Skript zur Bio-Ac I Fe, Mo, Ni

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1
Bioanorganische Chemie I (Eisen, Molybdän und Nickel)
Dieter Rehder
Vorlesungsskriptum zur Vorlesung im Wintersemester 2006/2007
Buchempfehlung: W. Kaim, B. Schwederski: Bioanorganische Chemie (Teubner
Taschenbuch), bzw. die engl. Fassung: Bioinorganic Chemistry (Wiley). Sie finden die deutsche
Fassung auch in der Staatsbibliothek (unter Biologie), und natürlich in der Bibliothek der Chemischen Institute.
1. Einleitung
Die Bioanorganische Chemie richtet sich generell an die direkte und mittelbare Rolle
anorganischer Stoffe (meist Metallionen) in der belebten Natur. Beispiele sind der
Sauerstofftransport durch das Eisenprotein Hämoglobin, Zink in Hydrolyse-Enzymen und in
der genetischen Transkription, Magnesium als zentrales Metallion im Chlorophyll und damit
in der Photosynthese, aber auch die regulatorischen Funktionen von Ionen wie Natrium und
Kalium, die Rolle des Stickstoffmonoxids bei der Signaltransduktion, die Bedeutung von
Calcium im Apatit der Knochensubstanz. Ein weiterer wichtiger Teilaspekt sind
Anwendungen, die in den medizinischen Bereich gehen, z.B. Cisplatin in der Krebs- und
Goldverbindungen in der Rheuma-Therapie, Technetium-99m in der Radiodiagnostik, die
Toxizität und der Metabolismus anorganischer Quecksilberverbindungen. Viele mineralische
Stoffe werden durch Biomineralisation erzeugt, d.h. durch die Aktivität lebender Organismen.
Hierzu gehören die Schalen/Gehäuse von Muscheln/Schnecken („Kalkstein“ =
Calciumcarbonat). Eisenmineralien wie Magnetit und Goethit können durch lebende
Organismen generiert und verwendet werden. Die Umwandlung von Kohlendioxid in Methan
durch methanogene Bakterien (hier werden Molybdän, Eise, Kobalt und Nickel benötigt), die
Produktion von Wasserstoff mittels Hydrogenasen (die Eisen und Nickel enthalten), die
Fixierung von Luftstickstoff (d. h. Überführung in pflanzenverwertbare Ammoniumionen)
durch molybdänhaltige Enzyme sind Beispiele, die auch in Hinblick auf eine industrielle
Verwertung von Interesse sind, wenn dann die biologischen Mechanismen aufgeklärt und die
biogenen Systeme „nachgebaut“ werden können.
Eine Übersicht über die Bedeutung der Metalle in Lebensprozessen geben die
Abbildungen 1 und 2.
Durch Anorganika gesteuerte Prozesse haben möglicherweise schon in der frühesten
Phase der Entstehung des Lebens auf der Erde eine Rolle gespielt. Der Vorgang
FeS + HS-  FeS2 + H+ + 2e- , E0 = - 620 mV
(1)
reicht aus für die Reduktion einer Reihe anorganischer Substrate (z.B. H+, CO2, Nitrat). Die
Kupplung von Methylmercaptan und Kohlendioxid zu aktiver Essigsäure, und die sich
anschließende Bildung von Amidbindungen wird durch Eisen-Nickelsulfid katalysiert:
2CH3SH + CO2 + FeS  CH3CO(SCH3) + H2O + FeS2
(mittlere Ox.-Stufe des C = 0)
(mittlere Ox.-Stfe des C = -II)
(FeS)
CH3CO(SCH3) + H2NR  CH3CO(HNR) + HSCH3
(2)
(3)
2
In einem sehr frühen Stadium der Evolution könnten sich unter den Bedingungen der
Uratmosphäre (ca. 20% CO2, N2, H2O, ca. 0.1% O2, Spuren H2) durch „Selfassembly“ EisenSchwefel-Cluster der Art [Fe4S4(SR)4]2- gebildet haben, die redox-aktiv sind und somit
Elektronentransportreaktionen katalysieren. Eingebettet in Proteine - als so genannte
Ferredoxine – übernehmen solche Eisen-Schwefel-Cluster vielfältige Redoxfunktionen in
zahlreichen Lebensprozessen.
H
Abb. 1. Periodensystem der Bioelemente
Na Mg
K
Ca
V
Cr
Sr
Mo
Ba
W
1.
2.
3.
4.
5.
6.
E
"Organische" Elemente
Mn Fe
Co
8.
9.
N O
F
Si
P
Cl
Ni Cu Zn
S
As Se Br
Sn
Cd
7.
C
I
10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18.
E essentiell in [nahezu] allen Lebewesen; E essentiell in vielen Lebewesen; E sporadisch
essentiell; kursiv: Metalle, die vorwiegend Redoxfunktion haben.
Abb. 2. Biomoleküle mit Metallzentren
Transport- und Speicherproteine
e-Transport
(Cu, Fe)
O2 -Transport
(Cu, Fe)
Enzyme
Strukturproteine
M-Transport
(Fe, Zn)
Proteinstruktur
(Zn, Ca)
Hydrolasen
(Zn, Mn)
Oxidoreduktasen
(Fe, Cu, Mo, V, Mn, Ni)
M-Transport
(Fe, Na, K)
Nicht-Proteine
Energie
(Mg)
Fotosynthese
(Mg)
Stützfunktion
(Ca, Mg)
Isomerasen/Syntheasen
(Co)
Ebenfalls urtümlichen Ursprunges sind die thermodynamisch sehr stabilen Porphinogene
(mehr oder weniger ungesättigte Tetrapyrrole), die mit Eisen oder Nickel im Zentrum
Cofaktoren in Redoxkatalysatoren sind, mit Kobalt im Zentrum als C1-Transfersysteme in
Biosynthesen unentbehrlich sind, und schließlich mit Magnesium im Zentrum das
Sonnenlicht für die Photosynthese verfügbar machen und damit die Voraussetzungen dafür
geschaffen haben, dass unser Lebensraum mit dem für das heutige aerobe Leben
unentbehrliche Sauerstoff angereichert wurde.
3
Lit.: Zur Rolle von FeS in primordialen Prozessen: C. Huber, G. Wächtershäuser, Science
276 (1997) 245.
2. Eisen
Dieses Element spielt eine zentrale Rolle im biologischen Geschehen. Hierfür sind
einerseits die Abundanz und das ubiquitäre Vorkommen des Eisens in der Biosphäre (also
dessen prinzipielle Verfügbarkeit) verantwortlich, andererseits eine Reihe von Eigenschaften,
die Eisenionen eine große Flexibilität verleihen. Der leicht erfolgende Redoxübergang
zwischen den Oxidationszuständen +II und +III; die Befähigung der Hexaaquaeisenionen,
Protonen zu übertragen, die Tendenz von Aqua- und Hydroxokomplexen zu Oligomeren und
Polymeren zu kondensieren, der leichte Übergang zwischen high-spin- und low-spin-Eisen
und schließlich seine Flexibilität gegenüber der Natur der Liganden (Stickstoffliganden
werden ebenso koordiniert wie weiche Thioliganden und harte Sauerstoff-funktionelle
Liganden), der Koordinationszahl (3, 4, 5, 6) und der Koordinationsgeometrie.
2a. Die wässrige Eisenchemie
Das Redoxpotential für Fe2+/Fe3+ bei pH = 7 zeigt, daß Eisen(II) unter aeroben Bedingungen
zu Eisen(III) oxidiert wird, unter anaeroben Bedingungen aber auch leicht wieder zu Fe2+
reduziert werden kann; Gl. (4)-(6):
4Fe2+ + O2 + 4H+  4Fe3+ + 2H2O + 4e-; E (pH 7) = -0.23 V
(4)
vergl. 2H2O  O2 + 4H+ + 4e-; E (pH 7) = +0.82 V
NADH + H+  NAD+ + 2H+ + 2e-; E (pH 7) = -0.32 V
(5)
(6)
Hexaaquaeisen(III)-Ionen wirken als Kationsäuren:
[Fe(H2O)6]3+  [Fe(H2O)5OH]2+ + H+; pKS1 = 2.2
(7)
pKS2 (= 3.5) und pKS3 (= 6) machen deutlich, daß bereits in schwach saurem Medium
die Bildung von Eisenhydroxid beginnt. Neben solchen Protolysereaktionen sind
Kondensationsreaktionen (Gl. (8)), bei denen Oxo- und Hydroxo-verbrückte Aggregate
entstehen, für Aquaeisenkomplexe typisch:
-H2O, -2H
+
2[Fe(H2 O)6 ]3+
-H2O
+
-2H
H2 O
4+
H2 O
OH2
OH2
Fe
OH2
H2 O
O
Fe
H2 O
OH2
H2 O
OH2
Gleichung (8)
H2 O
OH2
Fe
H2 O
OH2
H
O
O
H
OH2
OH2
4+
Fe
OH2
OH2
-2H
+
H2 O
pKs = 2.9
OH2
H2 O
Fe
O
OH2
2+
OH2
Fe
Fe
-H2O
H O
O
Fe
Fe
O
HO
Fe
OH2
O
OH2
OH2
4
Die Kondensation führt über Kolloide schließlich zu schwerlöslichen Eisenoxid-Hydraten
[Eisenhydroxide der Zusammensetzung FeO(OH) (Goethit) bis 5Fe2O3·9H2O (Ferrihydrit);
Abb. 3 links]. Die Schwerlöslichkeit von Eisenhydroxid [L = 2·10-39, l (pH 7) = 10-18 mol·l-1]
hat viele Organismengruppen gezwungen, Mobilisierungssysteme für FeIII zu entwickeln.
O
OH
Fe
O
Fe
O
H
O
O
Fe
O
O
OH
Fe
O
OH
O
Fe
OH
OH
OH
C
O
Fe
O
Fe
H
O
O
O
Fe
O
O
O
Fe
OH
O
Fe
O
O
P
O
OH
OH
Abbildung 3. Ausschnitte aus der Goethitstruktur (links) und dem Eisenkern der Ferritine
(rechts); idealisiert.
