestimmten Wertung der einzelnen Subgruppen verbunden. Anders gesagt, eine
hierarchische Ordnung von "willkommenen" und "nicht willkommenen" "AusländerInnen"
wird
geschaffen.
Sogenannte
legal
ansässige
GastarbeiterInnen
(d.
h.
solche
"AusländerInnen", die in den sechziger und siebziger Jahren im Rahmen der
Anwerbungsprogramme eingewandert sind, somit seit Jahren in Österreich leben und arbeiten
und als mehr oder weniger integriert gelten) stehen dabei an der Spitze dieser Hierarchie. Auf
diese folgt die Gruppe der Flüchtlinge, wobei nur authentische Flüchtlinge, also solche
Flüchtlinge, die die Bedingungen der Genfer Konvention erfüllen, willkommen sind –
allerdings nur, solange sie nach gegebener Zeit wieder nach Hause zurückkehren (vgl. die
FPÖ-Forderung nach einer "Rückführung von Flüchtlingen nach Kriegsende in ihre Heimat").
An letzter Stelle kommen schließlich die "NeuzuwanderInnen". Sie bilden die große Gruppe
21
der "nicht willkommenen" "AusländerInnen", die sich u. a. aus verschiedenen Gruppen von
ArbeitsmigrantInnen (qualifizierte Schlüsselkräfte vs. Saisonniers vs. Au pairs vs. "billige"
Arbeitskräfte), StudentInnen und Familienangehörigen von ÖsterreicherInnen oder ansässigen
"AusländerInnen" sowie den sogenannten Illegalen zusammensetzt8.
Auch hier habe ich versucht, die verschiedenen Subgruppen, die im Diskurs der FPÖ
konstruiert werden, graphisch darzustellen. Aufgrund der zahlreichen Differenzierungen und
der teilweisen Überschneidungen ist die Graphik jedoch sehr stark vereinfacht:
8
Daß auch innerhalb der Gruppe der "NeuzuwanderInnen" eine hierarchische Wertung der einzelnen
Untergruppen erfolgt, hat nicht zuletzt die Diskussion zwischen dem bisherigen Innenminister Karl
Schlögl und dem freiheitlichen Parteichef und Kärtner Landeshauptmann Jörg Haider um die
"Ausländerquote" für das Jahr 2000 gezeigt. Nicht nur, daß die von Innenminister Schlögl
vorgeschlagene Quote von 290 NeuzuwanderInnen Jörg Haider zu hoch ausfiel, wollte jener die
letztendlich vereinbarten 60 Bewilligungen ausschließlich auf hochqualifizierte Spitzenkräfte
beschränken und wehrte sich vehement gegen die geforderte Quote für Familienangehörige (siehe
dazu etwa den Kommentar von Michael Völker im Standard, 13. 9. 1999).
22
Graphik 3: Differenzierung der "AusländerInnen"-Gruppe in verschiedene Subgruppen
AusländerInnen
US-AmerikanerInnen,
EU-BürgerInnen
Drittstaatenangehörige niedrigen Ansehens
SchweizerInnen, ...
ansässige AusländerInnen
"authentische" Flüchtlinge
Flüchtlinge
"ScheinasylantInnen"
ImmigrantInnen
legale ImmigrantInnen
ArbeitsmigrantInnen
"Schlüsselkräfte"
Saisonniers
Au pairs
niedrigqualifizierte ArbeiterInnen
StudentInnen
"Illegale"
Familienangehörige
23
Fassen wir unsere bisherige Analyse zusammen, so können wir von zwei Makrostrategien
sprechen, derer sich freiheitliche PolitikerInnen im Wahlkampf bedienen – der Strategie der
positiven Repräsentation der ÖsterreicherInnen und der negativen Repräsentation der
"AusländerInnen". Und im Rahmen dieser Repräsentationen finden wir die Strategie der
Homogeneisierung und ihr Gegenteil, nämlich die Strategie der Heterogeneisierung, wobei
die der Homogeneisierung primär bei der Repräsentation der ÖsterreicherInnen vorkommt
und die der Heterogeneisierung vor allem bei der Repräsentation der "AusländerInnen". Mit
anderen Worten: Die einzelnen Gruppen von AusländerInnen werden einerseits der großen
Gruppe der ÖsterreicherInnen gegenübergestellt, andererseits gegeneinander ausgespielt.
5.2. Zuschreibung von positiven und negativen Eigenschaften/Prädikation
Aus dem oben Gesagten geht bereits hervor, daß jeder dieser Gruppen bestimmte Prädikate, d.
h. stereotype Merkmale und Eigenschaften zugeschrieben werden. Diese mehr oder weniger
implizite Zuschreibung von Merkmalen erfolgt einerseits durch die spezifische Form der
Referenz, andererseits über bestimmte Adjektiva, Verben, Appositionen und Relativsätze, um
nur einige der dabei angewandten linguistischen Mittel zu erwähnen.
Die nachstehende Tabelle gibt einen Überblick über verschiedene Prädikate, die
ÖsterreicherInnen im Vergleich zu "AusländerInnen" zugeschrieben werden. Sie illustriert die
Einseitigkeit dieser Zuschreibung – "ÖsterreicherInnen" werden ausschließlich durch positive
bzw. positiv bewertete Eigenschaften charakterisiert, "AusländerInnen" zeichnen sich durch
Merkmale und Tätigkeiten aus, die entweder a priori oder in dem gegebenen Kontext negativ
und unerwünscht sind.
24
Tab. 3: "Typische" Eigenschaften von ÖsterreicherInnen und "AusländerInnen"
ÖsterreicherInnen

sind im Sinne des jus sanguinis "echte"
"AusländerInnen"

ÖsterreicherInnen
sind keine ÖsterreicherInnen und können
auch bei (vorzeitiger) Einbürgerung keine
"echten" ÖsterreicherInnen werden

manche AusländerInnen (EU-BürgerInnen, US-AmerikanerInnen, ...) sind
"besser" und "willkommener" als andere
(OsteuropäerInnen, TürkInnen,
AfrikanerInnen, ...)


sind in der Minderheit, werden von 
sind in der Mehrheit, verdrängen die
AusländerInnen verdrängt
ÖsterreicherInnen
haben wenige Kinder

haben (absichtlich) viele Kinder, sind
sehr fruchtbar

tragen die Kosten der Immigration und

des Aufenthalts von "AusländerInnen"
verursachen Kosten – sei es durch ihre
Immigration, sei es durch ihren
Aufenthalt in Österreich (u. a.
Ausbildung), sei es bei ihrer
Abschiebung

sind Opfer der Kriminalität von

"AusländerInnen"
sind kriminell (organisierte Kriminalität,
Prostitution, Schlepperei, Drogenhandel,
Asylmißbrauch, Sozialmißbrauch, ...)

werden von der derzeitigen Politik

benachteiligt
werden von der derzeitigen Politik
begünstigt (Förderungen, Vergabe von
Medikamenten, ...)

haben eine hochwertige Kultur und

Religion, die sie aber nicht leben können
haben eine fremde und minderwertige
Kultur und Religion, die sie auch
(rücksichtslos) in Österreich leben

sind gezwungen, sich an die fremde

Kultur anzupassen (Assimilationszwang)

haben einen Standard (sowohl
Lebensstandard, als auch
sozioökonomisch gemeint)
wollen sich nicht an die österreichische
Kultur und Lebensweise anpassen

haben einen (zu) niedrigen Standard
25

Leistungen und Rechte, die ihnen

nehmen Leistungen und Rechte in
eigentlich zustehen, gehen an
Anspruch, die ihnen im Grunde nicht
"AusländerInnen" verloren
zustehen (Arbeitsplätze,
Wohnungsmarkt, Bildungssektor, soziale
und finanzielle Leistungen)

