w91 15. 6. S. 8-13 Leben retten mit Blut

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Literatur zum Thema „Blut“
1. Leben retten mit Blut – Wie? ....................................................... 2
w91 15. 6. S. 8-13 Leben retten mit Blut — Wie?.......................... 2
2. Medizin
und Chirurgie ohne Blut – Immer stärker gefragt .................. 6
g00 8. 1. S. 3 Pioniere der Medizin ............................................................................... 6
g00 8. 1. S. 4-6 Bluttransfusionen — Die lange Geschichte eines umstrittenen Verfahrens .................. 6
g00 8. 1. S. 7-11 Medizin und Chirurgie ohne Blut — Immer stärker gefragt .............. 8
3. Blut
– Warum so kostbar?........................................................... 12
g 8/06 S. 3-4 Was ist die kostbarste Flüssigkeit? ....................................................... 12
g 8/06 S. 5-9 Transfusionsmedizin — Was bringt die Zukunft? ................................. 13
g 8/06 S. 10-12 Der wahre Wert von Blut ................................................................... 16
4. Blutlosen
Operationen an Zeugen Jehovas den Weg bahnen ........ 18
g91 22. 11. S. 8-11 Blutlosen Operationen an Zeugen Jehovas den Weg bahnen .. 18
5. Bist
du auf eine Glaubensprüfung in Form einer medizinischen
Notsituation vorbereitet? ........................................................... 22
km 12/90 S. 3-6 Bist du auf eine Glaubensprüfung in Form einer medizinischen Notsituation
vorbereitet? .................................................................................................................. 22
6. Unsere
Kinder vor einer Bluttransfusion schützen ..... 27
w91 15. 6. S. 13-18 Gemäß der Unterweisung Jehovas wandeln ............................. 27
km 9/92 S. 3-6 Unsere Kinder vor einer Bluttransfusion schützen............................. 30
7. Wie
stehe ich persönlich zu Blutfraktionen und zu
Therapieverfahren, bei denen Eigenblut verwendet wird? ............. 35
km 11/06 S. 3-6 Wie stehe ich persönlich zu Blutfraktionen und zu Therapieverfahren, bei denen
Eigenblut verwendet wird? .......................................................................................... 35
8. Therapieverfahren
mit Eigenblutverwendung ................. 38
w78 1. 10. S. 30-32 Fragen von Lesern...................................................................... 38
w89 1. 3. S. 30-31 Fragen von Lesern ........................................................................ 40
w00 15. 10. S. 30-31 Fragen von Lesern.................................................................... 42
9. Blutfraktionen ..................................................................................... 44
w90 1. 6. S. 30-31 Fragen von Lesern ........................................................................ 44
g93 8. 8. S. 22-25 Soll sich unsere Familie impfen lassen? ...................................... 45
w94 1. 10. S. 31 Fragen von Lesern ........................................................................... 48
w00 15. 6. S. 29-31 Fragen von Lesern...................................................................... 49
w04 15. 6. S. 29-31 Fragen von Lesern...................................................................... 51
10. Transplantation
von Organen oder Knochenmark ..... 54
w80 15. 6. S. 31 Fragen von Lesern ........................................................................... 54
w90 1. 12. S. 30 Fragen von Lesern ........................................................................... 54
11. Krankenhaus,
Kommunikation zwischen Arzt und Patient ............. 56
g91 8. 3. S. 3-8 Krankenhäuser und du als Patient .................................................... 56
12. Wie
energisch sollte sich ein Christ einer gerichtlich
1
angeordneten oder genehmigten Bluttransfusion
widersetzen? ..................................................................................... 60
w91 15. 6. S. 31 Fragen von Lesern ........................................................................... 60
2
1. Leben retten mit Blut – Wie?
1.
Leben retten mit Blut – Wie?
w91 15. 6. S. 8-13 Leben retten mit Blut — Wie?
Leben retten mit Blut — Wie?
„Du sollst das Leben wählen, . . . indem du auf seine [Gottes] Stimme hörst . . .; denn er ist dein Leben und die
Länge deiner Tage“ (5. MOSE 30:19, 20).
VIELE Menschen sagen, sie würden das Leben achten, indem sie auf ihren Standpunkt zur Todesstrafe, zur
Abtreibung oder zum Jagen verweisen. Aber wahre Christen bekunden auf eine besondere Weise Achtung vor
dem Leben. In Psalm 36:9 heißt es: „Bei dir [Gott] ist der Quell des Lebens.“ Da das Leben eine Gabe Gottes
ist, nehmen Christen seinen Standpunkt zum Lebensblut ein.
2 Unser Leben hängt vom Blut ab. Es befördert Sauerstoff durch den Körper, beseitigt Kohlendioxyd, gleicht
Temperaturschwankungen aus und unterstützt uns im Kampf gegen Krankheiten. Derjenige, der uns das Leben
gegeben hat, hat auch das wunderbare, lebenerhaltende flüssige Gewebe, Blut genannt, erschaffen. Das läßt
darauf schließen, daß ihm daran gelegen ist, das menschliche Leben zu erhalten (1. Mose 45:5; 5. Mose 28:66;
30:15, 16).
3 Sowohl Christen als auch andere Menschen sollten sich fragen: Kann Blut nur durch seine natürlichen
Funktionen mein Leben erhalten, oder könnte es eine noch weiter reichende lebensrettende Wirkung haben?
Die meisten Menschen erkennen zwar die Verbindung zwischen Leben und den normalen Funktionen des
Blutes an, doch in Wirklichkeit spielt noch viel mehr dabei eine Rolle. Die ethischen Grundsätze von Christen,
Muslimen und Juden gehen auf einen Lebengeber zurück, der sich über das Leben und das Blut geäußert hat.
Ja, unser Schöpfer hat viel über das Blut zu sagen.
Gottes fester Standpunkt in bezug auf Blut
4 Blut wird in Gottes Wort, der Bibel, an mehr als 400 Stellen erwähnt. Ziemlich zu Beginn ist Jehovas
Verordnung zu finden: „Alles, was sich regt und lebt, sei eure Speise. . . . Doch ihr sollt kein Fleisch essen, in
dem noch das Leben, das Blut, ist.“ Er fügte hinzu: „Besonders aber von eurem Leben, vom Blut der Menschen,
will ich Rechenschaft fordern“ (1. Mose 9:3-6, Stuttgarter Erklärungsbibel). Jehova sagte das zu Noah, dem
Urahnen der Menschheitsfamilie. Somit wurde die ganze Menschheit davon in Kenntnis gesetzt, daß in den
Augen des Schöpfers Blut für Leben steht. Jeder, der behauptet, den Lebengeber anzuerkennen, sollte also
auch anerkennen, daß dieser in bezug auf die Verwendung von Blut einen festen Standpunkt einnimmt.
5 Gott nahm auf das Blut Bezug, als er dem Volk Israel das Gesetz gab. In 3. Mose 17:10, 11 heißt es in der
jüdischen Übersetzung von Dr. Zunz: „Jedermann aus dem Hause Jisrael oder von den Fremdlingen, die unter
ihnen weilen, der irgend Blut ißt, so werde ich meinen Zornblick richten auf die Person, die das Blut gegessen,
und werde sie ausrotten aus der Mitte ihres Volkes. Denn die Seele des Fleisches ist im Blute.“ Dieses Gesetz
mag der Gesundheit förderlich gewesen sein, aber es ging dabei um mehr. Dadurch, daß die Israeliten das Blut
als etwas Besonderes behandelten, sollten sie zeigen, daß sie in bezug auf das Leben von Gott abhängig
waren (5. Mose 30:19, 20). Ja, der Hauptgrund, warum sie kein Blut genießen durften, bestand nicht darin, daß
es gesundheitsschädlich war, sondern darin, daß es für Gott eine besondere Bedeutung hatte.
6 Welchen Standpunkt nimmt das Christentum hinsichtlich der Rettung von Menschenleben durch Blut ein?
Jesus wußte, was sein Vater über den Blutgenuß gesagt hatte. Er beging „keine Sünde, und in seinem Munde
fand sich kein Trug“. Das heißt, daß er das mosaische Gesetz einschließlich des Gesetzes über das Blut
vollkommen hielt (1. Petrus 2:22, Pattloch-Bibel). Dadurch gab er seinen Nachfolgern ein Beispiel — auch ein
Beispiel für die Achtung vor dem Leben und dem Blut.
7 Die Geschichte zeigt, was später geschah, als auf einer Sitzung der christlichen leitenden Körperschaft die
Frage entschieden wurde, ob ein Christ alle Gesetze Israels halten müsse. Unter göttlicher Leitung kam man zu
dem Ergebnis, daß Christen nicht verpflichtet sind, das mosaische Gesetz zu halten, daß es aber ‘notwendig’
ist, sich „von Dingen zu enthalten, die Götzen geopfert wurden, sowie von Blut und von Erwürgtem [nicht
ausgeblutetes Fleisch] und von Hurerei“ (Apostelgeschichte 15:22-29). Damit wurde deutlich gemacht, daß die
Enthaltung von Blut moralisch ebenso bedeutsam ist wie die Notwendigkeit, keinen Götzendienst und keine
schwerwiegende Unsittlichkeit zu treiben.1
8 Die ersten Christen hielten sich an dieses göttliche Verbot. Der britische Gelehrte Joseph Benson schrieb
darüber in einem Kommentar: „Das Verbot des Blutgenusses, das Noah und seiner ganzen
Nachkommenschaft auferlegt und gegenüber den Israeliten . . . wiederholt wurde, ist nie widerrufen worden,
sondern unter dem Neuen Testament, Apostelgeschichte XV, bestätigt und somit zu einer für alle Zeiten
geltenden Verpflichtung gemacht worden.“ Schließt jedoch das, was die Bibel über das Blut sagt, neuzeitliche
1 Der Erlaß schloß mit den Worten: „Wenn ihr euch vor diesen Dingen sorgfältig bewahrt, wird es euch gutgehen. Bleibt gesund!“
(Apostelgeschichte 15:29). Mit den Worten „Bleibt gesund!“ war nicht gemeint: „Wenn ihr euch des Blutes oder der Hurerei enthaltet,
wird es euch gesundheitlich bessergehen.“ Es war lediglich eine Schlußformel am Ende eines Briefes wie beispielsweise „Lebt wohl!“
3
1. Leben retten mit Blut – Wie?
medizinische Anwendungen von Blut aus, wie z. B. Transfusionen, die es natürlich zur Zeit Noahs und der
Apostel noch nicht gab?
Blut in oder als Medizin
9 Der medizinische Gebrauch von Blut ist keineswegs neu. In dem Buch Fleisch und Blut von Reay Tannahill
wird darauf hingewiesen, daß man fast 2 000 Jahre lang in Ägypten und anderswo „das Blut als beste Arznei
gegen Lepra“ ansah. Die Römer glaubten, durch den Genuß von Menschenblut sei Epilepsie zu heilen.
Tertullian schrieb über diese „medizinische“ Anwendung von Blut: „. . . und ebenso diejenigen, die beim
Kampfspiel in der Arena das Blut der getöteten Verbrecher . . . mit gierigen Zügen einschlürfen, um damit die
Fallsucht zu heilen.“ In krassem Gegensatz dazu stand das Verhalten der Christen, die, wie Tertullian ebenfalls
schrieb, „nicht einmal Tierblut unter die zum Genuß erlaubten Speisen rechnen . . . Deshalb legt ihr ja, wenn ihr
die Christen auf die Probe stellen wollt, ihnen auch Würste vor, die mit Tierblut gefüllt sind — offenbar in der
festen Gewißheit, daß deren Genuß bei ihnen verboten ist.“ Man bedenke, was sich daraus ergab: Statt Blut zu
genießen, das Leben darstellte, nahmen es die ersten Christen eher in Kauf, getötet zu werden. (Vergleiche
2. Samuel 23:15-17.)
10 Damals wurden selbstverständlich keine Bluttransfusionen vorgenommen, denn erst gegen Anfang des 16.
Jahrhunderts begann man, damit zu experimentieren. Doch schon im 17. Jahrhundert erhob ein Professor für
Anatomie an der Universität Kopenhagen folgenden Einwand: „Diejenigen, die den Gebrauch von Menschenblut
als inneres Heilmittel für Krankheiten einführen, scheinen es zu mißbrauchen und scheinen schwer zu
sündigen. Kannibalen verurteilt man. Warum verabscheuen wir nicht diejenigen, die ihren Schlund mit
Menschenblut besudeln? Ähnlich verhält es sich mit der Aufnahme von Fremdblut aus einer aufgeschnittenen
Vene, sei es nun durch den Mund oder durch Transfusionsinstrumente. Die Urheber dieser Operation haben
das göttliche Gesetz gegen sich.“
11 Ja, sogar in vergangenen Jahrhunderten erkannten einige, daß das biblische Gesetz es nicht erlaubt, über
die Venen oder durch den Mund Blut zu sich zu nehmen. Wer dies heute in Betracht zieht, kann vielleicht den
Standpunkt verstehen, den Jehovas Zeugen einnehmen und der mit dem Standpunkt Gottes übereinstimmt.
Wahre Christen schätzen zwar das Leben hoch ein und sind für ärztliche Hilfe dankbar, doch respektieren sie
das Leben als eine Gabe des Schöpfers und versuchen daher nicht, es durch die Aufnahme von Blut zu
erhalten (1. Samuel 25:29).
Aus medizinischer Sicht lebensrettend?
12 Seit Jahren behaupten Fachleute, Blut rette Leben. Ärzte berichten womöglich, daß jemand nach einem
erheblichen Blutverlust eine Transfusion erhielt und sich daraufhin erholte. Es erhebt sich also die Frage: „Wie
vernünftig oder unvernünftig ist der christliche Standpunkt aus medizinischer Sicht?“ Bevor ein denkender
Mensch eine ärztliche Behandlung von größerer Tragweite in Betracht zieht, wird er den möglichen Nutzen und
die potentiellen Risiken zu ermitteln suchen. Wie verhält es sich in dieser Hinsicht mit Transfusionen?
Bluttransfusionen sind in der Tat gefahrenträchtig und können sogar tödlich ausgehen.
13 Vor kurzem bemerkten die Ärzte L. T. Goodnough und J. M. Shuck: „Ärzten und medizinischen
Einrichtungen ist seit langem bekannt, daß eine Bluttransfusion immer mit Risiken behaftet ist, auch wenn wir
die Blutvorräte so sicher machen, wie wir nur können. Die häufigste Komplikation infolge von Bluttransfusionen
bleibt
die
Non-A-non-B-Hepatitis
(NANB);
hinzu
kommen
Hepatitis B,
Isoimmunisierung,
Transfusionsreaktionen, Immunsuppression und Hämosiderose.“ Über eine vorsichtige Risikoeinschätzung bei
nur einer dieser Gefahren heißt es in dem Bericht weiter: „Man geht davon aus, daß [allein in den Vereinigten
Staaten] jährlich etwa 40 000 Menschen NANB bekommen werden, von denen dann 10 Prozent Zirrhose
und/oder ein Hepatom [Leberkrebs] entwickeln werden“ (The American Journal of Surgery, Juni 1990).
14 Da das Wissen um transfusionsbedingte Erkrankungen immer mehr in die Öffentlichkeit dringt, überdenken
viele ihren Standpunkt zu Bluttransfusionen. Als beispielsweise 1981 der Papst angeschossen wurde, wurde er
in einem Krankenhaus behandelt. Später mußte er wieder für zwei Monate ins Krankenhaus, und sein Zustand
war so bedenklich, daß es den Anschein hatte, er würde ein Invalide werden und müßte sein Amt aufgeben.
Was war der Grund? Er hatte sich durch das Blut, das ihm übertragen worden war, eine Zytomegalieinfektion
zugezogen. Einige fragen sich vielleicht: „Wenn selbst das Blut, das dem Papst gegeben wird, nicht sicher ist,
wie steht es dann mit den Transfusionen, die uns Normalbürgern gegeben werden?“
15 „Aber kann man nicht das Blut auf Krankheiten testen?“ mag jemand fragen. Nun, betrachten wir zum
Beispiel den Hepatitis-B-Test. In einer medizinischen Fachzeitschrift wird dazu gesagt: „Die Zahl der Fälle von
Posttransfusionshepatitis hat mit der Einführung des allgemeinen Blut-Screenings abgenommen, doch 5 bis
10 % der Fälle von Posttransfusionshepatitis werden immer noch durch Hepatitis B hervorgerufen“ (Patient
Care, 28. Februar 1990).
16 Die Fehlerhaftigkeit solcher Tests zeigt sich auch in Verbindung mit einer anderen durch Blut übertragenen
Krankheit: Aids. Die Aids-Pandemie hat den Menschen mit aller Macht die Gefahren bewußtgemacht, die von
infiziertem Blut ausgehen. Zugegeben, heute gibt es Bluttests zum Nachweis des Virus. Doch nicht überall wird
das Blut getestet, und es hat den Anschein, als könnten manche das Aidsvirus jahrelang in sich tragen, ohne
4
1. Leben retten mit Blut – Wie?
daß es mit den üblichen Tests zu entdecken wäre. So können Patienten, wie es auch bereits geschehen ist,
Aids durch Blut bekommen, das getestet und für gut befunden wurde.
17 Die Ärzte L. T. Goodnough und J. M. Shuck erwähnten auch die „Immunsuppression“. Ja, die Anzeichen
mehren sich, daß selbst Blut, bei dem die Kreuzprobe richtig durchgeführt wurde, das Immunsystem schädigen
kann und damit Krebs und Tod Tür und Tor öffnet. So hat eine kanadische Studie „über Patienten mit Krebs im
Kopf- oder Halsbereich gezeigt, daß das Immunsystem derjenigen, die während der Entfernung eines Tumors
Blut erhielten, hinterher in einem wesentlich schlechteren Zustand war“ (The Medical Post, 10. Juli 1990). Ärzte
an der Universität von Südkalifornien berichteten: „Die Rückfallquote für alle Krebserkrankungen am Kehlkopf
betrug 14 % bei denjenigen, die kein Blut, und 65 % bei denjenigen, die Blut erhalten hatten. Bei
Krebserkrankungen der Mundhöhle, der Rachenhöhle und Nase oder der Nebenhöhlen betrug die
Rückfallquote 31 %, wenn keine Transfusionen, und 71 %, wenn Transfusionen verabreicht wurden“ (Annals of
Otology, Rhinology & Laryngology, März 1989). Die beeinträchtigte Immunität scheint auch ein Grund dafür zu
sein, daß Patienten, denen während einer Operation Blut gegeben wurde, anfälliger für Infektionen sind. (Siehe
den Kasten auf Seite 10.)
Gibt es Alternativen zum Blut?
18 Einige denken vielleicht: „Transfusionen sind zwar gefährlich. Aber gibt es denn irgendwelche Alternativen?“
Mit Sicherheit wünschen wir uns eine wirksame medizinische Betreuung. Können schwierige medizinische
Probleme ohne die Verwendung von Blut legitim und wirksam bewältigt werden? Erfreulicherweise ja. Eine
Ärztezeitschrift schrieb: „Ärzte, die sich des Risikos von Aids und anderen durch Blut übertragenen Infektionen
immer mehr bewußt werden, bewerten die Risiken und den Nutzen von Transfusionen neu und wenden sich
Alternativen zu, einschließlich der, auf Transfusionen ganz zu verzichten“ (The New England Journal of
Medicine, 7. Juni 1990).2
19 Seit langem lehnen Jehovas Zeugen Bluttransfusionen ab, und zwar in erster Linie nicht wegen der damit
verbundenen gesundheitlichen Risiken, sondern aus Gehorsam gegenüber Gottes Gesetz über das Blut
(Apostelgeschichte 15:28, 29). Dennoch haben geschickte Ärzte Zeugen Jehovas erfolgreich behandelt, ohne
dabei Blut mit den damit verbundenen Risiken zu verwenden. Einer der vielen Berichte darüber, die in der
medizinischen Literatur veröffentlicht worden sind, erschien im November 1990 in einer amerikanischen
Zeitschrift (Archives of Surgery). Darin wurde über Herztransplantationen an Zeugen Jehovas berichtet, deren
Gewissen einen solchen Eingriff ohne Verabreichung von Blut erlaubte. Es hieß: „Mehr als 25 Jahre Erfahrung
mit Herzoperationen an Zeugen Jehovas gipfelten in erfolgreichen Herztransplantationen ohne Verabreichung
von Blutprodukten . . . Es kam zu keinen perioperativen Todesfällen, und frühe Nachuntersuchungen haben
gezeigt, daß diese Patienten nicht zu einer stärkeren Abstoßungsreaktion neigten.“
Das wertvollste Blut
20 Aber jeder von uns, der sich gegen eine Bluttransfusion entschieden hat, muß sich die Gewissensfrage
stellen: „Warum? Was ist, ehrlich gesagt, mein wichtigster und eigentlicher Grund?“
21 Wie bereits erwähnt, gibt es wirksame Alternativen zu Blut, durch die man sich nicht den zahlreichen mit
Transfusionen verbundenen Gefahren aussetzt. Die Gefahr, sich Hepatitis oder Aids zuzuziehen, hat viele
sogar veranlaßt, aus nichtreligiösen Gründen Blut abzulehnen. Einige vertreten ihre Ansicht lautstark, fast so,
als würde ihr Leitspruch lauten: „Blut ist eine schlechte Medizin.“ Ein Christ könnte sich verleiten lassen, sich
ihnen anzuschließen. Aber das würde sich für ihn als eine Sackgasse erweisen. Wieso?
22 Wahre Christen sind sich darüber im klaren, daß selbst die hervorragendste ärztliche Behandlung in den
besten Krankenhäusern nicht verhindert, daß Menschen irgendwann sterben. Sie sterben mit oder ohne
Bluttransfusion. Wenn man das sagt, ist man kein Fatalist, sondern ein Realist. Der Tod ist heutzutage eine
Tatsache. Menschen, die Gottes Gesetz bezüglich des Blutes mißachten, leiden häufig unmittelbar oder später
an den Folgen; manche sterben sogar an einer Blutübertragung. Wie wir uns alle eingestehen müssen, hat
selbst jemand, der eine Transfusion überlebt, dadurch noch kein endloses Leben erlangt. Es erweist sich also,
daß durch Blut niemand für immer am Leben bleibt. Den meisten, die aus religiösen und/oder medizinischen
Gründen Blut ablehnen, aber andere Behandlungsmethoden akzeptieren, geht es, medizinisch gesehen, recht
gut. Sie mögen so ihr Leben um viele Jahre verlängern, jedoch nicht endlos.
23 Daß alle Menschen, die heute leben, unvollkommen und dem Sterbeprozeß unterworfen sind, bringt uns zur
biblischen Zentralwahrheit über das Blut. Gott wies die gesamte Menschheit an, kein Blut zu essen. Warum?
Weil es das Leben darstellt (1. Mose 9:3-6). Das mosaische Gesetz enthielt Gesetze, die darauf hindeuteten,
daß alle Menschen Sünder sind. Wie Gott den Israeliten sagte, konnten sie durch die Darbringung von
Tieropfern zeigen, daß ihre Sünden zugedeckt werden mußten (3. Mose 4:4-7, 13-18, 22-30). Von uns heute
verlangt er das zwar nicht, doch hat es immer noch Bedeutung. Gott hatte vor, ein Opfer zu beschaffen, das die
Sünden aller Gläubigen völlig sühnen konnte: das Lösegeld (Matthäus 20:28). Deshalb müssen wir Gottes
Ansicht über das Blut teilen.
2 Viele wirksame Alternativen werden in der von der Wachtturm-Gesellschaft 1990 herausgegebenen Broschüre Wie kann Blut dein
Leben retten? besprochen.
5
1. Leben retten mit Blut – Wie?
24 Es wäre falsch, grundsätzlich die in Verbindung mit Blut auftretenden gesundheitlichen Risiken in den
Mittelpunkt zu rücken, denn Gott tat das auch nicht. Für die Israeliten mag es gesundheitlich von Nutzen
gewesen sein, kein Blut zu sich zu nehmen, genauso wie es für sie von Nutzen war, kein Schweinefleisch oder
kein Fleisch von Aasfressern zu essen (5. Mose 12:15, 16; 14:7, 8, 11, 12). Denken wir indes daran, daß
Jehova nichts gegen das Essen des Fleisches solcher Tiere sagte, als er Noah erlaubte, Tierfleisch zu essen.
Er legte aber fest, daß Menschen kein Blut essen dürfen. Dabei ging es eigentlich nicht um mögliche
Gesundheitsrisiken. Sie waren nicht das Wesentliche an Gottes Blutverbot. Der Grund, warum seine Anbeter es
ablehnen sollten, sich durch Blut am Leben zu erhalten, war nicht in erster Linie, weil dies gesundheitsschädlich
war, sondern weil es unheilig war. Sie lehnten Blut ab, nicht weil es verunreinigt gewesen wäre, sondern weil es
in den Augen Gottes kostbar war. Nur durch Opferblut konnten sie Vergebung erlangen.
25 Genauso verhält es sich mit uns. Gemäß Epheser 1:7 erklärte der Apostel Paulus: „Durch ihn [Christus]
haben wir die Befreiung durch Lösegeld mittels des Blutes dieses einen, ja die Vergebung unserer
Verfehlungen, gemäß dem Reichtum seiner unverdienten Güte.“ Wenn Gott jemandem die Sünden vergibt und
ihn als gerecht betrachtet, hat er die Aussicht auf ewiges Leben. Jesu Blut kann somit als Lösegeld Leben
retten — auf Dauer, ja für immer.
[Kasten auf Seite 10]
TRANSFUSION UND INFEKTION
Am Ende einer umfassenden Betrachtung der Frage, ob Bluttransfusionen anfälliger für Infektionen machen
können, kam Dr. Neil Blumberg zu dem Schluß: „Von 12 Untersuchungen [zu diesem Thema] ergaben 10, daß
Transfusionen für sich allein signifikant mit dem erhöhten Risiko einer bakteriellen Infektion verknüpft sind . . .
Halten die immunologischen Auswirkungen von Transfusionen so lange an, wie einige Studien andeuten, dann
können auch Transfusionen, die einige Zeit vor einer Operation gegeben werden, die Widerstandsfähigkeit
gegen Infektionen beeinträchtigen . . . Wenn die vorliegenden Daten erweitert und bestätigt werden können,
sind akute postoperative Infektionen anscheinend die häufigste bedeutende Einzelkomplikation in Verbindung
mit homologen Transfusionen“ (Transfusion Medicine Reviews, Oktober 1990).
[Bild auf Seite 8]
Vergrößerte rote Blutkörperchen. „Jeder Mikroliter Blut enthält 4 Millionen bis 6 Millionen rote Blutkörperchen“
(„The World Book Encyclopedia“).
[Bildnachweis]
Kunkel-CNRI/PHOTOTAKE NYC
6
2. Medizin und Chirurgie ohne Blut – Immer stärker gefragt
2.
Medizin und Chirurgie ohne Blut – Immer stärker gefragt
g00 8. 1. S. 3 Pioniere der Medizin
Pioniere der Medizin
JOSÉ, einem 61jährigen Belgier aus Oupeye, sagten die Ärzte, er benötige eine Lebertransplantation. „Ich
bekam den größten Schreck meines Lebens“, erzählt er. Noch vor vierzig Jahren galt es als unmöglich, eine
Leber zu verpflanzen. Selbst in den 70er Jahren überlebten nur etwa 30 Prozent eine solche Operation. Heute
hingegen gehören Lebertransplantationen zur medizinischen Routine, und die Erfolgsquote liegt wesentlich
höher.
Allerdings wird die Sache immer noch durch einen wichtigen Faktor erschwert: Da das Verpflanzen einer Leber
häufig mit überaus starken Blutungen verbunden ist, wird von den Ärzten während der Operation in aller Regel
Blut übertragen. José indes lehnte seiner religiösen Überzeugung wegen Blut ab. Die Lebertransplantation
jedoch wollte er durchaus. So mancher würde eine Operation unter diesen Voraussetzungen für unmöglich
halten. Nach Ansicht des verantwortlichen Chirurgen aber standen für ihn und seine Kollegen die Chancen sehr
gut, den Patienten erfolgreich ohne Bluttransfusionen zu operieren. Und genau das taten sie auch. Nur 25 Tage
nach der Operation war José wieder zu Hause bei seiner Frau und seiner Tochter.3
Dank der Fähigkeiten von „Helden der Medizin“, wie sie das US-Nachrichtenmagazin Time bezeichnete, ist es
mittlerweile immer mehr üblich, bei medizinischer Behandlung und Operationen auf Bluttransfusionen zu
verzichten. Warum aber ist diese Vorgehensweise so stark gefragt? Um diese Frage zu beantworten, wollen wir
uns etwas näher mit der problematischen Geschichte der Übertragung von Blut beschäftigen.
[Bild auf Seite 3]
Bislang mehr als 90 000 Ärzte weltweit haben sich bereit erklärt, Zeugen Jehovas ohne Blut zu behandeln
g00 8. 1. S. 4-6 Bluttransfusionen — Die lange Geschichte eines
umstrittenen Verfahrens
Bluttransfusionen — Die lange Geschichte eines umstrittenen Verfahrens
„Wären rote Blutkörperchen ein neues Medikament, hätten wir die größten Schwierigkeiten, eine Zulassung zu
erhalten“ (Dr. Jeffrey McCullough).
IN EINER kalten Winternacht des Jahres 1667 brachte man einen tobsüchtigen Geistesgestörten namens
Antoine Mauroy zu Jean-Baptiste Denis, einem Leibarzt König Ludwigs XIV. von Frankreich. Denis kannte ein
perfektes „Heilmittel“ für Mauroys Geisteskrankheit: Er übertrug ihm das Blut eines Kalbes in dem Glauben, das
würde seinen Patienten besänftigen. Aber Mauroy sollte dies gar nicht gut bekommen. Zwar verbesserte sich
sein Zustand nach der zweiten Transfusion vorübergehend. Doch bald erlitt der Franzose wieder Anfälle von
Wahnsinn und starb kurz darauf.
Obgleich später festgestellt wurde, daß Mauroy in Wirklichkeit an einer Arsenvergiftung gestorben war, lösten
Denis’ Experimente mit Tierblut in Frankreich eine hitzige Kontroverse aus. 1670 wurden Transfusionen
schließlich verboten. Später schlossen sich das englische Parlament und sogar der Papst dem Verbot an. Für
die darauffolgenden 150 Jahre geriet das Verfahren in Vergessenheit.
Gefahren in der Anfangszeit
Im 19. Jahrhundert kamen Bluttransfusionen wieder auf. Eingeleitet wurde dieses Comeback von James
Blundell, einem englischen Arzt und Geburtshelfer. Blundell wandte fortschrittlichere Methoden an, entwickelte
modernere Geräte und beharrte vor allem darauf, grundsätzlich nur menschliches Blut zu verwenden. Das hatte
zur Folge, daß das Interesse an Transfusionen neu belebt wurde.
Allerdings wurde 1873 die Renaissance der Transfusion gebremst durch eine erschreckende Entdeckung des
polnischen Arztes F. Gesellius: Er stellte fest, daß mehr als die Hälfte aller Transfusionen tödlich geendet
hatten. Daraufhin begannen angesehene Ärzte, dieses Verfahren zu verurteilen. Erneut ließ die Beliebtheit von
Transfusionen stark nach.
Dann optimierte 1878 der französische Arzt Georges Hayem eine Salzlösung, die sich seiner Auffassung nach
als Blutersatz eignete. Im Gegensatz zu Blut hatte die Salzlösung keine Nebenwirkungen, sie gerann nicht und
ließ sich leicht transportieren. Folglich fand Hayems Salzlösung breite Anwendung. Merkwürdigerweise gab
man jedoch bald wieder Blut den Vorzug. Warum?
Im Jahr 1900 entdeckte der österreichische Pathologe Karl Landsteiner, daß es unterschiedliche Arten
menschlichen Blutes gibt und daß eine Blutgruppe mit den meisten anderen Blutgruppen nicht kompatibel ist.
3 Nach Auffassung von Jehovas Zeugen bleibt es der Gewissensentscheidung des einzelnen überlassen, ob er einer Organverpflanzung
zustimmt.
7
2. Medizin und Chirurgie ohne Blut – Immer stärker gefragt
Kein Wunder, daß in der Vergangenheit so viele Transfusionen tödlich geendet hatten! Jetzt ließ sich das
ändern, indem man einfach sicherstellte, daß die Blutgruppe des Spenders mit der des Empfängers
übereinstimmte. Dank dieser Erkenntnis gewannen die Ärzte neues Vertrauen in die Transfusionstherapie —
gerade rechtzeitig zum Ersten Weltkrieg!
Bluttransfusionen und Krieg
Im Ersten Weltkrieg wurde verletzten Soldaten großzügig Blut übertragen. Natürlich gerinnt Blut schnell, und in
früheren Zeiten wäre es so gut wie unmöglich gewesen, Blut zu den Schlachtfeldern zu bringen. Doch Anfang
des 20. Jahrhunderts stellte Dr. Richard Lewisohn vom Mount Sinai Hospital in New York erfolgreiche Versuche
mit Natriumcitrat an, einer Substanz, die die Blutgerinnung hemmt. Dieser außergewöhnliche Durchbruch wurde
von manchen Ärzten geradezu als Wunder gefeiert. „Es war fast so, als sei die Sonne plötzlich stillgestanden“,
schrieb Dr. Bertram M. Bernheim, ein namhafter Arzt seiner Zeit.
Der Zweite Weltkrieg steigerte die Nachfrage nach Blut. Überall wurden Plakate angeschlagen mit Slogans
wie: „Spende jetzt Blut!“, „Ihr Blut kann ihn retten“ oder: „Er gab sein Blut. Werden Sie Ihres geben?“ Der Aufruf,
Blut zu spenden, stieß auf großen Widerhall. Während des Zweiten Weltkriegs wurden in den Vereinigten
Staaten gut 13 000 000 Einheiten Blut gespendet. Man schätzt, daß in London über 260 000 Liter Blut
gesammelt und verteilt wurden. Bluttransfusionen bargen jedoch eine ganze Reihe gesundheitlicher Risiken,
wie bald deutlich wurde.
Durch Blut übertragene Krankheiten
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden dank großer Fortschritte in der Medizin manche Operationen möglich, die
früher undenkbar gewesen wären. Der Bedarf an Blut nahm zu, weil Ärzte Transfusionen zunehmend als
Standardverfahren bei Operationen einsetzten. Das rief einen Geschäftszweig ins Leben, in dem sich weltweit
jedes Jahr viele Milliarden Dollar verdienen ließen.
Bald jedoch machte sich Besorgnis breit wegen transfusionsbedingter Erkrankungen. Im Koreakrieg zum
Beispiel zogen sich knapp 22 Prozent der Soldaten, die Blutplasma erhielten, Hepatitis zu — eine fast dreimal
höhere Rate als im Zweiten Weltkrieg. In den 70er Jahren schätzten die US-Zentren für
Gesundheitsüberwachung die Zahl der Todesfälle infolge transfusionsbedingter Hepatitis auf jährlich 3 500.
Andere sprachen von der zehnfachen Zahl.
Wohl ging dank besserer Testverfahren und sorgfältigerer Auswahl der Spender die Zahl der Fälle zurück, in
denen durch infiziertes Blut Hepatitis B übertragen wurde. Doch bald forderte eine neue, nicht selten
todbringende Form des Virus zahlreiche Opfer: Hepatitis C. Man schätzt, daß sich vier Millionen Amerikaner mit
dem Virus infizierten, Hunderttausende davon durch Bluttransfusionen. Zwar sank im Lauf der Zeit auch die
Häufigkeit von Hepatitis-C-Infektionen dank gründlicher Testmethoden. Aber nach wie vor befürchten manche
das Auftreten neuer Gefahren, die man erst verstehen wird, wenn es bereits zu spät ist.
HIV-verseuchtes Blut — ein weiterer Skandal
In den 80er Jahren fand man heraus, daß Blut mit HIV verseucht sein kann, dem Virus, das Aids verursacht.
Anfänglich widerstrebte es den Betreibern der Blutbanken zutiefst, die Möglichkeit, ihre Blutvorräte könnten
verseucht sein, auch nur in Betracht zu ziehen. Überhaupt standen viele von ihnen einer HIV-Gefahr zu Anfang
recht skeptisch gegenüber. Dr. Bruce Evatt erinnert sich: „Es war, als wäre jemand aus der Wüste aufgetaucht
und hätte behauptet: ,Ich habe einen Außerirdischen gesehen.‘ Sie hörten mir zu, doch sie wollten es einfach
nicht glauben.“
Gleichwohl erlebte ein Land nach dem anderen Skandale um HIV-verseuchtes Blut. Schätzungsweise 6 000
bis 8 000 Menschen wurden in Frankreich durch Transfusionen mit HIV infiziert, die zwischen 1982 und 1985
verabreicht wurden. 10 Prozent der HIV-Infektionen in Afrika und 40 Prozent der Aidserkrankungen in Pakistan
werden auf Transfusionen zurückgeführt. In den entwickelten Staaten kommt mittlerweile dank verbesserter
Testverfahren eine Übertragung von HIV nur noch selten vor. In Entwicklungsländern hingegen, wo solche
Tests fehlen, ist dies nach wie vor ein Problem.
Verständlicherweise ist das Interesse an fremdblutfreier medizinischer Behandlung und Chirurgie in den letzten
Jahren gestiegen. Stellen diese Verfahren aber eine sichere Alternative dar?
[Kasten auf Seite 6]
Bluttransfusionen — kein medizinischer Standard
Jedes Jahr werden allein in den Vereinigten Staaten 3 000 000 Patienten 11 000 000 Einheiten
Erythrozytenkonzentrat übertragen. Bei einer solch hohen Zahl sollte man meinen, Ärzte würden sich nach
einem festgelegten Standard richten, wenn sie Blut übertragen. Doch das New England Journal of Medicine
stellt fest, es gebe erstaunlich wenig Daten, „an denen man sich bei der Entscheidung zu transfundieren
orientieren könnte“. Tatsächlich wird in der Praxis höchst unterschiedlich vorgegangen, nicht nur in der Frage,
welche Komponenten in welcher Menge transfundiert werden, sondern auch, ob überhaupt eine Transfusion
angezeigt ist. „Ob transfundiert wird, hängt nicht vom Patienten ab, sondern vom Arzt“, heißt es in der
medizinischen Fachzeitschrift Acta Anæsthesiologica Belgica. Angesichts dessen überrascht es nicht, daß laut
einer im New England Journal of Medicine veröffentlichten Studie „schätzungsweise 66 Prozent aller
verabreichten Transfusionen unangemessen sind“.
8
2. Medizin und Chirurgie ohne Blut – Immer stärker gefragt
[Bilder auf Seite 5]
Der Zweite Weltkrieg steigerte die Nachfrage nach Blut
[Bildnachweis]
Imperial War Museum, London
U.S. National Archives photos
g00 8. 1. S. 7-11 Medizin und Chirurgie ohne Blut — Immer stärker gefragt
Medizin und Chirurgie ohne Blut — Immer stärker gefragt
„Alle, die mit Blut zu tun haben und chirurgische Patienten betreuen, müssen die Möglichkeiten der
fremdblutfreien Chirurgie in Betracht ziehen“ (Prof. Dr. Joachim Boldt, Professor für Anästhesie, Ludwigshafen).
DIE Aidstragödie hat Wissenschaftler und Ärzte dazu gezwungen, zusätzliche Vorkehrungen zu treffen, um die
Sicherheit bei Operationen zu erhöhen. Daß dazu noch gründlichere Bluttests erforderlich waren, liegt auf der
Hand. Doch nach Auskunft von Fachleuten läßt sich selbst durch diese Maßnahmen eine Gefährdung durch
Bluttransfusionen nicht völlig ausschließen. Diesbezüglich stand in der Fachzeitschrift Transfusion zu lesen:
„Obgleich die Gesellschaft als Ganzes enorme Mittel aufwendet, um die Blutversorgung so sicher zu gestalten
wie nie zuvor, werden Patienten nach unserem Dafürhalten auch in Zukunft Fremdbluttransfusionen einfach
deshalb zu umgehen suchen, weil es unmöglich ist, die Blutversorgung absolut sicher zu gestalten.“
Da überrascht es nicht, wenn viele Ärzte Transfusionen zunehmend skeptisch gegenüberstehen.