2b. Biomineralisation und Eisenspeicherung (Ferritine)
Unter Biomineralisation versteht man die Bildung (und Verwendung) mineralischer
Stoffe durch Lebewesen. Zu den Eisenmineralien, die durch Biomineralisation entstehen
können, gehören -FeO(OH) (Goethit; in den Raspelzunge der Napfschnecken),
5Fe2O3·9H2O (Ferrihydrit), Fe3O4 (Magnetit, in magnetotaktischen Bakterien – Abb. 4 – und
den Orientierungsorganen von Brieftauben und Bienen), Fe3S4 (Greigit, in magnetotaktischen
Bakterien), FeS2 (Pyrit; s.a. Gl. (1)) und (FeCO3) Siderit. An der Bildung von Mineralien mit
Eisen(II) (Pyrit, Siderit) sind sulfatreduzierende Bakterien der Gattung Desulfovibrio oder
Hydrogenase-aktive Bakterien beteiligt:
SO42- + CH3CO2-  HS- + 2HCO32Fe3+ + 3HS-  2FeS2 + 3H+
(9a)
(9b)
Fe2O3 + H2 + H2O  2Fe2+ + 4OHFe2+ + HCO3- + OH-  FeCO3 + H2O
(10a)
(10b)
Abbildung 4. Magnetotaktisches Bakterium mit Magnetitkriställchen (rechts: Ausschnitt)
5
Ein Goethit-ähnliches Material der Zusammensetzung 8FeO(OH)·FeO(H2PO4) enthalten die
Ferritine, Eisenspeicherproteine mit einer Molmasse von bis zu 900.000 D (Apoprotein:
450.000 D). Das Apoprotein (Abb. 5) ist eine aus 24 Untereinheiten zu je 163 Aminosäuren
zusammengesetzte Hohlkugel mit einem Außendurchmesser von 130 Å und einem
Innendurchmesser von 75 Å. In das Innere dieser Hohlkugel können bis zu 4500 Eisen(III)Zentren eingebaut werden. Die Fe3+-Ionen sind – wie in Abb. 4 (rechts) dargestellt – durch µO und µ-OH miteinander verknüpft. Zur Proteinwandung hin erfolgt die Ankopplung über
Carboxylatgruppen (von Glutamat und Aspartat). Das Eisen befindet sich im high-spin
Zustand; das gegenüber isolierten high-spin Fe3+-Ionen (spin-only Wert 5.92 µB) deutlich
verminderte magnetische Moment von nur 3.8 µB weist auf antiferromagnetische Kopplung
hin. Für den An- und Abtransport des Eisens dienen Kanäle im Proteinmantel, die einen
Durchmesser von ca. 10 Å haben. Beim Einbau wird das Eisen zunächst an der nach außen
weisenden Seite des Kanals als Fe2+ koordiniert. Sodann erfolgt oxidative Addition von O2
und die Bildung eines zweikernigen, peroxoverbrückten (Fe3+)2-Intermediates, daß durch
Hydrolyse zwei FeO(OH)-Zentren bildet:
III
2Fe2+ + O2
Fe
III
O
O
Fe
+ 3H2O
2 Fe
O
OH
+
+ 1/2O2 + 4H
Abbildung 5. Schematische Darstellungen des Ferritins. Die Cn-Achsen markieren Kanäle 2-,
3- und 4-zähliger Symmetrie.
2c. Eisentransport
Mikroorganismen (Bakterien, niedere Pilze) und viele Pflanzen (insbesondere
Wasserpflanzen) vermögen mittels sogen. Siderophore, die sie in das umgebende wässrige
Medium abgeben, aus schwerlöslichen Eisenhydroxid-Depots Fe3+ durch Komplexierung zu
mobilisieren. Siderophore sind mehrzähnige, anionische Liganden, die mit Fe3+ äußerst stabile
Komplexe bilden (die Komplexbildungskonstanten können, wie in den EnterobactinKomplexen, bis zu 1050 betragen). Die funktionellen Gruppen sind Catecholate (bei den
Enterobactinen), Hydroxamate (bei den Ferrioxaminen und Ferrichromen), Carboxylate und
Hydroxycarboxylate (z.B. Rhizoferrin). Die Komplexe sind mehr oder weniger globulär
gebaut und verfügen über eine Peripherie aus hydrophilen Gruppen (Amid- und
Esterfunktionen), die die Wasserlöslichkeit und den Transport im aquatischen System
gewährleisten. Das Herauslösen des Eisens aus dem Komplex nach dessen Transport in das
6
Zellinnere erfolgt durch Reduktion des Fe3+ zu Fe2+ und/oder oxidative Zerstörung des
Liganden. Beispiele für versch. Klassen von Siderophoren sind in Abb. 6 zusammengestellt.
O
-
O
O
O
-O
O
HN
O
-
NH
COO
O
O
O
COO
O
O
NH
O
O
-
-
-
NH
Rhizoferrin
H
N
O
O
Ferrichrom
NH
NH
O
(CH2)3
O
C
O
NH2
-
NH
N
OOC
-
NH
O
OOC
Enterobaktin
NH
HO
O
O
HO
-
OH
O
O
H
N
H
N
-
-
CH3
N
O
NH
HO
C
O
CH3
N
O
C
O
CH3
-
O
N
H
NH2 O
H
N
NH
O
O
(CH2)3
-
NH
O
O
O
(CH2)3
OH
HN
HN
H
N
O
O
O
O
HO
Alterobactin A
HO
Abbildung 6. Beispiele für Siderophore: Das Tris(catecholat) Enterobactin bildet den
anionischen Komplex [Fe(enterobactin)3]3-; das Hydroxamat Ferrichrom den Neutralkomplex
[Fe(ferrichrom)]. Rhizoferrin ist ein pflanzliches Siderophor vom Hydroxycarboxylat-Typ,
Alterobactin A ein gemischt-funktionelles Siderophor aus dem Meeresbakterium Alteromonas
luteoviolacea.
Im Wirbeltierorganismus wird das Eisen - nach Resorption als Fe2+ und Oxidation zu
Fe - durch Apo-Transferrin (ApoTfH2) gemeinsam mit Carbonat reversibel aufgenommen:
3+
ApoTfH2 + HCO3- + Fe3+  Tf(Fe3+,CO32-) + 3H+
(11)
Transferrin ist ein Glycoproteid (Kohlenhydratanteil
NH2
6%) der Molmasse 80.000 D, das zwei Fe3+
N
Arg komplexieren und insgesamt ca. 40 mg Eisen pro Tag
NH2
H
transportieren kann. Die Komplexbildungskonstanten
Tyr
betragen 1020.2 bei pH = 7.4, und 1012.6 bei pH = 5.5. Die
O
Komplexbildungskonstante für Fe2+ bei pH = 7 ist nur
103.2, d.h. Eisen kann leicht reduktiv wieder aus dem
O O O
Transferrinkomplex herausgelöst werden – z.B. durch
Fe
O
Ascorbat. Zur Koordinationssphäre des Fe3+ s. Abb. 7.
O
O
Tyr Transferrin ist auch ein effektives Transportprotein für
Asp
N
andere zwei- und dreiwertige Metallionen.
NH
His
Abbildung 7. Koordinationsumgebung des Fe3+ im
Transferrin.
7
3. Sauerstofftransport
3a. Hämoglobin und Myoglobin
Hämoglobin (Hb) ist das Sauerstofftransportprotein im Blut der Wirbeltiere. Es hat eine
Molmasse von ca. 65 kD und besteht aus 4 Untereinheiten mit je einem Hämeisen. Fe
koordiniert an Protoporphyrin IX, das mit vier Stickstoffunktionen vier äquatoriale Positionen
besetzt. Eine fünfte, axiale Position ist in der Desoxi- und Oxiform durch das proximale
Histidin besetzt; in der Desoxiform ist die zweite axiale Position frei, in der Oxiform tritt an
diese Stelle Sauerstoff, der zusätzlich über eine Wasserstoffbrücken-Wechselwirkung an das
distale Histidin geknüpft ist (s. Abb. 8). Das monomere Myoglobin (Mb) ist der rote Farbstoff
im Muskelgewebe, der den Sauerstoff dank seiner höheren O2-Affinität vom Hb übernimmt.
Die reversible O2-Aufnahme/Abgabe kann wie folgt formuliert werden:
Hb·H+ + HCO3- + O2  Hb·O2 + H2CO3
H2CO3  H2O + CO2
(HCO3-)in + (Cl-)ex  (HCO3-)ex + (Cl-)in
(12a)
(12b)
(12c)
Die Reaktion (12b) wird von einem Zn-Enzym, der Carboanhydrase katalysiert (s.
Bioanorgan. Chemie II). Die Indizes „in“ und „ex“ in Gl. (12c) beziehen sich auf intra- und
extrazellulär (bezügl. der Erythrozyten).
N
distales His
N
N
H
N
H
O
N
N
Fe
N
N
N
Fe
N
N
N
N
proximales His
N
O
N
Desoxi-Hb, T-Form
N
Oxi-Hb, R-Form
Abbildung 8. Die Eisenzentren im Desoxi- und Oxi-Hämoglobin (ohne Substituenten am
Porphyrinring)
Die Bindung von O2 durch Hb erfolgt in mehreren Stufen (Perutz-Mechanismus): In
der Desoxi-Form liegt das Hb in der sogen. T-Form (T für „tensed“) vor: Fe2+ ist im highspin-Zustand und liegt 40 Å oberhalb der durch den Porphyrinring gebildeten, urglasförmig
gewölbten Ebene. Bei der O2-Aufnahme durch die erste Untereinheit des Hb geht das Eisen in
den low-spin-Zustand über und verschiebt sich in Richtung auf die Porphyrinebene, von der
es nun nur noch 20 Å entfernt steht. Zugleich wird ein Zug auf das proximale His ausgeübt,
der sich den anderen Untereinheiten über Konformationsänderungen im Protein mitteilt, die
nunmehr gleichfalls O2 aufnehmen (kooperativer Effekt). Das Eisen schiebt sich hierbei in die
Porphyrinebene, die sich unter Bildung der R-Form (R für „relaxed“) glättet. Der Übergang
von der high-spin in die low-spin-Form ist mit einer Verringerung des Durchmessers des
Eisen-Ions verbunden: Fe2+hs = 95, Fe2+ls = 75, Fe3+ls = 69 pm). Oxi-Hb ist diamagnetisch. Der
8
Sauerstoff koordiniert end-on gewinkelt. O2 selbst liegt im Grundzustand in der Triplettform
vor (mit den beiden ungepaarten Elektronen in *-Orbitalen; Abb. 9). Das magnetischen
Verhaltens von Oxi-Hb kann folgendermaßen erklärt werden: (1) Das Eisen verbleibt bei der
Sauerstoffaufnahme im FeII-Zustand; der Sauerstoff geht in die Singulettform über (was
wegen der Abwinkelung und der damit aufgehobenen Entartung der *-Orbitale möglich
wird). (2) Sauerstoff wird im Sinne einer oxidativen Addition aufgenommen: Das Eisen geht
in den FeIII-Zustand über, der Sauerstoff wird zum Hyperoxid O2-. Durch Spinkopplung
zwischen low-spin Fe3+ (d5, ein ungepaartes Elektron) und dem ungepaarten Elektron des
Hyperoxids wird die Verbindung diamagnetisch.
