Pflegetheorie von H.E. Peplau (geb. 1909 gestorben 1999) (Wichtig für Primary Nursing!) Einflüsse aus Verhaltenswissenschaft und Psychologie Peplau war bei der Entwicklung ihrer Theorie beeinflusst von - Maslow (menschliche Motivation), - Miller (Persönlichkeitstheorie, Anpassungsmechanismen, Psychotherapie, Prinzipien des sozialen Lernens), - Symonds ( psychoanalytische Theorie) und Sullivan (Persönlichkeitsentwicklung, zwischenmenschliche Beziehung). Die Arbeit dieser Wissenschaftler wurde wiederum beeinflusst von Freud, Fromm und Pavlov. Interpersonale Beziehungen Peplau war die Erste, die nach Nightingale eine, für die Pflegewissenschaft bedeutende, Theorie entwickelte. Diese basiert auf den interpersonalen Beziehungen (Interaktionen) zwischen Menschen, welche in einem dynamischen Beziehungsrahmen stehen. Wenn die Beziehungen gestört sind und Bedürfnisse nicht erfüllt werden, treten Gefühle der Spannung wie Frustration oder Angst auf. Peplau schreibt, dass jegliches Verhalten darauf abziele, diese Spannungen zu verringern, was wiederum heißt möglichst alle Bedürfnisse zu befriedigen. Die vier Metaparadigmen der Pflege Peplau definiert diese folgendermaßen: Krankenpflege: Signifikanter, therapeutischer, zwischenmenschlicher Prozess, welcher ein Erziehungsinstrument zur Reife fördernden Entwicklung der Persönlichkeit ist. Dies umschließt die Befähigung zu einem kreativen, konstruktiven, produktiven, persönlichen und gemeinschaftlichen Leben. Person: Organismus mit biochemischen, physischen und psychologischen Eigenschaften, der in einem instabilen Gleichgewicht lebt. Die Instabilität wird durch den Wechsel der Gefühle (Angst, Frustration) bestimmt. Gesundheit: Symbol für das weitere Wachstum und die weitere Entwicklung einer Persönlichkeit in Richtung auf ein kreatives, konstruktives, produktives, persönliches, gesellschaftliches Leben. Diese Definition ist eng verbunden mit derjenigen des Konzeptes der „Krankenpflege". Umwelt: Alle Kräfte, die ausserhalb des Organismus bestehen. Schwerpunkt liegt im zwischenmenschlichen Prozess, der im Kontext der Kultur stattfindet. Vier Phasen der Pflegenden-Patienten-Beziehung (Patient ist immer m/w) Peplau beschreibt vier Phasen, die getrennt sind, obwohl sie sich teilweise überschneiden. 1. Orientierung: Die Pflegende erfasst die Gefühle des Patienten und hilft ihm im Bewusstwerden derselben. Er verlangt professionelle Hilfe. Diese bedingt eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen Pflegender und Patient, um effizient zu sein. Durch bewusstes Durchlaufen dieser Phase anerkennt der Patient seine Krankheit und unterdrückt sie nicht. 2. Identifikation: Der Patient identifiziert sich mit der Pflegenden und umgekehrt durch die Fürsorge. Durch die Unterstützung der Pflegenden wird er aktiv, sich gefühlsmäßig neu zu orientieren, das heißt alte, unbefriedigte Bedürfnisse werden wiedererlebt und befriedigt. Dies stärkt die Persönlichkeit des Patienten. 3. Nutzung (Ausbeutung): Der Patient versucht das Maximum aus der Beziehung und dem Angebot der Pflege zu ziehen, um möglichst schnell zu genesen. Die Pflegende nimmt in dieser Phase eine mütterliche Haltung ein und vermittelt das bedingungslose Gefühl der mütterlichen Fürsorge. 4. Ablösung: Der Patient befreit sich von der Identifikation mit der Pflegenden und erlebt eine Phase des Erwachsenwerdens. Die Ablösungs- und der Genesungsprozess laufen parallel ab. Der Patient setzt neue Ziele. Rollen der Pflegenden (m/w) Peplau beschreibt sechs unterschiedliche, pflegerische Rollen. Sie betont, diese Aufzählung sei nicht vollzählig. (Später waren es dann acht) 1. Rolle der Fremden: Von der Pflegenden wird Respekt und Interesse dem Patienten gegenüber verlangt, was heisst, dass sie ihm ohne Vorurteile begegnen soll. 2. Rolle als Person mit Ressourcen (Hilfsperson): Die Pflegende bietet Informationen und Antworten auf Probleme durch Worte und Handlungen. Dabei unterscheidet sie zwischen Sachfragen und versteckten Bedürfnisäußerungen. 3. Rolle der Lehrenden: Diese beinhaltet eine Kombination aller Rollen, welche in der Pflege vorkommen. Dabei ist das Ziel die Weiterentwicklung des Patienten. Zu einem späteren Zeitpunkt unterteilt Peplau diese Rolle in eine erzieherische und eine erfahrende Kategorie. ( für Patient gilt immer auch die weibliche, für die Pflegende die männliche Form ) 4. Rolle als Führungsperson: Der Patient soll in einen demokratischen Prozess miteinbezogen werden, was heisst, dass er kooperativ und aktiv am Geschehen teilnimmt. Die Führung in diesem Prozess liegt bei der Pflegenden. 5. Rolle als Stellvertreterin: Gefühle aus früheren Beziehungen werden reaktiviert und diese verschiedenen Erinnerungen und Sichtweisen in die Pflegende projiziert (z.B. Pflegende wird Mutterersatz oder als Schwester angesehen). Daraus können sowohl Abhängigkeit, Unabhängigkeit, wie auch gegenseitige Abhängigkeit entstehen. Peplau beschreibt, dass es ein hohes Maß an persönlicher Stärke brauche, um diese professionelle Beziehung zu gestalten. 