Antimetaphysische Vorbemerkungen von Ernst Mach Verantwortlich für die Veröffentlichung: Alois Payer , mailto: [email protected] Zitierweise / cite as: Mach, Ernst <1838 - 1916>: Antimetaphysische Vorbemerkungen. -Ursprünglich erschienen in: Mach, Ernst <1838 -1916>: Die Analyse der Empfindungen und das Verhältnis der Physischen zum Psychischen. -- 2.,verm. Aufl. -- Jena : Fischer, 1900. -- [Die erste Auflage erschien 1886 u.d.T.: Beiträge zur Analyse der Empfindung]. -- Neudruck der 9. Aufl. von 1922 mit einem Vorwort von Gereon Wolters: Darmstadt : Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1985. -- Fassung vom 2006-10-17. -- URL: http://www.payer.de/fremd/mach.htm Anlass der On-line-Veröffentlichung: Lehrveranstaltung Der buddhistische Erlösungsweg, Univ. Tübingen, WS 1995/96 Erstmals online publiziert: 1996-03-01 Überarbeitungen: 2006-10-17 [Hinzufügungen und Korrekturen] Copyright: Es besteht kein Copyright 0. Übersicht 1. Biographische Vorbemerkung zu Ernst Mach 2. Wichtige Veröffentlichungen von Ernst Mach 3. Grundgedanken der Machschen Philosophie 4. Ernst Mach und der Buddhismus 5. Antimetaphysische Vorbemerkungen / von Ernst Mach o 5.1. Die Illusion der beständigen Substanz o 5.2. Das Verhältnis Subjekt, Innenwelt, Außenwelt o 5.3. Das Ich als Elementekomplex, seine Einheit ein praktisches Postulat o 5.4. Die Berechtigung des naiven Realismus o 5.5. Anmerkungen 1. Biographische Vorbemerkung zu Ernst Mach Abb.: Ernst Mach, Denkmal im Rathauspark, Wien [Bildquelle: Wikipedia] "Ernst Mach (* 18. Februar 1838 in Chirlitz, Mähren, Österreich-Ungarn heute Brünn [Brno]-Chrlice, Tschechien; † 19. Februar 1916 in Haar (bei München) bei war ein Physiker, Philosoph und Wissenschaftstheoretiker. Er ist heute vor allem durch die nach ihm benannte Mach-Zahl, die die Geschwindigkeit im Verhältnis zur Schallgeschwindigkeit beschreibt, bekannt. Neben der Physik hat er sich stark mit der Philosophie beschäftigt. So gilt er als einer der einflussreichsten Vertreter oder sogar als Mitbegründer des Empiriokritizismus. Im Bereich der Psychologie hat er sich als Wegbereiter der Gestaltpsychologie bzw. Gestalttheorie einen Namen gemacht. Leben und Werk Herkunft und Bildung Machs Familie gehörte der deutschsprachigen Minderheit in Böhmen und Mähren an. Sein Vater Johann Mach war erst Hauslehrer und nach dem Erwerb eines Guts in Untersiebenbrunn Bauer. Weitere Vorfahren der väterlichen Linie waren Kleinbauern und Weber. Die mütterliche Linie bestand aus Ärzten, Anwälten und Offizieren. Ernst Mach wurde am 18. Februar 1838 in Chrlice geboren und im Nachbarort Tuřany (Turas) getauft. Seine Schulbildung bestand bis zum 15. Lebensjahr im Wesentlichen aus dem Unterricht durch seine Eltern. Auch in der Landarbeit wurde er von diesen unterwiesen. Außerdem absolvierte er eine Tischlerlehre. Nachdem er früher schon einmal kurz das Seitenstetter Benediktiner-Gymnasium besucht hatte, ging er ab 1853 auf das Kremsier (Komeritz) Piaristen -Gymnasium und erlangte dort nach zwei Jahren die Matura. Mach studierte ab Herbst 1855 Mathematik und Naturwissenschaften an der Universität Wien und schloss 1860 mit einer Dissertation bei Andreas von Ettingshausen ab. Der Titel der Arbeit war: „Über elektrische Ladungen und Induktion“ . Akademische Karriere Im folgenden Jahr habilitierte Mach und wirkte dann als Privatdozent. Er bewarb sich um die Professur seines erkrankten Doktorvaters, die ihm jedoch nicht zugesprochen wurde. Daraufhin nahm Mach eine Stelle als Mathematikprofessor an der Universität Graz an. Er blieb dort bis Sommer 1867, wobei er ab 1866 als Ordinarius für Physik tätig war. Zum Wintersemester 1867/68 erreichte ihn der Ruf der Universität Prag, wo er zugleich auch Direktor des physikalischen Instituts werden sollte. Er blieb dort bis zum Jahre 1895. 1872/73 wurde er Dekan der Philosophischen Fakultät und in den Jahren 1879/80 sowie 1883/84 sogar Rektor der Universität. In diese Zeit fiel auch die Teilung der Universität (1882), in deren Umfeld Mach eine liberale Haltung einnahm, obwohl er zur Einheitsfront der deutschen Minderheit in Böhmen und Mähren gehörte. Auch pflegte er gerade zu dieser Zeit demonstrativ einen freundschaftlichen Briefwechsel mit dem tschechischen Physiker August Seydler. Seine politische Einstellung und Geisteshaltung verzögerten seinen Ruf nach Wien um einige Jahre. Er wurde auch nicht als Physiker berufen, sondern auf die neugeschaffene Professur für „Philosophie, insbesondere Geschichte der induktiven Wissenschaften“. Hier hatte Mach eine sehr produktive Phase, in der er Vorlesungen und frühere Bücher überarbeitete und viel Neues veröffentlichte. Politische Einstellung Wie sich schon in den Auseinandersetzungen um die Teilung der Universität zeigte, hatte Mach von seinem Elternhaus eine tief liberale und humanistische Einstellung mitbekommen. Später kehrte er sich, gänzlich unüblich für seinen Stand und die Zeit, der Sozialdemokratie zu und war ein guter Freund des Vorsitzenden der österreichischen Sozialdemokraten, Viktor Adler. Berühmt wurde auch sein Kommentar „Die Wiener haben wie die Trottel gewählt. Überall haben die Pfaffen gegen die Sozialdemokraten gewonnen.“, welchen er anlässlich der österreichischen Parlamentswahlen im Jahr 1897 von sich gab. Außerdem hatte er eine als atheistisch oder besser agnostisch zu bezeichnende Geisteshaltung. Lebensabend Ende des 19. Jahrhunderts begann die „Arbeitswut“ Ernst Machs nach einem Schlaganfall im Sommer 1898 nachzulassen. Er wurde zwar nie ein Anhänger der Relativitätstheorie, die ihm zu exotisch (auch weil sinnlich nicht direkt erfahrbar) schien, doch seinem heute fast unbekannten, sehr großen Einfluss in Wissenschaft und Öffentlichkeit ist es mit zu verdanken, dass gerade in Wien und Österreich viele und wichtige Forschungsprojekte durchgeführt wurden. Das Elektron und das Quant waren für Mach ideale, da messbare und dimensionierte, Objekte der physikalischen Forschung, die so den beschreibenden und reduktionistischen Anspruch Machs an die Physik voll erfüllten. 1913 zog er zu seinem ältesten Sohn nach Vaterstetten bei München. Dort starb er am 19. Februar 1916. In einem Nachruf fasste Einstein 1916 in der Physikalischen Zeitschrift Machs Geisteshaltung jener Zeit zusammen: Mach war seiner geistigen Entwicklung nach nicht ein Philosoph, der sich die Naturwissenschaften als Objekt seiner Spekulationen wählte, sondern ein vielseitig interessierter, emsiger Naturforscher, dem die Erforschung auch abseits vom Brennpunkt des allgemeinen Interesses gelegener Detailfragen sichtlich Vergnügen machte (zit. nach Karl von Meÿenn: Die Großen Physiker Von Maxwell bis Gell-Mann. C.H.Beck., 1997, ISBN 3406411495) Wissenschaftliche Leistungen Neben der Physik forschte Mach auch in der Psychologie (genauer Sinnespsychologie), der Philosophie, Methodologie und der Geschichte. Die meisten seiner Werke entstanden in seiner Prager Zeit, darunter seine bedeutendsten Werke zur Physik und zur Sinnespsychologie. Außerdem begann er hier sich mit Fragen der Erkenntnistheorie und der Geschichte der Physik zu beschäftigen. Wichtige Forschungsgebiete Machs waren: Dopplereffekt Bereits direkt nach seinem Studium bestätigte Mach den Dopplereffekt experimentell und beendete damit die Debatte um die Richtigkeit der Theorie. Im Zuge dessen schlug er Kirchhoff vor, auch die Relativbewegung von Fixsternen spektroskopisch zu bestimmen. Allerdings versickerten diese Bemühungen und wurden erst Jahrzehnte später von Pickering und Vogel umgesetzt. „Arbeiten über Erscheinungen an fliegenden Projektilen“ Abb.: Schlierenfoto eines Flugzeugmodells bei Mach 1,2 im Windkanal Im Sommer 1886 gelang es Mach erstmals, mittels der von Toepler entwickelten Schlierenfotografie und Momentografie Verdichtungskegel aus Luft vor Projektilen sichtbar zu machen. Damit bestätigte Mach experimentell Theorien des Ballistikers Louis Melsen. Er experimentierte im Anschluss auch mit größeren Kalibern, dies allerdings nicht mehr in seinem Institut, sondern auf dem Schießplatz der Firma Krupp und in der kaiserlichen und königlichen Marineakademie von Fiume. Zur Verbesserung der Messung entwickelte er zusammen mit seinem Sohn Ludwig Mach, der ihm als Assistent diente, das Mach-Zehnder-Interferometer. Aus den damit gewonnenen Daten konnte Mach zeigen, dass die Stoßwelle um das bis zu 50-fache verdichtet wird. Auch belegte er die Existenz einer Schwanzwelle hinter dem Projektil neben der Kopfwelle vor dem Projektil. Spätestens mit der „Umkehrung“ des Versuchs im Jahre 1889/90, d.h. durch die Idee, Luft auf ein stillstehendes Projektil zu blasen, schuf Mach so die Grundlagen der Gasdynamik, welche dann von Ludwig Prandtl weiterentwickelt wurde. Die Bedeutung dieser Forschungsergebnisse zeigt sich nicht zuletzt in den noch heute gebräuchlichen Worten Machscher Kegel, MachZahl und Machwelle. Die militärischen Aspekte dieser Forschung beunruhigten Mach, worauf er in vielen Vorträgen hinwies. Kritik an der Newtonschen Mechanik Mach hinterfragte intensiv vom positivistischen und empiristischen Standpunkt aus die Grundlagen der Newtonschen Mechanik und stieß dabei auf Fragen, die er mittels des Machschen Prinzips zu lösen versuchte. Dies führt dazu, dass einige Mach als Wegbereiter der Allgemeinen Relativitätstheorie sehen. Auch Einstein selbst bezeichnete sich anfangs als „Schüler“ Machs, distanzierte sich allerdings später von dessen philosophischen Ansichten. Im Zuge dessen entstanden viele bekannte Bücher, u.a. das wohl bekannteste Buch „Mechanik“. Hier spricht er, entgegen dem Zeitgeist, der Mechanik ihre universelle Gültigkeit ab und versucht, die Mechanik konsequent auf Beobachtungen zurückzuführen. So formulierte er das Trägheitsgesetz in seinem Machschen Prinzip um: Statt nun einen bewegten Körper auf den Raum (auf ein Koordinatensystem) zu beziehen, wollen wir direkt sein Verhalten zu den Körpern des Weltraumes betrachten, durch welches jenes Koordinatensystem allein bestimmt werden kann. Voneinander sehr entfernte Körper, welche in bezug auf andere ferne festliegende Körper sich mit konstanter Richtung und Geschwindigkeit bewegen, ändern ihre gegenseitige Entfernung der Zeit proportional [...] Die eben angestellten Betrachtungen zeigen, dass wir nicht nötig haben, das Trägheitsgesetz auf einen besonderen absoluten Raum zu beziehen. Vielmehr erkennen wir, dass sowohl jene Massen, welche nach der gewöhnlichen Ausdrucksweise Kräfte aufeinander ausüben, als auch jene, welche keine ausüben, zueinander in gleichartigen Beschleunigungsbeziehungen stehen, und zwar kann man alle Massen als untereinander in Beziehung bestehend betrachten [...] auch ich erwarte, dass astronomische Beobachtungen zunächst nur sehr unscheinbare Korrektionen notwendig machen werden, so halte ich es doch für möglich, dass der Trägheitssatz in seiner einfachen Newtonschen Form für uns Menschen nur örtliche und zeitliche Bedeutung hat. Sinnespsychologie und Philosophie Als glühender Anhänger der Aufklärung und entschiedener Gegner jeder Form der Metaphysik plädierte Mach für eine methodische Denkökonomie, worunter er eine größtmögliche Sparsamkeit in begrifflicher und spekulativer Hinsicht versteht. Naturerkenntnis hat ihr Fundament in der Erfahrung - entweder direkt über Sinneseindrücke oder über Messinstrumente vermittelt. Er ist daher als Empirist anzusehen. Des Weiteren wird Mach als Vertreter des Positivismus gesehen. Für Mach bedeutete der Positivismus im wesentlichen folgendes: 1. Die Quelle aller menschlichen Erkenntnis ist das „Gegebene“. 