Neurologie Skript zur Vorlesung Neurologie B Wintersemester 1997/98 Einleitung Die Klausur zur Vorlesung Neurologie B ist seit langem Voraussetzung für die Zulassung zum Praktikum Neurologie C, ohne daß es hierfür einen gesonderten Schein gibt. Diesen erhält man erst nach dem dem Praktikum im folgenden Semester, und das ohne weitere Abschlußprüfung. Die Klausur besteht aus 12 Fragen, wovon 6 Fragen in Multiple-choice-Form, 6 weitere Fragen stichwortartig in freier Form zu beantworten sind. Normalerweise sind 7 von maximal 12 möglichen Punkten (d.h. ca. 60%) zum Bestehen notwendig, bei höherem Schwierigkeitsgrad wird diese Grenze möglicherweise auch nach unten korrigiert (SS 97: 6 Punkte). Bei den frei zu beantwortenden Fragen werden nicht nur ganze, sondern auch halbe und viertel Punkte vergeben. Der abgefragte Stoff richten sich nach den in der Vorlesung behandelten Themen, die in jedem Semester in gewissen Grenzen variieren. Die Fragen orientieren sich dabei teilweise recht eng an der Vorlesung, manchmal so eng, daß sie kaum anhand der gängigen Neurologiebücher (Poeck, Mumenthaler) zu beantworten sind. Nicht immer sind diese Bücher in allen Punkten auf dem neuesten Stand (v.a. was die Therapie betrifft), dieser ist aber Vorlesungsinhalt und damit Maßstab für die Klausur. Ein Besuch der Vorlesung ist also zu empfehlen. Wiederholungsfragen sind sehr selten. Dennoch lohnt sich ein Durcharbeiten der Fragensammlung, um ein Gefühl für den Fragentyp und die Schwerpunkte zu bekommen. Dieses Skript ist kein Vorlesungsskript im Sinne einer reinen Vorlesungsmitschrift. Vorlesungsaufzeichnungen waren aber, soweit verfügbar, Ausgangspunkt bei der Abfassung des Textes. Inhaltsverzeichnis Amyotrophische Lateralsklerose (ALS) Aphasie BROWN-SÉQUARD-Syndrom Chorea HUNTINGTON Dystone Syndrome Epilepsie FRIEDREICH-Ataxie Funikuläre Myelose Gesichtsschmerz Herpes-simplex-Enzephalitis Kopfschmerz LAMBERT-EATON-Syndrom Morbus WILSON Multiple Sklerose (MS) Muskeldystrophie Myasthenie Myositis Myotone Dystrophie Olivopontozerebelläre Atrophie (OPCA) PARKINSON-Syndrom Poliomyelitis Polyneuropathie (PNP) Schlaganfall Schwindel Spastische Spinalparalyse Spinale Muskelatrophie (SMA) Spinalis-anterior-Syndrom Subarachnoidalblutung (SAB) Syringomyelie Zervikale Myelopathie ANHANG Liquordiagnostik Epidemiologie Quellenangaben Amyotrophische Lateralsklerose (ALS) Amyotrophe / myatrophische Lateralsklerose, Motor Neuron Disease (MND), Morbus C HARCOT Definition Progressive degenerative Erkrankung des 1. und 2. motorischen Neurons unbekannter Ätiologie, die zu degenerativen Veränderungen motorischer Anteile des zentralen (Gyrus precentralis, motorischer Hirnnervenkerne, Pyramidenbahn, Vorderhorn) und peripheren Nervensystems (motorischer Nerv) sowie zu neurogener Muskelatrophie führt und unter dem Bild progredienter atrophischer Paresen regelmäßig einen letalen Ausgang nimmt. Formen: sporadische Form (häufigste Form) familiäre Form (5-10%) endemische Form (sog. Westpazifik-Form) symptomatische Formen Epidemiologie Inzidenz: 1-1,8 Erkrankungen / 100.000 Einwohner / Jahr Prävalenz: 5 Erkrankungen / 100.000 Einwohner Bevorzugung des männlichen Geschlechtes (Männer : Frauen = 1,2-2 : 1) Altersgipfel: 56. Lebensjahr Ätiologie weitgehend unbekannt endemische Form (Guam): gehäufte Assoziation mit präseniler Demenz und P ARKINSON-Syndrom; Slowvirus-Infektion? symptomatische Formen: paraneoplastisch, monoklonale Gammopathie, Lues spinalis, Elektrotrauma des Rückenmarks Der degenerative Prozeß bei ALS kann auf jeder Ebene des motorischen Systems (1. oder 2. motorisches Neuron) beginnen. Pathologie Atrophie von Gyrus precentralis und der motorischen Hirnnervenkerne Degeneration der Pyramidenbahn mit Verschmälerung von Medulla und Rückenmark -Motoneurone werden später und schwächer betroffen), abnorm dünne Vorderwurzeln neurogene Muskelatrophie selten: Befall nicht-motorischer Strangsysteme, degenerative Veränderungen von Stammganglien und Kleinhirn Klinik Die Symptomatik der ALS ist gekennzeichnet durch eine Kombination aus zentralen Paresen, Bulbärparalyse und spinaler Muskelatrophie; es handelt sich bei der ALS jedoch nicht um ein zufälliges Zusammentreffen dieser Symptomenkomplexe, sondern um eine eigenständige Erkrankung. Sensibilitätsstörungen gehören nicht zum Bild der ALS. Symptom spastische Paresen (v.a. der unteren Extremität), gesteigerte Eigenreflexe, pathologische Fremdreflexe (BABINSKI-Zeichen) Dysarthrie, Dysphagie, gesteigerter Masseterreflexes, Ausfall der mimischen Muskulatur, Faszikulieren schlaffe Parese, Ausfall von Eigenreflexen, Muskelatrophie, Faszikulieren Ursache zentrale Paresen (Schädigung des 1. motorischen Neurons) Bulbärparalyse (Schädigung des 2. motorischen Neurons) spinale Muskelatrophie (Schädigung des 2. motorischen Neurons) Verlauf Am Anfang der Erkrankung stehen häufig fokale atrophische Paresen der Muskulatur v.a. der oberen (40%) oder der unteren (30%) Extremität, wobei distale Gliedmaßenabschnitte bevorzugt befallen werden (typisch: Befall der kleinen Handmuskeln). Diese machen sich initial oft nur in Form einer Muskelschwäche bemerkbar, ohne daß die Atrophien selbst bemerkt werden. Der Befall ist zunächst normalerweise einseitig, beim selteneren proximalen Beginn dagegen beidseitig; ein Rumpfmuskelbefall ist selten Erstsymptom. Unabhängig von der Primärlokalisation breiten sich Schwäche und Atrophien in der Folge in benachbarte, noch intakte Muskelgruppen aus. Bei distalem Beginn an den Extremitäten folgt auf die Ausdehnung des Prozesses nach proximal ein Überspringen auf die Muskeln der kontralateralen Gliedmaße, die in analoger Reihenfolge paretisch wird, bevor schließlich auch andere Körperregionen ergriffen werden. In 25% der Fälle beginnt die Erkrankung mit Zeichen der Bulbärparalyse, wobei anfänglich insbesondere Zungen-, Pharynx- und Gaumenmuskulatur betroffen sind, meist in symmetrischer Ausprägung. Zentrale (kortikospinale) Symptome stehen zu Beginn selten im Vordergrund, sind aber obligat zum Nachweis einer ALS, v.a. zur Abgrenzung gegenüber der spinalen Muskelatrophie. So ist in nur 2% eine isolierte spastische Parese Erstsymptom der Erkrankung. Im Verlauf der Erkrankung wird allerdings bei 20% der Erkrankten eine merkliche spastische Tonuserhöhung der Muskulatur nachweisbar, 30-40% zeigen pathologische Reflexe (BABINSKI-Zeichen). Das empfindlichste Zeichen für eine zentrale Beteiligung sind gesteigerte Eigenreflexe, zunächst evtl. beschränkt auf paretische Regionen. Im Krankheitsverlauf kann ebenso eine anfängliche Abschwächung der Eigenreflexe (Schädigung des 2. Neurons) von einer Reflexsteigerung (Schädigung des 1. motorischen Neurons) abgelöst werden wie auch umgekehrt. Im Verlauf kann sich außerdem eine Pseudobulbärparalyse (= Schädigung zentraler Neurone, die die motorischen Hirnnervenkerne innervieren) einstellen, die sich durch Dysarthrie und Dysphagie bei gut erhaltener Zungentrophik und durch einen gesteigerten Masseterreflex äußern kann. In diesem Zusammenhang können sich auch Symptome wie pathologisches Lachen, Weinen oder Gähnen als Zeichen einer enthemmten motorischen Hirnstammfunktion einstellen. Je nach Progredienz tritt der Tod, meist infolge respiratorischer Insuffizienz, nach 6 Monaten bis zu 30 Jahren ein. Die durchschnittliche Krankheitsdauer beträgt ungefähr 7 Jahre. Das Auftreten der Bulbärparalyse ist ein prognostisch ungünstiges Zeichen und limitiert die Lebenserwartung auf durchschnittlich 2 Jahre. Elektrophysiologie Riesenpotentiale (> 10 mV): Folge der Bildung größerer motorischer Einheiten aufgrund der Aussprosssung -Motoneurone; charakteristisch, aber nicht pathognomonisch pathologische Spontanaktivität, Faszikulationen Elektroneurographie: geringe Reduktion der Leitgeschwindigkeit motorischer Nerven bei normaler Leitgeschwindigkeit sensibler Nerven Therapie eine kausale Therapie ist nicht bekannt Anfangsstadium: Krankengymnastik, Anabolika Lockerung der Spastik Baclofen (Lioresal®) Tizanidin (Sirdalud®) transiente Besserung der Symptomatik bei Gabe von Thyreotropin-Releasing-Hormon (TRH) oder Pyridostigminbromid (Mestinon®) Steigerung der Überlebenszeit durch Gabe des Glutamatantagonisten Riluzol (Rilutek®) bei fortgeschrittener bulbärer Symptomatik: Magensonde bei Ateminsuffizienz: Beatmung psychologische Betreuung Prognose durchschnittliche Krankheitsdauer: ca. 7 Jahre beim Eintreten bulbärer Symptome ist die Prognose infaust (Lebenserwartung: 2 Jahre) Komplikation: Entwicklung einer Aspirationspneumonie infolge Schluckstörung Aphasie Definition Zentrale Sprachstörung nach (weitgehend) abgeschlossener Sprachentwicklung als Folge einer Schädigung der Sprachregion in der sprachdominanten Hemisphäre (bei den meisten Menschen: linke Hemisphäre). Epidemiologie etwa 250.000 Schlaganfälle/Jahr Ätiologie akute Durchblutungsstörungen im Versorgungsgebiet der A. cerebri media (75-80%) Trauma, Tumor, Abszeß (20-25%) Klinik BROCA-Aphasie (bei Ischämie im vorderen Anteil des Mediastromgebietes; typischerweise mit einer Hemiparese kombiniert) verlangsamte Sprachproduktion, große Sprechanstrengung häufig Dysarthrie Prosodie oft nivelliert einfache Satzstrukturen, Funktionswörter fehlen (Agrammatismus, "Telegrammstil") eng begrenztes Vokabular oft phonematische Paraphasien selten semantische Paraphasien leicht gestörtes Sprachverständnis WERNICKE-Aphasie (bei Ischämie im hinteren Anteil des Mediastromgebietes; in der Regel ohne Hemiparese, evtl. jedoch Quadrantenanopsie; häufige Fehldiagnose: akuter Verwirrtheitszustand) flüssige Sprachproduktion ungestörte Artikulation Verdopplung und Verdrehung einzelner Satzteile (Paragrammatismus) viele phonematische Paraphasien, Neologismen bis hin zum phonematischen Jargon viele semantische Paraphasien bis hin zum semantischen Jargon Sprachverständnis stark eingeschränkt Globale Aphasie spärliche bis fehlende Sprachproduktion meist dysarthrische Artikulation Prosodie oft nivelliert nur Einzelworte, Floskeln, Sprachautomatismen grob abweichende semantische Paraphasien stark gestörtes Sprachverständnis Amnestische Aphasie oft flüssige Artikulation meist gut erhaltene Prosodie kaum gestörter Satzbau Wortfindungsstörungen mit Ersatzstrategien einige semantische Paraphasien einige phonematische Paraphasien leicht gestörtes Sprachverständnis Störung des Sprachverständnisses globale Aphasie > WERNICKE-Aphasie > BROCA-Aphasie > amnestische Aphasie Therapie viele Aphasien sind behandlungsbedürftig und einer Therapie zugänglich: zunächst stimulierende und deblockierende Methoden (Ziel: relativ intakte Fähigkeiten zur Reaktivierung gehörter Sprachleistungen heranziehen) bei stabilisiertem Krankheitszustand (nach 3-4 Wochen): störungsspezifische Therapie für 6-12 Monate (Ziel: Besserung stabilisieren, Anwendung zurückgewonnener Sprachleistungen auf nicht geübtes Material, Einbau erreichter Besserungen in soziale Situationen) BROWN-SÉQUARD-Syndrom Spinales Halbseitensyndrom (BROWN-SÉQUARD) Definition Seltene neurologische Symptomatik nach halbseitiger Rückenmarkschädigung. Klinik Symptom Ursache ipsilaterale spastische Parese unterhalb der Pyramidenbahnschädigung Läsionshöhe ipsilaterale Störung der Tiefensensibilität (Berührungs- Hinterstrangschädigung und Lageempfindung) kontralaterale Störung der Schmerz- und Schädigung der spinothalamischen Fasern nach Temperaturempfindung* Kreuzung in der vorderen Kommissur * führt zum Symptom einer halbseitigen dissoziierten Sensibilitätsstörung, da die Hinterstränge ( Tiefensensibilität) der nicht betroffenen Rückenmarkshälfte intakt sind Chorea HUNTINGTON Chorea major HUNTINGTON, Morbus HUNTINGTON Definition Autosomal-dominant vererbte Erkrankung, die neuropathologisch mit einer Hirnatrophie in Form einer rasch fortschreitenden Degeneration von Kortexstrukturen, des Dienzephalons und v.a. der Basalganglien einhergeht und klinisch zu choreatischer Hyperkinese und psychiatrischen Veränderungen führt. Epidemiologie Inzidenz: 4-8 Erkrankungen / 100.000 Einwohner / Jahr Manifestationsalter: 35.