6. Rolle als Beraterin: Peplau behauptet, dass diese Rolle die größte Bedeutung in der psychiatrischen Behandlung hat. Das angestrebte Ziel ist die Gesundheit des Patienten. Die Pflegende benutzt verschiedene zwischenmenschliche Techniken, um die momentane Situation in das Leben des Patienten zu integrieren. Dies findet auf Grund der vom Patienten wahrgenommenen und geäußerten Bedürfnisse statt. Beeinflussungsfaktoren Folgende theoretischen Konzepte werden von Peplau als zentral angesehen und beschrieben: Bedürfnisse, Frustration, Konflikt und Angst. Weiter ist neben den psychologischen Fähigkeiten das Lernen in der Pflege von immenser Bedeutung. Peplau betonte verschiedentlich den Stellenwert der Ausbildung. Besonderheiten Wichtige Besonderheiten der Theorie der zwischenmenschlichen Beziehung von Peplau sind: Zeitpunkt der Entstehung und Veröffentlichung dieser Theorie (1952). Dies zu einem Zeitpunkt als die Entwicklung von Pflegetheorie noch relativ neu war. Zweite Pionieren nach Florence Nightingale, welche die Bedeutung der Umgebung in ihre Theorie mit einbezog Entstehung aus psychiatrischem Kontext Schwerpunkt der interpersonalen Beziehung (Interaktion).Perspektivenwechsel vom Tun am und für den Patienten , hin zum therapeutischen interpersonalen Prozess. Prägender Einfluss auf nachfolgende Theorieentwicklungen Bedeutung für die Pflegepraxis Der Perspektivenwechsel (oder auch Paradigmawechsel) zur interpersonalen Beziehung war wegweisend für die Pflege. Peplau eröffnete mit ihrer „middle-range theory" der Interaktion den weltweiten pflegetheoretischen Diskurs. Die direkte Implikation ist heute schwierig nach zu vollziehen, da nachfolgende Pflegetheoretikerinnen Peplaus Ansatz in ihre Arbeiten integrierten. Teilweise wird sie heute in der Forschung als theoretischer Rahmen benutzt. Zuerst fand die Umsetzung in der Praxis des psychiatrischen Bereichs statt. Heute nimmt in der Krankenpflege die Beziehung zwischen Patienten und Pflegenden generell eine zentrale Rolle ein. Deshalb kann ihre Theorie als bedeutungsvoll eingestuft werden. Kritik Beachtenswerterweise benutzte Peplau andere Wissenschaften als Grundlage für ihre Theorie, was deren Glaubwürdigkeit erhöhte. Sie stand in direktem Kontakt mit einigen dieser Wissenschaftler, zum Beispiel: Erich Fromm. Ihre Theorie ist induktiv durch eigene klinische Erfahrungen und den Erfahrungen von Studierenden und deduktiv durch den Miteinbezug von sozialwissenschaftlichen Theorien. Somit empirisch überprüfbar. 1. Interpersonale Beziehungen: Verbale kommunikative Fähigkeiten sind Voraussetzung um diese interpersonale Beziehung pflegen zu können. Peplau setzt voraus, dass Patienten ihre Gefühle äußern und Ziele verbal formulieren können.. Wie weit können dies Betagte, Behinderte oder Migranten, bei denen zum Teil beachtliche sprachliche Barrieren vorhanden sind? Daneben werden auch hohe kognitive Fähigkeiten vorausgesetzt. 2. Metaparadigmen: Die Patientenrolle beginnt beim Säugling und endet beim Erwachsenen. Der Pflegenden wird dabei die Aufgabe der Erziehung zugesprochen. Dies widerspricht der heutigen Auffassung von Pflege als partnerschaftliche Beziehung. Dies ist eine anmaßende Haltung gegenüber dem Patienten. Der Miteinbezug des Metaparadigmas Umwelt ist für die damalige Zeit als außerordentlich fortschrittlich einzustufen. 3. Phasen: Peplau systematisiert den Verlauf von Beziehungen zwischen Pflegenden und Patienten klar und nachvollziehbar. Die gegenseitige Identifikation von Pflegenden und Patienten löst Befremden aus. Fragen von Nähe und Distanz tauchen auf. Wo bleibt die Selbstpflege der Pflegenden? Die Übersetzung des Wortes „exploitation" erfolgt mit Ausbeutung oder Nutzung. Wegen der negativen Besetzung des Wortes Ausbeutung fiel unsere Wahl auf das Wort Nutzung. Dieses beinhaltet positive Aspekte der Pflegeinteraktion. 4. Rollen: Die Stellvertreterrolle kann mit der Mutterrolle gleich gesetzt werden. Dies mutet in der heutigen Zeit und mit der aktuellen Pflegeauffassung sehr befremdend an. Es widerspricht zudem der heute üblichen Kommunikationsweise, welche unter anderem nach den Grundsätzen der transaktionsanalyse durchgeführt wird Die weiteren aufgeführten Rollen sind aktuell und nachvollziehbar. Die Phasen der Orientierung und der Ablösung sind angepasst. 5. Beeinflussungsfaktoren: Der Aspekt einer fundierten Pflegeausbildung und der kontinuierliche Prozess des Lernens sind heute noch aktuell. Schlussbemerkung Die Theorie von Hildegard Peplau ist wegweisend für die Pflege, jedoch muss sie unter Berücksichtigung des Zeitpunkts der Entstehung (1952) betrachtet werden.