2. Gegeben ist nur eine Mannigfaltigkeit von Sinneseindrücken (Empfindungen). 3. Nicht gegeben ist alles, was zusätzlich zu den Inhalten der sinnlichen Wahrnehmung die „Welt“ konstituiert. 4. Die Unterscheidung zwischen Ich und Welt ist haltlos. 5. Es gibt keine metaphysische Erkenntnis über außersinnliche Realität. In der Psychologie profilierte sich Mach durch die These, dass der Mensch immer den ökonomischsten Wahrnehmungsprozess auswähle. Alles menschliche Handeln und Trachten ist vom Verlangen nach Selbsterhaltung bestimmt. Durch die Ausbildung der höheren intellektuellen Funktionen werden gerade jene angeborenen Eigenschaften und Reflexe ersetzt, die den niederen Organismen ihr Dasein ermöglichen. In der Wissenschaftstheorie verstand er die Wissenschaften als Mittel, die Welt und die Empfindungen der Menschen möglichst einfach und neutral zu beschreiben. Außerdem verlangte er als Leitbild der Wissenschaft einen Reduktionismus ohne Kompromisse. Aus diesem Grunde sah er als eigentliche Grundlage eines aufgeklärten Weltverständnisses die Physik und die Psychologie an. Theorien seien, ähnlich wie psychologische, nur mathematisch organisierte Naturbeschreibungen. Diskussionen über den Wahrheitsgehalt von Theorien seien daher überflüssig. Allein der Nutzen sei relevant. Wahrheit existiere nicht für sich, sondern als eine temporäre Diskussions-Wahrheit, die nach evolutionären Gesetzen zustandekommt: Nur die stärksten, also ökonomischsten und empirisch klarsten Ideen, setzen sich durch. Mach und Skinner Die Details der Beziehung zwischen Mach und Loeb sowie zwischen ihnen und den späteren Behavioristen in den Vereinigten Staaten sind einladende Forschungsthemen. Die Arbeit eines der wichtigsten Psychologen der jüngsten Vergangenheit, Burrhus F. Skinner, wurde von Mach stark beeinflusst. Geboren 1904, war dieser bis zu seinem Tod im Jahre 1990 ohne Zweifel der direkteste selbsternannte Schüler Machs unter den in Amerika geborenen Wissenschaftlern dieses Jahrhunderts. Wie er in seiner Autobiographie, The Shaping of a Behaviorist, feststellt, erinnerte er sich lediglich an zwei wissenschaftliche Bücher, die er als Student gelesen hatte: Loebs Comparative Physiology of the Brain and Comparative Psychology und The Organism as a Whole, mit ihrem weitgehend positivistischen Ansatz für die Verhaltensforschung bei Tieren. Als Skinner für die Arbeit an seiner Doktorarbeit 1928 an die Harvard Universität kam, war sein Doktorvater, in dessen Laboratorium er fünf Jahre arbeiten sollte, der Physiologe W. J. Crozier. Es ist kein Zufall, dass Croziers eigener Lehrer Jacques Loeb gewesen war. Es war „diese ultra-positivistische Form der Loebschen Biologie, die Skinner in Harvard kennenlernte". Bevor Skinner jedoch bereit war, sich für sein Forschungsthema oder für Croziers Laboratorium zu entscheiden, zu jener Zeit, als er noch seine Vorbereitungskurse in Harvard besuchte, erhielt er einen weiteren Anstoß in diese Richtung, als er bei George Sarton - der sich selbst als Duhemschen Positivisten betrachtete - und dem Physiologen Lawrence J. Henderson eine Vorlesungsreihe über Wissenschaftsgeschichte besuchte. Für diese Vorlesungsreihe musste Skinner Machs Mechanik lesen. Dies übte einen nachhaltigen Einfluss auf ihn aus. In einem Interview vom Juni 1988 erklärte Skinner mir gegenüber kategorisch: „Ich war durch George Sartons Vorlesung von Mach vollkommen beeinflusst und kaufte rasch Machs Bücher Die Mechanik und Erkenntnis und Irrtum. Meine Doktorarbeit wurde unter dem Titel ,The Concept of the Reflex in the Description of Behavior' veröffentlicht." In diesem Interview teilte er mir vergnügt mit, dass einer seiner Studienkollegen in Croziers Laboratorium der Experimentalbiologe Gregory Pincus, der später die sogenannte Antibabypille entwickelte, gewesen war. Dadurch, sagte Skinner, „arbeitete", unter Croziers Anleitung „Pincus an der Kontrolle über die Biologie, während ich selbst an der Kontrolle über das Verhalten arbeitete". Bei der Lektüre von Mach war Skinner insbesondere beeindruckt von der Idee, dass wissenschaftliche Konzepte obskurantistische Spuren ihrer früheren Versionen in sich tragen; die Aufgabe der gegenwärtigen Anhänger war, so glaubten beide, sie aus dem Griff der „metaphysischen Obskuritäten", wie Mach sie genannt hatte, zu befreien. Während der Arbeit an seiner Doktorarbeit fand der junge Skinner einen Weg, den Machschen Standpunkt für die Klärung von Begriffen wie dem „Reflex" intakter Organismen anzuwenden, einem Begriff, den er für die Psychologie als ebenso grundlegend betrachtete wie, sagen wir, die Masse für die Physik. Wie Skinner sich erinnerte, „verfolgte er eine streng Machsche Linie, in der das Verhalten als Stoff, der selbst eine Funktion von Variablen der Umwelt ohne Bezug auf einen Verstand oder ein Nervensystem ist, analysiert wurde." Dies war „die Linie, die Jacques Loeb ... eingeschlagen hatte." In dieser radikal empiristischen Form reduzierte sich die Verhaltensforschung für Skinner zunächst auf die Beobachtung der Bewegung des Fußes einer Ratte unter Nahrungsentzug, die einen kleinen Hebel in einer Versuchsbox von standardisierter Größe niederdrückt. Die Erklärung wurde auf die Beschreibung reduziert, die Kausalität auf die Vorstellung der Funktion, und das Hauptziel war die Korrelation zwischen den beobachteten Ereignissen. Skinners Doktorarbeit wird noch heute im Archiv der Harvard Universität aufbewahrt (und unterscheidet sich in einigen Details von den Teilen, die später publiziert wurden). Hier zählt Skinner freimütig auf, wem er sich intellektuell verpflichtet fühlt, beginnend mit „Der Leser wird mit einer Methode der Kritik wiedererkennen, zum ersten Mal von Ernst Mach für wissenschaftliche Begriffe formuliert wurde"; dann lenkt er die Aufmerksamkeit auf nur fünf Bücher: Machs Mechanik und Beiträge zur Analyse der Empfindungen, zwei Bücher von Henri Poincare, und Percy W. Bridgmans kürzlich publiziertes Werk Logic of Modern Physics (1927). Skinners Dissertation war der Beginn einer Karriere, die ohne Umwege mehr als fünf Jahrzehnte in derselben Richtung verlief; der Kompass war durch seine ersten Kontakte mit Loebs und Machs Büchern fixiert worden.' Wirkung und Nachwirkung Abb.: Portrait Ernst Machs auf einer österreichischen Briefmarke, 1966 Rezeption Die Auseinandersetzung mit diesen Ideen, die zu Anfang des 20. Jahrhunderts populär waren und oft diskutiert wurden, erfolgte in unterschiedlichen Kreisen. Max Planck beispielsweise kritisierte seine evolutionsbiologische Ideenlehre als metaphysische Spekulation. Mach wurde von Marxisten wie Lenin studiert, der in seinem Werk „Materialismus und Empiriokritizismus“ die philosophischen Ideen Machs einer fundamentalen Kritik unterzog, indem er u.a. solipsistische Implikationen von Machs Theorie behauptete. Der Wiener Kreis (vormals Ernst- Mach-Gesellschaft) mit u.a. Rudolf Carnap, Kurt Gödel stützte sich neben Ludwig Wittgenstein auch auf Mach. Aber auch Literaten wie Hugo von Hofmannsthal und Robert Musil – der sogar über Mach promovierte – und auch Albert Einstein erkannten seine Bedeutung. Namensgeber Im Jahre 1970 wurde ein Mondkrater nach Ernst Mach benannt (Krater Mach). Das 1972 eröffnete Ernst-Mach-Gymnasium in Haar trägt seinen Namen, sowie seit 2004 das 1961 gegründete Ernst-Mach-Gymnasium in Hürth, weiterhin das Fraunhofer -Institut für Kurzzeitdynamik, Ernst-Mach-Institut (EMI), Freiburg, Efringen-Kirchen. Ehrenmitgliedschaften Ernst Mach ist seit 1885 Ehrenmitglied der Prager Universitäts-Sängerschaft „Barden“ (heute zu München). Wichtigste Werke Einleitung in die Helmholtz′sche Musiktheorie, 1866 Optisch-akustische Versuche, 1872 Die Mechanik in ihrer Entwicklung, 1883 Die Analyse der Empfindungen und das Verhältnis des Physischen zum Psychischen, 1886 Die Principien der Wärmelehre, 1896 Populär-wissenschaftliche Vorlesungen, 1896 Über Erscheinungen an fliegenden Projektilen, 1898 Erkenntnis und Irrtum, 1905 Die Prinzipien der physikalischen Optik, 1921" [Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Ernst_Mach. -- Zugriff am 2006-10-17] 2. Wichtige Veröffentlichungen von Ernst Mach Die Mechanik und ihre Entwicklung historisch-kritisch dargestellt. - 1883, 1921, ... 1933 (9. Aufl.) Nachdruck: Mach, Ernst: Die Mechanik und ihre Entwicklung historisch-kritisch dargestellt. - Reprografischer Nachdruck der 9. Aufl. 1933 / mit einem Vorwort zum Nachdruck 1988 von Gereon Wolters. - Darmstadt : Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1991. - 493 S. : Ill. - (Bibliothek klassischer Texte). - ISBN 3-534-05873-9 Erkenntnis und Irrtum : Skizzen zur Psychologie der Forschung. - 1905, 1926 (5. Aufl.) Nachdruck: Mach, Ernst: Erkenntnis und Irrtum : Skizzen zur Psychologie der Forschung. - Unveränderter reprografischer Nachdruck der 5., mit der 4. übereinstimmenden Aufl. 1926. - Darmstadt : Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1991. - 476 S. (Bibliothek klassischer Texte). - ISBN 3-534-03764-2 Die Analyse der Empfindungen und das Verhältnis des Physischen zum Psychische [s. oben.] 3. Grundgedanken der Machschen Philosophie "1. Alle Wissenschaft hat Erfahrungen zu ersetzen oder zu ersparen durch Nachbildung und Vorbildung von Tatsachen in Gedanken, welche Nachbildungen leichter zur Hand sind als die Erfahrung selbst und dieselbe in mancher Beziehung vertreten können. Diese ökonomische Funktion der Wissenschaft, welche deren Wesen ganz durchdringt, wird schon durch die allgemeinsten Überlegungen klar. Mit der Erkenntnis des ökonomischen Charakters verschwindet auch alle Mystik aus der Wissenschaft. Die Mitteilung der Wissenschaft durch den Unterricht bezweckt, einem Individuum Erfahrung zu ersparen durch Übertragung der Erfahrung eines anderen Individuums ... 