-55. Lebensjahr keine Geschlechtsbevorzugung Ätiologie autosomal-dominant vererblicher Gendefekt (abnormes HUNTINGTON-Gen auf Chromosom 4p mit vermehrtem Auftreten von CAG-Trinukleotid-Repeats) Untergang kleiner Interneurone v.a. im Caput nuclei caudati und Aminobuttersäure?) Folge: Affektion der GABAergen Anteile der striatalen Efferenzen, wobei es zu einem Verlust der vom Striatum normalerweise gegenüber dem Pallidum ausgeübten Hemmung kommt ("Enthemmung" der Motorik) Klinik Bewegungsstörungen: Grimmassieren der mimischen Muskulatur verwaschene Sprache gestörte Kau- und Schluckbewegungen Hyperkinese beim Gehen Muskelhypotonie okulomotorische Störungen (in 50% der Fälle; z.B. vertikale Blickparese) psychische Veränderungen: gesteigerte Reizbarkeit, Unverträglichkeit, affektive Enthemmung, Depressionen paranoische Ideen, paranoide Psychosen (5% der Erkrankten entwickeln eine Schizophrenie) Demenz Anorexie Therapie keine kausale Therapie bekannt symptomatische Behandlung (allenfalls vorübergehende Besserung): Hyperkinese: Tiaprid (Dopaminrezeptorantagonist, Tiapridex®), Haloperidol (Haldol®) PARKINSON-Syndrom: L-Dopa + Benserazid bzw. Carbidopa Anorexie: hochkalorische Ernährung (3.000-4.000 kcal/d oder mehr) schizoaffektive Psychosen: Neuroleptika, z.B. Haloperidol Depressionen: Maprotilin Prognose Tod nach einer durchschnittlichen Krankheitsdauer von 12-15 Jahren aber: auch Krankheitsverläufe von über 30 Jahren kommen vor Dystonien Definition Störung des Wechsels zwischen Muskelkontraktion und -relaxation mit langanhaltenden Muskelkontraktionen, die sich bei der Initiierung von Willkürbewegungen verstärken. Formen (nach Ausdehnung der Symptomatik): generalisierte Dystonien (= Dystonien, die Rumpf und Extremitäten erfassen; rumpfbetonte Torsionssymptome) segmentale Dystonien (= Dystonien, die Kopf und Arm bzw. Arm und Bein einer Seite betreffen) fokale Dystonien (= Dystonien in umschriebenen Muskeln bzw. Muskelgruppen, v.a. im Bereich von Hals- und Gesichtsmuskulatur und der oberen Extremitäten) konstante Dystonien: Blepharospasmus, Torticollis spasmodicus beschäftigungsinduzierte Dystonien: Schreibkrampf, Musikerkrampf Formen (nach Ätiologie): primäre Dystonien sekundäre Dystonien (= Dystonien als Begleitphänomen einer anderen Erkrankung) Torticollis spasmodicus Toticollis spasticus Definition Kopfschiefstellung infolge Dystonie der Halsmuskulatur (v.a. Mm. sternocleidomastoideus, splenius capitis, trapezius). Epidemiologie Prävalenz: 250 Fälle / 1.000.000 Einwohner (damit häufigste Dystonie) Altersgipfel: 30.-50. Lebensjahr Ätiologie unklar Nervenzellschädigung im Bereich des Nucleus caudatus und des Putamen? Klinik anfangs zumeist Schmerzen in der Nackenmuskulatur abrupter Beginn oder schleichende Entwicklung der Kopfschiefstellung innerhalb Wochen bis Monaten Verlauf Zumeist progrediente Verschlechterung in den ersten Jahren. In 30% der Fälle zeitweise spontane Remissionen von Tagen bis Jahren Dauer. Auf lange Sicht jedoch Neigung zur Chronifizierung der Symptomatik. Therapie Injektion von Botulinustoxin in die betroffenen Muskeln (Effekt hält etwa ¼ Jahr an, dann erneute Injektion erforderlich) Epilepsie Definition Ätiologisch und klinisch heterogene zerebrale Funktionsstörungen mit paroxysmalen Störungen des Sensoriums und der Motorik, des subjektiven Befindens und des objektiven Verhaltens, die durch eine plötzliche abnorme Aktivitätssteigerung des ZNS entstehen. Epidemiologie Prävalenz: 0,5-1% der Bevölkerung 5% der Bevölkerung erleiden zumindest einmal im Leben einen Gelegenheitsanfall 10% der Gesunden zeigen im EEG Zeichen einer gesteigerten neuronalen Erregbarkeit Ätiologie Klassifikation der Epilepsien: idiopathisch: spontane Entstehung ohne erkennbare Ursache symptomatisch: Epilepsie als Begleitsymptom einer Grunderkrankung kryptogenetisch: Ursache muß vorhanden sein, ist jedoch unbekannt anfallsauslösende Faktoren: Schlafentzug Alkohol und dessen Entzug Fieber (im Kleinkindalter) Stoffwechselstörungen Medikamente oder deren Entzug akute intrazerebrale Prozesse: Trauma, Blutung Klinik Einfach-fokale Anfälle keine Bewußtseinsstörungen keine Amnesie fokale motorische, sensible, sensorische (Aura) oder psychische (z.B. „dejavu“) Symptome plötzlicher Beginn und plötzliches Ende fokale Symptome von lokalisierter Bedeutung Herd im Gyrus precentralis motorische Anfälle frontaler Herd Adversivanfälle Komplex-fokale Anfälle mit oder ohne Aura (sensorische oder psychische Symptome) Bewußtseinsstörungen Amnesie Automatismen: Grimassieren, Nesteln, Schmatzen plötzlicher Beginn und allmähliches Ende oft temporal, aber auch extratemporal wenn frontal: eher aggressives Verhalten Absencen starrer, leerer Blick Bewußtseinsstörunge, Amnesie evtl. Augenbewegung nach oben, Augenblinzeln Automatismen plötzlicher Beginn und plötzliches Ende Tonisch-klonische Anfälle evtl. fokaler Beginn Bewußtseinsverlust Sturz tonische Phase (ca. 30 sec) klonische Phase Zungenbiß (eher lateral), Einnässen, Vokalisation („Initialschrei“) plötzlicher Beginn und allmähliches Ende (Müdigkeit, Nachschlaf, Muskelkater) Diagnose exakte Anamneseerhebung: Eigen- und Familienanamnese Fremdanamnese EEG, evtl. mit Provokation: Schlafentzug, optischer Reiz („Flackerlicht“) Bildgebung (CT, MRT): bei jedem Patienten mit Verdacht auf epileptischen Anfall EKG: Rhythmusstörungen? Labordiagnostik: metabolische Störungen (v.a. Diabetes mellitus) Therapie medikamentös operativ: bei primär fokalen Epilepsien mit nachweisbarem konstantem epileptogenem Herd (zuvor Lokalisation) Lebensführung: regelmäßiger, ausreichender Schlaf kein Alkohol Standardtherapie mit Antiepileptika fokal (partiell) einfach-fokal komplex-fokal tonischklonisch Phenytoin, Carbamazepin Phenobarbital, Primidon Valproinsäure tonisch generalisiert atonisch Myoklonien Absencen Ethosuximid Wirkstoff Phenytoin Carbamazepin Phenobarbital, Primidon Valproinsäure Neue Antiepileptika Wirkstoff Vigabatrin Lamotrigin Gabapentin Oxcarbazepin Nebenwirkungen Gingivahyperplasie (nach 10-20 Jahren) kosmetische Veränderungen (vergröberte Gesichtszüge) Kleinhirnatrophie Schwindel, Gangunsicherheit (innerhalb der ersten 2 Wochen) Müdigkeit Tremor, Haarausfall, Gewichtszunahme (10-20 kg) Vorteile wirksame Zusatztherapie partieller und sekundär generalisierter Anfälle; nur geringe allergische NW wirksame Mono- und Zusatztherapie besonders generalisierter Anfälle; geringe ZNS-Nebenwirkungen wirksame Zusatztherapie partieller und sekundär generalisierter Anfälle; geringe NW Mono- und Zusatztherapeutikum Nachteile relativ unwirksam; KI: primär generalisierte Anfälle; Toleranzentwicklung eingeschränkte Zulassung relativ schwach wirksam in Deutschland nicht zugelassen Grundsätzliches Vorgehen bei der Epilepsie-Medikation (Abfolge des Vorgehens, wenn die Therapie jeweils nicht zu Anfallsfreiheit führt): 1. Monotherapie mit einem Medikament der 1. Wahl 2. Monotherapie mit einem Medikament der 2. Wahl 3. Kombinationstherapie mit Medikamenten der 1. Wahl 4. Kombinationstherapie mit Medikamenten der 2. Wahl Status epilepticus jeder nichtkonvulsive Status kann in einen konvulsiven Status übergehen Mortalität rund 10% sollte möglichst innerhalb 1-2 h durchbrochen sein Therapie: Phenytoin, Valproinsäure (im Extrem: Diazepam + Barbituratnarkose) FRIEDREICH-Ataxie Spinozerebelläre Heredoataxie Definition Auf einen autosomal-rezessiv vererblichen Gendefekt zurückgehende degenerative Erkrankung von Kleinhirn und Rückenmark, die klinisch u.a. mit sensibler Ataxie einhergeht. Epidemiologie Altersgipfel bei Manifestation im Kindesalter: 9.-14. Lebensjahr aber: auch Erwachsene zeigen den Gendefekt, jedoch mit schwächeren Effekten Ätiologie autosomal-rezessiv vererblicher Gendefekt auf Chromosom 9 (9p22) Klinik Symptom Gangunsicherheit, die durch Augenkontrolle gebessert wird; Parästhesien in Füßen und Unterschenkeln; Muskelhypotonie (v.a. an den Beinen); Erlöschen von Eigenreflexen; strumpfförmig abgegrenzte Sensibilitätsstörungen der distalen Extremitätenabschnitte; vermindertes Vibrationsempfinden an den Beinen Dysdiadochokinese, grober Intentionstremor, Nystagmus, skandierendes Sprechen Lebhafterwerden der zuvor abgeschwächten Reflexe, pathologische Reflexe, spastisch-ataktischer Gang distale Muskelatrophien (Hand, Unterschenkel) FRIEDREICH-Fuß (Hohlfuß mit Überstreckung im Grundgelenk und Beugung in den Interphalangealgelenken der Zehen); FRIEDREICH-Hand (Krallenstellung der Finger bei überstreckten Grundgelenken), Kyphoskoliose weitere Symptomatik: Kardiomyopathie (häufig) Diabetes mellitus (40%) Endstadium: Demenz Ursache Degeneration von Hinterwurzeln und Hintersträngen Degeneration der CLARKschen Säule, des Tractus spinocerebellaris und Kleinhirnatrophie Degeneration von Pyramidenbahnseiten- und -vordersträngen Vorderhornzelldegeneration Muskelhypotonie Funikuläre Myelose Funikuläre Spinalerkrankung, DANA-LICHTHEIM-Krankheit Definition Rückenmarkschädigung bei Vitamin-B12- (= Cobalamin-) Mangel durch unsystematische Demyelinisierung markhaltiger Nervenfasern v.a. im Bereich der Seiten- und Hinterstränge infolge Störung der Myelinsynthese. Ätiologie Vitamin-B12-Mangel Störung von Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel Demyelinisierung? gestörte Resorption von Cobalamin: Mangel an Intrinsic factor Antikörperbildung bei perniziöser Anämie Magenoperationen (Gastrektomie) alkoholbedingte Gastritis Magenkarzinom Pankreasinsuffizienz (fehlende Proteasen erschweren die Bildung des Intrinsic-factor-CobalaminKomplexes) Parasiten (z.B. Fischbandwurm) defekte Resorption im Ileum: schwere familiäre Anämie des Kindes (IMERSLUND-GRÄSBECK) chirurgische Entfernung eines größeren distalen Ileumabschnittes Medikamente (z.B. Biguanide, Zytostatika) ungenügende Cobalaminzufuhr Erschöpfung der Cobalaminspeicher in Leber und Muskulatur (z.B. bei Schwangerschaft, Kachexie) Die perniziöse Anämie wird in 60% der Fälle von einer funikulären Myelose begleitet. Klinik initial: Parästhesien in den Extremitäten (Brennen), gesteigerte Ermüdbarkeit beim Gehen später: Ausfälle der Tiefensensibilität in den Beinen,Verlust des Vibrationsempfindens mögliche Folgesymptome: spastische Paraparese der Beine sensible Ataxie pathologische Reflexe Störungen der Blasen- und Mastdarmfunktion, Potenzstörungen Enstadium: partielle Querschnittslähmung Die Symptomatik der funikulären Myelose ist Folge der Degeneration der Hinterstränge, der Kleinhirnseitenstränge und der Pyramidenbahnseitenstränge. Diese Veränderungen finden sich v.a. in Halsund Brustmark. Auch periphere Nerven zeigen eine (reversible) Marscheidendegeneration ( periphere Neuropathie). Das Großhirn kann in geringem Umfang mitbetroffen sein, im wesentlichen beschränkt sich die Erkrankung aber auf das Rückenmark. Diagnostik