Der Witz wird langsam ernst: Die SPD nähert sich den 18 %: von

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WAS IST LOS?
DIE SPD SOLLTE SICH ZUR LINKSPARTEI BEKENNEN
Der Witz beginnt ernst zu werden: Die SPD nähert sich den 18 %: von oben her abfallend.
Anfang Juni prognostizierten einige Umfrageforscher der Traditionspartei 20 % Zustimmung.
Was ist los?
Der SPD bekommt die große Koalition nicht. Seit die Union dort sozialdemokratische
Politik macht, geht es bergab mit der ehemaligen Arbeiterpartei.
Der SPD bekommt die Linkspartei nicht. Seit Gerhard Schröder das soziale Netz
aufgeknüpft hat, lebt die PDS/Linkspartei davon, dass es immer weniger Bürger der SPD
abnehmen, ihr Ziel sei soziale Gerechtigkeit.
Der SPD bekommt Oskar Lafontaine nicht. Seit der ehemalige SPD-Vorsitzende die
Linken gegen seine einstige Partei in Stellung bringt, herrschen dort Eifersucht, Angst und
Unsicherheit.
Der SPD bekommt Kurt Beck nicht. Seit er Vorsitzender ist, versucht er, soziale
Kompetenz für die Sozialdemokraten zurückzugewinnen. Doch die meisten Wähler werten
das als opportunistisches Manöver und glauben Beck nicht.
Der SPD bekommen ihre eigenen stellvertretenden Vorsitzenden nicht. Die beiden
„Stones“, Minister aus dem Kabinett Merkel, haben im SPD-Vorstand wenig zu sagen, dafür
aber umso mehr Andrea Nahles, die ihre Strippen zieht und Beck fesselt.
Gerhard Schröder wollte am Wahlabend 2005 verhindern, dass Angela Merkel Kanzlerin
wird. Am Ende konnte er das nicht. Aber seine Partei hatte von der Kanzlerinnenwahl und der
großen Koalition wirklich keinen Nutzen. Zwar bekamen die Sozialdemokraten in großer
Zahl die Ministerposten, die sie haben wollten. Gebracht hat ihr das wenig. Die anderen haben
eben die „Queen“, und im Zeitalter der Personalisierung bestimmt sie die Szene. Wie es
Regierungschefs immer tun: Frau Merkel nimmt Ministern nach Belieben die Themen weg.
Sie beherrscht die Außenpolitik und vermittelt nach innen ein soziales Wohlgefühl. Schröder
hatte das mit seiner eigenen Kanzlererfahrung kommen sehen, aber verhindern konnte er es
nicht. Nach seinem eigenen politischen Konkursverfahren und der Neuwahl schon 2005 war
er zu schwach in den eigenen Reihen, um die in die Regierung ziehenden Minister
aufzuhalten.
Den Platz, den die SPD links frei gemacht hat, besetzt derweil beharrlich die Linkspartei.
Ganz nach dem Lehrbuch orientierten sich Lothar Bisky und Oskar Lafontaine an der
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„Vakuumtheorie“: Die von der SPD geschaffene Leere wird von der Linken gefüllt, und diese
verlässt ihre ostdeutsche Diaspora, weil die SPD ja auch im Westen das soziale Netz
aufgeknüpft hat.
Da es obendrein der eigene frühere Held ist, der den Sozialdemokraten an vorderster Front
das Wasser abgräbt, frisst sich der Frust bei der „alten Tante SPD“ tief in die Seele ein. Zwar
sehen es viele mit Freude, dass es in Deutschland eine „linke“ Mehrheit gibt, aber mit einem
wie Oskar Lafontaine kann man doch nicht gehen! Also wird geeiert: 2009 im Bund wird eine
Koalition mit der Linkspartei ausgeschlossen, aber in Hessen soll es Frau Ypsilanti schon
`mal mit den Genossen von der anderen Feldpostnummer versuchen. Und in Berlin regiert
Klaus Wowereit seit Jahren mit einer gezähmten Linkspartei.
Dann
kommt
Gesine
Schwan.