„Bluttransfusionen taugen im Grunde genommen gar nichts, und wir arbeiten ganz massiv daran, bei allen
Patienten darauf zu verzichten“, erklärt Dr. Alex Zapolanski aus San Francisco (Kalifornien).
Auch in der Öffentlichkeit wird man sich allgemein der Gefahren von Transfusionen bewußt. In einer Umfrage
in Kanada erklärten 1996 sogar 89 Prozent der Befragten, sie zögen eine Alternative zu Fremdblut vor. „Nicht
alle Patienten verweigern Fremdbluttransfusionen, wie es Jehovas Zeugen tun“, hieß es im Journal of Vascular
Surgery. „Dessenungeachtet führen uns die Risiken der Übertragung von Krankheiten und der
Immunmodulation deutlich vor Augen, daß wir für alle unsere Patienten Alternativen finden müssen.“
Eine bevorzugte Methode
Erfreulicherweise gibt es eine Alternative: fremdblutfreie Medizin und Chirurgie. Dies wird von vielen Patienten
nicht als letztmöglicher Ausweg angesehen, sondern als bevorzugte Behandlungsmethode, und das aus gutem
Grund. Wie Stephen Geoffrey Pollard, ein britischer Chirurg und Chefarzt, erklärte, ist unter den Patienten, bei
denen fremdblutfreie Chirurgie zum Einsatz kommt, die Erkrankungs- und Sterblichkeitsrate „mindestens
genauso niedrig wie bei Patienten, die Blut erhalten, und vielfach bleiben ihnen postoperative Infektionen und
sonstige Komplikationen erspart, die sich häufig auf Blutübertragungen zurückführen lassen“.
Was führte zur Entwicklung fremdblutfreier medizinischer Behandlungsmethoden? Diese Frage ist in gewissem
Sinn paradox, denn die fremdblutfreie Medizin existierte, schon lange bevor man anfing, Blut zu verwenden.
Eigentlich erreichte die Transfusionsmedizin erst Anfang des 20. Jahrhunderts einen solchen
Entwicklungsstand, daß sie routinemäßig praktiziert wurde. Dennoch ist in den letzten Jahrzehnten das Gebiet
der fremdblutfreien Chirurgie von einigen in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt worden. In den 60er
Jahren beispielsweise nahm der berühmte Chirurg Dr. Denton Cooley einige der ersten Operationen am
offenen Herzen vor, ohne Bluttransfusionen zu verwenden.
Als in den 70er Jahren die Zahl der Hepatitiserkrankungen unter Patienten stieg, die Transfusionen erhalten
hatten, begannen viele Ärzte, nach Alternativen zu Blut zu suchen. In den 80er Jahren gab es dann schon eine
ganze Reihe großer medizinischer Teams, die bei Operationen auf Bluttransfusionen verzichteten. Als
schließlich die Aidsepidemie ausbrach, baten andere Ärzte diese Teams immer wieder um Rat und
übernahmen bereitwillig die gleichen Techniken. In den 90er Jahren legten viele Krankenhäuser Programme
auf, um Patienten die Möglichkeit zu geben, sich für eine Behandlung ohne Blut zu entscheiden.
Mittlerweile haben Ärzte bei Operationen und Notfalleingriffen, die nach herkömmlichem Stand der Medizin
Transfusionen erforderten, erfolgreich fremdblutfreie Verfahren angewandt. D. H. W. Wong schrieb im
Canadian Journal of Anaesthesia: „Große Herz- und Gefäßoperationen sowie gynäkologische und
geburtshilfliche, orthopädische und urologische Eingriffe können erfolgreich ohne Verwendung von Blut oder
Blutpräparaten durchgeführt werden.“
Die fremdblutfreie Chirurgie hat unter anderem den Vorteil, daß dadurch eine hochwertigere medizinische
Versorgung gefördert wird. „Ob sich Blutverlust vermeiden läßt, hängt entscheidend von den Fähigkeiten des
Chirurgen ab“, erklärte Dr. Benjamin J. Reichstein, ein leitender Chirurg in Cleveland (Ohio, USA). In einer
juristischen Fachzeitschrift aus Südafrika stand zu lesen, unter gewissen Voraussetzungen ließen sich
Operationen „schneller, sauberer und preiswerter“ ohne Bluttransfusionen durchführen. Weiter hieß es darin:
„Als offenkundig hat sich erwiesen, daß sich die Nachsorge vielfach preiswerter und weniger zeitaufwendig
gestaltet.“ Das sind nur einige der Gründe, weshalb mittlerweile weltweit etwa 180 Krankenhäuser spezielle
Programme für fremdblutfreie Medizin und Chirurgie durchführen.
Blut und Jehovas Zeugen
9
2. Medizin und Chirurgie ohne Blut – Immer stärker gefragt
Jehovas Zeugen lehnen Bluttransfusionen aus biblischen Gründen ab. 4 Mit medizinischen Alternativen zu
Bluttransfusionen sind sie jedoch einverstanden, ja sie unterstützen nachdrücklich deren Entwicklung und
Anwendung. Dr. Richard K. Spence, vormaliger Direktor der Chirurgie an einem New Yorker Krankenhaus,
sagte über Jehovas Zeugen: „Sie setzen sich tatkräftig dafür ein, die beste medizinische Behandlung ausfindig
zu machen. Als Gruppe sind sie die bestinformierten Patienten, denen ein Chirurg je begegnen wird.“
Viele operative Techniken zur Vermeidung von Bluttransfusionen sind von Ärzten bei Operationen an Zeugen
Jehovas verfeinert worden. Ein Beispiel dafür ist die Erfahrung des Herz- und Gefäßchirurgen Dr. Denton
Cooley. Im Verlauf von 27 Jahren operierte sein Team 663 Zeugen Jehovas ohne Bluttransfusionen am offenen
Herzen. Seine Ergebnisse beweisen, daß Herzoperationen erfolgreich ohne Bluttransfusionen durchgeführt
werden können.
Zwar sind Jehovas Zeugen von vielen kritisiert worden, weil sie Bluttransfusionen ablehnen. Aber in den
Richtlinien, die der Verband der Anästhesisten in Großbritannien und Irland herausgegeben hat, wird die
Haltung der Zeugen „ein Zeichen der Achtung vor dem Leben“ genannt. Und tatsächlich ist die konsequente
Haltung von Jehovas Zeugen eine treibende Kraft für die Entwicklung sicherer medizinischer
Behandlungsmethoden gewesen, die mittlerweile allen Patienten zugute kommen. Professor Stein A. Evensen
vom Norwegischen Nationalen Krankenhaus schreibt: „Zeugen Jehovas, die eine Operation benötigten, haben
den Weg gewiesen und für den nötigen Druck gesorgt, auf einem wichtigen Sektor des norwegischen
Gesundheitswesens Verbesserungen zu erzielen.“
Um Ärzte darin zu unterstützen, Patienten ohne Bluttransfusionen zu behandeln, haben Jehovas Zeugen einen
Hilfs- und Vermittlungsdienst ins Leben gerufen. Gegenwärtig sind weltweit mehr als 1 400 KrankenhausVerbindungskomitees in der Lage, Ärzte und Forscher mit Informationen aus einer Datenbank mit über 3 000
Artikeln zu versorgen, die sich mit fremdblutfreier Medizin und Chirurgie beschäftigen. „Dank der Tätigkeit der
Krankenhaus-Verbindungskomitees der Zeugen ist es heute nicht nur bei Zeugen Jehovas, sondern bei
Patienten allgemein weniger wahrscheinlich, daß sie unnötig Blut übertragen bekommen“, erklärte Dr. Charles
Baron, Professor an der Boston College Law School.5
Die Informationen zu fremdblutfreier Medizin und Chirurgie, die von Jehovas Zeugen zusammengetragen
wurden, sind vielen Medizinern zugute gekommen. Bei der Sammlung von Stoff für ein Buch mit dem Titel
Autotransfusion: Therapeutic Principles and Trends beispielsweise baten die Verfasser Jehovas Zeugen um
Informationen über Alternativen zu Bluttransfusionen. Sie kamen dieser Bitte gern nach. Dankbar schrieben die
Autoren später: „Bei all unseren Nachforschungen zu diesem Thema ist uns keine vergleichbar präzise und
vollständige Liste von Strategien begegnet, wie sich Fremdbluttransfusionen vermeiden lassen.“
Der Fortschritt auf dem Gebiet der Medizin hat viele dazu veranlaßt, der fremdblutfreien Medizin
Aufmerksamkeit zu schenken. In welche Richtung wird die Entwicklung weitergehen? Professor Luc
Montagnier, der Entdecker des Aidsvirus, erklärte: „Unser fortschreitendes Verständnis auf diesem Gebiet zeigt
uns, daß Bluttransfusionen eines Tages zwangsläufig ganz abgeschafft werden.“ Unterdessen retten die
Alternativen zu Bluttransfusionen schon heute vielen das Leben.
[Kasten/Bilder auf Seite 7]
Aussagen einiger Ärzte
„Die fremdblutfreie Chirurgie eignet sich nicht nur für Zeugen Jehovas, sondern für alle Patienten. Meiner
Meinung nach sollte sich jeder Arzt damit beschäftigen“ (Prof. Dr. Joachim Boldt, Professor für Anästhesie,
Ludwigshafen).
„Zwar sind Bluttransfusionen heute sicherer als früher, doch bergen sie immer noch Risiken, unter anderem
immunologisch ausgelöste Reaktionen sowie Infektionen mit Hepatitis oder sexuell übertragbaren Krankheiten“
(Prof. Dr. Terrence Sacchi, außerordentlicher Professor für Medizin).
„Die meisten Ärzte haben einen automatischen Transfusionsreflex: Sie transfundieren großzügig und wahllos.
Ich tue das nicht“ (Dr. Alex Zapolanski, Direktor der Herzchirurgie am San Francisco Heart Institute).
„Es gibt meines Erachtens keine konventionelle Operation im Abdomen, die bei einem Patienten mit normaler
Ausgangssituation routinemäßig eine Bluttransfusion erfordern würde“ (Prof. Dr. Johannes Scheele, Professor
für Chirurgie, Jena).
[Bilder]
Prof. Dr. Joachim Boldt
Prof. Dr. Terrence J. Sacchi
[Kasten/Bilder auf Seite 8, 9]
Medizin und Chirurgie ohne Blut
Einige Methoden
4 Siehe 3. Mose 7:26, 27; 17:10-14; 5. Mose 12:23-25; 15:23; Apostelgeschichte 15:20, 28, 29; 21:25.
5 Auf entsprechende Einladung hin geben Krankenhaus-Verbindungskomitees auch Präsentationen vor dem medizinischen Personal
von Krankenhäusern. Wenn sie ausdrücklich darum gebeten werden, unterstützen sie außerdem Patienten dabei, rechtzeitig und offen
mit dem verantwortlichen Arzt zu sprechen und eine gute Kommunikation aufrechtzuerhalten.
10
2. Medizin und Chirurgie ohne Blut – Immer stärker gefragt
Flüssigkeiten: Ringer-Laktat-Lösung, Dextran, Hydroxyäthylstärke und andere Lösungen werden verwendet,
um das Kreislaufvolumen aufrechtzuerhalten und einen hypovolämischen Schock zu verhindern. Einige
Flüssigkeiten, die gegenwärtig klinisch geprüft werden, können Sauerstoff transportieren.
Medikamente: Mit gentechnisch hergestellten Proteinen läßt sich die Produktion von roten Blutkörperchen
(Erythropoetin), Blutplättchen (Interleukin-11) und verschiedenen weißen Blutkörperchen (GM-CSF, G-CSF)
anregen. Andere Medikamente bewirken einen deutlich geringeren Blutverlust während einer Operation
(Aprotinin, Antifibrinolytika) oder tragen dazu bei, akute Blutungen zu stillen (Desmopressin).
Biologische Klebstoffe: Kollagen und Gazestreifen mit Zellulose werden örtlich angewandt, um Blutungen zu
stillen. Mit Fibrinkleber und vergleichbaren Präparaten lassen sich Stichwunden verschließen oder große
blutende Gewebeflächen versiegeln.
Blutrückgewinnung: Mittels entsprechender Maschinen läßt sich Blut, das während einer Operation oder bei
einer Verletzung austritt, rückgewinnen. Das Blut wird gereinigt und kann dem Patienten in einem
geschlossenen Kreislauf wieder zugeführt werden. In extremen Fällen können durch ein solches System
mehrere Liter Blut zurückgewonnen werden.
Operationsinstrumente: Manche Geräte ermöglichen es, zu schneiden und gleichzeitig Blutgefäße zu
verschließen. Andere Geräte können Blutungen auf großen Gewebeflächen stillen. Laparoskopische und
minimalinvasive Instrumente erlauben operative Eingriffe ohne den Blutverlust, der mit großen Schnitten
einhergeht.
Operationstechniken: Gründliche Planung des Eingriffs unter Beratung mit erfahrenen Klinikern hilft einem
Operationsteam, Komplikationen zu vermeiden. Unerläßlich ist sofortiges Handeln, um Blutungen zu stillen.
Verzögerungen von mehr als 24 Stunden erhöhen deutlich das Sterblichkeitsrisiko für den Patienten. Können
große Operationen in mehrere kleinere Eingriffe aufgeteilt werden, verringert sich insgesamt der Blutverlust.
[Kasten/Bilder auf Seite 10]
Fremdblutfreie Medizin
Der neue „Behandlungsstandard“?
ERWACHET! sprach mit vier Fachleuten auf dem Gebiet der fremdblutfreien Medizin und Chirurgie über die
Vorteile.
Wer außer Patienten, die Bluttransfusionen aus religiösen Gründen ablehnen, zeigt noch Interesse an
fremdblutfreier Medizin?
Spahn: In unserem Zentrum sind es in der Regel außergewöhnlich gut informierte Patienten, die um
fremdblutfreie medizinische Behandlung bitten.
Shander: 1998 übertraf die Zahl der Patienten, die aus persönlichen Gründen Blut ablehnten, die Zahl derer,
die dafür religiöse Gründe angaben.
Boyd: Nehmen wir zum Beispiel Krebspatienten. Schon häufig hat es sich erwiesen, daß sie schneller gesund
werden und die Krankheit seltener wieder auftritt, wenn sie keine Bluttransfusionen erhalten.
Spahn: Oft verzichten wir bei der Behandlung von Universitätsprofessoren und ihren Angehörigen auf
Bluttransfusionen. Selbst die Chirurgen bitten uns, Bluttransfusionen zu vermeiden! Ein Chirurg beispielsweise
kam wegen seiner Frau zu uns, die eine Operation benötigte. Er sagte: „Sorgen Sie auf jeden Fall für eines: daß
sie keine Bluttransfusion erhält!“
Shander: Zu mir sagten Mitarbeiter meiner Anästhesieabteilung: „Den Patienten, die keine Bluttransfusionen
erhalten, geht es genausogut, wenn nicht sogar besser. Warum haben wir denn zweierlei
Behandlungsstandards? Wenn das die beste Behandlung ist, sollten wir jeden so behandeln.“ Also erhoffen wir
uns nun, daß fremdblutfreie Medizin der Behandlungsstandard wird.
Earnshaw: Es trifft sich zwar gut, daß fremdblutfreie Chirurgie für Zeugen Jehovas besonders wichtig ist. Aber
eigentlich möchten wir jeden Patienten so behandeln.
Ist die fremdblutfreie Behandlungsweise mit mehr oder mit weniger Kosten verbunden?
Earnshaw: Sie spart Kosten.
Shander: Durch fremdblutfreie Medizin lassen sich 25 Prozent Kosten einsparen.
Boyd: Schon allein aus diesem Grund sollten wir sie praktizieren.
Wie weit ist die fremdblutfreie medizinische Behandlungsweise gediehen?
Boyd: Ich halte sie für sehr fortgeschritten. Allerdings sind die Möglichkeiten noch längst nicht erschöpft.
Ständig stoßen wir auf weitere gute Gründe, auf Blut zu verzichten.
[Bilder]
Donat R. Spahn, Professor für Anästhesie (Zürich)
Aryeh Shander, außerordentlicher Professor für Anästhesie (Vereinigte Staaten)
Peter Earnshaw, Mitglied des Royal College of Surgeons, Chefarzt für orthopädische Chirurgie (London)
Mark E. Boyd, Professor für Geburtshilfe und Frauenheilkunde (Kanada)
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2. Medizin und Chirurgie ohne Blut – Immer stärker gefragt
[Kasten auf Seite 11]
Die Rolle des Patienten
▪ Man sollte mit dem Arzt über Alternativen zu Bluttransfusionen sprechen, bevor eine Behandlung erforderlich
wird. Besonders wichtig ist das für Schwangere, Eltern von kleinen Kindern und für ältere Menschen.
▪ Man sollte seinen Willen schriftlich festlegen, besonders wenn es für diesen Zweck rechtsverbindliche
Dokumente gibt.
▪ Ist ein Arzt nicht bereit, ohne Bluttransfusionen zu behandeln, sollte man einen Arzt aufsuchen, der die
Wünsche des Patienten respektiert.
▪ Da manche Alternativen zu Bluttransfusionen Zeit erfordern, um ihre Wirkung zu entfalten, sollte man die
Behandlung nicht aufschieben, wenn man weiß, daß eine Operation nötig ist.
12
3. Blut – Warum so kostbar?
3.
Blut – Warum so kostbar?
g 8/06 S. 3-4 Was ist die kostbarste Flüssigkeit?
Was ist die kostbarste Flüssigkeit?
„Blut ist für das Gesundheitswesen so wichtig wie Öl für das Transportwesen“ (Arthur Caplan, Direktor des
Zentrums für Bioethik an der University of Pennsylvania).
ÖL — ist das die kostbarste aller Flüssigkeiten? Angesichts der oft extrem steigenden Benzinkosten könnten
heute viele so denken. Allerdings trägt jeder Mensch ständig mehrere Liter einer Flüssigkeit in sich, die weit
kostbarer ist. Zum Vergleich: Jedes Jahr werden Milliarden Barrel Öl aus der Erde geholt, um den Durst der
Menschheit nach Treibstoff zu stillen. Im gleichen Zeitraum werden Menschen rund 90 Millionen Einheiten Blut
abgenommen, weil man darauf hofft, Kranken helfen zu können.6 Diese kaum fassbare Zahl entspricht der
Blutmenge von etwa 8 Millionen Menschen.
Doch genau wie Öl scheint auch das Blut knapp zu sein. In aller Welt warnen Mediziner vor Engpässen bei der
Blutversorgung. (Siehe den Kasten „Verzweifelte Maßnahmen“.) Was macht Blut so kostbar?
Ein einzigartiges Organ
Aufgrund seiner erstaunlichen Komplexität wird Blut oft als Organ bezeichnet. „Blut ist eins von vielen Organen
— wirklich wunderbar und einzigartig“, erklärte Dr. Bruce Lenes gegenüber Erwachet!. Und wie einzigartig! Ein
Anatomiebuch beschreibt Blut als „das einzige flüssige Organ“ des Körpers. Dasselbe Werk nennt Blut
außerdem „ein lebendes Transportsystem“. Was bedeutet das?
„Man kann das Kreislaufsystem mit den Kanälen von Venedig vergleichen“, erklärt der Wissenschaftler
N. Leigh Anderson. „Es transportiert viel Nützliches, aber auch jede Menge Abfälle.“ Auf der Reise des Blutes
durch unser rund 100 000 Kilometer langes Kreislaufsystem kommt es mit fast jedem Gewebe des Körpers in
Kontakt, einschließlich Herz, Nieren, Leber und Lunge — lebenswichtige Organe, die ohne Blut nicht
funktionieren könnten.
Das Blut versorgt die Zellen des Körpers mit viel „Nützlichem“ wie Sauerstoff, Nährstoffen und Helfern der
Immunabwehr, doch es transportiert auch „Abfälle“ wie giftiges Kohlendioxid, den Inhalt schadhafter und
absterbender Zellen und andere Abfallprodukte. Die Rolle des Blutes bei der Abfallbeseitigung erklärt unter
anderem, warum der Kontakt mit Blut, das den Körper verlassen hat, gefährlich sein kann. Zudem kann
niemand wirklich garantieren, dass sämtliche „Abfälle“ im Blut identifiziert und entfernt wurden, bevor es jemand
anders verabreicht wird.
Ohne Frage erfüllt das Blut lebenswichtige Funktionen. Eben deshalb ist es in der Medizin üblich geworden,
Patienten nach einem Blutverlust Blut zu transfundieren. Viele Ärzte würden sicherlich sagen, diese
medizinische Verwendung von Blut mache es so kostbar. Doch auf medizinischem Gebiet findet ein Umdenken
statt. Man könnte auch von einer stillen Revolution sprechen. Heute geben viele Ärzte und Chirurgen nicht mehr
so schnell Blut wie früher. Warum nicht?
[Kasten/Bild auf Seite 4]
Verzweifelte Maßnahmen
Nach Schätzungen von Medizinern fehlen jährlich weltweit rund 200 Millionen Einheiten Spenderblut. Obwohl
82 Prozent der Erdbevölkerung in Entwicklungsländern leben, werden dort weniger als 40 Prozent aller
Blutspenden aufgebracht. Viele der dortigen Krankenhäuser müssen ohne Blut zurechtkommen. Wie die in
Kenia erscheinende Zeitung The Nation berichtet, werden „täglich fast die Hälfte aller Eingriffe, für die eine
Bluttransfusion erforderlich wäre, gestrichen oder verschoben, weil nicht genügend Blutkonserven vorhanden
sind“.
Nicht selten kommt es auch in wohlhabenden Ländern zu Engpässen bei der Blutversorgung. Bedingt durch
das höhere Alter der Bevölkerung und fortschrittliche medizinische Verfahren wird immer mehr operiert.
Gleichzeitig werden heutzutage immer mehr potenzielle Blutspender entweder wegen ihres riskanten
Lebensstils abgelehnt oder weil sie auf Reisen diversen Krankheiten oder Parasiten ausgesetzt waren.
Wie es scheint, sind die Blutspendedienste allmählich am Verzweifeln. Manchmal sind selbst Jugendliche,
deren Lebensstil im Allgemeinen weniger riskant ist, als Spender für sicheres Blut willkommen. Beispielsweise
stammen 70 Prozent des in Simbabwe gespendeten Blutes von Schulkindern. Blutspendezentren haben länger
geöffnet, und in manchen Ländern bietet man sogar eine Entschädigung an, um Spender zu gewinnen und zum
Wiederkommen zu motivieren. Bei einer Kampagne in der Tschechischen Republik wurden Bürger eingeladen,
Blut im Tausch gegen gehörige Mengen Freibier zu spenden! Und in einer Region Indiens haben die Behörden
kürzlich sogar von Tür zu Tür nach spendebereiten Personen gesucht, die helfen würden, den zur Neige
gegangenen Blutvorrat wieder aufzufüllen.
6 Eine Einheit Blut enthält 450 Milliliter.
13
3. Blut – Warum so kostbar?
g 8/06 S. 5-9 Transfusionsmedizin — Was bringt die Zukunft?
Transfusionsmedizin — Was bringt die Zukunft?
„Die Transfusionsmedizin wird auch künftig immer etwas einem Marsch durch tropischen Regenwald gleichen,
wo man selbst auf vertrauten Pfaden vorsichtig sein muss, denn schon hinter dem nächsten Baum könnten
auf den Unvorsichtigen neue, unbekannte Gefahren lauern“ (Ian M. Franklin, Professor für
Transfusionsmedizin).
NACHDEM die weltweite Aidsepidemie in den 1980er Jahren die Aufmerksamkeit auf Blut gelenkt hatte,
intensivierte man die Bemühungen, „unbekannte Gefahren“ auszuräumen. Doch nach wie vor gibt es gewaltige
Hindernisse. Im Juni 2005 räumte die Weltgesundheitsorganisation ein: „Die Chance, eine sichere
Bluttransfusion zu erhalten, variiert sehr stark von einem Land zum anderen.“ Woran liegt das?
In vielen Ländern gibt es weder für die Blutspende noch für die Kontrolle und den Transport von Blut und
Blutprodukten staatlich koordinierte und überwachte Sicherheitsstandards. Manchmal werden Blutvorräte sogar
gefährlich gelagert — etwa in schlecht gewarteten Haushaltskühlschränken oder in simplen Kühlboxen! Wenn
wirksame Sicherheitsstandards fehlen, können Patienten durch Blut zu Schaden kommen, das Hunderte oder
sogar Tausende von Kilometern entfernt gespendet wurde.
Blut ohne infektiöse Erreger — ein schwer erreichbares Ziel
Manche Staaten behaupten, ihre Blutkonserven seien noch nie so sicher gewesen wie heute. Dennoch gibt es
immer noch Gründe zur Vorsicht. Auf der ersten Seite eines gemeinsamen Informationsrundschreibens dreier
führender Blutversorgungseinrichtungen in den USA heißt es: „WARNUNG: Vollblutkonserven und
Blutbestandteile werden aus menschlichem Blut gewonnen und können daher infektiöse Erreger übertragen,
z. B. Viren. . . . Sorgfältige Auswahl der Spender und verfügbare Labortests können das Risiko nicht völlig
beseitigen.“
Nicht ohne Grund erklärte Peter Carolan von der Internationalen Föderation der Rotkreuz- und
Rothalbmondgesellschaften: „Absolute Garantien für die Sicherheit der Blutkonserven kann es nicht geben.“ Er
fügte hinzu: „Es werden immer neue Infektionen auftreten, für die es derzeit keine Tests gibt.“
Was wäre, wenn ein neuer infektiöser Erreger auftreten würde — einer, der sich wie HIV lange in einem nicht
nachweisbaren Übertragungsstadium befindet und leicht durch Blut übertragen wird? Diese Vorstellung sei
ernüchternd, sagte Dr. Harvey G. Klein von den Nationalen Gesundheitsinstituten der USA auf einem
Ärztekongress in Prag (April 2005). Ferner erklärte er: „Die Blut- und Plasmaspendedienste wären nicht
wesentlich besser vorbereitet, eine durch Transfusionen verbreitete Epidemie abzufangen, als in den
Anfangstagen von Aids.“
Verwechslungen und Transfusionsreaktionen
Was sind die größten Transfusionsrisiken für Patienten in den Industrienationen? Menschliches Versagen und
Immunreaktionen. Über eine Studie aus dem Jahr 2001 hieß es in der Globe and Mail, Tausende von
Bluttransfusionen wären beinahe schlecht ausgegangen, weil „die Blutprobe dem falschen Patienten
abgenommen oder falsch beschriftet wurde oder weil Blut für den falschen Patienten angefordert wurde“.
Derartige Verwechslungen haben zwischen 1995 und 2001 in den USA mindestens 441 Menschen das Leben
gekostet.
Die Empfänger von Spenderblut gehen im Wesentlichen die gleichen Risiken ein wie Empfänger einer
Organtransplantation. Fremdes Gewebe löst in der Regel eine Immunreaktion aus. In manchen Fällen können
Bluttransfusionen tatsächlich die normale Funktion des Immunsystems unterdrücken. Kommt es zu einer
solchen Immunsuppression, wird der Patient anfällig für postoperative Infektionen und zuvor inaktive Viren. Es
erstaunt kaum, dass Professor Franklin, der eingangs zitiert wurde, Ärzten rät: „Überlegen Sie es sich doppelt
und dreifach, ehe Sie eine Transfusion anordnen.“
Offene Worte von Fachleuten
Angesichts dieser Erkenntnisse bewerten immer mehr Fachleute im Gesundheitswesen die
Transfusionsmedizin kritischer als früher. In der Fachpublikation Dailey’s Notes on Blood heißt es: „Manche
Ärzte betrachten allogenes Blut [Blut von einem anderen Menschen] als gefährliche Substanz, die verboten
wäre, wenn sie nach denselben Standards beurteilt würde wie andere Medikamente.“
Ende 2004 äußerte sich Professor Bruce Spiess wie folgt über die Transfusionen eines Hauptbestandteils von
Blut bei Herzoperationen: „Man findet kaum oder keine [medizinischen] Artikel, die belegen würden, dass
Transfusionen tatsächlich das Behandlungsergebnis verbessern.“ Tatsächlich würden viele solcher
Transfusionen, so Dr. Spiess, „in praktisch allen Situationen — außer bei schweren Verletzungen — womöglich
mehr schaden, als sie nützen“. Sie erhöhen „das Risiko für Lungenentzündung, Infektionen, Herzinfarkt und
Schlaganfall“.
Viele sind überrascht, wenn sie erfahren, dass die Standards für die Verabreichung von Blut nicht annähernd
so einheitlich sind, wie man erwarten dürfte. Vor kurzem erinnerte Dr. Gabriel Pedraza seine chilenischen
Kollegen daran, dass „die Transfusionspraxis nicht besonders genau definiert ist“, weshalb es schwer sei,
„allgemein anerkannte Richtlinien anzuwenden“. Es verwundert nicht, dass Brian McClelland, Direktor des
14
3. Blut – Warum so kostbar?
Bluttransfusionsdienstes für Edinburgh und Schottland, die Ärzte auffordert, „daran zu denken, dass eine
Transfusion eine Transplantation ist und daher nicht auf die leichte Schulter genommen werden darf“. Er
empfiehlt Ärzten, über die Frage nachzudenken: „Würde ich der Transfusion zustimmen, wenn es um mich oder
um mein Kind ginge?“
Tatsächlich äußert sich eine beträchtliche Anzahl Mediziner ähnlich wie ein Hämatologe, der gegenüber
Erwachet! erklärte: „Wir Spezialisten aus der Transfusionsmedizin lassen uns weder gern Blut geben, noch
geben wir gern Blut.“ Wenn einige qualifizierte Angehörige des Ärztestandes so empfinden, was soll dann der
Patient denken?
Wird sich in der Medizin etwas ändern?
Vielleicht fragen wir uns: „Wenn die Transfusionsmedizin so risikobehaftet ist, warum wird dann immer noch so
viel Blut verwendet, zumal es Alternativen gibt?“ Ein Grund ist, dass viele Ärzte einfach ungern ihre
Behandlungsmethoden ändern oder mit modernen Behandlungsalternativen zu Bluttransfusionen nicht vertraut
sind. Wie es in der Zeitschrift Transfusion hieß, „basieren die Transfusionsentscheidungen der Ärzte auf dem,
was sie einmal gelernt haben, auf ihrem professionellen Umfeld und auf ihrem ‚ärztlichen Urteil‘ “.
Das chirurgische Geschick des Arztes spielt ebenfalls eine Rolle. Wie Dr. Beverley Hunt (London) schreibt, „ist
der Blutverlust, abhängig von dem Chirurgen, sehr unterschiedlich; gleichzeitig steigt das Interesse, Chirurgen
in sorgfältiger chirurgischer Blutstillung auszubilden“. Andere sind der Ansicht, Behandlungsalternativen zu
Bluttransfusionen seien zu teuer, obwohl aktuelle Berichte das Gegenteil belegen. Viele Ärzte würden jedoch
dem zustimmen, was Dr. Michael Rose sagte: „Jeder Patient, der ohne Blut behandelt wird, erfährt im Grunde
die qualitativ beste chirurgische Behandlung, die möglich ist.“7
Medizinische Versorgung höchster Qualität — wünschen Sie sich das nicht auch? Dann haben Sie etwas mit
denjenigen gemeinsam, die Ihnen diese Zeitschrift überreicht haben. Im folgenden Artikel können Sie mehr
über die bemerkenswerte Haltung dieser Menschen zu Bluttransfusionen erfahren.
[Herausgestellter Text auf Seite 6]
„Überlegen Sie es sich doppelt und dreifach, ehe Sie eine Transfusion anordnen“ (Professor Ian M. Franklin)
[Herausgestellter Text auf Seite 6]
„Würde ich der Transfusion zustimmen, wenn es um mich oder um mein Kind ginge?“ (Brian McClelland)
[Kasten/Bild auf Seite 7]
Tod durch TRALI
Die transfusionsassoziierte akute Lungeninsuffizienz (TRALI) ist eine lebensbedrohliche Immunreaktion
infolge einer Bluttransfusion, über die erstmals Anfang der 1990er Jahre berichtet wurde. Inzwischen weiß man,
dass TRALI jährlich mehrere hundert Todesfälle verursacht. Weil die Symptome oft nicht erkannt werden,
könnte die Dunkelziffer nach Ansicht von Experten allerdings weit höher liegen. Die Ursache der Reaktion ist
zwar nicht genau bekannt, doch laut der Zeitschrift New Scientist stammt das Blut, das die Reaktion verursacht,
„anscheinend vorwiegend von Personen, die bereits verschiedenen Blutgruppen ausgesetzt waren, wie . . .
Spendern, die selbst schon mehrfach transfundiert wurden“. Laut einem Bericht zählt TRALI in den Vereinigten
Staaten und in Großbritannien mittlerweile zu den häufigsten transfusionsbedingten Todesursachen und das
macht TRALI „für Blutbanken zu einem größeren Problem als weithin bekannte Krankheiten wie HIV/Aids“.
[Kasten/Diagramm auf Seite 8, 9]
Die Zusammensetzung von Blut
Blutspendern wird meist Vollblut abgenommen, häufig allerdings auch nur Blutplasma. In manchen Ländern
wird zwar Vollblut transfundiert, doch in der Regel wird Blut in seine Hauptbestandteile zerlegt, bevor es getestet
und in der Transfusionsmedizin verwendet wird. Es folgt eine kurze Übersicht über die vier Hauptbestandteile
von Blut, ihre Funktion und ihren prozentualen Anteil am Blutvolumen.
PLASMA macht 52 bis 62 Prozent des Vollblutes aus. Blutplasma ist eine blassgelbe Flüssigkeit, in der
Blutkörperchen, Proteine und andere Substanzen schweben und befördert werden.
Plasma besteht zu 91,5 Prozent aus Wasser. Proteine, aus denen Plasmafraktionen gewonnen werden,
machen 7 Prozent des Plasmas aus (davon knapp 4 Prozent Albumine, weniger als 3 Prozent Globuline und
unter 1 Prozent Fibrinogen). Die restlichen 1,5 Prozent des Plasmas bestehen aus anderen Substanzen wie
Nährstoffen, Hormonen, Atemgasen, Elektrolyten, Vitaminen und Stickstoffabfällen.
WEISSE BLUTKÖRPERCHEN (Leukozyten) machen weniger als 1 Prozent des Vollblutes aus. Diese
attackieren und zerstören potenziell gefährliche Fremdkörper.
BLUTPLÄTTCHEN (Thrombozyten) machen weniger als 1 Prozent des Vollblutes aus. Bei einer Verletzung
bilden sie einen Pfropf, der verhindert, dass Blut austritt.
ROTE BLUTKÖRPERCHEN (Erythrozyten) machen 38 bis 48 Prozent des Vollblutes aus. Diese
Blutkörperchen erhalten das Körpergewebe am Leben, da sie es mit Sauerstoff versorgen und Kohlendioxid
abtransportieren.
7 Siehe den Kasten „Alternativen zur Bluttransfusion“ auf Seite 8.
15
3. Blut – Warum so kostbar?
Ebenso wie aus dem Blutplasma verschiedene Fraktionen gewonnen werden können, lassen sich aus
anderen Hauptbestandteilen kleinere Bestandteile (Fraktionen) isolieren. Hämoglobin beispielsweise ist eine
Fraktion der roten Blutkörperchen.
[Diagramm]
PLASMA
WASSER 91,5 %
PROTEINE 7 %
ALBUMINE
GLOBULINE
FIBRINOGEN
ANDERE SUBSTANZEN 1,5 %
NÄHRSTOFFE
HORMONE
ATEMGASE
ELEKTROLYTE
VITAMINE
STICKSTOFFABFÄLLE
[Bildnachweis]
Seite 9: Eingekreiste Blutbestandteile: This project has been funded in whole or in part with federal funds from
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Government
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Alternativen zur Bluttransfusion
In den vergangenen sechs Jahren haben die Krankenhaus-Verbindungskomitees für Zeugen Jehovas
weltweit Zehntausende Exemplare der Videodokumentation Konzepte für Transfusionsalternativen — einfach,
sicher und effektiv in rund 25 Sprachen an Ärzte und andere Fachleute im Gesundheitswesen verteilt.8 In der
Dokumentation äußern sich international anerkannte Ärzte zu effektiven Strategien, mit denen gegenwärtig
Patienten ohne Bluttransfusion behandelt werden. Die Dokumentation traf auf reges Interesse. Nachdem sich
Ende 2001 beispielsweise der britische National Blood Service (NBS) die Dokumentation angesehen hatte,
schrieb er alle Blutbanken und Transfusionsverantwortlichen in den Kliniken an und schickte ihnen die
Dokumentation. Die Empfänger wurden gebeten, sich die Dokumentation anzusehen, weil „sich immer mehr die
Ansicht durchsetzt, dass eines der Ziele einer guten klinischen Versorgung darin besteht, Bluttransfusionen wo
immer möglich zu vermeiden“. Wie es in dem Brief hieß, „ist die Grundaussage [des Videos] zu loben und wird
vom NBS voll unterstützt“.
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Fraktionierung — Die medizinische Verwendung von Blutfraktionen
Wissenschaftlich-technische Verfahren ermöglichen es heute, verschiedene Blutbestandteile zu identifizieren
und zu gewinnen. Ein solches Verfahren ist die Fraktionierung. Zur Veranschaulichung: Meerwasser besteht zu
96,5 Prozent aus Wasser. Die restlichen Substanzen wie Magnesium, Brom und natürlich Salz können durch
Fraktionierungsprozesse gewonnen werden. Ähnlich verhält es sich bei Blutplasma, das mehr als die Hälfte des
Volumens von Vollblut ausmacht und zu über 90 Prozent aus Wasser besteht. Aus dem Plasma lassen sich
Fraktionen gewinnen, unter anderem Proteine wie Albumin, Fibrinogen und diverse Globuline.
Im Rahmen einer Behandlung oder Therapie schlägt ein Arzt vielleicht vor, ein Konzentrat aus
Plasmafraktionen zu verwenden, beispielsweise ein proteinreiches Kryopräzipitat, das durch Einfrieren und
späteres Wiederauftauen von Plasma gewonnen wird. Dieser nicht lösliche Bestandteil des Plasmas ist reich an
Gerinnungsfaktoren und wird in der Regel verabreicht, um eine Blutung zu stoppen. Bei anderen Behandlungen
wird eventuell ein Produkt verwendet, das eine Blutfraktion enthält, sei es in kleinsten Mengen oder als primärer
Inhaltsstoff.9 Manche Plasmaproteine werden routinemäßig injiziert, um die Immunabwehr von Patienten zu
stärken, die infektiösen Substanzen ausgesetzt waren. Fast alle medizinisch verwendeten Blutfraktionen
bestehen aus Plasmaproteinen.
Wie die Science News schreibt, „haben Wissenschaftler erst einige hundert der schätzungsweise mehreren
tausend Proteine identifiziert, die im menschlichen Blut zirkulieren“. Da Blut auch künftig immer gründlicher
erforscht wird, werden aus diesen Proteinen möglicherweise neue Produkte gewonnen.
8 Wenn Sie die von Jehovas Zeugen herausgegebene DVD Transfusionsalternativen — Dokumentarserie sehen möchten, wenden Sie
sich bitte an einen Zeugen Jehovas.
9 Einige Produkte enthalten auch Fraktionen von Tierblut.
16
3. Blut – Warum so kostbar?
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Einige Gesundheitsfachkräfte sind sehr vorsichtig, was den Kontakt mit Blut angeht
g 8/06 S. 10-12 Der wahre Wert von Blut
Der wahre Wert von Blut
„Die Weltgemeinschaft teilt eine gemeinsame lebenswichtige Substanz: Blut. Es ist die Lebenskraft in allen
Menschen, gleichgültig welcher Hautfarbe, Herkunft oder Religion“ (Präsident der Generalversammlung der
Vereinten Nationen).
AN DIESEM Zitat ist zweifellos etwas Wahres. Blut ist für das menschliche Leben unverzichtbar. Es ist eine
wertvolle Substanz. Doch ist es tatsächlich ratsam und sicher, wenn Menschen diese Flüssigkeit aus
medizinischen Gründen mit anderen teilen?
