Formblatt GA ANGABEN ZU DEN VORGESEHENEN GENTECHNISCHEN ARBEITEN 1. Titel: Untersuchung der funktionellen Bedeutung von Adipositas-assoziierten Kandidantengenen in humanen Prä- und Adipozyten. 2. Beschreibung der vorgesehenen gentechnischen Arbeiten (Zweck und Zielsetzung, Arbeitsschritte, maximal zu verwendendes Kulturvolumen; ggf. Fließschema beifügen) In genomweiten Assoziationsstudien (Frayling et al. 2007 Science, Dina et al. 2007 Nat Genet, Thorleifsson et al. 2009 Nat Genet) konnte ein Zusammenhang zwischen verschiedenen Genvarianten und Adipositas hergestellt werden. Ziel der beantragten Arbeiten ist es, die Bedeutung dieser Gene auf die Physiologie von humanen Fettzellen zu untersuchen. Deshalb sollen verschiedene humane Präund Adipozyten hergestellt werden, in denen diese Kandidatengene reprimiert bzw. überexprimiert werden. Als Modellsystem wird die humane Präadipozytenzelllinie SGBS (SGBS = Simpson-Golabi-Behmel Syndrom) (Wabitsch et al. 2000 Int J Obes) verwendet. Die Zelllinie zeichnet sich dadurch aus, dass SGBS Präadipzoyten in vitro durch Inkubation in einem Hormonmix in reife Adipozyten mit Lipideinlagerungen differenziert werden können. Mittels der siRNA-Technik (stabile Expression von siRNA) sollen die Adipositasassoziierten Kandidatengene fto (fat mass and obesity associated), rpgrip1l (rpgr interacting protein 1-like) und tmem18 (transmembrane protein 18) ausgeschaltet werden. Darüber hinaus sollen die Gene in SGBS-Zellen stabil überexprimiert werden. 05/03 - 2 - Formblatt GA Begründung: 1. Die Differenzierung von Präadipozyten in Adipozyten dauert 2 Wochen. Eine transiente Transfektion von siRNAs Oligonukleotiden würde den Zeitraum nicht überdauern. 2. Reife Adipozyten sind sehr fragil, können aufgrund des hohen Lipidgehalts nicht pelletiert werden, es empfiehlt sich also die Transfektion von Präadipozyten. 3. Adipozyten sind terminal differenziert, proliferieren also nicht mehr; zur Transfektion von nicht-proliferierenden Zellen bietet sich ein lentivirales System an. Es soll das „ViraPowerTM Lentiviral Expression System“ der Firma Invitrogen verwendet werden. Dabei wird zuerst das jeweils für den speziellen RNA-'knockout' optimierte, korrespondierende doppelsträngige DNA-Fragment in den Vektor pENTR/U6 eingefügt. Dieser Vektor gehört zur Klasse der von der gleichen Firma vertriebenen Gateway-Vektoren. Diese Klasse von Vektoren erlaubt die Integration von Fremd-DNA nicht durch die übliche Kombination Restriktionsendonuklease/ Ligase, sondern durch Verwendung des Rekombinationssystems des Phagen Lambda. Das Schlüsselenzym für die Rekombination stellt die 'Gateway' LR Clonase dar. Mittels des Gateway-Systems kann nun leicht die Kassette mit der RNAi bwz. der zu überexprimierenden Gene in den lentiviralen Vektor pLenti6/V5DEST Gateway eingefügt werden. Für die Propagation von Plasmiden mit 'inverted repeats' stellt Invitrogen den E. coli K12 Stamm StbI3 zur Verfügung. Der rekombinante, lentivirale Vektor mit Zeozin-Resistenz wird anschließend mit dem sogenannten ViraPower-Extrakt in 293FT Zellen transformiert (Lipofectamin). Alle für die Verpackung und Replikation des Lentivirus erforderlichen Gene sind in dem Vektor pLenti6/V5-DEST Gateway deletiert; es sind nur die terminalen Rekombinationssequenzen und das Verpackungssignal vorhanden. ViraPower enthält Expressionsplasmide für die Gene gag/pol und rev und das VSV-G