I. 2 Axonaler Natriumkanal und Kationenkanäle 2a) Pyrethroide aus Pyrethrum-Pflanzen (Chrysanthemen) isoliert funktionelle Gruppen: Ester (labil, nicht persistent), Cyclopropan (enzymatisch spaltbar), konjugierte Doppelbindungen (2 Stück tiefer UV-Bereich Lichtlabil), viele optische Zentren Isomere zu kompliziert für Chemiker, wenig Praxisorientiert Stabilisierung durch 2 Aromaten am Ende, Halogene Lipophilie schlecht wasserlöslich leichte Anreicherung in Nahrungskette, falls es ins Wasser gelangt seltener Einsatz lipophiler Substanzen log P = Verteilungskoeffizient log ([n-Octanol]/[H2O] log P = 1 = 10 mal mehr löslich in Octanol log P = 3-4 bei Pyrethroiden (1000 - 10000x) Bestimmung über Umkehrphasenchromatographie oder Computerprogramme Anwendung: Insektenbekämpfung (Haus, Garten), Imprägnierung von Textilien Vorteil: nicht toxisch für Wirbeltiere, hochtoxisch für Insekten Problem: Flüchtigkeit Ablagerung im Fettgewebe Akkumulation bei Freisetzung: Übelkeit, Kopfschmerzen ... 2 Gruppen: Typ I: ohne CN-Gruppe Typ II: mit Cyanidgruppe in α-Stellung (α-Cyanopyrethroide) unterschiedliche Symptome bei Insekten und Wirbeltieren im Vergleich zu Organophosphaten ungiftig für Wirbeltiere Schäden über Akkumulation Wirkung an Ionenkanälen: Proteine in Zellmembranen kontrolliert durchlässig für Ladungsträger Regulation: Sensor/Rezeptor (für Signal), Öffnungs-/Schließmechanismus (Gating) durch: Spannung, Liganden (ACh, biogene Amine, GABA), cAMP, IP3, ATP, Ca2+, ... Wirkung der Pyrethroiden an spannungsgesteuerten Kanälen: Spannungsabhängige Ionenkanäle: arbeiten sehr schnell, Sensor = Effektor Transduktionsmechanismen Na+-Kanäle: bei Insekten nur in ZNS (phylogenetisch junger Kanal <-> K+-Kanal) Proteine haben mehrere Transmembranstrukturen (α-Helices) und Schleifen dazwischen o C- und N-Terminus intrazellular o 4 Domänen (sehr ähnlicher Aufbau) mit je 6 Transmembranstrukturen einzelnes Protein, Kreisförmige Anordnung o Modulierung durch 2 assoziierte Proteine (β1 und β2) o zwischen Domäne 1 und 2 sehr lange Schleife viele Phosphorilierungsstellen o öffnen und schließen durch Konformationsänderung elektrisches Feld verändert sich o Spannungssensoren im 4. Transmembranabschnitt jeder Domäne sehr konserviert (basische und lipophile Aminosäuren) o Kanal selektiv Hohlraumsysteme, mit konservierten negativ geladenen Aminosäuren Öffnungsmechanismus: relativ unbekannt ( Spannungsänderung mechanische Änderung) Na-Kanal auf (induziert Schließung) Na+-Einstrom Tor schließt K+-Einstrom Hyperpolarisation Refraktärzeit absolut (nix geht) und relativ (bei entsprechend hohem Reiz) Wirkung von Pyrethroiden: Verlängerung der „Offenheit“ der Na+-Kanäle Schließung verlangsamt Spannungssprung bleibt gleich (Alles oder nix) nur Dauer verlängert (>> 2 ms, teils bis mehrere Sekunden) es strömt mehr Na+ ein größerer Stromfluss Schwelle wird nicht lange unterschritten repetetive Aktionspotentiale (dauernde Aktionspotentiale) Übererregung des Nervensystems Zittern (früh) bis Krämpfe (später) K+-Ausstrom normal 1% modifizierte Kanäle reichen aus wenn Kanal schließt normale Refraktärzeit immer Na+-Kanäle für Depolarisierung ansprechbar Insektennatriumkanal wesentlich affiner für Insektizid als Wirbeltierkanäle intrinischer Na-Kanal Temperaturabhängig negativer Temperaturkoeffizient Dauer der Aktionspotentiale wird mit abnehmender Temperatur länger je tiefer Temperatur, desto größer der Effekt von Pyrethroiden schlecht für Kaltblütler im Wirbeltier Metabolismus schneller/wahrscheinlicher längerer Weg zum ZNS mehr Zeit zum Abbau bevor Schaden insgesamt ein Selektionsfaktor > 1000 Nebeneffekt: Aromaten können als Xenoöstrogene wirken andere Gifte die am Na+-Kanal angreifen: Batrachotoxin (Pfeilgiftfrosch), Aconitin (Rittersporn), Tetrodotoxin (Kugelfisch), Saxitoxin (Dinoflagellat) LD50 = Absolutmenge des Stoffes bei dem 50% der Individuen sterben egal wie aufgenommen (über Haut, Injektion, mit wie viel Flüssigkeit ...) LC50 (concentration) = z.B. beim Füttern, Konzentration in Nahrung