achten auf Sauberkeit und Hygiene

werden
durch
von

"AusländerInnen" 
eingeschleppte Krankheiten gefährdet

sind Krankheitsträger und gefährden die
Gesundheit der anderen

sind Menschen
achten nicht auf Sauberkeit und Hygiene
Menschsein in Frage gestellt
5.2.1. Charakterisierung der "ÖsterreicherInnen"-Gruppe durch positive Merkmale
Sehen wir uns wiederum die Gruppe der "ÖsterreicherInnen" zuerst an: Das wohl
wesentlichste Attribut, das ÖsterreicherInnen zugeschrieben wird, ist das der Echtheit, d. h.
die Herkunft als ÖsterreicherIn von Geburt an. Dieses Merkmal ist quasi die Vorbedingung
für die Zuschreibung aller anderen Attribute: ÖsterreicherInnen zeichnen sich u. a. durch
"Ehrlichkeit", "Hilfsbereitschaft", "Bildung, Sprache und Kultur" aus – alles Eigenschaften,
die als wünschenswert gelten und mit denen sich potentielle WählerInnen identifizieren
können.
Gleichzeitig
werden
"die"
ÖsterreicherInnen
als
Opfer
der
derzeitigen
Ausländerpolitik sowie als Opfer der Aktivitäten von "AusländerInnen" charakterisiert. Sie
werden beispielsweise bei Subventionen, auf dem Arbeits- und Wohnungssektor durch die
Politik der Koalitionsparteien benachteiligt, durch die große Anzahl von ImmigrantInnen
"verdrängt", ihre Sprache und Kultur ist ebenso wie sie selbst in ihrer Existenz bedroht und
ähnliches.
...eine SPÖ-Gemeinderätin gesagt hat, daß sich die Ausländer in Wien nicht anzupassen
brauchen, weil die Österreicher "ohnehin nur viel Alkohol trinken und fettes Fleisch
essen?" (Flugblatt)
26
Diese Repräsentation zielt darauf ab, Mitleid zu erregen (Mitleidsdiskurs) und Solidarität mit
den so "diskriminierten" ÖsterreicherInnen zu schaffen.
5.2.2. Zuschreibung negativer Attribute an die "AusländerInnen"-Gruppe
Im Vergleich dazu nun die Gruppe der "AusländerInnen": Auch in diesem Fall ist das
entscheidendste Attribut das der Abstammung und Herkunft, d. h. "AusländerInnen" sind
bereits durch ihre Abstammung als "Nicht-ÖsterreicherInnen" stigmatisiert. Wie bereits
weiter oben angedeutet wurde, bestimmt die ethnische und religiöse Zugehörigkeit das
Ausmaß der Stigmatisierung sehr stark. Anders ausgedrückt, innerhalb der verschiedenen
ethnischen Gruppen wird mehr oder weniger direkt eine hierarchische Beziehung konstruiert,
an
deren
Spitze
"die
ÖsterreicherInnen"
stehen,
während
TürkInnen
und
SchwarzafrikanerInnen sich auf den untersten Stufen dieser Hierarchie befinden. Die
Konstruktion einer solchen diskriminierenden Hierarchie auf der Basis der ethnischen
Zughörigkeit und der Hautfarbe ist eindeutig und offensichtlich rassistisch (siehe auch
WODAK/REISIGL 2000).
Vor allem auf diesem Hintergrund ist es auch zu sehen, daß weitere "typische" Aktivitäten
und Eigenschaften, die "AusländerInnen" zugeordnet werden und die a priori nicht negativ
sind – die Immigration und der Aufenthalt in Österreich ebenso wie die Anzahl der
ImmigrantInnen bzw. ansässigen "AusländerInnen" und ihrer Kinder – , negativ gewertet
werden. Dementsprechend fordert die FPÖ auch einen "sofortigen Einwanderungsstopp" und
wünscht "keine vorzeitigen Einbürgerungen" (Flugblatt; vgl. auch die Beispiele im Anhang).
Darüber hinaus werden "AusländerInnen" eine Reihe von Eigenschaften zugeschrieben,
die eindeutig negativ beurteilt werden und die eine positive Identifikation von Seiten
potentieller WählerInnen unmöglich macht. Im folgenden seien nur einige dieser
Eigenschaften aufgezählt: "AusländerInnen" halten sich unberechtigt in Österreich auf
(Illegale bzw. ScheinasylantInnen) und weigern sich Österreich wieder zu verlassen. Sie sind
27
rücksichtslos und (tendentiell) kriminell – eine Eigenschaft, die im freiheitlichen Diskurs
besonders hervorgehoben wird, wie die expliziten Zuschreibungen (kriminelle Ausländer,
schwarzafriaknsiche Drogenhändler, Schwarzarbeit...) sowie die zahlreichen Erwähnungen
krimineller Delikte (z. B. organisierte Kriminalität, Drogenkriminalität und Schlepperei,
Sozialmißbrauch, sich durch Hungerstreik frei pressen, ihren Drogengeschäften nachgehen,
etc.) zeigen (siehe auch die Beispiele im Anhang). "AusländerInnen" haben eine fremde und
minderwertigere Kultur und Sprache, wollen sich aber nicht an die höherstehende
österreichische Kultur und die österreichischen Lebensgewohnheiten anpassen (siehe auch das
in 5.2.1. zitierte Beispiel). Immer wieder wird ihnen auch vorgeworfen, nicht auf Sauberkeit
und Hygiene zu achten und Krankheiten zu verbreiten9. Im Rahmen der Diskussion zur
Osterweiterung, die von der FPÖ abgelehnt wird, wird "AusländerInnen" außerdem ein im
Vergleich zu den EU-Staaten "zu niedriger Standard" zugeschrieben.
Die Zuschreibung der oben genannten Eigenschaften erfolgt sehr häufig nur indirekt und
implizit, d. h. auch wenn nicht unmittelbar von "AusländerInnen" die Rede ist, werden
aufgrund des Kontextes bzw. der von der FPÖ geforderten Maßnahmen die entsprechenden
Assoziationen geweckt. Im unten zitierten Inserat wird etwa impliziert, daß a)
"AusländerInnen" kriminell sind, und b) der extreme Anstieg der Kriminalität in erster Linie
durch "AusländerInnen" verursacht wird. Des weiteren wird durch die spezifische Reihung
der Themen (siehe auch weiter unten) unterstellt, daß es sich bei den betreffenden
"AusländerInnen" um bestimmte ethnische Gruppen mit einer spezifischen Kultur handelt,
denn das Braten von Hammelfleisch wird gewöhnlich mit "AusländerInnen" islamischer
Religionszugehörigkeit, allen voran türkischer Herkunft, assoziiert. Gleichzeitig wird die
Tätigkeit des Hammelbratens abgewertet (im Sinne einer minderwertigen Kultur), ja sogar
kriminalisiert (Mißachtung der öffentlichen Ordnung).
9
Zuletzt wurde etwa im Spätherbst 1999 nach Bekanntwerden eines Typhusfalles in Oberösterreich
von Seiten der FPÖ sofort die Forderung erhoben, alle Kinder von "AusländerInnen" und alle
Flüchtlinge auf infektiöse Krankheiten hin zu untersuchen.
28
Wem ausufernde Kriminalität mit ständig steigendem Ausländeranteil und Hammelbraten
(im Park oder Hinterhof) zum Hals heraushängen, der sollte den Kontakt zu den
Freiheitlichen suchen. (Inserat in der Bezirkszeitung – stadt journal Liesing + NÖ Süd,
Ausgabe 9/1999).
Wie in dem vorliegenden Beispiel sind es oft Nominalkonstruktionen, mittels derer
Eigenschaften mehr oder weniger explizit zugeschrieben werden (andere typische
Formulierungen
sind
z.
B.
Sozialmißbrauch,
Einwanderungsstopp,
organisierte
Kriminalität...). Die so zugeschriebenen Merkmale und Aktivitäten werden durch die
Nominalisierung gewissermaßen objektiviert, d. h. zu einem Faktum, und damit nicht
verhandelbar (Gerade die scheinbare Invariablität zugeschriebener Eigenschaften ist aber der
in 2.1. zitierten Definition entsprechend ein wesentliches Merkmal von Rassismus).
5.2.3. Einige diskursive Strategien und Mittel im Kontext der Prädikation
Im Kontext der Prädikation von stereotypen Eigenschaften kommen eine Reihe von
diskursiven Mitteln und Strategien zu tragen. Einige dieser Mittel sollen im folgenden kurz
diskutiert werden:
5.2.3.1. Verallgemeinerung/Generalisierung
Wie schon eingangs erwähnt, ist es ein Merkmal rassistischer und vorurteilsbehafteter
Diskurse, den zuvor identifizierten in einer hierarchischen Ordnung stehenden sozialen
Akteuren bestimmte Merkmale zuzuschreiben und diese Charakterisierung als allgemein
zutreffend, als typisch für die jeweilige Gruppe von sozialen Akteuren darzustellen. Diskursiv
wird dies u. a. durch die Strategie der Verallgemeinerung und der Generalisierung erreicht.
Das Zitieren von Einzelfällen bzw. einzelnen Ereignissen im Sinne illustrativer Beispiele ist
eine der Möglichkeiten einer Verallgemeinerung. Beispiele dafür sind etwa die Behauptung
29
der Freiheitlichen, daß "AusländerInnen" Gratis-Hormonpillen erhalten, daß Chinalokale
besonders gefördert werden oder die folgende:
30
Wußten Sie, daß ...
... ausländische Jugendliche Gratiskarten für ein Fitneß-Studio erhalten, die heimischen
Jugendlichen jedoch nicht? (Flugblatt)
Hier wird der Eindruck erweckt, daß es eine gängige Praxis ist, ausländischen Jugendlichen
Gratiskarten zu geben und österreichische Jugendliche zu benachteiligen. Mit anderen
Worten: Pauschalurteile über den "Charakter" von "AusländerInnen" bzw. die "bevorzugte
Behandlung" und die gleichzeitige "Diskriminierung" von ÖsterreicherInnen werden gefällt.
