Rede des Staatsministers Bernd Neumann anlässlich der Eröffnung des Baltischen Kulturjahres in der Berliner Philharmonie am 15. März 2008, 20:00 Uhr Sehr geehrter Herr Bundespräsident, sehr geehrter Herr Staatspräsident Adamkus sehr geehrter Herr Staatspräsident Zatlers sehr geehrte Parlamentspräsidentin Ergma, Exzellenzen, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich heiße Sie als Kulturstaatsminister hier in der Berliner Philharmonie zur feierlichen Eröffnung des Baltischen Kulturjahres sehr herzlich willkommen. Anlässlich des 90. Staatsjubiläums Estlands, Lettlands und Litauens wird uns unter dem Titel Essentia Baltica, das „Wesen des Baltischen“, eine eindrucksvolle Reihe von Veranstaltungen in vielen Städten Deutschlands die reiche Kultur des Baltikums nahe bringen. Wir wissen um die immense wirtschaftliche Dynamik der deshalb so genannten „baltischen Tiger“ – doch es ist besonders die Kultur, die Deutschland und die baltischen Staaten seit Jahrhunderten verbindet. In den Zeiten der Hanse entwickelte sich entlang der Ostsee über alle politischen, sprachlichen und später auch religiösen Grenzen hinweg ein Kulturraum besonderer Prägung. Hier mischten sich deutsche und estnische, lettische und litauische, aber auch jüdische, polnische und skandinavische Einflüsse, hier entstanden eigene Stilformen wie die Backsteingotik, hier blühte die alteuropäische Tradition städtischer Autonomie und bürgerlicher Freiheit. Als gebürtiger Westpreuße aus Elbing und jetziger Bürger der Hansestadt Bremen fühle ich mich den historischen Altstädten von Riga, Tallinn oder Vilnius sehr verbunden. Litauern, Letten oder Esten wird es in den alten deutschen Hansestädten kaum anders ergehen. Das Baltikum war für viele deutsche Künstler und Wissenschaftler eine Art Seelenlandschaft, die sie zu großen Werken inspiriert hat. Bekannt ist die Künstlerkolonie in Nida auf der Kurischen Nehrung, die so große Namen wie Karl Schmidt-Rottluff, Lovis Corinth und natürlich Thomas Mann angezogen hat. Kaum jemandem dürfte allerdings 2 bewusst sein, dass der wohl bekannteste Vertreter der „Neuen Frankfurter Schule“, der Lyriker Robert Gernhardt, in Estland geboren wurde! Umgekehrt haben bedeutende Künstler und Intellektuelle aus Estland, Lettland und Litauen prägende Studienjahre in Deutschland verbracht oder hier gar eine neue Heimat gefunden. Es sind wohl nicht zufällig gerade Musiker wie die lettische Violonistin Baiba Skride, der Este Arvo Pärt und der Cellist David Géringas aus Litauen, von denen heute auch für das deutsche Kulturleben wichtige Impulse ausgehen und die hierzulande sehr geschätzt werden. Denn das „Wesen des Baltischen“ – wodurch könnte es besser zu uns sprechen als durch die außergewöhnliche zeitgenössische Musik aus Estland, Lettland und Litauen? Die harmonischen Klangwelten baltischer Komponisten begeistern auch ein Publikum, das zeitgenössischer Musik eher zurückhaltend begegnet. Der sicher wichtigste Botschafter dieses musikalischen Kosmos ist Maestro Gidon Kremer und seine „Kremerata Baltica“, die uns mit dem heutigen Konzert wunderbare Eindrücke ermöglichen werden. Meine Damen und Herren, Die baltischen Republiken feiern in diesem Jahr das 90jährige Jubiläum ihrer Unabhängigkeitserklärung– wer denkt aber dabei nicht zugleich an die zweite Unabhängigkeit der baltischen Staaten? Die Singende Revolution, für die ganz Europa große Sympathie und tiefe Zustimmung empfunden hat, entspricht sicher auch dem „Wesen des Baltischen“, das in der politischen Macht der Musik ein besonders schönes Symbol gefunden hat. Ich möchte Ihnen, Herr Präsident Adámkus, Ihnen, Herr Präsident Zatlers, und Ihnen, Frau Präsidentin Ergma, unser aller Dank aussprechen: Dank für das Geschenk, das Sie mit der Reihe Essentia Baltica unserem Land machen, Dank für dieses Konzert, und dafür, dass Sie durch Ihre Anwesenheit dem hohen Wert der baltisch-deutschen Kulturbeziehungen ein Gesicht verleihen. Ich freue mich außerordentlich darauf, Ihre Länder im Mai dieses Jahres im Rahmen des Deutschen Kulturfrühlings zu besuchen. Und jetzt freue mich mit Ihnen auf das Konzert der „Kremerata Baltica“.