2. ... Die Natur setzt sich aus den durch die Sinne gegebenen Elementen zusammen. Der Naturmensch fasst aber zunächst gewisse Komplexe dieser Elemente heraus, die mit einer relativen Stabilität auftreten und die für ihn wichtiger sind. Die ersten und ältesten Worte sind Namen für "Dinge". Hierin liegt schon ein Absehen von der Umgebung der Dinge, von den fortwährenden kleinen Veränderungen, welche diese Komplexe erfahren und welche als weniger wichtig nicht beachtet werden. Es gibt in der Natur kein unveränderliches Ding. Das Ding ist eine Abstraktion, der Name ein Symbol für einen Komplex von Elementen, von deren Veränderung wir absehen. Dass wir den ganzen Komplex durch ein Wort, durch ein Symbol bezeichnen, geschieht, weil wir ein Bedürfnis haben, alle zusammengehörigen Eindrücke auf einmal wachzurufen. Sobald wir auf einer höheren Stufe auf diese Veränderungen achten, können wir natürlich nicht zugleich die Unveränderlichkeit festhalten, wenn wir nicht zum "Ding an sich" und ähnlichen widerspruchsvollen Vorstellungen gelangen wollen. Die Empfindungen sind auch keine "Symbole der Dinge". Vielmehr ist das "Ding" ein Gedankensymbol für einen Empfindungskomplex von relativer Stabilität. Nicht die Dinge (Körper), sondern Farben, Töne, Drücke, Räume, Zeiten (was wir gewöhnlich Empfindungen nennen) sind eigentliche Elemente der Welt." Ernst Mach: Die Mechanik in ihrer Entwicklung historisch und kritisch dargestellt. - 9. Aufl. - 1933. - Kapitel 4, Abschnitt 4, §§ 1-2. - S. 457-458 4. Ernst Mach und der Buddhismus Auf die Übereinstimmungen von Machs Sicht der Wirklichkeit mit der buddhistischen Analyse der Wirklichkeit hat schon der Tübinger Indologe Helmuth von Glasenapp hingewiesen. z. B. in Glasenapp, Helmuth von: Die Philosophie der Inder. - 2. Aufl. Stuttgart : Kröner, 1958. - S. 323, 427. Ernst Mach selbst verweist selbst auf die Ähnlichkeiten zum Buddhismus: Zur Aussage: "Die Zumutung, sich auf der Sonne statt auf der Erde stehend als Beobachter zu denken, ist nun aber nur eine Kleinigkeit gegen die Forderung, sein Ich für nichts zu achten, dasselbe in eine vorübergehende Verbindung von wechselnden Elementen aufzulösen. Diese letztere Auffassung ist ja längst von verschiedenen Seiten vorbereitet." macht Mach folgende Fußnote: "Man vergleiche den Standpunkt von Hume und Lichtenberg. - Der Buddhismus kommt hier seit Jahrtausenden vorzugsweise von der praktischen Seite entgegen. Vgl. P. Carus, The Gospel of Buddha, Chicago 1894. - Vgl. auch die wunderbare Erzählung: P. Carus, Karma, a Story of Early Buddhism, Chicago 1894." Mach verweist hier auf folgende Werke von Paul Carus: Carus, Paul: Kalyâno dhammo : the gospel of Buddha according to old records. - Chicago : Open Court, 1894. - 15. ed: 1915 Deutsche Übersetzung: Carus, Paul: Das Evangelium Buddhas nach alten Quellen erzählt. Chicago : Open Court, 1895 Diese Buch fand sowohl in christlichen als auch in buddhistischen Kreisen gute Aufnahme. Paul Carus (1852-1919), der Sohn eines späteren Generalsuperintendenten der Preußischen Kirche, hatte in Tübingen promoviert, wurde Lehrer an der Militärakademie in Dresden, bekam wegen seiner liberalen Ansichten aber bald Schwierigkeiten und emigrierte in die USA, wo er die Zeitschrift The open court herausgab. Das Evangelium Buddhas will kein Buch über den Buddhismus sein, sondern den Inhalt des Buddhismus selbst wiedergeben, indem Carus Material aus allen ihm zugänglichen Werken des Buddhismus - auch der tibetischen und chinesischen Richtung - in eklektischer Weise nach dem Vorbild des Vierten Evangeliums anordnet. Dabei ließ er alles, was er als apokryphischen Aufputz betrachtete fort. Das Evangelium Buddhas ist ein Versuch, den Buddhismus dem Westen nahe zu bringen, indem Carus in Form und Inhalt an dem aus dem Christentum Bekannten anknüpft. Einen guten Eindruck vom Stil des Ganzen gibt der Anfang des Werkes: "Freuet euch der guten Botschaft! Buddha, unser Herr, hat die Wurzel alles Übels gefunden. Er hat uns den Weg des Heils gewiesen. Buddha vertreibt die Wahngebilde unseres Gemüthes und erlöst uns von den Schrecken des Todes. Buddha, unser Herr, bringt Trost den Müden und Sorgenbeladenen. Er verleiht Frieden denen, die unter der Bürde des Lebens niedergebeugt sind. Er giebt Muth den Schwachen, die Selbstvertrauen und Hoffnung verlieren. Ihr, die ihr leidet unter der Mühsal des Lebens; ihr, die ihr kämpfen und ertragen müßt; ihr, die ihr Verlangen habt nach Leben und Wahrheit: freuet euch der guten Botschaft. Hier ist Balsam für die Verwundeten und Brod für die Hungrigen. Hier ist Wasser für die Durstigen und Hoffnung für die Verzweifelnden. Hier ist Licht für die, so in Finsterniß wohnen, und unerschöpflicher Segen für die Aufrichtigen. Heilet eure Wunden, ihr Verwundeten, und esset euch satt, ihr Hungrigen! Ruhet, ihr Müden, und ihr, die ihr dürstet, löschet euren Durst! Blicket auf zum Licht, ihr, die ihr in Finsterniß wohnet! Seid fröhlich, ihr Niedergeschlagenen. Vertrauet der Wahrheit, ihr, die ihr die Wahrheit liebt, denn das Reich der Rechtlichkeit ist begründet auf Erden. Die Finsterniß des Irrthums ist vertrieben durch das Licht der Wahrheit. Wir können unseren Weg sehen und feste und gewisse Schritte thun. Buddha, unser Herr, hat die Wahrheit offenbart. Die Wahrheit heilet unsere Gebrechen und erlöst uns vom Verderben; die Wahrheit stärkt uns im Leben und im Tode; die Wahrheit allein kann die Übel des Irrthums überwinden. Freuet euch der guten Botschaft!" (a.a.O. S. 1f.) Carus, Paul: Karma : a story of Buddhist ethics. - Chicago : Open Courts, 1894 Deutsche Übersetzung: Carus Paul: Karma : eine buddhistische Erzählung. - Chicago : Open Courts, 1897. Nachdruck Carus, Paul: Karma / Nirvana. - La Salle, Ill. : Open Court, 1973. - ISBN 0-87548-249-X Dieses Werk erschien zuerst in der Zeitschrift The Open Court.Es wurde von Leo Tolstoi ins Russische übersetzt und man hielt Tolstoi für den Verfasser. Tolstoi schrieb in einem Brief an Carus, dass Karma eines der besten Werke nationaler Weisheit sei, und dass es in das Erbe der ganzen Menschheit übergehen solle wie die Odyssee oder die Josefsgeschichte. Karma erschien u.a. in drei deutschen, zwei französischen, je einer japanischen, Urdu, russischen, ungarischen, isländischen Übersetzung. 5. Antimetaphysische Vorbemerkungen von Ernst Mach 1. Die großen Erfolge, welche die physikalische Forschung in den verflossenen Jahrhunderten nicht nur auf eigenem Gebiet, sondern auch durch Hilfeleistung in dem Bereiche anderer Wissenschaften errungen hat, bringt es mit sich, dass physikalische Anschauungen und Methoden überall in den Vordergrund treten, und dass an die Anwendung derselben die höchsten Erwartungen geknüpft werden. Dem entsprechend hat auch die Physiologie der Sinne, die von Männern wie Goethe, Schopenhauer u.a., mit größtem Erfolg aber von Johannes Müller eingeschlagene Methode, die Empfindungen an sich zu untersuchen, allmählich verlassend, fast ausschließlich einen physikalischen Charakter angenommen. Diese Wendung muss uns als eine nicht zweckentsprechende erscheinen, wenn wir bedenken, dass die Physik trotz ihrer bedeutenden Entwicklung nur ein Teil des Gesamtwissens ist, und mit ihren für einseitige Zwecke geschaffenen einseitigen intellektuellen Mitteln diesen Stoff nicht zu erschöpfen vermag. Ohne auf die Unterstützung der Physik zu verzichten, kann die Physiologie der Sinne nicht nur ihre eigentümliche Entwicklung fortsetzen, sondern auch der Physik selbst noch kräftige Hilfe leisten. Folgende einfache Betrachtung mag dazu dienen, dieses Verhältnis klarzulegen. 5.1. Die Illusion der beständigen Substanz 2. Farben, Töne, Wärmen, Drücke, Räume, Zeiten usw. sind in mannigfaltiger Weise miteinander verknüpft, und an dieselben sind Stimmungen, Gefühle und Willen gebunden. Aus diesem Gewebe tritt das relativ Festere und Beständigere hervor, es prägt sich dem Gedächtnis ein, und drückt sich in der Sprache aus. Als relativ beständiger zeigen sich zunächst räumlich und zeitlich verknüpfte Komplexe von Farben, Tönen, Drücken usw., die deshalb besondere Namen erhalten, und als Körper bezeichnet werden. Absolut beständig sind solche Komplexe keineswegs. Mein Tisch ist bald heller, bald dunkler beleuchtet, kann wärmer oder kälter sein. Er kann einen Tintenfleck erhalten. Ein Fuß kann brechen. Er kann repariert, poliert, Teil für Teil ersetzt werden. Er bleibt doch für mich der Tisch, an dem ich täglich schreibe. Mein Freund kann einen anderen Rock anziehen. Sein Gesicht kann ernst und heiter werden. Seine Gesichtsfarbe kann durch Beleuchtung oder Affekte sich ändern. Seine Gestalt kann durch Bewegung oder dauernd alteriert werden. Die Summe des Beständigen bleibt aber den allmählichen Veränderungen gegenüber doch immer so groß, dass diese zurücktreten. Es ist derselbe Freund mit dem ich täglich meinen Spaziergang mache. Mein Rock kann einen Fleck, ein Loch erhalten. Schon der Ausdruck zeigt, dass es auf eine Summe von Beständigem ankommt, welchem das neue hinzugefügt, von welchem das Fehlende nachträglich in Abzug gebracht wird. Die größere Geläufigkeit, das Übergewicht des Beständigen gegenüber dem Veränderlichen drängt zu der teils instinktiven, teils willkürlichen und bewussten Ökonomie des Vorstellens und der Bezeichnung, welche sich in dem gewöhnlichen Denken und Sprechen äußert. Was auf einmal vorgestellt wird, erhält eine Bezeichnung, einen Namen. Als relativ beständig zeigt sich ferner der an einen besonderen Körper (den Leib) gebundene Komplex von Erinnerungen, Stimmungen, Gefühlen, welcher als Ich bezeichnet wird. Ich kann mit diesem oder jenem Ding beschäftigt, ruhig und heiter oder aufgebracht und verstimmt sein. Doch bleibt (pathologische Fälle abgerechnet) genug Beständiges übrig, um das Ich als dasselbe