Die Überprüfbarkeit dieser Aussagen ist jedoch im Normalfall nicht gegeben. Im
vorliegenden Fall etwa wird nur von "einem Fitneß-Studio" gesprochen, nähere Angaben
dazu wie Name oder Adresse des Studios, die Anzahl der Karten, das Datum und der Grund
der Vergabe von Gratiskarten fehlen allerdings.
5.2.3.2. Übertreibungen und Dramatisierungen
Übertreibungen und Dramatisierungen sind zwei weitere diskursive Strategien, die im
Rahmen der Prädikation von Eigenschaften sehr gerne eingesetzt werden. Wie schon erwähnt,
wird beispielsweise im Diskurs der FPÖ die Kriminalität von "AusländerInnen" besonders
hervorgestrichen. Dies gilt insbesondere für den Bereich der Drogenkriminalität:
In Wien droht die Drogenproblematik zu entgleiten. Das ist das tragische Ergebnis der
SPÖ-ÖVP Politik in unserer Stadt. Eine zunehmende Zahl von jungen, drogenabhängigen
Menschen mit leeren Augen. Auf der anderen Seite Drogenhändler in Designeranzügen,
darunter viele illegale Ausländer, die unsere Jugend mehr oder weniger unbehelligt mit
Heroin, Kokain oder süchtig machenden Tabletten versorgen.
Eine Dramatisierung der Situation wird einerseits durch Formulierungen wie "droht zu
entgleiten", "tragische Ergebnis" und andererseits durch die Kontrastierung von "jungen
drogenabhängigen Menschen mit leeren Augen", d. h. "unsere Jugend", und "Drogenhändlern
in Designeranzügen", sprich "illegalen Ausländern", erreicht.
31
Ebenso werden die Zuwanderung von "AusländerInnen" und ihre angeblichen
Konsequenzen übertrieben und dramatisiert. Freiheitliche PolitikerInnen sprechen von einem
"ungebremsten Ausländerzuzug", "von Hunderttausenden", die im Falle einer Osterweiterung
nach Österreich einwandern würden, einer "Ausländerflut" und dergleichen. Gleiches gilt für
die Beschäftigung von "AusländerInnen" bzw. deren Arbeitslosigkeit und ihre angeblichen
Konsequenzen für die österreichischen ArbeitnehmerInnen und den österreichischen Staat.
Gleichzeitig kommt es zu einem Herunterspielen bzw. Verleugnen von negativ zu
bewertenden Taten von ÖsterreicherInnen. So findet etwa die Tatsache, daß auch
ÖsterreicherInnen u. a. aus ökonomischen Gründen auswandern keine Erwähnung,
Assoziationen von Kriminalität, Sozialmißbrauch und ähnlichem mit ÖsterreicherInnen
werden vermieden.
5.2.3.3. Konstruktion scheinbarer kausaler Ketten durch spezifische Reihung von Themen
Eine weitere Möglichkeit der mehr oder weniger direkten Zuschreibung von Attributen ist die
Konstruktion scheinbarer kausaler Ketten durch eine spezifische Reihung von Themen. Ein
etwas älteres, aber typisches Beispiel für die willkürliche Aneinanderreihung von Themen
findet sich in der Wiener Freiheitlichen Zeitung der Freiheitlichen Alsergrund, Ausgabe Nr.
6b/98: "Drogen/Kriminalität – Arbeitslosigkeit – Ausländerflut – Ost-Mafia". Durch diese
Aneinanderreihung entsteht nicht nur der Eindruck, daß die genannten Themen eng
miteinander zusammenhängen, sondern auch die Assoziation, daß die ersteren beiden, d. h.
Drogenkriminalität und Arbeitslosigkeit, durch die Einwanderung von "AusländerInnen",
insbesondere durch Mitglieder der Ost-Mafia, verursacht bzw. verstärkt werden.
5.2.3.4. Metaphorik
Nicht zuletzt wird die Dichotomisierung zwischen der "österreichischen" Wir-Gruppe und der
Sie-Gruppe mit Hilfe von Metaphern vollzogen. Im Wahlkampf wurde z. B. das Szenario
32
eines Kampfes zwischen ÖsterreicherInnen und "AusländerInnen" sowie zwischen
ChristInnen und MuslimInnen entwickelt (Indikatoren für eine solche Kampf-Metapher sind
Formulierungen wie "Massive Bekämpfung", "Wir schützen unsere Heimat", "wehrhafte
Christentum"). "AusländerInnen" wurden aber auch als "Flut" repräsentiert, die eingedämmt
werden muß (Wasser-Metapher). Weitere Metaphern, die im Diskurs der Freiheitlichen
auftauchten, waren – neben anderen – die sogenannte Krankheitsmetapher ("AusländerInnen"
als Krankheitserreger) und die Wachstumsmetapher (Zunahme der Immigration und der damit
verbundenen Probleme).
5.3. Typische Argumentationsmuster
Zum Schluß unserer Analyse des FPÖ-Wahlkampfes wollen wir uns ansehen, welcher Topoi
(Argumentationsstrategien)
sich
die
FPÖ
bedient,
um
die
oben
beschriebenen
Repräsentationen von ÖsterreicherInnen und "AusländerInnen" und die damit einhergehenden
Formen der Ein- und Ausgrenzung zu rechtfertigen und legitimieren (siehe KIENPOINTER
1992; REISIGL 1999).
Alle Argumente, die sich im Diskurs der FPÖ finden, zielen mehr oder weniger darauf ab,
eine weitere Immigration von "AusländerInnen" zu verhindern sowie die Repatriierung bzw.
die Abschiebung von bereits in Österreich befindlichen "AusländerInnen" zu erleichtern. Aus
Platzgründen können nur einige wenige der zahlreichen verwendeten argumentativen
Strategien angeführt werden.
1. Zahlen-Topos
Zu den argumentativen Strategien, die besonders gerne im freiheitlichen Diskurs eingesetzt
werden, zählt der sogenannte Zahlen-Topos, d. h. das Argument, daß sich in Österreich
bereits zu viele "AusländerInnen" aufhalten bzw. daß bei Fortsetzung des derzeitigen
33
politischen Kurses zu viele "AusländerInnen" nach Österreich einwandern würden. Daran
schließt sich die Forderung, daß diese Zahl reduziert werden muß – und zwar einerseits durch
Abschiebung und Repatriierung und andererseits durch einen Einwanderungsstopp (NullZuwanderung). Konkrete Zahlen und Statistiken, aber auch unspezifische Mengenangaben
spielen bei der Realisierung dieses Topos eine wichtige Rolle. So werden u. a. Zahlen zu legal
sich in Österreich aufhaltenden "AusländerInnen" ebenso wie zu den sogenannten Illegalen
genannt, wie etwa in den folgenden Beispielen:
... daß in Österreich mehr als eine Million Ausländer leben, 283.000 allein in Wien.
(Flugblatt)
Wußten Sie, daß...
... in Wien bereits jeder sechste AHS-Schüler Ausländer ist? In einigen Schulen steigt der
Anteil sogar bis auf 50 Prozent. Trotzdem ortet SPÖ-Schulpräsident Scholz große
Defizite der bei der Förderung von ausländischen Kindern an höheren Schulen.
(Flugblatt)
Die Authentizität dieser Angaben ist jedoch nur schwer oder gar nicht überprüfbar, da
Quellenangaben entweder völlig fehlen oder unvollständig wiedergegeben werden.
2. Topos der Fruchtbarkeit
Im Rahmen der Diskussion um die (angeblich) so hohe Zahl von "AusländerInnen" in
Österreich spielt der Topos der Fruchtbarkeit eine wesentliche Rolle. Dieses Argument stützt
sich auf die Behauptung, daß "AusländerInnen" eine höhere Fruchtbarkeit und damit mehr
Kinder als ÖsterreicherInnen haben. Der (angebliche oder tatsächliche) große Kinderreichtum
ausländischer MitbürgerInnen wird dabei als Nachteil für die österreichische Bevölkerung, als
eine Form der Diskriminierung, dargestellt10:
Der Topos der Fruchtbarkeit taucht – in mehr oder weniger abgewandelter Form – auch im Diskurs
ranghoher PolitikerInnen anderer Parteien auf. Am meisten Aufsehen hat dabei in jüngster Zeit der
von Bundeskanzler und SPÖ-Parteichef Viktor Klima gegenüber seinem deutschen Amtskollegen
Gerhard Schröder bei einem Heurigenbesuch getätigte Ausspruch über die "Lendenkraft" der
10
34
Der FPÖ-Spitzenkandidat bei den Nationalratswahlen, Thomas Prinzhorn, hat in einem
Interview mit den "Stuttgarter Nachrichten" (Mittwochausgabe) angebliche
Ungleichbehandlung von Österreichern und Ausländern kritisiert. "Asylanten und
Ausländer haben eine ganze Reihe von Vorteilen. Sie bekommen zum Beispiel
Medikamente zur Hormonbehandlung vom Sozialamt gratis, um ihre Fruchtbarkeit zu
steigern. Inländern wird das nur sehr selten gewährt", sagte Prinzhorn der deutschen
Tageszeitung, warum laut FPÖ-Chef Jörg Haider der "Kinderscheck" nur Inländern
zugute kommen solle. (APA0517 5 II 0259 AI)
Im oben stehenden Beispiel wird der geringere Kindersegen bei ÖsterreicherInnen mit einer
angeblichen Gratisvergabe von Hormonen und dementsprechenden Pillen erklärt, die
"AusländerInnen" angeblich wesentlich öfter gewährt wird als ÖsterreicherInnen. Thomas
Prinzhorn, der freiheitliche Spitzenkandidat, von dem diese Aussagen stammen, impliziert
hier , daß ÖsterreicherInnen gerne mehr Kinder hätten, sich diese aber aufgrund der
Ungleichbehandlung nicht leisten könnten, und konstruiert damit auch einen Topos der
Diskriminierung von ÖsterreicherInnen.
Auf der anderen Seite wird die große Kinderanzahl von "AusländerInnen" auch als
bewußtes geplantes Vorgehen der ausländischen BürgerInnen selbst gesehen:
