Xxx xxx cand. med. vet. 11. Semester Krankenbericht im Rahmen des 3. Abschnittes der tierärztlichen Prüfung über einen Patienten der Pferdeabteilung der Medizinischen Gerichtlichen Veterinärklinik 1 der Justus-LiebigUniversität in Gießen. Die Untersuchung des Fohlens „X“ findet am 17.12.2002 zwischen 9.00 und 10.15 Uhr in der Pferdeabteilung statt. Der Besitzer des Tieres ist Frau X aus Y. I. Anamnese Das Fohlen zeigt laut Besitzer seit zwei Monaten serösen Nasenausfluß. Es wurde daraufhin mit Antibiotika behandelt. Auf eine Verschlechterung hin wurden 3 Wochen zusätzlich Ventipulmin verabreicht. Vor zwei Wochen wurde das Fohlen in der Klinik vorgestellt. Es erhielt die letzten 7 Tage keine Antibiose. Die Temperatur schwankte immer zwischen 38 und 39 °C. Das Fohlen trinkt gut, und setzt geformten Kot ab. Es zeigt ab und zu einen feuchten Husten. Die Mutterstute ist 2 mal während der Trächtigkeit gegen EHV geimpft worden. Ansonsten ist sie regelmäßig geimpft (Tetanus, Tollwut, Influenza und EHV) und entwurmt worden. Die Stute zeigte schon öfter Nasenausfluß. Sie wurde aber dahingehend nicht behandelt. Die Geburt verlief ohne Komplikationen. Die Stute wird mit dem Fohlen in einer Box gehalten und hat tagsüber Auslauf auf der Weide. Die Stute wird mit Heu, Quetschhafer und Pellets gefüttert. II. Signalement Es handelt sich um ein halbjähriges Warmblutfohlen, eine dunkelbraune Stute mit einer Größe von ca. 120 cm. Sie hat einen stichelhaarigen Stern auf der Stirn und hellbraune Ringe um die Augen. Vorne ist die linke Fessel weiß und die rechte unregelmäßig weiß. Hinten sind beide Fesseln halbweiß. III. Klinische Untersuchung (Status praesens) A) Allgemeine Untersuchung Die Körperhaltung ist aufrecht Der Patient verhält sich aufmerksam und ist sehr neugierig, sein Ernährungszustand ist gut, der Entwicklungszustand entspricht dem Alter. Das Tier ist gut gepflegt, sein geschätztes Gewicht beträgt ca. 150 kg. Die Atemfrequenz liegt bei 46 Zügen pro Minute. Die Atmung ist pumpend und abdominal betont. Der Rhythmus ist regelmäßig und gleichmäßig. Die Pulsfrequenz beträgt 72 pro Minute. Die Körperinnentemperatur ist 38,2 °C. B) Zusätzliche Allgemeinuntersuchung Die Hautfalte an der lateralen Halsseite verstreicht gleich. Die Körperoberflächentemperatur ist gleichmäßig verteilt und nimmt zu den Akren hin ab. Die Schleimhäute sind rosarot bis rötlich, in der Nasenhöhle leicht bläulich (Plexus vascularis), feucht, glatt, glänzend und ohne Auflagerungen bis auf die Nasenschleimhaut, auf der sich seröse Auflagerungen befinden. Die kapilläre Rückfüllzeit liegt unter zwei Sekunden. 2 Die Lnn. mandibulares sind als mehrere erbsengroße Gebilde von gummiartiger Konsistenz zu fühlen, die frei beweglich und nicht vermehrt warm oder schmerzempfindlich sind. Die Lnn. retropharyngeales medd., parotidei und cervicales superficiales sind nicht tastbar. C) Spezielle klinische Untersuchung Haarkleid und Haut Das Haarkleid ist lang (Winterfell), geschlossen, anliegend und glänzend. Fettgehalt, Feuchtigkeit und Geruch sind ohne besonderen Befund. Die Haare sind nicht vermehrt ausziehbar. Die Haut ist pigmentiert und