anzuerkennen. Allerdings ist auch das Ich nur von relativer Beständigkeit. Die scheinbare Beständigkeit der Ich besteht vorzüglich nur in der Kontinuität , in der langsamen Änderung. Die vielen Gedanken und Pläne von gestern, welche heute fortgesetzt werden, an welche die Umgebung im Wachen fortwährend erinnert (daher das Ich im Traum sehr verschwommen, verdoppelt sein, oder ganz fehlen kann), die kleinen Gewohnheiten, die sich unbewusst und unwillkürlich längere Zeit erhalten, machen den Grundstock des Ich aus. Größere Verschiedenheiten im Ich verschiedener Menschen, als im Laufe der Jahre in einem Menschen eintreten, kann es kaum geben. Wenn ich mich heute meiner frühen Jugend erinnere, so müsste ich den Knaben (einzelne wenige Punkte abgerechnet) für einen anderen halten, wenn nicht die Kette der Erinnerungen vorläge. Schon manche Schrift, die ich selbst vor 20 Jahren verfasst, macht mir einen höchst fremden Eindruck. Die sehr allmähliche Änderung des Leibes trägt wohl auch zur Beständigkeit des Ich bei, aber viel weniger, als man glaubt. Diese Dinge werden noch viel weniger analysiert und beachtet, als das intellektuelle und moralische Ich. (Anm.1) Als ich diese Zeilen schrieb (1886), war mir Ribots schönes Buch "Les maladies de la personalité", in welcher dieser die Wichtigkeit der Gemeingefühle für die Konstitution des Ich hervorhebt, noch nicht bekannt. Ich kann seiner Ansicht nur zustimmen. Das Ich ist sowenig absolut beständig wie der Körper. Was wir am Tode so sehr fürchten, die Vernichtung der Beständigkeit, das tritt im Leben schon im reichlichen Maße ein. Was uns das Wertvollste ist, bleibt in unzähligen Exemplaren erhalten, oder erhält sich bei hervorragender Besonderheit in der Regel von selbst. Im besten Menschen liegen aber individuelle Züge, um die er und andere nicht zu trauern brauchen. Ja zeitweilig kann der Tod, als Befreiung von der Individualität, sogar ein angenehmer Gedanke sein. Ist die erste Orientierung durch Bildung der Substanzbegriffe "Körper", "Ich" (Materie, Seele), erfolgt, so drängt der Wille zur genauen Beachtung der Veränderungen an diesem relativ Beständigen. Das Veränderliche an den Körpern und am Ich ist es eben, was den Willen (Anm. 2) bewegt. Erst jetzt treten die Bestandteile des Komplexes als Eigenschaften desselben hervor. Eine Frucht ist süß; sie kann aber auch bitter sein. Auch andere Früchte können süß sein. Die gesuchte rote Farbe kommt an vielen Körpern vor. Die Nähe mancher Körper ist angenehm, jene anderer unangenehm. So erscheinen nach und nach verschiedene Komplexe aus gemeinsamen Bestandteilen zusammengesetzt. Von den Körpern trennt sich das Sichtbare, Hörbare, Tastbare ab. Das Sichtbare löst sich in Farbe und Gestalt. In der Mannigfaltigkeit der Farben treten wieder einige Bestandteile in geringerer Zahl hervor, die Grundfarben usw. Die Komplexe zerfallen in Elemente (Anm. 3). 3. Die zweckmäßige Gewohnheit, das Beständige mit einem Namen zu Bezeichnen und ohne jedesmalige Analyse der Bestandteile in einem Gedanken zusammenzufassen, kann mit dem Bestreben, die Bestandteile zu sondern, in einen eigentümlichen Widerstreit geraten. Das dunkle Bild des Beständigen, welches sich nicht merklich ändert, wenn ein oder der andere Bestandteil ausfällt, scheint etwas für sich zu sein. Weil man jeden Bestandteil einzeln wegnehmen kann, ohne dass dieses Bild aufhört die Gesamtheit zu repräsentieren und wieder erkannt zu werden, meint man, man könnte alle wegnehmen und es bliebe noch etwas übrig. So entsteht in natürlicher Weise der anfangs imponierende, später aber als ungeheuerlich erkannte philosophische Gedanke eines (von seiner "Erscheinung" verschiedenen unerkennbaren) Dinges an sich. Das Ding, der Körper, die Materie ist nicht außer dem Zusammenhang der Farben, Töne usw. außer den genannten Merkmalen. Das vielgestaltige vermeintliche philosophische Problem von dem einen Ding mit seinen vielen Merkmalen entsteht durch das Verkennen des Umstandes, dass übersichtliches Zusammenfassen und sorgfältiges Trennen, obwohl beide temporär berechtigt und zu verschiedenen Zwecken ersprießlich, nicht auf einmal geübt werden können. Der Körper ist einer und unveränderlich, so lange wir nicht nötig haben, auf Einzelheiten zu achten. So ist auch die Erde oder ein Billardball eine Kugel, sobald wir von allen Abweichungen von der Kugelgestalt absehen wollen, und größere Genauigkeit unnötig ist. Werden wir aber dazu gedrängt, Orographie und Mikroskopie zu treiben, so hören beide Körper auf, Kugeln zu sein. 4. Der Mensch hat vorzugsweise die Fähigkeit, sich seinen Standpunkt willkürlich und bewusst zu bestimmen. Er kann jetzt von den imposantesten Einzelheiten absehen und sofort wieder die geringste Kleinigkeit beachten, jetzt die stationäre Strömung ohne Rücksicht auf den Inhalt (ob Wärme, Elektrizität oder Flüssigkeit) betrachten, und dann die Breite einer Fraunhoferschen Linie im Spektrum schätzen: er kann nach Gutdünken zu den allgemeinsten Abstraktionen sich erheben, oder ins einzelne sich vertiefen. Das Tier besitzt diese Fähigkeit in viel geringerem Grade. Es stellt sich nicht auf einen Standpunkt, es wird meist durch die Eindrücke auf diesen gestellt. Der Säugling, welcher den Vater mit dem Hut nicht erkennt, der Hund, der durch den Rock des Herren irre wird, unterliegen im Widerstreit der Standpunkte. Wer wäre nie in einem ähnlichen Fall unterlegen? Auch der philosophierende Mensch kann gelegentlich unterliegen, wie das angeführte wunderliche Problem lehrt. Besondere Umstände scheinen noch für die Berechtigung des erwähnten Problems zu sprechen. Farben, Töne, Düfte des Körpers sind flüchtig. Es bleibt als beharrlicher nicht leicht verschwindender Kern das Tastbare zurück, welches als Träger der daran gebundenen flüchtigen Eigenschaften erscheint. Die Gewohnheit hält nun den Gedanken an einen solchen Kern fest, auch wenn sich schon die Erkenntnis Bahn gebrochen hat, dass Sehen, Hören, Riechen und Tasten durchaus verwandt sind. Hierzu kommt noch, dass dem Räumlichen und Zeitlichen infolge der eigentümlichen großen Entwicklung der mechanischen Physik eine Art höherer Realität gegenüber den Farben, Tönen, Düften zugeschrieben wird. Dementsprechend erscheint das zeitliche und räumliche Band von Farben, Tönen, Düften realer als diese selbst. Die Physiologie der Sinne legt aber klar, dass Räume und Zeiten ebenso gut Empfindungen genannt werden können als Farben und Töne. Hiervon später. 5.2. Das Verhältnis Subjekt, Innenwelt, Außenwelt 5. Auch das Ich, sowie das Verhältnis der Körper zum Ich, gibt Anlass zum Auftreten analoger Scheinprobleme, deren Kern im folgenden kurz angegeben werden soll. Die Komplexe von Farben, Tönen usw., welche man gewöhnlich Körper nennt, bezeichnen wir der Deutlichkeit wegen mit A, B, C, ..., den Komplex, der unser Leib heißt, und der ein durch Besonderheiten ausgezeichneter Teil des ersteren ist, nennen wir K, L, M ..., den Komplex von Willen, Erinnerungsbildern usw. stellen wir durch a, b, c ... dar. Gewöhnlich wird nun der Komplex a, b, a ... K, L, M ... als Ich dem Komplex A B C ... als Körperwelt gegenübergestellt; zuweilen wird auch a b c ..., als Ich, K L M ... A B C ... als Körperwelt zusammengefasst. Zunächst erscheint A B C ... als unabhängig vom Ich und diesem selbständig gegenüber stehend. Diese Unabhängigkeit ist nur relativ, und hält vor gesteigerter Aufmerksamkeit nicht stand. In dem Komplex a, b, c ... kann sich allerdings manches ändern, ohne dass an A B C ... viel bemerklich wird, ebenso umgekehrt. Viele Änderungen in a, b, c ... gehen aber durch Änderungen in K L M .. nach A B C ... über und umgekehrt. (Wenn z.B. lebhafte Vorstellungen in Handlungen ausbrechen, oder die Umgebung in unserem Leib merkliche Änderungen veranlasst.) Hierbei scheint K L M ... mit a, b, c ... und auch mit A B C ...stärker zusammenzuhängen, als diese untereinander. Diese Verhältnisse finden in dem gewöhnlichen Denken und Sprechen ihren Ausdruck. Genau genommen zeigt sich aber, dass A B C ... immer durch K L M ... mitbestimmt ist. Ein Würfel wird, wenn er nahe, groß, wenn er fern, klein, mit dem rechten Auge anders als mit dem linken, gelegentlich doppelt, bei geschlossenen Augen gar nicht gesehen. Die Eigenschaften eines und desselben Körpers erscheinen also durch den Leib modifiziert, sie erscheinen durch denselben bedingt. Wo ist denn aber derselbe Körper, der so verschieden erscheint? Alles, was man sagen kann, ist, dass verschiedene A B C ... an verschiedene K L M ... gebunden sind (Anm. 4). Wir sehen einen Körper mit einer Spitze S. Wenn wir S berühren, zu unserem Leib in Beziehung bringen, erhalten wir einen Stich. Wir können S sehen, ohne den Stich zu fühlen. Sobald wir aber den Stich fühlen, werden wir S finden. Es ist also die sichtbare Spitze ein bleibender Kern , an den sich der Stich wie etwas Zufälliges anschließt. Bei der Häufigkeit analoger Vorkommnisse, gewöhnt man sich endlich, alle Eigenschaften der Körper als von bleibenden Kernen ausgehende, durch Vermittlung des Leibes dem Ich beigebrachte "Wirkungen", wie wir Empfindungen nennen, anzusehen. Hiermit verlieren aber diese Kerne den ganzen sinnlichen Inhalt, werden zu bloßen Gedankensymbolen. Es ist dann richtig, dass die Welt nur aus unseren Empfindungen besteht. Wir wissen aber dann eben nur von den Empfindungen, und die Annahme jener Kerne, sowie einer Wechselwirkung derselben, aus welcher erst die Empfindung hervorgehen würde, erweist sich als gänzlich müßig und überflüssig. Nur dem halben Realismus und dem halben Kritizismus kann eine solche Ansicht zusagen. 