Einmal mehr behauptete er [FPÖ-Obmann Jörg Haider in der Fernseh-Pressestunde],
dass Ausländer in Österreich "strategisch geschickt Kinder in die Welt setzen würden, um
den Sozialstaat auszunutzen." (Standard, 13. 9. 1999; S. 7)
FPÖ-Obmann Jörg Haider unterstellt hier, daß "AusländerInnen" absichtlich viele Kinder in
die Welt setzen würden, um in den Genuß bestimmter Rechte und finanzieller Mittel
(Familienbeihilfe, Kindergeld, etc) zu kommen. Kinderreichtum bei "AusländerInnen" wird
gleichsam als Sozialmißbrauch interpretiert und somit kriminalisiert.
Österreicher erregt. Nach Klima "sei die österreichische Bevölkerung auf acht Millionen
angewachsen, jedoch nicht 'durch die Kraft österreichischer Lenden'"(siehe Wiener Zeitung, 7. 8.
1999).
35
3. Topos der Kultur
Ein anderes Hauptargument, das die FPÖ gegen die Präsenz von "AusländerInnen" in
Österreich bzw. deren Immigration anführt, ist die Behauptung, daß "AusländerInnen" eine
fremde, – im Vergleich zur österreichischen – minderwertige Kultur und Sprache haben. Ein
kultureller Austausch kann daher nur insofern erfolgen, daß sich "AusländerInnen" an die
österreichische Kultur anpassen. Hingegen könnten ÖsterreicherInnen nicht von der Kultur
der
"AusländerInnen"
profitieren.
Dementsprechend
wird
der
Kontakt
und
die
Auseinandersetzung mit anderen Kulturen, als unfreiwillig, als Zwang interpretiert. Dieses
Argument spiegelt sich u. a. im folgenden Beispiel wieder:
Wußten Sie, daß ...
... in den Deutsch-Lesebüchern unseren Wiener Kindern bereits seitenweise türkische und
serbokroatische Texte aufgezwungen werden? (Flugblatt)11
Gerade im Zusammenhang mit diesem Topos spielt die Religion der ImmigrantInnen eine
entscheidende Rolle. So wird insbesondere der Islam als Bedrohung für die österreichische
Kultur und Identität bzw. die christlich-abendländische Wertetradition dargestellt.
Ihre Politik hat dazu geführt, daß 500.000 Ausländer in Wien leben und der Islam die
zweitstärktste Religion in unserer Stadt ist. (Flugblatt)
Was hier nur indirekt zum Ausdruck kommt, nämlich ein "'missionarisches Engagement'
gegen den Islam", fordert der freiheitliche Klubobmann Scheibner an anderer Stelle explizit
11
Der angebliche Zwang für österreichische Kinder, Türkisch oder Serbokroatisch lernen zu müssen,
ist ein altes Argument, das beispielsweise immer wieder in Wiener Bezirkszeitungen auftaucht (siehe
z.B. die Kolumnen des freiheitlichen Nationalratsabgeordneten Wolfgang Jung in der Bezirkszeitung –
Stadt Journal Liesing – NÖ Süd).. So startete die FPÖ eine Inseratenkampagne, als das LiF den
Vorschlag machte, einen bilingualen Unterricht in jenen Klassen mit hohen Anteil an "ausländischen"
Schülern einzuführen. Daß diese Inseratenkampagne rassistisch motiviert war und sich gegen
bestimmte ethnische Gruppen richtete, zeigt sich nicht zuletzt darin, daß es bis heute keinen Protest
von Seiten der FPÖ gegen Englisch-Unterricht in Kindergärten und Volksschulen sowie gegen die
Anglikanisierung der Mediensprache gibt.
36
(Standard, 20. 8. 1999; 6). Anders gesagt, der alte Kampf zwischen Christentum und Islam
wird heraufbeschworen, in dem sich die FPÖ als Verteidiger der ChristInnen präsentiert.
4. Topos der Kriminalität
Ein weiterer Topos, der sich immer wieder in Texten und Reden der FPÖ findet, ist das
bereits mehrfach angesprochene Argument, daß "AusländerInnen" zu einem kriminellen
Verhalten tendieren. "AusländerInnen" werden aller möglicher Vergehen gegen die
österreichische Rechtsstaatlichkeit beschuldigt – diese reichen vom Mißbrauch des
Sozialsystems und des Asylrechts (Stop dem Asylmißbrauch) über Prostitution und
Schwarzarbeit bis hin zu Drogenhandel und organisierter Kriminalität. Diese Argumentation
führt sogar so weit, daß an und für sich legale Aktivitäten (Stichwort: Kinderreichtum oder
Grillfeste) kriminalisiert werden. Bestimmte kriminelle Delikte werden dabei mit spezifischen
ethnischen Gruppen assoziiert. So wird vor allem SchwarzafrikanerInnen, und hier besonders
NigerianerInnen, vorgeworfen, das Asylrecht zu mißbrauchen und mit Drogen zu dealen. Das
nachstehende Beispiel spricht meiner Ansicht nach für sich selbst:
Wußten Sie, daß ...
... es nur unter der SPÖ in Wien möglich ist, daß schwarzafrikanische Asylwerber mit
Designeranzug und Luxushandy ihren Drogengeschäften ungestört nachgehen können?
(Flugblatt)
5. Topos der unfairen Konkurrenz
Zusätzlich konstruieren VertreterInnen der FPÖ in ihrem Wahlkampf einen Konkurrenzkampf
zwischen ÖsterreicherInnen und "AusländerInnen", wobei ÖsterreicherInnen als der
schwächere und benachteiligte Teil in diesem Kampf darstellen.
Wußten Sie, daß ...
... in Wien z. B. ein Chinalokal mit 600.000 Schilling gefördert wird, während die
heimischen Beisln leer ausgehen und eines nach dem anderen zusperren muß? (Flugblatt)
37
Wer kümmert sich um unsere jungen Mütter? SPÖ und ÖVP nicht, denn sonst würden sie
nicht zulassen, daß die Wiener Gemeindekindergärten von Ausländerkindern überfülllt
sind. (Flugblatt zum Kinderscheck)
Dieser Konkurrenzkampf findet, wie aus den oben stehenden Beispielen ersichtlich wird, in
allen möglichen sozio-ökonomischen Bereichen (etwa auf dem Arbeitsmarkt, dem
Wohnungsmarkt; im Schulsektor, ....) und zwischen allen Generationen – vom Kleinkind bis
zum Pensionisten – statt.
6. Gefahren-Topos
Mit den oben genannten Topoi ist der Gefahren-Topos eng verknüpft, d. h. es wird impliziert,
daß die Anwesenheit von "AusländerInnen" in Österreich bzw. deren Immigration nach
Österreich eine Gefahr für die Existenz des österreichischen Staates, der ÖsterreicherInnen
und deren Kultur repräsentiert.
Als eine Kombination von Zahlen-Topos, Kultur-Topos und Gefahren-Topos ist die in
ganz Wien plakatierte FPÖ-Forderung "Stop der Überfremdung" zu sehen. Nicht nur, daß
damit die Behauptung aufgestellt wird, daß a) das Fremde negativ für Österreich ist, daß es b)
zu viel des Fremden gibt und daß c) das Fremde gefährlich ist, lehnt sich der Begriff der
"Überfremdung" eindeutig an die Terminologie des Nationalsozialismus an und ist damit ein
weiterer Beleg für die rechtsextreme und xenophobe Orientierung der FPÖ (siehe dazu die
Presseaussendung des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes vom 8. 9.
1999 sowie Jörg Haiders Verteidigung des Begriffes TV-Konfrontation im September 1999,
Bespiel 6 im Anhang).
Ein anderes Beispiel für die Konstruktion eines Gefahren-Topos ist die Behauptung, daß
"AusländerInnen" – nicht zuletzt aufgrund der ihnen unterstellten mangelnden Hygiene und
Sauberkeit – TrägerInnen gefährlicher infektiöser Krankheiten sind und durch ihre
Immigration die Gesundheit und das Leben der Österreicherinnen gefährden (siehe Beispiel 7
im Anhang).
38
7. Finanz und Kosten-Topos
In ihrem Wahlkampf argumentiert die FPÖ ferner, daß "AusländerInnen" – seien es
AsylwerberInnen
oder
ImmigrantInnen
–
dem
österreichischen
Staat
bzw.
der
österreichischen Bevölkerung Kosten verursachen, die über das Finanzierbare hinausgehen.
Auch die Anzahl der Notstandshilfebezieher ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen:
Bezogen 1986 noch im Jahresdurchschnitt nur 38.945 Menschen diese Leistung, so lag
die Zahl 1998 schon bei 94.480 (+ 143 %!). Dementsprechend sind auch die Kosten
allein für die Notstandshilfe von 2,9 Mrd. auf nunmehr 8,2 Mrd. angewachsen. Die
SP/VP-Koalition hat durch die Gewährung der Notstandshilfe auch für Ausländer die
Entwicklung in den letzten zwei Jahren noch zusätzlich verschärft. Bezogen 1991 nur 907
Ausländer Notstandshilfe, so liegt diese Zahl jetzt bereits bei 4.008. (Haider-PrinzhornPlan)
Diese scheinbar durch "AusländerInnen verursachte "Kostenexplosion" wird immer wieder im
Zusammenhang mit den Sparmaßnahmen der Regierung angeführt. Mit anderen Worten:
"AusländerInnen" werden willkürlich und monokausal für Kürzungen bei sozialen Leistungen
verantwortlich gemacht.
8. Belastungs-Topos
"AusländerInnen" werden vielfach auch als Belastung für den österreichischen Staat bzw. die
österreichische Bevölkerung dargestellt, die nicht mehr verkraftbar ist12. Der Begriff der
Belastung ist dabei nicht nur auf den finanziellen Aspekt beschränkt. So wird etwa die bloße
Anwesenheit von "AusländerInnen" in Österreich als Belastung empfunden.
Der FP-Chef kritisierte, dass die Ausländergesetze zu wenig restriktiv angewandt werden