von normaler Dicke und Elastizität und etwas schuppig. An beiden Halsseiten befinden sich ca. handgroße geschorene Stellen mit Knoten in der Haut und Krusten.. Es sind keine Parasiten zu finden, und momentan ist kein Juckreiz feststellbar. Zirkulationsapparat Die Pulsfrequenz liegt bei 72 Schlägen pro Minute. Der Puls ist kräftig, regelmäßig und gleichmäßig. Die Arteria linguofacialis ist 0,5 cm dick, gut gefüllt und gut gespannt. Der Füllungszustand der Vv. jugulares ist gut, beide lassen sich gut anstauen. Das Blut fließt dannach sofort wieder ab. Der Venenpuls ist physiologisch. Die Episkleralgefäße sind gut gefüllt und konturiert. Es sind keine Ödeme feststellbar. Das Herzperkussionsfeld ist links handtellergroß und rechts etwas kleiner. Die Herzauskultation ergibt eine Frequenz von 72 Schlägen pro Minute. Das Herz schlägt kräftig, regelmäßig und gleichmäßig. Es sind keine Nebengeräusche vorhanden. Respirationsapparat Die Atemfrequenz liegt bei 46 Zügen pro Minute. Der Atemtyp ist costoabdominal mit abdominaler Betonung und pumpend. Der Atemrhythmus ist regelmäßig und gleichmäßig. Die Nüstern sind symmetrisch, sie bewegen sich mit der In- und Exspration. Die Ausatemluft ist gleichmäßig, warm und geruchlos. Es ist ein geringgradiger beidseitiger seröser Nasenausfluß vorhanden. Die Nasenschleimhaut ist rötlich, feucht, glatt glänzend und mit serösen Auflagerungen. In- und exspiratorisch ist ein leichtes Schniefen zu hören Die Nase ist symmetrisch. Der Perkussionsschall ist tympanisch. Der Luftsack ist nicht vermehrt gefüllt oder schmerzhaft. Kehlkopf, Luftröhre u. Schilddrüse weisen adspektorisch und palpatorisch keine Veränderungen auf. Es ist kein Husten auslösbar. Der Brustkorb ist symmetrisch und ohne Deformierungen. Die Lungenperkussion ergibt einen vollen Lungenschall an den physiologischen Grenzen 17/14/11. Bei der Lungenauskultation ist in der cranioventralen Lungengegend ein mittegradiges in- und exspiratorisch verschärftes laryngotracheales Atemgeräusch und im doralen Lungebereich ein geringgradig verschärftes in- und exspiratorisch bronchobronchuläres Atemgeräusch zu hören Digestitionsapparat Die Futter- und Tränkeaufnahme ist während der Untersuchung gut. Das Futter kann gut gekaut und abgeschluckt werden. Die Maulschleimhaut, Zunge, und Schlund sind unauffällig. Die Milchschneidezähne (i1,i2,i3) sind sowohl im Unterkiefer als auch im Oberkiefer vorhanden. Bei der Palpation des Oesophagus sind keine Umfangsvermehrungen oder Verhärtungen festzustellen. Das Abdomen zeigt keine Umfangsvermehrung und keine vermehrte Spannung auf. Bei der Auskultation ist in allen vier Quadranten eine physiologische Darmperistaltik zu hören. Der Afterbereich ist nicht verschmutzt. Das Pferd setzt während der Untersuchung keinen Kot ab. Harnapparat/Geschlechtapparat Harnabsatz ist während der Untersuchung nicht zu beobachten. Adspektorisch und palpatorisch erscheint da äußere Genitale unauffällig. 