Klinik (s.o.) Bestimmung des Cobalaminspiegels im Serum: < 150 pg/ml Nachweis einer möglichen Resorptionsstörung: SCHILLING-Test (Beurteilung der Ausscheidung radioaktiv markierten Cobalamins im Urin) Therapie parenterale Substitution von Cobalamin nach Besserung der Symptomatik: 2 Gesichtsschmerz Trigeminusneuralgie Trigeminusneuropathie, „Tic douloureux“ Definition Heftigste, akut einschießende Schmerzen im Ausbreitungsgebiet eines oder mehrerer Trigeminusäste, die fast immer einseitig auftreten und durch Reizung bestimmter Haut- und Schleimhautareale ( Triggerzonen) ausgelöst werden können. Formen: idiopathische Trigeminusneuralgie (bei weitem die häufigste Form) symptomatische Trigeminusneuralgie Epidemiologie häufigste Hirnnervenneuralgie Altersgipfel: meist 2. Lebenshälfte Bevorzugung des weiblichen Geschlechtes (Frauen : Männer = 2 : 1) Ätiologie idiopathische Trigeminusneuralgie: Druck arteriosklerotisch verhärteter Gefäße (v.a. A. cerebelli superior) auf die Trigeminuswurzel? symptomatische Trigeminusneuralgie: N. ophthalmicus (V1): Glaukom, Rhinitis, Sinusitis, Orbitafraktur Nn. maxillaris und mandibularis (V2/3): Sinusitis, Otitis media, Zahn- und Knochenkrankheiten von Oberund Unterkiefer Klinik blitzartig einschießender, brennender Schmerz im Ausbreitungsgebiet eines oder mehrerer Trigeminusäste meist sind der 2. (N. maxillaris) oder/und 3. Ast (N. mandibularis) betroffen, nur in 5% der 1. Ast (N. ophthalmicus) meist einseitig (95%) wenige Sekunden, selten auch einige Minuten Dauer (begleitet von tonischen oder klonischen Kontraktionen der mimischen Muskulatur) nach dem Schmerzanfall: vegetative Reizerscheinungen: Hautrötung, Sekretion von Tränen-, Nasen- oder Speicheldrüsen Schmerzrefraktärität der betroffenen Zone ( sensible Reize lösen keine Schmerzattacke mehr aus) für Sekunden bis Minuten Ast N. ophthalmicus (V1) N. maxillaris (V2) N. mandibularis (V3) Schmerzsymptomatik Ausstrahlung in Stirn, Scheitelgegend, Auge, Rötung der Stirn, konjunktivale Injektion, Lichtscheu, Tränenfluß Ausstrahlung in Oberlippe, Nasenflügel, Nasenschleimhaut, Gaumen, Zähne des Oberkiefers Ausstrahlung in Unterlippe, Zunge, Unterkiefer Verlauf Zunächst sporadisches Auftreten, später im Abstand von Wochen bis Monaten und weitere Häufigkeitszunahme, bis schließlich mehrere Attacken an einem Tag beobachtet werden. Die Schmerzsymptomatik neigt mit zunehmender Krankheitsdauer zur Ausbreitung, wobei der N. ophthalmicus nur selten und normalerweise zuletzt befallen wird. Zunehmend werden die Anfälle durch äußere Reize getriggert (Berührung, kalter Luftzug, Kauen, Trinken, Sprechen, Schlucken). Im fortgeschrittenen Stadium zeigen 25% der Patienten geringfügige Sensibilitätsstörungen im betroffenen Trigeminusareal. Therapie medikamentös: Carbamazepin (Tegretal®) 600-1.200 mg/die alternativ: Kominationen von Carbamazepin + Imipramin oder Amitriptylin Neuroleptika: z.B. Haloperidol (Haldol®) Phenothiazine (Neurocil®, Aolept®) operativ (nur bei Unwirksamkeit der konservativen Behandlung): neurovaskuläre Dekompression nach JANETTA (Lösung vaskulärer Kompressionen der Trigeminuswurzel, Erfolgsquote 80%) Atypischer Gesichtsschmerz Definition Psychogen ausgelöster, nichtneuralgischer Gesichtsschmerz mit unbestimmtem Charakter. Epidemiologie meist sind Frauen im mittleren oder höheren Lebensalter betroffen Ätiologie psychogen (somatisierte Depression?) Klinik unbestimmbarer, dumpfer Schmerzcharakter ohne typische Schmerzausstrahlung, Dauerschmerz Lokalisation: häufig beidseitig (in der Tiefe des Gesichtes empfunden) Oberkiefer Perioralregion Nasenwurzel fehlende Beeinflußbarkeit durch äußeren Faktoren: keine Triggerung häufig kein Ansprechen auf medikamentöse Therapie (gelegentlich aber auch Besserung durch Thymoleptika) Herpes-simplex-Enzephalitis akute nekrotisierende hämorrhagische Enzephalitis vom Herpes-simplex-Typ, Encephalitis herpetica Definition Durch das Herpes-simplex-Virus (HSV) ausgelöste Entzündung des Zentralnervensystems, die sich meist in Form einer nekrotisierenden, hämorrhagischen Meningoenzephalitis manifestiert, mit einer hohen Letalität und einer hohen Rate persistierender zerebraler Defektzustände behaftet ist. Epidemiologie Häufigkeit: BRD (Durchseuchung mit HSV > 95%): ca. 100 Fälle / Jahr aller Enzephalitiden aller sporadischen, nekrotisierenden Enzephalitiden (damit häufigste sporadische Enzephalitis) die Durchscuchung steigt in den Entwicklungsländern durchweg viel früher an als in den Ländern mit hohem Lebensstandard Ätiologie Infektion mit dem Herpes-simplex-Virus (HSV; DNA-Virus aus der Herpes-Gruppe) fast ausschließlich Typ 1 beim Erwachsenen in 80% Typ 2 beim Säugling Übertragung: von Mensch zu Mensch (Kontagiosität allerdings nicht sehr hoch) Klinik Prodromalstadium: einige Tage Fieber Kopfschmerzen Erbrechen fakultativ: freies Intervall Phase mit neurologischen Herdzeichen: 1 Woche hohes Fieber hirnorganische Anfälle neurologische Herdzeichen: z.B. Hemiparese, Tetraspastik, Aphasie (seltener Hirnnervenausfälle, vestibuläre oder zerebelläre Symptome) Meningitis Komaphase: zunehmende Eintrübung, Bewußtseinsverlust Tod unter den Zeichen der Hirnstammeinklemmung Diagnostik Klinik (s.o.) Liquor: lymphozytäre Pleozytose: 100/3-1500/3 Zellen Glucose und Laktat normal Eiweiß normal oder gering erhöht EEG: Allgemeinveränderungen: verlangsamtes EEG Herdzeichen, v.a. temporal FIRDA = frontale intermittierende rhythmische Delta-Aktivität CCT: normal oder diffuses Ödem und/oder hypodense Areale Therapie virustatische Therapie: Aciclovir (Zovirax®) Thromboseprophylaxe: Heparin Anfallsfallsprophylaxe: Phenytoin Hirndrucktherapie: Flüssigkeitsbilanzierung Osmodiuretika, Saluretika Hochlagerung des Oberkörpers beim beatmeten Patienten: Hyperventilation bei drohender Einklemmung: Kortikoide Prognose unbehandelt: in 70% letal (meist innerhalb 10-15 Tagen) > 50% der Patienten behalten gravierende Defekte (symptomatische Anfallsleiden, Halbseitensyndrome, Aphasie, dementielle Syndrome, organisch bedingte Wesensänderung) behandelt: Letalität: 10-20% geringere Defektrate Kopfschmerz Spannungskopfschmerz Tension headache Definition Auf muskulären und vasomotorischen Ursachen beruhender Kopfschmerz. Epidemiologie Bevorzugung des weiblichen Geschlechtes (Frauen : Männer = 2 : 1) Erstmanifestation meist mit 15-20 Jahren Ätiologie ständige Anspannung der Kopf- und Nackenmuskulatur Konstriktion der Kopfschwarterarterien auf dem Boden einer abnormen vasomotorischen Reagibilität Klinik meist beidseitiges Druck- oder Schweregefühl entweder über dem gesamten Kopf oder bevorzugt frontal bzw. okzipital Begleiterscheinungen: Angstgefühle, Schwindel, leichte Übelkeit Berührungsempfindlichkeit von Kopfhaut und Haarwurzeln verspannte, schmerzhafte Druckpunkte in der Nackenmuskulatur leichte, schmerzbedingte Bewegungseinschränkung des Kopfes Therapie Entspannungsübungen medikamentöse Therapie (nur wenn anders keine Besserung zu erreichen ist): Dihydroergotamin LAMBERT-EATON-Syndrom Myasthenisches Syndrom LAMBERT-EATON, LAMBERT-EATON-ROOKE-Syndrom Definition Paraneoplastisch bzw. im Zusammenhang mit Autoimmunkrankheiten auftretende myasthenische Symptomatik. Ätiologie Assoziation mit einem kleinzelligen Bronchialkarzinom (60%) bzw. mit Autoimmunkrankheiten (40%) Klinik Schwäche und vorzeitige Ermüdbarkeit v.a. der proximalen Muskulatur Differentialdiagnose: LAMBERT-EATON-Syndrom - Myasthenia gravis Merkmal LAMBERT-EATON-Syndrom Myasthenia gravis Ptose, Doppeltsehen, Schluckstörungen Antikörper gegen Acetylcholinrezeptoren Muskelkraft (wiederholte Belastung) EMG (frequente repetitive Reizung) spät früh fehlen meist vorhanden zunächst Besserung, später Verschlechterung Inkrement der Amplitude zunehmende Verschlechterung Dekrement der Amplitude Therapie bei Assoziation mit einem kleinzelligen Bronchialkarzinom: Tumorresektion Guanidinhydrochlorid ( Acetylcholinfreisetzung) Morbus WILSON hepatolentikuläre Degeneration Definition Autosomal-rezessiv vererbliche Kupferstoffwechselstörung, die zu vermehrter Ablagerung von Kupfer v.a. in Leber und Gehirn führt. Epidemiologie Manifestationsalter: 5.-37. Lebensjahr (im Mittel 16. Lebensjahr) Inzidenz: 3 / 100.000 keine Geschlechtsbevorzugung Ätiologie autosomal-rezessiv vererblicher Gendefekt (Chromosom 13), der eine unzureichende Bildung des KupferTransportproteins und Oxidationsenzyms Coeruloplasmin bewirkt Kupferinkorporationsrate in Coeruloplasmin (normalerweise Bindung von 95% des Serumkupfers) heterozygoter Genträger: homozygoter Genträger: Klinik hepatische Manifestation: Fettleber chronische Hepatitis Leberzirrhose neurologisch-psychiatrische Manifestation: PARKINSON-ähnliche Symptome: Akinese, Rigor, Tremor Chorea Dystonie Myoklonie Ataxie Dysarthrie Nystagmus spastischer Muskeltonus, Steigerung der Muskeleigenreflexe, pathologische Reflexe psychiatrische Symptome: paranoide Psychosen depressives, schizoaffektives Verhalten manisch gefärbte Psychosen (mit erheblicher Libidosteigerung) Augensymptome: KAYSER-FLEISCHER-Kornealring (goldbraungrüne Kornealrandverfärbung durch Kupferablagerung) Diagnose Plasma: Cu2+, Coeruloplasmin Urin: Cu2+ Radiokupfertest: orale Gabe von 64Cu führt normalerweise zu einem doppelgipfligen Anstieg der Radioaktivität im Serum; der 2. Gipfel, der den Einbau von Cu2+ in Coeruloplasmin markiert, fehlt beim Morbus WILSON Leberbiopsie Therapie Erhöhung der Cu2+-Ausscheidung durch den Chelatbildner D-Penicillamin evtl. kupferarme Diät bei terminaler Leberinsuffizienz: Lebertransplantation Prognose unbehandelt: letal bei rechtzeitiger Therapie: normale Lebenserwartung Multiple Sklerose (MS) Encephalomyelitis disseminata, Polysklerose, Morbus CHARCOT Definition Schubweise oder chronisch progredient verlaufende herdförmig disseminierte Entmarkungskrankheit des Zentralnervensystems (selten auch des peripheren Nervensystems) auf dem Boden autoaggressiver Immunprozesse. Epidemiologie Manifestationsalter: 15.