würden. "Es geht darum, ob ein Volk mit sieben Millionen eine Million Ausländer
"verkraften" könne. (Standard, 13. 9. 1999; 7)
12
Auch diese Argumentation wird von anderen politischen Parteien übernommen. So wehrte sich der
niederösterreichische Landeshauptmann Erwin Pröll, die für Kärnten vorgesehene Ausländerquote von
290 Plätzen auf die anderen Bundesländer aufzuteilen, mit der Begründung, "es sei aber
39
9. Topos der Autorität
Um die eigene Position zu unterstreichen und zu legitimieren, berufen sich freiheitliche
PoltikerInnen auf verschiedene (angebliche) Autoritäten, die eine ähnliche Position wie die
freiheitliche zu vertreten scheinen. Dazu zählen beispielsweise VertreterInnen anderer
Parteien wie die folgende Aussage des FPÖ-Parteiobmannes Jörg Haider in der TVKonfrontation mit den Parteichefs der anderen Parteien (siehe den größeren Ausschnitt im
Anhang, Beispiel 6)13.
... also bitte, Ihr eigener Innenminister propagiert, daß es nicht mehr vertretbar ist, eine
weitere Zuwanderungspolitik zu machen. Und bei den Freiheitlichn machn Sie des zum
Vorwurf. I hob des also mit. Er hat also eine schöne Aussage gemacht, indem er gesagt
hat in der Kärntner Tageszeitung, daß eine weitere Zuwanderung nicht mehr möglich is.
...
5. Schlußfolgerungen
Am Ende dieses Artikels sollen hier nun die wichtigsten Resultate der Analyse
zusammengefaßt werden und hinsichtlich ihres rassistischen und diskriminierenden Gehalts
diskutiert werden:
Wie die Untersuchung der referentiellen, prädikativen und argumentativen Strategien
deutlich gemacht hat, verfolgen die Freiheitlichen im Wahlkampf einen sehr aggressiven
Diskurs, der nicht nur als sehr nationalistisch und populistisch beschrieben werden kann,
sondern auch starke Indizien eines expliziten Rassismus aufweist. Dazu zählen
1. die Konstruktion einer österreichischen "Wir"-Gruppe und einer "Sie"-Gruppe, den
"AusländerInnen", durch die Art der Referenz;
ungeschriebenes Gesetz, dass Bundesländer nicht die Last eines anderen übernehmen" (Standard, 14.
9. 1999).
13
Bemerke, daß eben diese Autoritäten in anderen Kontexten für ihre Einstellung zu AusländerInnen
kritisiert werden.
40
2. die Unterscheidung zwischen "gebürtigen" und "eingebürgerten" ÖsterreicherInnen;
3. die auffällige Anwendung der Strategien der Kategorisierung und der Ethnisierung bei der
Repräsentation
von
"AusländerInnen", d.
h. das
Gegeneinanderausspielen der
verschiedenen Gruppen von "AusländerInnen" und die systematische Ausgrenzung und
Diskriminierung von Menschen bestimmter ethnischer Herkunft;
4. die durchgehend positive Repräsentation der ÖsterreicherInnen-Gruppe etwa durch
Solidarisierung
mit
"den
ÖsterreicherInnen"
in
Form
eines
Mitleidsdiskurses
(ÖsterreicherInnen als Opfer der Ausländerpolitik und von "AusländerInnen"), während
"AusländerInnen" systematisch negativ repräsentiert werden, z. B. durch Täter-OpferUmkehr ("AusländerInnen" werden zu TäterInnen und Sündenböcken);
5. die daraus resultierende Polarisierung zwischen ÖsterreicherInnen (In-Gruppe) und "AusländerInnen" (Out-Gruppe) im Sinne einer Schwarz-Weiß-Malerei;
6. explizite Hinweise auf das jus sanguinis und damit Anlehnung an die Rassenideologie,
aber auch an die Terminologie des Nationalsozialismus (z. B. in Form des
Überfremdungsbegriffes).
Viele der in dieser Studie angeführten diskursiven Strategien und sprachlichen Mittel sind
keineswegs neu – sie wurden in den vergangenen Jahren immer wieder von ranghohen
RepräsentantInnen der FPÖ in den verschiedensten Kontexten angewandt. Sie finden sich in
Reden bei parlamentarischen Sitzungen, in Inseraten in lokalen Zeitungen oder in
Flugblättern, wie in vielen diskursanalytischen und anderen wissenschaftlichen Studien
dokumentiert ist (siehe GRUBER 1990, WODAK/SEDLAK 1999, WODAK-RESIGL 2000).
Anders ausgedrückt, die FPÖ verfolgt – seit mindestens zehn Jahren linguistisch eindeutig
belegbar – einen Kurs der mehr oder weniger expliziten Ausgrenzung und Diskriminierung
von ethnischen Minderheiten. Und wie die Ereignisse der letzten Monate gezeigt haben (sei es
die Pandanien-Ansprache von Jörg Haider kurz nach den Wahlen oder die Forderung nach
41
einer Ausländer-Karte), ist ein Ende nicht vorhersehbar. Die Ausländerfeindlichkeit und den
Rassismus im Wahlkampf der FPÖ als einmaliges außergewöhnliches Phänomen darzustellen
wäre daher eine ebenso große Verharmlosung und Verleugnung der Tatsachen (auch wenn
manche angesichts der Entschuldigung Jörg Haiders für seine Äußerungen zur
Beschäftigungspolitik im 3. Reich und zu den Konzentrationslagern am 12. November 1999
dazu neigen) wie der Versuch verschiedener ranghoher PolitikerInnen, den Wahlerfolg der
FPÖ einzig als Protest der WählerInnen gegen die Politik der Regierungsparteien zu
interpretieren oder ihn gar auf ein übermäßiges Engagement linker Parteien und NGOs
zurückzuführen (siehe die Aussage von Innenminister Karl Schlögl laut Kurier vom 12. 10.
1999).
Ebenso erscheint es mir wichtig, darauf hinzuweisen, daß sich Ausländerfeindlichkeit und
Rassismus innerhalb der politischen Elite nicht auf die FPÖ beschränken. Auch im Diskurs
der anderen Parteien, allen voran SPÖ und ÖVP, sind xenophobe und diskriminierende Töne
beobachtbar. In diesem Zusammenhang sei nur auf die Erklärung des Bundespräsidenten
Thomas Klestil, der Tod von Marcus Omufuma sei ein "bedauerliches Schicksal" (Standard,
22. 5. 1999), den oben zitierten Ausspruch des Bundeskanzlers Viktor Klima zur Lendenkraft
der Österreicher oder auf die Argumentation des Innenministers Karl Schlögl und des
niederösterreichischen Landeshauptmannes Erwin Pröll zur Quotenregelung für das Jahr 2000
verwiesen. Mit anderen Worten: Es finden sich etliche der genannten Strategien auch in den
diversen schriftlichen und mündlichen Texten dieser Parteien. Das trifft sowohl auf die
Konstruktion von Wir- und Sie-Gruppen durch spezifische referentielle Strategien und
Prädikation zu als auch auf die verwendeten Argumentationsstrategien zu. Beispielsweise
unterscheiden alle im Parlament vertretenen Parteien verschiedene Gruppen von
"ÖsterreicherInnen" und mehr oder weniger willkommenen "AusländerInnen" – ähnlich der
oben skizzierten – und weisen den einzelnen Gruppen spezifische Eigenschaften zu bzw.
42
argumentieren häufig in ähnlicher Weise gegen die Immigration und den Aufenthalt von
"AusländerInnen". Hierzu zählen u. a. das Argument der tendentiellen Kriminalität, das der
Belastung oder der Gefahr (vgl. ARDUÇ-SEDLAK 2000).
Angesichts der Tatsache, daß PolitkerInnen als Elite nicht nur eine gewisse
Vorbildwirkung haben, sondern auch dessen, daß sprachliches Handeln von PolitikerInnen
nicht zuletzt im Alltag der betroffenen ethnischen Minderheiten konkrete Auswirkungen hat
(man denke hier nur an die Verabschiedung von Gesetzen und die darauf beruhende
Ausfertigung von Bescheiden; siehe WODAK/VAN LEEUWEN 1999), wäre die
Verabschiedung eines Anti-Rassismus- bzw. Anti-Diskriminierung-Gesetzes, das u. a.
bestimmte sprachliche Formulierungen als diskriminierend und rassistisch ausweist und damit
rechtliche Schritte dagegen ermöglicht, ein wichtiger und großer Schritt im Rahmen des
Engagements gegen Rassismus und Ausländerfeindlichkeit.
6. Literaturhinweise
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Was
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43
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und
Funktion
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ZERGER, Johannes. 1997. Was ist Rassismus? Eine Einführung. Göttingen: Lamuv.
46
Anhang
Diskursive Strategien
Referenz
Positive Selbstrepräsentation &
Prädikation
Negative Repräsentation des anderen
Argumentation
Perspektivierung
Verstärkung/Abschwächung
Referentielle Strategien
= Strategien zur linguistischen Konstruktion, Identifikation und Repräsentation von sozialen
Akteuren in Form von Wir-Gruppen und Sie-Gruppen
= einfachste und elementarste Form der linguistischen und rhetorischen Diskriminierung
Diese Strategien werden in erster Linie über Nominalisierungen linguistisch realisiert,
allerdings sind gerade im Deutschen auch andere Realisierungsformen (Adjektive,
Präpositionalphrasen, etc.) von Bedeutung.
Typische Referentielle Strategien zur Konstruktion einer "Wir"-Gruppe
Strategien
Kollektivierung