In Abb. 9 ist das MO-Schema des Sauerstoffs gezeigt. Durch Einfüllen von 1 bzw. 2
Elektronen in das *-Orbital kommt man zum Hyperoxid O2- bzw. Peroxid O22-, durch
Herausnahme eines Elektrons zum Dioxygen-Kation O2+. Siehe hierzu die untenstehende
Tabelle.
Bindungsdaten für verschiedene O2-Spezies
_________________________________________________________________
Molekül
O2+
Triplett-O2
O2O22Bindungsordnung
2.5
2
1.5
1
d(O-O), pm
112
121
133
149
-1
(O-O), cm
1860
1555
1145
770
vergl. Mb·O2:  (OO) = 1107 cm-1, d(OO) = 122 pm
__________________________________________________________________
E

s
Singulett-O2

p
p

s
s
s
s
O
Triplett-O2
O
Abbildung 9. MO-Diagramme für Triplett- und Singulett-O2.
Die Affinität des Hämoglobins zu Sauerstoff ist abhängig von Temperatur and pH des
Blutes: Erhöhte Temperatur and erniedrigter pH vermindern die Sauerstoffaufnahmekapazität
(Bohr-Effekt).
9
Die irreversible Oxidation von Hb führt zu Methämoglobin (MetHb, mit Fe3+-OH),
das nicht mehr in der Lage ist, Sauerstoff aufzunehmen:
Hb(FeII) + H2O  MetHb(FeIIIOH) + H+ + e-
(13)
Durch Methämoglobin-Reduktase (mit NADH als Cofaktor) wird Hb zurück gebildet. Als
Oxidantien kommen z.B. Hyperoxid, Peroxid, OH-Radikale und NO in Frage; Gl. (14). OHRadikale entstehen z.B. nach der Fenton-Reaktion; Gl. (15). Für die Vernichtung von
Hyperoxid und Peroxid hält der Organismus eine Reihe von Reaktionen bereit, Gl. (16) –
(17):
2Fe2+ + 2NO + H2O  2Fe3+-OH + N2O
(14)
Fe2+ + H2O2 + H+  Fe3+ + HO + H2O
2O2- + 2H+  H2O2 + O2 (kat. durch Superoxiddismutasen)
H2O2  H2O + ½O2 (kat. durch Katalasen)
H2O2 + 2GSH  2H2O + GS-SG (kat. durch GSH-Peroxidase)
(15)
(16)
(17a)
(17b)
GSH in Gl. (17b) steht für Glutathion (ein Tripeptid aus -Glu, Cys und Gly).
Aberrationen des normalen Hämoglobins sind z.B. Sichelzellenhämoglobin (Glu durch Ala
ersetzt; O2-Aufnahmekapazität 25-mal geringer; verleiht aber Resistenz gegen Malaria) und
Boston-Hämoglobin. Hier ist das distales His durch Tyr ersetzt, das die 6. Koordinationsstelle
des Eisens blockiert. Eine Blockierung dieser Bindungsstelle für O2 erfolgt auch durch CO;
Hb·CO ist ca. 250-mal stabiler als Hb·O2.
3b. Andere Sauerstoff-transportierende Proteine
Hämerythrin
Hämerythrin (Hy; Abb. 10) kommt in einigen niederen Würmern vor. Es hat eine
Molmasse von 108 000 D, setzt sich aus acht Untereinheiten zusammen, und enthält je
Untereinheit zwei Eisenzentren, die in der sauerstofffreien Desoxiform (Fe2+) über eine OHGruppe, ein Aspartat und ein Glutamat verbrückt sind. Die beiden Eisenzentren sind
antiferromagnetisch gekoppelt (Kopplungskonstante J = -13 cm-1). Das eine Fe-Zentrum ist
zusätzlich an 3 His, das andere an 2 His gebunden. Die Sauerstoffaufnahme erfolgt an der
Leerstelle im Sinne einer oxidativen Addition: Fe2+ wird zu Fe3+; die µ-OH Gruppe wird
deprotoniert zur µ-O Gruppe, das Proton übertragen auf das koordinierte Peroxid, das hiermit
zum Hydroperoxid HO2- wird. Zwischen dem Wasserstoff des Hydroperoxids und dem µ-O
wird zusätzlich eine Wasserstoffbrücke ausgebildet. Neben der reversiblen oxidativen O2Addition, die Oxihämerythrin ergibt, kann auch eine irreversible, zu inaktivem
Methämerythrin (J = -134 cm-1) führende Oxidation erfolgen.
Zur Modellierung der Struktur dieses Zweieisenzentrums eignen sich Liganden wie
1,4,7-Triazacyclononan (tac) oder Tris(pyrazolyl)borat(1-) (tpzb) (Abb. 11), die mit ihren drei
Stickstoffunktionen faciale Positionen in einem Oktaeder besetzen können:
z. B. Fe(ClO4) + tac + Ac-  [{Fe(tac)}2µ-OH(µ-Ac)2]+  [{Fe(tac)}2µ-O(µ-Ac)2]2+
Analogon für Desoxy-Hy
Analogon für Met-Hy
J = -15
J = -115 cm-1
10
(Asp)
(Asp)
O
O
(His)
N 2+ O(Glu)O 2+N (His)
(His)N Fe
Fe N (His)
N
O
(His)
H
Leerstelle
O
O
(His)
N 3+ O(Glu)O 3+N (His)
(His)N Fe
Fe N (His)
N
O
(His)
O
+ O2
H O
Desoxi-Hy
Oxi-Hy
(Asp)
O
O
(His)
N 3+ O(Glu)O 3+N (His)
(His)N Fe
Fe N (His)
N
O
OH
(His)
Met-Hy
irreversible
Oxidation
Abbildung 10. Hämerythrin (Hy). Die Azido (N3- )-Form des Hy ist strukturell abgesichert.
Im Hämerythrin sind die Eisenzentren
antiferromagnetisch gekoppelt (Spins der
beiden Metallzentren sind antiparallel
ausgerichtet; negative Kopplungskonstante
J, mit der Einheit cm-1). Diese Kopplung
erfolgt durch so gen. Superausstausch
S = 0, J 0
S = 1, J 0
(super exchange) unter Beteiligung der
antiferromagnetisch
ferromagnetisch
Bindungsorbitale zu den verbrückenden
Oxo/Hydroxoliganden (links im Bild). Bei orthogonaler Anordnung von p- und d-Orbitalen
(rechts im Bild) bleibt eine solche Wechselwirkung aus, und die Spins der beiden
Metallzentren koppeln ferromagnetisch.
Mit den in Abb. 11 gezeigten Liganden tac (Triazacyclononan) und tpzb
(Tris(pyrazolyl)borat) kann die Koordination von drei Histidinliganden an ein Metallzentrum
wie an das Fe im im Hämocyanin effizient modelliert werden. Mit dem sechszähnige
Liganden HL ist ein Komplex synthetisierbar, der – da er eine Position an einem der
Eisenzentren freilässt (in der Abbildung durch Wasser besetzt, das leicht abdissoziieren kann)
– das Strukturzentrum des Hämerythrins noch besser modelliert. Dieses Modell liegt in der
Semi-Met-Form (FeII + FeIII) vor.
R
N
R
N
N
N N N
N
R
tac
H
B
R
N
N
N
N
N
N
tpzb
2Fe2+ + HL + O2
Ph
O
H
N
HL
N
O
N Fe
N
III
N
II
Fe
N
+ H+
OH2
Analogon für Semi-Met-Hy
Abbildung 11. Liganden zur Modellierung eines (His)3-Funktionssatzes, sowie ein
strukturelles Modell für Hämerythrin.
11
Hämocyanine
Das Blut vieler Mollusken (Schnecken, Tintenfische) und Arthropoden (Spinnen,
Krebse und Skorpione) enthält ein kupferhaltiges O2-Protein frei im Serum suspendiert. Die
Molmassen dieser Hämocyanine (Hc) variieren zwischen 450 und 9000 kD; die Proteine
setzen sich aus Untereinheiten von je 75 kD (Arthropoden) bzw. 50-55 kD (Mollusken)
zusammen, die zwei Cu-Zentren im Abstand von 3.56 Å enthalten. Jedes dieser Cu-Zentren
(Cu+ in der farblosen Desoxiform) ist trigonal an drei His koordiniert (Abb. 12; Cu-N
Abstände: 1.9, 2.1 und 2.7 Å) Die O2-Aufnahme erfolgt auch hier wieder im Sinne einer
oxidativen Addition: Im Oxi-Hc liegt Cu2+ (d9) vor; der Peroxoligand verbrückt die beiden
Cu2+ side-on (Abb. 12); die beiden d9-Zentren sind gekoppelt, so dass auch die Oxiform EPRinaktiv ist. Oxi-Hc ist wegen eines LMCT-Überganges (vom O2- zum Cu2+) intensiv blau
gefärbt. Die side-on verbrückende Koordination des Peroxoliganden kann z.B. mit
Tris(pyrazolyl)borat (Abb. 11) als Ligand modelliert werden (Abb. 12). In Modellsystemen
überwiegt sonst die end-on Verbrückung durch Peroxid, wie in Abb. 12 für den Cu-Komplex
mit einem siebenzähnigen Liganden gezeigt. Beide Modellkomplexe vermögen den Cu···Cu
Abstand im Protein korrekt zu modellieren und O2 reversibel zu binden. Zu den
Hämocyaninen s.a. BioAC II.
(His)N
N
+
Cu
+
N Cu
N
N
N
2+ O
Cu
N
O
N
N
2+ O
2+
Cu N
N Cu
O
N
N
NNN ist tpzb (s. Abb. 11)
N
N
2+
Cu N
N
N
+
Cu
N
- O2
N
N
+ O2
N
O
+
Cu
N
N
N
+ O2
- O2
N
O
2+
Cu 2+ Cu
N
N
O
O
N
N
Abbildung 12. Reversible O2-Bindung durch Hämocyanin (oben links), sowie zwei
Modellverbindungen, die die Verbrückung durch side-on koordiniertes Peroxid (oben rechts)
bzw. durch end-on koordiniertes Peroxid (unten) modellieren.