Hüllprotein. Diese Proteine sind erforderlich für die Replikation und Verpackung des Virus. Die Zelllinie 293FT enthält kein Verpackungssignal. Das VSV-G Hüllprotein gewährleistet die Produktion von replikationsdefizienten, rekombinanten Lentiviren mit einem sehr breiten Infektionsspektrum für Säugerzellen. Aus dem Überstand der 293FT-Transfektion werden gereinigte rekombinante Viren gewonnen. Diese 11/94 - 3 - Formblatt GA Viren werden nun zur Transfektion der Adipozyten verwendet. Die rekombinanten Lentiviren werden stabil im zellulären Genom integriert. Anschließend erfolgt die biochemische Analyse physiologischer Parameter. 3. Eigene Risikobewertung und Einschätzung der Sicherheitsstufe (differenziert nach verwendeten Spenderorganismen, zu übertragender DNA, Empfängerorganismen, Vektoren, biologischen Sicherheitsmaßnahmen und allen entstehenden GVO). Für den Fall, dass Organismen oder Vektoren aus der Liste der Geschäftsstelle der ZKBS oder bereits eingestufte und bekannte GVO verwendet werden, bitte Organismen bzw. Vektoren bezeichnen. In diesem Fall entfällt das Ausfüllen der entsprechenden Formblätter GS, GE oder GV. 3.1 Risikogruppen der Spenderorganismen 11/94 - 4 - Formblatt GA a) Homo sapiens genomische Sequenzen codierend für folgende Proteine fat mass and obesity related protein (Fto) Genvarianten von FTO sind in mehreren genomweiten Assoziationsstudien als mit Adipositas assoziiert beschrieben. Molekular fungiert das Protein als 2-Oxoglutarat-abhängige Demethylase (Gerken et al. Science, 2007. 318(5855)). RPGR-interacting protein 1-like (Rpgrip1l) RPGRIP1l ist ein Strukturprotein im Basalkörper von zellulären Cilien. Defekte in diesem Protein sind ursächlich für das Joubert-Syndrom Typ 7 (Devuyst Nephrol Dial Transplant 2008; 23) Transmembranprotein 18 (Tmem18) TMEM18 ist ein Transmembranprotein und agiert als Faktor für die Zellmigration (Jurvansu et al. Cancer Res 2008; 68(12). Risikogruppe 1 b) Humanes Immundefizienzvirus Typ 1 (HIV-1) subgenomische Sequenzen c) Vesikuläres Stomatitis Virus (VSV-G-Glykoprotein) Risikogruppe 3** Risikogruppe 2 3.2 Risikogruppen der Empfängerorganismen a) E. coli K12 One Shot TOP10 (Invitrogen) mit dem Vektor pENTR™/H1/T0 (Klonierungssystem Gateway® (Invitrogen)) „Entry-Vektor“ mit pUC-Origin, H1/T0-Promotor, SV40 früher Promotor und SV40 Origin, SV40 Polyadenylierungs-Signal, EM7 Promotor, T1- und T2 Terminator, Polymerase III-Transkriptionsterminator, M13 reverse priming site, Rekombinationsstellen attL1 und attL2 und den Kanamycin- und Zeocin™Resistenzgenen. Oder mit dem Vektor pENTR™/D-TOPO (Klonierungssystem Gateway® (Invitrogen)) Risikogruppe 1 „Entry-Vektor“ mit pUC-Origin, T7-Promotor, T1- und T2 Terminator, Rekombinationsstellen attL1 und attL2 und dem Kanamycin-Resistenzgen b) E. coli K12 One Shot Stbl3™ (Invitrogen) mit pLenti6/V5-DEST™ (Invitrogen) 11/94 - 5 - Formblatt GA HIV-basierender lentiviraler Expressionsvektor mit pUC-Origin, RSVEnhancer/Promotor, HIV-1 5’LTR, HIV-1-Verpackungssignal Ψ, HIV-1-rev responsive element (RRE), CMV-Promotor, Rekombinationsstellen attR1 und attR2, V5-Epitop, SV40 früher Promotor und SV40 Origin, EM7-Promotor (synthetischer prokaryotischer Promotor), ΔU3/HIV-1 3’LTR, SV40Polyadenylierungssignal, Blasticidin-, Chloramphenicol- und AmpicillinResistenzgen sowie dem ccdB-Gen. Die Deletion der 3’LTR-Region (ΔU3) führt nach der Infektion der Zielzellen