Wie wir gesehen haben, sind die Sicherheitsstandards weltweit sehr unterschiedlich und Behandlungen, bei
denen Blut verwendet wird, sind riskanter, als viele glauben. Zudem gehen Ärzte ganz unterschiedlich mit Blut
um, abhängig von ihrer Ausbildung, ihren Fähigkeiten und Ansichten. Doch was Bluttransfusionen betrifft,
werden viele Mediziner immer vorsichtiger. Eine beträchtliche, immer größer werdende Anzahl Ärzte zieht
bereits medizinische Verfahren vor, bei denen kein Blut verwendet wird.
Das führt uns erneut zu der Frage, die zu Beginn dieser Artikelserie aufgeworfen wurde. Was macht Blut denn
eigentlich so kostbar? Wenn die medizinische Verwendung von Blut immer fragwürdiger wird, erfüllt Blut dann
womöglich einen anderen Zweck?
Der Schöpfer und Blut
Vor langer Zeit, nämlich in den Tagen unseres Urahns Noah, erließ Gott ein bemerkenswertes Gesetz.
Während er den Menschen erlaubte, das Fleisch von Tieren zu essen, verbot er ihnen den Verzehr von Blut
(1. Mose 9:4). Gott nannte ihnen auch den Grund dafür, indem er Blut mit der Seele oder dem Leben eines
Geschöpfs gleichsetzte. Später erklärte Gott: „Die Seele [das Leben] . . . ist im Blut.“ In den Augen des
Schöpfers ist Blut heilig. Es repräsentiert das kostbare Geschenk des Lebens, das jede lebende Seele besitzt.
Diesen Grundsatz hat Gott wiederholt dargelegt (3. Mose 3:17; 17:10, 11, 14; 5. Mose 12:16, 23).
Bald nach der Gründung des Christentums vor rund 2 000 Jahren erhielten die Gläubigen das göttliche Gebot,
sich „von Blut“ zu „enthalten“. Das Verbot basierte nicht auf medizinischen Gründen, sondern auf der Heiligkeit
des Blutes (Apostelgeschichte 15:19, 20, 29). Einige wenden ein, diese von Gott gegebene Einschränkung
gelte nur für das Essen von Blut, doch das Wort „enthalten“ spricht für sich selbst. Wenn uns ein Arzt raten
würde, uns von Alkohol zu enthalten, kämen wir wohl kaum auf den Gedanken, Alkohol intravenös
aufzunehmen.
Die Bibel erklärt auch genauer, warum Blut so heilig ist. Das vergossene Blut Jesu repräsentiert sein
menschliches Leben, das er für die Menschheit gab — es ist der Schlüssel zur christlichen Hoffnung. Es ist die
Grundlage für die Vergebung der Sünden und die Hoffnung auf ewiges Leben. Ein Christ, der sich des Blutes
enthält, demonstriert dadurch seinen Glauben, dass nur das vergossene Blut Jesu ihn wirklich erlösen und sein
Leben retten kann (Epheser 1:7).
Jehovas Zeugen sind weithin dafür bekannt, dass sie sich die biblischen Gebote in Verbindung mit Blut zu
Herzen nehmen. Sie lehnen alle Transfusionen von Vollblut ab sowie von den vier Hauptbestandteilen des
Blutes — rote Blutkörperchen, Plasma, weiße Blutkörperchen und Blutplättchen. Allerdings sagt die Bibel weder
etwas zu den verschiedenen Fraktionen, die aus diesen Bestandteilen gewonnen werden, noch zu Produkten,
die derartige Fraktionen enthalten. Hier trifft jeder Zeuge eine ganz persönliche Entscheidung. Bedeutet dieser
biblisch begründete Standpunkt, dass Jehovas Zeugen es ablehnen, sich medizinisch behandeln zu lassen,
oder leichtfertig mit ihrer Gesundheit und ihrem Leben umgehen? Auf keinen Fall! (Siehe den Kasten „Jehovas
Zeugen und die Gesundheit“.)
In den letzten Jahren haben nicht wenige Ärzte anerkannt, dass Zeugen Jehovas, die an dem biblischen
Maßstab festhielten, davon gesundheitlich profitierten. Beispielsweise sprach sich vor kurzem ein Neurochirurg
für Alternativen zu Bluttransfusionen aus. Er sagte: „Das ist eindeutig das sicherste Vorgehen, nicht nur für
Jehovas Zeugen, sondern für jeden.“
Ernste Entscheidungen, bei denen es um die Gesundheit geht, sind oft schwer zu treffen und können sehr
belastend sein. Beachten wir, was der Lungenfacharzt und Ärztliche Direktor Dr. Dave Williams über die übliche
Praxis der Bluttransfusion sagte: „Es ist wichtig, dass wir die Wünsche der Menschen respektieren, . . . und wir
sollten sehr sorgfältig darauf achten, was wir unserem Körper zuführen.“ Sicherlich treffende Worte — und das
heute mehr denn je.
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Was sind hämoglobinhaltige Sauerstoffträger?
Jedes rote Blutkörperchen enthält rund 300 Millionen Hämoglobinmoleküle. Hämoglobin macht rund ein Drittel
des Volumens eines reifen Erythrozyten aus. Jedes Molekül enthält das Protein Globin und den Farbstoff Häm
mit einem Eisenatom. Wandert ein rotes Blutkörperchen durch die Lunge, gelangen Sauerstoffmoleküle in das
17
3. Blut – Warum so kostbar?
Blutkörperchen, wo sie sich an Hämoglobinmoleküle heften. Sekunden später wird der Sauerstoff wieder an
verschiedenen Stellen ins Körpergewebe abgegeben, dessen Zellen dadurch am Leben bleiben.
Mittlerweile gibt es Hersteller, die Hämoglobin verarbeiten, das aus roten Blutkörperchen von Menschen- oder
Rinderblut gewonnen wird. Das extrahierte Hämoglobin wird gefiltert, um Verunreinigungen zu beseitigen, und
anschließend chemisch aufbereitet und gereinigt, mit einer Trägerlösung versetzt und abgepackt. Das auf diese
Weise hergestellte Produkt — in den meisten Ländern noch nicht zugelassen — bezeichnet man als
hämoglobinhaltigen Sauerstoffträger (HBOC). Da Blut seine tiefrote Farbe dem Häm verdankt, sieht eine
Einheit solch einer Hämoglobinlösung genauso aus wie eine Einheit roter Blutkörperchen, dem
Hauptbestandteil, aus dem sie gewonnen wird.
Im Gegensatz zum Erythrozytenkonzentrat, das im Kühlschrank aufbewahrt werden muss und nur wenige
Wochen haltbar ist, kann die Hämoglobinlösung bei Zimmertemperatur gelagert werden und bleibt monatelang
verwendbar. Da sie zudem frei von Zellmembranen und deren speziellen Antigenen ist, besteht nicht die
Gefahr, durch eine falsche Blutgruppe eine schwere Immunreaktion auszulösen. Allerdings stellt die
Hämoglobinlösung das Gewissen von Christen, die Gottes Gesetz hinsichtlich des Blutes gehorchen wollen, vor
eine größere Herausforderung als andere Blutfraktionen. Inwiefern? Solange solche Hämoglobinlösungen aus
Blut gewonnen werden, mögen zwei Einwände eine Rolle spielen. Zum einen erfüllt die Hämoglobinlösung die
Schlüsselfunktion eines Hauptbestandteils des Blutes, nämlich der roten Blutkörperchen. Zum anderen macht
das Hämoglobin, aus dem die Lösung hergestellt wird, einen erheblichen Anteil dieses Hauptbestandteils aus.
Die Hämoglobinlösung und ähnliche Produkte stellen Christen somit vor eine sehr ernste Entscheidung.
Christen müssen sorgfältig und gebetsvoll über biblische Grundsätze bezüglich der Heiligkeit des Blutes
nachdenken. Mit dem innigen Wunsch, ein gutes Verhältnis zu Jehova zu bewahren, muss sich dann jeder von
seinem biblisch geschulten Gewissen leiten lassen (Galater 6:5).
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HÄMOGLOBINMOLEKÜL
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Eine willkommene Alternative
Das Wall Street Journal berichtet: „Immer mehr Krankenhäuser bieten eine Alternative an: ‚Blutlose‘ Chirurgie.
. . . Das ursprünglich für die Behandlung von Zeugen Jehovas entwickelte Konzept“, so die Zeitschrift, „wird
mittlerweile allgemein akzeptiert und viele Krankenhäuser bieten der breiten Öffentlichkeit an, ohne Blut zu
operieren.“ Wie sich in Krankenhäusern in aller Welt zeigt, haben Behandlungsstrategien, durch die
Bluttransfusionen eingeschränkt werden, viele Vorteile — insbesondere für die Patienten. Gegenwärtig
behandeln Tausende von Ärzten Patienten ohne Bluttransfusionen.
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Jehovas Zeugen und die Gesundheit
Weltweit sind Jehovas Zeugen, unter ihnen auch Ärzte und Krankenschwestern, dafür bekannt,
Transfusionen von Vollblut oder Hauptbestandteilen von Blut abzulehnen. Gründet sich ihr gemeinsamer
Standpunkt auf eine menschliche Doktrin oder auf die Vorstellung, Krankheiten ließen sich durch Glauben
heilen? Nicht im Geringsten!
Jehovas Zeugen schätzen ihr Leben als ein Geschenk Gottes und tun ihr Bestes, nach der Bibel zu leben, die
sie als „von Gott inspiriert“ betrachten (2. Timotheus 3:16, 17; Offenbarung 4:11). Dieses Buch hält Anbeter
Gottes an, gesundheitsschädliche oder lebensgefährliche Praktiken und Gewohnheiten zu meiden wie
übermäßiges Essen, Rauchen, Konsum von Kautabak sowie Alkohol- und Drogenmissbrauch (Sprüche 23:20;
2. Korinther 7:1).
Wer seinen Körper und seine Umgebung sauber hält und sich gesunde Bewegung verschafft, lebt im
Einklang mit biblischen Grundsätzen (Matthäus 7:12; 1. Timotheus 4:8). Im Krankheitsfall handeln Jehovas
Zeugen vernünftig, gehen zum Arzt und akzeptieren die überwiegende Mehrzahl der Behandlungsmöglichkeiten
(Philipper 4:5). Sie gehorchen zwar dem biblischen Gebot, ‘sich von Blut zu enthalten’, und bestehen auf einer
medizinischen Behandlung ohne Blut (Apostelgeschichte 15:29). Doch diese Wahl verbessert oft die Qualität
der Behandlung.
18
4. Blutlosen Operationen an Zeugen Jehovas den Weg bahnen
4.
Blutlosen Operationen an Zeugen Jehovas den Weg
bahnen
g91 22. 11. S. 8-11 Blutlosen Operationen an Zeugen Jehovas den Weg
bahnen
Blutlosen Operationen an Zeugen Jehovas den Weg bahnen
JEHOVAS ZEUGEN sind in den letzten Jahren häufig in den Schlagzeilen gewesen, weil sie Bluttransfusionen
verweigern. Zwar ist ihre Ablehnung biblisch begründet, doch sind anerkanntermaßen auch gesundheitliche
Gefahren mit einer Bluttransfusion verbunden (1. Mose 9:3, 4; 3. Mose 17:10-12; Apostelgeschichte 15:28, 29).
Sie sind wegen ihrer Haltung mit Ärzten, Krankenhäusern und Gerichten in Konflikt geraten. Volljährige Zeugen
wurden nicht operiert, weil sie Bluttransfusionen ablehnten; Kinder von Zeugen Jehovas wurden durch
gerichtliche Anordnungen gezwungen, sich zu fügen.
Neuerdings sind die Standpunkte hinsichtlich Bluttransfusionen in Bewegung geraten. Oft sind Blutkonserven
verunreinigt. Durch Bluttransfusionen werden Krankheiten übertragen, von denen einige tödlich sind. Habgier ist
im Spiel, weil der Handel mit Blut zu einem großen Geschäft geworden ist und die routinemäßige Verwendung
von Blut gefördert wird, wodurch sich das Operationsrisiko unnötig vergrößert. 10 Aus diesen und anderen
Gründen machen sich auch viele, die keine Zeugen Jehovas sind, Gedanken, ob sie eine routinemäßige
Bluttransfusion ohne weiteres akzeptieren sollen.
Jehovas Zeugen haben bei alledem eine Rolle gespielt. Tausende von Zeugen Jehovas unterzogen sich einer
Operation, und oft erholten sie sich sogar schneller als Patienten, die eine Bluttransfusion erhielten. Die
Erfahrung der Zeugen beweist, daß Chirurgen Operationen mit weitaus geringerem Blutverlust durchführen
können und daß mitunter viel niedrigere Blutwerte schadlos überstanden werden können als bisher
angenommen. Darüber hinaus zeigten diese Fälle, daß es jetzt etliche alternative Behandlungsmethoden gibt,
durch die die Kosten gesenkt und die Risiken einer Transfusion ausgeschaltet werden können. Aufgrund der
Erfolge der Zeugen vor Gericht wird auch dem Patienten wieder das Recht zuerkannt, bestimmten
Behandlungsmethoden zuzustimmen oder sie zu verweigern.
Vieles davon haben Jehovas Zeugen erreicht, indem sie mit Ärzten und Krankenhäusern zusammenarbeiteten.
Im Verlauf der letzten Jahre wurde in ihrer Weltzentrale eine neue Abteilung ins Leben gerufen: Hospital
Information Services (HIS). Vertreter dieser Abteilung sind durch etliche Länder in vielen Teilen der Welt gereist
und haben dort in einigen Zweigbüros der Watch Tower Society Seminare abgehalten und
Krankenhausverbindungskomitees eingesetzt, die nach Bedarf mit Krankenhäusern und Ärzten in Verbindung
treten. In manchen größeren Zweigbüros haben Vertreter des HIS auch jeweils eine Abteilung
Krankenhausinformation eingerichtet, die nach ihrer Abreise die Arbeit fortführt.
Auf den Seminaren werden die Komitees geschult, mit Ärzten und medizinischem Personal über geeignete
Alternativen zu Bluttransfusionen zu sprechen und sie darüber zu informieren, wie durch peinlich genaue
Operationstechniken der Blutverlust drastisch vermindert werden kann. Schließlich führen die Besucher vom
HIS die neuen Verbindungskomitees in ihre Tätigkeit ein, indem sie deren Mitglieder zu Gesprächen mit Ärzten
und ärztlichen Leitern von Krankenhäusern begleiten.
Zu Beginn wurden 18 Seminare in den Vereinigten Staaten abgehalten. Darauf folgten vier im pazifischen
Raum, jeweils eines in Australien, Japan, auf den Philippinen und auf Hawaii, womit acht Zweige der Watch
Tower Society in diesen Gebieten betreut wurden.11 Im November und Dezember 1990 führten drei Mitglieder
des HIS zehn weitere Seminare in Europa, Lateinamerika und der Karibik durch. Es folgt nun ein Bericht über
die Ergebnisse.
Fünf Seminare wurden in Europa abgehalten — in England, Schweden, Frankreich, Deutschland und Spanien.
Mit diesen fünf Seminaren wurden 20 Zweige der Watch Tower Society betreut und mehr als 1 700 Älteste für
die Tätigkeit in einem Krankenhausverbindungskomitee geschult.
Ein französischer Chirurg bemerkte anerkennend, daß Jehovas Zeugen aufgrund ihrer festen Überzeugung
bezüglich des Blutes es der Medizin ermöglicht hätten, Fortschritte auf dem Gebiet der blutlosen Chirurgie zu
machen. Er sagte, keine andere Glaubensgemeinschaft habe sich so eingesetzt, um ihren Angehörigen bei der
Bewältigung schwieriger Fragen beizustehen.
Das modernste Krankenhaus in Madrid (Spanien) war in dieser Frage den Zeugen gegenüber bisher recht
feindselig eingestellt. Eine Zeugin, die an der Wirbelsäule operiert werden sollte, wurde nicht behandelt, weil sie
eine Bluttransfusion ablehnte. Als sie sich weigerte, das Krankenhaus zu verlassen, wurde sie gewissermaßen
dazu gezwungen, indem man ihr nichts mehr zu essen und zu trinken gab. Die Mitglieder des HIS trafen jedoch
eine Verabredung und hatten eine zwei Stunden dauernde Unterredung mit dem ärztlichen Leiter und dem
10 Weitere Einzelheiten siehe Erwachet! vom 22. Oktober 1990, Seite 2—15.
11 Ein Bericht über diese Länder ist im Erwachet! vom 22. November 1990 in dem Artikel zu finden: „Die Kluft zwischen Ärzten und
Patienten, die Zeugen Jehovas sind, überwinden“.
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4. Blutlosen Operationen an Zeugen Jehovas den Weg bahnen
leitenden Chirurgen. Mit welchem Ergebnis? Sie stimmten der Operation zu, riefen die Zeugin, die man
hinausbefördert hatte, an und baten sie zurückzukommen.
Sobald die Zeugen aus Italien vom Seminar heimgekehrt waren, wurden sie damit konfrontiert, daß man einem
zu früh geborenen Baby eine Bluttransfusion aufzwingen wollte. Sie sagten: „Mit Hilfe der Informationen, die wir
auf dem Seminar erhalten hatten, konnten wir die Situation entschärfen, und das Kind wurde erfolgreich ohne
Blut behandelt.“
Weiter nach Lateinamerika und in die Karibik
Die nächsten fünf Seminare fanden in Mexiko, Argentinien, Brasilien, Ecuador und Puerto Rico statt. Damit
wurden 32 Zweige der Watch Tower Society betreut.
Der Direktor der Blutbank von Mexico City sagte, Jehovas Zeugen hätten in der blutlosen Chirurgie eine
Vorreiterrolle gespielt und jetzt habe man genügend Fachkenntnisse, so daß diese Anstrengungen auch
anderen zugute kämen. Er las sich das HIS-Merkblatt durch, auf dem alternative Verfahren zur Behandlung bei
Blutungen aufgeführt sind.12 Dann erklärte er: „Ich möchte gern Kopien hiervon machen für die
Bekanntmachungstafeln in jedem Krankenhaus von Mexico City. Ich werde auch Ärzte auffordern, es zu
kopieren. Wenn sie dann künftig hier in der Blutbank anrufen und Blut bestellen, werden wir sie zuerst bitten,
das Merkblatt zur Hand zu nehmen, und sie fragen: ‚Haben Sie dies angewandt? Haben Sie jenes versucht?‘
Wenn sie nicht zuerst die Alternativen ausprobiert haben, werden sie so lange kein Blut von uns erhalten, bis
sie es getan haben!“
Der Direktor einer Blutbank im Norden Argentiniens war ebenfalls sehr hilfsbereit. In dieser Gegend gibt es
eine Vorschrift, wonach jeder, der sich in ein staatliches Krankenhaus begibt, zunächst dafür sorgen muß, daß
Verwandte oder Freunde im voraus mindestens zwei Konserven Blut spenden, sonst wird er nicht behandelt.
Die Zeugen konnten das nicht tun, und deshalb waren ihnen Operationen verwehrt worden. Nachdem wir
unsere ernsthafte Überzeugung hinsichtlich der Verwendung von Blut vorgetragen hatten, verfügte der Direktor,
daß die Anordnung bei der nächsten Neufassung geändert werde. Bis dahin werden Zeugen Jehovas von dem
Erfordernis, Blut zu spenden, ausgenommen, wenn sie bei der Einlieferung ins Krankenhaus ihre Blutkarte
vorzeigen.
In Ecuador gibt es einen prominenten und einflußreichen Chirurgen, der an Zeugen Jehovas und anderen
mehr als 2 500 Operationen ohne Blut vorgenommen hat. Er sagte, er plane eine Kampagne zugunsten
blutloser Operationen in diesem Land, weil die Patienten durch das Spenderblut vielen Gefahren ausgesetzt
seien.
Nach dem Seminar in Ecuador erklärte einer der anwesenden Chirurgen: „Wenn diese Leute in der Lage sind,
medizinische Forschung von derartigem Format zu betreiben, dann sagt das etwas über ihr Bibelstudium aus
und veranlaßt mich zu der Schlußfolgerung, daß ihre Religion es wert ist, sich damit zu befassen.“
Ein begrüßenswerter Wandel in der Einstellung war in Puerto Rico zu verzeichnen. In der Vergangenheit waren
dort volljährige Zeugen manchmal festgebunden worden, und man hatte ihnen zwangsweise Blut übertragen;
einige von ihnen starben später. Vertreter des HIS trafen sowohl mit dem Vizepräsidenten als auch mit dem
Rechtsanwalt des Krankenhausverbands von Puerto Rico zusammen; letzterer war auch selbst
Krankenhausverwalter. Sofort nach der Begrüßung und noch vor Beginn der Ausführungen des HIS bat der
Rechtsanwalt um das Wort. Zur Überraschung der Zeugen beschrieb er einen Plan, wie die Rechte der
Patienten in den Krankenhäusern der Insel besser respektiert werden sollten, und zählte dabei die Hauptpunkte
der vorgesehenen Darbietung auf. Auch bat er um die Erlaubnis, einige der ihm übergebenen Informationen zu
fotokopieren; er wollte sie in einen Artikel einarbeiten, der für die Zeitschrift des Krankenhausverbands
vorbereitet wurde.
In den Vereinigten Staaten erzielte Ergebnisse
Ein Arzt — James J. Riley, Vorsitzender der chirurgischen Abteilung seines Krankenhauses — machte
gegenüber dem dortigen Verbindungskomitee folgende bemerkenswerte Aussage: „Sie sind auf dem
allerneuesten Stand, was medizinische und rechtliche Informationen über die Verwendung von Blut angeht.“
In einem großen Krankenhaus im Gebiet von Washington (D. C.) traf das Krankenhausverbindungskomitee mit
einer Gruppe von Krankenhausverwaltern und Medizinern zusammen, die ihre Unterstützung versprachen und
besonders ihre Wertschätzung äußerten für „das Engagement des Wachtturms mit einer derartigen
Hilfseinrichtung zugunsten der eigenen Leute, wenn sie sich in Not befinden“.
Die Leiterin einer Patientenfürsorgeabteilung an einem Krankenhaus in Wisconsin erklärte, wie falsch sie über
Jehovas Zeugen informiert gewesen sei. Sie ermunterte das Krankenhausverbindungskomitee, „mit dieser
Botschaft zu allen vorzudringen, die im Gesundheitswesen tätig sind“.
Es gehört zum Aufgabenbereich des HIS, bestimmten Ärzten, Krankenhäusern und Verbänden medizinische
und juristische Fachartikel zuzusenden. Der Risikobeauftragte eines Krankenhauses in Baltimore (Maryland)
reagierte darauf mit den Worten: „Vielen Dank für das ausführliche Informationsmaterial über Bluttransfusionen
und Jehovas Zeugen, das Sie mir zugänglich gemacht haben. Der Aufschluß wird für unser Krankenhaus
äußerst hilfreich sein, um unsere Verfahrensweise bei der Behandlung von Zeugen Jehovas zu revidieren.“
12 Das Merkblatt ist auf Seite 10 dieser Zeitschrift abgedruckt.
20
4. Blutlosen Operationen an Zeugen Jehovas den Weg bahnen
Allein in den Vereinigten Staaten haben sich fast 10 000 Ärzte bereit erklärt, Zeugen Jehovas ohne Blut zu
operieren.
Bis heute sind bei 32 Seminaren in 62 Zweigen Krankenhausverbindungskomitees eingesetzt worden, die für
die Bedürfnisse der Zeugen Jehovas in vielen Teilen der Welt sorgen. Millionen Zeugen Jehovas können jetzt
betreut werden. Wie die Ergebnisse zeigen, segnet Jehova wirklich die Anstrengungen des HIS.
[Kasten auf Seite 10]
Blutungen vorbeugen und sie ohne Transfusionen beherrschen
1. Chirurgische Geräte:
a. Elektrokauter
b. Laserchirurgie
c. Argonstrahlkoagulator
d. Gammamesserradiochirurgie
2. Techniken und Geräte zur Lokalisierung und zum Stillen innerer Blutungen:
a. Endoskopie zur Lokalisierung innerer Blutungen
b. Flexible Absaugkoagulatorelektrode (Papp, J. P.: JAMA, 1. November 1976, S. 2076-9)
c. Arterielle Embolisierung (JAMA, 18. November 1974, S. 952-3)
d. Kontrollierte Hypotension (bis Blutung gestillt werden kann)
e. Gewebeklebstoffe (Dr. S. E. Silvas: MWN, 5. September 1977)
3. Operations- und Anästhesiemethoden:
a. Hypotone Anästhesie (Erniedrigung des Blutdrucks)
b. Hypothermie (Erniedrigung der Körpertemperatur)
c. Intraoperative Hämodilution
d. Intraoperative Blutsammelgeräte, z. B. „cell-saver“
e. Peinlich genaue Blutstillung und Operationsmethoden
f. Vergrößerung des Operationsteams zur Reduzierung der Operationsdauer
4. Überwachungsgeräte:
a. Transkutaner Sauerstoffmonitor
b. Oximeter
5. Volumenersatzmittel:
a. Kristalloide Lösungen
1) Ringer-Laktat-Lösung (Eichner, E. R.: Surgery Annual, Januar 1982, S. 85-99)
2) „physiologische NaCl-Lösung“
b. Kolloide
1) Dextran
2) Gelatine (Howell, P. J.: Anaesthesia, Januar 1987, S. 44-8)
3) Hydroxyäthylstärke
6. Chemische Hämostatika:
a. Avitene
b. Gelfoam
c. Oxycel
d. Surgicel
e. Zahlreiche andere
7. Therapeutika gegen niedriges Hämoglobin:
a. Sauerstoff
b. Sauerstoffüberdruckkammer (Hart, G. B., JAMA, 20. Mai 1974, S. 1028-9)
c. Eisendextran (Dudric, S. J.: Archives of Surgery, Juni 1985, S. 721-7)
d. Folsäure
e. Erythropoetin (regt das Knochenmark zur Produktion von Blut an)
f. Anabole Steroide, z. B. Deca-Durabolin oder synthetisches Wachstumshormon
g. Vitamin B12, intramuskulär
h. Vitamin C
i. Vitamin E (besonders bei Neugeborenen)
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4. Blutlosen Operationen an Zeugen Jehovas den Weg bahnen
8. Externe Maßnahmen:
a. Gegen Blutungen:
1) Direktes Abdrücken
2) Eisbeutel
3) Körperlage (z. B. Anheben der verletzten Gliedmaßen, um die Blutung zu verlangsamen)
b. Gegen Schock:
1) Druckkissen an Beine anlegen
2) Antischockhosen
3) Anheben beider Beine, um den Blutdruck aufrechtzuerhalten
9. Medikamente für Patienten mit Blutproblemen:
a. DDAVP, Desmopressin (Kobrinsky, N. L.; Lancet, 26. Mai 1984, S. 1145-8)
b. E-Aminocapronsäure (Schwartz, S. I., Contemporary Surgery, Mai 1977, S. 37-40)
c. Vitamin K
d. Bioflavonoide (Physician’s Desk Reference)
e. Carbazochromsalicylat
f. Tranexamsäure (Transfusion Medicine Topic Update, Mai 1989)
g. Danazol
10. Andere Punkte:
a. Ein mäßiger Blutdruckabfall auf ungefähr 90-100 mm Hg kann dazu beitragen, in verletzten Arterien die
Blutung durch normale Gerinnung zu stillen
b. Die Regel hinsichtlich einer präoperativen Untergrenze von 10 g Hämoglobin ist wissenschaftlich nicht
begründet
c. Patienten der Chirurgie haben mit einem Hämoglobinwert von 1,8 überlebt (Anaesthesia, 1987, Band 42,
S. 44-8)
d. Ein niedrigerer Hämoglobinwert führt zu einer verminderten Viskosität des Blutes, was wiederum das Herz
entlastet und die Durchblutung des Gewebes und die Sauerstoffversorgung fördert
22
5. Bist du auf eine Glaubensprüfung in Form einer medizinischen Notsituation vorbereitet?
5.
Bist du auf eine Glaubensprüfung in Form einer
medizinischen Notsituation vorbereitet?
km 12/90 S. 3-6 Bist du auf eine Glaubensprüfung in Form einer
medizinischen Notsituation vorbereitet?
Bist du auf eine Glaubensprüfung in Form einer medizinischen Notsituation
vorbereitet?
Bewahre diese Informationen an einer Stelle auf, wo du sie nötigenfalls schnell findest.
1 Niemand denkt ernsthaft über die Möglichkeit nach, heute oder morgen im Krankenhaus zu liegen. Doch ‘Zeit
und unvorhergesehenes Geschehen trifft uns alle’ (Pred. 9:11). Du wirst zwar keine medizinische Behandlung
annehmen wollen, mit der du nicht einverstanden bist, aber was tust du, um dich vor einer unerwünschten
Bluttransfusion zu schützen, wenn du nach einem Unfall bewußtlos ins Krankenhaus eingeliefert wirst? Ja,
zufolge eines Unfalls oder einer plötzlichen Verschlechterung des Gesundheitszustands kannst du unversehens
in eine Glaubensprüfung geraten.
2 Was wirst du tun, um deine Lauterkeit zu bewahren, wenn du aus irgendeinem Grund im Krankenhaus liegst
und jemand dir sagt, daß du ohne Bluttransfusion sterben wirst? Wirst du übereilt annehmen, daß es wirklich so
schlimm um deinen Zustand bestellt ist, wie behauptet wird? Bist du völlig davon überzeugt, daß du kein Blut
willst? Bist du bereit, dich dieser Glaubensprüfung zu stellen und dich ‘des Blutes zu enthalten’? (Apg. 15:28,
29).
3 Es setzt eine feste Überzeugung voraus, einer unerwünschten, geistig verunreinigenden Bluttransfusion
erfolgreich zu widerstehen. Eine solche Überzeugung muß auf ein klares Verständnis dessen gestützt sein, was
die Bibel über das Blut sagt. Sonst könntest du in deiner augenblicklichen Gemütsverfassung leicht von
jemandem in Furcht versetzt werden, der behauptet, mehr über deinen Zustand zu wissen als du. Würdest du
dich zu dem Gedanken verleiten lassen, daß Ärzte vielleicht mehr über das Blut wissen als Gott? Unter solchen
Umständen wirst du bestimmt „fest entschlossen sein“, das zu tun, „was recht ist“ in den Augen Jehovas, ganz
gleich, was Menschen sagen mögen (5. Mo. 12:23-25). Aber stehst du in dieser Prüfung ganz allein? (Pred. 4:912).
KRANKENHAUSINFORMATIONSDIENST UND KRANKENHAUS-VERBINDUNGSKOMITEES
4 Um denjenigen zu helfen, die Probleme in Verbindung mit Bluttransfusionen haben, hat die Gesellschaft in
Selters einen Krankenhausinformationsdienst eingerichtet. Sie hat außerdem in mehreren Städten
Krankenhaus-Verbindungskomitees eingesetzt. Jedem Komitee gehören 5 Älteste an, die für diese Aufgabe
speziell geschult wurden. Dementsprechend wurden auch die bisherigen Ältestenkomitees für
Krankenbetreuung geändert und erweitert.
5 Weltweit kann der Krankenhausinformationsdienst in über 3 600 medizinischen Zeitschriften nachforschen,
um Informationen über die Verfügbarkeit und Wirksamkeit vieler Formen der blutlosen Chirurgie und
Behandlung ausfindig zu machen. Er versorgt dann die Krankenhaus-Verbindungskomitees und einige Ärzte
mit Informationen über diese Fortschritte. (Manchmal hat der Krankenhausinformationsdienst medizinische
Artikel versandt, in denen gezeigt wurde, was ohne Blut möglich ist, und dadurch eine Konfrontation, zu der es
in einem Krankenhaus gekommen war, entschärft.) Er hält die Komitees über günstige Gerichtsentscheide auf
dem laufenden, die Richtern helfen werden, unsere Fälle mit vermehrter Einsicht zu betrachten. Des weiteren
besitzt er ein Verzeichnis von Ärzten, die zur Zusammenarbeit bereit sind, so daß die Komitees aktuelle
Aufzeichnungen verwenden können, wenn Probleme in Verbindung mit Bluttransfusionen entstehen.
6 Der Krankenhausinformationsdienst beaufsichtigt auch die Schulung und die Tätigkeit der KrankenhausVerbindungskomitees. In den Städten, wo sie eingesetzt sind, werden sie Kontakte mit dem
Krankenhauspersonal pflegen, um für ein gutes Verhältnis zu sorgen. Sie werden sich auch darum bemühen,
weitere Ärzte zu finden, die uns ohne Blut behandeln. Diese Brüder stehen bereit, dir zu helfen, aber die
entscheidenden ersten Schritte mußt du selbst getan haben, damit sie eine Grundlage haben und dir so
wirkungsvoll wie möglich beistehen können.
DIE ENTSCHEIDENDEN ERSTEN SCHRITTE — HAST DU SIE GETAN?
7 Vergewissert euch als erstes, ob jeder in der Familie sein persönliches Dokument zur ärztlichen Versorgung
vollständig ausgefüllt hat — mit Datum versehen, unterschrieben und beglaubigt. Bei einigen Brüdern, die mit
einem undatierten und/oder nicht beglaubigten Dokument ins Krankenhaus kamen, wurde dessen Gültigkeit
angezweifelt.
8 Solange jemand bei Bewußtsein ist und seinen Willen, kein Blut zu erhalten, klar darlegen kann, sind die
Ärzte rechtlich verpflichtet, seine Erklärungen als verbindlich zu beachten. Allerdings kann es zu Problemen
23
5. Bist du auf eine Glaubensprüfung in Form einer medizinischen Notsituation vorbereitet?
kommen, wenn jemand bewußtlos ist, da er in diesem Fall selbst keine Erklärungen abgeben kann. Es ist
schon vorgekommen, daß das Dokument zur ärztlichen Versorgung von Ärzten nicht beachtet wurde, weil
niemand da war, der rechtlich verbindlich für den bewußtlosen Patienten weitere notwendige Erklärungen
abgeben konnte. Auch sind die Ärzte rechtlich nicht an die Erklärungen von anderen Personen gebunden,
selbst wenn es sich um nahe Angehörige oder den Ehepartner handelt, sofern diese Person nicht ausdrücklich
bevollmächtigt ist. Um auch für diesen Fall Vorsorge zu treffen, kann jeder sein Dokument zur ärztlichen
Versorgung ergänzen. An freier Stelle auf Seite 3 könnte man einfügen: „Um zu gewährleisten, daß mein Wille
auch im Fall einer Bewußtlosigkeit beachtet wird, habe ich eine Vertrauensperson bevollmächtigt, in diesen
Situationen meinen Willen durchzusetzen.“
9 Die Person, die ihr für diesen besonderen Fall bevollmächtigt, kann ein naher Angehöriger sein und
zusätzlich eine zweite Person eures Vertrauens für den Fall, daß der Angehörige mit euch in einen Unfall
verwickelt werden mag. Jeder dieser Personen ist eine schriftliche Vollmacht auszuhändigen, die der
Bevollmächtigte zu verwahren hat, damit er sie, wenn sie benötigt wird, vorlegen kann. Formulare für solche
Vollmachten stellen wir euch über die Versammlungen zur Verfügung. Die Adressen dieser Personen können
ohne weiteren Zusatz auf Seite 4 des Dokuments unter „Im Notfall verständigen Sie bitte“ angegeben werden.
10 Haben eure ungetauften Kinder alle eine ausgefüllte Ausweiskarte? Wenn nicht, woher soll das
Krankenhauspersonal bei einem Unfall eures Kindes sonst wissen, wie ihr zum Blut eingestellt seid und wen es
anrufen muß?
11 Sorgt dann dafür, daß alle diese Dokumente JEDERZEIT bei sich haben. Kontrolliert es bei euren Kindern
jeden Tag, bevor sie zur Schule gehen, ja auch wenn sie auf einen Spielplatz oder ein Freizeitgelände gehen.
Wir sollten uns alle vergewissern, daß wir das Dokument auf der Arbeit, im Urlaub oder auf einem christlichen
Kongreß dabeihaben. Geht nie ohne dieses Dokument aus dem Haus!
12 Überlege einmal, was geschehen könnte, wenn du in einem kritischen Zustand in der Notaufnahme eines
Krankenhauses eintriffst, bewußtlos bist und/oder nicht selbst für dich sprechen kannst. Wenn du kein
Dokument bei dir hast und noch kein Verwandter, Bevollmächtigter oder Ältester im Krankenhaus ist, um für
dich zu sprechen, und man der Auffassung ist, daß du Blut „benötigst“, wirst du wahrscheinlich eine
Bluttransfusion erhalten. Einigen ist es leider so ergangen. Wenn du jedoch das Dokument dabeihast, spricht
es für dich und legt deinen Willen dar.
13 Aus diesem Grund ist ein Dokument zur ärztlichen Versorgung besser als ein Armband oder eine Halskette
mit medizinischen Angaben. Letztere legen nicht die biblischen Gründe für unsere Einstellung dar, und es sind
keine Unterschriften darauf, die das Gesagte beurkunden. Ein kanadischer Gerichtshof sagte über das
Dokument einer Schwester: „[Die Patientin] hat für den Fall, daß sie bewußtlos oder auch anderweitig nicht in
der Lage sein sollte, ihre Wünsche mitzuteilen, den einzig möglichen Weg gewählt, um Ärzte und andere
Personen, die mit der Gesundheitsfürsorge zu tun haben, davon zu unterrichten, daß sie keiner Bluttransfusion
zustimmt.“ Sei also nie ohne Karte.
14 Da unser Dokument zur ärztlichen Versorgung hauptsächlich für Notfälle gedacht ist, ist es bei einer
planbaren Operation weise, deine eigenen, vollständigeren Anweisungen (gestützt auf unser Dokument oder
gemäß dem Vordruck in der Broschüre Jehovas Zeugen und die Blutfrage, Seite 29) aufzuschreiben, so daß du
Einzelheiten aufführen kannst wie die Art der Operation und die Namen der Ärzte und den Namen des
Krankenhauses. Du hast das Recht, das zu tun und auf diese Weise die Behandlung deiner Wahl
sicherzustellen. Selbst wenn du und der Arzt keine ernsten Probleme erwarten, solltest du erklären, daß diese
Anweisung bei irgendwelchen unerwarteten Entwicklungen zu befolgen ist (Spr. 22:3).
15 Der nächste wichtige Schritt besteht darin, mit den behandelnden Ärzten zu sprechen, mit denen du bei
einer planbaren Operation oder einer Notfallbehandlung zu tun hast. Mit wem solltest du vor allem reden?
GESPRÄCH MIT DEM MEDIZINISCHEN PERSONAL
16 DAS OPERATIONSTEAM: In einer solchen Zeit darf man keine Menschenfurcht haben (Spr. 29:25). Wenn
du einen unsicheren Eindruck machst, könnte man schlußfolgern, daß du es nicht ernst meinst. Bei einer
notwendigen Operation, geplant oder Notfall, mußt du oder ein naher Verwandter mit Entschlossenheit dem
Chef des Operationsteams einige deutliche Fragen stellen. Eine wichtige Frage ist: Wird das Team die
Wünsche des Patienten respektieren und ihn unter allen Umständen ohne Blut operieren? Ohne diese
Zusicherung bist du nicht gut geschützt.
17 Lege deutlich und mit würdevoller Überzeugung deine Wünsche dar. Mache deutlich, daß du eine
alternative blutlose medizinische Behandlung deines Falles wünschst. Besprich ruhig und überzeugend deine
eigenen ausführlichen medizinischen Bedingungen und auch das Formular über die Haftungsbefreiung des
Krankenhauses, die sich allerdings nur auf den Teil der Behandlung ohne Blut beziehen sollte. Wenn die
Chirurgen nicht bereit sind, auf deine Wünsche einzugehen, wirst du Zeit sparen, wenn du das KrankenhausVerbindungskomitee bittest, für dich einen anderen Arzt zu benennen. Das gehört zu seinen Aufgaben.
18 ANÄSTHESIST: Wenn du vor der Operation mit dem medizinischen Team sprichst, DARFST DU NICHT
VERSÄUMEN, MIT DIESEM ARZT ZU REDEN. Der Anästhesist hat die Aufgabe, dich am Leben zu erhalten,
24
5. Bist du auf eine Glaubensprüfung in Form einer medizinischen Notsituation vorbereitet?
wenn der Chirurg operiert, und er trifft unter anderem auch die Entscheidung über die Verwendung von Blut.