5. Die Atmungskette
Ort der Atmungskette sind die Mitochondrien. Hier wird Sauerstoff in einer 4Elektronenreduction von NADH (Nicotin-Adenin-Dinukleotid) zu Wasser reduziert, ein
Vorgang, der einer Potentialdifferenz von 1.14 V (G = -217 kJ/mol) entspricht und in einer
Kaskade von Elektronenübertragungs-Prozessen abläuft, an denen neben organischen 2e-Donatoren/Akzeptoren auch Eisenenzyme (als 1e--Donatoren/Akzeptoren) und ein EisenKupferenzym beteiligt sind. Abb. 13 fasst die wichtigsten Schritte zusammen. Der Einstieg in
die Atmungskette kann auch über FADH2 als direktem Elektronendonor für das Ubichinon
(auch Coenzym Q genannt) erfolgen.
12
NADH
Ferredoxin
Fe 2.5+
NAD
H
S
O
O
NH2
NH2
N
N
R
R
Fe2.25+
S
Fe S
Fe S
S
S Fe
S Fe
S
+
2H
Ubichinon
4
MeO
MeO
O
Me
O
OH
R=
O2, 4H +
Fe 3+
Fe 2.5+ 2
S
R
Me
H2O
OH
Rieske-Protein
N
S
Fe
Fe
S
S
N
H
6-10
Cytochrom-c-Oxidase
Cu 2+ 2 Fe 3+/Fe 3+ Cu2+
Cytochrom-b/c
Fe 3+
Fe 2+
L
Cu1.5+ 2 Fe 2+ /Fe 2+ Cu+
N
N
Fe
N
N
N
Abbildung 13. Die wichtigsten Stufen innerhalb der mitochondrialen Atmungskette
5a. Die Eisen-Schwefelproteine
Eine Zusammenstellung findet sich in Abb. 14. Die „klassischen“ FeS-Proteine
werden in vier Gruppen unterteilt: (1) Rubredoxine mit einem Eisenzentrum und vier
Cysteinat-Liganden; (2) 2-Fe-Ferredoxine mit zwei Eisenzentren, zwei verbrückenden Sulfidund je zwei Cysteinat-Liganden; (3) 4-Fe-Ferredoxine mit vier Eisenzentren und vier µ3-S2- in
kuboidaler Anordnung sowie einem Cysteinat pro Fe; (4) HiPIPs (High Potential Iron
Proteins) mit derselben Anordnung wie in den 4-Fe-Ferredoxinen. In der reduzierten Form der
2-Fe-Ferredoxine liegen lokalisierte FeII und FeIII Zentren vor. Dagegen sind in den Proteinen
mit 4-Fe-Zentren in der Regel die Elektronen über alle Eisenzentren delokalisiert. Während in
den 4-Fe-Ferredoxinen die Redoxpotentiale typischerweise –200 bis -400 mV betragen,
liegen die Redoxpotentiale der HiPIPs bei +400 mV. Die mittlere Oxidationsstufe der
Eisenionen der reduzierten Form ist +2¼ (4Fe-Ferredoxine) bzw. +2½ (HiPIPs), die der
oxidierten Form +2½ (4Fe-Ferredoxine) bzw. +2¾ (HiPIPs). Der Sulfidschwefel wird auch
als anorganischer oder labiler (mit HCl als H2S labilisierbar) Schwefel bezeichnet. Neben den
klassischen Formen sind vor allem noch die Rieske-Proteine und die 3-Fe-Ferredoxine von
Bedeutung. Gelegentlich kann auch zusätzlich zum Cysteinat noch ein Serinat an ein
Eisenzentrum koordiniert sein. Die 3-Fe-Ferredoxine leiten sich von den 4-Fe-Ferredoxinen
durch Fortnahme eines Eisenions aus der kuboidalen Struktur her. In den Rieske-Proteinen
mit relativ hohen Redoxpotentialen sind die beiden Cysteinat-Liganden eines der beiden FeZentren der 2-Fe-Ferredoxine durch Histidin ersetzt. Die Koordinationsgeometrie dieses
FeS2N2-Zentrums weicht stark von der Tetraeder-Geometrie ab: der N-Fe-N Winkel liegt bei
90°. Abb. 15 zeigt einen Eisencluster, in dem vier Fe-Zentren durch Sulfid und Oxid
verbrückt sind. Dieses aus einem sulfatreduzierenden Bakterium isolierte Eisenzentrum
fungiert anders als die Ferredoxine (die jeweils nur ein Elektron übertragen) als
Dreielektronen-Überträger.
13
SR
2-/-
SR
SR
Fe
SR
S
Fe
S
3-/2-
SR
Fe
SR
SR
S
Fe
S
S
SR
SR
Fe
Fe
Fe
S
S
SR
SR
2-/Fe
SR
Fe
S
3-/2-
SR
[2Fe-2S]-Ferredoxin
Rubredoxin
Fe
Fe
SR
SR
S
(His)
SR
S
N
Fe
Fe
SR
S
N
(His)
Rieske-Zentrum
Fe
S
S
Fe
SR
S
SR
Fe
S
SR
SR
[4Fe-4S]-Ferredoxin
S
[3Fe-4S]-Ferredoxin
HiPIP
Abbildung 14. Die Eisenzentren der häufigsten Eisenschwefelproteine. Die Ladungen sind
für die reduzierte/oxidierte Form angegeben. SR steht für Cysteinat.
(Cys)S
N(His)
(Glu)O Fe
CO
CH CH
2
HN
S
(Cys)S
O(Glu)
O
S
S Fe O
+
X
S
(Cys)S
Fe
Fe
S
Fe
S(Cys)
S
Fe
S
Fe
S(Cys)
Fe
S
S(Cys)
(Cys)S
Abbildung 15. Das Elektronentransport-Zentrum des Sulfatreduzierers Desulfuvibrio
vulgaris. Der Fe4S2O2-Cluster (links) fungiert als 3-Elektronenakzeptor. X steht für das
Substrat Sulfat. Man beachte die ungewöhnliche Alkyldisulfid-Gruppierung an einem der Fe.
5b. Die Cytochrome
In der Atmungskette spielen die Cytochrome b, c und die Cytochrom-c-Oxidase eine
Rolle. Cyt-b und Cyt-c enthalten Eisenzentren vom Häm-Typ (vergl. Abb. 16). Sie
transportieren Elektronen über einen Wechsel der Oxidationsstufe des Eisens zwischen +2
und +3. Das letzte Glied der Elektronentransportkette ist die Cytochrom-c-Oxidase, welche
die Reaktion
O2 + 4Cyt-c(Fe2+) + 8H+i  2H2O + 4Cyt-c(Fe3+) + 4H+e
(20)
katalysiert. Hierbei wird Sauerstoff in einer 4-Elektronen-Übertragungsreaktion reduktiv
protoniert und zugleich 4 Protonen über die Mitochondrienmembran von innen (H+i) nach
außen (H+e) transportiert. Die Cyt-c-Oxidase enthält neben zwei Eisenzentren vom Typ HämA (Cyt-a und Cyt-a3; s. Abb. 16) drei Kupferzentren. Zwei der drei Cu bilden ein
zweikerniges Zentrum (CuA). In der reduzierten Form liegt das Kupfer in der mittleren
Oxidationsstufe 1.5 vor, in der oxidierten Form sind beide Cu in der Stufe +II. Das dritte
Kupferzentrum (CuB) kooperiert mit dem Cyt-a3. Es wechselt zwischen CuI und CuII.
14
Wahrscheinlich wird der Sauerstoff durch Bindung als Peroxid zwischen CuB und Cyt-a3
aktiviert. Die Organisation der Cyt-c-Oxidase ist in Abb. 17 gezeigt.
Cytochrom a: R1= Vinyl, R 2 = C17H34OH, R3 = Formyl
L2
3
R
Me
L1 = L2 = His
2
HO2(CH2)2
R
N
Cytochrom b: R 1= R 2= Vinyl, R 3 = Me
N
L1 und L2 frei oder His
Fe
N
N
Cytochrom c: R1 = R 2 = -CH(Me)-S-CH2-C(O)NH-
Me
Me
R3 = ; L1 = His, L2 = Met
1
HO2(CH2)2
R
L1
Cytochrom P450 : R1 = R 2 = Vinyl, R 3 = Me
L1 = Cys, L2 = H 2O
Hb und Mb: R1= R 2 = Vinyl, R 3 = Me (Protoporphyrin IX)
L1 = His, L2 frei oder O2
Abbildung 16. Proteine mit Häm als prosthetischer Gruppe.
e
(Cys)
S
(His) N
S(Met)
Cu A Cu
+
H
S
(Cys)
O
N(His)
e
außen
(His) N
Fe N(His)
a
Membran
e
Abbildung 17.
(His)
N
innen
+
H
(His) N
B
Cu
(O 2)
N
(His)
Fe
Abbildung
17. Darstellung
Schematische
Schematische
Darstellung
der Cytochrom-c-Oxidase
in
der Cytochrom-c-Oxidase
N (His)
a3
der Mitochondrienmembran
(zu
strukturellen
Details s.
(s.a.
BioAC II)
Bioanorgan. Chemie II)
6. Cytochrom P450
Dieses Cytochrom der Hämeisengruppe (zu Details vergl. Abb. 16) gehört zu den
Monooxigenasen. Es katalysiert die Oxidation von Kohlenwasserstoffen zu Alkoholen; Gl.
(21). Der Reaktionsablauf – unter Einbeziehung einer (hypothetischen) O=FeV- oder O-FeIVZwischenstufe am Ende des Zyklus – ist in Abb. 18 dargelegt. Der Einschub in Abb. 18 zeigt
einen Komplex mit FeIV, der Reaktionen des P450 zu modellieren vermag (s.a. Abb. 26).
RH + O2 + 2H+ + 2e-  ROH + H2O
(21)
15
N
N
RH
N
III
Fe
N
RH
RH
OH2
III
Fe
N
N
e-
N
N
N
N
N
H3C
N
O2
ROH
H2O
RH
O
N V N
Fe
RH
O
N IV N
Fe
N
CH3
N O N
Fe
N
N
N
CH3
H3C
C
CH3
S(Cys)
S(Cys)
S(Cys)
II
Fe
N
N
RH
2H+
N
N
O
RH O
III
Fe
N
S(Cys)
S(Cys)
O
N
N
eN
N
S(Cys)
H2O
O
III
Fe
N
N
S(Cys)
Abbildung 18. Ablauf der durch Cyt P450 katalysierten Oxidation (Gl. (21)). RH steht für
einen Kohlenwasserstoff, der in der Nähe der prosthetischen Gruppe (nicht direkt an das
Eisen) gebunden wird. Die Reaktion verläuft über eine Hyperoxo- und Peroxozwischenstufe.
Rechts oben ist ein Modellkomplex (mit FeIV) abgebildet. Der Ligand ist Tetramethylcyclam,
das Gegenion SO3CF3- (Triflat).