zu einer Selbstinaktivierung. Risikogruppe 1 c) Zellen der Verpackungszelllinie 293FT Risikogruppe 1 Derivat der etablierten Zelllinie 293; stabil transfiziert mit dem großen T-Antigen aus SV40 unter Kontrolle eines CMV-Promotors. Die Zellen exprimieren zudem zudem das Neomycin-Resistenzgen unter Kontrolle eines frühen SV40 Enhancers/Promotors. mit dem Lentiviralen Expressionssystem ViraPower™ (Invitrogen), bestehend aus den pUC-abgeleiteten Vektoren: pLP1 (liefert Proteine Gag, Pol) Verpackungsplasmid mit pUC-Origin, HIV-1 gag/pol Sequenzen unter der Kontrolle des CMV-Promotors, HIV-1-REV responsive element (RRE) erlaubt Rev-abhängige Expression der gag und pol-Gene,´ Ampicillin-Resistenzgen pLP2 (liefert Regulatorgen Rev) Verpackungsplasmid mit pUC-Origin und Ampicillinresistenzgen; pLP2 kodiert für HIV-1 Rev-Protein unter Kontrolle eines RSV-Promotors. Das Rev-Protein interagiert in den Verpackungszellen mit dem RRE-Element aud pPL1 und induziert die Expression von gag und pol; zudem unterstützt es den nukleären Export ungespleißter viraler RNAs zur Verpackung in Viruspartikel. pLP/VSVG Verpackungsplasmid mit pUC-Origin und Apicillin-Resistenzgen; kodiert für VSVG Glykoprotein unter Kontrolle eines CMV-Promotors, ersetzt die HIV-1 Hüllproteine und ermöglicht ein breites Wirtsspektrum. pLenti6/V5-DEST™ (Invitrogen) HIV-basierender lentiviraler Expressionsvektor mit pUC-Origin, RSVEnhancer/Promotor, HIV-1 5’LTR, HIV-1-Verpackungssignal Ψ, HIV-1-rev responsive element (RRE), CMV-Promotor, Rekombinationsstellen attR1 und attR2, V5-Epitop, SV40 früher Promotor und SV40 Origin, EM7-Promotor (synthetischer prokaryotischer Promotor), ΔU3/HIV-1 3’LTR, SV4011/94 - 6 - Formblatt GA Polyadenylierungssignal, Blasticidin-, Chloramphenicol- und AmpicillinResistenzgen sowie dem ccdB-Gen. Die Deletion der 3’LTR-Region (ΔU3) führt nach der Infektion der Zielzellen zu einer Selbstinaktivierung. Risikogruppe 1 d) Zellen der Präadipozyten-Zelllinie SGBS Humane Präadipozytenzelllinie (SGBS = Simpson-Golabi-Behmel Syndrom) (Wabitsch et al. 2000 Int J Obes), die sich durch Inkubation mit einem Hormonmix in reife Adipozyten mit Lipideinlagerungen differenzieren lässt. Die Zelllinie ist der Risikogruppe 1 zuzuordnen: sie gibt keine Organismen einer höheren Sicherheitsstufe ab und ist routinemäßig auf die Abwesenheit von HBV, HCV und HIV virologisch überprüft. Risikogruppe 1 3.3 Risikogruppen der gentechnisch veränderten Organismen a) E. coli K12 One Shot TOP10 (kompetente Zellen, Invitrogen) mit den unter 2 genannten Vektoren mit synthetisch hergestellten Oligonukleotiden, korrespondierend zur siRNA von Adipositas-assoziierten Targetgenen (fto, rpgrip1l, tmem18) bzw. genomischen Sequenzen der genannten Gene. Risikogruppe 1 b) E. coli K12 One Shot Stbl3™ (kompetente Zellen, Invitrogen) mit den unter 2 genannten Vektoren mit synthetisch hergestellten Oligonukleotiden, korrespondierend zur siRNA von Adipositas-assoziierten Targetgenen (fto, rpgrip1l, tmem18) bzw. genomischen Sequenzen der genannten Gene, nach gerichteter Rekombination aus dem Eingangsvektor pENTR™/H1/T0 bzw. pENTR™/D-TOPO in den lentiviralen Destinationsvektor pLenti6/V5-DEST™ (Invitrogen) Risikogruppe 1 c) Zellen der Verpackungszelllinie 293FT transfiziert mit den unter 2 beschriebenen Vektoren des lentiviralen Expressionssystems mit synthetisch hergestellten Oligonukeotiden, korrespondierend