6. Gewöhnlich wird der Komplex a b c ... K L M ... als Ich dem Komplex A B C ... gegenübergestellt. Nur jene Elemente von A B C ..., welche a b g stärker alterieren, wie einen Stich, einen Schmerz, pflegt man bald mit dem Ich zusammenzufassen. Später aber zeigt sich durch Bemerkungen der oben angeführten Art, dass das Recht A B C .. zum Ich zu zählen nirgends aufhört. Dementsprechend kann das Ich so erweitert werden, dass es schließlich die ganze Welt umfasst (Anm. 5). Das Ich ist nicht scharf abgegrenzt, die Grenze ist ziemlich unbestimmt und willkürlich verschiebbar. Nur indem man dies verkennt, die Grenze unbewusst enger und zugleich auch weiter zieht, entstehen im Widerstreit der Standpunkte die metaphysischen Schwierigkeiten. Sobald wir erkannt haben, dass die vermeintlichen Einheiten "Körper", "Ich" nur Notbehelfe zur vorläufigen Orientierung und für bestimmte praktische Zwecke sind (um die Körper zu ergreifen, um sich vor Schmerzen zu wahren usw.), müssen wir sie bei vielen weitergehenden wissenschaftlichen Untersuchungen als unzureichend und unzutreffend aufgeben. Der Gegensatz zwischen Ich und Welt, Empfindung oder Erscheinung und Ding fällt dann weg, und es handelt sich lediglich nur um den Zusammenhang der Elemente a b c ..., A B C ..., K L M ..., für welchen eben dieser Gegensatz nur ein teilweise zutreffender unvollständiger Ausdruck war. Dieser Zusammenhang ist nichts weiter als die Verknüpfung jener Elemente mit anderen gleichartigen Elementen (Zeit und Raum). Die Wissenschaft hat ihn einfach anzuerkennen, und sich in demselben zu orientieren, anstatt die Existenz desselben erklären zu wollen. Bei oberflächlicher Betrachtung erscheint der Komplex a b c ... aus viel flüchtigeren Elementen zu bestehen, als A B C ... und K L M ..., in welchen letzteren die Elemente stabiler und in mehr beständiger Weise (an feste Kerne) geknüpft zu sein scheinen. Obgleich bei weiterem Zusehen die Elemente aller Komplexe sich als gleichartig erweisen, so schleicht sich doch auch nach dieser Erkenntnis die ältere Vorstellung eines Gegensatzes von Körper und Geist leicht wieder ein. Der Spiritualist fühlt wohl gelegentlich die Schwierigkeit, seiner vom Geist geschaffenen Körperwelt die nötige Festigkeit zu geben, dem Materialisten wird es sonderbar zu Mut, wenn er die Körperwelt mit Empfindung beleben soll. Der durch Überlegung gewonnene monistische Standpunkt wird durch die älteren stärkeren instinktiven Vorstellungen leicht wieder getrübt. 7. Die bezeichnete Schwierigkeit wird besonders bei folgender Überlegung empfunden. In dem Komplex A B C .., den wir als Körperwelt bezeichnet haben, finden wir als Teil nicht nur unseren Leib K L M ..., sondern auch die Leiber anderer Menschen (oder Tiere) K' L' M' ..., K" L" M" ... , an welche wir nach der Analogie dem Komplex a b c .. ähnliche a' b' c' ..., a" b" c" ..., gebunden denken. Solange wir uns mit K' L' M' ... beschäftigen, befinden wir uns in einem uns vollständig geläufigen, uns überall sinnlich zugänglichen Gebiet. Sobald wir nach den Empfindungen oder Gefühlen fragen, die dem Leib K' L' M' ... zugehören, finden wir dieselben in dem sinnlichen Gebiet nicht mehr vor, wir denken sie hinzu. Nicht nur das Gebiet, auf welches wir uns da begeben, ist uns viel weniger geläufig, sondern auch der Übergang auf dasselbe ist verhältnismäßig unsicher. Wir haben das Gefühl, als sollten wir uns in einen Abgrund stürzen (Anm. 6). Wer immer nur diesen Gedankengang einschlägt, wird das Gefühl der Unsicherheit, das als Quelle von Scheinproblemen sehr ergiebig ist, nie vollständig loswerden. Wir sind aber auf diesen Weg nicht beschränkt. Wir betrachten zunächst den gegenseitigen Zusammenhang der Elemente des Komplexes A B C ..., ohne auf die K L M ... (unseren Leib) zu achten. Jede physikalische Untersuchung ist von dieser Art. Eine weiße Kugel fällt auf eine Glocke; es klingt. Die Kugel wird gelb vor der Natrium-, rot vor der Lithiumlampe. Hier scheinen die Elemente (A B C ...) nur untereinander zusammenzuhängen, von unserem Leib (K L M ...) unabhängig zu sein. Nehmen wir aber Santonin ein, so wird die Kugel auch gelb. Drücken wir ein Auge seitwärts, so sehen wir zwei Kugeln. Schließen wir die Augen ganz, so ist gar keine Kugel da. Durchschneiden wir den Gehörnerv, so klingt es nicht. Die Elemente A B C ... hängen also nicht nur untereinander, sondern auch mit K L M ... zusammen. Insofern, und nur insofern, nennen wir A B C ... Empfindungen, und betrachten wir A B C ... als zum Ich gehörig. Auf diesem Weg finden wir also nicht die vorher bezeichnete Kluft zwischen Körper und Empfindungen, zwischen Außen und Innen, zwischen der materiellen und der geistigen Welt (Anm. 7). Alle Elemente A B C ... K L M ... bilden nur eine zusammenhängende Masse, welche an jedem Element angefasst ganz in Bewegung gerät, nur dass eine Störung bei K L M ... viel tiefer und weiter greift, als bei A B C ... Ein Magnet in unserer Umgebung stört die benachbarten Eisenmassen, ein stürzendes Felsenstück erschüttert den Boden, das Durchschneiden eines Nervs aber bringt das ganze System von Elementen in Bewegung. Ganz unwillkürlich führt dies Verhältnis zu dem Bilde einer zähen Masse, welche an mancher Stelle (dem Ich) fester zusammenhängt. Oft habe ich mich dieses Bildes im Vortrag bedient. 8. So besteht also die große Kluft zwischen physikalischer und psychologischer Forschung nur für die gewohnte stereotype Betrachtungsweise. Eine Farbe ist ein physikalisches Objekt sobald wir z.B. auf ihre Abhängigkeit von der beleuchtenden Lichtquelle (anderen Farben, Wärmen, Räumen usw.) achten. Achten wir aber auf ihre Abhängigkeit von der Netzhaut (den Elementen K L M ...), so ist sie ein psychologisches Objekt, eine Empfindung. Nicht der Stoff, sondern die Untersuchungsrichtung ist in beiden Gebieten verschieden. Sowohl wenn wir von der Beobachtung fremder Menschen- oder Tierleiber auf deren Empfindungen schließen, als auch wenn wir den Einfluss des eigenen Leibes auf unsere Empfindungen untersuchen, müssen wir eine beobachtete Tatsache durch Analogie ergänzen. Diese Ergänzung fällt aber viel sicherer und leichter aus, wenn sie etwa nur den Nervenvorgang betrifft, den man am eigenen Leib nicht vollständig beobachten kann, wenn sie also auf dem geläufigeren physikalischen Gebiet spielt, als wenn sich die Ergänzung auf Psychisches erstreckt. Sonst besteht kein wesentlicher Unterschied. 9. Die dargelegten Gedanken erhalten eine größere Festigkeit und Anschaulichkeit, wenn man dieselben nicht bloß in abstrakter Form ausspricht, sondern direkt die Tatsachen ins Auge fasst, welchen sie entspringen. Liege ich z.B. auf einem Ruhebett, und schließe das rechte Auge, so bietet sich meinem linken Auge das Bild der nebenstehenden Figur 1. Figur 1 In einem durch den Augenbrauenbogen, die Nase und den Schnurrbart gebildeten Rahmen erscheint ein Teil meines Körpers, so weit er sichtbar ist, und dessen Umgebung (Anm. 8). Mein Leib unterschiedet sich von den anderen menschlichen Leibern nebst dem Umstande, dass jede lebhaftere Bewegungsvorstellung sofort in dessen Bewegung ausbricht, dass dessen Berührung auffalllendere Veränderungen bedingt als jene anderer Körper, dadurch, dass er nur teilweise und insbesondere ohne Kopf gesehen wird. Beobachte ich ein Element A im Gesichtsfeld, und untersuche dessen Zusammenhang mit einem anderen Element B desselben Feldes, so komme ich aus dem Gebiet der Physik in jenes der Physiologie oder Psychologie, wenn B, um den treffenden Ausdruck anzuwenden, den ein Freund beim Anblick dieser Zeichnung gelegentlich gebraucht hat (Anm. 9) , die Haut passiert. Ähnliche Überlegungen wie für das Gesichtsfeld lassen sich für das Tastfeld und die Wahrnehmungsfelder der übrigen Sinne anstellen (Anm. 10). 10. Es ist schon auf die Verschiedenheit der Elementegruppen, die wir mit A B C ... und a b c ... bezeichnet haben, hingewiesen worden. In der Tat, wenn wir einen grünen Baum vor uns sehen, oder uns an den grünen Baum erinnern, uns denselben vorstellen, so wissen wir diese beiden Fälle ganz wohl zu unterscheiden. Der vorgestellte Baum hat eine viel weniger bestimmte, viel mehr veränderliche Gestalt, sein grün ist viel matter und flüchtiger, und er erscheint vor allem deutlich in einem anderen Feld. Eine Bewegung, die wir ausführen wollen, ist immer nur eine vorgestellte Bewegung und erscheint in einem anderen Feld als die ausgeführte Bewegung, welche übrigens immer erfolgt, wenn die Vorstellung lebhaft genug wird. Die Elemente A oder a erscheinen in einem verschiedenen Feld, heißt nun, wenn man auf den Grund geht, nichts anderes, als dass sie mit verschiedenen anderen Elementen verknüpft sind. Soweit wären also die Grundbestandteile in A B C ... a b c ... dieselben (Farben, Töne, Räume, Zeiten, Bewegungsempfindungen ...) und nur die Art ihrer Verbindung verschieden. Schmerz und Lust pflegt man als von den Sinnesempfindungen verschieden zu betrachten. Allein nicht nur die Tastempfindungen, sondern auch alle übrigen Sinnesempfindungen können allmählich in Schmerz und Lust übergehen. Auch Schmerz und Lust können mit Recht Empfindungen genannt werden. Sie sind nicht nur nicht so gut analysiert und so geläufig als die Sinnesemppfindungen. Schmerz- und Lustempfindungen, mögen sie noch so schattenhaft auftreten, bilden auch den wesentlichen Inhalt aller sogenannten Gefühle. Somit setzen sich die Wahrnehmungen so wie die Vorstellungen, der Wille, die Gefühle, kurz die ganze innere und äußere Welt, aus einer geringen Zahl von gleichartigen Elementen in bald flüchtigerer, bald festerer Verbindung zusammen. Man nennt diese Elemente gewöhnlich Empfindungen. Da aber in diesem Namen schon eine einseitige Theorie liegt, so ziehen wir vor, kurzweg von Elementen zu sprechen, wie wir schon getan haben. Alle Forschung geht auf die Ermittlung der Verknüpfung dieser Elemente aus (Anm. 11). 