Dauerversuche, wenn Aufnahmemenge zufällig (mg/kg Futter) ED/EC50 (effektive) = Dosis/Konzentration bei denen 50 % der Individuen Symptome aufzeigen 2 b) Organochlorverbindungen z.B. DDT (Dichloro-Diphenyl-Trichlorethan) so ziemlich alle verboten, nur erlaubt zur Malariabekämpfung stark lipophil oxidierbar am Ethan (Stubenfliege) einziger Schwachpunkt flüchtig persistent ähnliche Wirkung wie Pyrethroide mehrere Aktionspotentiale durch nicht schließende Natriumkanäle 2 c) Dihydropyrazole (5-Ring mit 2 N) und Oxadiazine (6 Ring mit O und 2 N) praktisch gleicher Wirkmechanismus Dihydropyrazole schon länger bekannt aber toxisch für Wirbeltiere sehr neu, Fraßgift v.a. gegen Lepidopteren Proinsektizid Aktivierung Insektenspezifisch (Ester-/Amidase Methylester abspalten) Wirkmechanismus: greift Na+-Kanal an Blocker bleibt im Kanal stecken aufmachende (spannungsabhängig) Kanäle werden empfindlich Hemmung irreversibel Spannungsabhängige Kationenkanäle Ca2+-Kanal ähnlich wie Na+-Kanal; K+-Kanal: entspricht einer Domäne des Na+-Kanals Ca2+-Kanal: o 4 Domänen mit 6 Transmembranstrukturen viele unterschiedliche Typen o oft im Endoplasmatisches Reticulum o teilweise gekoppelt mit Ryanodinrezeptor (richtiger Ligand unbekannt) bindet Ryanodin (Pflanzenstoff) bei Insekten und Wirbeltieren Kanal bleibt offen Suche nach Stoff, der gleiche Wirkung insektenspezifisch hat Flubendiamid (Phtalsäureamid), Rynaxypyr (Anthranilsäurederivat) gleiche Affinität bei Insekten, nicht bei Wirbeltieren haben 3 verschiedene bekannte Rezeptoren K+-Kanäle: viele verschieden Typen bei niedrigen Tieren haben dafür keine Na+-Kanäle Spannungsabhängige: o 1 Domäne mit 6 Transmembranstrukturen Struktur sehr alt Homotetramere bilden Kanal viele unterschiedliche Strukturen o N-Terminus als Gate Selektivität: (105 mal affiner für K+ als für Na+) bei einem Durchgang 107 Ionen/s Selektivitätsfilter Ionendurchmesser (Rubidium passt auch durch) nur im hinteren Teil wird selektiert vorderer Teil wie Höhle in die alles rein kann hinterer Teil mit hochkonservierten hydrophoben Aminosäuren hydratisiertes K+ passt nicht durch extrem präzise Abstoßung (H2O) am Ende „katapultiert“ K+ raus zwischen zwei K+ -Ionen ist immer Wasser haben Mindestabstand Kein Angriffspunkt für Insektizide gleiches Prinzip bei allen Tieren Klinische Bedeutung: Viele Krankheiten durch Mutationen an wichtigen Strukturen I.3 Chloridkanäle Cl--Kanäle: interessant sind die Ligandenabhängigen Kanäle o GABA-Rezeptor: v.a. im Gehirn (Vertebraten), ZNS (Insekten) Unterklassen A-C (A bei Insekten häufigstes, C in Retina) o 4 Transmembranstrukturen Homopentamere bilden Kanal (können Bindungsstellen für unterschiedliche Liganden haben, Bindungsstelle meistens im Grenzbereich) o N- und C-Terminus extrazellulär o Glutamatrezeptor: v.a. im Gehirn (Vertebraten Kationenkanäle), Muskeln (Insekten, Nematoden) o Tetramere Struktur Dimer aus Dimer mit je 3 Transmembranhelices o oft Gifte von Insektenfressenden Insekten (Bienenwolf, Wespenspinnen) komplexe Struktur kein wirksames Insektizid 3a) Angriff auf GABA-Rezeptor o Agonistisch: Mucimol löst aus o Antagonisitisch: Bicucilline (oder so) blockieren Rezeptor o Allosterische Liganden: Diazepam o Allosterische Hemmung: TBPS, Picrotoxinin 3b) Avormectine (aus Streptomyces) greift Chloridkanal an funktionelle Gruppen: mehrere Makrozyklen, Ester, konjugierte Doppelbindung Lipophil kein synthetische Herstellung, nur Derivatisierung (spezifischer gegen Insekten, Nematoden) Problem: Persistenz, leicht toxisch gegen Vertebraten Wirkung: nur am Kanal (nicht an Rezeptoren) bleiben stecken und halten Kanal offen Cl--Einstrom Hyperpolarisierung 3c) Cyclodiene und Phenylpyrazol heute: Fibronil gleiche Wirkung (Phenylpyrazol) spezifisch, schnell, nicht toxisch für Vertebrata Einsatz im Haushalt (Ameisen, Schaben Vorratsschädlinge) halten den Kanal zu kein Cl- - Einstrom Übererregung des Nervensystems ist lichtlabil Lichtmetabolit ist für Wirbeltiere wesentlich toxischer Zusatz von UVstabilisierende Stoffen