zur siRNA von Adipositas–assoziierten Kandidatengenen (fto, rpgrip1l, tmem18) bzw. genomischen Sequenzen der genannten Gene Risikogruppe 2 d) 11/94 rekombinante, replikationsdefiziente Lentiviren - 7 - Formblatt GA abgegeben von den unter 4 genannten GVO Risikogruppe 2 e) Zellen der Präadipozyten-Zelllinie SGBS infiziert mit den unter 4 genannten rekombinanten, replikationsdefizienten Lentiviren Risikogruppe 2 Wenn sichergestellt ist, dass die infizierten Zellen nicht mehr mit den zur Infektion verwendeten Viren kontaminiert sind und keine Viren abgeben Risikogruppe 1 Begründung: zu 3.3 a) und b) Es werden subgenomische Nukleinsäureabschnitte aus Spenderorganismen der Risikogruppe 1 bzw. charakterisierte synthetische Nukleinsäurefragmente in E. coli K12 eingeführt. Die aus den Spenderorganismen überführten Nukleinsäuren sind ohne pathogenes Potential. Dem Empfängerorganismus wird kein pathogenes Potenzial verliehen. zu 3.3 c) und d): In Zellen der Zelllinie 293FT werden subgenomische Nukleinsäureabschnitte aus Spenderorganismen der Risikogruppe 2 und 3 bzw. charakterisierte synthetische Nukleinsäurefragmente in E. coli K12 eingeführt. Die aus den Spenderorganismen überführten Nukleinsäuren sind ohne pathogenes Potential, besitzen aber z.T. regulatorische Funktionen. Die in den Zellen gebildeten und von diesen abgegebenen Viruspartikel sind für menschliche Zellen infektiös und daher der Risikogruppe 2 zuzuordnen. zu 3.3. e): Charakterisierte, subgenomische Nukleinsäureabschnitte ohne pathogenes Potential, aber z.T. mit regulatorischer Funktion, werden mit Hilfe rekombinanter, replikationsdefekter, pseudotypisierter Lentiviren der Risikogruppe 2 in Zellen der Risikogruppe 1 übertragen. Der Replikationsdefekt wird von den Zellen nicht komplementiert. Die eingeführten Nukleinsäuren werden ins Wirtsgenom integriert. Wenn nach einer hinreichenden Zahl von Passagen sichergestellt ist, dass die infizierten Zellen nicht mehr mit den zur Infektion verwendeten Viren kontaminiert sind und keine Viren abgeben, können sie der Risikogruppe 1 zugeordnet werden. 3.4 Einschätzung der gentechnischen Sicherheitsstufe a) zu 3.3 a) und b) Sicherheitsstufe 1 11/94 - 8 - b) Formblatt GA zu 3.3 c) und d) Sicherheitsstufe 2 Begründung: Die Empfängerorganismen sind Organismen der Risikogruppe 1. Vektoren und die aus den Spenderorganismen überführten Nukleinsäuren sind soweit charakterisiert, dass die gentechnisch veränderten Organismen das Gefährdungspotential von Organismen der Risikogruppe 2 nicht überschreiten und keine Organismen höherer Risikogruppen abgeben. Die gentechnisch veränderten Organismen geben Viren der Risikogruppe 2 ab. c) zu 3.3 e) Sicherheitsstufe 2 und 1 Begründung: Die Empfängerorganismen sind Zellen der Risikogruppe 1. Diese wurden mit gentechnisch veränderten Organismen (replikationsdefekten, pseudotypisierten Lentiviren) der Risikogruppe 2 infiziert. Die übertragenen Nukleinsäuren sind soweit charakterisiert, dass die gentechnisch veränderten Organismen nach einer vorläufigen Risikobewertung Organismen der Risikogruppe 2 nicht überschreiten und keine Organismen höherer Risikogruppen abgeben. Wenn sichergestellt ist, dass die infizierten Zellen nicht mehr mit den zur Infektion verwendeten Viren kontaminiert sind und keine Viren abgeben, können die Arbeiten mit diesen Organismen unter Sicherheitsmaßnahmen der Stufe 1 durchgeführt werden. 11/94