Als
Kollege
sollte
man
frohlocken:
Eine
Politikwissenschaftlerin als Bundespräsidentin, das wäre doch etwas! Die SPD wird das
allerdings nur hinbekommen, wenn auch die Linkspartei in der Bundesversammlung der
Professorin ihre Stimme gibt. Die einstige Antikommunistin kann nur mit Hilfe von Gregor
Gysi und anderen PDSlern ins Amt kommen!
Jede der sich aus der Kandidatur Schwans ergebenden Optionen ist von Übel für die SPD:
- Soll sie ein Signal für eine Koalition im Bundestag sein, also für einen „Machtwechsel“ wie
ihn Gustav Heinemann am Vorabend der sozial-liberalen Koalition sah? Das wäre glatter
Wortbruch.
- Soll eine Wahl Schwans folgenlos für die weitere deutsche Innenpolitik bleiben? Dann hätte
sie keinen Sinn außer den der Befriedigung des persönlichen Ehrgeizes der Kandidatin.
- Schließlich kann das ganze Projekt Schwan an den Mehrheiten in der Bundesversammlung
scheitern: Das wäre es ein sozialdemokratischer Flopp.
Kurt Beck ist SPD-Vorsitzender nach einer Reihe gescheiterter Vorgänger. Er ist ins Amt
gekommen, weil er neben dem PDS-Koalitionär Klaus Wowereit und dem gerade
ausgeschiedenen
Matthias
Platzeck
der
einzige
verbliebene
sozialdemokratische
Ministerpräsident war. Obendrein führte Beck in Mainz bis 2006 eine Koalition mit der FDP.
Aber Rheinland-Pfalz ist nicht Deutschland, Mainz nicht Berlin. Da residieren die
Großwidersacher Steinmeier und Steinbrück, da intrigiert Frau Nahles. Für die alle ist es
völlig uninteressant, mit wem Beck in Mainz alles regieren kann. An der Spree wird ein
anderes Stück gegeben als am Rhein, und der Vorsitzende will das offensichtlich nicht
akzeptieren.
So sinkt die Glaubwürdigkeit. Wer nimmt es der SPD noch ab, dass sie 2009 nicht mit der
Linkspartei koalieren werde, falls sich das rechnet? In Berlin regiert ein rot-roter Senat, in
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Hessen wäre man gerne ein Bündnis mit der Linkspartei eingegangen, und in der
Bundesversammlung wird Gesine Schwan die Stimmen von links gewiss nicht verachten.
Was sollen mithin die Schwüre gegen die Linken? Einst wollte ein führender Sozialdemokrat
die Grünen mit der Dachlatte zum Teufel jagen, dann wurde Deutschland ab 1998 mit dem
„rot-grünen Projekt“ beglückt. So geht das. Schließlich ist die Linkspartei ebenso wie einst
die Grünen vom Wähler legitimiert.
Warum lernt die SPD nicht aus der eigenen Geschichte und gesteht ein, was ohnehin jeder
vermutet: Wenn es reicht, wird sie mit den Linken regieren?
Würde die SPD das eingestehen, hätte sie keine Glaubwürdigkeitsprobleme mehr. Sie könnte
versuchen, sogar Schumacher-Sozialdemokraten, die ihr jetzt aus moralischen Empfindungen
heraus davon gelaufen sind, wieder an sich zu binden.
Bleibt die Partei bei ihrer derzeitigen Wickel-Wackel-Politik, werden ihre Umfragwerte
weiter fallen. Von der FDP kann sie lernen: Auch unter 18 % geht es noch weiter bergab. Und
das Grundgesetz garantiert den Parteienstaat, nicht jedoch die Existenz einzelner Parteien...
Im Rahmen des Grundgesetzes agiert jedoch auch die Linkspartei. Da macht sie der SPD
mächtig Konkurrenz. Immer mehr Wähler legitimieren die Existenz der Linkspartei. Was
hindert die älteste demokratische Partei in Deutschland eigentlich, das anzuerkennen und
entsprechend politisch zu handeln?
Dass die SPD nach mehr Macht strebt, kann ihr niemand übel nehmen. Dazu ist sie
schließlich eine politische Partei. Oder will sie das nicht mehr sein?
JÜRGEN DITTBERNER
(JUNI 2008)
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