Linguistische Mittel
Deiktika
Kollektive
Ethnisierung/Nationalisierung Ethnonyme/Nationyme
Rassische Konstruktion
Somatisierung
"Verörtlichung"
(Spatialization)
(De-spatialization)
Originalisierung
Problematisierung
"Versprachlichung"
(linguification)
"Klassifizierung"
"racionyms"
"Somatonyme"
Toponyme in Form von
Metonymien und/oder
Personifizierungen
de-toponymische
Anthroponyme
Origionyme
negative Qualionyme
Linguonyme
"Klassonyme"
Beispiele für Realisierungen
 wir, uns
 die Bevölkerung, die
Leute, das Volk
(die) ÖsterreicherInnen, (die)
FranzösInnen
Weiße
Hellhäutige
Österreich, Holland
InländerIn, WienerIn
Einheimische, Autochthone
Arbeitslose
Deutschsprachige,
die Oberschichte
47
Politisierung
Funktionalisierung/
Aktionalisierung/
Professionalisierung
"Religionalisierung"
Konstruktion über soziale
Bindungen
Politonyme
Funktionyme/
Aktionyme/
Professionyme
Religionyme
"relationyms"
BürgerInnen, WählerInnen
ArbeitnehmerInnen,
ArbeiterInnen
ChristInnen
Freunde, Mitmenschen,
Kinder, Jugendliche
Typische Referentielle Strategien zur Konstruktion einer "Sie"-Gruppe
Strategien
Kollektivierung
Linguistische Mittel
 Deiktika
 Kollektive
Ethnisierung/Nationalisierung Ethnoyme/Nationyme
Rassische Konstruktion
"racionyms"
Somatisierung
"Somatonyme"
"Verörtlichung"
Toponyme in Form von
(Spatialization)
Metonymien und/oder
Personifikationen
(De-spatialization)
de-toponymische
Anthroponyme
Originalisierung
Origionyme
Problematisierung
negative Qualionyme
"Versprachlichung"
Linguonyme
(Linguifikation)
"Klassifizierung"
"Klassonyme"
Politisierung
Politionyme
Explizite Verschleierung
Alionyme
Funktionalisierung/
Funktionyme/
Aktionalisierung/
Aktionyme/
Professionalisierung
Professionyme
"Religionalisierung"
Religionyme
Konstruktion über soziale
"Relationyme"
Beziehungen
Beispiele für Realisierungen
 sie, ihnen, die
 die Leute
TürkInnen, AlbanerInnen
NegerInnen
Rothäute, Schlitzaugen
Türkei, Asien
AusländerIn, SüdländerIn
Allochthonen
die Illegalen, Kriminelle
Slawen
die ProletarierInnen, Armen
ausländische MitbürgerInnen
Fremde
AsylwerberInnen ZuwanderInnen, MigrantInnen; Gastarbeiterinnen, Arbeitskräfte
MuslimInnen, JüdInnen
ausländische Mitmenschen,
ausländische Jugendliche
Strategien der Prädikation
= Strategien, mittels derer den zuvor identifizierten sozialen Akteuren – seien es Individuen
oder Gruppen von Personen – positive oder negative Eigenschaften in Form von impliziten
oder expliziten und mehr oder weniger wertenden Prädikaten zuweist.
Prädikative Strategien können in verschiedener Form linguistisch realisiert werden. Dazu
zählen u. a.
48
a) spezifische Formen der Referenz und der damit einhergehenden Konnotation bzw.
Denotation;
b) Attribute, d. h. Adjektive, Appositionen, Präpositionalphrasen, Relativsätze u. a.;
c) Prädikate;
d) explizite Vergleiche und Gleichsetzungen;
e) Metaphern;
f) rhetorische Figuren wie Metonymien, Euphemismen, etc.;
g) Präsuppositionen;
h) ....
Argumentative Strategien/Topoi und Trugschlüsse (Fallacies)
= Strategien, die dazu dienen, die Ausgrenzung, Ausbeutung und Diskriminierung von
spezifischen Personen bzw. Gruppen von Personen zu rechtfertigen und zu legitimieren
Topoi:
= inhaltsbezogene Schlußfolgerungsregeln, die ein oder mehrere Argumente mit der
Schlußfolgerung verknüpfen.
= obligatorische explizite oder erschließbare Prämissen im Rahmen der Argumentation
Überblick über für rassistische Diskurse typische Topoi
Topos
Gefahrentopos
Beschreibung
Wenn durch x spezifische Gefahren und Bedrohungen entstehen, dann sollte
etwas gegen x getan werden.
Finanztopos
Wenn eine spezifische Situation oder Handlung zuviel kostet, dann sollte etwas
unternommen werden, um diese Kosten einzuschränken bzw. zu verhindern.
Zahlentopos
Wenn die Zahlen einen spezifischen Topos belegen, sollte eine bestimmte
Aktion erfolgen/nicht erfolgen.
Kulturtopos
Weil die Kultur einer bestimmten Gruppe von Leuten ist, wie sie ist, entstehen
spezifische Probleme in spezifischen Situationen.
Belastungstopos
Wenn eine Person, eine Institution oder ein "Land" durch spezifische Probleme
belastet wird, dann sollten Maßnahmen ergriffen werden, um diese Belastung zu
49
verringern.
Mißbrauchstopos
Wenn ein Recht oder ein Hilfsangebot mißbraucht wird, dann sollte dieses Recht
oder Angebot geändert bzw. zurückgenommen werden und Maßnahmen gegen
den Mißbrauch ergriffen werden.
Geschichtstopos
Aufgrund der geschlichtlichen Erfahrungen sollte x unterbleiben/erfolgen.
Nutzen-Topos
Wenn eine bestimmte Handlung aus einer spezifischen Sicht als nützlich
erscheint, dann sollte sie durchgeführt werden.
Humanitätstopos
Wenn eine bestimmte Handlung oder Entscheidung (nicht) mit den
Menschenrechten oder mit menschlichen Konventionen übereinstimmt, sollte sie
(nicht) ausgeführt werden.
Trugschlüsse/Fallacies:
= "pragmatische Trugschlüsse", die gegen bestimmte Argumentationsregeln verstoßen, um
Diskriminierung zu rechtfertigen
Überblick über für rassistische Diskurse typische Trugschlüsse
Trugschluß
Argumentum ad baculum
Beschreibung
Androhung von negativen Sanktionen und Gewalt gegenüber
Antagonisten
Argumentum ad hominem
In-Frage-Stellen der Personalität und des Charakters von
Antagonisten (Zweifel an Glaubwürdigkeit, Ehrlichkeit, Expertise,
Erfahrung, ...)
Argumentum ad misericordiam ungerechtfertigter Appell nach Mitleid und Empathie, um
Antagonisten auf die eigene Seite zu ziehen
Argumentum ad populum
mehr oder weniger populistische Appelle an "Massen" von Leuten
(Stimme des Volkes)
Argumentum ad ignorantium
Rechtfertigung eines Arguments, Standpunkts oder einer These
durch Appell an Unwissenheit (Gegenteil ist zu beweisen)
Argumentum ad verecundiam
ungerechtfertiger Appell an Respekt gegenüber Autoritäten
Secundum quid
Generalisierung auf der Basis eines nicht repräsentativen Samples
"Pars pro toto" bzw. "Toto pro pars")
"Post hoc, ergo propter hoc"
Darstellung chronologisch späterer Ereignisse als kausale Ursache
von chronologisch früheren Ereignissen
50
Petitio principii
zirkuläre Argumentation
Trajectio in alium
Konstruktion von Sündenbocken, Täter-Opfer-Umkehr
Weitere Beispiele für xenophobe und rassistische Tendenzen im Diskurs der FPÖ:
Beispiel 1:
FPÖ-Spitzenkandidat Thomas Prinhorn sieht in seiner Behauptung, dass Ausländer
Gratishormone für erhöhte Fruchtbarkeit bekommen, "keine Ausländer feindliche
Aussage". Es handle sich dabei "um ein Faktum, und Fakten sind nie etwas
Unehrenhaftes", meinte Prinzhorn Mittwoch Abend in der ZiB 2. ...
Prinzhorn bekräftigte gegenüber dem Fernsehen seine in einem Interview für die
"Stuttgarter Nachrichten" gemachte Aussagen über Gratishormone für Ausländer. Dabei
handle es sich z.B. um das Medikament Purigon. Ein Faktum ist für Prinzhorn ferner,
"dass Ausländer die Gratispille bekommen und Inländer nicht". Dies widerspreche dem
Gleichheitsgrundsatz, darüber sollte man reden. (APA0662 5 II 0169)
Beispiel 2:
In den letzten Jahren haben die Arbeitslosenzahlen die magische Grenze von 300.000
mehrmals übertroffen und damit das höchste Niveau seit den Fünfzigerjahren erreicht.
Waren im Jahresdurchschnitt 1990 nur noch 142.030 Menschen arbeitslos, so lag die
Zahl 1998 schon bei 215.715. Trotzdem ließ es die SPÖVP-Koalition zu, daß z.B. Ende
Juli 1999 251.981 Ausländer legal beschäftigt waren. Dazu kommt noch die Dunkelziffer
der illegal beschäftigten Ausländer von etwa 100.000. Die von der SPÖVP-Koalition
angestrebte EU-Osterweiterung ließe diese Zahl weiter ansteigen und würde die
Arbeitsplatzchancen der Österreicher deutlich verringern. (Haider-Prinzhorn-Plan)
Beispiel 3:
Ausländerbeschäftigung
Im Bereich der Ausländerbeschäftigung sind Änderungen erforderlich, um den
österreichischen Arbeitsmarkt primär inländischen Arbeitnehmern vorzubehalten und die
Beschäftigung von Ausländern auf die Bereiche zu beschränken, in denen sie
unumgänglich ist.
Wir haben die Lösung:
 Ausländerbeschäftigung soll (mit Ausnahme der Saisonniers) bis zum Erreichen der
Vollbeschäftigung (3 % Arbeitslosenquote) durch folgende Maßnahmen deutlich
reduziert werden:
a) keine weiteren Zuwanderungsbewilligungen mit Ausnahme von Härtefällen im
Familienbereich und Schlüsselkräfte in der Wirtschaft
b) Absenkung der Bundeshöchstzahl auf 6 % (auch in Anbetracht der mit EU-Bürgern
gleichzustellenden türkischen Staatsangehörigen);
c) sofortiger Bewilligungsstopp für die Zulassung neuer türkischer Arbeitnehmer auf den
inländischen Arbeitsmarkt, soweit dies nach dem die Assoziation mit der Türkei
betreffenden Ratsbeschluß der EU möglich ist und
51