7. Zweieisen-Zentren
Das Sauerstofftransport-Protein Hämerythrin (S. 9/10) ist ein Beispiel für diese Art
biologisch aktiver Verbindungen mit einem dinuklearen Eisenzentrum. Weitere Beispiele sind
die Methanmonooxigenase (MMO) und Ribonukleotidreduktase (RNR). Die beiden
Eisenzentren sind durch HO-/O2- und zusätzlich durch eine oder zwei Carboxylatgruppen (aus
Asp oder Glu) miteinander verbrückt. Weitere Liganden sind N- (His) und O-funktionelle
(Carboxylat, Tyrosinat) Aminosäureseitenketten sowie Wasser. Das aktive Zentrum einer aus
E. coli isolierten RNR (vier Untereinheiten: 22,  = 170,  = 87 kD) ist in Abb. 19 gezeigt.
Das aktive Zentrum liegt am Interface der Untereinheiten. Die -Untereinheit enthält
Thiolgruppen, die -Untereinheit ein Tyrosin bzw. Tyrosylradikal und das 2Fe-Zentrum. Die
vom Enzym katalysierte Reaktion kann wie folgt beschrieben werden:
Ad
P
Ad
P
S
HS
+
HS
HO
OH
+ H2O
+
(Tyr-O )
(22a)
S
HO
(Rück-Reduktion des Disulfids mit NADH)
FeIIFeII + O2 + TyrOH + H+ + e-  FeIII(µ-O)FeIII + H2O + TyrO
(22b)
Primärer Katalysator ist ein Tyrosylradikal, das gemäß Gl. (22b) sauerstoffabhängig durch das
Zweieisenzentrum aus Tyrosin generiert wird. Das Tyrosylradikal abstrahiert ein H an der 3'Position der Ribose (Tyr-O·+ H·  Tyr-OH). Die Rückbildung des Disulfids erfolgt durch
Reduktion mittels NADPH.
2+
16
3.3 A
(Asp)
O
H2O
OH2
III
O
Fe
O
Fe
O
(Glu)
O (Glu)
O
O
N
(His)
N
(His)
5.3 A
O
III
Abbildung 19: Oxidierte Form des aktiven Zentrums
einer Ribonukleotidreduktase. In der Nähe des
aktiven Zentrums befinden sich mehrere CysteinReste. In der reduzierten Form fehlt die verbrückende
Oxogruppe.
(Tyr)
Methanmonooxigenase katalysiert die folgende Reaktion:
CH4 + O2 + 2H+ + 2e-  CH3OH + H2O
(23)
Die aus Methylococcus capsulatus isolierte MMO hat eine Molmasse von 251 kD ()
und enthält zusätzlich noch eine Reduktase (mit [2Fe2S], FAD, FMN und NAD (M = 38.5
kD)) und ein Kopplungsprotein (M = 15.9 kD). Die Fe-Zentren durchlaufen die Oxidationsstufen II, III und IV; s. Abb. 20.
Fe3+
Fe3+
Fe2+
Fe2+
(Glu)
(Glu)
O
H2O
O
Fe
N O
(His)
O
OH
OH
+
-
+H , + 2e
O
-H2O
Fe O
(Glu)
N O
O
(His)
(Glu)
(Glu)
O
H2O OH
O
O
O
Fe
Fe O
N O
N
O
(His)
(Glu)
O
(His)
(Glu)
(Glu)
+ O2
CH3OH
+
+CH4, +H
O
Fe4+
O
Fe4+
Fe3+
O
O
Fe3+
Abbildung 20. Aktives Zentrum und Funktionsweise einer Methanmonooxygenase.
8. Stickstoffixierung
8a. Der Stickstoffkreislauf
Einige wichtige Teile des globalen Stickstoffkreislaufes sind in Abb. 21 zusammengestellt. Die Fixierung des reaktionsträgen N2 kann reduktiv erfolgen (biogene Fixierung;
Bildung von NH4+ durch N2-fixierende Mikroorganismen) oder oxidativ (nicht-biogene
Fixierung; Bildung von NOx und Nitrat z.B. durch elektrische Entladungen (Gewitter),
17
stratosphärische Oxidation nach Aktivierung des N2 durch kosmische Strahlung, hartes UV u.
dergl. Ein erheblicher Anteil an Stickoxiden und Nitraten ist heute auch anthropogenen
Ursprungs (Kfz-Verkehr, Düngung). In Form der Ammoniumionen kann der Stickstoff von
Pflanzen weiterverarbeitet werden zu organische Stickstoffverbindungen. Biogene und nichtbiogene Oxidation von NH3 führt zu Nitrat (Nitrifizierung), das durch denitrifizierende
Bakterien über Nitrit, NO und Lachgas wieder biologisch zu N2 abgebaut werden kann (vergl.
die Nitratreduktase Abschnitt 9). Der nicht-oxidative Abbau organischer StickstoffVerbindungen führt zurück zum NH3. Die jährliche N2-Fixierung durch Mikroorganismen
(freilebende N2-Fixierer wie Azotobacter, symbiontisch mit Schmetterlingsblütlern lebende
N2-Fixierer; Cyanobakterien; Abb. 22) beträgt ca. 108 t Ammoniak und liegt damit in
vergleichbarer Größenordnung wie die NH3-Produktion nach Haber-Bosch. Die
Stickstoffgehalte verteilen sich wie folgt (Angaben in t): Pflanzen und Tiere: 1010,
Bodenorganismen: 3·1011, Ozeane: 1012, Atmosphäre: 4·1015, Gestein: 2·1017.
N2O
Fixierung
N2
NO
Denitrifizierung
Fixierung
+
Nitrifizierung
NH4
Ammonifizierung
Assimilation
{N-C}
Abbau
-
NO3
-
NO2
Abbildung21.
19. Ausschnitt aus dem
Abbildung
Stickstoffkreislauf
Stickstoffkreislauf
Abbildung 22. Stickstoff-fixierende Mikroorganismen. Links: Azotobacter (ein freilebendes
Bakterium); Mitte: Knöllchenbakterien Rhizobium in Symbiose mit einem
Schmetterlingsblütler; rechts: Cyanophyceen (Blaugrünalgen).
8b. Nitrogenasen
Nitrogenasen katalysieren die Bildung von Ammoniumionen aus Luftstickstoff [Gl.
(24a, b)]; vergl. dazu die NH3-Produktion nach dem Haber-Bosch-Verfahren; Gl. (24c).
Neben NH4+ wird auch H2 gebildet, wobei die Mo-Nitrogenasen etwa 25%, die VNitrogenasen 50% der Reduktionsäquivalente hierfür aufwenden. Auch andere ungesättigte
Substrate als N2 werden von den Nitrogenasen reduktiv protoniert, z.B. Acetylen (zu Ethylen;
Z-Isomer in Gegenwart von D2O), Isonitril (zu primärem Amin, Methan und Ethylen). Der
komplexe Aufbau der Metall-Cofaktoren der Nitrogenasen ist in Abb. 23 gezeigt. Neben den
Mo- und V-Nitrogenasen ist häufig noch eine dritte, “iron-only“-Nitrogenase kodiert.
18
Fe-Protein
60 kD
Fe S
S Fe
S
Fe
Fe S
ATP
M
M
FeMo: 
2 2 (200 kD)
(FeV)-Protein: 
2 2 2 (220 kD)
P
70 A
P
M
M
ATP
20 A
SR
SR
Fe
S
S
S
S Fe S
Fe
RS
SR
M -Cluster
M
Fe
O C
S
P ox
RS
O
S
Fe
SR
P red
-
S
(Cys)S
S
RS Fe
S
NH
Fe
Fe
RS
S
CH
S
Fe
CH2
Fe
S
C
RS Fe
S
Fe
Fe
NH
RS
S
S
Fe
CH
S Fe CH2
RO
P -Cluster
Fe
Fe
S
S
Fe
Fe
Fe
CH2CO2 Gln
S
S
Fe
O
S
N
S
Fe S
Fe
C
-
CH2CH2CO2
Mo/V O2C
S
N(His)
Abbildung 23. Organisation der Mo- und V-Nitrogenasen. SR = Cysteinat, OR = Serinat.
2N2 + 10H+ + 8e-  2NH4+ + H2
(Mo-Nitrogenase)
2N2 + 14H+ + 12e-  2NH4+ + 3H2 (V-Nitrogenase)
(24a)
(24b)
N2 + 3H2  2NH3
(Haber-Bosch)
(24c)
ca. 11% bei 200 bar und 500 °C, Kat.: -Fe (+ Al2O3, K2O, Ca/MgO)
8c. Nitrogenasemodelle
Strukturelle Modelle des kuboidalen 4Fe-4S-Kernes entstehen durch
Selbstorganisation (self-assembly) in Lösungen, die Eisenchlorid, Thiolat, Hydrogensulfid
und Thiol enthalten [Gl. (25a). Mit Oligopeptiden sind die einzähnigen Thiolatliganden
austauschbar, und man erhält Cubane, die in das Peptid eingebettet sind (A in Abb. 24). In
Gegenwart von Thiomolybdat/vanadat sind auch Heterocubane erhältlich, d.h. solche, in
denen ein Eisenzentrum durch Mo bzw. V ausgetauscht ist (B in Abb. 24); Gl. (25b). Auch
andere Fe-Mo-S- und Fe-V-S-Cluster werden durch self-assembly gebildet; vergl. Gl. (25c)
und C in Abb. 24.
FeCl3 + HS- + RS-  [Fe4S4(SR)4]3-  [Fe4S4(SR)4]2- + eFeCl2 + [NH4]3[VS4] + [Me4N]Cl + dmf  [Me4N][(dmf)3VFe3Cl3S4] (B)
Mo/VCl3(thf)3 + (Me3Si)2S + FeCl2(PEt3)2  + NaSR  Mo/VFe4S6(PEt3)4SR (C)
(25a)
(25b)
(25c)
19
GlyOtBu
(Cys)S
Gly
Gly
Fe
S
Fe
S
Fe
S SR
Fe
S
GlyNH2
S(Cys)
Cl
Gly
S Cl
dmf
S
V dmf
Fe
S
dmf
A
Fe
Fe
PEt3
M = Mo, V
Fe
S
S
PEt3
Fe
S
Fe
B
S
M
S
Fe
S
(Cys)S
Gly
PEt3
S
Cl
PEt3
C
SR
Abbildung 24. Strukturelle Modelle für die Eisen-Mo/V-Schwefelzentren in Nitrogenasen.
dmf = Dimethylformamid
Der Cluster C hat auch den Charakter eines funktionellen Modells, da er die Reduktion
von Hydrazin zu Ammoniak in Gegenwart der Elektronendonatoren Cobaltocen und des
Protonenüberträgers 2,6-Lutidinium-Hydrochlorid zu katalysieren vermag (2,6-Lutidin = 2,6Dimethylpyridin). Hydrazin tritt als Zwischenprodukt der Stickstoffixierung auf und kann im
Falle der V-Nitrogenase als Nebenprodukt nachgewiesen werden.