Daher bist du nicht völlig geschützt, wenn du nur mit dem Chirurgen sprichst. Du mußt daher auch mit dem
Anästhesisten reden und ihn von deiner Haltung zu überzeugen suchen, um feststellen zu können, ob sie
respektiert werden wird oder nicht. (Vergleiche Lukas 18:3-5.)
19 Es scheint üblich zu sein, daß der Anästhesist den Patienten ziemlich spät am Abend vor der Operation
kurz aufsucht — zu spät, wenn er sich deiner Einstellung zu Blut widersetzt. Bestehe darauf, daß der Chirurg
bereits vorher einen Anästhesisten auswählt, der zur Zusammenarbeit bereit ist, mit dem du rechtzeitig vor dem
geplanten Eingriff sprechen kannst. Falls dieser nicht bereit ist, deinen Wünschen zu entsprechen, wird dann
noch Zeit sein, einen anderen zu suchen. Laß dir von niemandem das Recht absprechen, den Anästhesisten
für deine Operation abzulehnen.
20 Allen diesen Personen mußt du deinen unumstößlichen Standpunkt klarmachen: KEIN BLUT. Bitte um eine
alternative blutlose medizinische Behandlung deines Falls. Erwähne dir bekannte Alternativen zum Blut für
deine Situation. Wenn das Operationsteam der Ansicht ist, diese seien in deinem Fall nicht anwendbar, bitte
darum, in der medizinischen Literatur nach anderen Möglichkeiten zu suchen. Versichere ihnen, daß du einige
Informationen besorgen kannst, falls sie das wünschen, wenn du die Ältesten bittest, sich mit einem
benachbarten Krankenhaus-Verbindungskomitee in Verbindung zu setzen.
MACHE VON DEINEN RECHTEN GEBRAUCH
21 Untersuche sorgfältig das Haftungsbefreiungsformular (das sich nur auf die Behandlung ohne Blut beziehen
sollte) und die Einverständniserklärung, die du bei der Aufnahme ins Krankenhaus unterschreiben sollst.
Manchmal heißt es in einem Absatz, der unmittelbar ihrer Erklärung folgt, sie würden unsere Wünsche
respektieren, daß der Unterzeichner mit „lebensrettenden“ Maßnahmen, die das Krankenhaus ergreifen kann,
falls Probleme auftreten, einverstanden ist. Dazu kann auch Blut gehören. Du hast das Recht, solche
Erklärungen zu ändern, um Blut auszuschließen, oder sie insgesamt auszustreichen. Es mag dir vielleicht
jemand sagen, daß das nicht möglich ist, aber du kannst es tun. Erkläre ihnen, daß durch das Ausfüllen eines
solchen Formulars ein Vertrag mit dem Krankenhaus entsteht und daß du keinen Vertrag unterschreibst, dem
du nicht zustimmen kannst. Wenn man versuchen sollte, dich zu zwingen, gegen deinen Willen zu
unterschreiben, bitte darum, mit dem verantwortlichen Arzt zu sprechen.
22 Kannst du das tun? Ja, ganz bestimmt. Sei dir daher deiner Rechte als Patient bewußt. Diese
Menschenrechte enden nicht an der Eingangstür des Krankenhauses. Du mußt nicht auf sie verzichten, um
behandelt zu werden. Laß dir von niemandem etwas anderes erzählen.
23 Eines dieser Rechte ist das Selbstbestimmungsrecht des Patienten, wonach jeder ärztliche Eingriff
(Operation) nach hinreichender Aufklärung der Einwilligung bedarf, was bedeutet, daß an dir ohne deine
Zustimmung keine Behandlung irgendwelcher Art vorgenommen werden darf. Du kannst sogar jegliche
Behandlung ablehnen, wenn du willst. Deiner Einwilligung zur Behandlung muß eine genaue Aufklärung über
das vorangehen, was das Operationsteam zu tun beabsichtigt, einschließlich aller Risiken. Als nächstes muß
man dir irgendwelche verfügbaren Alternativen nennen. Nachdem man dich darüber aufgeklärt hat, wählst du
die gewünschte Behandlung.
24 Um sicherzugehen, worin du einwilligst, MUSST du zu allem, was du nicht verstehst, gute Fragen stellen,
besonders wenn das Krankenhauspersonal lange Worte oder medizinische Begriffe verwendet. Wenn ein Arzt
beispielsweise sagt, daß er „Plasma“ verwenden möchte, könntest du arglos folgern, er meine
„Plasmavolumenexpander“, aber das muß nicht sein. Frage, bevor du einwilligst: „Ist das ein Blutbestandteil?“
Frage bei allen seinen Ausführungen: „Schließt diese Behandlung die Verwendung von Blutprodukten ein?“
Wenn er einige Geräte beschreibt, die er benutzen wird, frage: „Wird mein Blut während der Verwendung
dieses Gerätes zu irgendeiner Zeit gelagert?“
25 Doch was solltest du tun, wenn du alles getan hast, was oben aufgeführt ist, und trotzdem keine
Zusammenarbeit möglich ist oder man sich deiner Einstellung widersetzt? Zögere nicht, um Hilfe zu bitten.
Einige haben zu lange gewartet, bis sie Hilfe erbaten, und ihr Leben dadurch gefährdet.
WERTVOLLE HILFE IN EINER ZEIT DER NOT
26 Gehe wie folgt vor, wenn du Hilfe benötigst: 1. Sobald du oder ein Angehöriger vor einem planbaren Eingriff
oder einer Notoperation stehen und es zu einer Konfrontation kommt, weil das Krankenhaus Blut verwenden
will, oder 2. wenn sich dein Gesundheitszustand oder der deines Angehörigen ernsthaft verschlechtert oder 3.
wenn im Fall eines Kindes (oder eines Erwachsenen) der Arzt sagt, daß er einen Gerichtsbeschluß erwirken
will, dann:
27 RUF DIE ÄLTESTEN DEINER VERSAMMLUNG AN, wenn du es noch nicht getan hast. (Wegen unserer
Einstellung zum Blut ist es sogar weise, unsere Ältesten immer davon in Kenntnis zu setzen, wenn wir ins
Krankenhaus müssen.) Falls es für notwendig erachtet wird, WERDEN DIE ÄLTESTEN DAS NÄCHSTE
KRANKENHAUS-VERBINDUNGSKOMITEE ANRUFEN. Wenn du es wünschst, werden dann einige Mitglieder
des Krankenhaus-Verbindungskomitees ins Krankenhaus kommen, um dir zu helfen (Jes. 32:1, 2).
25
5. Bist du auf eine Glaubensprüfung in Form einer medizinischen Notsituation vorbereitet?
28 Die Ältesten des Krankenhaus-Verbindungskomitees kennen in eurem Gebiet die kooperativen Ärzte und
können dich mit ihnen in Verbindung bringen, oder sie können sich an andere Ärzte oder Krankenhäuser um
Hilfe wenden. Ist das am Ort nicht möglich, werden die Ältesten zu einem Nachbarkomitee Kontakt aufnehmen.
Und wenn das keinen Erfolg hat, werden sie den Krankenhausinformationsdienst in Selters anrufen. Vielleicht
können sie auch die Beratung eines kooperativen Arztes vereinbaren, der dem Operationsteam, das für dich
vorgesehen ist, erklären kann, was ohne Blut möglich ist. Die Brüder des Krankenhaus-Verbindungskomitees
wurden geschult, solche Situationen zu meistern.
29 Die Mitglieder des Krankenhaus-Verbindungskomitees sind auch bereit, dir oder einem Verwandten zu
helfen, mit einem Arzt zu sprechen, aber du mußt um diese Hilfe bitten. Diese Brüder können für dich natürlich
keine Entscheidungen treffen, aber oft können sie dir beistehen, die Grundsätze der Bibel zu bestimmten
Dingen zu berücksichtigen, und dich auf deine medizinische und rechtliche Entscheidungsfreiheit hinweisen.
30 Wenn das Operationsteam weiterhin nicht zur Zusammenarbeit bereit ist, dann sprich mit den Ältesten, die
sich bemühen werden, ein anderes Krankenhaus zu finden. NUR wenn du eine feste Vereinbarung mit einem
anderen Chirurgen an anderer Stelle getroffen hast und transportfähig bist, ist es sinnvoll, das Krankenhaus zu
verlassen.
31 Kannst du das tun? Ja, du hast das Recht dazu. Durch dein konsequentes Handeln kann möglicherweise
auch in ethischer Hinsicht der Weg geöffnet werden, daß sich andere Chirurgen melden und dir ihre Dienste
anbieten. Und, was am wichtigsten ist, du kannst dadurch die nötige medizinische Behandlung erhalten, bevor
sich dein Zustand gefährlich verschlechtert. Warte nicht zu lange!
SUGGESTIVFRAGEN, BEI DENEN MAN SICH IN ACHT NEHMEN MUSS
32 Du mußt wissen, daß es einige Fragen gibt, die Ärzte und andere nicht unbedingt aus guten Beweggründen
heraus an uns richten. Die Frage, die von Ärzten (und von einigen Richtern) am häufigsten gestellt wird, lautet:
• „Möchten Sie lieber sterben (oder Ihr Kind sterben lassen), als eine ‚lebensrettende Bluttransfusion‘
anzunehmen?“
33 Wenn du sie mit Ja beantwortest, hättest du in religiöser Hinsicht recht. Aber diese Antwort wird oft
mißverstanden und führt manchmal sogar zu abschlägigen Gerichtsentscheiden. Du mußt bedenken, daß du in
dieser Situation nicht im Predigtdienst bist. Du sprichst vielmehr über eine nötige medizinische Behandlung.
Daher mußt du dich deinen Zuhörern, seien es Mediziner oder Richter, anpassen (Ps. 39:1; Kol. 4:5, 6).
34 Ein Arzt oder Richter kann in diesem Fall ein Ja so deuten, daß du ein Märtyrer sein oder dein Kind für
deinen Glauben opfern willst. Ihnen in dieser Situation von deinem festen Glauben an die Auferstehung zu
erzählen, wird gewöhnlich nichts nützen. Sie werden dich als religiösen Fanatiker brandmarken, der keine
vernünftigen Entscheidungen treffen kann, wenn Leben auf dem Spiel steht. Im Fall von Kindern mag es sein,
daß man durch Gerichtsbeschluß dir das Sorgerecht für dein Kind entzieht, weil du eine angeblich
„lebensrettende“ medizinische Behandlung verweigerst.
35 Aber du lehnst ja eine medizinische Behandlung als solche NICHT ab. Du hast mit dem Arzt nur Differenzen
über die ART der Behandlung. Diese Einstellung wird für sie und für dich oft das gesamte Bild verändern.
Außerdem ist es ihrerseits irreführend, Blut so hinzustellen, als sei es sicher und die EINZIGE „lebensrettende“
Behandlung. (Siehe Wie kann Blut dein Leben retten? Seite 7 bis 22.) Daher mußt du diesen Punkt deutlich
herausstellen. Wie kannst du das tun? Du könntest antworten:
• „Ich möchte nicht sterben (oder daß mein Kind stirbt). Wenn ich sterben wollte (mein Kind sterben lassen
wollte), wäre ich zu Hause geblieben. Statt dessen bin ich wegen einer medizinischen Behandlung
hierhergekommen, damit ich weiterlebe (mein Kind weiterlebt). Was ich wünsche, ist eine alternative blutlose
medizinische Behandlung meines Falls (des Falls meines Kindes). Es gibt Alternativen.“
36 Einige andere Fragen, die häufig von Ärzten oder Richtern gestellt werden, lauten:
• „Was geschieht, wenn Ihnen durch einen Gerichtsbeschluß eine Bluttransfusion aufgezwungen wird? Werden
Sie dafür zur Verantwortung gezogen?“
• „Würden Sie wegen der Annahme einer Transfusion oder wegen einer aufgezwungenen Transfusion aus
ihrer Glaubensgemeinschaft ausgestoßen werden oder das ewige Leben verlieren? Wie würden Sie von Ihrer
Versammlung betrachtet werden?“
37 Eine Schwester sagte einem Richter, daß sie in einem solchen Fall nicht dafür verantwortlich sei, was er
entscheidet. Das war in gewisser Hinsicht zwar richtig, aber den Richter verleitete es zu der Auffassung, daß er
ihr die Verantwortung abnehmen müßte, damit man sie nicht zur Rechenschaft ziehen könne. Er ordnete eine
Bluttransfusion an.
38 Du mußt verstehen, daß einige durch diese Fragen gewöhnlich nach einer Möglichkeit suchen, deine
Weigerung, Blut zu nehmen, zu umgehen. Gewähre ihnen nicht unabsichtlich diese Möglichkeit! Wie kann man
dieses Mißverständnis vermeiden? Du könntest antworten:
26
5. Bist du auf eine Glaubensprüfung in Form einer medizinischen Notsituation vorbereitet?
• „Wenn mir Blut in irgendeiner Form aufgezwungen wird, wäre es für mich genauso, als würde man mich
vergewaltigen. Ich würde für den Rest meines Lebens unter den emotionellen und geistigen Folgen dieses
unerwünschten Angriffs auf meine Person leiden. Ich würde mich mit aller Kraft einer solchen Verletzung
meines Körpers ohne meine Einwilligung widersetzen. Ich würde wie in einem Fall von Vergewaltigung alles
unternehmen, diejenigen, die mich angegriffen haben, gerichtlich zu belangen.“
39 Es muß der starke, anschauliche Eindruck vermittelt werden, daß für dich eine erzwungene Transfusion
eine unerträgliche Verletzung deines Körpers ist. Es handelt sich nicht um eine Nebensächlichkeit. Rücke daher
von deiner Position nicht ab. Betone, daß du eine alternative blutlose medizinische Behandlung wünschst.
WAS WIRST DU TUN, UM VORBEREITET ZU SEIN?
40 Wir haben einige Dinge besprochen, die du tun mußt, um dich und deine Angehörigen vor einer
unerwünschten Bluttransfusion zu schützen. (Wir hoffen, später weitere Einzelheiten liefern zu können, wie
Probleme gehandhabt werden können, wenn bei Säuglingen und Kindern eine Transfusion angedroht wird.) Wir
haben auch gesehen, was die Gesellschaft liebevollerweise tut, um in der Zeit der Not Hilfe zu leisten. Was
mußt du mit diesen Informationen tun, um sicher zu sein, daß du auf eine Glaubensprüfung in Form einer
medizinischen Notsituation vorbereitet bist?
Erstens: Sprecht im Familienkreis diese Dinge durch und arbeitet heraus, was ihr — vor allem in einem Notfall
— sagen und tun werdet.
Zweitens: Sorgt dafür, daß ihr alle notwendigen Dokumente habt.
Drittens: Macht es zum Gegenstand eurer ernsten Gebete, daß Jehova euch in eurem festen Entschluß
stärken möge, euch ‘des Blutes zu enthalten’. Sein Gesetz über das Blut zu beachten sichert uns seine Gunst
zu, damit wir ewiges Leben erhalten können (Apg. 15:29; Spr. 27:11, 12).
[Kasten auf Seite 5]
Wenn sich der Gesundheitszustand so ernsthaft verschlechtert, daß eine Bluttransfusion angedroht wird, stelle
anhand dieses Kastens fest, was zu tun ist:
1. Rufe die Ältesten deiner Versammlung an, und bitte sie, dir zu helfen.
2. Laß die Ältesten nötigenfalls das nächste Krankenhaus-Verbindungskomitee anrufen.
3. Das Krankenhaus-Verbindungskomitee kann dir bei Gesprächen mit Ärzten und anderen beistehen.
4. Das Krankenhaus-Verbindungskomitee kann dir helfen, mit anderen Ärzten Verbindung aufzunehmen, damit
diese die bisherigen Chirurgen über Alternativen beraten.
5. Das Krankenhaus-Verbindungskomitee kann dir auch helfen, in ein Krankenhaus überwiesen zu werden, in
dem deine Wünsche respektiert werden, damit du die nötige Behandlung erhältst.
27
6. Unsere Kinder vor einer Bluttransfusion schützen
6.
Unsere Kinder vor einer Bluttransfusion schützen
w91 15. 6. S. 13-18 Gemäß der Unterweisung Jehovas wandeln
Gemäß der Unterweisung Jehovas wandeln
„Unterweise mich, o Jehova, in deinem Weg. Ich werde wandeln in deiner Wahrheit. Einige mein Herz, deinen
Namen zu fürchten“ (PSALM 86:11).
„VIELLEICHT haben Jehovas Zeugen recht, wenn sie sich weigern, Blutprodukte zu verwenden, denn es
stimmt, daß eine wesentliche Zahl pathogener Wirkstoffe durch Bluttransfusionen übertragen werden“ (Le
Quotidien du Médecin, 15. Dezember 1987, französische Tageszeitung für Ärzte).
2 Einige Leser dieses Kommentars dachten möglicherweise, es handle sich um einen Zufallstreffer, daß
Jehovas Zeugen Bluttransfusionen ablehnten, lange bevor allgemein bekannt war, daß sie gefährlich, ja tödlich
sein können. Aber Jehovas Zeugen haben nicht rein zufällig diesen Standpunkt bezüglich des Blutes
eingenommen, noch handelt es sich dabei um eine von irgendeiner seltsamen Sekte erfundene Regel oder um
einen Standpunkt, der auf der Furcht basiert, Blut sei gefährlich. Die ablehnende Haltung der Zeugen
gegenüber Blut beruht auf ihrem Entschluß, vor Gott, ihrem Großen Unterweiser, gehorsam zu wandeln.
3 König David, der sich seiner Abhängigkeit von Gott bewußt war, war entschlossen, sich von ihm unterweisen
zu lassen und ‘in seiner Wahrheit zu wandeln’ (Psalm 86:11). Zu David wurde einmal gesagt, wenn er es
vermeiden würde, in Gottes Augen Blutschuld auf sich zu laden, dann könne es sich erweisen, daß ‘seine Seele
im Beutel des Lebens bei Jehova eingewickelt’ sei (1. Samuel 25:21, 22, 25, 29). Wie Menschen
Wertgegenstände einwickelten, um sie zu schützen und zu bewahren, so konnte Davids Leben von Gott
geschützt und bewahrt werden. David befolgte den weisen Rat und suchte sich nicht durch eigene
Anstrengungen zu retten, sondern vertraute auf den, dem er sein Leben zu verdanken hatte, und sagte: „Du
wirst mich den Pfad des Lebens erkennen lassen. Freuden bis zur Sättigung sind bei deinem Angesicht; da ist
Lieblichkeit zu deiner Rechten immerdar“ (Psalm 16:11).
4 Da David diese Einstellung hatte, dachte er nicht, er könne selbst entscheiden, welche göttlichen Gesetze
gültig seien oder eingehalten werden müßten. Seine Haltung kam in den Worten zum Ausdruck: „Unterweise
mich, o Jehova, in deinem Weg, und führe mich auf dem Pfad der Geradheit.“ „Unterweise mich, o Jehova, in
deinem Weg. Ich werde wandeln in deiner Wahrheit. Einige mein Herz, deinen Namen zu fürchten. Ich
lobpreise dich, o Jehova, mein Gott, mit meinem ganzen Herzen“ (Psalm 27:11; 86:11, 12). In der Wahrheit vor
Gott zu wandeln könnte einem zuweilen unbequem erscheinen oder ein großes Opfer bedeuten, aber David
wollte im rechten Weg unterwiesen werden und auf diesem Weg wandeln.
Über Blut unterwiesen
5 Wir sollten beachten, daß David von Kindheit an über Gottes Standpunkt bezüglich des Blutes unterwiesen
worden war, denn es handelte sich dabei nicht um ein religiöses Geheimnis. Wenn das Gesetz dem Volk
vorgelesen wurde, konnte David folgendes hören: „Die Seele des Fleisches ist im Blut, und ich selbst habe es
für euch auf den Altar gegeben, damit Sühne geleistet wird für eure Seelen, denn das Blut ist es, das Sühne
leistet durch die Seele darin. Darum habe ich zu den Söhnen Israels gesagt: ‚Keine Seele von euch soll Blut
essen, und kein ansässiger Fremdling, der als Fremdling in eurer Mitte weilt, soll Blut essen‘ “ (3. Mose 17:11,
12; 5. Mose 4:10; 31:11).
6 Solange sich Gott des Volkes Israel als seiner Versammlung bediente, mußten Menschen, die ihm gefallen
wollten, über das Blut unterwiesen werden. Diese Unterweisung empfing eine Generation israelitischer Jungen
und Mädchen nach der anderen. Sollte aber die Unterweisung fortgesetzt werden, nachdem Gott die
Christenversammlung angenommen und sie zum „Israel Gottes“ gemacht hätte? (Galater 6:16). Ja. Gottes
Standpunkt in bezug auf das Blut änderte sich nicht (Maleachi 3:6). Seine ablehnende Haltung gegenüber dem
Mißbrauch von Blut hatte er bereits eingenommen, bevor der Gesetzesbund in Kraft trat, und er hielt auch nach
Außerkraftsetzen des mosaischen Gesetzes daran fest (1. Mose 9:3, 4; Apostelgeschichte 15:28, 29).
7 Die Achtung vor dem Blut spielt für den christlichen Glauben eine zentrale Rolle. „Ist das nicht etwas
übertrieben?“ mag jemand fragen. Aber was sonst — wenn nicht das Opfer Jesu — steht für das Christentum
im Mittelpunkt? Der Apostel Paulus schrieb: „Durch ihn [Jesus] haben wir die Befreiung durch Lösegeld mittels
des Blutes dieses einen, ja die Vergebung unserer Verfehlungen, gemäß dem Reichtum seiner unverdienten
Güte“ (Epheser 1:7). In der englischen Übersetzung von Frank C. Laubach lautet dieser Text: „Durch Christi
Blut sind wir erkauft worden, und jetzt gehören wir ihm“ (The Inspired Letters).
8 Alle, die hoffen, die bevorstehende „große Drangsal“ zu überleben und sich auf der paradiesischen Erde der
von Gott kommenden Segnungen zu erfreuen, sind auf das vergossene Blut Jesu angewiesen. In Offenbarung
7:9-14 werden sie beschrieben, indem dort rückblickend gesagt wird: „Das sind die, die aus der großen
Drangsal kommen, und sie haben ihre langen Gewänder gewaschen und sie im Blut des Lammes weiß
gemacht.“ Beachten wir die Ausdrucksweise. Es heißt nicht, diejenigen, die durch die Drangsal hindurchgerettet
28
6. Unsere Kinder vor einer Bluttransfusion schützen
worden sind, hätten „Jesus angenommen“ oder „an ihn geglaubt“, obwohl das sicherlich Voraussetzungen sind,
sondern es wird gesagt: „Sie haben ihre langen Gewänder gewaschen und sie im Blut . . . [Jesu] weiß
gemacht.“ Dem ist so, weil sein Blut Loskaufswert hat.
9 Aus Dankbarkeit dafür sind Jehovas Zeugen fest entschlossen, Blut nicht zu mißbrauchen, selbst wenn ein
Arzt in aller Aufrichtigkeit behauptet, eine Transfusion sei unumgänglich. Er ist vielleicht der Meinung, der
erhoffte Nutzen einer Transfusion wiege die mit Blut verbundenen gesundheitlichen Risiken auf. Ein Christ darf
jedoch ein noch größeres Risiko nicht außer acht lassen: das Risiko, durch die Einwilligung zu einem
Blutmißbrauch die Gunst Gottes zu verlieren. Paulus sprach einmal von Personen, die ‘willentlich Sünde
trieben, nachdem sie die genaue Erkenntnis der Wahrheit empfangen hatten’. Warum war eine derartige Sünde
so schwerwiegend? Weil jemand dadurch „den Sohn Gottes mit Füßen getreten und . . . das Blut des Bundes,
durch das er geheiligt worden ist, als von gewöhnlichem Wert geachtet“ hatte (Hebräer 9:16-24; 10:26-29).
Hilf anderen, die Unterweisung anzunehmen
10 Wir, die wir Jesu Loskaufsopfer schätzen, hüten uns davor, Sünde zu treiben und den Wert seines
lebensrettenden Blutes zu verwerfen. Nachdem wir die Sache durchdacht haben, wird uns klar, daß wir uns
Gott gegenüber schon aus reiner Dankbarkeit für unser Leben gedrängt fühlen sollten, keine Kompromisse in
bezug auf seine gerechten Gesetze zu machen, denn beim Erlassen seiner Gesetze lag ihm — und davon sind
wir überzeugt — unser Wohl am Herzen, und zwar unser ewiges Wohl (5. Mose 6:24; Sprüche 14:27; Prediger
8:12). Wie steht es aber mit unseren Kindern?
11 Solange unsere Kinder im Säuglingsalter oder noch zu klein sind, um zu verstehen, worauf es ankommt,
kann Jehova Gott sie aufgrund unserer Ergebenheit als rein und annehmbar betrachten (1. Korinther 7:14).
Kleine Kinder in einem christlichen Haushalt mögen noch nicht verstehen, worum es bei dem Gehorsam
gegenüber Gottes Gesetz bezüglich des Blutes geht, und diesbezüglich auch noch keine eigene Entscheidung
getroffen haben. Tun wir aber unser Bestes, um sie in bezug auf diese lebenswichtige Angelegenheit zu
unterweisen? Christliche Eltern sollten das nicht auf die leichte Schulter nehmen. Einige Eltern haben offenbar
eine falsche Einstellung, was ihre Kinder und die Blutfrage angeht. Sie denken anscheinend, daß sie in
Wirklichkeit keinen großen Einfluß darauf hätten, ob ihren minderjährigen Kindern eine Bluttransfusion gegeben
wird oder nicht. Wie kommt es zu dieser falschen Ansicht?
12 In vielen Ländern gibt es Gesetze oder Ämter zum Schutz vernachlässigter oder mißhandelter Kinder. Die
Kinder von Zeugen Jehovas werden aber weder vernachlässigt noch mißhandelt, wenn die Eltern eine
Bluttransfusion für ihre Kinder, die sie ja lieben, ablehnen und statt dessen um eine der modernen Medizin
mögliche alternative Behandlungsmethode bitten. Es handelt sich dabei — selbst vom medizinischen
Standpunkt aus gesehen — nicht um eine Vernachlässigung oder um eine Mißhandlung, wenn man die
Gefahren in Betracht zieht, die mit Transfusionen anerkanntermaßen verbunden sind. Eltern machen in einem
solchen Fall lediglich von ihrem Recht Gebrauch, die einschlägigen Risiken abzuwägen und daraufhin eine
Behandlung zu wählen.13 Doch verschiedene Ärzte haben sich auf dem Rechtsweg die Befugnis eingeholt,
Patienten eine unerwünschte Transfusion aufzuzwingen.
13 In dem Bewußtsein, daß es für Ärzte oftmals nicht schwer ist, im Falle eines Minderjährigen gerichtliche
Unterstützung für eine Transfusion zu erhalten, meinen vielleicht einige Eltern, in der Sache seien ihnen die
Hände gebunden, sie könnten oder sollten diesbezüglich nichts unternehmen. Aber diese Ansicht ist falsch
(Sprüche 22:3).
14 Wie wir festgestellt haben, wurde David von seiner Jugend an im Weg Gottes unterwiesen. So ausgerüstet,
betrachtete er das Leben als eine Gabe Gottes und wußte, daß Blut für Leben steht. (Vergleiche 2. Samuel
23:14-17.) Timotheus wurde „von frühester Kindheit an“ über die Gedanken Gottes belehrt (2. Timotheus 3:14,
15). Denkst du nicht auch, daß sich David und Timotheus zu Fragen, die den Willen Gottes betrafen, sinnvoll
äußern konnten, schon bevor sie nach heutigen Rechtsbegriffen das Erwachsenenalter erreicht hatten?
Desgleichen sollten junge Christen, lange bevor sie erwachsen sind, im Weg Gottes unterwiesen werden.
15 Mancherorts räumt man einem sogenannten reifen Minderjährigen ähnliche Rechte ein wie einem
Erwachsenen. Ein Jugendlicher mag aufgrund seines Alters oder seiner reifen Denkweise oder weil beides
zutrifft, als reif genug gelten, bezüglich einer medizinischen Behandlung seine eigene Entscheidung treffen zu
können. Selbst wenn dies nicht gesetzlich geregelt ist, mögen Richter oder Vertreter eines Krankenhauses den
Wünschen eines Jugendlichen, der sich über seine unumstößliche Entscheidung in der Blutfrage deutlich
äußern kann, Gewicht beimessen. Ist ein Jugendlicher dagegen nicht in der Lage, seine Glaubensansichten
deutlich und wohldurchdacht darzulegen, könnte ein Gericht zu der Auffassung gelangen, es müsse wie im
Falle eines Kleinkindes entscheiden, was das Beste zu sein scheint.
16 Ein junger Mann hatte über Jahre hinweg unregelmäßig die Bibel studiert; er hatte sich aber nicht taufen
lassen. Obwohl es nur noch sieben Wochen waren, bis er gemäß seinem Alter das Recht gehabt hätte, „für sich
eine medizinische Behandlung abzulehnen“, suchte ein Krankenhaus, das ihn wegen Krebs behandelte,
gerichtliche Unterstützung, um ihm gegen seinen Willen und den seiner Eltern Blut übertragen zu können. Der
gewissenhafte Richter befragte ihn bezüglich seiner Glaubensansichten über Blut und stellte ihm grundlegende
13 Siehe Wie kann Blut dein Leben retten?, Seite 21, 22, 28—31, herausgegeben von der Wachtturm-Gesellschaft.
29
6. Unsere Kinder vor einer Bluttransfusion schützen
Fragen, so zum Beispiel, wie die ersten fünf Bücher der Bibel heißen. Der junge Mann konnte sie nicht nennen
und auch nicht überzeugend beweisen, daß er verstand, warum er Bluttransfusionen ablehnte. Leider
ermächtigte der Richter das Krankenhaus, Transfusionen zu geben; er erklärte: „Seine Ablehnung von
Bluttransfusionen beruht nicht auf einem reifen Verständnis seiner eigenen Glaubensansichten.“
17 Für einen Minderjährigen, der gut in Gottes Wegen unterwiesen worden ist und wirklich in Gottes Wahrheit
wandelt, kann die Sache anders ausgehen. Eine junge Christin war an der gleichen seltenen Art von Krebs
erkrankt. Das Mädchen und seine Eltern hörten von einem Spezialisten in einem bekannten Krankenhaus und
waren mit einer modifizierten Chemotherapie einverstanden. Dennoch kam der Fall vor Gericht. Der Richter
schrieb: „D. P. versicherte, daß sie sich einer Bluttransfusion auf jede ihr mögliche Weise widersetzen würde.
Sie betrachtete eine Transfusion als Körperverletzung und verglich sie mit Vergewaltigung. Sie bat das Gericht,
ihre Entscheidung zu respektieren und ohne gerichtlich angeordnete Bluttransfusionen im Krankenhaus bleiben
zu dürfen.“ Die christliche Unterweisung, die sie erhalten hatte, war ihr in dieser schwierigen Zeit eine Hilfe.
(Siehe Kasten.)
18 Ein 12jähriges Mädchen wurde wegen Leukämie behandelt. Die Jugendfürsorge brachte den Fall vor
Gericht, um eine Bluttransfusion zu erzwingen. Der Richter erklärte: „L. hat dem Gericht deutlich und glaubhaft
versichert, daß sie sich, sofern man versuche, ihr eine Bluttransfusion aufzuzwingen, mit aller ihr zu Gebote
stehenden Kraft gegen diese Transfusion zur Wehr setzen würde. Sie hat gesagt, und ich glaube ihr, sie würde
schreien und kämpfen und die Kanüle aus dem Arm herausreißen und versuchen, die Blutkonserve über ihrem
Bett unbrauchbar zu machen. Ich lehne es ab, irgendeine Anordnung zu treffen, zufolge deren das Kind diese
Qualen durchmachen müßte . . . Bei dieser Patientin würde die vom Krankenhaus beantragte Behandlung die
Krankheit nur physisch bekämpfen. Ihre emotionalen Bedürfnisse und ihre Glaubensansichten blieben dabei
völlig unberücksichtigt.“
Eltern, erteilt gute Unterweisung!
19 Solche Berichte sollten eine eindrucksvolle Lehre sein für Eltern, deren Wunsch es ist, daß sich alle
Familienmitglieder nach Gottes Gesetz über das Blut ausrichten. E i n Grund, weshalb Abraham Gottes Freund
war, bestand darin, daß Gott wußte, der Patriarch würde ‘seinen Söhnen und seinen Hausgenossen nach ihm
gebieten, auf daß sie Jehovas Weg einhielten, um Gerechtigkeit zu üben’ (1. Mose 18:19). Sollte das nicht auch
auf christliche Eltern heutzutage zutreffen? Unterweist du als Vater oder als Mutter deine Kinder, so daß sie auf
dem Weg Jehovas wandeln und ‘stets bereit sind zu einer Verteidigung vor jedermann, der von ihnen einen
Grund für die Hoffnung verlangt, die in ihnen ist, doch es mit Milde und tiefem Respekt tun’? (1. Petrus 3:15).
20 Es wäre zwar gut, wenn unsere Kinder über die mit Bluttransfusionen verbundenen Ansteckungsgefahren
und anderen Risiken Bescheid wüßten, doch sie über Gottes vollkommenes Gesetz bezüglich des Blutes zu
belehren bedeutet nicht in erster Linie, zu versuchen, ihnen Furcht vor dem Blut einzuflößen. Nehmen wir
beispielsweise an, ein Richter würde ein Mädchen fragen, warum sie eine Bluttransfusion ablehne. Was könnte
es bewirken, wenn sie im wesentlichen antworten würde, sie halte Blut für zu riskant oder habe Angst davor?
Der Richter könnte womöglich schlußfolgern, sie sei unreif und allzu furchtsam und könnte sich auch vor einer
Blinddarmoperation so sehr fürchten, daß sie weinen und sich einer solchen Operation widersetzen würde,
selbst wenn ihre Eltern die Operation als das Beste erachten würden. Überdies lehnen Christen, wie wir bereits
betont haben, Bluttransfusionen nicht hauptsächlich deshalb ab, weil das Blut verunreinigt sein könnte, sondern
weil es für unseren Gott und Lebengeber kostbar ist. Das sollten unsere Kinder wissen, und sie sollten auch
wissen, daß die möglichen Gefahren, die das Blut aus medizinischer Sicht in sich birgt, unserem religiösen
Standpunkt zusätzlich Gewicht verleihen.
21 Bist du, sofern du Kinder hast, sicher, daß sie mit dem biblisch begründeten Standpunkt bezüglich
Bluttransfusionen übereinstimmen und ihn erklären können? Glauben sie wirklich, daß dieser Standpunkt dem
Willen Gottes entspricht? Sind sie davon überzeugt, daß eine Übertretung des Gesetzes Gottes so
schwerwiegend ist, daß sie die Aussicht eines Christen auf ewiges Leben in Frage stellen könnte? Weise Eltern
werden diese Angelegenheit mit ihren Kindern besprechen, ob sie noch sehr klein oder schon fast erwachsen
sind. Sie können mit den Kindern üben, wobei sie ihnen Fragen vorlegen, wie sie Jugendlichen von einem
Richter oder einem Vertreter eines Krankenhauses gestellt werden mögen. Das Ziel besteht nicht darin, daß ein
Jugendlicher bestimmte Fakten oder Antworten auswendig hersagen kann. Wichtiger ist, daß er weiß, was er
glaubt und warum er es glaubt. Natürlich können Eltern oder andere vor Gericht Informationen darüber
unterbreiten, welche Risiken Blut in sich birgt und welche alternativen Behandlungen es gibt. Ein Richter oder
ein Krankenhausvertreter möchte jedoch in einem Gespräch mit unseren Kindern wahrscheinlich herausfinden,
ob sie die nötige Reife haben, ihre Situation und Alternativbehandlungen zu beurteilen, und ob sie ihre eigenen
Wertvorstellungen und eine feste Überzeugung haben. (Vergleiche 2. Könige 5:1-4.)
22 Wir alle sollten Gottes Standpunkt in bezug auf das Blut kennen und entschlossen daran festhalten. Von
Christus heißt es in Offenbarung 1:5, daß ‘er uns liebt und uns durch sein eigenes Blut von unseren Sünden
erlöst hat’. Nur wenn wir uns den Wert des Blutes Jesu zunutze machen, können unsere Sünden vollständig
und für immer vergeben werden. In Römer 5:9 wird unmißverständlich gesagt: „Desto mehr werden wir somit,
da wir jetzt durch sein Blut gerechtgesprochen worden sind, durch ihn vor dem Zorn gerettet werden.“ Wie
30
6. Unsere Kinder vor einer Bluttransfusion schützen
weise ist es daher, daß wir und unsere Kinder von Jehova über dieses Thema unterwiesen werden und daß wir
alle entschlossen sind, für immer auf seinem Weg zu wandeln!
[Kasten auf Seite 17]
DAS GERICHT WAR BEEINDRUCKT
Wie lautete der Gerichtsentscheid im Fall von D. P.? (Siehe Absatz 17.)
„Das Gericht war von der Intelligenz, dem sicheren Auftreten, der Würde und der überzeugenden Art dieser
14 1⁄2jährigen höchst beeindruckt. Der Befund, daß sie an einer tödlich verlaufenden Form von Krebs erkrankt
war, muß sie erschüttert haben . . . Dennoch erschien eine reife Jugendliche, um vor Gericht auszusagen.
Offensichtlich hatte sie das schwierige Problem, vor dem sie stand, klar erfaßt. Sie hatte keine Beratung
ausgelassen, war mit dem Therapieplan einverstanden, erläuterte eine sinnvolle Anschauung darüber, wie sie
als Mensch dieser medizinischen Herausforderung begegnen würde, und erschien vor Gericht mit der
bewegenden Bitte: Respektieren Sie bitte meine Entscheidung . . .
Abgesehen von ihrer Reife, nannte D. P. genügend Gründe für ihre Entscheidung, so daß das Gericht diese
respektieren sollte. Man würde ihr durch eine Therapie, die Bluttransfusionen einschließt, geistig,
psychologisch, moralisch und emotionell Schaden zufügen. Das Gericht wird ihre Wahl der Therapie
respektieren.“
[Bild auf Seite 16]
Ein Richter oder ein Krankenhausvertreter möchte wahrscheinlich wissen, was ein christlicher Jugendlicher
wirklich glaubt und warum er es glaubt
km 9/92 S. 3-6 Unsere Kinder vor einer Bluttransfusion schützen
Unsere Kinder vor einer Bluttransfusion schützen
1 „Siehe! Söhne sind ein Erbe von Jehova“ (Ps. 127:3). Wenn Eltern ein solches kostbares Erbe von Jehova
haben, obliegt ihnen die schöne, aber ernste Verantwortung, ihre Kinder zu schulen, für sie zu sorgen und sie
zu schützen. Haben wir beispielsweise jeden vernünftigen Schritt unternommen, um unsere minderjährigen
Kinder vor einer Bluttransfusion zu schützen? Wie würden unsere Kinder reagieren, wenn sie mit der
Möglichkeit einer Transfusion konfrontiert würden? Haben wir im Familienkreis darüber gesprochen, was getan
werden kann, um in einer Notsituation, in der eine Transfusion droht, wirkungsvoll vorzugehen?
2 Die Familie auf solche Situationen vorzubereiten muß kein Grund zur Furcht oder für unnötigen Streß sein.
Wir können uns zwar nicht auf jeden Eventualfall des Lebens einstellen und vorbereiten, aber es gibt viele
Dinge, die Eltern im voraus tun können, um die Kinder vor einer Transfusion zu schützen. Eine
Vernachlässigung dieser Verantwortung könnte dazu führen, daß unserem Kind bei einer ärztlichen Behandlung
Blut übertragen wird. Was kann getan werden?