-40. Lebensjahr (selten auch nach dem 60. oder vor dem 10. Lebensjahr) Bevorzugung des weiblichen Geschlechtes (Frauen : Männer = 1,8 : 1) Inzidenz (BRD): 2-2,5 Neuerkrankungen / 100.000 Einwohner / Jahr Prävalenz (BRD): 80 Erkrankungen / 100.000 Einwohner Zunahme der Inzidenz mit wachsender Entfernung vom Äquator Migrationsstudien: Umzug aus Gebieten mit niedriger in Gebiete mit höherer Prävalenz führt zu einer Erhöhung des Krankheitsrisikos Emigranten neigen dazu, das Risiko des Landes beizubehalten, in dem sie bis zum 15. Lebensjahr gelebt haben Ätiologie unbekannt Hypothese: abnorme Immunreaktion auf ein in früher Jugend aufgenommenes Agens (z.B. Virus)? Hinweise für autoaggressive Immunreaktion postmortaler Nachweis zellulärer Infiltrate (CD8+-/CD4+-Zellen, Makrophagen) in frischen MS-Herden Lymphopleozytose und Immunglobulinanstieg (u.a. verschiedene virusspezifische Antikörper) im Liquor HLA-Assoziation (HLA-A3, -B7, -DR2) Ansprechen auf immunsuppressive Therapie Bevorzugung des weiblichen Geschlechtes (typisch für Autoimmunerkrankungen) Klinik Die multiple Sklerose kann praktisch alle aus Läsionen im Zentralnervensystem begründbaren neurologischen und neuropsychologischen Ausfälle verursachen. Es gibt daher keine typische Symptomkonstellation. Ein System ist aber umso häufiger betroffen, je ausgebreiteter es ist. diagnostische Hauptkriterien zur Diagnose der MS: polytope Läsionen (min. 2) schubweiser Verlauf (min. 2 Schübe) oder chronisch progredienter Verlauf (min. 1 Jahr) Liquorbefund: Pleozytose (15/3-100/3 Zellen) -Globulin (v.a. IgG) oligoklonale Fraktionen motorische Ausfälle: asymmetrische spastische Paraparesen mit lebhaften bis unerschöpflich kloniformen Reflexen und positivem BABINSKI -Zeichen sensible Symptome: Kribbelparästhesien, Spannungsgefühl, Engeempfinden diskrete Hypästhesien Störung von Vibrations- und Lageempfindung LHERMITTE-Zeichen = Parästhesien in Rücken und Extremitäten bei forciertem Vorbeugen des Kopfes Störungen des visuellen Systems: Retrobulbärneuritis (Optikusneuritis): anfänglich retrookulärer Schmerz, innerhalb von Stunden bis Tagen Entwicklung von Sehstörungen (verminderte Farbintensitäten, Skotome, Amaurose) Augenmotilitätsstörungen: internukleäre Ophthalmoplegie Blickparese Nystagmus andere Hirnnervenstörungen: Fazialisparese Vestibularis-/Statoakkustikusausfall Trigeminusneuralgie zerebelläre Symptome (CHARCOT-Trias = Nystagmus + skandierende Sprache + Intentionstremor): Stand-/Gangataxie Intentionstremor Dysdiadochokinese Dysmetrie skandierende Sprache vegetative Symptome: imperativer Harndrang Inkontinenz Harnverhalt Überlaufblase Obstipation Sexualstörungen Hirnleistungsstörungen, evtl. dementielle Entwicklung affektive Störungen: depressive Symptomatik, Euphorie generalisierte oder fokale epileptische Anfälle (2-4mal so häufig wie in der Normalbevölkerung) Symptom Paresen Spastik, BABINSKI-Zeichen sensible Störungen Optikusstörungen Gleichgewicht, Koordination Augenmotilität Trigeminus, Fazialis Blase, Darm, Sexualfunktion Hirnleistung, Affekt Erstmanifestation 44% 28% 42% 53% 24% 14% 10% 9% 4% weiterer Verlauf 81% 79% 83% 60% 75% 34% 29% 57% 36% Verlauf Etwa 80% der MS-Erkrankungen beginnen mit Schüben. Man unterscheidet verschiedene Verlaufsformen, die häufig nacheinander durchlaufen werden: schubförmig mit vollständiger Remission schubförmig mit unvollständiger Remission schubförmig mit unterlagerter Progredienz sekundär chronisch progredient Nur 10-20% der Patienten zeigen einen stetigen, mehr oder weniger schnell progredienten Verlauf (primär chronisch progredienter Verlauf). Die mittlere Krankheitsdauer beträgt etwa 30 Jahre. Diagnose Liquor: oligoklonale Banden (90-95%) autochthones IgG (80-85%) Pleozytose (30-50%) Kernspintomographie (MRT): Entmarkungsherde in Gehirn und/oder Rückenmark evozierte Potentiale: MEP (durch Magnetstimulation transkraniell evozierte motorische Potentiale, 80-90%) VEP (visuell evozierte Potentiale, 80%) SEP (somatosensorisch evozierte Potentiale, 60%) AEP (akustisch evozierte Potentiale, 30-50%) Therapie eine kausale Therapie ist nicht bekannt (der Therapieeffekt besteht in einer Verzögerung, nicht jedoch in einer Heilung der Erkrankung) Krankheitsschub: Kortikosteroide (Prednisolon 500-1.000 mg/d für 5-8 Tage, danach ausgehend von 100 mg/d ausschleichende Dosierung für 4-8 Wochen) Intervalltherapie: Azathioprin (Imurek®) 2-3 mg/kg/d Cyclophosphamid (Endoxan®) 2 mg/kg/d Mitoxantron (Novantron®) alle 3 Monate Methotrexat: wegen erheblicher Nebenwirkungen heute eher nicht mehr Cyclosporin A -Interferon: 8 Mio. E/2 Tage s.c. oder 6 Mio. E/Woche i.m. anfängliche Nebenwirkungen in Form einer schweren Grippesymptomatik (Fieber, Schüttelfrost, Muskelschmerz, Krankheitsgefühl), Besserung unter Gabe von ASS oder Paracetamol Wirkung: Verlängerung des Schubintervalls, Verminderung der Symptomatik im nächsten Schub, Verminderung der Herdgröße, Verminderung der Anzahl der Herde mit Schrankenstörung (Schrankenstörung = Zeichen für frische Herde) Copolymer 1 = synthetisches Polypeptid, Ähnlichkeiten mit der Aminosäuresequenz des basischen Myelinproteins (MBP) symptombezogene Therapie: Spastik: Baclofen (Lioresal®) Tizanidin (Sirdalud®) Memantin (Akatinol®) Benzodiazepine (z.B. Musaril®) Dantrium (Dantramacrin®) zerebellärer Tremor: (Tetrahydrocannabrol), Stereotaxie Paroxysmen (= ungezielte Streuung aktivierender Impulse in der Nachbarschaft demyelinisierender Areale des Hirnstamms oder des Rückenmarks): Phenytoin, Carbamazepin (Tegretal®) Blasenstörungen: Phenoxybenzamin, Distigminbromid, Carbachol Krankengymnastik (BOBATH, VOJTA, BRUNHO, PNF) Muskeldystrophie Definition Hereditäre Muskelerkrankung, die zu Muskelfaseruntergang und konsekutiv zu je nach Typ unterschiedlich ausgeprägter Muskelschwäche und -atrophie der großen proximalen Muskelgruppen im Bereich der Becken- und Schultergürtelmuskulatur und angrenzender Extremitätenanteilen führt. Formen: progressive Muskeldystrophie Typ DUCHENNE progressive Muskeldystrophie Typ BECKER-KIENER Gliedergürteldystrophie Faszioskapulohumerale Muskeldystrophie Progressive Muskeldystrophie Typ DUCHENNE Epidemiologie Häufigkeit: 300 / 1.000.000 Altersgipfel: 1.-3. (5.) Lebensjahr 2 /3 aller Muskeldystrophien fast ausschließlich das männliche Geschlecht betroffen (X-chromosomal rezessiver Erbgang) Ätiologie X-chromosomal-rezessiv vererblicher Gendefekt (Xp21) der ein Fehlen/Mangel des Proteins Dystrophin bewirkt (dieses ist normalerweise assoziiert mit der Membran des T-Tubulus-Systems der Muskelfaser) aufgrund des X-chromosomalen Erbgangs erkranken praktisch ausschließlich männliche Neugeborene 1 /3 der Erkrankungen beruhen auf Spontanmutationen Klinik Symptomatik: proximale, Beckengürtel-betonte, atrophische Paresen Pseudohypertrophie (= Vakatfettwucherung) der Waden Kontrakturen (v.a. Beugekontrakturen der großen Gelenke) Verlust von Muskeleigenreflexen hormonelle Störungen (Adipositas, Hypogenitalismus, Nebennierenrindeninsuffizienz) Labor: CK GOT GPT LDH Prognose: Lebenserwartung: 15-30 Jahre Tod meist infolge Bronchopneumonie oder Herzversagen Progressive Muskeldystrophie Typ BECKER-KIENER Epidemiologie Altersgipfel: 6.-20. Lebensjahr fast ausschließlich das männliche Geschlecht betroffen (X-chromosomal rezessiver Erbgang) Ätiologie wie Typ DUCHENNE Klinik Symptomatik: Hyperlordose (Parese der Rückenstrecker) „Watschelgang“ (Schwäche des M. gluteus medius) erschwertes/unmögliches Aufrichten aus dem Liegen (Schwäche des M. iliopsoas und der Bauchdeckenmuskulatur) Wadenpseudohypertrophie Gehunfähigkeit meist erst im 5. Lebensjahrzehnt Prognose: Lebenserwartung leicht verkürzt Gliedergürtelform Epidemiologie keine Geschlechtsbevorzugung Krankheitsbeginn: 2.-50. Lebensjahr Ätiologie autosomal-rezessiv vererblicher Gendefekt Epidemiologie Symptomatik: Dystrophie beginnend an Becken- oder Schultergürtelmuskulatur Pseudohypertrophien, Facies myopathica: selten Prognose: verkürzte Lebenserwartung Fazio-skapulo-humerale Muskeldystrophie Epidemiologie keine Geschlechtsbevorzugung Krankheitsbeginn: 7.-25 (-50.) Lebensjahr Ätiologie autosomal-dominant vererblicher Gendefekt Klinik Symptomatik: Dystrophie der proximalen Arm- und Schultergürtelmuskulatur (erschwertes Heben), asymmetrischer Muskelbefall Facies myopathica (leichte Ptosis, fehlende Faltenbildung auf der Stirn und in der Nasolabialregion, leicht geöffneter Mund) Augen- und Mundschluß schwach („Tapirschnauze“), Pfeifen oder Aufblasen der Backen nicht möglich herabhängendes Schultergelenk doppelseitige Scapula alata später: am Rumpf absteigende bzw. sich an den Extremitäten von proximal nach distal ausdehnende Dystrophie, Kontrakturen, selten Pseudohypertrophien Prognose: Lebenserwartung meist normal Myasthenie Definition Meist belastungsabhängig auftretende Schwäche der Willkürmuskulatur, die durch Störungen der neuromuskulären Erregungsübertragung hervorgerufen wird. Formen: Myasthenia gravis konnatale Myastheniesyndrome kongenitale Myastheniesyndrome symptomatische Myasthenie Myasthenia gravis Epidemiologie Inzidenz: 2-4 / 1.000.000 Prävalenz: 40 / 1.000.000 Bevorzugung des weiblichen Geschlechtes (Frauen : Männer = 2 : 1) Altersgipfel: 20.-40. Lebensjahr (Erkrankung aber grundsätzlich in jedem Lebensalter möglich) Ätiologie Autoimmunreaktion gegen Acetylcholinrezeptoren (Acetylcholinrezeptor-Autoantikörper vom IgG-Typ); Wirkmechanismen: lokale Aktivierung des Komplementsystems Zerstörung der postsynaptischen Membran vermehrter Abbau von Acetylcholinrezeptoren Curare-ähnliche Wirkung einiger Antikörper Assoziation mit HLA-B8 und -DR3 Klinik Augensymptome (in 90% vorhanden, bei 70% als Erstsymptom): ein- oder doppelseitige Ptose, die im Tagesverlauf zunimmt Doppelbilder In 20% der Fälle bleibt die Krankheit auf die äußeren Augenmuskeln und die Lidheber beschränkt (okuläre Myasthenie). Diese Form hat eine gute Prognose. Fazio-pharyngeale Symptome: Facies myopathica: kraftloser Mundschluß, Unfähigkeit zu Pfeifen oder die Backen aufzublasen Kau- und Schluckstörungen, Regurgitation von Nahrung näselnde Stimme (mangelnde Abdichtung des Nasen-Rachenraums), erschwerte Artikulation Rumpf- und Extremitätenbefall: proximaler Beginn, Ausbreitung nach distal watschelnder Gang, Treppensteigen erschwert/unmöglich später auch Feinmotorik (z.B. Schreiben) beeinträchtigt bei Interkostalmuskelbefall: Gefahr der Atemlähmung Verlauf Okuläre Symptomatik fazio-pharyngeale Symptomatik Rumpf- und Extremitätenbefall. Im Endstadium der Krankheit entwickelt sich eine in Ruhe nicht mehr rückbildungsfähige Muskelschwäche, die nur noch geringe Bewegungen zuläßt. Plötzlicher Tod durch Atemlähmung. Diagnose Nachlassen der Muskelkraft bei repetitiven Bewegungen: z.B. Verstärkung einer Ptose bei mehrmaligem schnellem Augenöffnen-/schließen ( belastungsabhängige Muskelschwäche) schubweiser Krankheitsverlauf EMG: Amplitudenabnahme (Dekrement) bei repetitiver Reizung Tensilontest: i.v.-Injektion von 10 mg Tensilon® (Edrophoniumhydrochlorid = reversibler AcetylcholinesteraseHemmstoff) Besserung der Muskelkraft für 1-2 Minuten, die innerhalb von Sekunden eintritt nicht spezifisch Antikörper gegen Acetylcholinrezeptoren bzw. gegen Skelettmuskulatur Röntgen/CT Thorax: Thymom? Therapie Immunsuppression: Thymektomie Kortikosteroide Azathioprin (Imurek®) 2-3 mg/kg/die Cholinesterasehemmstoffe: Pyridostigminbromid (Mestinon®) evtl. Plasmapherese Eine Thymektomie ist auch deshalb indiziert, da die Myasthenie häufig mit einer Thymushyperplasie bzw. einem Thymom (15-20%) assoziiert ist. Dabei sind 10% der Thymome maligne (Thymuskarzinome). Prognose weitgehend normale Lebenserwartung bei geeigneter Therapie bei 20% der Patienten ist der Krankheitsverlauf therapeutisch nicht beeinflußbar z.T. foudroyante Verläufe Tod innerhalb weniger Monate Verschlechterung der Prognose mit dem Erkrankungsalter Konnatale Myasthenie transitorische Myasthenia gravis des Neugeborenen, hervorgerufen durch diaplazentar übertragene AntiAcetylcholinrezeptor-Antikörper der Mutter Bestehen der Myastheniesymptomatik von Geburt an für einige Monate Kongenitale Myasthenie Gruppe seltener, hereditärer Myastheniesyndrome Fehlen von Acetylcholinrezeptor-Antikörpern bekannte Formen: Defekt der Acetylcholinsynthese Mangel an Acetylcholinesterase Defekt des Acetylcholinrezeptor-assoziierten Ionenkanals andere Funktionsstörungen des Acetylcholinrezeptormoleküls Symptomatische Myasthenie myasthenes Syndrom bei Polymyositis myasthenes Syndrom nach Behandlung mit D-Penicillamin myasthenes Syndrom bei Hyperthyreose oder Lupus erythematodes LAMBERT-EATON-Syndrom Myositis Definition Akute, subakute oder chronische entzündliche Erkrankung der Muskulatur auf der Grundlage autoaggressiver oder infektiöser Prozesse, die klinisch mit Muskelschwäche bis hin zur Parese, Muskelschmerzen, in fortgeschrittenen Stadien auch mit Muskelatrophie und Kontrakturen einhergeht. Epidemiologie Inzidenz: 1 / 100.000 Prävalenz: 6 / 100.000 Polymyositis und Dermatomyositis Epidemiologie Bevorzugung des weiblichen Geschlechtes (Frauen : Männer = 2 : 1) Altersgipfel: 3.