Ein Modell für den P-Cluster in seiner reduzierten Form, ebenfalls durch
Selbstorganisation gebildet, zeigt Abb. 25.
N(SiMe3)2
Me2N
S
Me2N
Fe{N(SiMe3)2}2 + S=C(NMe2)2 + S8
Fe
S
Fe S
Fe S
Fe
S
(SiMe3)2N
Fe
Fe
Me2N
Me2N
Fe
S
S
S
N(SiMe3)2
S
Fe
N(SiMe3)2
Abbildung 25. Modell für die reduzierte Form des P-Clusters. Die Verbrückung der beiden
Teilcluster (Fe4S4 und Fe4S3) durch Cysteinat – vergl. Abb. 23 – übernimmt im Modell die
Bis(trimethylsilyl)amid-Gruppierung. Die Abstände zwischen dem zentralen µ6-S und den FeZentren sind vergleichbar (2.41-2.52 im P-Cluster, 2.35-3.39 Å im Modell).
Als funktionelle Modelle der Nitrogenase werden Distickstoff-Komplexe des Mo und
V angesehen, die nach Gl. (26) synthetisierbar sind. Mit protischen Agentien kann der
Stickstoff hier zu Ammoniak und/oder Hydrazin reduziert werden, wobei die
Reduktionsäquivalente durch das Metallzentrum geliefert werden. Der Ablauf dieser
reduktiven Protonierung über Diazen- [bzw. Hydrazido(2-)] Zwischenstufen ist in Abb. 26
dargestellt. Abb. 26 enthält auch Bindungsparameter d(NN) und Wellenzahlen (NN) einiger
N2-Komplexe und wahrscheinlicher Zwischenstufen der N2-Fixierung, die zeigen, dass mit
der Koordination von Stickstoff dessen Aktivierung (Schwächung der N-N-Bindung)
einhergeht.
Mo/VCl3(thf)3 + Na + N2 + PR3  Mo(N2)2(PR3)4 bzw. Na[V(N2)2(PR3)4]
(26)
20
H
N
R3P
N
PR3
N
R3P
HBr
Mo
R3P
H
N
N
N
PR3
R3P
PR3
R3P
N
R3P
N
PR3
R3P
N
Benzol
N 2H 4
N
PR3
N
R3P
V
PR3
NH3
PR3
Br
N
N
THF
Mo
Br
Mo
R3P
N 2-
R3P
N
H
N
Mo
PR3
N
R3P
H
N
S
NH
S Mo
S
S NH2
PR3
Fe
PR3
R3P
H
PR3
N
N
d(NN) = 1.09-1.12
(NN) = 1920-1958
1.13
1790
1.13
2094 cm-1
1.40 Å
vergl. freies N2: d(NN) = 1.098 Å, (NN) = 2331 cm-1; (NN) in [Cr(CO)5(HN=NH)] = 1415
cm.-1
Abbildung 26. Funktionelle Modelle der Fe-V/Mo-Zentren in Nitrogenasen
Die unten dargestellte Modellreaktion bedient sich eines Katalysators, der ein durch die Reste
R an den Aminfunktionen weitgehend abgeschirmten MoIII-Zentrum enthält, an dem die
Reduktion von N2 zu NH3 erfolgt. Elektronenlieferant ist Bis(pentamethylcyclopentadienyl)chrom(II), Protonenlieferant Lutidiniumborat.
R
Me
Me
Me
Me
N2 +
Me
R N
Me
Cr
Me
Me
Me
Me
iPr
N
Mo
N R
iPr
N
+
Me
N
H
Me
iPr
R=
NH3
iPr
-
[BR'4]
iPr
iPr
9. Oxotransferproteine mit Mo, W und V
Diese Enzyme katalysieren die folgenden allgemeinen Reaktionen; Gl. (27):
Substrat-H + O2 + H+ + 2e-  Substrat-O + H2O
(27)
Im Sinne der Gl. (27) sind die Enzyme also Oxigenasen oder Dehydrogenasen.
Oxidationsmittel kann hierbei auch H2O2 (Peroxidasen) sein. Auch die umgekehrte Reaktion
21
wird katalysiert, d.h. die Enzyme wirken häufig auch (oder ausschließlich) als Reduktasen
(Desoxigenasen).
Die Elemente Vanadium und Molybdän sind im Meerwasser in Form ihrer löslichen
Oxoanionen gut verfügbar; sie sind die häufigsten Übergangsmetalle im Meerwasser: HVO42(30 nM), MoO42- (100 nM); vergl. Eisen: 0.02– 1nM.
9a. Molybdopterin-Enzyme
Unter den drei Elementen spielt Molybdän die wichtigste Rolle. Außer in der in Kap. 8b
schon behandelten Nitrogenase ist Mo das zentrale Metall in den Molybdopterin-Cofaktoren.
Die Molybdopterine sind Abkömmlinge des Pterins. Der Pterinring ist partiell hydriert und
enthält ein anneliertes Dihydropyran, das über ein Diphosphat mit Cytidin oder Guanosin
verknüpft ist. Molybdän ist über eine Dithioleneinheit an dieses System koordiniert; vergl.
Abb. 27.
X
X
O
N
HN
H2N
O
H
N
S
N
N
H
O
HN
N
Pterin
N
H2N
O
-
+
+ 2e + 2H
VI
Mo Y
S
O
O
P
O
O
O
P
IV
Mo Y
S
S + H2O
O Cyt/Gua
OH
Abbildung 27. Pterin und Molybdopterin (oxidierte und reduzierte Form). Für X und Y s.
Abb. 28 auf S. 23.
Man unterscheidet drei Familien von Molybdopterin-Enzymen (vergl. Abb. 28):
(1) DMSO-Reduktase-Familie
Hierzu gehören die DMSO-Reduktase (Gl. (28)), Formiat-Dehydrogenase (Gl. (29)) und
Nitratreduktase (Gl. (30).
Dimethylsulfoxid-Reduktase hat eine Molmasse von 85 kD. Dimethylsulfid ist für Seevögel
ein Indikator für biologische Aktivität und damit potenzielle Nahrungsquellen.
(CH3)2S=O + 2e- + 2H+  (CH3)2S + H2O
(28)
Durch Sauerstoff und andere O-Spezies kann Dimethylsulfid wieder zu DMSO oxidiert
werden; unter Lichteinfluss erfolgt Oxidation bis zur Methylsulfonsäure (s.u.), die in
Regenwolken als Keimbildner fungiert. Dimethylsulfid spielt eine zentrale Rolle im
biologischen wie im globalen Schwefelkreislauf. Es wird durch biologische Tätigkeit aus
Dimethylsulfoniopropionsäure im Meerwasser freigesetzt und gelangt als flüchtige
Verbindung in die Atmosphäre. Zum Schwefelkreislauf s. das folgende Schema:
22
MeSO3H
Me 2S
Me 2SO
H2SO4
Atmosphäre
Aquasphäre
Me 2S
Me 2S(CH2)2CO2H
Met
H2S
H2SO4
HS(CH2)2CO2H
Die Formiatdehydrogenase (zur Reaktion s. Gl. (29)) enthält Selenocysteinat an das MoZentrum koordiniert. In der reduzierten Form ist das Selenocystein protoniert und vom MoIV
abgekoppelt. An die Stelle des Molybdäns kann – insbesondere in thermophilen Bakterien –
auch Wolfram treten.
HCO2-  CO2 + H+ + 2e-
(29)
Zur Modellierung der aktiven Zentren der zur DMSO-Reduktase-Familie gehörenden Enzyme
wird z.B. der Dithiolen-Ligand eingesetzt:
S
Me
Me
+ tBuSeSiMe 3
(tBuCO2)W
S
Me 2
Me
SetBu
S
WIV S
S
S
O SetBu
S
WVI S Me
Ph3AsO Me
S S
Me
Me
Me
Me
Nitratreduktase (sie leitet die Denitrifizierung ein; vergl. Abschnitt 8a und Abb. 21) besteht
aus zwei Untereinheiten zu je 114 kD und enthält je Untereinheit ein Mo-Pterin, 1
Cytochrom-b und 1 FAD.
NO3- + 2e- + 2H+ → NO2- + H2O
(30)
(2) Sulfitoxidase-Familie
Hierzu gehört neben der Sulfitoxidase (HSO3- + H2O  SO42- + 3H+ + 2e-) die
Formylmethanofuran-Dehydrogenase; s. hierzu Abschnitt 10 (Methanogenese).
Modelluntersuchungen legen nahe, dass im Katalysezyklus ein MoV-Intermediat auftritt:
O
S(Cys)
MoVI
OH
SO32-
O
O
S(Cys)
H2O
S(Cys)
Mo
MoIV
O SO3OH2
SO42-
e
O
S(Cys)
MoV
OH
[H]
-
MoV-Intermediate treten wahrscheinlich auch in anderen Molybdopterin-Enzymen auf.
23
O
O
HN
H2N
N
H
N
S
N
H
O
O
S
Mo OH/OH2
O
S
HN
Xanthinoxidase-Familie
H
N
HN
N
H2N
H
N
S
N
H
O
N
H
O
S
S
M
H2N
N
NH
N
H
S
HO
S
Mo OH/OH2
Sulfitreduktase-Familie
O
O
N
H2N
H
N
S(Cys)
O
X
M = Mo, X = Cys, Ser, SeCys
M = W, X = SeCys
S
DMSO-Reduktase-Familie
Abbildung 28. Die drei Familien der Molybdopterin-Enzyme (oxidierte Formen).
(3) Xanthin-Oxidase/Dehydrogenase-Familie
Neben der Xanthinoxidase (Gl. 31)) gehören in diese Familie die CO-Dehydrogenase (Gl.
(32)) und die (bakteriellen) Aldehydoxidoreduktasen (Gl. (33)).
OH
OH
(Adenosin
N
)
NH
N
N
(31)
O
N
H
O
N
H
N
H
N
H
O
Harnsäure
Xanthin
Diese CO-Dehydrogenase besteht aus dem Mo-Protein (88.7 kD), einem Flavoprotein (30.2
kD) und einem Eisen-Schwefelprotein (17.8 kD; mit zwei [2Fe2S]-Ferredoxinen). Sie enthält
in der Nähe des Molybdopterin-Cofaktors ein Selanylcystein. Die Aktivierung des CO erfolgt
wie in Gl. (32b) gezeigt.