3 Eine feste Überzeugung wichtig: Wir sollten ernsthaft darüber nachdenken, wie fest unsere persönliche
Überzeugung in bezug auf Gottes Gesetz über das Blut ist. Belehren wir unsere Kinder, Jehova in dieser
Hinsicht zu gehorchen, wie wir sie über seine Gesetze in bezug auf Ehrlichkeit, Sittlichkeit, Neutralität und
andere Aspekte des Lebens belehren? Denken wir wirklich so, wie Gottes Gesetz gemäß 5. Mose 12:23
gebietet: „Sei nur fest entschlossen, nicht das Blut zu essen“? In Vers 25 heißt es weiter: „Du sollst es nicht
essen, damit es dir und deinen Söhnen nach dir gutgeht, weil du tun wirst, was recht ist in den Augen Jehovas.“
Ein Arzt könnte behaupten, daß bei unserem kranken Kind „mit Blut alles in Ordnung kommen“ wird, doch wir
müssen, schon bevor ein Notfall eintritt, fest entschlossen sein, Blut für uns und für unsere Kinder abzulehnen,
da wir unser Verhältnis zu Jehova für kostbarer erachten als die angebliche Verlängerung des Lebens unter
Mißachtung des Gesetzes Gottes. Gottes Gunst heute und das künftige ewige Leben stehen auf dem Spiel!
4 Ja, Jehovas Zeugen möchten leben. Sie wollen nicht sterben. Sie möchten leben, damit sie Jehova preisen
und seinen Willen tun können. Deshalb gehen sie auch ins Krankenhaus und lassen ihre Kinder dort
behandeln. Sie bitten Ärzte, sie zu behandeln, und wenn man ihnen sagt, eine Bluttransfusion sei die
Standardmethode oder die medizinisch indizierte Behandlung, bitten sie um eine blutfreie medizinische
Behandlung. Es gibt viele Alternativen zum Blut. Sie werden von erfahrenen Ärzten angewendet. Eine solche
alternative Behandlung ist keine Quacksalberei, sondern besteht aus medizinisch vernünftigen Behandlungen
und Verfahren, die in führenden medizinischen Zeitschriften dokumentiert sind. Tausende von Ärzten auf der
ganzen Welt arbeiten mit uns zusammen, indem sie uns eine gute medizinische Behandlung ohne die
Verwendung von Blut zukommen lassen, wiewohl es manchmal noch ein Problem ist, Ärzte zu finden, die
Kinder von Zeugen ohne Blut behandeln.
5 Einen Arzt finden, der zur Zusammenarbeit bereit ist: Ärzte müssen sich bei der Behandlung der
Patienten um vieles kümmern, und wenn wir sie bitten, unser Kind ohne Blut zu behandeln, wird die
Herausforderung noch größer. Manche Ärzte sind vielleicht einverstanden, bei der Behandlung Erwachsener
deren Wünsche Blut betreffend zu respektieren, sofern eine entsprechende Haftungsbefreiung unterschrieben
wird. Einige sind in ähnlicher Weise bereit, Minderjährige zu behandeln, die gezeigt haben, daß sie Reife
besitzen, da einige Gerichte entschieden haben, daß reife Minderjährige das Recht haben, in medizinischer
31
6. Unsere Kinder vor einer Bluttransfusion schützen
Hinsicht selbst zu entscheiden. (Eine Abhandlung darüber, was einen reifen Minderjährigen auszeichnet, ist im
Wachtturm vom 15. Juni 1991, Seite 16, 17 zu finden.) Ärzte mögen sich jedoch weigern, kleine Kinder, vor
allem Säuglinge zu behandeln, solange ihnen nicht gestattet wird, Blut zu geben. Tatsächlich werden nur sehr
wenige Ärzte bei der Behandlung eines Kindes die feste Zusage geben, unter keinen Umständen Blut zu
verwenden. Aus medizinischen und rechtlichen Gründen glauben die meisten Ärzte fälschlicherweise, eine
solche Garantie nicht geben zu dürfen. Dennoch sind immer mehr Ärzte bereit, sich der Kinder von Zeugen
Jehovas anzunehmen und dabei so weit zu gehen, wie es ihrer Ansicht nach möglich ist, unsere Wünsche in
bezug auf Blut zu respektieren.
6 Wie verhält es sich angesichts dessen, wenn wir bei unserer Suche nach dem richtigen Arzt für unser Kind
jemand finden, der bisher mit Jehovas Zeugen gut zusammengearbeitet hat und in der Vergangenheit dasselbe
blutfreie Verfahren bei anderen Zeugen angewendet hat, jedoch der Ansicht ist, daß ihm das Gesetz nicht
gestattet, uns die absolute Garantie zu geben, daß kein Blut verwendet wird? Er versichert uns jedoch, daß es
seiner Meinung nach auch diesmal keine Probleme geben wird. Wir mögen zu dem Schluß kommen, dies sei
unsere beste Möglichkeit. Unter diesen Umständen mögen wir schlußfolgern, daß wir die Erlaubnis für das
weitere Vorgehen geben können. Wir müssen jedoch trotzdem deutlich darlegen, daß wir mit der Erlaubnis für
die Behandlung unseres Kindes keine Erlaubnis für eine Bluttransfusion geben. Gehen wir diesen Weg,
müssen wir die Verantwortung tragen, ohne daß unsere Entscheidung als Kompromiß zu betrachten ist.
7 Wenn wir natürlich die Möglichkeit einer sinnvollen Alternativbehandlung hätten, die das Problem der
Verwendung von Blut weiter verringert oder möglicherweise ausräumt, werden wir wahrscheinlich den Weg des
geringeren Risikos gehen. Von uns wird erwartet, daß wir uns eifrig bemühen, einen Arzt oder Chirurgen zu
finden, der in seiner Zusage, kein Blut zu übertragen, weitergeht als alle anderen. Der beste Schutz besteht
darin, mit Problemen zu rechnen. Setzen wir alles daran, rechtzeitig einen Arzt zu finden, der zur
Zusammenarbeit bereit ist. Unkooperative Ärzte und Krankenhäuser sollten wir, falls irgend möglich, meiden.
8 In manchen Ländern kann ein anderer Faktor, nämlich die Art und Weise, wie die Krankenversorgung
bezahlt wird, den Ausschlag geben, ob eine Bluttransfusion verabreicht wird. Wo die Eltern eine
Krankenversicherung oder eine andere Versicherung haben, die die Wahl des Arztes gestattet, können die
Kinder unkooperativen Ärzten oder Krankenhausbeschäftigten leichter aus den Händen genommen werden.
Die ausreichende finanzielle Abdeckung entscheidet oft über die Art der Behandlung und der Zusammenarbeit,
die einer Familie von seiten der Ärzte und Krankenhäuser gewährt wird. Auch die Bereitschaft eines Arztes, sich
mit der Verlegung eines Kindes einverstanden zu erklären, hängt oft davon ab, ob die Eltern oder die
Krankenversicherung die Pflege- bzw. die Transportkosten bezahlen können. Des weiteren sollten werdende
Mütter während der Schwangerschaft auf ihre Gesundheit achten. Das kann viel dazu beitragen, Frühgeburten
und die damit verbundenen Komplikationen zu vermeiden, da zur Standardbehandlung für Frühgeburten und
deren Problemen oft Bluttransfusionen gehören.
9 Ärzte klagen manchmal, daß Zeugen Jehovas erst in letzter Minute auf ihre Einwände gegen Blut zu
sprechen kommen. Das sollte nie der Fall sein. Wenn Eltern, die Zeugen sind, ein Krankenhaus aufsuchen
oder die Dienste eines Arztes in Anspruch nehmen, sollten sie gleich zu Anfang ihren Standpunkt bezüglich des
Blutes darlegen. Falls eine Operation vorgesehen ist, sollten sie um ein frühzeitiges Gespräch auch mit dem
Anästhesisten bitten. Der Chirurg kann ihnen dabei möglicherweise helfen. Wir sollten uns die
Aufnahmeformulare genau ansehen. Wir haben das Recht, alles auszustreichen, wogegen wir Einwände
haben. Um jeden Zweifel zu beseitigen, sollten wir auf das Aufnahmeformular deutlich schreiben, daß Blut aus
religiösen und medizinischen Gründen unter keinen Umständen gewünscht oder gestattet ist.
10 Hilfe von seiten der Organisation Jehovas: Welche Vorkehrungen hat Jehovas Organisation getroffen,
um uns zu helfen, unsere Kinder vor Blut zu schützen? Es gibt einige. Die Gesellschaft hat viel veröffentlicht,
um uns über Blut und blutfreie Alternativen zu informieren. Wir haben die Broschüre Wie kann Blut dein Leben
retten? und andere Veröffentlichungen zu diesem Thema studiert. Und wir haben unsere Brüder und
Schwestern in der Ortsversammlung, die uns eine große Hilfe und Unterstützung sein können. In einer
kritischen Situation mögen es Älteste für ratsam halten, für eine 24stündige Wache im Krankenhaus zu sorgen,
die vorzugsweise von einem Ältesten und einem Elternteil des Patienten oder einem anderen nahen
Angehörigen gehalten wird. Bluttransfusionen werden oft gegeben, wenn alle Verwandten und Freunde abends
nach Hause gegangen sind.
11 In Deutschland gibt es in den größeren Städten 40 Krankenhaus-Verbindungskomitees. Alle
Versammlungen sind einem Komitee zugeteilt, das aus geschulten Brüdern besteht, deren Hilfe in Anspruch
genommen werden kann. Ruft sie über eure Ältesten an, wenn sie benötigt werden. Wegen geringfügiger
gesundheitlicher Probleme sollten wir uns allerdings nicht an sie wenden; ist jedoch abzusehen, daß bei einer
medizinischen Behandlung Probleme auftreten können oder daß eine Krankenhausbehandlung entsteht, sollten
wir nicht zu lange damit warten, sie anzurufen. Häufig können sie die Namen von Ärzten nennen, die zur
Zusammenarbeit bereit sind, und Empfehlungen in bezug auf Alternativen geben. Falls nötig und möglich
richten es die Brüder ein, persönlich zu erscheinen und mitzuhelfen, das Problem zu meistern.
12 Mit der Einschaltung von Gerichten rechnen und damit zurechtkommen: Was ist zu tun, wenn ein Arzt
oder ein Krankenhaus eine Transfusion für unser Kind durch einen Gerichtsbeschluß erzwingen will? Müssen
32
6. Unsere Kinder vor einer Bluttransfusion schützen
wir dann aufgeben in der Annahme, daß nichts mehr getan werden kann? Auf keinen Fall! Es kann immer noch
möglich sein, eine Transfusion abzuwenden. Auf diese Möglichkeit sollten wir uns rechtzeitig vorbereiten. Was
kann getan werden?
13 Das Verständnis einiger Rechtsprinzipien, von denen sich Krankenhäuser und Richter in solchen Fällen
leiten lassen, wird uns bei einer Verteidigung eine große Hilfe sein. Von fundamentaler Bedeutung ist der
Umstand, daß das Gesetz den Eltern in extremen Situationen Beschränkungen auferlegt, wozu auch gehören
mag, für ihre Kinder in eine bestimmte medizinische Behandlung einzuwilligen oder sie zu verweigern.
Erwachsene haben im allgemeinen das Recht, ihrem Wunsch gemäß eine medizinische Behandlung zu
akzeptieren oder abzulehnen, aber Eltern steht es nicht frei, sich gegen eine bestimmte Behandlung
auszusprechen, die für das Wohl ihres Kindes für notwendig erachtet wird, selbst wenn sich ihre Ablehnung in
voller Aufrichtigkeit auf religiöse Ansichten stützt.
14 Dieses Grundprinzip spiegelt sich in der Entscheidung des U.S. Supreme Court von 1944 wider, die wie
folgt lautete: „Eltern steht es frei, selbst zu Märtyrern zu werden. Doch daraus folgert nicht, daß es ihnen
freisteht, unter ähnlichen Umständen ihre Kinder zu Märtyrern zu machen, bevor diese das Alter voller und
rechtlicher Verständigkeit erreicht haben, in dem sie selbst eine Entscheidung treffen können.“ Dieselbe
grundlegende Sorge um die körperliche Gesundheit und das körperliche Wohl des Kindes kommt heute in
Gesetzen zum Schutz des Kindes zum Ausdruck. Diese Gesetze, die auf Kindesmißhandlung abzielen, sollen
Kinder auch davor schützen, in medizinischer Hinsicht vernachlässigt zu werden.
15 Christliche Eltern haben bestimmt nichts dagegen einzuwenden, daß man Kinder davor schützt, von den
Eltern mißbraucht oder vernachlässigt zu werden. Doch die Gesetze bezüglich der Vernachlässigung von
Kindern und die oben zitierte Entscheidung des Supreme Court werden oft in unstatthafter Weise auf Fälle
angewendet, in denen es um Kinder von Jehovas Zeugen geht. Wieso? Zum einen, weil Eltern, die Zeugen
sind, keineswegs beabsichtigen, ihre Kinder zu „Märtyrern“ zu machen. Warum bringen sie denn sonst ihre
Kinder überhaupt ins Krankenhaus? Eltern, die Zeugen sind, möchten statt dessen, daß ihre Kinder behandelt
werden. Sie lieben ihre Kinder und möchten, daß sie gesund sind. Doch sie sind überzeugt, daß Gott ihnen die
Verpflichtung auferlegt hat, verantwortungsbewußt die Art der medizinischen Behandlung zu wählen, die für ihre
Kinder am besten ist. Sie wünschen, daß die Erkrankung ihrer Kinder ohne Blut behandelt wird. Eine solche
alternative blutfreie Behandlung ist nicht nur besser und sicherer als mit Blut, sondern läßt ihre Kinder auch in
der Gunst des großen Lebengebers, Jehova, bleiben, was von größter Wichtigkeit ist.
16 Trotz der Vorteile einer blutfreien medizinischen Behandlung betrachten viele Ärzte und Fürsorgevertreter
eine Transfusionstherapie als medizinisches Standardverfahren, das unter bestimmten Umständen notwendig
oder sogar lebensrettend sein mag. Wenn Eltern, die Zeugen sind, empfohlene Transfusionen ablehnen,
können daher Probleme entstehen. Ärzte sind grundsätzlich nicht befugt, Kinder ohne Zustimmung der Eltern
zu behandeln. Geben die Eltern die Einwilligung zur Verwendung von Blut nicht, kann es sein, daß Ärzte die
Einwilligung eines Richters in Form eines Gerichtsbeschlusses zu erhalten suchen. Eine solche gerichtliche
Einwilligung kann von Fürsorgevertretern oder von Ärzten erwirkt werden, die eingreifen, um das Kind vor
angeblicher medizinischer Vernachlässigung zu schützen.14
17 Vielfach werden Gerichtsbeschlüsse, die die Verwendung von Blut anordnen, sehr schnell erwirkt und die
Eltern nur unzureichend oder gar nicht informiert. Ärzte, Krankenhausverwaltungen und Fürsorgevertreter
versuchen solche beschleunigten Gerichtsbeschlüsse mit der Behauptung zu rechtfertigen, es bestehe ein
medizinischer Notfall, so daß keine Zeit ist, die Eltern über das, was vor sich geht, vollständig zu informieren.
Bei Vernehmungen haben Ärzte jedoch oft zugegeben, daß gar kein Notfall bestand und daß sie einen
Gerichtsbeschluß erwirken wollten, „nur für den Fall“, daß in späterer Zeit ihrer Ansicht nach eine Transfusion
notwendig werden könnte. Als die natürlichen Beschützer unserer Kinder haben wir ein fundamentales Recht,
zu wissen, was Ärzte, Krankenhausverwaltungen und Fürsorgevertreter zu irgendeiner Zeit hinsichtlich unserer
Kinder unternehmen. Das Gesetz fordert, daß die Eltern, wenn irgend möglich, darüber informiert werden
sollten, falls Anstrengungen zur Erlangung eines Gerichtsbeschlusses unternommen werden, und daß man die
Eltern anhören muß, um auch unsere Seite der Kontroverse vor dem Gericht darzustellen. Im gerichtlichen
Eilverfahren sind die Eltern zumindest im Nachhinein vom Gericht anzuhören, damit ihr Elternrecht Beachtung
findet.
18 Die rechtlichen Realitäten unterstreichen, von welchem Wert es ist, einen kooperativen Arzt zu finden.
Arbeiten wir mit ihm zusammen, und helfen wir ihm mit dem Beistand der Mitglieder des KrankenhausVerbindungskomitees entweder eine blutfreie Behandlung der medizinischen Beschwerden eures Kindes
durchzuführen oder euer Kind zu einem Arzt oder in ein Krankenhaus zu überweisen, wo eine solche
Behandlung durchgeführt werden kann. Sollte es allerdings Anzeichen dafür geben, daß der Arzt, die
Krankenhausverwaltung oder ein Fürsorgevertreter erwägt, einen Gerichtsbeschluß zu erwirken, sollten wir
unbedingt fragen, ob das geplant sei. Manchmal wird das heimlich telefonisch getan. Falls geplant wird, vor
Gericht zu gehen, müssen wir darauf bestehen, darüber informiert zu werden, damit auch wir dem Richter
14 Nur in einem aktuellen, laufenden Notfall, der nach Ansicht des Arztes sofortiger Aufmerksamkeit bedarf, können Behandlungen, die
für das Leben oder die Gesundheit des Kindes notwendig erscheinen (einschließlich Bluttransfusionen), rechtmäßig ohne elterliche
oder gerichtliche Einwilligung durchgeführt werden. Ein Arzt ist natürlich rechenschaftspflichtig, wenn er sich auf diese gesetzliche
Vollmacht in Notfällen beruft.
33
6. Unsere Kinder vor einer Bluttransfusion schützen
unsere Ansicht darlegen können (Spr. 18:17). In jedem Fall, in dem eine Konfrontation oder gerichtliche
Auseinandersetzung droht, sollte die Rechtsabteilung der Gesellschaft eingeschaltet werden; diese kann uns
mit Informationen versorgen, um unter den gegebenen Umständen eine bestmögliche Verteidigung zu führen.
Wenn genügend Zeit ist, wird es ratsam sein, die Hilfe eines Rechtsanwalts in Anspruch zu nehmen.
19 Sollte wegen unserer Verweigerung von Blut das Gericht eingeschaltet werden, kann die Ansicht des
Arztes, daß Blut erforderlich ist, um das Leben oder die Gesundheit unseres Kindes zu erhalten, sehr
überzeugend sein. Der Richter wird sich als medizinischer Laie für gewöhnlich dem medizinischen Urteil des
Arztes fügen. Das ist vor allem dann der Fall, wenn Eltern kaum oder keine Gelegenheit eingeräumt wird, ihre
Ansicht des Falles darzulegen, und dem Arzt gestattet wird, seine Behauptungen über die „dringende“
Notwendigkeit von Blut vorzutragen, ohne daß Einwände vorgebracht werden können. Solche einseitigen
Verfahren sind der Wahrheitsfindung nicht gerade dienlich. Tatsache ist, daß die Ansicht der Ärzte, wann und
warum Blut erforderlich ist, höchst subjektiv und zweifelhaft ist. Wenn ein Arzt sagt, Blut sei absolut notwendig,
um das Leben des Kindes zu retten, wird oft ein anderer Arzt, der Erfahrung darin hat, dasselbe medizinische
Problem ohne Blut anzugehen, sagen, daß für die Behandlung des Patienten kein Blut erforderlich ist.
20 Wie werden wir reagieren, wenn wir von einem Staatsanwalt oder Richter gefragt werden, warum wir eine
„lebensrettende“ Transfusion für unser Kind verweigern? Auch wenn wir geneigt sein mögen, zunächst unseren
Glauben an die Auferstehung zu erklären und unseren festen Glauben daran zum Ausdruck zu bringen, daß
Gott uns unser Kind wiedergeben wird, wenn es stirbt, könnte eine solche Antwort den Richter, dessen
Hauptinteresse das körperliche Wohl des Kindes ist, lediglich zu der Überzeugung kommen lassen, daß wir
religiöse Fanatiker sind und daß er einschreiten muß, um unser Kind zu schützen.
21 Das Gericht muß dagegen wissen, daß wir zwar Blut aus fester religiöser Überzeugung ablehnen, nicht
jedoch eine medizinische Behandlung. Der Richter muß erkennen, daß wir als Eltern unser Kind weder
vernachlässigen noch mißhandeln, sondern liebevolle Eltern sind, die eine Behandlung ihres Kindes wünschen.
Wir stimmen lediglich nicht damit überein, daß der angebliche Nutzen von Blut mögliche tödliche Gefahren und
Komplikationen überwiegt, vor allem wenn es medizinische Alternativen gibt, die diese Risiken nicht in sich
bergen.
22 Falls es die Situation erfordert, könnten wir den Richter darüber informieren, daß der eine Arzt zwar der
Ansicht sein mag, daß Blut benötigt wird, daß Ärzte jedoch verschiedene Methoden anwenden und man uns
Gelegenheit einräumen möchte, einen Arzt zu finden, der unser Kind mit den weit verbreiteten blutfreien
Methoden behandelt. Mit Hilfe des Krankenhaus-Verbindungskomitees haben wir vielleicht schon einen Arzt
gefunden, der unser Kind ohne Blut behandeln würde und der vor Gericht eine hilfreiche Aussage macht,
gegebenenfalls auch telefonisch. Das Krankenhaus-Verbindungskomitee wird dem Richter — und auch dem
Arzt, der auf eine gerichtliche Verfügung drängt — wahrscheinlich medizinische Artikel vorlegen können, die
zeigen, wie das medizinische Problem unseres Kindes ohne Verwendung von Blut wirkungsvoll behandelt
werden kann.
23 Wenn Richter angerufen werden, rasch einen Gerichtsbeschluß zu fassen, ziehen sie oft die vielen
Gefahren in Verbindung mit Blut — z. B. Aids, Hepatitis und eine Menge weiterer — nicht in Betracht oder sie
werden nicht darauf aufmerksam gemacht. Wir können den Richter darauf hinweisen und ihn davon in Kenntnis
setzen, daß wir als christliche Eltern die Verwendung des Blutes einer anderen Person zur Erhaltung des
Lebens als schwere Verletzung des Gesetzes Gottes betrachten und eine erzwungene Bluttransfusion bei
unserem Kind für uns einer Vergewaltigung gleichkommt. Wir und auch unser Kind (sofern es alt genug ist,
seine eigene Überzeugung darzulegen) können unsere Abscheu vor einem solchen Eindringen in den Körper
zum Ausdruck bringen und an den Richter appellieren, keinen Beschluß zu fassen, sondern uns zu gestatten,
uns um eine alternative medizinische Behandlung unseres Kindes zu bemühen.
24 Bei einer entsprechenden Verteidigung können Richter die andere Seite — unsere Seite —, die wir als
Eltern vertreten, deutlicher erkennen. Sie werden dann nicht so schnell eine Transfusion gestatten. In einigen
Fällen haben Richter die Freiheit des Arztes, Blut zu verwenden, stark eingeschränkt, sogar angeordnet, daß
zunächst Alternativen in Betracht zu ziehen sind, oder Eltern Gelegenheit eingeräumt, Ärzte zu finden, die ohne
Blut behandeln.
25 Wenn wir es mit Personen zu tun haben, die eine Transfusion zu erzwingen suchen, ist es wichtig, keine
Anzeichen dafür zu liefern, daß wir in unserer Überzeugung schwanken. Richter (und Ärzte) fragen manchmal,
ob die Eltern irgendwelche Schwierigkeiten bekämen, wenn sie ihnen die „Verantwortung“ für die Entscheidung
„abnehmen“ würden, eine Transfusion vorzunehmen, in dem Glauben, dadurch würde das Gewissen der Eltern
entlastet werden. Allen Beteiligten sollte jedoch klargemacht werden, daß wir uns als Eltern verpflichtet fühlen,
weiterhin alles in unserer Macht Stehende zu tun, um eine Transfusion zu verhindern. Diese Verantwortung hat
uns Gott gegeben. Sie ist nicht übertragbar.
26 Wenn wir mit Ärzten und Richtern sprechen, müssen wir daher darauf vorbereitet sein, unsere Haltung
deutlich und überzeugend darzulegen. Wenn trotz bestmöglicher Bemühungen ein Gerichtsbeschluß erfolgt,
sollten wir den Arzt weiterhin inständig bitten, keine Transfusion zu verabreichen, und auf eine alternative
Behandlung dringen. Suchen wir weiterhin seine Bereitschaft, medizinische Artikel und den Rat von Ärzten in
Betracht zu ziehen, die bereit sind, sich zu dem medizinischen Problem konsultieren zu lassen, um eine
34
6. Unsere Kinder vor einer Bluttransfusion schützen
Bluttransfusion zu vermeiden. Mehr als einmal ist ein scheinbar unnachgiebiger Arzt aus dem Operationssaal
gekommen und hat stolz verkündet, daß er kein Blut verwendet hat. Geben wir daher niemals auf, selbst wenn
ein Gerichtsbeschluß erfolgt ist! (Siehe Wachtturm vom 15. Juni 1991, „Fragen von Lesern“.) Auch besteht die
Möglichkeit, gegen den Gerichtsbeschluß bei dem nächsthöheren Gericht Rechtsmittel einzulegen.
27 Denken wir daran, daß Jesus sagte: „Hütet euch vor den Menschen; denn sie werden euch an örtliche
Gerichte ausliefern . . . Ihr werdet vor Statthalter und Könige geschleppt werden um meinetwillen, ihnen und
den Nationen zu einem Zeugnis.“ Uns zum Trost würde, wie Jesus hinzufügte, der heilige Geist uns unter
solchen Umständen helfen, uns an das zu erinnern, was bei solchen Gelegenheiten zu sagen passend und
nützlich wäre (Mat. 10:16-20).
28 „Wer in einer Sache Einsicht bekundet, wird Gutes finden, und glücklich ist, wer auf Jehova vertraut“ (Spr.
16:20). Ihr Eltern, trefft rechtzeitig die nötigen Vorbereitungen, um euer Kind vor einer geistig verunreinigenden
Bluttransfusion zu schützen (Spr. 22:3). Ihr Kinder, nehmt die Schulung eurer Eltern bei diesen Vorbereitungen
an und laßt sie in euer Herz eindringen. Seid als Familie „fest entschlossen, nicht das Blut zu essen, . . . damit
es [euch] . . . gutgeht“, da ihr Jehovas Segen und seine Anerkennung habt (5. Mo. 12:23-25).
35
7. Wie stehe ich persönlich zu Blutfraktionen und zu Therapieverfahren, bei denen Eigenblut verwendet wird?
7.
Wie stehe ich persönlich zu Blutfraktionen und zu
Therapieverfahren, bei denen Eigenblut verwendet wird?
km 11/06 S. 3-6 Wie stehe ich persönlich zu Blutfraktionen und zu
Therapieverfahren, bei denen Eigenblut verwendet wird?
Wie stehe ich persönlich zu Blutfraktionen und zu Therapieverfahren, bei denen
Eigenblut verwendet wird?
Die Bibel gebietet Christen, ‘sich von Blut zu enthalten’ (Apg. 15:20). Deshalb lehnen Jehovas Zeugen
Transfusionen von Vollblut oder den vier Hauptbestandteilen des Blutes, also Erythrozyten, Leukozyten,
Thrombozyten und Blutplasma, ab. Ferner lassen sie sich kein Blut zu Transfusionszwecken abnehmen, auch
nicht für eine Eigenbluttransfusion (3. Mo. 17:13, 14; Apg. 15:28, 29).
Was sind Blutfraktionen, und warum muss jeder Christ über ihre Anwendung selbst entscheiden?
Blutfraktionen sind Bestandteile des Blutes, die durch ein Verfahren gewonnen werden, das als Fraktionierung
bezeichnet wird. So kann Blutplasma, eines der vier Hauptbestandteile des Blutes, in folgende Substanzen
aufgetrennt werden: Wasser (etwa 91 Prozent), Proteine, wie zum Beispiel Albumine, Globuline und Fibrinogen
(etwa 7 Prozent), und weitere Substanzen, wie Nährstoffe, Hormone, Gase, Vitamine, Abfallprodukte und
Elektrolyte (etwa 1,5 Prozent).
Fallen Fraktionen auch unter das Gebot, sich von Blut zu enthalten? Das können wir nicht definitiv sagen. In
der Bibel gibt es keine direkten Hinweise zu Fraktionen.15 Viele Fraktionen werden natürlich aus Blut gewonnen,
das für medizinische Zwecke gespendet wurde. Jeder Christ sollte eine Gewissensentscheidung treffen, ob er
die medizinische Anwendung dieser Substanzen akzeptiert oder ablehnt.
Bevor jemand solche Entscheidungen trifft, sollte er sich mit folgenden Fragen auseinander setzen: Bin ich mir
bewusst, dass die Ablehnung sämtlicher Blutfraktionen auch Medikamente einschließt, die gegen Viren und
gewisse Krankheiten eingesetzt werden oder die zur Blutgerinnung beitragen, um eine Blutung zu stillen?
Könnte ich einem Arzt erklären, warum ich die Anwendung bestimmter Blutfraktionen ablehne oder akzeptiere?
Warum sind medizinische Verfahren, bei denen Eigenblut verwendet wird, der persönlichen
Entscheidung überlassen?
Christen lassen sich kein Blut zu Transfusionszwecken abnehmen. Auch lassen sie ihr Blut nicht für eine
Eigenbluttransfusion lagern. Es gibt aber Therapie- oder Diagnoseverfahren, bei denen das eigene Blut eine
Rolle spielt und die nicht eindeutig im Widerspruch zu biblischen Grundsätzen stehen. Daher muss jeder
Einzelne eine Gewissensentscheidung treffen, ob er gewisse Therapieverfahren, bei denen Eigenblut
verwendet wird, akzeptiert oder ablehnt.
In Verbindung mit diesen Entscheidungen sollte man sich Folgendes fragen: Würde ich Blut, das aus meinem
Körper ausgeleitet wird und dessen Fluss womöglich sogar vorübergehend unterbrochen wird, mit gutem
Gewissen immer noch als Teil von mir betrachten, sodass es nicht ‘auf die Erde ausgegossen’ werden müsste?
(5. Mo. 12:23, 24). Wäre mein biblisch geschultes Gewissen beunruhigt, wenn bei einem Therapieverfahren
etwas von meinem Blut entnommen, modifiziert und in meinen Körper zurückgeleitet würde? Bin ich mir
bewusst, dass eine Ablehnung aller Therapieverfahren, bei denen Eigenblut verwendet wird,
Behandlungsmethoden wie die Dialyse oder den Gebrauch einer Herz-Lungen-Maschine einschließt? Habe ich
mich unter Gebet damit auseinander gesetzt, bevor ich eine Entscheidung getroffen habe?16
Wofür entscheide ich mich persönlich?
Befasse dich mit den beiden Arbeitsblättern auf den nächsten Seiten. Auf dem Arbeitsblatt 1 werden einige
der Fraktionen aufgeführt, die man aus Blut gewinnt, und erklärt, wie sie üblicherweise in der Medizin
angewandt werden. Kennzeichne, wofür du dich entscheidest, ob du mit der Anwendung der einzelnen
Fraktionen einverstanden bist oder sie ablehnst. Arbeitsblatt 2 listet einige übliche Therapieverfahren auf, bei
denen das Eigenblut eine Rolle spielt. Kennzeichne, wofür du dich entscheidest, ob du in diese Verfahren
einwilligst oder sie ablehnst. Die Arbeitsblätter sind zwar keine rechtsgültigen Dokumente, aber du kannst deine
Antworten auf diesen Arbeitsblättern heranziehen, um dein „Dokument zur ärztlichen Versorgung“ und deine
„Vollmacht“ auszufüllen.
Triff deine Entscheidungen selbst und übernimm nicht die Gewissensentscheidung eines anderen. Kritisiere
auch nicht die Entscheidungen eines anderen Christen. Auf diesem Gebiet muss jeder „seine eigene Last“ der
Verantwortung tragen (Gal. 6:4, 5).
15 Nützliche Informationen zu diesem Thema enthält der Wachtturm vom 15. Juni 2004, Seite 29—31.
16 Nützliche Informationen zu diesem Thema enthält der Wachtturm vom 15. Oktober 2000, Seite 30, 31 und das Video Konzepte für
Transfusionsalternativen . . . (auch auf DVD).
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7. Wie stehe ich persönlich zu Blutfraktionen und zu Therapieverfahren, bei denen Eigenblut verwendet wird?
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7. Wie stehe ich persönlich zu Blutfraktionen und zu Therapieverfahren, bei denen Eigenblut verwendet wird?
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8. Therapieverfahren mit Eigenblutverwendung
8.
Therapieverfahren mit Eigenblutverwendung
w78 1. 10. S. 30-32 Fragen von Lesern
Fragen von Lesern
● Ein Arzt erklärte, daß sich ein Patient vor einer Operation etwas Blut entnehmen und es aufbewahren
lassen könne für den Fall, daß während der Operation eine Transfusion erforderlich sei. Welche Haltung
sollte ein Christ zu einer solchen Verwendung seines eigenen Blutes einnehmen?
Vom ärztlichen Standpunkt aus mag dieses Vorgehen sehr praktisch erscheinen. Bei einer Übertragung von
Fremdblut ergeben sich große Gefahren. Man geht anscheinend geringere Risiken ein, wenn einer Person
Eigenblut transfundiert wird. Deshalb besteht unter den Ärzten ein Trend zur sogenannten „autologen
Transfusion“. Das heißt, daß dem Patienten Eigenblut entnommen wird, das man in einer „Blutbank“ für eine
eventuell erforderliche Transfusion aufbewahrt. Wenn der Spender das Blut nicht benötigt, kann es für andere
Patienten verwendet werden.
Wie auf den Seiten 22—25 dieser Zeitschrift gezeigt wird, steht die Übertragung von Blut im Widerspruch zur
Bibel.17 Aus der Bibel geht hervor, daß Blut in den Augen Gottes heilig ist und daß seine Diener entsprechend
damit umgehen sollten. Deshalb erklärte Jehova Gott den Israeliten, daß sie mit Blut nur zwei Dinge tun
konnten. Erstens sagte Gott „Ich selbst habe es für euch auf den [Opfer-]Altar gegeben, damit Sühne geleistet
werde für eure Seelen.“ Und zweitens sollte ein Israelit Tierblut, das nicht auf den Altar gegeben wurde, auf den
Erdboden gießen; dadurch erkannte er an, daß das Leben von Gott stammt und daß man Blut, das Symbol des
Lebens, nicht für persönliche Zwecke verwenden durfte (3. Mose 17:11-14). Sollten aber nur die Diener Gottes,
die unter dem mosaischen Gesetz standen, mit Blut auf diese Weise verfahren? Nein. Wahre Anbeter, die in
der Zeit vor dem Gesetzesbund lebten, behandelten Blut logischerweise bereits ebenso.
Gott hatte Noah und seiner Familie erklärt, daß Menschen kein Fleisch essen sollten, das nicht ausgeblutet
war (1. Mose 9:3, 4). Was war also zu tun? Wenn ein Tier zu Nahrungszwecken getötet wurde, ließ man sein
Blut normalerweise auf den Erdboden ausfließen und beseitigte es so. Noah und seine Familie hatten keinen
Anspruch auf das Blut, welches das Leben darstellt, da es dem Lebengeber gehörte. Daher war es angebracht,
das Blut auf die Erde auszugießen, die Gottes symbolischer ‘Fußschemel’ ist (Jes. 66:1).
Das Gebot, das Noah gegeben wurde, gilt auch für Christen. Im ersten Jahrhundert u. Z. gab die christliche
leitende Körperschaft die durch den heiligen Geist gestützte Entscheidung bekannt, daß sich Christen ‘des
Blutes und des Erwürgten enthalten’ sollten (Apg. 15:19, 28, 29). Was bedeutete das in der Praxis? Mit dem
Ausdruck „Erwürgtes“ war Fleisch von Tieren gemeint, die so getötet worden waren, daß das Blut im Körper
blieb. Christen konnten solches Fleisch nicht genießen. Wie verhält es sich mit der Wendung ‘sich des Blutes
enthalten’? Diese Worte verboten den Gebrauch des Blutes, das von einem solchen Tier ausgeflossen war, und
zwar den Gebrauch, wie er von einigen Heiden gepflegt wurde, die Blutwurst oder mit Blut durchsetzte Speisen
herstellten und aßen oder Blut tranken, das von Tieren oder Kriegern stammte, die in der Arena getötet worden
waren. Christen taten nichts dergleichen. Wenn sie ein Tier ausbluten ließen, handelten sie ebenso wie Gottes
Diener in der Vergangenheit — sie enthielten sich des Blutes. Dadurch konnten sie beweisen, daß sie die
Heiligkeit des Blutes und des Lebens richtig einschätzten, und konnten zeigen, daß sie sich auf den Wert des
Blutes Christi verließen.
Wenn einem Christen daher von einem Arzt der Vorschlag gemacht wird, sich Blut entnehmen und es in einer
Blutbank für spätere Transfusionszwecke aufbewahren zu lassen, verfügt der Christ über eine biblische
Anleitung dafür, wie er richtigerweise handeln sollte. Er kann darauf hinweisen, daß den Israeliten gesagt
worden war, sie sollten ausgeflossenes Blut „auf die Erde ausgießen wie Wasser“, wodurch gezeigt wurde, daß
das Blut Gott gehörte und nicht dazu dienen sollte das Leben eines Geschöpfes zu erhalten (5. Mose 12:24). Er
kann auch auf das treffende Gebot hinweisen, daß sich Christen ‘des Blutes enthalten’ sollten. Wie könnte er
angesichts dieses Gebotes zulassen, daß sein Blut in einer Blutbank aufbewahrt würde, damit es ihm selbst
oder einer anderen Person später verabreicht werden könnte?
● Darf sich ein Christ an eine Herz-Lungen-Maschine oder an ein Dialysegerät (eine künstliche Niere)
anschließen lassen?
Es gibt christliche Zeugen Jehovas, die einer solchen Behandlung mit gutem Gewissen zustimmten, unter der
Voraussetzung, daß die Geräte mit blutloser Flüssigkeit wie z. B. Laktat-Ringer-Lösung geladen wurden.
Bei der Anwendung dieser Art Geräte fließt das Blut des Patienten aus einer Ader über einen Schlauch in die
Maschine (wo es weitergepumpt, mit Sauerstoff aufgesättigt und/oder durch Filterung von Schlacken befreit
wird) und dann in das Kreislaufsystem zurück. Die Maschine übernimmt vorübergehend einige der Funktionen,
die normalerweise die Organe des Patienten erfüllen.
17 Bezüglich Einzelheiten siehe die Broschüre Jehovas Zeugen und die Blutfrage (1977).
39
8. Therapieverfahren mit Eigenblutverwendung
Einige Christen haben gewissensmäßig gefolgert, daß das Blut ständig im Fluß ist und daß man den äußeren
Kreis als eine Erweiterung des Kreislaufsystems ansehen könnte. Für sie war der äußere Kreis wie ein Stück
Schlauch, der im Körper hätte eingesetzt werden können, um eine blockierte Ader zu umgehen.
Jeder Christ sollte natürlich selbst abwägen, was mit der Anwendung dieser und ähnlicher Geräte
zusammenhängt. Er könnte dabei berücksichtigen, ob das Blut in seinen Augen den Körper deutlich verlassen
hat und daher beseitigt werden sollte oder ob es im Grunde genommen immer noch zu seinem Kreislaufsystem
gehört (5. Mose 12:16). Dann kann er eine Entscheidung treffen, durch die er vor Gott ein reines Gewissen
bewahrt (1. Petr. 3:16).
● Wäre es falsch, einer Blutuntersuchung zuzustimmen?
Gestützt auf ihre biblische Erkenntnis, haben die meisten Zeugen Jehovas, wenn nicht sogar alle, nichts gegen
eine solche Untersuchung einzuwenden. Die geringe dem Körper entzogene Blutmenge wird nicht gegessen
oder jemand anders injiziert. Sie wird lediglich untersucht und dann beseitigt (5. Mose 15:23).
● Läßt sich die Injektion eines Serums mit dem christlichen Glauben vereinbaren?
In der Ausgabe vom 1. September 1974 behandelten wir an dieser Stelle ausführlich die Verwendung von
Vakzinen (die kein Blut enthalten) und Seren, die aus Blut gewonnen werden. Einzelheiten darüber sind dort
den Seiten 541 und 542 zu entnehmen.