3 Nervensystem und Sinnesorgane Das Fohlen ist sehr aufmerksam und neugierig.. Es sind keine Veränderungen in Verhalten und Motorik feststellbar. Die Oberflächen- wie auch Tiefensensibilität sind erhalten. Lid-, Pupillar-, Ohr-, Anal- und Drohreflex fallen normalreflektorisch aus. Das Fohlen reagiert sowohl auf akustische , wie auch auf optische Reize. Die Pupillengröße ist physiologisch, beide Pupillen sind gleich groß. Es sind keine pathologischen Veränderungen am Auge, wie vermehrter Tränenfluß oder Corneatrübung, feststellbar. Bewegungsapparat Das Fohlen belastet alle vier Gliedmaßen gleichmäßig. Sowohl in Ruhe als auch in Bewegung ist keine Beeinträchtigung im Sinne einer Lahmheit zu erkennen. Weder Gliedmaßen noch Gelenke sind vermehrt warm. D) ergänzende Untersuchung a) arterielle Blutgasanalyse b) Röntgen (ventral können Verschattungen zu sehen sein) c) Bronchoalveoläre Lavage, Trachealspülprobe und Resistenztest E) Diagnose Fohlenbronchopneumonie F) Differentialdiagnosen Atelektase Tumor Druse Rotz Equine Virusarteritis I) Prognose Die Prognose ist gut. Die Behandlungsmaßnahmen müssen allerdings über mehrere Monate durchgeführt werden, und der Erfolg sollte regelmäßig anhand einer arteriellen Blutgasanalyse überprüft werden. Da wegen der langen Behandlungsdauer hohe Kosten anfallen werden, sollte in Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit mit dem Besitzer gesprochen werden. J) Therapie und Prophylaxe Die viral verursachte Pneumonie kann nicht behandelt werden. Da aber häufig sekundär bakterielle Erreger anzutreffen sollte eine antibiotische Therapie nach einer Resistenztestbestimmung angestrebt werden. Das zur Resistenztestbestimmung nötige Material kann mit Hilfe einer bronchoalveolären Lavage oder mittels einer Trachealspülpobe mit 40 ml Natriumchlorid gewonnen werden. Wobei die BAL nicht bei einem akutem Prozeß durchgeführt werden sollte, da die Erreger hierdurch verbreitet werden. Als mögliche Therapie kommen solange das Ergebnis des Resistenztestes noch nicht vorliegt in Betracht: 4,4 mg/kg KM Gentamicin alle 8 Stunden, 11 mg/kg KM Ampicillin alle 6-8 Stunden, Borgal, Sulfonamide und Clenbuterol (Wartezeit 4 Wochen). Zusätzlich sollte man den Fohlen normal bewegen, aber nicht überanstrengen. Um den Heilungsprozeß zu unterstützen ist ein möglichst saubere und staubfreie Umgebung nötig. Prophylaktisch ist eine Impfung gegen EHV und Influenza anzustreben. Es liegen attenuierte EHV-1 Lebendimpfstoffe (Prevaccinol) und Vakzine mit inaktiviertem EHV-1 und 4 (Resquin) vor. Der Lebendimpfstoff ist vor allem bei einem akuten Seuchenausbruch angebracht. Ansonsten wird der inaktivierte Impfstoff bevorzuft.Die erste Impfung sollte mit 4 bis 5 Monaten erfolgen, die Nachimpfung nach 4 Wochen 4 und dann alle 6 Monate. Bis die Fohlen 4 bis 5 Monate alt sind sollten sie nicht geimpft werden, da sie noch hypoimmunkompetent sind. K) Epikrise Erkrankungen der Lunge sind bei Fohlen sehr häufig. 