CO + H2O  CO2 + 2e- + 2H+
(32a)
O
O
VI
Mo O
+
H
H
C
O
Se
S
R
Mo
O
H
O
IV
Mo + C + HSe-SR + H+
Se
C
O
S
H
R
O
(32b)
24
Die Aldehydoxidoreduktase gibt es auch in einer Wolfram-haltigen Variante.
R-CHO + H2O  R-CO2H + 2e- + 2H+
(33)
9a. Vanadat-abhängige Haloperoxidasen
Sie kommen in marinen Algen vor (z.B. dem Knotentang, Ascophyllum nodosum) und einem
niederen Pilz (Curvularia inaequalis) und katalysieren die Oxidation von Halogenid zu
Unterhalogeniger Säure, die wiederum nicht-enzymatisch organische Substrate halogeniert;
Gl. (34a und b). Das im Meerwasser im Tonnenmaßstab produzierte Methylbromid entstammt
diesem Prozess. In Abwesenheit eines Substrats wird Singulett-Sauerstoff gebildet; Gl. (34c).
Die Pilzoxidase ist ein Monomer der Molmasse 60 kD, die Algen-Peroxidasen sind
Homodimere oder –octamere. Das aktive Zentrum – Vanadat koordiniert an ein Histidin – ist
in Abb. 29 gezeigt, der Katalysezyklus, der ein Peroxo- und ein Hydroperoxo-Intermediat
einschließt, in Abb. 30.
Br- + H2O2 + H+  HBrO + H2O
HBrO + RH  RBr + H2O
HBrO + H2O2  1O2 + H2O + Br- + H+
(34a)
(34b)
(34c)
NH
N
H2O
H2O
H
O
O
-
V
OH
N
O
NH
Abbildung 29. Aktives Zentrum (rechts) der Peroxidase aus dem Knotentang (Ascophyllum
nodosum; links). Vanadium ist trigonal-bipyramidal koordiniert.
H
+
OH
V O
+
H
O
+ H2O2
V
O
O
H2O
-
O
V
Br
O
O
H
HOBr
Abbildung 30. Katalysezyklus für die Bromoperoxidase-Aktivitaät des Enzyms aus A.
nodosum.
25
Zu den weiteren Aktivitäten der vanadatabhängigen Peroxidasen gehört die Oxidation
(prochiraler) Sulfide zu (chiralen) Sulfoxiden; Gl. (35).
R
O
H2O2
S
R'
S
R
+ H2O
(35)
R'
10. Methanogenese und Nickelenzyme
10a. Molybdän und Nickel in der Methanogenese
Die Methangärer (methanogenen Bakterien) unter den Archaebakterien reduzieren
CO2 (und auch andere C-Quellen) zu Methan, Gl. (34), (vergl. die umgekehrte Reaktion –
Steam-Reforming – zur industriellen Erzeugung von Wasserstoff).
CO2 + 8H+ + 8e-  CH4 + 2H2O
(34)
Im Einzelnen laufen die folgenden Schritte ab:
(1) Reduktive Fixierung von CO2 durch Methanofuran (eine 2e-Reduktion), katalysiert durch
Formylmethanofuran-Dehydrogenase; s. das folgende Schema. Deren Cofaktoren sind ein
Eisen-Schwefelprotein und (ein zur Sulfitoxidase-Familie gehörendes) Molybdopterin
(vergl. Abb. 28):
+
H
-
NH2 + CO2 + 4H + 4e
+ H2O
N
O
CHO
O
Methanofuran
Formylmethanofuran
katalysiert durch Molybdopterin:
O
IVMo
O
IV
+ CO2
IV
IV
Mo
O
C
O
O
VIMo
II
C
O 2e- + 2H+
O
O
O 0C
H
Mo
VI
OH
(2) Übertragung der Formylgruppe auf Tetrahydropterin:
H
O
H
O
+
N
CHO
HN
H2 N
N
O
H
N
N
H
O
N
HN
H2 N
C
N
N
H
2H2
(3)
Formylzur
zurMethylgruppe,
Methylgruppe
2e- 4e-Reduktion
Reduktion derder
Formyl(wird
durch
eine
Fe(CO)und
eine
FeNikatalysiert durch eine FeNi-Hydrogenase.
Hydrogenase katalysiert)
O
H2O
N
HN
H2 N
-II
CH3
N
N
H
26
(4) Übertragung der Methylgruppe auf Coenzym-M (CoM = Mercapto-Ethansulfonsäure;
dieser Transfer verläuft über Methylcobalamin, Cb, als Zwischenstufe. Zum Cobalamin
vergl. Bioanorg. Chemie II):
CH3
O
N
HN
-
+
N
H2 N
SO3
HS
N
(Cb)
-
SO3
S
CoM
H
H3C
Methyl-CoM
(5) Bildung von Methan durch die Reaktion zwischen Methyl-CoM und Coenzym-B (CoB =
7-Mercaptoheptanoyl-threoninphosphat). CoM und CoB werden dabei oxidativ zum
Disulfid verknüpft:
-II
H3C
SO3
O
HS
+
S
Methyl-CoM
(MeSR)
CoB
(HSR')
H
-
CO2
Me
N
H
H
OPO3
{Ni}
R'
-IV
CH4 +
2-
S
S
R
Diese Reaktion wird katalysiert durch die Methyl-CoM-Reduktase, einem Enzym der
Molmasse 300 000 kD, das 2 Cofaktoren (Faktor F430, {Ni}, Abb. 31) enthält. Eine der
axialen Positionen im F430 ist durch ein O von Glutamin (Gln) besetzt; in der freien axialen
Position liegt das CoM, das im Turnover über den Thiolatschwefel oder die
Sulfonsäuregruppierung koordinieren kann. Das Nickel des Faktors F430 liegt in der
Oxidationsstufe +I vor; durch Übertragung der Methylgruppe läuft es durch die
Oxidationsstufe +III und wird dann durch CoM/CoB wieder reduziert.

HSCH2CH2SO3
SCH
2
CH
2
SO
3
+
CH2CH2S

+
HSR'
SR'
Tyr-O + CH3
Tyr-OH + CH3
Tyr-OH + O3S
{Ni+}
{Ni 3+ }
{Ni+}
+ CH 4
Rückreduktion des
Disdulfids durch NADH
-
O3SCoM-S-SCoB
-
oder SCoM
O
H
N
N
N
N
+
Ni
N
O
O
H2N
Gln
Abbildung 31: Faktor F430 (ohne Substituenten am
Liganden) der Methyl-Coenzym-M-Reduktase
27
10b. Ureasen
Diese Nickelenzyme kommen in Bakterien und Pflanzen vor und katalysieren die Hydrolyse
von Harnstoff (engl.: urea):
O=C(NH2)2 + H2O  NH3 + O=C(OH)NH2  NH3 + CO2
(35)
Die Halbwertszeit dieser Reaktion, die über Kohlensäure-Monoamid (Carbaminsäure) als
Zwischenprodukt läuft, beträgt 10-9 s. Der nicht-enzymatische Zerfall, Gl. (36), führt zu
Ammoniak und Cyanwasserstoffsäure (vergl. die Umkehrreaktion: Synthese von Harnstoff
aus Ammoniumcyanat durch Wöhler 1828); die Halbwertszeit liegt hier bei 3,6 a. Urease ist
das erste durch Einkristall-Röntgendiffraktometrie charakterisierte Enzym (1926); dass dieses
Enzym auch Nickel enthält, wurde allerdings erst 1976 erkannt. Das aktive Zentrum der
Urease (M = 250 kD; , jede -Untereinheit enthält ein Ni2-Zentrum) ist in Abb. 32
gezeigt.
O=C(NH2)2  NH3 + HOCN
(36)
HN
Lys
(CH2)4
NH
(His)N
O
Ni
(His)N
OH2
N(His)
O
O
H
C O
(Lys)
CH
Ni
N(His)
O O
OH2
O=C
NH2
(His)N
NH2
(His)N
-Asp
O
N(His)
O
Ni
H2O
H2O
NH
Ni
O
H
O=C
N(His)
O O
NH2
NH2
NH
OH2 (Asp)
C O
NH
O
C + NH3
O
O=C
NH2
OH
+ NH3
H2O
(His)N
(His)N
O
Ni
N(His)
O
O
Ni
N(His)
O O
O C NH2
H2O
OH2
NH3
Abbildung 32. Aktives Zentrum der Urease aus dem Bodenbakterium Bacillus pasteurianum,
und der vermutliche Ablauf der Hydrolyse von Harnstoff. Die drei Wassermoleküle und die
verbrückende OH-Gruppe sind tetraedrisch angeordnet.
10c. Hydrogenasen, CO-Dehydrogenasen und Acetyl-Coenzym-ASyntheasen
Hydrogenasen katalysieren die folgenden Reaktionen:
28
H2  2H+ + 2eH2 + D2O  HD + HDO
(37a)
(37b)
Die Reaktion (37a) verläuft über eine heterolytische Spaltung des H2 (H2  H+ + H-  2H+ +
2e-); der Beweis hierfür ist die Reaktion in Gl. (37b). Die Elektronen verwenden die
Organismen zur Reduktion diverser Substrate wie O2, CO2 (s.a. Methanogenese), Sulfat. In
den Ni-haltigen Hydrogenasen ist die Koordinationssphäre am Ni überwiegend von Cysteinat
besetzt (Abb. 34).
Ni-Hydrogenasen haben zusätzlich auch die Funktion einer CO-Oxidoreduktase („CODehydrogenase“), Gl. (38), und einer Acetyl-Coenzym-A-Synthease, Gl. (39):
CO + H2O  CO2 + H2
(38)
CO + HSCoA + Cb·Me

CoA
Me-Cobalamin
MeC(O)SCoA + H+ + CbAcetyl-CoA
(vergl. die CO-Konvertierung)
(39)
Reaktion (39) entspricht einer migratorischen CO-Insertion. Derartige Insertionen sind aus der
Organometallchemie wohl bekannt und können mit Modellkomplexen der in Abb. 33
gezeigten Art nachgestellt werden:
N
Abbildung 33 . Modell für Ni-Hydrogenasen/
CO-Dehydrogenasen/ AcetylCoA-Syntheasen
RS
Ni
SR
RS
-
-
-
X = CH3 , C(O)CH3 , CO, H , RSC(O)CH3
X
Strukturell charakterisierte Fe-Ni-Hydrogenasen aus Schwefelbakterien haben die in
Abb. 34 skizzierte Zusammensetzung. Die drei Eisen-Schwefel-Cluster bilden eine
Elektronentransportkette; das eigentliche Reaktionszentrum ist das heterodinukleare Fe-NiZentrum, in dem Fe und Ni Cysteinat-verbrückt sind. Ni ist fünffach koordiniert (4 Cys und
eine apikale OH-Gruppe); das Fe ist gleichfalls fünffach koordiniert (2 Cys, 2 CN und ein
CO). Eine weitere Besonderheit ist die Koordination eines His an eines der Ferredoxine.