-15. Lebensjahr 50. Lebensjahr Inzidenz: 0,5 / 100.000 Ätiologie unbekannt, jedoch Hinweise auf autoimmunologische Genese: Antimyoglobin-Antikörper antinukleäre Antikörper zytotoxische T-Lymphozyten mit Sensibilisierung gegen Skelettmuskulatur Koinzidenz mit Malignomen (v.a. des Gastrointestinaltraktes): kreuzreagierende Antikörper gegen Tumorzellen sowie Haut und Muskelantigene? gelegentliche Assoziation mit weiteren Autoimmunerkrankungen (rheumatisches Fieber, Lupus erythematodes, Sklerodermie, Panarteriitis nodosa) Ansprechen auf immunsuppressive Therapie vermehrtes Auftreten beim weiblichen Geschlecht (typisch für Autoimmunerkrankungen) gehäufte Assoziation mit HLA-B8 und -DR3 Klinik Muskelschwäche bis hin zur Parese muskelkaterartige Muskelschmerzen (50-70%): spontan oder auf Druck umschriebene Muskelverhärtungen (Myogelose) Dysphagie (50%): Störung v.a. des „Anschluckaktes“ kardiale Beteiligung (bis 50%) EKG-Veränderungen, Arrhythmie, Tachykardie interstitielle Myokarditis (30%) Kardiomyopathie Hauterscheinungen (bei Dermatomyositis) symmetrische, flächenhafte Gesichtserytheme livides Erythem der Augenlider (gilt als pathognomonisch für Dermatomyositis) Poikilodermie: Nebeneinander von De-/Hyperpigmentierung, Atrophie, Teleangiektasien, v.a. im Bereich des vorderen Halsdreiecks und der Unterarmstreckseiten kleine runde, porzellanfarbene atrophische Hautfelder, v.a. an den Fingergelenkstreckseiten Teleangiektasien und Hyperkeratosen am Nagelfalz im fortgeschrittenen Stadium: Muskelatrophie, Kontrakturen Muskelbefall (nach absteigender Häufigkeit): Muskulatur der proximalen oberen und unteren Extremitäten Flexoren und Extensoren der Halsmuskulatur Muskulatur der distalen oberen und unteren Extremitäten Atemmuskulatur bulbäre Muskeln Labor Muskelenzyme: CK (bis auf das 30-60fache erhöht; geeignet auch zur Verlaufsbeurteilung) Aldolase GOT, GPT Kreatin-Ausscheidung im Urin vereinzelt: Myoglobinurie unspezifische Entzündungsparameter: Leukozytose, BSG Autoantikörper: ANA (50%), anti-Jo1 (20%), anti-PM1 Elektromyographie myopathietypisches Muster mit pathologischer Spontanaktivität, insbesondere Fibrillationen Therapie hochdosierte Glukokortikoidtherapie: Prednison 60-100 mg/d für 3-6 Monate evtl. zusätzlich Immunsuppressiva: Azathioprin (Imurek®) 2-3 mg/kg/d in Einzelfällen: Plasmapherese bei Myasthenie: Pyridostigminbromid (Mestinon®) Thromboseprophylaxe Krankengymnastik zur Behandlung sich entwickelnder Kontrakturen (Cave: Überbeanspruchung der Muskulatur unbedingt vermeiden, da die Muskulatur ohnehin durch ein begleitendes Ödem bereits gefährdet ist) Prognose 5-Jahres-Überlebensrate: 70-80% lebensgefährliche Komplikationen: Befall der Atemmuskulatur Befall des Myokard Lungenfibrose (selten) Achtung: Die Dermatomyositis ist bei Patienten über 40 Jahren in 60-70% mit einem Malignom assoziiert! Myotone Dystrophie Dystrophia myotonica CURSCHMANN-STEINERT, CURSCHMANN-STEINERT-Krankheit, dystrophische Myotonie Definition Autosomal-dominant vererbliche Erkrankung, deren Symptomatik in einer Kombination aus degenerativer Muskeldystrophie, myotoner Membranstörung, einem typischen Habitus und psychischen Veränderungen besteht. Formen: kongenitale Form juvenile / adulte Form Epidemiologie zweithäufigste degenerative Myopathie (nach der progressiven Muskeldystrophie Typ DUCHENNE) Frequenz: 1 / 10.000 Bevorzugung des männlichen Geschlechtes Ätiologie autosomal-dominant vererblicher Gendefekt auf Chromosom 19q die kongenitale Form wird immer von der Mutter übertragen häufig Zunahme der Schwere der Erkrankung von Generation zu Generation (Antezipation) Klinik juvenile und adulte Form: atrophische Paresen mit faziozervikodistalem Verteilungsschwerpunkt ausgeprägte Facies myopathica mit Ptose evtl. Mitbeteiligung des weichen Gaumens und des Pharynx: dysarthrische Sprache, selten Dysphagie zervikal: Mitbeteiligung des M. sternocleidomastoideus im Bereich der Extremitäten: Paresen v.a. der Unterarmextensoren und der Fußheber Manifestationen außerhalb der Skelettmuskulatur: frühzeitige Stirnglatze (Männer), struppiges Haar (Frauen) Auge: Cataracta myotonica (98%) Ohr: Innenohrschwerhörigkeit Herz: Rhythmusstörungen, Repolarisationsstörungen Magen: Anazidität Motilitätsstörungen von Gallenwegen, Gallenblase und des Magen-Darm-Trakts endokrin: Hodenatrophie bzw. Ovarialinsuffizienz hirnorganische Psychosyndrome: Schwäche des vitalen Antriebs, affektive Indifferenz (fehlendes „soziales Gewissen“), Oligophrenie (50%) Verlauf Die Erkrankung beginnt in der Pubertät zunächst mit myotonen Funktionsstörungen, bevor sich im 3. Lebensjahrzehnt die Muskeldystrophie und endokrine Symptomatik einstellt. Der Verlauf ist langsam progredient, Arbeitsunfähigkeit tritt häufig schon vor dem 40. Lebensjahr ein. Tod meist infolge interkurrenter Infekte oder Herzversagen im mittleren Lebensalter. kongenitale Form: ausgeprägtes Floppy-infant-Syndrom Ateminsuffizienz hochgradige Saug- und Trinkschwäche leises/heiseres Schreien Gesicht: längsovales Gesicht, antimongoloide Lidachse, dreiecksförmiger, offenstehender Mund Spitzfuß Diagnose elektromyographischer Myotonienachweis Perkussionsmyotonie: v.a. an Zunge, Thenarmuskulatur, Unterarmextensoren myotone Delle bei Perkussion mit dem Reflexhammer Aktionsmyotonie: verlangsamte Öffnung der fest geballten Faust verlangsamte feine Fingerbeweglichkeit (z.B. Klavierspielen) Therapie keine kausale Therapie bekannt symptomatische Behandlung: Myotonie: Phenytoin 3 100 mg/die endokrine Symptomatik: Sexualhormone (Depotpräparate) Schrittmacherimplantation bei Herzrhythmusstörungen maschinelle Beatmung bei Ateminsuffizienz Krankengymnastik Neuroborreliose Definition Neurologische Symptomatik nach Infektion mit parasitär übertragenen Borrelien. Epidemiologie in Deutschland wesentlich häufiger als die ebenfalls über Zecken übertragene FrühsommerMeningoenzephalitis (FSME) Verbreitung der übertragenden Zeckenart Ixodes ricinus und der Borrelien v.a. in Süddeutschland, Oberösterreich, Elsaß, Balkan, Rußland (evtl. bis zum Ural) Durchseuchung der Bevölkerung mit Borrelien (Deutschland): ca. 10% Ätiologie Infektion meist mit Borrelia burgdorferi (Übertragung durch die Zeckenart Ixodes ricinus) günstig für Zecken ist eine feucht-warme Witterung (Häufung der Borreliose im Frühjahr/Frühsommer, evtl. auch im Spätsommer/Herbst) Zecken zeigen eine Taxis für Rauhes (Kleidung) bevorzugte Stichstelle: die weniger verhornte Haut (Ellenbeugen, seitliche Halspartie, Ohren, Inguinalregion, Skrotum) die in Europa verbreitete Form der Borreliose ist nicht identisch mit der Lyme-Borreliose der europäische Erreger besitzt mehr Geißeln, ist etwas länger, zeigt mehr Spiralwindungen und unterscheidet sich in der Antigenität (7 Serotypen) die hervorgerufenen Krankheitsbilder unterscheiden sich Entwicklungszyklus von Ixodes ricinus Klinik Stadium I (nach 3 Tagen bis 3 Wochen) sich konzentrisch ausbreitende Hautrötung mit zentraler Abblassung im Bereich des Zeckenbisses (Erythema chronicum migrans); bei ausgeprägter Entzündungszellinfiltration an der Bißstelle kann ein benignes Lymphozytom entstehen (v.a. im Bereich des Ohrläppchens) Allgemeinerscheinungen: Fieber, Kopfschmerzen, Lymphadenopathie, Muskelschmerzen, Hepatomegalie, Splenomegalie, Konjunktivitis, Hämaturie Stadium II (nach 1-4 Monaten) lymphozytäre Meningitis Meningopolyneuritis, Meningopolyradikulitis: Schmerz, gefolgt von Paresen und oft auch sensiblen Störungen (häufig gutartiges Verhalten, d.h. Rückbildung ohne schwere Residuen) Hirnnervenlähmungen (häufig beidseitiger Befall des N. facialis = Diplegia facialis) Karditis (10%) selten: Enzephalitis, Myelitis, Plexusneuritis Stadium III (nach 5-6 Monaten oder später): progrediente Enzephalomyelitis Schmerzphänomene bei Neuroborreliose Erythemschmerz (15%) radikulärer Schmerz (90%): in der Ausbreitung einer Nervenwurzel meningitischer Schmerz (12%) Arthralgie/Myalgie (12%) Nachkrankheit: Acrodermatitis chronica atrophicans teigig-ödematös geschwollene, livid-rot verfärbte Haut, v.a. im Bereich von Knien, Streckseiten der Unterschenkel, Ellenbogen und Streckseiten der Unterarme spricht auf Antibiose an Labor Liquor: mäßige Pleozytose: 200/3 (30/3-1000/3) Zellen Lymphozyten: 75% (60-95%) Plasmazellen: 6% (1-90%) Eiweiß: 140 mg/dl (50-1000 mg/dl) IgG: 1,6 (0,7-5,3) oligoklonale Banden (in 95% der Fälle) Diagnose Kultur: nur spezielle Medien Antikörper: IgM (für etwa 6 Wochen): eher akute Infektion IgG: eher chronische Infektion evtl. Western Blot oder PCR Therapie Stadium I: Doxycyclin 200 mg/d für 3 Wochen Stadium II und III: Cephalosporin der 3. Generation Cefotaxim 3 x 2 g/d für 2-4 Wochen Ceftriaxon 2 x 2 g/d für 2-4 Wochen evtl. Penicillin G 20 Mio. IE/d für 2 Wochen Prävention wenn die Zecke weniger als 48 h an der Stelle saugt 70%igen Alkohol auftragen 1 Minute warten: Abtötung der Zecke Zecke inkl. Kopf herausdrehen und entfernen wenn die Zecke schon viel Blut gesaugt hat und schon länger auf der Haut Zecke entfernen (s.o.) evtl. direkt Antibiose (da die Wahrscheinlichkeit der Übertragung mit der Zeit zunimmt) Methode der Wahl zur Vermeidung von Borrelieninfektionen ist das sorgfältige Absuchen des Körpers nach Zecken möglichst unmittelbar nach Exposition (Aufenthalt in Waldgebieten) Olivopontozerebelläre Atrophie (OPCA) Definition Progrediente, hereditär oder spontan auftretende Multisystemdegeneration von Kleinhirn, Brücke, Medulla und Rückenmark (daneben auch z.T. der Stammganglien sowie vegetativer Zentren von Zwischenhirn und Thalamus), die klinisch u.a. mit Symptomen einer zerebellären Ataxie einhergeht. Formen: Typ I (MENZEL): autosomal-dominant Typ II (FICKLER-WINKLER): autosomal-rezessiv Typ III: autosomal-dominant Typ IV (SCHUT-HAYMAKER): autsomal-dominant Typ V: autosomal-dominant Typ VI (DEJÉRINE-THOMAS): sporadisch Epidemiologie Altersgipfel: 20.-50. Lebensjahr keine Geschlechtsbevorzugung Ätiologie unbekannt (in 75% der Fälle sporadisch) bei den hereditären Formen sind Gendefekte auf Chromosom 6 bzw. 12 beschrieben Klinik Allen klinischen Formen der OPCA gemeinsam ist, allerdings in wechselnder Ausprägung, die zerebelläre Symptomatik sowie okulomotorische Störungen. Insbesondere die über die Kleinhirnsymptome hinausgehenden klinischen Kennzeichen sind aber typspezifisch. zerebelläre Symptomatik: Gang- und Standataxie Dysmetrie Intentionstremor Dysdiadochokinese Dysarthrie pontine Symptomatik: Sakkadenverlangsamung Ophthalmoplegie extrapyramidale Symptomatik: Rigor Bradykinese choreatische/ballistische Hyperkinesen pyramidale Symptomatik spastische Paresen positives BABINSKI-Zeichen spinale Symptomatik: gestörte Vibrations- und Lageempfindung vegetative Symptomatik: Blasen- und Mastdarmstörungen Demenz (nicht regelmäßig) Therapie keine kausale Therapie bekannt symptomatische Therapie: Krankengymnastik Rigor, Akinese: L-Dopa, Dopaminrezeptoragonisten zerebelläre Symptome: 5-Hydroxytryptophan (Vorstufe des zerebellären Transmitters Serotonin; allenfalls leichte Besserung) PARKINSON-Syndrom Definition Durch die drei Kardinalsymptome Akinese, Rigor und Tremor gekennzeichnetes Krankheitsbild, das meist auf einem degenerativen Prozeß der Stammganglien beruht (Morbus P ARKINSON), aber auch symptomatisch im Rahmen anderer Erkrankungen auftreten kann. Ätiologie idiopathisches PARKINSON-Syndrom (= Morbus PARKINSON) symptomatisches PARKINSON-Syndrom: enzephalitisches PARKINSON-Syndrom vaskulär oder ischämisch bedingtes PARKINSON-Syndrom Hirntraumen (v.a. häufige Hirnkontusionen Boxerparkinsonismus) Lues cerebrospinalis intrakranielle Raumforderungen Normaldruckhydrozephalus Morbus WILSON (= hepatolentikuläre Degeneration) Hypoparathyreoidismus ( Morbus FAHR = symmetrische Stammganglienverkalkung) chronische Schwermetallintoxikation (Mangan, Blei, Quecksilber) akute CO-Intoxikation medikamentös induziertes PARKINSON-Syndrom: Neuroleptika Reserpin -Methyldopa Valproinat Vitamin-B6 bei L-Dopa-Therapie Flunarizin Cinnarizin Morbus PARKINSON Paralysis agitans Epidemiologie Prävalenz: 0,5-0,8% Erkrankungsalter: meist 40.