Dabei wurde berücksichtigt, daß Ärzte immer mehr von Vollbluttransfusionen abkommen. Statt dessen wird
Menschenblut in seine Grundbestandteile aufgespalten, die transfundiert werden können: rote Blutkörperchen,
weiße Blutkörperchen, Blutplättchen und Plasma. Wir erklärten dazu: „Wir glauben, daß die Verwendung von
Blut zu Transfusionszwecken [um Leben zu erhalten] oder der Gebrauch eines Blutbestandteils zu einem
ähnlichen Zweck ganz offensichtlich im Widerspruch zu dem biblischen Gebot steht, ‘sich von Blut zu enthalten’
(Apg. 15:20).“
Wie verhält es sich aber, wenn sich jemand zur Abwehr einer Krankheit wie zum Beispiel Diphtherie,
Wundstarrkrampf, Virushepatitis, Tollwut und Bluterkrankheit oder bei Rh-Unverträglichkeit Seruminjektionen
geben läßt? Diese Frage fällt in eine „graue Zone“. Einige Christen glauben, daß die Aufnahme einer geringen
Menge eines Blutderivats für einen solchen Zweck keine Mißachtung des Gesetzes Gottes darstellt, ihr
Gewissen würde es zulassen. (Vergleiche Lukas 6:1-5.) Andere glauben indes, aufgrund ihres Gewissens
Seren ablehnen zu müssen, weil diese Blut enthalten, wenn es auch nur eine winzige Menge ist. Wir vertreten
daher den Standpunkt, daß jeder einzelne diese Frage für sich selbst entscheiden muß. Wir ermuntern alle,
danach zu streben, ein reines Gewissen zu bewahren und sich von Gottes Rat, der in seinem Wort zu finden
ist, leiten zu lassen (Ps. 119:105).
● Inwieweit sollte sich ein Christ vergewissern, ob Nahrungsmittel Blutbestandteile enthalten?
Gott sagte zu Noah und somit zum ganzen Menschengeschlecht: „Jedes sich regende Tier, das am Leben ist,
möge euch zur Speise dienen. . . . Nur Fleisch mit seiner Seele — seinem Blut — sollt ihr nicht essen“ (1. Mose
9:3, 4). Wahre Anbeter sollten somit weder Fleisch essen, das nicht richtig ausgeblutet ist, noch andere
Nahrungsmittel, denen Blut zugesetzt worden ist.
Das mag eine gewisse Vorsicht erfordern. Denn in einigen Ländern ist es üblich, Tiere durch Erdrosseln oder
auf eine andere Weise zu töten, durch die das Blut nicht ausfließt. Wo dieser Brauch herrscht, kaufen Christen
gewöhnlich nur bei Geschäftsleuten, Metzgern oder Bauern, die dafür bekannt sind, daß sie Fleisch von Tieren
verkaufen, die richtig ausgeblutet sind.
Doch in vielen Ländern wie zum Beispiel in den Vereinigten Staaten fordern staatliche Schlachtvorschriften,
daß Tiere richtig ausbluten. Christen in solchen Ländern brauchen sich somit wenig Sorgen zu machen. Sie
können Fleisch, das auf dem Markt angeboten oder in Restaurants serviert wird, ohne weiteres essen.
(Vergleiche 1. Korinther 10:25, 26, wo von Fleisch die Rede ist, das Götzen geopfert worden war: „Alles, was
auf dem Fleischmarkt verkauft wird, eßt weiterhin, ohne um eures Gewissens willen nachzuforschen; denn
,Jehova gehört die Erde und das, was sie erfüllt‘.“) Doch man mag sich über das Fleisch von Tieren erkundigen
müssen, die privat geschlachtet worden sind, wie zum Beispiel Wild, ganz gleich, ob man es von einem Jäger,
in einem Metzgerladen oder in einem Restaurant erhält.
Wie steht es aber mit Nahrungsmitteln, die Blut oder einen Blutbestandteil wie Plasmaprotein enthalten?
Einige Staaten verlangen, daß Nahrungsmittelhersteller die Zutaten ihrer Erzeugnisse kenntlich machen.
Christen, die eine Zeitlang die Aufschriften überprüft haben, mögen bemerkt haben, daß in ihrer Gegend
praktisch kein Blut in Nahrungsmitteln verwendet wird. Sie mögen daher zu Recht nur noch Aufschriften lesen,
wenn Grund zu der Annahme vorhanden ist, daß einem Produkt Blut zugesetzt worden ist.
In der Bundesrepublik Deutschland wurde jedoch vor einiger Zeit ein Gesetz verabschiedet, das
fleischverarbeitenden Firmen gestattet, bis zu 2 Prozent (oder in einigen Fällen 10 Prozent) Trockenblutplasma
zu verwenden. Das betrifft z. B. „Brühwürste und brühwurstartige Erzeugnisse einschließlich Pasteten und
Rouladen nach Art der Brühwurst . . ., Fleischklopse, Füllungen aus zerkleinertem Fleisch, Frikassee, Ragoût
fin, Schmalzfleisch“. Was sollte ein gewissenhafter Christ in solchen Fällen tun?
Er könnte sich bei dem Metzger oder dem Hersteller erkundigen. Es wird berichtet, daß einige Hersteller in
einem skandinavischen Land auf solche Anfragen bereitwillig versicherten, daß in ihren Fleischerzeugnissen
Blut nicht als Zutat verwendet wird; sie wollen keine geschäftlichen Einbußen erleiden. Aber an einigen Orten
40
8. Therapieverfahren mit Eigenblutverwendung
haben Zeugen, die sich bei Metzgern oder Fleischfabrikanten erkundigt haben, undeutliche oder fragwürdige
Antworten erhalten. Das bedeutet, nebenbei bemerkt, nicht notwendigerweise, daß alle oder auch nur die
meisten so vorgehen, selbst wenn das Gesetz Blutzusätze ohne Kenntlichmachung gestattet.
Daher muß jeder Christ selbst entscheiden, wie er sich verhält. Einige mögen von ihrem Gewissen gedrängt
werden, alles zu vermeiden, was ihnen sehr fraglich erscheint, oder entsprechende Erkundigungen einzuziehen,
um ihr Gewissen nötigenfalls zu beruhigen (Röm. 14:23). In Fällen, in denen es nicht möglich zu sein scheint,
durch angemessene Nachforschungen eine zuverlässige Auskunft zu erhalten, mögen andere Christen
schlußfolgern: „Wenn es für mich keinen stichhaltigen Grund zu der Annahme gibt, daß Blut verwendet worden
ist, oder wenn ich, dies nicht auf eindeutige Weise feststellen kann, dann kann ich es mit reinem Gewissen
essen.“ Doch sie sollten auch das Gewissen anderer in Betracht ziehen, wie Paulus zeigte (1. Kor. 10:28-30;
Röm. 14:13-21).
Wahre Christen sollten in bezug auf das Blut nicht gleichgültig sein. Sie sollten alles ihnen Mögliche tun, um
eine eindeutige Übertretung des Gesetzes Gottes zu vermeiden. Eine hohe Achtung vor diesem Gesetz ist von
entscheidender Bedeutung. Indem Gottes Diener alles tun, was sie vernünftigerweise tun können, um ‘sich vor
Blut zu bewahren’, zeigen sie, daß sie die Heiligkeit des Lebens und des Blutes, das das Leben darstellt, richtig
einschätzen (Apg. 21:25).
w89 1. 3. S. 30-31 Fragen von Lesern
Fragen von Lesern
■ Sind Jehovas Zeugen mit der Verwendung von autologem Blut (mit einer Autotransfusion)
einverstanden, das heißt damit, daß ihnen Blut entnommen, dieses gelagert und ihnen später wieder
zugeführt wird?
Ärzte unterscheiden meist zwischen homologem Blut (Blut, das von einer anderen Person stammt) und
autologem Blut (dem Eigenblut des Patienten). Daß sich Jehovas Zeugen kein Fremdblut geben lassen, ist
hinlänglich bekannt. Wie verhält es sich aber mit der Verwendung von autologem Blut? Diese Bezeichnung
taucht in Verbindung mit mehreren Verfahren auf.
Einige dieser Verfahren kommen für Christen nicht in Frage, weil sie in eindeutigem Widerspruch zur Bibel
stehen, andere wiederum geben zu gewissen Fragen Anlaß. Selbstverständlich wußte man zur Zeit der
Niederschrift der Bibel nichts von Bluttransfusionen oder von irgendeiner anderen medizinischen Verwendung
des Blutes. Gott hat aber für Anweisungen gesorgt, aufgrund deren seine Diener feststellen können, ob
bestimmte medizinische Verfahren, bei denen Blut eine Rolle spielt, eventuell sein Mißfallen erregen.
Gemäß Gottes Bestimmung stellt das Blut das Leben dar und ist somit heilig. Er gebot, daß kein Mensch zur
Erhaltung seines Lebens Blut in sich aufnehmen sollte. Zum Beispiel sagte er: „Jedes sich regende Tier, das
am Leben ist, möge euch zur Speise dienen. . . . Nur Fleisch mit seiner Seele — seinem Blut — sollt ihr nicht
essen“ (1. Mose 9:3, 4; 3. Mose 7:26, 27). Der Lebengeber gestattete einzig und allein, Blut zu Opferzwecken
zu verwenden: „Denn die Seele des Fleisches ist im Blut, und ich selbst habe es für euch auf den Altar
gegeben, damit Sühne geleistet werde für eure Seelen, denn das Blut ist es, das Sühne leistet durch die Seele
darin. Darum habe ich zu den Söhnen Israels gesagt: ‚Keine Seele von euch soll Blut essen‘ “ (3. Mose
17:11, 12).
Christen stehen zwar nicht unter dem mosaischen Gesetz, doch wie die Bibel zeigt, zählt es zu den
„notwendigen Dingen“, sich ‘von Blut zu enthalten’ und es als heilig zu betrachten (Apostelgeschichte 15:28,
29). Das ist verständlich, denn die unter dem mosaischen Gesetz dargebrachten Opfer schatteten das Blut
Christi vor, Gottes Mittel zum Erlangen ewigen Lebens (Hebräer 9:11-15, 22).
Wie sollte unter dem mosaischen Gesetz aber mit Blut verfahren werden, das nicht zu Opferzwecken
verwendet wurde? Erlegte ein Jäger ein Tier zu Nahrungszwecken, so galt das Gebot: „Er soll in diesem Fall
sein Blut ausgießen und es mit Staub bedecken“ (3. Mose 17:13, 14; 5. Mose 12:22-24). Das Blut durfte also
nicht zu Nahrungszwecken oder anderweitig gebraucht werden. Wenn einem Lebewesen Blut entnommen, dies
aber nicht zu Opferzwecken verwendet wurde, war es dadurch zu beseitigen, daß man es auf die Erde, das
heißt auf Gottes ‘Schemel seiner Füße’, goß (Jesaja 66:1; vergleiche Hesekiel 24:7, 8).
Das schließt eine übliche Verwendung von autologem Blut eindeutig aus — die Blutentnahme vor der
Operation, die Lagerung und die spätere Infusion des Eigenbluts. Bei diesem Verfahren geschieht folgendes:
Vor der Operation nimmt man dem Patienten einige Einheiten Blut ab, die konserviert und gelagert werden,
oder man trennt die roten Blutzellen ab, friert sie ein und lagert sie. Scheint der Patient während oder nach der
Operation Blut zu benötigen, dann kann ihm das aufbewahrte Eigenblut wieder zugeführt werden. Populär
geworden ist diese Verwendung autologen Blutes aufgrund der gegenwärtigen Befürchtungen, durch
Bluttransfusionen Krankheiten zu übertragen. Jehovas Zeugen sind mit diesem Verfahren NICHT
einverstanden. Sie sind von jeher der Auffassung, daß solches Blut kein Bestandteil des Betreffenden mehr ist.
Es wurde vollständig von ihm entfernt, daher sollte es beseitigt werden im Einklang mit Gottes Gesetz: „Du
sollst es auf die Erde ausgießen wie Wasser“ (5. Mose 12:24).
Bei einem etwas anderen Verfahren wird Blut des Patienten in ein Hämodialysegerät (eine künstliche Niere)
oder in eine Herz-Lungen-Maschine geleitet. Das Blut fließt über einen Schlauch in dieses künstliche Organ, wo
41
8. Therapieverfahren mit Eigenblutverwendung
es weitergepumpt und gefiltert (oder mit Sauerstoff angereichert) wird, bevor es dann wieder in das
Kreislaufsystem des Patienten zurückkehrt. Einige Christen waren mit diesem Verfahren einverstanden, wenn
das Gerät nicht mit gelagertem Blut geladen war. Sie betrachteten die äußere Schlauchleitung als eine
Erweiterung ihres Kreislaufsystems, durch die das Blut ein künstliches Organ passieren konnte. Für sie war das
Blut in diesem geschlossenen Kreislauf immer noch ein Teil von ihnen und mußte nicht ‘ausgegossen’
werden.18
Wie verhält es sich aber, wenn der Fluß des autologen Blutes kurzzeitig angehalten wird, wie zum Beispiel
wenn eine Herz-Lungen-Maschine abgestellt wird, während der Chirurg die Funktion eines Koronarbypasses
überprüft?
Eigentlich kommt es aus biblischer Sicht nicht auf einen ununterbrochenen Blutfluß an. Außer bei einer
Operation könnte das Herz eines Patienten auch unter anderen Umständen kurzzeitig stillstehen und danach
seine Tätigkeit wiederaufnehmen.19 Das Kreislaufsystem des Betreffenden müßte deswegen nicht geleert und
sein Blut nicht beseitigt werden, nur weil der Blutfluß während des Herzstillstands unterbrochen war. Wenn also
ein Christ zu entscheiden hat, ob er erlauben sollte, daß sein Blut durch ein Gerät außerhalb seines Körpers
geleitet wird, sollte er sich nicht in erster Linie fragen, ob es zu einer kurzen Unterbrechung des Blutflusses
kommen könnte, sondern ob er die Sache gewissensmäßig so betrachtet, daß das umgeleitete Blut immer
noch zu seinem Kreislaufsystem gehört (Galater 6:5).
Wie verhält es sich mit einer Blutverdünnung? Einige Chirurgen erachten es für vorteilhaft, das Blut des
Patienten während der Operation zu verdünnen. Daher leiten sie zu Beginn der Operation etwas Blut in
Lagerbehälter außerhalb des Körpers des Patienten und ersetzen es durch blutfreie Flüssigkeit; später wird das
Blut aus den Behältern dem Patienten wieder zugeführt. Da Christen ihr Blut nicht lagern lassen, haben
verschiedene Ärzte dieses Verfahren dahin gehend abgewandelt, daß sie die Vorrichtung in einem
geschlossenen Kreis anlegen, der ständig mit dem Kreislaufsystem des Patienten verbunden ist. Einige
Christen waren damit einverstanden, andere haben es abgelehnt. Wiederum muß der einzelne entscheiden, ob
er das durch ein solches Verdünnungskreislaufsystem umgeleitete Blut so betrachtet wie Blut, das durch eine
Herz-Lungen-Maschine fließt, oder wie Blut, das seinen Körper verlassen hat und daher beseitigt werden sollte.
Ein letztes Beispiel für die Verwendung von autologem Blut hat mit dem Sammeln und der Wiederverwendung
von Blut während der Operation zu tun. Mit Hilfe von Geräten wird Blut, das aus der Wunde ausströmt,
abgesaugt, durch einen Filter gepumpt (um Gerinnsel oder Verunreinigungen auszufiltern) oder durch eine
Zentrifuge (um Flüssigkeit zu entfernen) und dann dem Patienten wieder zugeführt. Viele Christen sind sehr
besorgt darüber gewesen, daß bei diesem Sammeln von Blut eine kurze Unterbrechung des Blutflusses
eintreten könnte. Doch wie bereits erwähnt, ist es biblisch gesehen von größerer Bedeutung, ob das Blut, das in
eine Operationswunde fließt, noch ein Teil des Patienten ist. Bedeutet der Umstand, daß das Blut aus seinem
Kreislaufsystem in die Wunde geflossen ist, daß es wie das in 3. Mose 17:13 erwähnte Blut ‘ausgegossen’
werden sollte? Wer dieser Auffassung ist, würde wahrscheinlich dem Sammeln des Blutes nicht zustimmen. Ein
anderer Christ hingegen (der ebenfalls nicht zulassen würde, daß Blut von ihm eine Zeitlang gelagert und ihm
später wieder zugeführt würde) könnte schlußfolgern, daß sein biblisch geschultes Gewissen durch die
Rückgewinnung von Blut, das aus einer Operationswunde ausströmt, und die anschließende Reinfusion bei
einem geschlossenen Kreis nicht verletzt würde.
Wie wir sehen, gibt es ständig neue Apparaturen oder Verfahren, bei denen autologes Blut eine Rolle spielt.
Wir können nicht zu jeder Variante Stellung nehmen und brauchen das auch nicht zu tun. Jeder Christ, der auf
diesem Gebiet vor einer Frage steht, hat die Verantwortung, sich bei den Ärzten über Einzelheiten zu
erkundigen und dann eine persönliche Entscheidung zu treffen.
Diese Ausführungen betreffen zwar vorwiegend medizinische Aspekte, aber von größter Bedeutung sind die
religiösen Gesichtspunkte. Während ein Christ irgendwelche Zweifel oder Fragen in bezug auf medizinische
Verfahren klärt, bei denen Blut eine Rolle spielt, sollte ihm vor allem daran gelegen sein, Glauben zu bekunden,
das Gebot Gottes zu respektieren, ‘sich von Blut zu enthalten’, und ein gutes Gewissen zu bewahren. Warum?
Weil die grundlegende Möglichkeit, Leben durch Blut zu retten, nicht in medizinischen Verfahren besteht,
sondern in der rettenden Macht des Blutes Christi. Der Apostel Paulus schrieb: „Durch ihn haben wir die
Erlösung durch Loskauf mittels des Blutes dieses einen“ (Epheser 1:7; Offenbarung 7:14, 17). Die moderne
Medizin kann vielleicht unser Leben einige Zeit verlängern, doch möchten wir unser gegenwärtiges Leben
bestimmt nicht durch irgend etwas verlängern, was unser christliches Gewissen verletzen oder unserem
Lebengeber mißfallen würde (Matthäus 16:25; 1. Timotheus 1:18, 19).
[Bild auf Seite 31]
Bei einer Herz-Lungen-Maschine gehören zum Kreis 1. eine ableitende Schlauchverbindung mit dem
Gefäßsystem des Patienten, 2. Ansaugpumpen, 3. ein Sauerstoffanreicherungsgerät, 4. ein Blutfilter, 5. eine
Hauptschlauchpumpe, 6. eine Rückleitung in das Kreislaufsystem des Patienten
18 Siehe Wachtturm vom 1. Oktober 1978, Seite 30.
19 Dazu könnte es zufolge eines Herzanfalls, eines Elektroschocks oder einer außergewöhnlichen Hypothermie kommen, wie sie zum
Beispiel bei längerem Aufenthalt in eiskaltem Wasser auftritt.
42
8. Therapieverfahren mit Eigenblutverwendung
w00 15. 10. S. 30-31 Fragen von Lesern
Fragen von Lesern
Wie sind Jehovas Zeugen angesichts biblischer Gebote über die passende Verwendung von Blut zu
medizinischen Verfahren eingestellt, bei denen Eigenblut verwendet wird?
Statt ausschließlich auf der Grundlage persönlicher Vorlieben oder medizinischer Empfehlungen zu
entscheiden, sollte jeder Christ ernstlich untersuchen, was die Bibel sagt. Es handelt sich dabei um eine
Angelegenheit zwischen ihm und Jehova.
Jehova, dem wir unser Leben verdanken, gebot, daß man Blut nicht zu sich nehmen dürfe (1. Mose 9:3, 4). In
dem Gesetz, das Gott in alter Zeit der Nation Israel gab, schränkte er die Verwendung von Blut ein, da es das
Leben darstellt. Er gebot: „Die Seele [oder das Leben] des Fleisches ist im Blut, und ich selbst habe es für euch
auf den Altar gegeben, damit Sühne geleistet wird für eure Seelen.“ Was sollte geschehen, wenn ein Mann ein
Tier zu Nahrungszwecken tötete? „Er soll in diesem Fall sein Blut ausgießen und es mit Staub bedecken“
(3. Mose 17:11, 13).20 Jehova wiederholte dieses Gebot immer und immer wieder (5. Mose 12:16, 24; 15:23). In
dem jüdischen Werk The Soncino Chumash wird festgestellt: „Das Blut darf nicht gelagert werden, sondern
muß für den Verzehr untauglich gemacht werden, indem es auf den Boden ausgegossen wird.“ Kein Israelit
durfte sich das Blut eines anderen Geschöpfs, dessen Leben Gott gehörte, aneignen, es lagern und verwenden.
Die Verpflichtung, das mosaische Gesetz zu halten, endete mit dem Tod des Messias. Gottes Ansicht über die
Heiligkeit des Blutes gilt indes nach wie vor. Angetrieben von Gottes heiligem Geist, wiesen die Apostel
Christen an, sich ‘von Blut zu enthalten’. Dieses Gebot durfte nicht auf die leichte Schulter genommen werden.
Es war moralisch genauso wichtig wie das Gebot, sich von Unsittlichkeit oder Götzendienst zu enthalten
(Apostelgeschichte 15:28, 29; 21:15). Als es im 20. Jahrhundert üblich wurde, Blut zu spenden und zu
übertragen, verstanden Jehovas Zeugen, daß diese Praxis dem Wort Gottes widerspricht.21
Gelegentlich fordern Ärzte einen Patienten auf, sein eigenes Blut einige Wochen vor einer geplanten Operation
zu spenden (präoperative Eigenblutspende), so daß im Bedarfsfall das patienteneigene, gelagerte Blut
übertragen werden könne. Doch Blut auf diese Weise zu sammeln, zu lagern und zu übertragen widerspricht
geradewegs dem, was im dritten und fünften Buch Mose gesagt wird. Blut darf nicht gelagert werden; es muß
ausgegossen werden — gleichsam Gott zurückgegeben werden. Zwar ist das mosaische Gesetz nicht mehr in
Kraft. Dennoch achten Jehovas Zeugen die Grundsätze, die Gott darin verankerte, und sie sind entschlossen,
sich ‘von Blut zu enthalten’. Deshalb spenden wir kein Blut und lassen auch unser Blut, das ‘ausgegossen’
werden sollte, nicht für eine spätere Transfusion lagern. Ein solches Verfahren widerspricht dem Gesetz Gottes.
Andere Verfahren oder Untersuchungsmethoden, bei denen das Eigenblut einer Person eine Rolle spielt,
stehen nicht so deutlich im Widerspruch zu den ausdrücklichen Grundsätzen Gottes. Beispielsweise haben sich
viele Christen Blut zu Untersuchungszwecken abnehmen lassen; nach der Untersuchung wird die Blutprobe
entsorgt. Es kann auch durchaus vorkommen, daß kompliziertere Verfahren vorgeschlagen werden, bei denen
das eigene Blut eine Rolle spielt.
Bei bestimmten Operationen zum Beispiel kann Blut zum Zweck der sogenannten Hämodilution aus dem
Körper ausgeleitet werden. Das im Körper des Patienten verbleibende Blut wird verdünnt. Später leitet man das
im äußeren Kreislauf befindliche Eigenblut wieder in den Körper und bringt auf diese Weise die Blutwerte näher
an den Normalbereich. In ähnlicher Weise kann Blut, das aus einer Wunde austritt, aufgefangen und gefiltert
werden, damit die roten Blutkörperchen dem Patienten wieder zugeführt werden können; dieses Verfahren
nennt man „cell salvage“. Bei einem anderen Verfahren wird Blut in eine Maschine geleitet, die vorübergehend
die Funktion von Körperorganen wie Herz, Lunge oder Nieren übernimmt. Das Blut wird dann aus der Maschine
wieder dem Patienten zugeführt. In anderen Verfahren wird Blut in einen Separator (Zentrifuge) abgeleitet,
damit schädliche oder schadhafte Bestandteile entfernt werden können. Oder man verfolgt das Ziel, einen
bestimmten Blutbestandteil zu isolieren und an anderer Stelle im Körper zu verwenden. Darüber hinaus gibt es
Untersuchungsverfahren, bei denen eine gewisse Blutmenge entnommen und markiert oder mit Medikamenten
vermischt und dann dem Patienten wieder zugeführt wird.
Die Einzelheiten weichen voneinander ab, und neue Verfahren, Behandlungs- und Untersuchungsmethoden
werden zweifellos entwickelt werden. Es ist nicht unsere Aufgabe, jede Variante zu untersuchen und eine
Entscheidung zu fällen. Ein Christ muß selbst entscheiden, wie sein eigenes Blut im Verlauf eines chirurgischen
Eingriffs, eines medizinischen Untersuchungsverfahrens oder einer gängigen Therapie verwendet werden soll.
Rechtzeitig sollte er bei Ärzten oder Technikern Informationen darüber einholen, was während des Verfahrens
mit seinem Blut geschieht. Dann muß er gemäß dem entscheiden, was sein Gewissen zuläßt. (Siehe Kasten.)
Christen sollten im Sinn behalten, daß sie sich Gott hingegeben haben und verpflichtet sind, ihn ‘mit ganzem
Herzen, ganzer Seele, ganzer Kraft und ganzem Sinn’ zu lieben (Lukas 10:27). Anders als die meisten
Menschen in der Welt halten Jehovas Zeugen ihr gutes Verhältnis zu Gott für äußerst kostbar. Der Lebengeber
20 Professor Frank H. Gorman schreibt: „Das Ausgießen des Blutes ist am besten als ehrerbietige Handlung zu verstehen, durch die der
Achtung vor dem Leben des Tieres und damit der Achtung vor Gott Ausdruck verliehen wird, der jenes Leben geschaffen und
fortlaufend dafür gesorgt hat.“
21 Im Wachtturm vom 1. November 1951 wurden grundlegende Fragen zu diesem Thema beantwortet. Es wurde gezeigt, weshalb
Transfusionen von Spenderblut nicht richtig sind.
43
8. Therapieverfahren mit Eigenblutverwendung
fordert alle auf, auf das von Jesus vergossene Blut zu vertrauen. Wir lesen: „Durch ihn [Jesus Christus] haben
wir die Befreiung durch Lösegeld mittels des Blutes dieses einen, ja die Vergebung unserer Verfehlungen“
(Epheser 1:7).
[Kasten/Bilder auf Seite 31]
FRAGEN, DIE MAN SICH STELLEN SOLLTE
Für den Fall, daß ein Teil meines Blutes aus meinem Körper geleitet und der Blutfluß womöglich zeitweilig
unterbrochen wird, erlaubt mir dann mein Gewissen, dieses Blut nach wie vor als einen Teil von mir anzusehen,
so daß es nicht erforderlich ist, es ‘auf den Boden auszugießen’?
Wäre mein biblisch geschultes Gewissen beunruhigt, wenn während eines Diagnose- oder
Therapieverfahrens eine gewisse Menge meines Blutes entnommen, verändert und dann meinem Körper über
den Blutkreislauf oder anderweitig wieder zugeführt würde?
44
9. Blutfraktionen
9.
Blutfraktionen
w90 1. 6. S. 30-31 Fragen von Lesern
Fragen von Lesern
■ Lassen sich Zeugen Jehovas Plasmafraktionen wie Immunglobulin oder Albumin injizieren?
Einige lassen sich solche Injektionen geben, weil sie sich sagen, daß die Heilige Schrift nicht eindeutig die
Injektion einer kleinen Plasmafraktion, d. h. eines geringen Bestandteils, der aus dem Blut isoliert wird,
ausschließt.
Der Schöpfer auferlegte ursprünglich der ganzen Menschheit die Verpflichtung, kein Blut in sich aufzunehmen:
„Jedes sich regende Tier, das am Leben ist, möge euch zur Speise dienen. . . . Nur Fleisch mit seiner Seele —
seinem Blut — sollt ihr nicht essen“ (1. Mose 9:3, 4). Das Blut war heilig und durfte nur zu Opferzwecken
verwendet werden. Wenn es nicht dazu benutzt wurde, sollte es auf den Boden gegossen und so beseitigt
werden (3. Mose 17:13, 14; 5. Mose 12:15, 16).
Dabei handelte es sich nicht um eine lediglich den Juden gebotene, zeitweilige Einschränkung. Die
Notwendigkeit, sich des Blutes zu enthalten, wurde auch den Christen auferlegt (Apostelgeschichte 21:25). Im
Römischen Reich, in dem sie lebten, übertrat man gewöhnlich Gottes Gesetz, indem man mit Blut zubereitete
Speisen aß. Man brach dieses Gesetz auch aus „medizinischen“ Gründen; Tertullian berichtet, daß einige
Männer Blut gegen die Fallsucht (Epilepsie) tranken. Wie er schreibt, schlürften sie „beim Kampfspiel in der
Arena das Blut der getöteten Verbrecher . . . mit gierigen Zügen“ ein. Er fügt hinzu: „Vor Scham erröten sollte
eure Verblendung vor uns Christen, da wir nicht einmal Tierblut unter die zum Genuß erlaubten Speisen
rechnen.“ Jehovas Zeugen lehnen es heute ebenso entschieden ab, Gottes Gesetz zu übertreten, ungeachtet
dessen, wie selbstverständlich es für andere sein mag, mit Blut zubereitete Speisen zu essen. In den 1940er
Jahren wurden Bluttransfusionen allgemein üblich, aber die Zeugen erkannten, daß es der Gehorsam
gegenüber Gott erforderte, Bluttransfusionen selbst dann abzulehnen, wenn Ärzte sie dringend empfahlen.
Anfangs wurde meist Vollblut transfundiert. Später begann man damit, das Blut in seine Hauptbestandteile zu
zerlegen, da man ärztlicherseits schlußfolgerte, ein Patient benötige möglicherweise nicht alle wesentlichen
Bestandteile des Blutes. Wenn man ihm nur e i n e n Bestandteil gäbe, wäre das Risiko für ihn geringer, und
das vorhandene Blut könne besser ausgenutzt werden.
Menschliches Blut besteht aus den Blutzellen und einer gelblichen Flüssigkeit, dem Plasma oder Serum. Zu
den Blutzellen (45 Prozent des Volumens) zählen die roten Blutkörperchen, die weißen Blutkörperchen und die
Blutplättchen. Das Plasma macht die restlichen 55 Prozent des Volumens aus. Dieses wiederum besteht zu 90
Prozent aus Wasser mit kleineren Mengen zahlreicher Proteine, Hormone, Salze und Enzyme. Heute wird ein
großer Teil des Spenderblutes in seine Hauptbestandteile zerlegt. Zur Schockbehandlung transfundiert man
vornehmlich Plasma (möglicherweise AHP, d. h. frisch gefrorenes Plasma). Bei Anämie erhält der Patient meist
ein Erythrozytenkonzentrat, das heißt, konservierte rote Blutkörperchen werden in eine Flüssigkeit gegeben und
transfundiert. Auch Transfusionen von Blutplättchen und weißen Blutkörperchen werden vorgenommen, doch
sind sie weniger gebräuchlich.
In biblischen Zeiten hatten die Menschen noch keine Techniken für den Einsatz von Blutbestandteilen
ersonnen. Gottes Gebot lautete einfach: ‘Enthaltet euch des Blutes’ (Apostelgeschichte 15:28, 29). Aber warum
sollte jemand auf den Gedanken kommen, die Verwendung von Vollblut sei etwas anderes als die Verwendung
von Blutbestandteilen? Einige Menschen tranken in alter Zeit zwar Blut, doch die Christen weigerten sich, das
zu tun, auch wenn es den Tod für sie bedeutete. Ist anzunehmen, daß sie anders reagiert hätten, wenn jemand
Blut gesammelt und dann so lange gewartet hätte, bis sich der Blutkuchen absetzte, und ihnen nur das Plasma
oder nur den Blutkuchen — vielleicht in Blutwurst — angeboten hätte? Nein, keinesfalls. Zeugen Jehovas
lehnen daher sowohl Vollbluttransfusionen ab als auch eine für denselben Zweck empfohlene Infusion von
Hauptbestandteilen des Blutes (rote Blutkörperchen, weiße Blutkörperchen, Blutplättchen und Plasma).
Wie die aufgeworfene Frage allerdings zeigt, hat die Wissenschaft Erkenntnisse über spezielle Blutfraktionen
und deren Einsatz gesammelt. Dabei geht es im allgemeinen um die Plasmaproteine: die Globuline, das
Albumin und das Fibrinogen. Therapeutisch am häufigsten eingesetzt wird von diesen wahrscheinlich
Immunglobulin. Aus welchen Gründen wird es verabreicht?
Unser Körper kann Antikörper gegen bestimmte Krankheiten produzieren und so eine aktive Immunität
herbeiführen. Darauf beruht die vorbeugende Wirkung von Impfstoffen (Toxoiden) gegen Kinderlähmung,
Mumps, Röteln, Diphtherie und Typhus. Wenn sich jemand jedoch gerade erst mit einer bestimmten schweren
Krankheit infiziert haben könnte, empfehlen die Ärzte die Injektion eines Serums (Antitoxin), um bei ihm sofort
eine passive Immunität hervorzurufen. Bis vor kurzem hat man diese Impfstoffe aus fraktioniertem
Immunglobulin (das Antikörper enthält) eines bereits immunen Spenders gewonnen.22 Die so erzielte passive
Immunität ist nur vorübergehend, weil die injizierten Antikörper mit der Zeit wieder ausgeschieden werden.
22 Die Wissenschaft versucht, mit Methoden der Genrekombination oder Gentechnik ähnliche Produkte zu entwickeln, die nicht aus Blut
hergestellt werden.
45
9. Blutfraktionen
Angesichts des Gebots, ‘sich des Blutes zu enthalten’, vertreten einige Christen den Standpunkt, daß sie sich
keine Injektion von Immunglobulin (Protein) geben lassen sollten, wenngleich es sich dabei nur um eine
Plasmafraktion handelt. Ihr Standpunkt ist klar und einfach: keinen Blutbestandteil in welcher Form oder Menge
auch immer.
Andere haben sich gesagt, die Injektion eines Serums (Antitoxins), wie zum Beispiel des Immunglobulins (nur
eine winzige, aus Spenderblut gewonnene Plasmafraktion), das die Abwehrkraft des Körpers stärken soll, sei
nicht dasselbe wie eine der Erhaltung des Lebens dienende Bluttransfusion. Es könnte daher sein, daß ihr
Gewissen es ihnen nicht verbietet, sich Immunglobulin oder eine ähnliche Fraktion injizieren zu lassen.23 Sie
mögen zu dem Schluß kommen, ihre Entscheidung sei hauptsächlich davon abhängig, ob sie bereit seien, das
gesundheitliche Risiko auf sich zu nehmen, das sich durch eine aus Spenderblut hergestellte Injektion ergibt.
Bemerkenswert ist, daß der Blutkreislauf einer Schwangeren von dem des Fetus getrennt ist; häufig
unterscheiden sich auch die Blutgruppen. Das Blut der Mutter strömt nicht in den Fetus. Weder die im Blut der
Mutter gebildeten Grundbestandteile (Zellen) noch das Plasma überschreiten die Plazentaschranke und
gelangen deshalb nicht in das Blut des Fetus. Tatsächlich kann es später, wenn sich das Blut der Mutter und
das des Fetus aufgrund einer Verletzung vermischen, zu gesundheitlichen Problemen kommen (Rh- oder AB0Unverträglichkeit). Doch einige Substanzen aus dem Plasma der Mutter dringen in den Blutkreislauf des Fetus
ein. Trifft das auch auf die Plasmaproteine zu, wie zum Beispiel auf Immunglobulin und Albumin? Ja, auf einige
trifft es zu.
Das Immunglobulin einer Schwangeren verfügt über einen Transportmechanismus, durch den etwas von
diesem Plasmaprotein in das Blut des Fetus gelangt. Da bei allen Schwangerschaften ein solcher natürlicher
Transport von Antikörpern in den Fetus erfolgt, weisen Neugeborene ein gewisses normales Maß an Immunität
auf und sind so vor bestimmten Infektionen geschützt.
Ähnlich verhält es sich bei Albumin, das Ärzte zur Schockbehandlung oder aus bestimmten anderen
therapeutischen Gründen verordnen.24 Forschungen haben ergeben, daß Albumin aus dem Plasma der Mutter
ebenfalls über die Plazenta in den Fetus transportiert wird, wenn auch in geringerer Menge als Immunglobulin.
Daß einige Plasmafraktionen auf natürliche Weise in das Kreislaufsystem einer anderen Person (des Fetus)
transportiert werden, mag zu einer weiteren Überlegung Anlaß geben, wenn ein Christ zu entscheiden hat, ob er
sich Immunglobulin, Albumin oder eine ähnliche Plasmafraktion injizieren lassen soll oder nicht. Der eine sagt
sich vielleicht, daß er es guten Gewissens tun kann, der andere mag zu einem gegenteiligen Schluß kommen.
Jeder muß vor Gott die Angelegenheit selbst entscheiden.
g93 8. 8. S. 22-25 Soll sich unsere Familie impfen lassen?
Soll sich unsere Familie impfen lassen?
„ES IST Zeit für Ihr Kind, geimpft zu werden“, erklärt der Arzt. Das hört sich vielleicht für das kleine Kind
bedrohlich an, wird aber im allgemeinen von einem aufmunternden Lächeln und einem zustimmenden Nicken
der Eltern begleitet.
In letzter Zeit sind jedoch Fragen in Verbindung mit allgemein akzeptierten Impfungen von Kindern und
Erwachsenen aufgetreten. Welche Impfungen sind wirklich notwendig? Sind mit der Impfung unerwünschte
Nebenwirkungen verbunden? Hat die Herstellung von Impfstoffen irgend etwas mit Blut zu tun?
Das sind Fragen, die sich umsichtige christliche Familien mit Recht stellen. Die Antworten können sich
unmittelbar auf die Gesundheit und die Zukunft von unseren Kindern und von uns selbst auswirken.
Hintergrundinformationen
In den 50er Jahren wurde eine wirksame Impfung eingeführt, die in den meisten Ländern der Angst vor der
Kinderlähmung (Polio) praktisch ein Ende machte. 1980 wurden die Pocken für weltweit ausgerottet erklärt als
Folge eines wirksamen Impfprogramms. Womit sich das Sprichwort bestätigt hat: „Vorbeugen ist besser als
Heilen.“
Viele Krankheiten wie Tetanus, Kinderlähmung, Diphtherie und Pertussis (Keuchhusten), um nur einige zu
nennen, können heutzutage durch Immunisierungsprogramme erfolgreich unter Kontrolle gehalten werden. Wie
sich dabei gezeigt hat, leben Krankheiten wieder auf, falls die Schutzimpfungen, aus welchen Gründen auch
immer, vernachlässigt werden. In einem Land ist das beim Keuchhusten der Fall gewesen.
Wie wirken solche Schutzimpfungen? Im wesentlichen unterstützen sie auf zwei verschiedene Weisen den
Kampf des Körpers gegen eindringende Krankheitserreger, zu denen Bakterien und Viren gehören. Das eine
Verfahren ist die aktive Schutzimpfung. Hierbei enthält der Impfstoff abgeschwächte oder abgetötete Erreger
(oder deren Giftstoffe), die für den Körper unschädlich gemacht wurden. Die körpereigenen
Verteidigungsmechanismen beginnen mit der Produktion von Abwehrmolekülen, Antikörper genannt, die
23 Ein Beispiel ist Rh-Immunglobulin, das Ärzte unter Umständen empfehlen, wenn eine Rh-Unverträglichkeit zwischen einer
Schwangeren und dem Fetus besteht. Ein anderes ist der Faktor VIII, der Blutern gegeben wird.
24 Wie die Beweise zeigen, können blutlose Flüssigkeiten zur Auffüllung des Volumens (wie zum Beispiel Hydroxyläthylstärke [HÄS])
wirkungsvoll bei der Schockbehandlung und bei anderen therapeutischen Maßnahmen eingesetzt werden, für die früher vielleicht eine
Albuminlösung verwendet wurde.
46
9. Blutfraktionen
gegebenenfalls die echten Erreger bekämpfen können. Enthält der Impfstoff das extrahierte Gift des Erregers
(Toxin), so spricht man von einem Toxoid. Enthält er abgeschwächte lebende (attenuierte) oder abgetötete
Erreger, so wird er Vakzine genannt.
Wie man sich leicht vorstellen kann, bewirken diese Impfungen keine sofortige Immunität. Der Körper braucht
eine gewisse Zeit für die Produktion der schützenden Antikörper. Diese aktive Immunisierung schließt alle
Schutzimpfungen im Kindesalter und alle anderen vorbeugenden Impfungen ein. Mit einer Ausnahme (die
später besprochen wird) wird bei keinem Schritt ihrer Herstellung Blut verwendet.