5.3. Das Ich als Elementekomplex, seine Einheit ein praktisches Postulat 11. Dass aus diesem Elementekomplex, welcher im Grunde nur einer ist, die Körper und das Ich sich nicht in bestimmter für alle Fälle zureichender Weise abgrenzen lassen, wurde schon gesagt. Die Zusammenfassung der mit Schmerz und Lust am nächsten zusammenhängenden Elemente zu einer ideellen denkökonomischen Einheit, dem Ich, hat die höchste Bedeutung für den im Dienst des schmerzmeidenden und lustsuchenden Willens stehenden Intellekt. Die Abgrenzung des Ich stellt sich daher instinktiv her, wird geläufig, und befestigt sich vielleicht sogar durch Vererbung. Durch ihre hohe praktische Bedeutung nicht nur für das Individuum, sondern für die ganze Art machen sich die Zusammenfassungen "Ich" und "Körper" instinktiv geltend, und treten mit elementarer Gewalt auf. In besonderen Fällen aber, in welchen es sich nicht um praktische Zwecke handelt, sondern die Erkenntnis Selbstzweck wird, kann sich diese Abgrenzung als ungenügend, hinderlich, unhaltbar erweisen (Anm. 12) . Nicht das ich ist das Primäre, sondern die Elemente (Empfindungen). Die Elemente bilden das Ich. Ich empfinde Grün, will sagen, dass das Element Grün in einem gewissen Komplex von anderen Elementen (Empfindungen, Erinnerungen) vorkommt. Wenn ich aufhöre Grün zu empfinden, wenn ich sterbe, so kommen die Elemente nicht mehr in der gewohnten geläufigen Gesellschaft vor. Damit ist alles gesagt. Nur eine ideelle, denkökonomische, keine reelle Einheit hat aufgehört zu bestehen. Das ist keine unveränderliche, bestimmte, scharf begrenzte Einheit. Nicht auf die Unveränderlichkeit, nicht auf die bestimmte Unterscheidbarkeit von anderen und nicht auf die scharfe Begrenzung kommt es an, denn alle diese Momente variieren schon im individuellen Leben von selbst, und deren Veränderung wird vom Individuum sogar angestrebt. Wichtig ist nur die Kontinuität. Diese Ansicht stimmt mit derjenigen, zu welcher Weismann durch biologische Untersuchungen (Zur Frage der Unsterblichkeit der Einzelligen. Biolog. Centralblatt, IV. Bd. Nr 21, 22) gelangt. (Vgl. besonders Seite 654 und 655, wo von der Teilung in zwei gleiche Hälften die Rede ist.) Die Kontinuität ist aber nur ein Mittel , den Inhalt des Ich vorzubereiten und zu sichern. Dieser Inhalt und nicht das Ich ist die Hauptsache. Dieser ist aber nicht auf das Individuum beschränkt. Bis auf geringfügige wertlose persönliche Erinnerungen bleibt er auch nach dem Tode des Individuum in anderen erhalten. Die Bewusstseinselemente eines Individuums hängen untereinander stark, mit jenen eines anderen Individuums aber schwach und nur gelegentlich merklich zusammen. Daher meint jeder nur von sich zu wissen, indem er sich für eine untrennbare, von anderen unabhängige Einheit hält. Bewusstseinsinhalte von allgemeiner Bedeutung durchbrechen aber diese Schranken des Individuums und führen, natürlich wieder an Individuen gebunden, unabhängig von der Person, durch die sie sich entwickelt haben, ein allgemeines unpersönliches Leben fort. Zu diesem beizutragen, gehört zu dem größten Glück des Künstlers, Forschers, sozialen Reformators usw. Das Ich ist unrettbar. Teils diese Einsicht, teils die Furcht vor derselben führen zu den absonderlichen pessimistischen und optimistischen, religiösen, asketischen und philosophischen Verkehrtheiten. Der einfachen Wahrheit, welche sich aus der psychologischen Analyse ergibt, wird man sich auf die Dauer nicht verschließen können. Man wird dann auf das Ich, welches schon während des individuellen Lebens vielfach variiert, ja beim Schlaf und bei Versunkenheit in eine Anschauung, in einen Gedanken, gerade in den glücklichsten Augenblicken, teilweise oder ganz fehlen kann, nicht mehr den hohen Wert legen. Man wird dann auf individuelle Unsterblichkeit (Anm. 13) gern verzichten und nicht auf das Nebensächliche mehr Wert legen als auf die Hauptsache. Man wird hierdurch zu einer freieren und verklärten Lebensauffassung gelangen, welche Missachtung des fremden Ich und Überschätzung des eigenen ausschließt. Das ethische Ideal, welches sich auf dieselbe gründet, wird gleich weit entfernt sein vom Asketen, welches für diesen nicht haltbar ist, und zugleich mit seinem Untergang erlischt, wie von jenem des Nietzsche'schen frechen "Übermenschen", welches die Mitmenschen nicht dulden können, und nicht dulden werden. Genügt uns die Kenntnis des Zusammenhangs der Elemente (Empfindungen) nicht, und fragen wir, "wer hat diesen Zusammenhang der Empfindungen, wer empfindet ihn?", so unterliegen wir der alten Gewohnheit, jedes Element (jede Empfindung) einem unanalysierten Komplex einzuordnen, wir sinken hiermit unvermerkt auf einen älteren, tieferen und beschränkteren Standpunkt zurück. Man weist wohl oft darauf hin, dass ein psychisches Erlebnis, welches nicht das Erlebnis eines bestimmten Subjekts wäre, nicht denkbar sei, und meint damit die wesentliche Rolle der Einheit des Bewusstseins dargetan zu haben. Allein, wie verschiedene Grade kann das Ichbewusstsein haben und aus wie mannigfaltigen zufälligen Erinnerungen setzt es sich zusammen. Man könnte ebensogut sagen, dass ein physikalischer Vorgang, der nicht in irgendeiner Umgebung, eigentlich immer in der Welt stattfindet, nicht denkbar sei. Von dieser Umgebung, welche ja in bezug auf ihren Einfluss sehr verschieden sein und in Spezialfällen auf ein Minimum zusammenschrumpfen kann, zu abstrahieren, muss uns hier wie dort erlaubt sein, um die Untersuchung zu beginnen . Man denke an Empfindungen der niederen Tiere, welchen man kaum ein ausgeprägtes Subjekt wird zuschreiben wollen. Aus den Empfindungen baut sich das Subjekt auf, welches dann allerdings wieder auf die Empfindungen reagiert. Die Gewohnheit, den unanalysierten Ich-Komplex als eine unteilbare Einheit zu behandeln, hat sich wissenschaftlich oft in eigentümlicher Weise geäußert. Aus dem Leibe wird zunächst das Nervensystem als Sitz der Empfindungen ausgesondert.. In dem Nervensystem wählt man wieder das Hirn als hierzu geeignet aus, und sucht schließlich, die vermeintliche psychische Einheit zu retten, im Hirn noch nach einem Punkt als Sitz der Seele. So rohe Anschauungen werden aber schwerlich geeignet sein, auch nur in den gröbsten Zügen die Wege der künftigen Untersuchung über den Zusammenhang des Physischen und Psychischen vorzuzeichnen. Dass die verschiedenen Organe, Teile des Nervensystems, miteinander physisch zusammenhängen und durch einander leicht erregt werden könne, ist wahrscheinlich der Grund der "psychischen Einheit". Ich hörte einmal ernstlich die Frage diskutieren: "Wieso die Wahrnehmung eines großen Baumes in dem kleinen Kopf des Menschen Platz fände?" Besteht auch dieses Problem nicht, so wird doch durch die Frage die Verkehrtheit fühlbar, die man leicht begeht, indem man sich die Empfindungen räumlich in das Gehirn hineindenkt. Ist von den Empfindungen eines anderen Menschen die Rede, so haben diese in meinem optischen oder überhaupt physischen Raum natürlich gar nichts zu schaffen; sie sind hinzugedacht, und ich denke sie kausal (der besser funktional), aber nicht räumlich an das beobachtete oder vorgestellte Menschenhirn gebunden. Spreche ich von meinen Empfindungen, so sind dieselben nicht räumlich in meinem Kopf, sondern mein "Kopf" teilt vielmehr mit ihnen dasselbe räumliche Feld wie es oben dargestellt wurde. (Vgl. das über Fig. 1 Gesagte (Anm. 14).) Man betone nicht die Einheit des Bewusstseins. Da der scheinbare Gegensatz der wirklichen und der empfunden Welt nur in der Betrachtungsweise liegt, eine eigentliche Kluft aber nicht existiert, so ist ein mannigfaltiger zusammenhängender Inhalt des Bewusstseins um nichts schwerer zu verstehen, als der mannigfaltige Zusammenhang in der Welt. Wollte man das ich als eine reale Einheit ansehen, so käme man wohl nicht aus dem Dilemma heraus, entweder eine Welt von unerkennbaren Wesen gegenüberzustellen (was ganz müßig und ziellos wäre), oder die ganze Welt, die Ichs anderer Menschen eingeschlossen, nur als in unserem Ich enthalten anzusehen (wozu man sich ernstlich schwer entschließen wird). Fasst man aber ein Ich nur als eine praktische Einheit für eine vorläufig orientierende Betrachtung, als eine stärker zusammenhängende Gruppe von Elementen, welche mit anderen Gruppen dieser Art schwächer zusammenhängt, so treten Fragen dieser Art gar nicht auf, und die Forschung hat freie Bahn. In seinen philosophischen Bemerkungen sagt Lichtenberg: "Wir werden uns gewisser Vorstellungen bewusst, die nicht von uns abhängen; andere, glauben wir wenigstens, hingen von uns ab; wo ist die Grenze? Wir kennen nur allein die Existenz unserer Empfindungen, Vorstellungen und Gedanken. Es denkt, sollte man sagen, wie man sagt: es blitzt. Zu sagen cogito, ist schon zuviel, sobald man es durch Ich denke übersetzt. Das Ich anzunehmen, zu postulieren, ist praktisches Bedürfnis." Mag auch der Weg, auf dem Lichtenberg zu diesem Resultat gelangt, von dem unsrigen etwas verschieden sein, dem Resultate selbst müssen wir zustimmen. 12. Nicht nur die Körper erzeugen Empfindungen, sondern Empfindungskomplexe (Elementekomplexe) bilden die Körper. Erscheinen dem Physiker die Körper als das Bleibende, Wirkliche, die Empfindungen hingegen als ihr flüchtiger vorübergehender Schein, so beachtet er nicht, dass alle Körper nur Gedankensymbole für Empfindungskomplexe (Elementekomplexe) sind. Die eigentlich nächste und letzte Grundlage, welche durch physiologische Untersuchungen noch weiter zu erforschen ist, bilden auch hier die bezeichneten Elemente. Durch diese Einsicht gestaltet sich in der Psychologie und in der Physik manches viel durchsichtiger und ökonomischer, und durch dieselbe werden manche vermeintlichen Probleme beseitigt. Die Welt besteht also für uns nicht aus rätselhaften Wesen, welche durch Wechselwirkung mit einem anderen ebenso rätselhaften Wesen, dem Ich, die allein zugänglichen Empfindungen erzeugen. Die Farben, Töne, Räume, Zeiten ... sind für uns die letzten Elemente, deren gegebenen Zusammenhang wir zu erforschen haben (Anm. 15). Bei dieser Forschung können wir uns durch die für besondere praktische temporäre und beschränkte Zwecke gebildeten Zusammenfassungen und Abgrenzungen (Körper, Ich, Materie, Geist ...) nicht hindern lassen. Vielmehr müssen sich bei der Forschung selbst, wie dies in jeder Spezialwissenschaft geschieht, die zweckmäßigsten Denkformen ergeben. Es muss durchaus an die Stelle der überkommenen instinktiven eine freiere, naivere, der entwickelten Erfahrung sich anpassende Auffassung treten. 13. Die Wissenschaft entsteht immer durch einen Anpassungsprozeß der Gedanken an ein bestimmtes Erfahrungsgebiet. Das Resultat des Prozesses sind die Gedankenelemente, welche das ganze Gebiet darzustellen vermögen. Das Resultat fällt natürlich verschieden aus, je nach der Art und Größe des Gebietes. Erweitert sich das Erfahrungsgebiet, oder vereinigen sich mehrere bisher getrennte Gebiete, so reichen die überkommenen geläufigen Gedankenelemente für das erweiterte Gebiet nicht mehr aus. Im Kampfe der erworbenen Gewohnheit mit dem Streben nach Anpassung entstehen die Probleme, welche mit der vollendeten Anpassung verschwinden, um anderen, die einstweilen auftauchten, Platz zu machen. Dem bloßen Physiker erleichtert der Gedanke eines Körpers die Orientierung, ohne störend zu werden. Wer rein praktische Zwecke verfolgt, wird durch den Gedanken des Ich wesentlich unterstützt. Denn ohne Zweifel behält jede Denkform, welche unwillkürlich oder willkürlich für einen besonderen Zweck gebildet wurde, für eben diesen Zweck einen bleibenden Wert. Sobald aber Physik und Psychologie sich berühren, zeigen sich die Gedanken des einen Gebiets unhaltbar in dem anderen. Dem Bestreben der gegenseitigen Anpassung entspringen die mannigfaltigen Atom- und Monadentheorien, ohne doch ihrem Zweck genügen zu können. Die Probleme erscheinen im wesentlichen beseitigt, die erste und wichtigste Anpassung demnach ausgeführt, wenn wir die Empfindungen (in dem oben bezeichneten Sinne) als Weltelemente ansehen. Diese Grundanscheuung kann (ohne sich als eine Philosophie für die Ewigkeit auszugeben) gegenwärtig allen Erfahrungsgebieten gegenüber festgehalten werden; sie ist also diejenige, welche mit dem geringsten Aufwand, ökonomischer als eine andere, dem temporären Gesamtwissen gerecht wird. Diese Grundanschauung tritt auch im Bewusstsein ihrer lediglich ökonomischen Funktion mit der höchsten Toleranz auf. Sie drängt sich nicht auf in Gebieten, in welchen die gangbaren Anschauungen noch ausreichen. Sie ist auch stets bereit, bei neuerlicher Erweiterung des Erfahrungsgebietes einer besseren zu weichen. 