-S
S
Fe S
O
D. desulfuricans
Fe
S Fe O Fe
5.2
O
D. gigas
-S
6.1
S
SSFe S
-S
OH
CO
S
Fe
-S
-S
Fe S
S
Fe
Fe
S
S Fe
Fe S
Ni S Fe CN
Fe
S
Cyt-c
Fe S
-S
SCN
S Fe
S
S Fe
His
S5.7
Ni
Fe
Se
Dm. norvegicum
29
Abbildung 34. Die Eisen-Nickel-Hydrogenase aus Desulfuvibrio gigas bzw. D.
desulfuricans. In Desulfomicrobium norvegicum ist eines der verbrückenden Cysteinate durch
Selenocysteinat ausgetauscht.
Die Acetylcoenzym-A-Synthease aus dem Bakterium Moorella thermoacetica (im
Verdauungstrakt vieler Tiere) enthält zwei Ni- und ein 4Fe4S-Zentrum. Ein zentrales Ni
verbrückt eines der Fe mit einem terminalen Ni über insgesamt drei Cysteinatreste. Im ersten
Schritt des Katalysezyklus wird CO (durch Reduktion von CO2) an das zentrale Ni
koordiniert. Im weiteren Verlauf überträgt Methylcobalamin eine Methylgruppe auf das
terminale Ni. Schließlich kommt es zu einer CO-Insertion unter Bildung der Acetylgruppe,
die an Coenzym-A übertragen wird; Abb. 35.
HN
Cys
Cys
S
S
S
S
S
S
N
Gly
N
CO
O
Cys
O
Fe
S
Cys
Ni
S
S
Fe
S
Ni
Fe
Fe
Cys
O
O
C
Cys
[Fe4S4]
S
Ni
S
CH3-C-SCoA
N
Ni
S
O
N
HSCoA
O
O
C CH3
[Fe4S4]
S
[Fe4S4]
Ni
S
S
CH3{Co}
C
N
Ni
S
Ni
S
S
CH3
N
Ni
N
N
Abbildung 35. Die Fe-Ni2 Acetyl-Coenzym-A-Synthease aus M. thermoacetica und ein
möglicher Ablauf der Katalyse. CH3{Co} = Methylcobalamin.
30
10d. Nickel-Superoxiddismutase
Sie katalysiert die Disproportionierung von Hyperoxid: 2O2+ 2H+  H2O2 + O2.
Zum aktiven Zentrum s. das nebenstehende Bild. Im
Einzelnen laufen die folgenden Reaktionsschritte ab:
(1) Ni2+(HisH+) + O2-  O2--Ni2+(HisH+)
(2) O2--Ni2+(HisH+) + Tyr-OH  H2O2 + Ni3+(His) + Tyr-O(3) Ni3+(His) + O2-  O2--Ni3+(His)
(4) O2--Ni3+(His) + H+  Ni2+(HisH+) + O2
NH
O
NH
O
S
O
Ni
S
N
NH2
+
NH
NH
11. Biogene M-C-Bindungen
Im Folgenden werden einige Beispiele für M = S, Se, I, As, Co, Ni, Fe, Mo, V, Cd und
Hg angesprochen. Zum Cd und Hg s. a. Kap. 6. in BioAC II; zum Ni, Fe und Mo die
ausführlicheren Darstellungen weiter oben.
(1) Se-C: Selenocystein, HSe-CH2-CH(NH3+)CO2-;
spielt im aktiven Zentrum der Glutathionperoxidase, der Iodthyroxin-Deiodinase (Thyroxin
T4  Thyroxin T3, s. (2)) und in einer Ni-haltigen Hydrogenase eine Rolle. (s.a.
Metabolismus von Selenit unter (3)).
Rolle von Selanylcystein in der durch ein Molybdopterin katalysierten CO-DehydrogenaseReaktion:
O
O
VI
Mo O
+
H
H
C
O
Se
S
R
Mo
O
H
O
IV
Mo + C + HSe-SR + H+
Se
C
O
S
R
(32b)
O
H
(2) I-C: Methyliodid, ICH3;
wird von versch. Meeresalgen gebildet und fungiert als Methylierungsmittel (CH3+-Transfer).
Beispiel: oxidative Addition an Hg. Weiterhin spielt die I-C Bindung in den Schilddrüsenhormonen - z.B. Thyroxin T3 (s. Formel) eine Rolle.
I
CH3I + Hg
H 3CHgI
HO
NH
O
I
CH2 CH
CO
I
(3) S-C: Adenosylmethionin (Abb. 36, A);
wirkt als Methylierungsmittel (CH3+-Transfer) z.B. im Metabolismus von Arsenit und Selenit:
AsO(OH)2-  MeAsO(OH)2  MeAs(OH)2  Me2AsO(OH)  AsMe3
Arsenit
Methylarsonsäure
Kakodylsäure
Gosiogift
SeO2(OH)-  Me2SeO und Me2Se (weitere Metaboliten: Me3SeCl, Se)
31
Selenit
Dimethylselenon und Dimethylselan
L
+
H3N-CH-CO2
(CH2)2
H3C
S
NH2
H2C O
N
Co
N
N
N
N
O
N
N
HN
N
N
N
Ni
N
CH3
N
O O
H H
O
O
A
N
N
O
O P
O
O
B
C
Abbildung 36. A: Adenosylmethionin; B: Cobalamine (L = CN: Cyanocobalamin, L = Me:
Methylcobalamin, M = 5'-Adenosyl (vergl. A): Adenosylcobalamin); C: Methylierter Faktor
F430 aus dem Enzym Methyl-Coenzym-M-Reduktase.
(4) Co-C: Metyl-, Adenosyl-, Cyanocobalamin ("Vitamin B12"); s. Abb. 36, B.
Adenosylcobalamin katalysiert insbesondere Isomerisierungen (1,2-Verschiebungen),
Methylcobalamin die Übertragung von C1-Fragmenten. Auch anorganischer Quecksilberverbindungen werden methyliert (CH3--Transfer):
Cl-Hg-Cl  Me-Hg-Cl ( MeHg+ + Cl-)
"Methylquecksilber"
Die weitere Metabolisierung des Quecksilbers verläuft über mehrere enzymatische und nichtenzymatische Stufen, deren letzte - die nur in spezialisierten Bakterien beobachtete Bildung
von Hg - als Entgiftung interpretiert wird:
MeHg+ + SR-  MeHgSR ("Minamatagift") , nicht-enzymatisch
MeHgSR + Substrat  HgSR+ + Substrat·CH3 , katalysiert durch eine Lyase
HgSR+ + SR-  Hg(SR)2 , nicht-enzymatisch
Hg(SR)2 + NADPH + H+  Hg + 2 HSR + NADP+ , katalysiert durch Quecksilberionenreduktase
(5) Ni-C: Faktor F430 der Methyl-Coenzym-M-Reduktase
Dieses Enzym katalysiert den letzten Schritt der Methanogenese durch methanogene Bakterien (z.B. 1/6 C6H12O6 + 2H+ + 2e-  CH4; auch CO2 kann Kohlenstoffquelle sein):
H3C-SCH2CH2SO3H + {Ni+}  {Ni3+-CH3-} + -SCH2CH2SO3H
Methyl-Coenzym-M
Faktor F430
{Ni3+-CH3-} + H+  CH4 + {Ni3+}
(vergl. C in Abb. 36)
32
(6) Ni-Fe-CO-Dehydrogenasen/Coenzym-A-Syntheasen katalysieren die Reaktionen
CO + H2O  CO2 + H2
CO + CoA + ·CH3  H3C-C(O)-CoA
Die Aktivierung von CO erfolgt durch Koordination an Ni oder Fe. Es gibt auch eine Ni-Fe
CO-Dehydrogenase, die auch im Ruhezustand bereits CO (sowie CN-) an das Eisenzentrum
koordiniert enthält.
Die Methylgruppe wird durch Methyl-Cobalamin auf das Ni- oder Fe-Zentrum übertragen; es
folgt eine migratorische Insertion unter Bildung eines Acylkomplexes, und sodann die
Übertragung der Acylgruppe of Coenzym-A.
Zu den aktiven Zentren s. Abb. 35.
(7) Fe-C: Für das Verständnis der Toxizität von Phenylhydrazin von Bedeutung ist die Übertragung einer Phenylgruppe auf das Eisen des Hämoglobins, das damit bezüglich seiner
O2-Transportfunktion inhibiert wird:
Hb(Fe2+) + PhNH-NH2 + H+ + e-  Hb(Fe3+-Ph-) + H2N-NH2
Fe-CO: Blockierung des Hämoglobins durch Kohlenmonoxid (bindet ca. 270 mal effizienter
als Sauerstoff.)
(8) Mo-C: Aktivierung von CO2 durch den Molybdopterin-Cofaktor in der
Formylmethanofuran-Dehydrogenase (1. Schritt der von CO2 ausgehenden Methanogenese;
vergl. (5)).
+IV
H
+
+
CO2 + 2H + 2e
+ H2O
NH2
N +II
O
O
CHO
Methanofuran
Formylmethanofuran
katalysiert durch Molybdopterin:
O
Mo + CO2
+IV
O
Mo
O
C
O
O
Mo
+VI
O
C
H
O
+
O
O
H
Mo C
+VI
O
(9) Mo-C und V-C: Vergl. die Alkinreduktase- Isonitrilreduktase- und Isonitril-LigaseAktivität der Mo- und V-Nitrogenasen: Die reduktive Protonierung von Acetylen zu ZEthylen (in Gegenwart von D2O) verläuft über eine Aktivierung des Alkins durch side-onKoordination an das Metall. Entsprechend wird Methylisonitril durch Koordination aktiviert
und zu Methan und Methylamin reduziert. In einer Nebenreaktion entsteht hier als C-CKupplungsprodukt auch Ethen.
C2H2 + 2H+ + 2e- → C2H4 / C2H2 + 2D+ + 2e- → Z-C2H2D2
RNC + 6H+ + 6e- → RNH2 + CH4
2RCN + 8H+ + 8e- → C2H4 + 2RNH2
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