Das zweite Verfahren wird passive Schutzimpfung genannt. Sie bleibt normalerweise auf Situationen
beschränkt, in denen jemand bereits einer schweren Krankheit wie beispielsweise Tollwut ausgesetzt ist. In
diesem Fall hat der Körper keine Zeit, eine eigene Immunität aufzubauen. So bleibt die Möglichkeit, dem
Betroffenen zur Bekämpfung der Erreger die Antikörper von jemand anders zu verabreichen. Gammaglobulin,
Antitoxin und Hyperimmunglobulin sind Bezeichnungen für Impfstoffe, die aus dem Blutserum immuner
Menschen oder Tiere gewonnen werden. Die übertragene oder passive Immunisierung soll dem Körper sofort,
wenn auch nur vorübergehend, bei der Bekämpfung der Erreger helfen. Die übertragenen Antikörper werden
als fremde Eiweißstoffe vom Körper bald abgebaut.
Soll unser Kind geimpft werden?
Einige werden sich wahrscheinlich immer noch fragen, wogegen ihr Kind denn nun geimpft werden sollte. In
den meisten Teilen der Welt, in denen Schutzimpfungen im Kindesalter gang und gäbe sind, haben die
routinemäßigen Impfungen zu einem drastischen Rückgang der entsprechenden Kinderkrankheiten geführt.
Über viele Jahre hinweg hat die Amerikanische Akademie für Kinderheilkunde in Übereinstimmung mit
ähnlichen Institutionen in anderen Teilen der Welt die routinemäßige Impfung gegen folgende Krankheiten
empfohlen: Diphtherie, Keuchhusten und Tetanus. Normalerweise erfolgt die Impfung gegen alle drei
Krankheiten mit einem Kombinationsimpfstoff (DPT), der mittels vier Injektionen im Abstand von jeweils
mindestens zwei Monaten verabreicht wird. Daneben rät die Akademie zu einer Kombinationsimpfung —
MMR Vax — gegen Masern, Mumps und Röteln nach dem ersten Lebensjahr eines Kindes. Nach einem
ähnlichen Zeitplan wie DPT wird auch viermal eine Dosis Polioimpfstoff als Schluckimpfung verabreicht.25
In manchen Ländern ist diese Serie von Routineimpfungen Pflicht, auch wenn die Anzahl der
Auffrischimpfungen unterschiedlich ist. Als Folge von sich häufenden Fällen von Masern wurden kürzlich unter
bestimmten Umständen zusätzliche Auffrischimpfungen dagegen empfohlen. Mehr Informationen dazu kann
der Arzt vor Ort geben.
Daneben gibt es Impfstoffe gegen Lungenentzündung (Pneumovax 23 oder Moniavix 17). Sie scheinen
Kindern und Erwachsenen, die aus irgendwelchen Gründen für bestimmte Formen der Lungenentzündung
anfällig sind, eine lebenslange Immunität zu geben.
Ein anderer Impfstoff für Kinder ist der HIB-Impfstoff. Er schützt vor einem im Kindesalter häufig
vorkommenden Erreger, dem Haemophilus influenzae. Dieses Bakterium verursacht bei Kleinkindern
verschiedene Krankheiten, wobei insbesondere eine schwere Form der Meningitis zu erwähnen ist. Der
Impfstoff hat sich allgemein als sicher erwiesen, und man empfiehlt immer öfter, ihn im Rahmen der regulären
Impfungen im Kindesalter zu verabreichen.
Nebenbei bemerkt gibt es bisher noch keine Routineimpfung gegen Windpocken. Und Impfstoffe gegen
Pocken sind nicht mehr erhältlich, weil, wie bereits erwähnt, diese tödliche Krankheit durch ein weltweites
Impfprogramm ausgerottet worden ist.
Wie steht es mit Impfkomplikationen?
Wie sieht es nun mit den vieldiskutierten Impfkomplikationen aus? Bei den meisten Injektionen halten sie sich,
abgesehen von dem momentanen Schmerz und den Tränen des Kindes, im Rahmen und sind nur
vorübergehend, wie zum Beispiel maximal ein Tag Fieber. Dennoch machen sich viele Eltern über eventuelle
Risiken Gedanken. Eine Studie, die sich mit den Sorgen der Eltern um die Gesundheit ihrer Kinder beschäftigte,
ergab, daß 57 Prozent der befragten Eltern sich Sorgen über mögliche Impfkomplikationen machten.
In letzter Zeit ist eine Komponente des DPT, nämlich die gegen Pertussis (Keuchhusten), öffentlich unter
Beschuß geraten. Der Erfolg dieses Impfstoffs hat zu einem bemerkenswerten Rückgang der früher
gefürchteten Krankheit geführt: In einem Land ging die Zahl der Fälle durch Reihenimpfungen von jährlich
200 000 auf 2 000 zurück. Allerdings sind bei einer von 100 000 Anwendungen ernste Nebenwirkungen —
Krämpfe oder sogar bleibende Hirnschäden — aufgetreten.
Zu solchen Reaktionen kommt es zwar sehr selten, aber sie lösen trotzdem in manchen Ländern
Befürchtungen bei vielen Eltern aus, die das Gefühl haben, daß sie kaum eine andere Wahl haben, als ihre
Kinder impfen zu lassen, damit diese eingeschult werden können. Keuchhusten kommt nicht sehr häufig vor, ist
jedoch um so schlimmer, wenn er in einer bestimmten Gegend auftritt; daher sind einige Fachleute zu dem
Schluß gekommen, für die meisten Kinder sei „die Impfung weit ungefährlicher als eine Infektion mit der
Krankheit“. Nach Ansicht dieser Fachleute sollte eine Impfung erfolgen, es sei denn, „eine vorherige Impfung
habe zu Krämpfen, Gehirnentzündung, herdförmigen neurologischen Symptomen oder zu einem Kollaps
25 Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt jetzt auch für viele Teile der Welt eine Routineimpfung von Kindern gegen Hepatitis B.
47
9. Blutfraktionen
geführt. Auch sollten Kinder, bei denen eine ‚übermäßige Benommenheit aufgetreten ist, die übermäßig
geschrien haben (anhaltendes Weinen oder Schreien über mehr als drei Stunden) oder bei denen die
Temperatur auf über 40,5 angestiegen ist‘, keine zusätzlichen Impfungen erhalten.“26
Eine echte Lösung des Problems könnte in vielen Ländern ein azellulärer Impfstoff bieten, der momentan in
Japan mit vielversprechenden Aussichten eingesetzt wird. Dieser neue und anscheinend sicherere Impfstoff
wird bald auch in anderen Ländern erhältlich sein.
Andere Schutzimpfungen im Kindesalter haben sich immer wieder als wirkungsvoll und relativ sicher erwiesen.
Wie sieht es mit der Impfung Erwachsener aus?
Sobald man das Erwachsenenalter erreicht hat, brauchen nur noch wenig aktive Impfungen berücksichtigt zu
werden. Im Idealfall sollten alle Erwachsenen entweder durch Erkrankung oder durch Impfung im Kindesalter
gegen Masern, Mumps und Röteln immun sein. Ist dies fraglich, empfiehlt der Arzt vielleicht eine MMRKombinationsimpfung für Erwachsene.
Zur Vorbeugung gegen Wundstarrkrampf wird es als empfehlenswert betrachtet, sich alle zehn Jahre gegen
Tetanus impfen zu lassen. Für ältere Menschen und Personen mit chronischen Krankheiten wäre es ratsam,
mit ihrem Arzt über eine jährliche Grippeimpfung zu sprechen. Bei Reisen in bestimmte Gebiete sollte man je
nach den dort endemisch vorkommenden Krankheiten an eine Impfung gegen Gelbfieber, Cholera, Milzbrand,
Typhus oder Pest denken.
Eine weitere Impfung verdient unsere Aufmerksamkeit, weil dabei der einzige aktive Impfstoff verwandt wird,
den man aus Blut gewinnt. Er schützt vor Hepatitis B und ist unter dem Namen Hevac B pasteur oder H-B-Vax
im Handel. Diese Impfung ist für bestimmte Personenkreise gedacht, wie zum Beispiel die medizinischen
Berufsgruppen, bei denen ein Kontakt mit Blut oder Blutbestandteilen von Patienten mit Hepatitis B möglich ist.
Dieser Impfstoff wird zwar als großer Fortschritt gepriesen, doch viele haben Vorbehalte wegen der
Herstellungsmethode.
Einfach gesagt, wird hierbei das Blut von zahlreichen ausgesuchten Trägern des Hepatitis-B-Virus gemischt,
dann werden alle Viren abgetötet, und ein bestimmtes Hepatitis-B-Antigen wird angereichert. Das gereinigte,
inaktivierte Antigen kann dann als Impfstoff verwandt werden. Viele lehnen diesen Impfstoff jedoch ab, weil
ihnen Blutprodukte von infizierten Menschen, beispielsweise von sexuell freizügigen Personen, zu riskant sind.
Außerdem lehnen einige Christen den Impfstoff aus Gewissensgründen ab, weil er aus dem Blut anderer
Personen gewonnen wird.27
Diese Bedenken gegen den Hepatitisimpfstoff konnten durch die Freigabe eines anderen, aber genauso
wirksamen Hepatitis-B-Impfstoffs aus dem Weg geräumt werden. Er wird ohne die Verwendung von Blut auf
gentechnischem Weg in Hefezellen produziert. Wer in einem medizinischen Beruf arbeitet oder wem aus einem
anderen Grund eine Hepatitis-B-Impfung zu empfehlen ist, sollte mit seinem Arzt darüber sprechen.
Blut bei der Herstellung von Impfstoffen
Für einen Christen, der das biblische Verbot des Blutmißbrauchs ernst nimmt, führt dies zu einer wichtigen
Frage (Apostelgeschichte 15:28, 29). Gibt es noch andere Impfstoffe, die aus Blut gewonnen werden?
In der Regel werden mit Ausnahme von Hevac B pasteur beziehungsweise H-B-Vax keine aktiven Impfstoffe,
wie sie zum Beispiel bei allen Schutzimpfungen im Kindesalter verwandt werden, aus Blut gewonnen.
Bei passiven Impfstoffen ist das Gegenteil der Fall. Wird einem nach einer möglichen Infizierung, vielleicht
durch einen Hundebiß oder den Tritt auf einen rostigen Nagel, empfohlen, sich impfen zu lassen, so kann man
davon ausgehen, daß der Impfstoff ein Hyperimmunglobulin ist und unter der Verwendung von Blut hergestellt
wurde (außer es handelt sich einfach nur um eine Auffrischimpfung). Das gleiche trifft auf Anti-D-Immunglobulin
zu, das oftmals Rh-negativen Müttern empfohlen wird, die aus irgendeinem Grund wie zum Beispiel der Geburt
eines Rh-positiven Kindes Rh-positivem Blut ausgesetzt sind.
Welchen Standpunkt sollten gewissenhafte Christen gegenüber den passiven Impfstoffen einnehmen, bei
denen ja die Blutfrage von Bedeutung ist? In dieser Zeitschrift wie auch im Wachtturm wurde schon wiederholt
folgender Standpunkt vertreten: Es bleibt dem einzelnen Christen mit seinem biblisch geschulten Gewissen
überlassen, ob er einer solchen Behandlung für sich oder seine Familienmitglieder zustimmt oder nicht.28
Sollte sich unsere Familie impfen lassen?
Christen haben eine hohe Achtung vor dem Leben und wünschen ernsthaft, das Beste für die Gesundheit ihrer
Familie zu tun. Ob man sich nun nach gewissenhafter Überlegung für eine Impfung entscheidet, bleibt jedem
selbst überlassen (Galater 6:5).
Ein Fachmann hat einmal die Situation gut zusammengefaßt: „Eltern sollten über alle medizinischen
Behandlungen und Eingriffe bei ihren Kindern informiert sein. Sie sind nicht nur die gesetzlichen Vertreter ihrer
Kinder. Sie sind verantwortlich für das Wohlergehen und den Schutz ihrer Kinder, solange diese von ihnen
26 Impfkomplikationen scheinen nicht mit Anfällen, die in der Familie des Patienten aufgetreten sind, in Verbindung zu stehen.
Atemwegserkrankungen lösen zwar anscheinend keine Impfkomplikationen aus, aber es ist vielleicht doch besser, vorsichtshalber eine
Impfung zurückzuhalten, selbst wenn das Kind nur leicht erkrankt ist.
27 Siehe „Fragen von Lesern“ im Wachtturm vom 1. Juni 1990.
28 Siehe Wachtturm vom 1. Oktober 1978, Seite 31.
48
9. Blutfraktionen
abhängig sind.“ Jehovas Zeugen nehmen ihre Verantwortung, wenn es um Impfungen oder auch um andere
medizinische Fragen geht, sehr ernst. (Eingesandt von einem Arzt.)
[Kasten auf Seite 24]
Nicht aus Blut gewonnene Impfstoffe
Schutzimpfungen im Kindesalter (DPT, Polioschluckimpfung, MMR Vax)
HIB-Impfstoff
Pneumovax 23 und Moniavix 17
Toxoide
Grippeimpfstoffe
Gen H-B-Vax
Aus Blut gewonnene Impfstoffe
Hevac B pasteur, H-B-Vax
Anti-D-Immunglobulin
Antitoxine
Schlangen- und Spinnenimmunseren
Immunglobuline (gegen verschiedene Krankheiten)
Gammaglobulin
Hyperimmunglobulin-Präparate (zum Beispiel Tollwutserum)
w94 1. 10. S. 31 Fragen von Lesern
Fragen von Lesern
Wäre es angebracht, sich einen Impfstoff oder ein anderes Medikament injizieren zu lassen, das aus
menschlichem Blut gewonnenes Albumin enthält?
Das muß jeder Christ, offen gesagt, selbst entscheiden.
Gottes Diener möchten berechtigterweise der Anweisung gehorchen, sich des Blutes zu enthalten, die in
Apostelgeschichte 15:28, 29 zu finden ist. Dementsprechend werden Christen kein unausgeblutetes Fleisch
und keine Produkte wie Blutwurst essen. Gottes Gesetz findet allerdings auch auf medizinischem Gebiet
Anwendung. Jehovas Zeugen tragen ein Dokument bei sich, in dem sie erklären, daß sie „Bluttransfusionen
(von Vollblut, roten Blutkörperchen, weißen Blutkörperchen, Blutplättchen oder Blutplasma)“ ablehnen. Wie
verhält es sich jedoch mit Seruminjektionen, die geringe Mengen eines Blutproteins enthalten?
Jehovas Zeugen sind sich schon seit geraumer Zeit bewußt, daß dies eine Sache der persönlichen
Entscheidung des einzelnen in Übereinstimmung mit seinem biblisch geschulten Gewissen ist. Das wurde in
den „Fragen von Lesern“ im Wachtturm vom 1. Juni 1990 gezeigt, wo es um Seruminjektionen ging, die ein Arzt
jemandem empfehlen mag, der sich mit bestimmten Krankheiten angesteckt haben könnte. Die wirksamen
Bestandteile solcher Injektionen sind nicht das Blutplasma an sich, sondern die Antikörper resistenter
Menschen oder Tiere. Manche Christen sind der Auffassung, sie könnten sich guten Gewissens solche
Präparate injizieren lassen, da Antikörper aus dem Blut einer Schwangeren bekanntlich auch in das Blut des
Kindes im Mutterleib übergehen. Darauf wurde in den „Fragen von Lesern“ hingewiesen wie auch auf die
Tatsache, daß etwas Albumin von einer Schwangeren in das Kind gelangt.
Das halten viele für bemerkenswert, weil gewisse Impfstoffe, die nicht aus Blut hergestellt werden, eine relativ
geringe Menge Plasmaalbumin enthalten können, das verwendet oder zugesetzt wird, um die Bestandteile des
Medikaments zu stabilisieren. Gegenwärtig ist auch in Präparaten des synthetischen Hormons EPO
(Erythropoetin) eine geringe Menge Albumin enthalten. Einige Zeugen Jehovas haben sich EPO injizieren
lassen, weil es die Produktion roter Blutkörperchen beschleunigen kann, so daß sich Ärzte gegebenenfalls nicht
mehr genötigt sehen, eine Bluttransfusion zu geben.
Es ist durchaus möglich, daß in Zukunft weitere Präparate zur Anwendung kommen, die eine vergleichsweise
geringe Menge Albumin enthalten, da pharmazeutische Unternehmen neue Produkte entwickeln oder die
Zusammensetzung vorhandener ändern. Christen könnten sich deshalb informieren, ob Albumin Bestandteil
eines Impfstoffs oder eines anderen Präparats ist, das ein Arzt empfiehlt. Falls sie sich unsicher sind, ob es
Albumin enthält, beziehungsweise Grund zu der Annahme haben, daß das der Fall ist, können sie ihren Arzt
fragen.
Wie bereits erwähnt, haben viele Zeugen Jehovas keine Einwände gegen ein Präparat, das eine geringe
Menge Albumin enthält. Jeder, der sich gründlicher mit der Materie beschäftigen möchte, sollte sich, bevor er
eine persönliche Entscheidung trifft, noch einmal mit den Informationen befassen, die in den „Fragen von
Lesern“ im Wachtturm vom 1. Juni 1990 dargelegt wurden.
49
9. Blutfraktionen
w00 15. 6. S. 29-31 Fragen von Lesern
Fragen von Lesern
Akzeptieren Jehovas Zeugen irgendwelche medizinischen Produkte, die aus Blut gewonnen werden?
Die grundsätzliche Antwort lautet: Jehovas Zeugen akzeptieren kein Blut. Wir sind fest davon überzeugt, daß
Gottes Gesetz in bezug auf Blut nicht reformiert werden muß, um es veränderlichen Meinungen anzupassen.
Trotzdem entstehen neue Fragen, weil das Blut heute Verfahren unterzogen werden kann, durch die es in seine
vier Hauptbestandteile und in Fraktionen dieser Bestandteile aufgetrennt wird. Bei der Entscheidung, ob ein
Christ diese akzeptieren könnte, sollte sich sein Augenmerk nicht nur auf den möglichen medizinischen Nutzen
oder die Risiken richten. Sein Interesse sollte dem gelten, was in der Bibel gesagt wird, sowie den möglichen
Auswirkungen auf sein Verhältnis zu dem allmächtigen Gott.
Die entscheidenden Fragen sind recht einfach. Warum das der Fall ist, läßt die Betrachtung einiger biblischer,
historischer und medizinischer Hintergründe leicht erkennen.
Jehova Gott erklärte unserem gemeinsamen Vorfahren Noah, daß das Blut als etwas ganz Besonderes
behandelt werden muß (1. Mose 9:3, 4). Später schlug sich in Gottes Gesetzen für Israel die Heiligkeit des
Blutes deutlich nieder: „Was irgendeinen Mann vom Hause Israel betrifft oder einen ansässigen Fremdling, . . .
welcher Blut von irgendeiner Art ißt, gegen die Seele, die das Blut ißt, werde ich bestimmt mein Angesicht
richten.“ Israeliten, die Gottes Gesetze nicht anerkannten, konnten andere verunreinigen; deshalb fügte Gott
hinzu: „Ich werde sie tatsächlich von den Reihen ihres Volkes abschneiden“ (3. Mose 17:10). Später
entschieden die Apostel und die älteren Männer bei einer Zusammenkunft in Jerusalem, daß wir ‘uns von Blut
enthalten’ müssen. Das zu tun ist genauso wichtig wie das Enthalten von Unsittlichkeit und Götzendienst
(Apostelgeschichte 15:28, 29).
Was hat ‘sich enthalten’ damals wohl bedeutet? Christen verzehrten kein Blut, weder in frischer noch in
geronnener Form; genausowenig aßen sie das Fleisch eines unausgebluteten Tieres. Unzulässig waren
außerdem Nahrungsmittel mit Blutzusätzen, zum Beispiel Blutwurst. Wer Blut auf die vorgenannte Weise in sich
aufnahm, übertrat Gottes Gesetz (1. Samuel 14:32, 33).
Die meisten Menschen in alter Zeit störten sich offenbar nicht am Blutgenuß, wie wir den Schriften Tertullians
(zweites und drittes Jahrhundert u. Z.) entnehmen können. In seiner Reaktion auf die Falschanklage, Christen
würden Blut verzehren, führte Tertullian Volksstämme an, die Verträge durch den Genuß von Blut besiegelten.
Er sprach auch von Personen, „die beim Kampfspiel in der Arena das Blut der getöteten Verbrecher, wenn es
noch frisch ist . . ., mit gierigen Zügen einschlürfen, um damit die Fallsucht zu heilen“.
Eine solche Handlung (selbst wenn einige Römer dafür gesundheitliche Gründe hatten) war für Christen
unannehmbar. „Wir [rechnen] nicht einmal Tierblut unter die zum Genuß erlaubten Speisen“, schrieb Tertullian.
Die Römer verwendeten Nahrungsmittel, die Blut enthielten, um die Lauterkeit wahrer Christen auf die Probe zu
stellen. Tertullian fügte hinzu: „Doch wie soll man es auffassen, daß ihr glaubt, wer eurer eigenen Überzeugung
nach vor Tierblut zurückschaudert [d. h. die Christen], werde nach Menschenblut lechzen?“
Heutzutage wird kaum jemand vermuten, daß die Gesetze des allmächtigen Gottes berührt werden, wenn ihm
ein Arzt empfiehlt, sich Blut übertragen zu lassen. Wir Zeugen Jehovas möchten natürlich auch am Leben
bleiben, aber wir sind verpflichtet, uns an Jehovas Gesetz in bezug auf das Blut zu halten. Was bedeutet das
angesichts der heutigen medizinischen Praxis?
Als nach dem Zweiten Weltkrieg Transfusionen von Vollblut üblich wurden, erkannten Jehovas Zeugen, daß
dies im Widerspruch zu Gottes Gesetz stand — und davon sind wir immer noch überzeugt. Doch im Lauf der
Zeit hat sich in der Medizin manches verändert. Heute wird zumeist kein Vollblut transfundiert, sondern lediglich
Hauptbestandteile des Blutes: 1. Erythrozyten, 2. Leukozyten, 3. Thrombozyten, 4. Blutplasma (Serum), das ist
der Flüssigkeitsanteil. Abhängig vom Zustand eines Patienten, verordnen Ärzte Erythrozyten, Leukozyten,
Thrombozyten oder Plasma. Durch eine Übertragung der Hauptbestandteile kann eine einzige Einheit Blut auf
mehrere Patienten verteilt werden. Jehovas Zeugen betrachten die Annahme von Vollblut oder von einem der
vier Hauptbestandteile des Blutes als Verletzung des Gesetzes Gottes. Bedeutsamerweise schützt sie das
Beharren auf diesem biblisch untermauerten Standpunkt vor vielen Gefahren, einschließlich Krankheiten, die
man sich durch eine Bluttransfusion zuziehen kann, wie Hepatitis und Aids.
Da Blut nicht nur in seine Hauptbestandteile zerlegt werden kann, sondern sogar noch weiter, tauchen Fragen
in Verbindung mit den Fraktionen auf, die aus den hauptsächlichen Blutbestandteilen gewonnen werden. Wann
werden diese Fraktionen verabreicht, und was sollte ein Christ bei der Entscheidung über das Für und Wider
einer Verwendung in Betracht ziehen?
Blut ist komplex. Selbst das Plasma — das zu 90 Prozent aus Wasser besteht — beinhaltet sehr viele
Hormone, anorganische Salze, Enzyme und Nährstoffe, einschließlich Mineralien und Zucker. Das Plasma
enthält auch Proteine wie Albumin, Gerinnungsfaktoren und Antikörper zur Bekämpfung von Krankheiten.
Techniker extrahieren daraus viele verwendbare Plasmaproteine. Zum Beispiel wird Hämophilen, die zu
Blutungen neigen, ein Gerinnungsfaktor verabreicht, der als Faktor VIII bezeichnet wird. Oder wenn jemand
bestimmten Krankheiten ausgesetzt ist, könnten Ärzte Injektionen von Gammaglobulin geben, das aus dem
Blutplasma von Menschen gewonnen wurde, die bereits Immunität erworben haben. Auch andere
Plasmaproteine finden eine medizinische Verwendung, aber die oben erwähnten veranschaulichen bereits
50
9. Blutfraktionen
ausreichend, wie ein Hauptbestandteil des Blutes (das Plasma) verarbeitet werden kann, um daraus Fraktionen
zu gewinnen.29
Genauso, wie man aus dem Blutplasma verschiedene Fraktionen gewinnen kann, können auch die anderen
Hauptbestandteile (Erythrozyten, Leukozyten, Thrombozyten) verarbeitet werden, um daraus die nur in
kleineren Mengen enthaltenen Bestandteile herauszuziehen. Aus den Leukozyten können zum Beispiel
Interferone und Interleukine gewonnen werden, die bei der Behandlung bestimmter Virusinfektionen und
Krebsarten Anwendung finden. Aus den Thrombozyten kann ein Wundheilungsfaktor isoliert werden. Und es
befinden sich weitere Medikamente im Entwicklungsstadium, die (zumindest anfänglich) Extrakte aus
Blutbestandteilen enthalten. Bei solchen Behandlungen werden keine Transfusionen der Hauptbestandteile
vorgenommen; es geht normalerweise um Bestandteile oder um Fraktionen davon. Darf ein Christ diese
Fraktionen bei einer medizinischen Behandlung akzeptieren? Das können wir nicht beantworten. Da die Bibel
keine weiteren Einzelheiten enthält, muß ein Christ seine eigene Gewissensentscheidung vor Gott treffen.
Einige werden alles ablehnen, was aus Blut gewonnen wurde (sogar Fraktionen, die eine vorübergehende
passive Immunität gewähren sollen). So verstehen sie Gottes Gebot, ‘sich von Blut zu enthalten’. Sie
argumentieren, daß sein Gesetz für Israel verlangte, das Blut, das aus einem Geschöpf ausfloß, ‘auf die Erde
auszugießen’ (5. Mose 12:22-24). Warum ist das von Belang? Nun, um Gammaglobulin, dem Blut
entstammende Gerinnungsfaktoren und so weiter herstellen zu können, muß Blut gesammelt und verarbeitet
werden. Daher lehnen manche Christen solche Produkte ab, genauso wie Transfusionen von Vollblut oder von
seinen vier Hauptbestandteilen. Ihre aufrichtige, gewissensmäßige Haltung sollte respektiert werden.
Andere Christen treffen eine davon abweichende Entscheidung. Auch sie lehnen Transfusionen von Vollblut,
von Erythrozyten, Leukozyten, Thrombozyten oder Plasma ab. Sie mögen einem Arzt jedoch gestatten, sie mit
einer Fraktion zu behandeln, die aus den Hauptbestandteilen gewonnen wurde. Doch selbst in dieser Hinsicht
kann es Unterschiede geben. Ein Christ akzeptiert vielleicht eine Injektion von Gammaglobulin, lehnt jedoch
eine Injektion aller Stoffe ab, die aus Erythrozyten oder Leukozyten extrahiert wurden. Doch wie kommen einige
Christen überhaupt zu dem Schluß, sie könnten Blutfraktionen akzeptieren?
In den „Fragen von Lesern“ im Wachtturm vom 1. Juni 1990 wurde erklärt, daß Plasmaproteine (Fraktionen)
aus dem Blut einer Schwangeren in den getrennten Blutkreislauf ihres Fetus übergehen. Auf diese Weise gibt
eine Mutter Immunglobuline an ihr Kind weiter, die ihm wertvolle Abwehrkräfte verleihen. Nach Ablauf der
normalen Lebensdauer der Erythrozyten in einem Fetus wird ihr sauerstofftransportierender Bestandteil
abgebaut. Ein Teil davon wird zu Bilirubin, das durch die Plazenta in den Körper der Mutter gelangt und mit
ihren Ausscheidungsprodukten ihren Körper verläßt. Da also Blutfraktionen unter diesen natürlichen Umständen
auf eine andere Person übergehen können, kommen manche Christen zu dem Schluß, daß sie eine
Blutfraktion, die aus Blutplasma, Erythrozyten oder Leukozyten gewonnen wurde, akzeptieren können.
Wird die Frage dadurch gegenstandslos, daß Ansichten und Gewissensentscheidungen verschieden sein
können? Nein. Sie ist schwerwiegend. Doch über etwas Grundlegendes besteht Klarheit. Wie das bisher
Besprochene zeigt, lehnen Jehovas Zeugen Transfusionen sowohl von Vollblut als auch von dessen
hauptsächlichen Bestandteilen ab. Christen werden in der Bibel angewiesen, sich „von Dingen zu enthalten, die
Götzen geopfert wurden, sowie von Blut . . . und von Hurerei“ (Apostelgeschichte 15:29). Was Fraktionen aus
einem der Hauptbestandteile anbelangt, muß jeder einzelne Christ nach sorgfältigem Nachsinnen unter Gebet
eine persönliche Gewissensentscheidung treffen.
Viele Menschen sind bereit, irgendeine Behandlung zu akzeptieren, die sofortigen Nutzen zu bieten scheint,
selbst eine Therapie, die anerkanntermaßen Gesundheitsrisiken hat, wie zum Beispiel mit Blutpräparaten. Der
aufrichtige Christ ist um eine fundierte, ausgeglichene Ansicht bemüht, die nicht nur die körperlichen Aspekte
beinhaltet. Jehovas Zeugen schätzen die Anstrengungen, eine erstklassige medizinische Versorgung zu
gewährleisten, und sie wägen das Risiko-Nutzen-Verhältnis jeder Behandlung ab. In bezug auf Produkte, die
aus Blut gewonnen werden, legen sie jedoch besonderes Gewicht auf das, was Gott sagt, sowie auf ihr
persönliches Verhältnis zu unserem Lebengeber (Psalm 36:9).
Welch ein Segen ist es doch für einen Christen, solch ein Vertrauen zu haben wie der Psalmist, der schrieb:
„Jehova Gott ist Sonne und Schild; Gunst und Herrlichkeit sind das, was er gibt. Jehova selbst wird nichts Gutes
denen vorenthalten, die in Untadeligkeit wandeln. O Jehova . . ., glücklich ist der Mensch, der auf dich vertraut.“
(Psalm 84:11, 12)!
[Kasten auf Seite 30]
EMPFOHLENE FRAGEN AN DEN ARZT
Frage, falls dir eine Operation oder eine Behandlung bevorsteht, bei der ein Blutprodukt verwendet werden
könnte:
Weiß jeder vom Krankenhauspersonal, der mit meinem Fall zu tun hat, daß ich als Zeuge Jehovas verfügt
habe, mir unter keinen Umständen Bluttransfusionen (Vollblut, Erythrozyten, Leukozyten, Thrombozyten oder
Blutplasma) zu geben?
29 Siehe „Fragen von Lesern“ im Wachtturm vom 1. Oktober 1978 und vom 1. Oktober 1994. Die Pharmaindustrie hat rekombinante
Produkte entwickelt, die nicht aus Blut gewonnen werden, und diese können vielleicht an Stelle von manchen Blutfraktionen
verschrieben werden, die früher gebräuchlich waren.
51
9. Blutfraktionen
Frage, falls ein Medikament, das verschrieben werden soll, möglicherweise aus Blutplasma, Erythrozyten,
Leukozyten oder Thrombozyten hergestellt wurde:
Wurde das Medikament aus einem der vier Hauptbestandteile des Blutes hergestellt? Wenn ja, würden Sie mir
bitte die Zusammensetzung erklären?
Wieviel von diesem aus Blut gewonnenen Medikament würde verabreicht werden, und auf welche Weise?
Welche medizinischen Risiken bestehen, sofern mir mein Gewissen erlaubt, diese Fraktion zu akzeptieren?
Welche andere Therapie könnte angewendet werden, falls es meine Gewissensentscheidung ist, diese
Fraktion abzulehnen?
Wen kann ich über meine Entscheidung informieren, nachdem ich mich eingehender mit dieser Angelegenheit
beschäftigt habe?
w04 15. 6. S. 29-31 Fragen von Lesern
Fragen von Lesern
Akzeptieren Jehovas Zeugen irgendwelche kleinen Blutfraktionen?
Bei der folgenden Antwort handelt es sich um einen Nachdruck aus der Wachtturm-Ausgabe vom 15. Juni
2000.
Die grundsätzliche Antwort lautet: Jehovas Zeugen akzeptieren kein Blut. Wir sind fest davon überzeugt, dass
Gottes Gesetz in Bezug auf Blut nicht reformiert werden muss, um es veränderlichen Meinungen anzupassen.
Trotzdem entstehen neue Fragen, weil das Blut heute Verfahren unterzogen werden kann, durch die es in seine
vier Hauptbestandteile und in Fraktionen dieser Bestandteile aufgetrennt wird. Bei der Entscheidung, ob ein
Christ diese akzeptieren könnte, sollte sich sein Augenmerk nicht nur auf den möglichen medizinischen Nutzen
oder die Risiken richten. Sein Interesse sollte dem gelten, was in der Bibel gesagt wird, sowie den möglichen
Auswirkungen auf sein Verhältnis zu dem allmächtigen Gott.
Die entscheidenden Fragen sind recht einfach. Warum das der Fall ist, lässt die Betrachtung einiger biblischer,
historischer und medizinischer Hintergründe leicht erkennen.
Jehova Gott erklärte unserem gemeinsamen Vorfahren Noah, dass das Blut als etwas ganz Besonderes
behandelt werden muss (1. Mose 9:3, 4). Später schlug sich in Gottes Gesetzen für Israel die Heiligkeit des
Blutes deutlich nieder: „Was irgendeinen Mann vom Hause Israel betrifft oder einen ansässigen Fremdling, . . .
welcher Blut von irgendeiner Art isst, gegen die Seele, die das Blut isst, werde ich bestimmt mein Angesicht
richten.“ Israeliten, die Gottes Gesetze nicht anerkannten, konnten andere verunreinigen; deshalb fügte Gott
hinzu: „Ich werde sie tatsächlich von den Reihen ihres Volkes abschneiden“ (3. Mose 17:10). Später
entschieden die Apostel und die älteren Männer bei einer Zusammenkunft in Jerusalem, dass wir ‘uns von Blut
enthalten’ müssen. Das zu tun ist genauso wichtig wie das Enthalten von Unsittlichkeit und Götzendienst
(Apostelgeschichte 15:28, 29).
Was hat ‘sich enthalten’ damals wohl bedeutet? Christen verzehrten kein Blut, weder in frischer noch in
geronnener Form; genauso wenig aßen sie das Fleisch eines unausgebluteten Tieres. Unzulässig waren
außerdem Nahrungsmittel mit Blutzusätzen, zum Beispiel Blutwurst. Wer Blut auf die vorgenannte Weise in sich
aufnahm, übertrat Gottes Gesetz (1. Samuel 14:32, 33).
Die meisten Menschen in alter Zeit störten sich offenbar nicht am Blutgenuss, wie wir den Schriften Tertullians
(zweites und drittes Jahrhundert u. Z.) entnehmen können. In seiner Reaktion auf die Falschanklage, Christen
würden Blut verzehren, führte Tertullian Volksstämme an, die Verträge durch den Genuss von Blut besiegelten.
Er sprach auch von Personen, „die beim Kampfspiel in der Arena das Blut der getöteten Verbrecher, wenn es
noch frisch ist . . ., mit gierigen Zügen einschlürfen, um damit die Fallsucht zu heilen“.
Eine solche Handlung (selbst wenn einige Römer dafür gesundheitliche Gründe hatten) war für Christen
unannehmbar. „Wir [rechnen] nicht einmal Tierblut unter die zum Genuss erlaubten Speisen“, schrieb Tertullian.
Die Römer verwendeten Nahrungsmittel, die Blut enthielten, um die Lauterkeit wahrer Christen auf die Probe zu
stellen. Tertullian fügte hinzu: „Doch wie soll man es auffassen, dass ihr glaubt, wer eurer eigenen
Überzeugung nach vor Tierblut zurückschaudert [d. h. die Christen], werde nach Menschenblut lechzen?“
Heutzutage wird kaum jemand vermuten, dass die Gesetze des allmächtigen Gottes berührt werden, wenn ihm
ein Arzt empfiehlt, sich Blut übertragen zu lassen. Wir Zeugen Jehovas möchten natürlich auch am Leben
bleiben, aber wir sind verpflichtet, uns an Jehovas Gesetz in Bezug auf das Blut zu halten. Was bedeutet das
angesichts der heutigen medizinischen Praxis?
Als nach dem Zweiten Weltkrieg Transfusionen von Vollblut üblich wurden, erkannten Jehovas Zeugen, dass
dies im Widerspruch zu Gottes Gesetz stand — und davon sind wir immer noch überzeugt. Doch im Lauf der
Zeit hat sich in der Medizin manches verändert. Heute wird zumeist kein Vollblut transfundiert, sondern lediglich
Hauptbestandteile des Blutes: 1. Erythrozyten, 2. Leukozyten, 3. Thrombozyten, 4. Blutplasma (Serum), das ist
der Flüssigkeitsanteil. Abhängig vom Zustand eines Patienten, verordnen Ärzte Erythrozyten, Leukozyten,
Thrombozyten oder Plasma. Durch eine Übertragung der Hauptbestandteile kann eine einzige Einheit Blut auf
mehrere Patienten verteilt werden. Jehovas Zeugen betrachten die Annahme von Vollblut oder von einem der
52
9. Blutfraktionen
vier Hauptbestandteile des Blutes als Verletzung des Gesetzes Gottes. Bedeutsamerweise schützt sie das
Beharren auf diesem biblisch untermauerten Standpunkt vor vielen Gefahren, einschließlich Krankheiten, die
man sich durch eine Bluttransfusion zuziehen kann, wie Hepatitis und Aids.
Da Blut nicht nur in seine Hauptbestandteile zerlegt werden kann, sondern sogar noch weiter, tauchen Fragen
in Verbindung mit den Fraktionen auf, die aus den hauptsächlichen Blutbestandteilen gewonnen werden. Wann
werden diese Fraktionen verabreicht, und was sollte ein Christ bei der Entscheidung über das Für und Wider
einer Verwendung in Betracht ziehen?
Blut ist komplex. Selbst das Plasma — das zu 90 Prozent aus Wasser besteht — beinhaltet sehr viele
Hormone, anorganische Salze, Enzyme und Nährstoffe, einschließlich Mineralien und Zucker. Das Plasma
enthält auch Proteine wie Albumin, Gerinnungsfaktoren und Antikörper zur Bekämpfung von Krankheiten.
Techniker extrahieren daraus viele verwendbare Plasmaproteine. Zum Beispiel wird Hämophilen, die zu
Blutungen neigen, ein Gerinnungsfaktor verabreicht, der als Faktor VIII bezeichnet wird. Oder wenn jemand
bestimmten Krankheiten ausgesetzt ist, könnten Ärzte Injektionen von Gammaglobulin geben, das aus dem
Blutplasma von Menschen gewonnen wurde, die bereits Immunität erworben haben. Auch andere
Plasmaproteine finden eine medizinische Verwendung, aber die oben erwähnten veranschaulichen bereits
ausreichend, wie ein Hauptbestandteil des Blutes (das Plasma) verarbeitet werden kann, um daraus Fraktionen
zu gewinnen.30
Genauso, wie man aus dem Blutplasma verschiedene Fraktionen gewinnen kann, können auch die anderen
Hauptbestandteile (Erythrozyten, Leukozyten, Thrombozyten) verarbeitet werden, um daraus die nur in
kleineren Mengen enthaltenen Bestandteile herauszuziehen. Aus den Leukozyten können zum Beispiel
Interferone und Interleukine gewonnen werden, die bei der Behandlung bestimmter Virusinfektionen und
Krebsarten Anwendung finden. Aus den Thrombozyten kann ein Wundheilungsfaktor isoliert werden. Und es
befinden sich weitere Medikamente im Entwicklungsstadium, die (zumindest anfänglich) Extrakte aus
Blutbestandteilen enthalten. Bei solchen Behandlungen werden keine Transfusionen der Hauptbestandteile
vorgenommen; es geht normalerweise um Bestandteile oder um Fraktionen davon. Darf ein Christ diese
Fraktionen bei einer medizinischen Behandlung akzeptieren? Das können wir nicht beantworten. Da die Bibel
keine weiteren Einzelheiten enthält, muss ein Christ seine eigene Gewissensentscheidung vor Gott treffen.