5.4. Die Berechtigung des naiven Realismus 14. Die Vorstellungen und Begriffe des gemeinen Mannes von der Welt werden nicht durch die volle, reine Erkenntnis als Selbstzweck, sondern durch das Streben nach günstiger Anpassung an die Lebensbedingungen gebildet und beherrscht. Darum sind sie weniger genau, bleiben aber dafür auch von den Monstrositäten bewahrt, welche bei einseitiger eifriger Verfolgung eines wissenschaftlichen (philosophischen) Gesichtspunktes sich leicht ergeben. Dem unbefangenen, psychisch vollentwickelten Menschen erscheinen die Elemente, die wir A B C ... bezeichnet haben, räumlich neben und außerhalb der Elemente K L M ..., und zwar unmittelbar , nicht etwa durch einen psychischen Projektions- oder einen logischen Schluss- oder Konstruktionsprozess, der, wenn er auch existieren würde, sicher nicht ins Bewusstsein fiele. Er sieht also eine von seinem Leib K L M ... verschiedene, außer diesem existierende "Außenwelt" A B C .. Indem er zunächst die Abhängigkeit der A B C ... von den, sich immer in ähnlicher Weise wiederholenden und daher wenig bemerkten, K L M ... nicht beachtet, sondern den festen Zusammenhängen der A B C ... nachgeht, erscheint ihm eine von seinem Ich unabhängige Welt von Dingen. Dieses Ich bildet sich durch die Beachtung der besonderen Eigenschaften des Einzeldinges K L M, mit welchem Schmerz, Lust, Fühlen, Wollen usw. aufs engste zusammenhängen. Er bemerkt ferner Dinge K' L' M', K" L" M" ..., die sich ganz analog K L M verhalten, und deren Verhalten im Gegensatz zu demjenigen von A B C ... ihm erst recht vertraut wird, sobald er sich an denselben ganz analoge Empfindungen, Gefühle usw. gebunden denkt, wie er dieselben an sich selbst beobachtet. Die Analogie, welche ihn hierzu treibt, ist dieselbe, die ihn bestimmt, einen Draht, an dem er alle Eigenschaften eines elektrisch durchströmten Leiters, mit Ausnahme einer jetzt nicht direkt nachweisbaren, beobachtet, auch diese eine als vorhanden anzusehen. Indem er nun die Empfindungen der Mitmenschen und Tiere nicht wahrnimmt, sondern nur nach der Analogie ergänzt, während er aus dem Verhalten der Mitmenschen entnimmt, dass sie sich ihm gegenüber in demselben Falle befinden, sieht er sich veranlasst, den Empfindungen, Erinnerungen usw. eine besondere, von A B C ... K L M ... verschiedene Natur zuzuschreiben, die je nach der Kulturstufe ungleich aufgefasst wird, was, wie oben gezeigt wurde, unnötig ist und auf wissenschaftliche Irrwege führt, wenn dies auch fürs praktische Leben von geringer Bedeutung ist. Diese, die intellektuelle Situation des naiven Menschen bestimmenden Momente treten je nach Bedürfnis des praktischen Lebens in diesem abwechselnd hervor und bleiben in einem nur wenig schwankenden Gleichgewicht. Die wissenschaftliche Weltbetrachtung betont aber bald das eine, bald das andere Moment stärker, nimmt bald von dem einen, bald von dem anderen ihren Ausgangspunkt und sucht in ihrem Streben nach Verschärfung, Einheitlichkeit und Konsequenz die entbehrlichen Auffassungen, so viel als ihr möglich erscheint, zu verdrängen. So entstehen die dualistischen und monistischen Systeme. Der naive Mensch kennt die Blindheit, Taubheit und weiß aus den alltäglichen Erfahrungen, dass das Aussehen der Dinge durch seine Sinne beeinflusst wird; es fällt ihm aber nicht ein, die ganze Welt zu einer Schöpfung seiner Sinne zu machen. Ein idealistisches System oder gar die Monstrosität des Solipsismus wäre ihm praktisch unerträglich. Die unbefangene wissenschaftliche Betrachtung wird leichte dadurch getrübt, dass eine für einen besonderen engbegrenzten Zweck passende Auffassung von vornherein zur Grundlage aller Untersuchungen gemacht wird. Dies geschieht z.B. wenn alle Erlebnisse als in das Bewusstsein sich erstreckende "Wirkungen" einer Außenwelt angesehen werden. Ein scheinbar unentwirrbares Knäuel von metaphysischen Schwierigkeiten ist hiermit gegeben. Der Spuk verschwindet jedoch sofort, wenn man die Sache sozusagen im mathematischen Sinne auffasst, und sich klar macht, dass nur die Ermittlung von Funktionsbeziehungen für uns Wert hat, dass es lediglich die Abhängigkeiten der Erlebnisse voneinander sind, die wir zu kennen wünschen. Zunächst ist dann klar, dass die Beziehung auf Unbekannte, nicht gegebene Urvariable (Dinge an sich) eine rein fiktive und müßige ist. Aber auch wenn man diese zwar unökonomische Fiktion zunächst bestehen lässt, kann man leicht die verschiedenen Klassen der Abhängigkeit unter den Elementen der "Tatsachen des Bewusstseins" unterscheiden, und das ist für uns allein wichtig. Im vorstehenden Schema ist das System der Elemente angedeutet. Innerhalb des einfach umzogenen Raumes liegen die Elemente, welche der Sinnenwelt angehören, und deren gesetzmäßige Verbindung, deren eigenartige Abhängigkeit voneinander, die physikalischen (leblosen) Körper, sowie die Leiber der Menschen, Tiere und Pflanzen darstellt. Wieder in ganz besonderer Abhängigkeit stehen alle diese Elemente von einigen der Elemente K L M, den Nerven unseres Leibes, worin sich die Tatsachen der Sinnesphysiologie aussprechen. Der doppelt umzogene Raum enthält die dem höheren psychischen Leben angehörigen Elemente, die Erinnerungsbilder, Vorstellungen, darunter auch diejenigen, welche wir uns von dem psychischen Leben der Mitmenschen bilden, die durch Akzente unterschieden werden mögen. Die Vorstellungen hängen zwar untereinander wieder in anderer Weise zusammen (Assoziation, Phantasie) als die sinnlichen Elemente A B C ... K L M, doch lässt sich nicht zweifeln, dass sie mit den letzteren in intimster Verwandtschaft stehen, und dass ihr Verhalten in letzter Linie durch A B C ... K L M, die gesamte physikalische Welt, insbesondere durch unseren Leib, und das Nervensystem bestimmt ist. Die Vorstellungen a' b' c' ... von dem Bewusstseinsinhalt unserer Mitmenschen spielen für uns die Rolle von Zwischensubstitutionen, durch welche uns das Verhalten des Mitmenschen, die Funktionalbeziehung von K' L' M' zu A B C, soweit dasselbe für sich allein (physikalisch) unaufgeklärt bliebe, verständlich wird. Es ist also für uns wichtig zu erkennen, dass es bei allen Fragen, die hier vernünftigerweise gestellt werden, und sie uns interessieren können, auf die Berücksichtigung verschiedener Grundvariablen und verschiedener Abhängigkeitsverhältnisse ankommt. Dies ist die Hauptsache. An den tatsächlichen, an den Funktionalbeziehungen, wird nichts geändert, ob wir alles Gegebene als Bewusstseinsinhalt, oder aber teilweise oder ganz als physikalisch ansehen. Die biologische Auffassung der Wissenschaft ist, dem vollsinnigen menschlichen Individuum eine möglichst vollständige Orientierung zu bieten. Ein anderes wissenschaftliches Ideal ist nicht realisierbar, und hat auch keinen Sinn. Der philosophische Standpunkt des gemeinen Mannes, wenn man dessen naiven Realismus diesen Namen zuerkennen will, hat Anspruch auf die höchste Wertschätzung. Derselbe hat sich ohne das absichtliche Zutun des Menschen in unmessbar langer Zeit ergeben; er ist ein Naturprodukt und wird durch die Natur erhalten. Alles, was die Philosophie geleistet hat - die biologische Berechtigung jeder Stufe, ja jeder Verirrung zugestanden - ist dagegen nur ein unbedeutendes ephemeres Kunstprodukt. Und wirklich sehen wir jeden Denker, auch jeden Philosophen, sobald er durch praktische Bedrängnis aus seiner einseitigen intellektuellen Beschäftigung vertrieben wird, sofort den allgemeinen Standpunkt annehmen. Professor X, welcher theoretisch Solipsist zu sein glaubt, ist es praktisch gewiss nicht, sobald er dem Minister für einen erhaltenen Orden dankt, oder seinem Auditorium eine Vorlesung hält. Der geprügelte Pyrrhonist in Moliéres "Mariage forcé" sagt nicht mehr: "il me semble, que vous me battez", sondern nimmt die Schläge als wirklich erhalten an. Die Vorbemerkungen suchen auch keineswegs diesen Standpunkt zu diskreditieren. Dieselben stellen sich nur die Aufgabe zu zeigen, warum und zu welchem Zweck wir den größten Teil des Lebens diesen Standpunkt einnehmen, und warum, zu welchem Zweck und in welcher Richtung wir denselben vorübergehend verlassen müssen. Kein Standpunkt hat eine absolute bleibende Geltung; jeder ist nur wichtig für einen bestimmten Zweck. 