10 % der Fohlen sind betroffen. Besonders anfällig sind sie die ersten Tage nach der Geburt (z.B. durch Aspiration von Futter, Neonatales Distress Syndrom) und zwischen dem ersten und vierten Lebensmonat. In diesem Zeitraum nimmt die passive humorale Aktivität der aufgenommenen kolostralen Antikörper ab und die körpereigene Immunreaktion ist noch nicht vollständig ausgebildet. Außerdem spielen äußere Faktoren wie der Zeitpunkt der Geburt (schlechte Wetterlage), keine ausreichende Bewegung, zu späte Kolostrumaufnahme (sollte innerhalb von 24 Stunden aufgenommen werden), zugige und staubige Boxen und das Immundefizienzsyndrom eine gewisse Rolle. Virale Erreger, die sich im Respirationstrakt etablieren können sind Adenoviren, Influenzaviren, Equines Herpesvirus und Equine Ateritis Virus. Diese Viren sind Wegbereiter für bakterielle Erreger. Hier sind vor allem Staphylococcus aureus, Rhodococcus equi, E.coli, ß-hämolysierende Streptokokken (Streptococcus equi spp. zooepidemicus), Aktinobazillus equuli, Klepsiella spp. und Bordatella zu nennen. Auch Infektionen mit Pilzen sind möglich. Die Infektion erfolgt meist aerogen, kann aber auch über den Nabel erfolgen. Bronchopneumonien beginnen im ventralen Lungenbereich und breiten sich von hier über die Lunge aus. Influenzaviren sind sehr kontagiös, und die Infektion verläuft hochakut mit hohem Fieber und trockenem Husten. Die Pferde erholen sich meist nach ein bis zwei Wochen wieder. Die EHV-4 Infektion geht meist mit Rhinitis, Fieber, selten mit dem paralytischen Sydrom und bei Fohlen mit Bronchopneumonie einher. Die Adenoviren spielen beim Pferd eine eher untergeordnete Rolle und kommen vor allem bei Fohlen vor, deren Resistenzlage schlecht ist. Bei Araberfohlen, die mit einer schweren B- und T- Zell Immundefizienz belastet sind kommt es zu schweren und akuten Krankheitsbildern.. Diese relativ gutartig verlaufenden Virusinfektionen werden durch die oben genannten bakteriellen Sekundärerreger verkompliziert. Vor allem Infektionen mit Rodococcus equi nehmen einen schweren Verlauf, bei dem sich zusätzlich zu den respiratorischen Symptomen noch eine Colitis ulcerosa. Die Fohlen zeigen einen typisch rasselnden Stridor (Ratters). Differentialdiagnostisch kommt Druse ausgelöst durch Steptococcus equi spp. equi in Frage, wobei hier Fieber und Anschwellen der retropharyngealen Lymphknoten mit einhergehender Dysphagie im Vordergrund stehen. Auch Rotz ist in Erwägung zu ziehen. Heute nur noch vereinzelt in Osteurpa anzutreffen Der Erreger ist Burkholderia mallei. Die Pferde zeigen beim Lungenrotz allerdings eher Epistaxis und Husten mit blutigem Auswurf. Bei der Equinen Virusateritis (Arterivirus) sind außer den respiratorischen Symptomen auch Ödeme, Augenveränderungen (pink eye) und enterale Symptome zu verzeichen. Eine Atelektase findet man z.B. beim Pneumothorax (Entspannungsatelektase) oder bei raumfordernden Prozessen im Thorax (Tumoren, Flüssigkeit). Auch beim Atemnotsydrom des Fohlens findet man atelektatische Bereiche, die auf einer mangelhaften Entfaltung der Lunge beruht. Da die klinischen Befunde keinen Hinweis auf derartige Veränderungen liefern kann man sie ausschließen. Das Vorliegen eines Tumors ist sehr unwahrscheinlich, da es sich um ein sehr junges Tier handelt. Der Stridor nasalis der sowohl expiratorisch wie auch inspiratorisch zu verzeichnen ist, kann durch die geschwollenen Nasenschleimhäute entstehen, die eine Verengung des Nasenganges bewirkt. Seröser Nasenausfluß bei Fohlen kann auch physiologisch sein. (xxx xxx)