Einige werden alles ablehnen, was aus Blut gewonnen wurde (sogar Fraktionen, die eine vorübergehende
passive Immunität gewähren sollen). So verstehen sie Gottes Gebot, ‘sich von Blut zu enthalten’. Sie
argumentieren, dass sein Gesetz für Israel verlangte, das Blut, das aus einem Geschöpf ausfloss, ‘auf die Erde
auszugießen’ (5. Mose 12:22-24). Warum ist das von Belang? Nun, um Gammaglobulin, dem Blut
entstammende Gerinnungsfaktoren und so weiter herstellen zu können, muss Blut gesammelt und verarbeitet
werden. Daher lehnen manche Christen solche Produkte ab, genauso wie Transfusionen von Vollblut oder von
seinen vier Hauptbestandteilen. Ihre aufrichtige, gewissensmäßige Haltung sollte respektiert werden.
Andere Christen treffen eine davon abweichende Entscheidung. Auch sie lehnen Transfusionen von Vollblut,
von Erythrozyten, Leukozyten, Thrombozyten oder Plasma ab. Sie mögen einem Arzt jedoch gestatten, sie mit
einer Fraktion zu behandeln, die aus den Hauptbestandteilen gewonnen wurde. Doch selbst in dieser Hinsicht
kann es Unterschiede geben. Ein Christ akzeptiert vielleicht eine Injektion von Gammaglobulin, lehnt jedoch
eine Injektion aller Stoffe ab, die aus Erythrozyten oder Leukozyten extrahiert wurden. Doch wie kommen einige
Christen überhaupt zu dem Schluss, sie könnten Blutfraktionen akzeptieren?
In den „Fragen von Lesern“ im Wachtturm vom 1. Juni 1990 wurde erklärt, dass Plasmaproteine (Fraktionen)
aus dem Blut einer Schwangeren in den getrennten Blutkreislauf ihres Fetus übergehen. Auf diese Weise gibt
eine Mutter Immunglobuline an ihr Kind weiter, die ihm wertvolle Abwehrkräfte verleihen. Nach Ablauf der
normalen Lebensdauer der Erythrozyten in einem Fetus wird ihr sauerstofftransportierender Bestandteil
abgebaut. Ein Teil davon wird zu Bilirubin, das durch die Plazenta in den Körper der Mutter gelangt und mit
ihren Ausscheidungsprodukten ihren Körper verlässt. Da also Blutfraktionen unter diesen natürlichen
Umständen auf eine andere Person übergehen können, kommen manche Christen zu dem Schluss, dass sie
eine Blutfraktion, die aus Blutplasma, Erythrozyten oder Leukozyten gewonnen wurde, akzeptieren können.
Wird die Frage dadurch gegenstandslos, dass Ansichten und Gewissensentscheidungen verschieden sein
können? Nein. Sie ist schwerwiegend. Doch über etwas Grundlegendes besteht Klarheit. Wie das bisher
Besprochene zeigt, lehnen Jehovas Zeugen Transfusionen sowohl von Vollblut als auch von dessen
hauptsächlichen Bestandteilen ab. Christen werden in der Bibel angewiesen, sich „von Dingen zu enthalten, die
Götzen geopfert wurden, sowie von Blut . . . und von Hurerei“ (Apostelgeschichte 15:29). Was Fraktionen aus
einem der Hauptbestandteile anbelangt, muss jeder einzelne Christ nach sorgfältigem Nachsinnen unter Gebet
eine persönliche Gewissensentscheidung treffen.
Viele Menschen sind bereit, irgendeine Behandlung zu akzeptieren, die sofortigen Nutzen zu bieten scheint,
selbst eine Therapie, die anerkanntermaßen Gesundheitsrisiken hat, wie zum Beispiel mit Blutpräparaten. Der
aufrichtige Christ ist um eine fundierte, ausgeglichene Ansicht bemüht, die nicht nur die körperlichen Aspekte
beinhaltet. Jehovas Zeugen schätzen die Anstrengungen, eine erstklassige medizinische Versorgung zu
gewährleisten, und sie wägen das Risiko-Nutzen-Verhältnis jeder Behandlung ab. In Bezug auf Produkte, die
30 Siehe „Fragen von Lesern“ im Wachtturm vom 1. Oktober 1978 und vom 1. Oktober 1994. Die Pharmaindustrie hat rekombinante
Produkte entwickelt, die nicht aus Blut gewonnen werden, und diese können vielleicht an Stelle von manchen Blutfraktionen
verschrieben werden, die früher gebräuchlich waren.
53
9. Blutfraktionen
aus Blut gewonnen werden, legen sie jedoch besonderes Gewicht auf das, was Gott sagt, sowie auf ihr
persönliches Verhältnis zu unserem Lebengeber (Psalm 36:9).
Welch ein Segen ist es doch für einen Christen, solch ein Vertrauen zu haben wie der Psalmist, der schrieb:
„Jehova Gott ist Sonne und Schild; Gunst und Herrlichkeit sind das, was er gibt. Jehova selbst wird nichts Gutes
denen vorenthalten, die in Untadeligkeit wandeln. O Jehova . . ., glücklich ist der Mensch, der auf dich vertraut.“
(Psalm 84:11, 12)!
[Kasten auf Seite 31]
EMPFOHLENE FRAGEN AN DEN ARZT
Frage, falls dir eine Operation oder eine Behandlung bevorsteht, bei der ein Blutprodukt verwendet werden
könnte:
Weiß jeder vom Krankenhauspersonal, der mit meinem Fall zu tun hat, dass ich als Zeuge Jehovas verfügt
habe, mir unter keinen Umständen Bluttransfusionen (Vollblut, Erythrozyten, Leukozyten, Thrombozyten oder
Blutplasma) zu geben?
Frage, falls ein Medikament, das verschrieben werden soll, möglicherweise aus Blutplasma, Erythrozyten,
Leukozyten oder Thrombozyten hergestellt wurde:
Wurde das Medikament aus einem der vier Hauptbestandteile des Blutes hergestellt? Wenn ja, würden Sie mir
bitte die Zusammensetzung erklären?
Wie viel von diesem aus Blut gewonnenen Medikament würde verabreicht werden, und auf welche Weise?
Welche medizinischen Risiken bestehen, sofern mir mein Gewissen erlaubt, diese Fraktion zu akzeptieren?
Welche andere Therapie könnte angewendet werden, falls es meine Gewissensentscheidung ist, diese
Fraktion abzulehnen?
Wen kann ich über meine Entscheidung informieren, nachdem ich mich eingehender mit dieser Angelegenheit
beschäftigt habe?
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10. Transplantation von Organen oder Knochenmark
10.
Transplantation von Organen oder Knochenmark
w80 15. 6. S. 31 Fragen von Lesern
Fragen von Lesern
● Sollte eine Versammlung gegen einen getauften Christen, der eine Transplantation — z. B. die einer
Hornhaut des Auges oder einer Niere eines anderen Menschen — vornehmen läßt, etwas unternehmen?
Ob man sich Gewebe oder Knochen eines anderen Menschen einpflanzen lassen darf, muß jeder Zeuge
Jehovas in Übereinstimmung mit seinem Gewissen entscheiden. Einige Christen mögen der Auffassung sein,
es sei Kannibalismus, wenn man Gewebe oder Körperteile eines anderen Menschen in den eigenen Körper
aufnimmt. Sie mögen argumentieren, das transplantierte menschliche Gewebe solle ein Bestandteil des
Körpers des Empfängers werden, um ihn am Leben und funktionstüchtig zu erhalten. Sie mögen keinen
wesentlichen Unterschied zum Verzehr von Fleisch durch den Mund sehen. Diese Empfindungen mögen auf
der Überlegung beruhen, daß Gott nicht auch Menschenfleisch erwähnte, als er für den Menschen die
Vorkehrung traf, Tierfleisch zu essen, aus dem das lebenerhaltende Blut ausgeflossen war. Vielleicht
berücksichtigen sie auch, was die Bibel über die Einstellung der Menschen in biblischen Zeiten zum Genuß von
Menschenfleisch berichtet. (Siehe z. B. den Bericht in 2. Könige 6:24-30; 5. Mose 28:53-57; Klagelieder 2:20
und 4:10.) In Johannes 6:48-66 spricht Jesus sinnbildlich davon, daß man sein Fleisch essen und sein Blut
trinken solle. Als seine Jünger das hörten, aber die geistige Bedeutung seiner Worte nicht verstanden, waren
einige von ihnen schockiert und wandten sich von ihm ab. Diese Berichte vermitteln eine Vorstellung davon, wie
die Menschen damals über das Essen von Menschenfleisch dachten.
Andererseits mögen Christen heute wirklich der Überzeugung sein, daß die biblischen Richtlinien eine
medizinische Transplantation menschlicher Organe nicht eindeutig ausschließen. Sie mögen argumentieren,
daß in einigen Fällen nicht erwartet wird, daß das menschliche Gewebe ein bleibender Bestandteil des Körpers
des Empfängers wird. Man sagt, daß Körperzellen ungefähr alle 7 Jahre erneuert werden, und das würde auch
auf irgendwelche Teile des menschlichen Körpers zutreffen, die eingepflanzt werden. Es könnte auch
argumentiert werden, daß Organtransplantationen etwas anderes sind als Kannibalismus, da der „Spender“
nicht getötet worden ist, damit jemand anders sich ernähren kann. In einigen Fällen haben Personen, die dem
Tod nahe waren, sogar testamentarisch verfügt, daß ihr Körper für entsprechende Zwecke benutzt werden darf.
Würde eine Transplantation die Aufnahme von Blut aus dem Körper eines anderen erfordern, so widerspräche
sie natürlich unzweifelhaft dem Gebot Gottes (Apg. 15:19, 20).
Selbstverständlich gibt es in der Frage der Organverpflanzung unterschiedliche persönliche Ansichten und vom
Gewissen bestimmte Empfindungen. Bekanntlich werden die verschiedensten Bestandteile des menschlichen
Körpers zur Aufnahme in den Körper anderer Menschen verwendet, angefangen von Hormonen und kleineren
Teilen wie Hornhäuten bis zu größeren Organen wie Herz und Nieren. Die Bibel verbietet zwar ausdrücklich die
Aufnahme von Blut, nicht aber die Aufnahme von menschlichem Gewebe. Daher muß jeder, der in dieser Frage
eine Entscheidung zu treffen hat, sorgfältig und gebetsvoll die Faktoren abwägen und dann nach seinem
Gewissen entscheiden, was er vor Gott tun oder nicht tun kann. Es ist eine Sache, die jeder einzelne persönlich
entscheiden muß (Gal. 6:5). Das Rechtskomitee der Versammlung würde keine disziplinarischen Maßnahmen
ergreifen, wenn sich jemand ein Organ einpflanzen läßt.
w90 1. 12. S. 30 Fragen von Lesern
Fragen von Lesern
■ Könnte ein Christ in eine Knochenmarktransplantation einwilligen, da doch das Blut im Knochenmark
gebildet wird?
Wenn Ärzte Knochenmarktransplantationen vornehmen, entnehmen sie meistens etwas Mark von einem
Spender (oft ein naher Angehöriger) und injizieren oder transfundieren es dann dem Erkrankten. Man hofft, daß
das Transplantationsmark die Markhöhlen des Patienten erreicht und später seine normale Funktion aufnimmt.
Dieses Verfahren wird meist nur in kritischen Fällen (wie bei aplastischer Anämie oder akuter Leukämie) in
Erwägung gezogen, da die Risiken der Vor- und Nachbehandlung eines Patienten, bei dem eine
Knochenmarktransplantation vorgenommen wird, allgemein anerkannt sind.
Wie es in der Frage bereits angedeutet wird, werden die roten Blutzellen im Mark bestimmter Knochen
gebildet, z. B. in den Rippen, dem Brustbein und den Beckenknochen. Man kann daher verstehen, daß
angesichts des biblischen Gebots, sich des Blutes zu enthalten, die Frage aufkommt, ob ein Christ
Spendermark annehmen kann.
Die Bibel erklärt deutlich, daß Diener Gottes ‘sich des Blutes enthalten’ müssen (Apostelgeschichte 15:28, 29;
5. Mose 12:15, 16). Wird in der Heiligen Schrift aber nicht Knochenmark wie Blut eingestuft, zumal die roten
Zellen aus dem roten Knochenmark stammen? Nein. Die Bibel spricht von dem Knochenmark der Tiere
genauso wie über irgendeine andere Art Fleisch, das man essen kann. In Jesaja 25:6 heißt es, daß Gott ein
55
10. Transplantation von Organen oder Knochenmark
Festmahl von „Gerichten, reich an Öl, mit Mark gefüllt“, für sein Volk bereitet. Durch das herkömmliche
Schlachten und Ausbluten verlassen nie alle Blutzellen das Mark. Doch wenn ein totes Tier einmal ausgeblutet
ist, kann alles Gewebe, das Mark inbegriffen, gegessen werden.
Selbstverständlich stammt das Mark, das bei Transplantationen verwendet wird, von lebenden Spendern, und
entnommenes Mark kann etwas Blut enthalten. Daher liegt es im Ermessen des Christen, ob das
Knochenmarktransplantat — für ihn — nichts anderes als Fleisch ist oder aber nichtausgeblutetes Gewebe.
Darüber hinaus sollten die Gesichtspunkte der Heiligen Schrift in bezug auf die Verpflanzung menschlicher
Organe berücksichtigt werden, denn Markverpflanzung ist nun einmal eine Art von Transplantation. Siehe
„Fragen von Lesern“ im Wachtturm vom 15. Juni 1980. Dr. D. E. Thomas bemerkt schließlich in dem Werk
Harrison’s Principles of Internal Medicine (1981, Seite 138), daß „praktisch alle Empfänger von
Marktransplantaten Blutplättchentransfusionen benötigen“ und daß vielen „Erythrozytenkonzentrate“ infundiert
werden. Daher sollte sich ein Christ überlegen, mit welchen zusätzlichen Problemen er rechnen müßte, wenn er
sich einer Marktransplantation unterzieht (Sprüche 22:3).
Obwohl in dieser Angelegenheit eine persönliche Entscheidung getroffen werden muß, ist die Stellungnahme
der Bibel zu Blut und Knochenmark sicher dem einzelnen eine Entscheidungshilfe.
56
11. Krankenhaus, Kommunikation zwischen Arzt und Patient
11.
Krankenhaus, Kommunikation zwischen Arzt und
Patient
g91 8. 3. S. 3-8 Krankenhäuser und du als Patient
Krankenhäuser und du als Patient
„Als ich zum erstenmal ins Krankenhaus kam, war mir plötzlich zumute, als hätte ich die Kontrolle über mein
Leben verloren, als sei ich eine Nummer“ (Marie G.).
„Ich erinnere mich, daß ich mich bei meinem ersten Krankenhausaufenthalt äußerst schutzlos fühlte“ (Paula
L.).
HAST du je im Krankenhaus gelegen und ähnlich empfunden wie oben beschrieben? Wie dem auch sei, du
wirst zugeben, daß die meisten Leute wenig Gedanken darauf verwenden, einmal ins Krankenhaus zu
kommen. Doch eines Tages kann es dich treffen. Laut Berichten wurde 1987 in den Vereinigten Staaten jeder
siebte ins Krankenhaus eingewiesen. Die statistischen Angaben sind von Land zu Land verschieden. Aber wie
kannst du als besonnener Mensch dich für einen solchen Fall vorbereiten?
„Die wichtigste Einzelmaßnahme zum Schutz der Gesundheit besteht darin, sich zu vergewissern, ob ein
Krankenhausaufenthalt notwendig ist“, erklärte Dr. Sidney Wolfe, Leiter der Forschungsgruppe für die
Gesundheit der Bürger. Ganz gleich, wo du lebst, du bist im Krankheitsfall berechtigt und verpflichtet, dich über
deine gesundheitlichen Beschwerden informieren zu lassen. Oft kann dir dein Hausarzt zufriedenstellende
Auskünfte geben.
Bleiben jedoch Fragen offen, dann ist das Einholen einer unabhängigen zweiten Meinung empfehlenswert. In
manchen Ländern verlangen die Krankenversicherungen dies sogar, ehe sie die Kosten für bestimmte größere
Operationen übernehmen. Auch kommt es vor, daß eine dritte Meinung eingeholt wird, um unterschiedliche
Auffassungen über Diagnose und Behandlung zu klären. Doch ungeachtet, ob es eine, zwei oder mehr
Meinungen gibt, ein kluger Patient überlegt sich in Ruhe, wie notwendig und ratsam die vorgeschlagene
Behandlung ist.
Notaufnahmen
In einem Notfall hat der Patient allerdings meist nicht die Zeit, sich verschiedene medizinische Empfehlungen
einzuholen. Er ist bei der Einlieferung ins Krankenhaus vielleicht sogar bewußtlos und somit unfähig, zu
sprechen oder zu schreiben. Mitunter müssen die Ärzte sofort handeln, noch bevor Verwandte ausfindig
gemacht werden können, um die Wünsche des Patienten festzustellen. Solche Situationen verdeutlichen,
warum Vorausplanung von größter Wichtigkeit ist.31
Bei Zeugen Jehovas schließt das ein, jederzeit ein vollständig ausgefülltes und beglaubigtes „Dokument zur
ärztlichen Versorgung“ bei sich zu haben. Auf dieser Karte bringen sie im voraus ihre Wünsche bezüglich ihrer
medizinischen Versorgung zum Ausdruck und geben wichtige Informationen, so daß das Krankenhaus mit
Verwandten oder anderen Verbindung aufnehmen kann, die ihre Wünsche kennen. Diese wichtige Karte kann
zwar nicht alle möglichen Situationen abdecken, doch sie dient als rechtliches Dokument, das für den Patienten
spricht, wenn er dazu nicht in der Lage ist.
Es ist auch eine große Hilfe, wenn in einem Notfall ein Verwandter oder ein guter Freund, der mit deinen
medizinischen Wünschen und deiner Überzeugung vertraut ist, zu deiner Unterstützung ins Krankenhaus
kommen kann. Ob das unverzüglich möglich ist oder nicht, ein gültiges „Dokument zur ärztlichen Versorgung“
kann eines Tages dafür ausschlaggebend sein, daß deine Rechte geschützt werden.
Selbst wer kein getaufter Prediger der Zeugen Jehovas ist und daher dieses Dokument nicht besitzt, kann eine
ähnliche schriftliche Erklärung aufsetzen (vorzugsweise maschinegeschrieben). Sie sollte seine Wünsche
bezüglich einer medizinischen Behandlung sowie irgendwelche Einschränkungen erläutern und angeben, wer
im Notfall benachrichtigt werden sollte.
Ausfüllen von Formularen und Erklärungen
Die Rechte des Patienten sind von Land zu Land sehr unterschiedlich. (Siehe Kasten, Seite 7.) In einigen
Ländern sind diese Rechte in den letzten Jahren beträchtlich erweitert worden, und zwar dahin gehend, daß ein
Arzt ohne die — meist schriftliche — Einwilligung des Patienten keine Behandlung vornehmen darf. Deshalb
haben Krankenhäuser ihre eigenen Formulare, die der Patient unterschreiben soll. Wenn das in deinem Land
der Fall ist, werden dir folgende Anregungen helfen.
Du solltest alle Formulare sorgfältig durchlesen, ehe du sie unterschreibst, denn deine Unterschrift bedeutet
deine Zustimmung oder Einwilligung zu allem, was darauf steht. Laß dich von niemandem drängen, einen
Krankenhausaufnahmeantrag oder eine Einverständniserklärung zu unterschreiben, bevor du das Formular
sorgfältig gelesen hast. Falls du mit einem Abschnitt des Standardformulars nicht einverstanden bist, dann
31 Vor langer Zeit machte ein Bibelschreiber folgende inspirierte Aussage, die den Wert der Vorausplanung hervorhebt: „Der Kluge sieht
die Gefahr und bringt sich in Sicherheit, doch die Einfältigen gehen weiter und büßen es“ (Sprüche 22:3, New International Version).
57
11. Krankenhaus, Kommunikation zwischen Arzt und Patient
streiche ihn durch. Selbst wenn man dir sagt, daß es das Formular des Krankenhauses sei und nicht verändert
werden dürfe, so kommt doch ein rechtsverbindlicher Vertrag zustande, und man kann nicht von dir verlangen,
daß du etwas unterschreibst, womit du nicht einverstanden bist. Du möchtest zwar nicht unvernünftig wirken,
aber es ist wichtig, in dieser Angelegenheit keine Kompromisse zu machen — du hast das Recht, deine
Einwilligung zu irgendeinem Abschnitt des Formulars zu verweigern.
Besonders was eine Operation oder die Verwendung von Blut angeht, solltest du jeden Abschnitt eingehend
prüfen. Einige Zeugen Jehovas waren schockiert über das, was sie auf einem Krankenhausformular lasen, das
angeblich extra für sie abgefaßt worden war. Am Anfang hieß es zwar, die Wünsche des Patienten in bezug auf
Blut würden respektiert werden, in einem der nachfolgenden Abschnitte wurde jedoch etwa folgendes gesagt:
„In einem Notfall oder wenn der Arzt es für erforderlich ansieht, behält er sich das Recht vor, Blut zu
übertragen.“ Da Gottes Wort Christen gebietet, sich von Blut zu enthalten, ist es eine gute Gewohnheit, auf alle
Formulare, die dir gebracht werden, „Keine Bluttransfusion!“ zu schreiben (Apostelgeschichte 15:28, 29).
Dadurch wird dem gesamten medizinischen Personal dein Standpunkt vor Augen geführt. Tatsache ist, daß
immer mehr Patienten Blut ablehnen, weil sie nicht das Risiko eingehen möchten, sich Hepatitis, Aids oder
andere tödliche Krankheiten zuzuziehen.32
In manchen Ländern haben Patienten weniger Rechte als bisher beschrieben. Das Wort des Arztes ist dort
Gesetz, und die Patienten sind ihm mehr oder weniger ausgeliefert. Ein westlicher Arzt sagte nach einem
Besuch in einem afrikanischen Staat: „Ich war nicht auf die Art und Weise vorbereitet, wie Ärzte und Patienten
miteinander umgingen . . . Die Patienten sagten nie etwas, es sei denn, sie wurden angesprochen. Sie
zweifelten nicht an ihren Ärzten.“ Obwohl ein solcher Brauch die Situation für den Patienten erschwert, würde
ein weiser Christ — respektvoll, aber bestimmt — darauf bestehen, daß sein grundlegendes Recht auf
Unversehrtheit des Körpers sowie sein Mitspracherecht in Fragen seiner Gesundheit respektiert werden.
Mit medizinischem Personal sprechen
Dein Arzt sollte deine Interessen vertreten und dich mit Informationen versorgen. Deshalb hängt viel davon ab,
wie sorgfältig du deinen Arzt ausgesucht hast. Ein Autor schrieb: „Man muß sich darüber im klaren sein, daß
Ärzte Menschen sind wie du und ich. Sie weisen dieselbe Palette von Gut und Böse auf wie alle anderen
Menschen auch. Die meisten Ärzte wollen für ihre Patienten das Beste, aber manche haben ihr Denken dahin
gehend formen lassen, daß sie sich berechtigt fühlen, für den Patienten Entscheidungen zu treffen. Wenn die
Auffassung oder die Persönlichkeit eines Arztes mit der des Patienten unvereinbar ist, sollte er sich einen
anderen Arzt suchen.“
Laß dir deine Fragen ausführlich und zufriedenstellend beantworten, ehe du in irgendeine Behandlung
einwilligst. (Siehe Kasten, Seite 8.) Schäme dich nicht, nachzufragen, wenn du etwas nicht verstehst. Bitte um
Erklärungen in einer für Laien verständlichen Sprache. Es wäre außerdem taktvoll, wenn du im Verlauf des
Gesprächs mit dem Arzt deine aufrichtige Dankbarkeit für sein Verständnis gegenüber deinem auf religiöser
Überzeugung beruhenden Standpunkt zum Ausdruck brächtest.
Bemühe dich um ein gutes Verhältnis zum Krankenhauspersonal einschließlich der Krankenschwestern, da sie
bei deiner Betreuung und Genesung eine große Hilfe sein können und sollten. Vergewissere dich, daß die
Medikamente und Injektionen, die sie dir geben wollen, wirklich für dich sind. Das ist vernünftig, denn trotz der
besten Absichten kann jemandem ein Fehler unterlaufen.
Die Mitarbeiter des Krankenhauses werden wahrscheinlich einen sehr beschäftigten Eindruck machen, doch
darf man nicht vergessen, daß die meisten diese Art Beruf gewählt haben, weil sie an Menschen interessiert
sind und gern helfen. Du kannst mit ihnen zusammenarbeiten, indem du dich bemühst, deine Belange klar
darzulegen. Keine Krankenschwester (oder jemand anders vom medizinischen Personal) hat das Recht, dir
gegenüber ausfallend zu werden, etwa mit den Worten: „Wenn Sie diese Behandlung nicht akzeptieren, werden
Sie sterben.“ Berichte solche Vorkommnisse dem leitenden Arzt sowie Verwandten oder einem Vertreter deiner
Glaubensgemeinschaft; sie können vielleicht für dich eintreten.
Wenn ein Problem entsteht
Es kommt vor, daß Patienten trotz der Beachtung all dieser Punkte in einen ernsten Konflikt mit der
medizinischen Einrichtung geraten. Das tritt zwar selten ein, doch was solltest du tun, wenn du dich plötzlich in
einer solchen Lage befindest?
Erstens: Gerate nicht in Panik. Die Situation ist meist für alle Beteiligten schwierig, und die Gemüter erhitzen
sich leicht. Es ist also von großem Wert, wenn du ruhig, vernünftig und respektvoll bleibst. Zweitens: Mache
Gebrauch von allen Möglichkeiten, die du hast. Das Krankenhaus hat vielleicht einen Patientensprecher, an den
du dich um Hilfe wenden kannst.
Jehovas Zeugen erachten es als wichtig, mit ihren Versammlungsältesten Verbindung aufzunehmen. Diese
erfahrenen Ratgeber können sogar helfen, ein kooperatives Krankenhaus ausfindig zu machen, falls die Lage
so ernst ist, daß eine Verlegung erforderlich ist.33 Wahre Christen vertrauen auch darauf, daß Jehova Gott
ihnen Kraft gibt. In schwierigen Situationen gibt es oft keine Patentlösung, und wir wissen nicht genau, wohin wir
32 Siehe Wie kann Blut dein Leben retten? (1990), herausgegeben von der Wachtturm-Gesellschaft.
33 Wie in dem Artikel auf Seite 12 erklärt, haben Jehovas Zeugen wertvolle Hilfen bei gesundheitlichen Beschwerden und für den Umgang
mit medizinischem Personal.
58
11. Krankenhaus, Kommunikation zwischen Arzt und Patient
uns wenden sollen. Viele haben festgestellt, daß das Gebet zu Gott, nachdem alles menschenmögliche
unternommen worden ist, nicht nur Trost bringt, sondern auch unvorhergesehene Lösungen (1. Korinther 10:13;
Philipper 4:6, 7).
Hoffentlich wirst du nie ein solches Problem haben, aber es ist gut vorauszuplanen. Bedenke auch, daß man
während deines Krankenhausaufenthalts gewisse Dinge von dir erwartet. Das Krankenhaus ist ein geeigneter
Ort für das Bekunden christlicher Eigenschaften wie Geduld, Dankbarkeit für Gefälligkeiten und besonders
Wertschätzung für diejenigen, die dir helfen. Ein kurzer Dankbrief an das medizinische Personal oder sogar ein
kleines Geschenk als Ausdruck der Wertschätzung hinterläßt einen bleibenden Eindruck. Der
Krankenhausaufenthalt bietet dir die Gelegenheit, durch dein vorbildliches Verhalten ein Zeugnis zu geben,
wodurch du zu dem guten Ruf beiträgst, den wahre Christen als Patienten genießen (1. Petrus 2:12).
[Kasten auf Seite 5]
Falls du ins Krankenhaus kommst
Worauf du achten solltest:
1. Führe ein gültiges „Dokument zur ärztlichen Versorgung“ oder eine schriftliche, unterzeichnete Erklärung
deiner Wünsche mit dir.
2. Wähle deinen Arzt sorgfältig aus.
3. Vergewissere dich, daß die Krankenhauseinweisung notwendig ist.
4. Lies den Krankenhausaufnahmeantrag gründlich durch, und fülle ihn sorgfältig aus. Gib dich, sofern du ein
Zeuge Jehovas bist, gleich als solcher zu erkennen.
5. Nimm nur die notwendigsten persönlichen Sachen mit, wie zum Beispiel Bademantel, Waschzeug und
Lesestoff.
6. Nimm keinen Schmuck mit, möglichst wenige elektrische Geräte und kein unnötiges Geld.
[Kasten auf Seite 7]
Rechte des Patienten
Ein Patient, der in ein Krankenhaus eingewiesen wird, braucht sich nicht durch die Umgebung einschüchtern
zu lassen oder sich als unbedeutendes Etwas zu fühlen. Er hat Rechte, die die meisten Krankenhäuser und ihr
Personal gern respektieren. Die folgende Kurzfassung von zehn Rechten stützt sich auf eine Liste aus dem
Buch How to Stay Out Of the Hospital von Lila L. Anastas.34
Der Patient hat das Recht auf . . .
1. rücksichtsvolle und respektvolle Behandlung durch qualifiziertes Personal.
2. vollständige und laufende Informationen von seiten des Arztes über Diagnose, Behandlung und Prognose in
einer ihm verständlichen Sprache.
3. hinreichende Aufklärung durch den Arzt vor der Einwilligung in ein Verfahren und/oder eine Behandlung.
Sofern es aus medizinischer Sicht bedeutsame Alternativen gibt, hat der Patient das Recht, dies zu erfahren.
4. Ablehnung einer Behandlung, soweit es das Gesetz erlaubt.
5. Wahrung seiner Privatsphäre bezüglich seiner Behandlung.
6. Vertraulichkeit hinsichtlich aller Mitteilungen und Unterlagen in Verbindung mit seiner Behandlung.
7. angemessene Beachtung seiner Bitten um gewisse Dienste (innerhalb der Möglichkeiten des
Krankenhauses) oder um die Verlegung in eine andere Einrichtung, sofern aus medizinischer Sicht zulässig.
8. Informationen über irgendwelche Verbindungen des Krankenhauses zu anderen Institutionen des
Gesundheitswesens oder zu Ausbildungseinrichtungen, was seine Behandlung anbelangt.
9. Benachrichtigung, falls das Krankenhaus bei seiner Behandlung ein Experiment vorhat.
10. angemessene Kontinuität der Behandlung und rechtzeitige Benachrichtigung, welche Ärzte wo zur
Verfügung stehen.
[Kasten auf Seite 8]
Patientenschutz und Patientenmitwirkung
„Ebenso, wie kein Angeklagter ohne Rechtsanwalt vor Gericht erscheinen sollte, so sollte kein Patient ein
Großstadtkrankenhaus betreten ohne einen Angehörigen oder guten Bekannten, der sich seiner Interessen
annimmt und wenn nötig für ihn spricht“ (June Bingham, The Washington Post, 12. August 1990).
„Seit alters ist der Gedanke der Mitwirkung des Patienten bei medizinischen Entscheidungen dem Denken und
der Praxis der Ärzte fremd. Und Patienten haben die bittere Erfahrung gemacht, daß sie sich durch das Stellen
zu vieler forschender Fragen von uns entfremden, da wir ihnen solche Fragen nur allzuoft übelnehmen.
Doch der Gedanke, daß wir wissen, was im Interesse unserer Patienten ist, und daher zu ihren Gunsten
handeln können, ohne uns befragen zu lassen, ist so offenkundig falsch, daß man nur über den Eifer staunen
kann, mit dem diese Vorstellung verfochten wird. . . .
34 Das Buch The Rights of Patients—The Basic ACLU Guide to Patient Rights führt in einer ähnlichen Liste 25 Rechte des Patienten auf.
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11. Krankenhaus, Kommunikation zwischen Arzt und Patient
Wir können Patienten widersprechen, mit ihnen streiten oder bittend auf sie einreden, aber bei alledem muß
uns ihr Wohl am Herzen liegen. Letztlich müssen wir das respektieren, was die Patienten von uns wünschen
oder nicht wünschen“ (Dr. Jay Katz, Psychiater, Professor an der Yale-Universität, The Medical Post, Kanada).
„Patienten sind keine Kinder und Ärzte keine Eltern. . . . So seltsam es anmutet, man muß Medizinstudenten
und Ärzte daran erinnern, daß auch Patienten Erwartungen an Ärzte stellen, . . . daß man ihnen vertraut und
daß auch sie Vertrauen haben können, daß man ihnen Selbständigkeit zugesteht und nicht ihre Abhängigkeit
ausnutzt, daß man mit ihnen spricht und ihnen zuhört, daß man sie als gleichgestellt behandelt und nicht über
sie bestimmt, daß man ihre Lebensweise respektiert und daß man sie ihr Leben auf ihre selbstgewollte Art und
Weise leben läßt“ (The Silent World of Doctor and Patient von Dr. Jay Katz).
„Unsere Aufgabe beginnt bei unserer Begegnung mit dem Patienten. Rund 4 Millionen Interaktionen am Tag
geben uns amerikanischen Ärzten die Gelegenheit, nicht nur unsere Tüchtigkeit zu zeigen, sondern auch
unsere echte Anteilnahme und unser Interesse, ja unsere Hingabe an jeden einzelnen Patienten, den wir
behandeln“ (Dr. James E. Davis, Präsident der Medizinischen Gesellschaft Amerikas).
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12. Wie energisch sollte sich ein Christ einer gerichtlich angeordneten oder genehmigten Bluttransfusion widersetzen?
12.
Wie energisch sollte sich ein Christ einer gerichtlich
angeordneten oder genehmigten Bluttransfusion widersetzen?
w91 15. 6. S. 31 Fragen von Lesern
Fragen von Lesern
■ Wie energisch sollte sich ein Christ einer gerichtlich angeordneten oder genehmigten Bluttransfusion
widersetzen?
Jede Situation ist sozusagen einmalig, weshalb es keine Regel gibt, die alles berücksichtigen würde. Christen
sind dafür bekannt, daß sie ‘Cäsars Dinge Cäsar zurückzahlen’, indem sie den Gesetzen des Staates
gehorchen. Doch sie wissen, daß ihre vorrangige Verpflichtung darin besteht, ‘Gottes Dinge Gott’ zu geben und
sein Gesetz nicht zu übertreten (Markus 12:17).
In Römer 13:1-7 wird das Verhältnis des Christen zum Staat, zu den „obrigkeitlichen Gewalten“, behandelt.
Regierungen haben die Befugnis, Gesetze oder Verordnungen zu erlassen, was gewöhnlich in der Absicht
geschieht, das Allgemeinwohl der Bevölkerung zu fördern. Eine Regierung „trägt das Schwert“ zur
Durchsetzung ihrer Gesetze und „zur Kundgabe des Zorns an dem, der [gemäß ihren Gesetzen] Schlechtes
treibt“. Da Christen den obrigkeitlichen Gewalten untertan sind, möchten sie Gesetze und Gerichtsentscheide
befolgen, doch sollte es sich dabei um eine relative Unterordnung handeln. Wird ein Christ aufgefordert, sich
mit etwas einverstanden zu erklären, was eine Verletzung des Gesetzes Gottes — eines höheren Gesetzes —
darstellen würde, so wäre das göttliche Gesetz vorrangig; es hätte Priorität.
Einige der heute gültigen Gesetze, die im Grunde genommen gut sind, mögen dazu mißbraucht werden, einem
Christen eine Bluttransfusion aufzuzwingen. In einem solchen Fall sollten Christen denselben Standpunkt
einnehmen wie der Apostel Petrus: „Wir müssen Gott, dem Herrscher, mehr gehorchen als den Menschen“
(Apostelgeschichte 5:29).
Jehova gebot dem Volk Israel: „Sei nur fest entschlossen, nicht das Blut zu essen, denn das Blut ist die Seele,
und du sollst nicht die Seele mit dem Fleisch essen“ (5. Mose 12:23). Eine jüdische Übersetzung von 1920
lautet: „Nur bleibe fest, das Blut nicht zu essen.“ In der Übersetzung von Zunz heißt es: „Nur halte fest darauf,
daß du nicht das Blut issest.“ Klingt das so, als ob Gottes Diener nachlässig oder passiv sein könnten, wenn es
darum geht, das göttliche Gesetz hochzuhalten?
Mit gutem Grund waren Christen absolut entschlossen, Gott zu gehorchen, auch wenn ihnen die Regierung
eine gegenteilige Anweisung erteilte. Professor Robert L. Wilken schreibt: „Christen verweigerten nicht nur den
[römischen] Militärdienst, sondern übernahmen auch kein öffentliches Amt noch irgendwelche Verantwortung in
der städtischen Verwaltung“ (The Christians as the Romans Saw Them). Die Weigerung konnte bedeuten, als
Gesetzesbrecher gebrandmarkt oder in die römische Arena geschickt zu werden.
Auch heute müssen Christen standhaft sein, fest entschlossen, das göttliche Gesetz nicht zu übertreten, selbst
wenn ihnen dadurch von seiten des Staates Gefahr droht. Das höchste Gesetz im Universum, das Gesetz
Gottes, verlangt von ihnen, Blutmißbrauch zu vermeiden, genauso wie ihnen geboten wird, nicht Hurerei
(geschlechtliche Unmoral) zu begehen. Die Bibel bezeichnet diese Verbote als „notwendige Dinge“
(Apostelgeschichte 15:19-21, 28, 29). Das göttliche Gesetz sollte man nicht leichtnehmen, so, als handle es
sich um etwas, was man nur dann befolgt, wenn es einem paßt oder wenn es keine Schwierigkeit darstellt. Dem
Gesetz Gottes muß man gehorchen.
Wir können daher verstehen, warum die auf Seite 17 erwähnte junge Christin vor Gericht erklärte, sie betrachte
eine Transfusion als eine Körperverletzung, und warum sie eine solche Maßnahme mit einer Vergewaltigung
verglich. Würde sich eine Christin, ob jung oder alt, passiv einer Vergewaltigung fügen, oder würde sie sich
nicht selbst dann dagegen wehren, wenn Hurerei durch Vergewaltigung gerichtlich angeordnet worden wäre?
Auch die auf derselben Seite erwähnte 12jährige ließ keinen Zweifel darüber aufkommen, daß sie sich mit aller
ihr zu Gebote stehenden Kraft gegen eine gerichtlich angeordnete Bluttransfusion zur Wehr setzen würde, daß
sie schreien und kämpfen und die Kanüle aus dem Arm herausreißen und versuchen würde, die Blutkonserve
über ihrem Bett unbrauchbar zu machen. Sie war fest entschlossen, dem göttlichen Gesetz zu gehorchen.
Jesus verließ ein bestimmtes Gebiet, als ihn eine Volksmenge zum König machen wollte. Desgleichen würde
es ein Christ, falls es aller Wahrscheinlichkeit nach zu einer gerichtlich angeordneten Transfusion kommt, so
einrichten, daß er für eine derartige Übertretung des Gesetzes Gottes nicht erreichbar wäre (Matthäus 10:16;
Johannes 6:15). Gleichzeitig sollte er vernünftigerweise nach einer alternativen medizinischen Behandlung
Ausschau halten und so wirklich bemüht sein, sein Leben zu erhalten und sich wieder völlig zu erholen.
Wenn sich ein Christ äußerst energisch bemüht, Gottes Gesetz über das Blut nicht zu übertreten, könnte es
sein, daß er von der Obrigkeit als Gesetzesbrecher betrachtet oder strafrechtlich verfolgt wird. Sofern es zu
einer Bestrafung käme, könnte der Christ die Sache so ansehen, als leide er um der Gerechtigkeit willen.
(Vergleiche 1. Petrus 2:18-20.) In den meisten Fällen jedoch konnten Christen Bluttransfusionen vermeiden und
erholten sich nach einer fachgerechten Behandlung, so daß sich langfristig keine rechtlichen Probleme
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12. Wie energisch sollte sich ein Christ einer gerichtlich angeordneten oder genehmigten Bluttransfusion widersetzen?
ergaben. Und was am wichtigsten ist: Sie haben gegenüber Gott, ihrem Lebengeber und Richter, die Lauterkeit
bewahrt.
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