5.5. Anmerkungen Anm. 1: Als junger Mensch erblickte ich einmal auf der Straße ein mir höchst unangenehmes widerwärtiges Gesicht im Profil. Ich erschrak nicht wenig, als ich erkannte, dass es mein eigenes sei, welches ich an einer Spiegelniederlage vorbeigehend, durch zwei gegeneinander geneigte Spiegel wahrgenommen hatte. - Vor nicht langer Zeit stieg ich nach einer anstrengenden nächtlichen Eisenbahnfahrt sehr ermüdet in einen Omnibus, eben als von der anderen Seite auch ein Mann hereinkam. "Was steigt doch da für ein herabgekommener Schulmeister ein", dachte ich. Ich war es selbst, denn mir gegenüber hing ein großer Spiegel. Der Klassenhabitus war mir also viel geläufiger als mein Spezialhabitus. Zurück in den Text Anmerkung 2: Nicht im metaphysischen Sinne zu nehmen. Zurück in den Text Anmerkung 3: Fasst man diesen Vorgang auch als Abstraktion auf, so verlieren doch hierdurch die Elemente, wie wir sehen werden, nichts von ihrer Bedeutung. Zurück in den Text Anmerkung 4: Ich habe diesen Gedanken vor langer Zeit (Vierteljahrsschrift für Psychiatrie, Leipzig und Neuwied 1868, "Über die Abhängigkeit der Netzhautstellen voneinander") in folgender Weise Ausdruck gegeben: Der Ausdruck "Sinnestäuschung" beweist, dass man sich noch nicht recht zum Bewusstsein gebracht, oder wenigstens noch nicht nötig gefunden hat, dies Bewusstsein auch in der Terminologie zu bekunden, dass die Sinne weder falsch noch richtig zeigen. Das einzig Richtige, was man von den Sinnesorganen sagen kann, ist, dass sie unter verschiedenen Umständen verschiedene Empfindungen und Wahrnehmungen auslösen. Weil diese "Umstände" so äußerst mannigfaltiger Art, teils äußere (in den Objekten gelegene), teils innere (in den Sinnesorganen sitzende), teils innerste (in den Zentralorganen tätige) sind, kann es allerdings den Anschein haben, wenn man nur auf die äußeren Umstände achthat, dass das Organ ungleich unter gleichen Umständen wirkt. Die ungewöhnlichen Wirkungen pflegt man nun Täuschungen zu nennen. Zurück in den Text Anmerkung 5: Wenn ich sage der Tisch, der Baum usw. sind meine Empfindungen, so liegt darin, der Vorstellung des gemeinen Mannes gegenüber, eine wirkliche Erweiterung des Ich. Aber auch nach der Gefühlsseite ergibt sich eine solche Erweiterung für den Virtuosen, der sein Instrument fast so gut beherrscht wie seinen Leib, für den gewandten Redner, in dem alle Augenachsen konvergieren, und der die Gedanken seiner Zuhörer leitet, für den kräftigen Politiker, der seine Partei mit Leichtigkeit führt usw. - In Depressionszuständen hingegen, wie sie nervöse Menschen zeitweilig zu ertragen haben, schrumpft das Ich zusammen. Eine Wand scheint es von der Welt zu trennen. Zurück in den Text Anmerkung 6: Als ich im Alter von 4 bis 5 Jahren zum erstenmal vom Lande nach Wien kam, und von meinem Vater auf die Bastei (die ehemalige Stadtmauer) geführt wurde, war ich sehr überrascht, im Stadtgraben unten Menschen zu sehen, und konnte nicht begreifen, wie dieselben von meinem Standpunkt aus hatten hinunter gelangen können, denn der Gedanke eines anderen möglichen Weges kam mir gar nicht in den Sinn. Dieselbe Überraschung beobachtete ich nochmals an meinem etwa dreijährigen Knaben bei Gelegenheit eines Spazierganges auf der Prager Stadtmauer. Diese Gefühls erinnerte ich mich jedesmal bei der im Text bezeichneten Überlegung, und gern gestehe ich, dass mein zufälliges Erlebnis bei Befestigung meiner vor langer Zeit gefassten Ansicht über diesen Punkt wesentlich mitgewirkt hat. Die Gewohnheit, materiell und psychisch stets dieselben Wege zu gehen, wirkt sehr desorientierend. Ein Kind kann beim Durchbrechen einer Wand im längst bewohnten Hause eine wahre Erweiterung der Weltanschauung empfinden, und eine kleine wissenschaftliche Wendung kann sehr aufklärend wirken. Zurück in den Text Anmerkung 7: Vgl. meine Grundlinien der Lehre von den Bewegungsempfindungen. Leipzig Engelmann 1875, S. 54. Daselbst habe ich meine Ansicht zuerst kurz aber bestimmt ausgesprochen. Zurück in den Text Anmerkung 8: Von dem binokularen Gesichtsfeld, das mit seiner eigentümlichen Stereoskopie jedermann geläufig ist, das aber schwieriger zu beschreiben und durch eine ebene Zeichnung nicht darstellbar ist, wollen wir hier absehen. Zurück in den Text Anmerkung 9: Herr Ingenieur J. Popper in Wien. Zurück in den Text Anmerkung 10: Zur Entwerfung dieser Zeichnung bin ich vor etwa 30 Jahren durch einen drolligen Zufall veranlasst worden. Ein längst verstorbener Herr v. L., dessen wahrhaft liebenswürdiger Charakter über manche Exzentrizität hinweg half, nötigte mich, eine Schrift von E. Krause zu lesen. In derselben findet sich folgende Stelle: "Aufgabe: Die Selbstschauung des 'Ich' auszuführen. Auflösung: Man führt sie ohne weiters aus." Um nun dieses philosophische "Viel Lärm um Nichts" scherzhaft zu illustrieren, und zugleich zu zeigen, wie man wirklich die Selbstschauung des "Ich" ausführt, entwarf ich die obige Zeichnung. Zurück in den Text Anmerkung 11: Vgl. die allgemeinen Anmerkungen am Schluss meiner Schrift: Die Geschichte und die Wurzel des Satzes der Erhaltung der Arbeit. Prag, Calve 1872. Zurück in den Text Anmerkung 12: So kann auch das Standesbewusstsein und das Standesvorurteil, das Gefühl der Nationalität, der bornierteste Lokalpatriotismus für gewisse Zwecke sehr wichtig sein. Solche Anschauungen werden aber gewiss nicht den weitblickenden Forscher auszeichnen, wenigstens nicht im Momente des Forschens. Alle diese egoistischen Anschauungen reichen nur für praktische Zwecke aus. Natürlich kann der Gewohnheit auch der Forscher unterliegen. Die kleinen gelehrten Lumpereien, das schlaue Benützen und das perfide Verschweigen, die Schlingbeschwerden bei dem unvermeidlichen Worte der Anerkennung und die schiefe Beleuchtung der fremden Leistung bei dieser Gelegenheit zeigen hinlänglich, dass auch der Forscher den Kampf ums Dasein kämpft, dass auch die Wege der Wissenschaft noch zum Munde führen, und dass der reine Erkenntnistrieb bei unseren heutigen sozialen Verhältnissen noch ein Ideal ist. Zurück in den Text Anmerkung 13: Indem wir unsere persönliche Erinnerung über den Tod hinaus zu erhalten wünschen, verhalten wir uns ähnlich wie der kluge Eskimo, der die Unsterblichkeit ohne Seehunde und Walrosse dankend ablehnte. Zurück in den Text Anmerkung 14: Schon bei Johannes Müller finden wir einen Ansatz zu ähnlichen Betrachtungen. Sein metaphysischer Hang hindert ihn aber, dieselben konsequent zu Ende zu führen. Bei Hering aber stoßen wir (Herrmann's Handbuch der Physiologie, Bd. III I, Seite 345) auf folgende charakteristische Stelle: "Der Stoff, aus welchem die Sehdinge bestehen, sind die Gesichtempfindungen." Die untergehende Sonne ist als Sehding eine flache, kreisförmige Scheibe, welche aus Gelbrot, also aus einer Gesichtsempfindung besteht. Wir können sie daher geradezu als eine kreisförmige, gelbrote Empfindung bezeichnen. Diese Empfindung haben wir da, wo uns eben die Sonne erscheint. Ich kann wohl nach den Erfahrungen, die ich gelegentlich im Gespräch gemacht habe, sagen, dass die meisten Menschen, welche diesen Fragen nicht durch ernsteres Nachdenken näher getreten sind, diese Auffassung einfach haarsträubend finden werden. Natürlich ist das gewöhnliche Konfundieren des sinnlichen und begrifflichen Raumes an diesem Entsetzen wesentlich schuld. Geht man, wie ich es getan habe, von der ökonomischen Aufgabe der Wissenschaft aus, nach welcher nur der Zusammenhang des Beobachtbaren, Gegebenen von uns von Bedeutung ist, alles Hypothetische, Metaphysische, Müßige aber zu eliminieren ist, so gelangt man zu dieser Ansicht. Den gleichen Standpunkt wird man wohl Avenarius zuschreiben müssen, denn wir lesen bei ihm (Der menschliche Weltbegriff, Seite 76) die Sätze: "Das Gehirn ist kein Wohnort, Sitz, Erzeuger, kein Instrument oder Organ, kein Träger oder Substrat usw. des Denkens." "Das Denken ist kein Bewohner oder Befehlshaber, keine andere Hälfte oder Seite usw., aber auch kein Produkt, ja nicht einmal eine physiologische Funktion oder nur ein Zustand überhaupt des Gehirns." Der Weg, den Avenarius verfolgt, "die Ausschaltung der Introjektion", ist nur eine besondere Form der Elimination des Metaphysischen. Zurück in den Text Anmerkung 15: Ich habe es stets als besonderes Glück empfunden, dass mir sehr früh (in einem Alter von 15 Jahren etwa) in der Bibliothek meines Vaters Kant's "Prolegomena zu einer jeden künftigen Metaphysik" in die Hand fielen. Diese Schrift hat damals einen gewaltigen unauslöschlichen Eindruck auf mich gemacht, den ich in gleicher Weise bei späterer philosophischer Lektüre nicht mehr gefühlt habe. Etwa zwei oder drei Jahre später empfand ich plötzlich die müßige Rolle, welche das "Ding an sich" spielt. An einem heiteren Sommertage im Freien erschien mir einmal die Welt samt meinem Ich als eine zusammenhängende Masse von Empfindungen, nur im Ich stärker zusammenhängend. Obgleich die eigentliche Reflexion sich erst später hinzugesellte, so ist doch dieser Moment für meine ganze Anschauung bestimmend geworden. Übrigens habe ich noch einen langen und harten Kampf gekämpft, bevor ich im Stande war, die gewonnene Ansicht auch in meinem Spezialgebiet festzuhalten. Man nimmt mit dem Wertvollen der physikalischen Lehren notwendig auch eine bedeutende Dosis falscher Metaphysik auf, welche von dem, was beibehalten werden muss, recht schwer losgeht, gerade dann, wenn diese Lehren geläufig geworden. Auch die überkommenen instinktiven Auffassungen traten zeitweilig mit großer Gewalt hervor und stellten sich hemmend in den Weg. Erst durch abwechselnde Beschäftigung mit Physik und Physiologie der Sinne sowie durch historisch-physikalische Studien habe ich (etwa 1863), nachdem ich den Widerstreit noch durch eine physikalisch-psychologische Monadologie vergeblich zu lösen versucht hatte, in meinen Ansichten eine größere Festigkeit erlangt. Ich mache keinen Anspruch auf den Namen eines Philosophen. Ich wünsche nur in der Physik einen Standpunkt einzunehmen, den man nicht sofort verlassen muss, wenn man in das Gebiet einer anderen Wissenschaft hinüberblickt, da schließlich doch alle ein Ganzes bilden sollen. Die heutige Molekularphysik entspricht dieser Forderung entschieden nicht. Was ich sage, habe ich vielleicht nicht zuerst gesagt. Ich will meine Darlegung auch nicht als eine besondere Leistung hinstellen. Vielmehr glaube ich, dass jeder ungefähr denselben Weg einschlagen wird, der in besonnener Weise auf einem nicht zu beschränkten Wissensgebiet Umschau hält. Meinem Standpunkt nahe liegt jener von Avenarius, den ich 1883 kennengelernt habe (Philosophie als Denken der Welt nach dem Prinzip des kleinsten Kraftmaßes, 1876). Auch Hering in seiner Rede über das Gedächtnis (Almanach der Wiener Akademie 1870, S. 258) und J. Popper in dem schönen Buche "Das Recht zu leben und die Pflicht zu sterben", Leipzig 1878, S. 62, bewegen sich in ähnlichen Gedanken. Vgl. auch meine Rede "Über die ökonomische Natur der physikalischen Forschung" (Almanach der Wiener Akademie 1882, S. 179, Anmerkung). Endlich muss ich hier noch auf die Einleitung zu W. Preyer's "Reine Empfindungslehre" sowie auf Riehl's Freiburger Antrittsrede S. 40 und auf R. Wahle's "Gehirn und Bewusstsein", 1884, hinweisen. Meine Ansicht habe ich 1882 und 1883 zuerst ausführlich dargelegt. Wahrscheinlich müsste ich noch viel mehr oder weniger Verwandtes anführen, wenn ich eine ausgebreitetere Literaturkenntnis hätte. Zurück in den Text http://www.payer.de/fremd/mach.htm [5/13/2016]