Ausländerbeschäftigung soll durch ein Saisonnier-Modell mit folgenden Grundsätzen
verstärkt im Bereich der kurzfristigen Beschäftigung eingesetzt werden:
a) Wahlmöglichkeit zwischen Saisonnier_Modell und Beschäftigung nach den geltenden
Regelungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes;
b) maximale Beschäftigungsdauer von neun Monaten innerhalb eines Jahres;
c) eine Person darf nur bis zu drei Mal in Österreich als Saisonnier arbeiten;
d) Saisonniers sind nur kranken- und unfallversichert; es müssen keine Beiträge zur
Arbeitslosen- und Pensionsversicherung sowie zum Familienlastenausgleichs-fonds
bezahlt werden. Der dadurch entstehende Kostenvorteil für den Dienstgeber muß zur
Gänze an den Saisonnier weitergegeben werden und
e) Nominierungsmöglichkeit der einzelnen beschäftigten Personen mit Beginn ihrer
Tätigkeit (auch Austausch während der Saison) für den Bereich der Erntehelfer in der
Landwirtschaft.
 Illegale Ausländerbeschäftigung soll durch eine Ausweispflicht für ausländische
Arbeitnehmer auf dem Arbeitsplatz, wobei aus diesem Ausweis die
Arbeitsgenehmigung und die Anmeldung zur Krankenversicherung hervorzugehen
haben, wirksamer verhindert werden.
 Anreize für die Rückkehr aller ausländischer Arbeitnehmer, die sich längere Zeit in
Österreich aufgehalten haben, durch eine Förderung gemeinnütziger Vereine, die
eine Reintegration in Österreich lebender Ausländer unter folgenden
Rahmenbedingungen anstreben:
a) Vorfinanzieriung der für den Aufbau von Betrieben notwendigen Geräte bzw.
zerstörter oder nicht vorhandener Wohnmöglichkeiten im jeweiligen Heimatland des
ausländischen Staatsbürgers bis zur Betragsgrenze von 150.000,-- öS aus Bundesmitteln;
b) Rückzahlung von 70 % der Förderung binnen maximal fünf Jahren an eine Stiftung des
jeweiligen Landes, die weitere Förderungen dieser Art vergibt;
c) Kontrolle der Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit sowie nachträgliche Prüfung des
Erfolges der Förderung durch unabhängige Fachleute und
d) massive Information der in Österreich lebenden Ausländer.
Beispiel 4:
Beim organisierten Kokainhandel nach Österreich dominierten 1998 schwarzafrikanische
Tätergruppen als Kuriere und europaweit konnte für 1998 festgestellt werden, daß
nigerianische Tätergrupppen sich im Bereich des Heroinhandels als kriminelle
Organisationen etabliert haben.
Im Zusammenhang mit Suchtmittelermittlungen wurden immerhin 35,20 % (799) Fremde
festgenommen und 2.752 Fremde wegen strafbarer Handlungen nach dem SMG zur
Anzeige gebracht.
Allein bei der am 27. Mai 1999 stattgefundenen Dorgenrazzia wurden über 70 Personen
festgenommen, wobei der überwiegende Teil Dealer Asylwerber oder illegal in
Österreich lebende Ausländer waren, welche in Wien, Linz, Graz und NÖ im großen Stil
mit Kokain und Heroin gehandelt hatten.
Wir haben die Lösung:
...