-60. Lebensjahr Bevorzugung des männlichen Geschlechtes Ätiologie Dopaminmangel in Neuronen des Corpus striatum und v.a. in der Substantia nigra (unzureichende Dopaminsynthese) Klinik Akinesie bzw. Hypokinesie (Bewegungsarmut) und Rigor (wächserne Muskeltonuserhöhung, Zahnrandphänomen) Hypomimie, Amimie (verminderte bis fehlende Mimik, Maskengesicht) monotone, heisere, aphone, leise Aussprache kleinschrittiger, schlurfender Gang mit mangelnder/fehlender Mitbewegung der Arme Mikrographie (kleine, zittrige Schrift, verlangsamter Schriftablauf) Dysphagie ( Pseudohypersalivation) Fallneigung Tremor (4-7 Hz, in 80% der Fälle vorhanden, betrifft die distalen Extremitätenabschnitte früher und stärker, beruht auf rhythmisch alternierender Aktivierung antagonistischer Muskeln) Ja-/Nein-Tremor des Kopfes Pillendreher-/Münzzählertremor der Hände vegetative Störungen: Seborrhoe („Salbengesicht“) nächtliches Schwitzen Blasen-/Sexualfunktionsstörungen Bradyphrenie (= Verlangsamung geistiger Abläufe) depressive Verstimmung Diagnose klinisch (s.o.) apparative Zusatzuntersuchungen: EEG: Grundrhythmusverlangsamung CT/MRT: Zeichen der Hirnatrophie EMG: Tremor: regelmäßige reziproke Innervation von Agonist und Antagonist Rigor: Hintergrundaktivität, Entdehnungsaktivität (sog. Release-Phänomen) VEP, AEP, SEP: Nachweis systemübergreifender Degenerationen bzw. von Begleiterkrankungen Therapie Kombinationspräparate (z.B. Madopar®) aus L-Dopa (= Dopaminvorläufer) + Benserazid bzw. Carbidopa (= Dopamindecarboxylasehemmer) Anticholinergika (gut wirksam gegen Rigor und Tremor): Biperiden (Akineton®) Metixen (Tremarit®) Amantadin (Symmetrel®, Adamantin-ratiopharm®, PK-Merz®, Contenon®) Monoaminooxidase-B-Hemmer: Selegilin (Movergan®) Dopaminagonisten: Bromocriptin (Pravidel®) Lisurid (Dopergin®) Krankengymnastik stereotaktische Hirnoperation: obsolet Beurteilungskriterien der therapeutischen Beeinflußbarkeit des PARKINSON-Syndroms Ausmaß der Hirnatrophie im CCT/MRT IBZM-SPECT L-Dopa- / F-Glucose-PET (zeigt postsynaptisch verminderten Dopaminstoffwechsel) Apomorphin-Test (Apomorphin = Dopaminagonist; Symptombesserung nach Apomorphin i.v., wenn nicht postsynaptisch bedingt) Poliomyelitis Poliomyelitis acuta anterior, Poliomyelitis epidemica anterior acuta, HEINE-MEDIN-Krankheit,epidemische spinale Kinderlähmung Definition Viral bedingte entzündliche Veränderung des Rückenmarksvorderhorns, die pathologisch-anatomisch mit Ganglienzellnekro -Motoneurone) einhergeht, klinisch häufig inapparent bleibt, leichte katharrhalische Symptome zeigt oder sich als Meningitis manifestiert, selten aber auch zu Lähmungen führt. Epidemiologie Inzidenz (weltweit): 10 / 1.000.000 Verbreitung in Nordamerika und Europa wegen des hohen Immuniserungsgrades durch Schutzimpfung drastisch zurückgegangen, jedoch in tropischen Ländern noch relativ häufig Zielgruppe: v.a. Kleinkinder, zunehmend auch ältere Kinder und Erwachsene Ätiologie Infektion durch Poliomyelitis-Viren (RNA-Viren des Genus Enterovirus der Picornaviridae) Typ I (Brunhilde, häufigster Erreger) Typ II (Lansing) Typ III (Leon) Reservoir: Nasenrachenraum Übertragung: fäkal-oral Gleichartige Krankheitszustände werden u.U. auch durch andere Viren (ECHO-, Coxsackie-, Arboviren) hervorgerufen. Klinik 90-95% der Infektionen verlaufen inapparent. Außerdem sind abortive Verläufe mit leichten, katharrhalischen Symptomen ("minor illness"), sowie Verläufe mit Meningitis, jedoch ohne Lähmungen ("aseptische Meningitis") möglich. Eine Manifestation der paralytischen Form ist somit eine Seltenheit (ca. 0,1%). Prodromalstadium: katharrhalische Erscheinungen der oberen Luftwege oder des Darmkanals ( Durchfall) mäßiger Temperaturanstieg Kopf-, Rücken- und Gliederschmerzen allgemeine Hyperästhesie freies Intervall (1-5 d) meningitisches Stadium: meningitische Zeichen, EEG-Veränderungen (in 50%) paralytisches Stadium (kann auch akut einsetzen!) asymmetrische schlaffe Paresen unterschiedlicher Ausprägung (z.B. Klauen-, Flaggenhand) und Verteilung (v.a. Paraplegien der unteren Extremität) Areflexie in den gelähmten Partien keine Sensibilitätsstörungen bei der spinalen Form nach Entfieberung keine Progression der Lähmungen Therapie symptomatisch: Intensivtherapie und Beatmung bei Atemmuskelbefall sowie bei der bulbären Form Isolation des Poliomyelitiskranken Prognose bei Beteiligung v.a. der Kerne des IX. und X. Hirnnerven (= bulbopontine Form) oder rasch aufsteigender Lähmung (= LANDRY-Paralyse) schlechte Prognose (Letalität 20-60%) häufig Rückbildung der Lähmungen innerhalb eines Jahres Residualschäden: atrophische Lähmungen (Paresen bleiben in 30% der Fälle zurück) trophische und vasomotorische Störungen Skelett- und Gelenkveränderungen Zurückbleiben des Knochenwachstums einzelner Extremitäten Polyneuropathie (PNP) Definition Gruppe ätiologisch unterschiedlicher Erkrankungen des peripheren Neurons bzw. seiner Hüllen, die mit schlaffen Lähmungen, sensiblen Reiz- und Ausfallserscheinungen sowie vegetativen Störungen einhergehen und viele bzw. alle Nerven betreffen. Ätiologie toxisch (2% bzw. 15% bei Hinzurechnung alkoholtoxischer Polyneuropathien) Medikamente: Chloroquin: hochdosiert Disulfiram: 1-1,5 g Isoniazid: 400-800 mg/d (irreversibel, jedoch verhinderbar durch Vitamin-B6-Substitution) Nitrofurantoin > 400 mg/d Phenytoin: hochdosiert und langfristig Sulfonamide: 30-40 g Vincristin: > 10 mg Amiodaron: 200-400 mg Schwermetalle Lösungsmittel Bakteriengifte metabolisch (34%): Diabetes mellitus, Urämie: 30% Porphyrie, Amyloidose, Makroglobulinämie: 4% Kollagenosen-assoziiert (3%): Panarteriitis nodosa Lupus erythematodes Sklerodermie zirkulatorisch: arterielle Verschlußkrankheit Ergotismus entzündlich: Coxsackie-Viren Borrelien idiopathisch: GUILLAIN-BARRÉ-Syndrom Krankheitserreger-bedingt: Zoster Lepra Lues alimentär: Malabsorption Beri-Beri Vitamin-B12-Mangel hereditär Klinik sensibel Motorisch Vegetativ Reizsymptome Parästhesien Schmerz Hitzegefühl/Brennen Hyperpathie Crampi Faszikulationen Hyperhidrose Hyperkeratose Bindegewebsproliferation Tachykardie Ausfallssymptome Hyp-/Anästhesie Hyp-/Analgesie Parese/Paralyse Atrophie Hypo-/Areflexie Anhidrose Rubeosis (Vasomotorenlähmung) Hautatrophie, Ulzera, Wundheilungsstörungen neurogene Osteoarthropathie Darm-, Blasen-, Sexualfunktionsstörungen Kreislauf-/Herzfunktionsstörungen Zusatzsymptomatik bei bestimmten PNP-Formen Polyneuropathie-Ursache Symptome Arsen Hyperkeratosen, Nagelstreifen (MEES-Streifen) Thallium Haarausfall, Psychosen, „burning feet“, Hirnnervenbeteiligung Blei Radialisparese Triarylphosphat (TAP) Wadenmuskelschmerz, Atrophien („Storchenbeine“), Myopathie, Eigenreflexe Triorthocresylphosphat (TOCP) Fußheberparese GUILLAIN-BARRÉ-Syndrom (GBS) Idiopathische Polyneuritis GUILLAIN-BARRÉ-STROHL Epidemiologie Inzidenz: 1,7 / 100.000 Erkrankung kann in jedem Lebensalter auftreten Ätiologie unbekannt (in 80% der Fälle geht allerdings ein Infekt des Gastrointestinal- bzw. Respirationstraktes voraus) Klinik anfangs milde sensible Ausfälle, häufig Kribbelparästhesien folgend: motorische Störungen (innerhalb von 14 Tagen, selten bis 4 Wochen, aufsteigende symmetrische Lähmungen) Diagnose Klinik (s.o.) verlangsamte Nervenleitgeschwindigkeit (Markscheidenschädigung): < 30 m/s isolierte Liquoreiweißvermehrung (entzündlich veränderte Nervenwurzeln): > 80-150 mg% Therapie Immunglobulingabe und/oder Plasmaseparation Prognose in > 80% der Fälle: gute Prognose mit vollständiger Abheilung nach 3-5 Monaten Schlaganfall Apoplexie, Apoplexia cerebri Definition Durch Ischämie oder Blutung bedingte Nekrose von Hirnarealen. Epidemiologie Häufigkeit (BRD): 250.000 / Jahr Risikofaktor Alter 45-54 Jahre: 1faches Risiko 55-64 Jahre: 2,5faches Risiko 65-74 Jahre: 6,5faches Risiko 75-80 Jahre: 11,9faches Risiko Ätiologie Ischämie (80%): Myxom, Aneurysma, paradoxe Embolie bei offenem Foramen ovale arterio-arterielle Embolisation (60%): Plaquematerial aus der Aorta oder den Karotiden hämodynamisch (20%): Carotis-interna-Stenose/-Verschluß bei fehlender/mangelnder Kollateralisation Blutung (20%): Parenchymblutungen: z.B. Tumorblutungen, Blutungen bei Antikoagulation Subarachnoidalblutung Subdural-/Epiduralblutung Sinusvenenthrombosen Ursachen ischämischer Schlaganfälle Arteriosklerose Gefäßdissektion (meist traumatisch: Schlag auf Karotiden oder Vertebralisarterien) Vaskulitiden: autoimmun (SLE, Panarteriitis nodosa), erregerbedingt (Syphilis, Tbc, Viren) Moya-Moya: ätiologisch unklarer Verschluß basaler Hirnarterien bei jungen Patienten (schlechte Prognose) Risikofaktoren der Arteriosklerose der Hirnarterien arterielle Hypertonie (6-8faches Risiko) periphere arterielle Verschlußkrankheit (2-3faches Risiko) Diabetes mellitus (2-3faches Risiko) koronare Herzkrankheit (2-3faches Risiko) Alkohol (2-3faches Risiko) Fettstoffwechselstörungen (2faches Risiko) Rauchen (1,5-2faches Risiko) Adipositas, Kontrazeptiva (Risikofaktoren, deren Bedeutung derzeit aber noch unbekannt ist) Klinik Hemiparese Hemihypästhesie Hemiataxie neuropsychologische Ausfälle: Aphasie, Akalkulie, Agraphie, Alexie Kopfschmerzen Vigilanzminderung (auch Folge des perifokalen Ödems) Diagnose Vitalzeichen RR Blutzucker EKG (Vorhofflimmern? Alter Herzinfarkt?) CCT (Blutung?) Blutbild Gerinnung weitere Diagnostik zur Sekundärprophylaxe: Ultraschall: extrakraniell/transkraniell (Stenose, die zu operieren ist?) 24-h-EKG Echokardiographie: transthorakal, TEE Foramen-ovale-Diagnostik Syphilisdiagnostik (TPHA) ANA (antinukleäre Antikörper), anti-DNA-Antikörper (Vaskulitis?) Protein C, Protein S, erweiterte Gerinnnung MR-Angiographie Angiographie Therapie allgemeine Maßnahmen: RR nur senken, wenn > 230 mmHg (Aufrechterhaltung der Hirnperfusion!) Hkt senken, wenn erhöht Hypo-/Hyperglykämien ausgleichen Fibrinolyse (gebräuchlich beim Basilarisinfarkt, im vorderen Stromgebiet eher nicht bzw. nur im Rahmen von Studien angewandt) fibrinolytische Behandlung des intrakraniellen Gefäßverschlusses innerhalb maximal 6 h, eher sogar nur 3 h nach Beginn der Symptomatik lokal oder systemisch Cave: Blutungsrisiko fraglich: therapeutischer Effekt oder Spontanverlauf? Thrombozytenaggregationshemmer als Sekundärprophylaxe signifikante Risikoreduktion durch ASS notwendige ASS-Dosis derzeit noch umstritten (30-300 mg/die) Tiklopidin: gleiche Wirksamkeit wie ASS, jedoch erheblich teurer Antikoagulation: Heparin, Heparinoide Vitamin-K-Antagonisten (low-dose-Marcumarisierung wegen hohem Blutungsrisiko) Behandlung einer symptomatischen Karotisstenose: Endarteriektomie bei symptomatischer Stenose > 70% Operation bei symptomatischen Stenosen < 30% jedoch unterlegen Senkung/Beseitigung von Risikofaktoren Schwindel Benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel Definition Durch eine bestimmte Kopfbewegung ausgelöste, auf einer Kupulolithiasis beruhende Form des peripheren Lagerungsschwindels mit guter Prognose. Epidemiologie Altersgipfel: 6.