Sofortige Abschiebung ausländischer Drogendealer
Restriktive Ausländerpolitik (Einwanderungsstopp, keine vorzeitige Einbürgerung)
(Haider-Prinzhorn-Plan)
52
Beispiel 5:
Die unkontrollierte Einwanderung der letzten Jahre hat massive Konsequenzen. In den
letzten zehn Jahren haben sich die Einbürgerungen mehr als verdoppelt. Diese
Entwicklung muß gestoppt werden: Österreich ist kein Einwanderungsland.
Derzeit halten sich in Österreich offiziell rund 800.000 Ausländer auf. Nach Schätzungen
von Experten befinden sich zusätzlich weitere hunderttausende Ausländer illegal in
Österreich.
In Österreich ist damit bereits jeder 8. Einwohner ein Ausländer.
Diese unkontrollierte Einwanderung hat Lohndruck und Verteuerung auf dem
Wohnungsmarkt bewirkt und ist daher geeignet den sozialen Frieden zu gefährden.
Diesen Zustand haben SPÖ und ÖVP zu verantworten, da sie über Jahre hindurch
entweder keine oder nur unzureichende Maßnahmen gegen den Ausländerzuzug ergriffen
haben. Die Folge ist auch ein Anstieg der Kriminalität von Ausländern, insbesondere der
organisierten Kriminalität und des Drogenhandels, die beide von Ausländern dominiert
werden. die hohe Kriminalitätsrate unter Ausländern zeigt sich auch darin, daß bereits
jetzt 27 % der Häftlinge in den österreichischen Gefängnissen ausländische Staatsbürger
sind.
Die vorliegenden Fakten werden von SPÖ und ÖVP ignoriert, so werden beispielsweise
Schlepper größtenteils nur mit Verwaltungsstrafen bestraft und nach wie vor nur
unzureichende Maßnahmen gegen einen weiteren Ausländerzuzug gesetzt. Den
Ausländern wird sogar der Anreiz geboten in Österreich einzuwandern, indem sie bereits
nach sechs (Minderjährige sogar nach vier) Jahren Aufenthalt eingebürgert werden
können.
Die Zahl der Einbürgerungen von Ausländern hat sich in den letzten 10 Jahren mehr als
verdoppelt. So wurden allein in Wien von 1993 bis 1997 mehr als 45.000 Ausländer
eingebürgert.
Von Jänner bis Juli 1999 wurden bereits 21.368 Menschen, die illegal Österreichs
Grenzen übertreten wollten, aufgegriffen (davon sind: 1.630 Schlepper, 7.836
Geschleppte, 11.903 illegale Grenzgänger, 3.696 geschleppte Personen und 839
Schlepper). Nach dem Fremdengesetz wird die Schlepperei oft nur verwaltungsrechtlich
verfolgt.
Der Zustrom zigtausender Illegaler nach Österreich ist ständig im Steigen begriffen, ein
Teil der im Zielland angelangten Illegalen bildet wiederum Brückenköpfe für weitere
Betätigungsfelder der Verbrechersyndikate (wie Suchtgifthandel, Kraftfahrzeugverschiebungen, Prostitution, Schutzgeldererpressung, etc.). Auch die Schleppertätigkeit
floriert immer mehr. Gleichzeitig verfügt aber die Exekutive über zuwenig Personal und
nur unzureichende technische Ausstattung zur Grenzüberwachung und zur Bekämpfung
des Schlepperunwesens.
Von Jänner bis Juli 1999 wurden 11.918 Asylanträge in Österreich gestellt, im
Vergleichszeitraum des Vorjahres waren es 5.638 Anträge; allein im Juli 19999 wurden
wieder 649 Asylanträge von Staatsangehörigen der Bundesrepublik Jugoslawien, inkl.
Kosovo-Albanern, gestellt (Migrationsstatistik BMI). Österreich gilt für Asylwerber als
bevorzugtes Zielland: 1/3 der Asylwerber gibt Österreich bereits als solches an. Nach
Auskunft des Innenministeriums geben mehr als 50% wirtschaftliche und soziale
Erwägungen an, um in Österreich um Asyl anzusuchen. Allein 70.000 bosnische
Flüchtlinge, die ursprünglich aus politischen Gründen in Österreich Asyl erhalten hatten,
sind geblieben und haben eine Aufenthalts- und Arbeitsbewilligung, viele inzwischen
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auch die Staatsbürgerschaft, erhalten. Trotz des dringlichen Appells des bosnischen
Präsidenten Alija Izetbegovic Ende August 1996 an alle Kriegsflüchtlinge, sich am
Aufbau Bosnien-Herzegowinas zu beteiligen ("für den Wiederaufbau würde jeder Mann,
jede Frau und jedes Kind gebraucht werden"), wurde es von der SPÖVP-Koalition
verabsäumt, intensive Rückkehrhilfe zu betreiben.
Allein 1998 haben 5.500 Asylwerber den Ausgang ihres Asylverfahrens nicht abgewartet
und sind in die Illegalität abgetaucht. Auch die Kosten für laufende Asylverfahren steigen
rapide an: so wurden in einem Zeitraum von mehr als drei Jahren mehr als 31 Mio.
Schilling an Dolmetschkosten für Asylwerber aufgewendet.
Die wachsende Zahl der Asylwerber und illegalen Einwanderer führt wiederum zu einer
stark steigenden Anzahl von Schubhäftlingen. Viele der Schubhäftlinge müssen wegen
Mangel an Schubhaftplätzen quer durch Österreich transportiert werden und nicht ein
geringer Teil der Schubhäftlinge preßt sich mit dem Mittel des Hungerstreiks frei, womit
er auch einer Abschiebung entgeht.
Wir haben die Lösung:
 Sofortigen Einwanderungsstopp
 Einbürgerungen frühestens nach 10 Jahren Aufenthalt in Österreich
 Massive Bekämpfung der organisierten Kriminalität
 Härtere Strafen bei Drogenkriminalität und Schlepperei
 Bekämpfung des Sozialmißbrauchs
 Verstärkte Kontrollen an Österreichs Grenzen zur Verminderung illegaler
Einwanderung
 verstärkter Einsatz des österreichischen Bundesheeres vor allem in Nieder- und
Oberösterreich
 Verbesserung der personellen und technischen Ausstattung der Grenzüberwachung
 Konsequente Abschiebung von kriminellen Ausländern
 Rückführung von Flüchtlingen nach Kriegsende in ihre Heimat
 Keine Osterweiterung, solange die beitrittswerbenden Staaten die erforderlichen
Mindeststandards der EU-Mitgliedsstaaten nicht dauerhaft erreicht haben (HaiderPrinzhorn-Plan)
Beispiel 6 (Ausschnitt aus der TV-Konfrontation):
Jörg HAIDER; Bundesparteiobmann der FPÖ:
jo wenn es den Herrn Bundeskanzler/wann's den Herrn Bundeskanzler stört, daß wir
plakatiern "keine Gnade für Drogenhändler", dann kann ich also auch nichts machn. die
Bevölkerung hat ein Recht darauf, in einem Land zu lebm, wo die Sicherheit nicht nur
verkündet wird, sondern wo auch Konsequenzn gezogen werdn. und ich sag no was. auch
die andere Frage die Sie angesprochen habm unsere Zuwanderungspolitik die Ihnen
offenbar nicht paßt. also bitte, Ihr eigener Innenminister propagiert, daß es nicht mehr
vertretbar ist, eine weitere Zuwanderungspolitik zu machen. Und bei den Freiheitlichn
machn Sie des zum Vorwurf. I hob des also mit. Er hat also eine schöne Aussage
gemacht, indem er gesagt hat in der Kärntner Tageszeitung, daß eine weitere
Zuwanderung nicht mehr möglich is. Und Sie tuan holt dann beide Dinge unterschiedlich
bewertn. äh der Wähler wird die Entscheidung treffn, ob er das wirklich haben will, daß
ma sagt, wenn eine Partei hergeht und eine weitere Zuwanderung nach Österreich für
unverträglich hält, dann is des sozusagn eine Diskriminierung die/ich sollte also nicht an
der Regierungsmacht teilhabm. is auch in Ordnung. man wird ja sehn was der
Österreicher entscheidet. (Jörg Haider in der "Wahlkonfrontation")
[auf den Heide Schmidts Vorwurf, sich Nazi-Methoden zu bedienen – etwa bei der
Bezeichnung von Schwarzafrikanern als Drogendealer in Designeranzügen]:
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is ja nachgewiesn wordn. vor zwei Tagn sind sechsunddreißig solcher Typn
festgenommen wordn.
[Replik auf Heide Schmidts Kritik]:
... weil das/das/das das Wort "Überfremdung" Sie nicht gestört hat, Frau Dr. Schmidt, als
etwa im Magistrat Wien Bescheide herausgegeben wordn sind mit der Begründung,
Aufenthaltsbewillungungen werden abgelehnt, weil die Überfremdung gegebm is. es hat
Sie das also nicht so aufgeregt wie jetzt wo eine freiheitliche Broschüre also von
Überfremdung äh redet oder eine
Heide Schmidt:
na das is keine Broschüre von Überfremdung.
Jörg Haider:
ich
Heide Schmidt:
das is etwas anderes. das wissen Sie
Jörg Haider:
na also die Drogndealer brauchn Sie nicht in Schutz nehmen.
und daß Sie natürlich die Drogenhändler verteidign is ganz logisch weil Sie sind für eine
Freigabe der Drogen. das is ganz logisch.
Beispiel 7:
Der FPÖ-Kinderscheck in der Höhe von 5.700,- Schilling pro Monat wird bis zum Alter
von 6 Jahren für jede österreichische Familie ausbezahlt werden. (Aussendung in Wien
zum Thema Kinderscheck).
Beispiel 8:
Überhaupt hat unsere Stadt ein großes Herz für die Sorgen der Fremden (nicht nur der
Touristen). Grillorgien ohne Rücksicht auf die Anrainer (Hammelbraten zu schreiben ist
ja verpönt), verdreckte Parks und die Rauch- und Geruchsbelästigung müssen zugunsten
einer Multi-Kulti-Entwicklung ebenso in Kauf genommen werden wie die Belästigung von
Siedlern durch nächtliche Türkenfeste (Beispiel Inzersdorf). Die Aktivität unseres
Magistrats bestand darin, daß der ausländische Veranstalter, der ursprünglich illegal
und ohne Genehmigung – also verboten – arbeitete, nein (!), nicht bestraft und
ausgewiesen wurde, sondern eine Konzession erhielt; eine Bewilligung, die, vor allem
was die Hygienebestimmungen und Bazillenauscheidergesetz für das Personal betrifft,
einem österreichischen Gastbetrieb so nie genehmigt würde! Liesing macht es möglich.
Wenn Sie, so wie ich, genug von dieser Entwicklung haben, dann nützen Sie doch die
Gelegenheit am 3. Oktober und geben Sie uns Ihre Stimme, für den Bezirk, für unser
Wien, für Österreich! (Nationalratsabgeordneter Martin Jung in der Bezirkszeitung –
stadt journal Liesing + NÖ Süd, Ausgabe 9/1999).
Beispiel 9:
Wer arbeitsfähig und nicht arbeitswillig sei, dem solle das Arbeitslosengeld stufenweise
gestrichen werden. Vor allem ausländische Bürger lägen "in der sozialen Hängematte".
Westenthaler fordert daher, allen Ausländern, die innerhalb von drei Monaten keine
Arbeit finden, Aufenthalts- und Arbeitsbewilligungen zu streichen. (Wiener Zeitung, 5. 8.
1999)
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