-8. Lebensdekade Bevorzugung des weiblichen Geschlechtes Ätiologie Anlagerung spontan-degenerativ oder traumatisch losgelöster anorganischer Partikel des Utrikulusotolithen an die Kupula des hinteren Bogenganges ( Kupulolithiasis) Folge: die normalerweise das gleiche spezifische Gewicht wie die Endolymphe besitzende Kupula wird durch die Partikelanlagerung schwerer und damit auf Drehbeschleunigungen überempfindlich Klinik kurzdauernde Schwindelanfälle, oft mit rotierender Scheinbewegung und Übelkeit, Schweißausbruch, Angstgefühl (jedoch ohne Ohrgeräusch), die durch eine bestimmte Kopfbewegung ausgelöst werden Diagnose Untersuchung des Patienten unter FRENZEL-Brille im abgedunkelten Raum: Patient wird aufgefordert, die anfallsauslösende Lage einzunehmen (meist Seitenlage) nach wenigen Sekunden Latenz rotierender Nystagmus zum untenliegenden Ohr (20 sec bis 1 min Dauer) nach dem Aufrichten gegenläufiger, schwächerer Nystagmus mit geringem Schwindel Therapie physikalisches Lagerungstraining ( Auflösung/Verteilung der Partikel) Prognose gut (spontane Rückbildung innerhalb Wochen bis Monaten) Morbus MENIÈRE MENIÈRE-Krankheit Definition Erkrankung des peripheren Hör- und Gleichgewichtsapparates, gekennzeichnet durch einseitigen, anfangs fluktuierenden Hörverlust, Ohrensausen (Tinnitus) und Attacken von Drehschwindel mit oder ohne Erbrechen. Ätiologie Endolymphhydrops des Labyrinths infolge entzündlich (Labyrinthitis), traumatisch oder akzidentell bedingter Resorptionsstörung im Saccus endolymphaticus durch perisakkuläre Fibrose bzw. Obliteration des Ductus endolymphaticus typische Drehschwindelattacken sind durch Rupturen des Endolympheschlauches, Austritt von Endolymphe und vorübergehende Kaliumintoxikation eines Bogengangnervs bedingt Epidemiologie Manifestation bevorzugt in der 4.-6. Lebensdekade geringe Bevorzugung des männlichen Geschlechtes Klinik Tinnitus und fluktuierende Hörstörungen häufig schon Jahre vor der Krankheitsmanifestation Druckgefühl im betroffenen Ohr einseitiger Beginn mit unregelmäßiger, zunächst zunehmender, dann wieder abfallender Frequenz der Drehschwindelattacken (minuten- bis stundenlange Dauer; im Verlauf u.U. Übergriff auf das andere Ohr) im Intervall (d.h. zwischen den Anfällen) zunächst Beschwerdefreiheit, dann zunehmend Ohrensausen und Hörminderung Therapie Durchblutungsförderung: Betahistidin (Vasomotal®, Aequamen®) Antivertiginosa: Dimenhydrinat (Vomex A®) operativ: kochleäre endolymphatische Shuntoperation intratympanale Instillation ototoxische Substanzen transtemporale Vestibularisneurektomie translabyrinthäre Vestibularisneurektomie Labyrinthektomie Prognose Sistieren der Drehschwindelattacken innerhalb von 5 Jahren in 80-90% der Fälle (auch unbehandelt; Ausbildung einer permanenten Fistel des membranösen Labyrinths?) Akuter peripherer Vestibularisausfall Akute periphere Vestibularisstörung, „Neuronitis vestibularis“ Definition Akut oder subakut einsetzender, peripher bedingter Schwindel mit der Symptomatik eines einseitigen Labyrinthausfalls. Ätiologie virale Infektion des Ganglion vestibulare Durchblutungsstörungen (z.B. Apoplexia labyrinthi) toxische Faktoren (z.B. Streptomycin) traumatische Faktoren Klinik Drehschwindel mit Fallneigung und vegetativer Begleitsymptomatik (Übelkeit, Brechreiz) heftiger horizontaler Spontannystagmus zur intakten Seite Rumpfataxie mit Fallneigung zur Seite kalorische Un- oder Untererregbarkeit des betroffenen Labyrinths Auslösung kurzer Schwindelphasen durch schnelle Kopfbewegungen Verlauf Gutartig. Nach wenigen Tagen vermindert sich die Symptomatik und setzt nach Tagen (selten erst nach Wochen) vollständig aus. Dies beruht entweder auf einer Herstellung der normalen Labyrinthfunktion oder auf zentraler Kompensation. Therapie Antivertiginosa (nur in den ersten 3-5 Tagen sinnvoll, da sie eine zentrale Kompensation verzögern): Dimenhydrinat (Vomex A®) Sulpirid (Dogmatil®) Übungsbehandlung (ab dem 3. Tag) Spastische Spinalparalyse Definition Sehr seltene, meist hereditär bedingte degenerative Erkrankung des 1. motorischen Neurons. Epidemiologie Bevorzugung des männlichen Geschlechtes (Männer : Frauen = 2 : 1) Ätiologie hereditär (75%): autosomal-dominanter, -rezessiver oder X-chromosomal-rezessiver Erbgang spontan (25%) Pathologie Verschmälerung des Gyrus precentralis, Degeneration der Pyramidenbahn Degneration des Tractus reticulospinalis in späteren Krankheitsstadien: geringe degenerative Veränderungen der Hinterstränge Klinik Beginn der Erkrankung meist im Kindes- oder Jugendalter (im Extrem erst ab dem 50. Lebensjahr): Steifigkeit in den Beinen später: Paraspastik der Beine (charakteristisch: Adduktorenspasmus Beine werden aneinandergepreßt) gesteigerte Eigenreflexe pathologische Reflexe keine wesentlichen Sensibilitätsstörungen Verlauf Langsame Progredienz über 20-30 Jahre. Armmuskulatur und bulbäre Muskeln werden erst spät betroffen. Im Endstadium Bettlägerigkeit mit spastischen Kontrakturen. Therapie eine kausale Therapie ist nicht bekannt Krankengymnastik (v.a. nach BOBATH) orthopädische Behandlung Behandlung der Spastik: z.B. Baclofen, Dantrolen Spinale Muskelatrophie (SMA) Definition Degenerative Erkrankung des Vorderhornzellsystems, die in unterschiedlichen Manifestationsformen in Kindes-, Jugend- und Erwachsenenalter vorkommt und sekundär zu einer Muskelatrophie führt. Formen: SMA im Kindesalter (SMA-K) infantile akute SMA (SMA 1) infantile intermediäre SMA (SMA 2): WERDNIG-HOFFMANN juvenile chronische SMA (SMA 3): KUGELBERG-WELANDER juvenile Bulbärparalyse: FAZIO-LONDE juvenile proximale SMA SMA im Erwachsenenalter (SMA-E) chronisch progrediente sporadische SMA benigne fokale SMA postpoliomyelitische SMA hereditäre Formen der SMA Ätiologie unklar; vermutlich handelt es sich um einen einfachen degenerativen Prozeß, z.B. aufgrund eines genetischen Defektes Klinik Leitsymptome ( nukleäres motorisches Syndrom) Muskelatrophie Parese Faszikulationen Muskeltonus Reflexminderung bis -verlust Vergrößerung der motorischen Einheiten (Folge der Neurondegeneration mit anschließender Reinnervation durch Kollateralenbildung verbliebener intakter Motoneurone) Nebensymptome: NLG bei Kindern: kontinuierliche Entladung motorischer Einheiten SMA des Kindesalters Infantile akute SMA (SMA 1; 0.-3. Lebensjahr, autosomal-rezessiver Erbgang) verminderte intrauterine Kindsbewegungen Bewegungsarmut, Schlaffheit, Abduktionshaltung der Extremitäten Trinkschwäche paradoxe Atmung (inspiratorische Bauchvorwölbung und Thoraxeinsenkung) Fehlen von Eigenreflexen Rasche Progredienz, Tod an den Folgen von Aspiration bei Atem- und Schluckschwäche (in 95% vor dem 18. Lebensmonat). Infantile intermediäre SMA (SMA 2; 3.-12. Lebensjahr, autsomal-rezessiver Erbgang): WERDNIG-HOFFMANN generalisierte Schwäche der Muskulatur (betont in den proximalen Beinmuskeln) Fehlen der Kniereflexe, die übrigen Reflexe erlöschen etwa ab dem 2. Lebensjahr Faszikulationen, Fingertremor „lernen nie gehen“ Entwicklung schwerer Skoliosen Lebenserwartung 4-8 Jahre, in Einzelfällen bis 15 Jahre. Juvenil chronische SMA (SMA 3; 2.-8. Lebensjahr, autosomal-rezessiver Erbgang): KUGELBERG-WELANDER verzögerte motorische Entwicklung anfangs Schwäche v.a. der proximalen Beinmuskulatur (z.B. Aufstehen aus dem Sitzen, Treppensteigen) lumbale Hyperlordose Pseudohypertrophie der Waden Reflexminderung, später Reflexverlust Faszikulationen Gehunfähigkeit je nach vorliegender Unterform der Erkrankung nach 15-20 oder bis zu 40 Jahren. Juvenile Bulbärparalyse (2.-10. Lebensjahr, autosomal-rezessiver Erbgang): FAZIO-LONDE Schwäche der mimischen Muskulatur, evtl. Ptose Schluckstörungen verwaschene Sprache später absteigende Parese von Hals-, Interkostal, Rumpf- und Extremitätenmuskulatur Tod nach wenigen Jahren (Aspirationspneumonie). Juvenile proximale SMA (6.-14. Lebensjahr, autosomal-dominanter Erbgang) Klinik wie SMA 3 (Verlauf allerdings etwas günstiger). SMA des Erwachsenenalters Chronische progrediente sporadische SMA (48. [20.-60.] Lebensjahr): DUCHENNE-ARAN / VULPIANBERNHARD anfangs Muskelsteife, „Ungeschicklichkeit“ (v.a. in Kälte) Schwäche bzw. Muskelatrophien häufig auch einseitig an Händen oder Schultergürtel, gelegentlich am Unterschenkel Ausbreitung der Paresen am ganzen Arm, Übergriff auf den anderen Arm und schließlich auf den ganzen Körper Reflexverlust (parallel zur Atrophie/Parese) Faszikulationen Verlauf 5-22 Jahre. Benigne fokale SMA (15.-40. Lebensjahr, fast nur Männer betroffen) meist nur einseitig umschriebene Atrophien, Parese Reflexminderung bis -verlust 1-2 Jahre raschere Entwicklung, dann weitgehend stationär. Postpoliomyelitische SMA Spiales nukleäres Syndrom an der Schädigungslokalisation der abgelaufenen Poliomyelitis Langsame Progredienz, gute Prognose. Hereditäre Formen der SMA Diagnose Klinik (nukleäres motorisches Syndrom, s.o.) EMG Muskelbiopsie Therapie bislang keine kausale Therapie möglich Krankengymnastik (weder unterfordern noch überlasten!) orthopädische Apparateversorgung Spinalis-anterior-Syndrom Arteria-spinalis-anterior-Syndrom, Syndrom der Thrombose der A. spinalis anterior Definition Neurologische Symptomatik bei ischämischer Durchblutungsstörung ventraler Rückenmarksanteile im Versorgungsgebiet der A. spinalis anterior (meist ist das Brust- und Lendenmark betroffen). Ätiologie meist kurzstreckige Thrombosen mit Verschluß funktioneller Endarterien (Sulkokommissuralarterien) im Zusammenhang mit Aneurysma dissecans, anderen Aneurysmen, Atherosklerose oder Thrombose der Aorta abdominalis Kompression/Verletzung einer Radikulararterie bzw. der A. spinalis anterior (Diskushernie, Tumor, epiduraler spinaler Abszeß) systemische Einflüsse: Intoxikation, Hypoxämie, akute Blutdrucksenkung Klinik Symptom Ursache schlaffe Parese auf Läsionsniveau Dissoziierte Empfindungsstörung (verminderte/ aufgehobene Schmerz- und Temperaturempfindung bei intakter Oberflächen- und Tiefensensibilität) auf Läsionshöhe fakultativ: dissoziierte Empfindungsstörung auch unterhalb des Läsionsniveaus spastische Parese unterhalb des Läsionsniveaus Schädigung der motorischen Vorderhornzellen Schädigung der vor dem Zentralkanal kreuzenden Fasern des Tractus spinothalamicus lateralis bei intakten Hintersträngen Schädigung des im Vorderseitenstrang nach oben ziehenden Tractus spinothalamicus lateralis Schädigung der Pyramidenbahn Das Symptom der „aufgehängten“ dissoziierten Sensibilitätsstörung (d.h. oberhalb und unterhalb der Läsion ist die Sensibilität intakt) tritt u.a. bei folgenden Erkrankungen auf: Spinalis-anterior-Syndrom Syringomyelie BROWN-SÉQUARD-Syndrom Subarachnoidalblutung (SAB) Subarachnoid hemorrhage (SAH) Definition Akute Blutung in den Subarachnoidalraum, die meist auf ein basales Aneurysma, seltener auf ein Angiom zurückzuführen ist. Epidemiologie Inzidenz: 10-13 / 100.000 aller Schlaganfälle aller intrakraniellen Blutungen Ätiologie Ursachen: sackförmige Aneurysmen (70%) arteriosklerotische Aneurysmen arteriovenöse Malformationen (5-10%) Tumorblutungen (2%) Traumen Sinusvenenthrombose Risikofaktoren: Hypertonie Alkoholabusus Rauchen Lokalisation von Aneurysmen (häufig multipel) A. communicans anterior (34%) bei Blutung häufig Okulomotoriusparese! A. carotis interna (26%) A. cerebri media (17%) A. cerebri anterior (5%) vertebrobasiläres Stromgebiet (3%) spinales Stromgebiet (1-3%) Klinik plötzliche, intensive, meist okzipital betonte Kopfschmerzen, häufig gefolgt von Meningismus Übelkeit, Erbrechen, andere vegetative Symptome fokalneurologische Zeichen Einteilung nach HUNT und HESS Grad I: Kopfschmerzen, leichter Meningismus Grad II: schwerste Kopfschmerzen, deutlicher Meningismus, Hirnnervenparesen (oft N. oculomotorius) Grad III: Somnolenz, Psychosyndrom, leichte Herdsymptome Grad IV: Sopor, Hemiparese, vegetative Dysregulation (Schwitzen, zentrales Fieber) Grad V: Koma Diagnose Anamnese (s.o.) CCT (in 95% positiv am 1., in 75% am 3. und in 50% nach 1 Woche) Lumbalpunktion (falls CCT negativ oder fraglich): Blut im Liquor (später: Hämosiderophagen) Xanthochromie (= Gelbfärbung) des Liquors nach Zentrifugation (6 h bis 14 d nach der Blutung): pathognomonisch für SAB TCD (transkranieller Doppler): falls Symptomatik älter als 24 h Angiographie Therapie akuter Hydrozephalus: externe Ventrikeldrainage Vasospamusprophylaxe: bereits in der Notaufnahme und für 14 Tage: Nimodipin 2 mg/h i.v. Flüssigkeitszufuhr Blutkoagelentfernung noch experimentell Vasospasmusbehandlung: Nimodipin hypervolämisch-hypertensive Therapie 3-5×250 ml Humanalbumin 5%/24 h Dopamin, Dobutamin Reblutungsprophylaxe: Aneurysma-Clipping (Therapiealternative: Coiling) bei HUNT-HESS I-III (-V): Früh-OP (innerhalb der ersten 72 h nach Blutung, jedoch niemals in der Phase des Vasospasmus zwischen dem 3. und 14. Tag) bei HUNT-HESS IV und V: OP nach 14 Tagen Prognose Letalität: Erstblutung (präklinisch): 15% Erstblutung (im Krankenhaus, ohne OP): 26% Erstblutung (im Krankenhaus, nach Früh-OP): 15% Reblutung (präklinisch): 78% Reblutung (im Krankenhaus): 50% Reblutungsrisiko: rupturiertes Aneurysma ohne OP: 50% in 6 Monaten, danach 3%/Jahr (davon 70% innerhalb von 14 d) rupturiertes Aneurysma nach Früh-OP: 6% rupturiertes Aneurysma nach Spät-OP: 22% SAB unbekannter Ätiologie: 1%/Jahr Syringomyelie Definition Langsam progrediente zentrale Hohlraumbildung des Rückenmarks mit neurologischer Ausfallssymptomatik infolge der Kompression von Rückenmarksstrukturen (zentromedulläres Syndrom). Ausdehnung über 5-10 Segmente, bevorzugt im Bereich des unteren Zervikal- und oberen Thorakalmarks, selten auch bis in Medulla oblongata und Pons ( Syringobulbie) oder ins Mittelhirn reichend; Lumbalmark selten und niemals isoliert betroffen Formen: primäre Syringomyelie (90%): angeboren, Kommunikation mit dem Zentralkanal sekundäre Syringomyelie (10%): erworben im Rahmen anderer Erkrankungen, meist keine Kommunikation mit dem Zentralkanal Von einer Hydromyelie spricht man, wenn die Hohlraumbildung in einer Erweiterung des beim Erwachsenen normalerweise auf weiten Strecken obliterierten Zentralkanals besteht. Epidemiologie Inzidenz: 5 / 1.000.000 Prävalenz: 60-90 / 1.000.000 Manifestationsalter: 20.-40. Lebensjahr Bevorzugung des männlichen Geschlechtes (Männer : Frauen = 2 : 1) Ätiologie primäre Syringomyelie: embryonale Fehlbildung des Neuralrohres, häufig assoziiert mit weiteren Fehlbildungen: ARNOLD-CHIARI-Syndrom (Tiefstand der Kleinhirntonsillen) Spina bifida basiläre Impression Blockwirbel Skoliose Nävus der Haut sekundäre Syringomyelie: Trauma Arachnitis intramedulläre Tumoren Klinik Symptom Ursache leichte, flüchtige bis heftige, z.T. brennende, dauerhafte Schmerzen, meist im Bereich des Schultergürtels (in 25% Erstsymptom) Dissoziierte Empfindungsstörung (verminderte/ aufgehobene Schmerz- und Temperaturempfindung bei intakter Oberflächen- und Tiefensensibilität) auf Läsionshöhe vegetative Störungen (Hypo-/Anhidrose, akrodistale Zyanose, Nagel-/Hautveränderungen, neurogene Osteoarthropathie mit Gelenkkapselverkalkung, Knochenentkalkungen) schlaffe Parese auf Läsionsniveau spastische Paraparese unterhalb des Läsionsniveaus Reizung von Hinterhornzellen durch Infiltration / Begleitgliose? bulbäre Symptome (horizontaler Nystagmus, Zungenatrophie, Dysphagie, Dysarthrophonie, abgeschwächter Kornealreflex, „zwiebelschalenförmige“ dissoziierte Empfindungsstörung des Gesichtes etc HORNER-Syndrom (= Miosis + Ptosis) Kyphoskoliose Schädigung der vor dem Zentralkanal kreuzenden Fasern des Tractus spinothalamicus lateralis bei intakten Hintersträngen Schädigung sympathischer Neurone des Rückenmarkseitenhorns Schädigung von Neuronen des Rückenmarkvorderhorns Schädigung der Pyramidenbahn (nur bei großer Syrinxhöhle) Schädigung von bulbären Hirnnervenkernen bei Syringobulbie Schädigung zentraler sympathischer Fasern Skelettanomalie bei Status dysraphicus? Trophische Störungen an Wirbelkörpern und Rippen bei veränderter Durchblutung? Lähmung/Atrophie der langen Rückenmuskeln? Veränderungen der Statik durch schlaffe Lähmungen im Schultergürtelbereich? Achtung: Aufgrund des Ausfalls von Schmerz- und Temperaturempfindung und gleichzeitiger gesteigerter Verletzlichkeit der atrophen Haut kommt es häufig zu unbemerkten Verletzungen, die sich infizieren und in eine Sepsis übergehen können. Diagnose MINORscher Schweißversuch zum Nachweis einer (segmentalen bzw. quadrantenförmigen) Anhidrose CCT + Myelographie MRT Therapie operativ: syringo-arachnoidaler oder syringo-peritonealer Shunt Foramen-magnum-Dekompression bei ARNOLD-CHIARI-Syndrom bei sekundärer Syringomyelie: ggf. Tumorexstirpation, Wirbeloperation etc. präventive Maßnahmen zur Vermeidung von Wunden, Ulzera, Sepsis: Verwendung von Schutzhandschuhen bei Arbeiten mit Verletzungsrisiko intensive Hautpflege Schmerztherapie: Carbamazepin, Amitriptylin Krankengymnastik Zervikale Myelopathie Definition Neurologische Symptomatik infolge mechanischer Kompression des Zervikalmarks. Ätiologie Einengung des Spinalkanals primär: anlagebedingt sekundär: ausgeprägte Spondylose, abnorme Beweglichkeit durch Mikrotraumen, medialer Bandscheibenvorfall vaskuläre Faktoren (Beeinträchtigung der Blutzufuhr durch die spinalen Aa. radiculares) Klinik langsam progrediente spastische Paraparese (Schwere-/Schwächegefühl der Beine) Parästhesien und Sensibilitätsstörungen v.a. der unteren Extremitäten radikuläre Schmerzausstrahlung in die Arme (20-30%) Verlauf Charakteristisch ist ein langsames Aufsteigen sensibler und motorischer Ausfälle von den unteren Extremitäten bis auf das Niveau der Kompression. Liquordiagnostik Liquorgewinnung Liquor wird durch Punktion des Subarachnoidalraumes gewonnen, wobei prinzipiell zwei Verfahren angewandt werden: Lumbalpunktion: Punktion zwischen dem 3. und 4. oder 4. und 5. Lendenwirbelkörper Subokzipitalpunktion: technisch einfacher, jedoch risikoreicher (deshalb nicht routinemäßig angewandt) Eine Liquorentnahme ist bei gesteigertem intrakraniellem Druck kontraindiziert, da die hierdurch bewirkte plötzliche Druckentlastung zur Einklemmung des Hirnstammes im Tentoriumschlitz oder im Foramen magnum führen kann. Normwerte Physikalische Parameter Farbe Volumen Produktionsrate Druck Biochemische Parameter Erythrozyten* Säuglinge jüngere Kinder ältere Kinder Erwachsene Kinder Erwachsene Neugeborene ältere Kinder/ Erwachsene Neugeborene Erwachsene Neugeborene Säuglinge ältere Kinder/Erwachsene Wasserklar 40-60 ml 60-100 ml 80-120 ml 135 (100-160) ml 0,35 ml / min 40-100 mmH2O 60-195 mmH2O 120 (0-675) / µl 0 Leukozyten* 0-15 / µl 0-5 / µl Gesamtprotein 430-1030 mg/l 150-450 mg/l 200-400 mg/l Glucose 2,7-4,1 mmol/l bzw. 65 (61-89)% der Blutglucose Lactat ½-15 Jahre 1,1-1,8 mmol/l 16-50 Jahre 1,5-2,1 mmol/l pH-Wert 7,31 * Der Zellgehalt des Liquors wird nach Anfärbung der Zellen mit Karbolfuchsinlösung in der F UCHSROSENTHAL-Kammer bestimmt. Da diese ein Volumen von 3.2 mm3 (µl) hat, erfolgt im deutschen Schrifttum die Angabe in „/3 Zellen“. „15/3 Zellen“ z.B. entsprechen somit 5 Zellen pro µl. Pathologische Normabweichungen Parameter Farbe Veränderung Rotfärbung (Erythrochromie) Gelbfärbung (Xanthochromie) Ursache Blutbeimischung im Verlauf der Punktion oder höchstens 5-6 h vorher Beimischung von Blutzerfallsprodukten (Blutung älter als 6 h), starke Eiweißvermehrung, schwerer Ikterus (Bilirubin > 15 mg%), erhöhte Permeabilität der Meningealschranke für Bilirubin oder Carotine (z.B. bei Meningitis, Liquorzirkulationsblock) Braunfärbung Melanosarkom von ZNS oder Meningen Trübung Pleozytose > 800/3 Zellen eitrige Verfärbung Pleozytose > 3000/3 Zellen Gesamtprotein* Sperrliquor, hypertone Dehydratation, Melanom des ZNS, Mykosen des ZNS, eitrige Meningitis GUILLAIN-BARRÉ-Syndrom, diabetische Polyneuritis, Akustikusneurinom, Aliquorrhoe tuberkulöse Meningitis, parasitärer Befall des ZNS, Neurolues, Subduralhämatom Hirntumor, Tabes dorsalis, Virusmeningoenzephalitis, Nachbarschaft eines Diskusprolaps oligoklonale Banden bakterielle Meningitis, mykotische/parasitäre Infektionen, Neuroborreliose, Herpes-simplex-Meningitis, Herpes-zosterMeningitis, Meningitis bei Zytomegalie / Mumps / Masern, Hirnabszeß, Neurolues des ZNS, subakute sklerosierende Panenzephalitis, Myleom, liquornahe ZNS-Tumoren, Meningeosis carcinomatosa Glucose Diabetes mellitus bakterielle Meningits, Pilzmeningitis, virale Meningoenzephalitis (Mumps, Herpes simplex), Meningeosis carcinomatosa, Sarkoidose des ZNS Lactat bakterielle Meningitis, zerebrovaskuläre Erkrankungen, diabetische Azidose * Bei stark erhöhtem Eiweißgehalt kann der entnommene Liquor gerinnnen. Liquorimmunglobuline Anders als im Serum spielt sich die Immunglobulinproduktion im ZNS nicht so ab, daß einer frühen IgMSynthese eine spätere, anhaltende IgG-Synthese folgt. IgM und IgA werden hierbei nur bei einzelnen Krankheitsbildern beobachtet, wobei sie in der Regel parallel zum IgG gebildet werden. Ein Nachweis einer lokalen (autochthonen) Immunglobulinproduktion im ZNS kann durch die Bestimmung des IgG-Index erfolgen: Werte > 0,7 sind pathologisch und deuten auf eine lokale IgG-Synthese hin. Ein qualitativer Nachweis einer lokalen Immunglobulinproduktion kann durch oligoklonale Subfraktionierung im Liquor mit Hilfe einer empfindlichen elektrophoretischen Technik (isoelektrischen Fokussierung) erfolgen. Die hohe Auflösungskraft dieser Methode erlaubt die Darstellung von oligospezifischem IgG, das sich in Form eines Bandenmusters („oligoklonale Banden/Fraktionen“) aus dem Hintergrund des polyklonalen IgG heraushebt. Amyotrophische Lateralsklerose BROWN-SÉQUARDSyndrom FRIEDREICH-Ataxie Funikuläre Myelose Paresen schlaff spastisch + + + + + + Epidemiologie Quellenangaben [01] Vorlesung Neurologie B [02] Kunze: Lehrbuch der Neurologie, Thieme, 1992. [03] Fröscher: Neurologie, de Gruyter, 1990. [04] Poeck: Neurologie, 9. Auflage, Springer, 1994. [05] Trepel: Neuroanatomie, Urban & Schwarzenberg, 1995. [06] Kahle: dtv-Atlas der Anatomie, Bd. 3: Nervensystem und Sinnesorgane, 6. Auflage, dtv, 1991. [07] Rauber, Kopsch: Anatomie des Menschen, Bd. 3: Nervensystem, Sinnesorgane, Thieme, 1987. [08] Herold: Innere Medizin, Gerd Herold, 1997. [09] Wissenschaftliche Tabellen Geigy, Teilband Körperflüssigkeiten, 8. Auflage, Geigy, 1977. [10] Dörner: Klinische Chemie, 2. Auflage, Enke, 1992. [11] Forth, Henschler, Rummel, Starke: Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie, 6. Auflage, BI-Wiss.- Verlag, 1992.