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Wichtige biotische Faktoren in der Übersicht
Lebensformtypen.
Konvergierende Evolution
Parallelevolution
Übungsaufgabe
Ernährung
Energiefluss
Körpergröße und Nahrungsbedarf
Spezialformen: Mykorrhiza
Übungsaufgabe
Biologische Zeitmessung
Tagesperiodik
Lunarperiodik
Jahresperiodik
Übungsaufgabe
Wechselwirkungen zwischen Lebewesen
Wechselwirkungen zwischen Tieren
Wechselwirkungen zwischen
Wechselwirkungen zwischen Pflanze und Tier
Biologische Zeitmessung Betrachtet man den Zeitablauf vieler Verhaltensweisen von Tieren
oder von physiologischen Vorgängen bei Organismen, so stellt man fest, dass häufig diese
Ereignisse periodisch auftreten, also bestimmten Rhythmen folgen. Die Periodendauer dieser
Rhythmen ist sehr unterschiedlich und hängt von der biologischen Leistung selbst, aber auch
von der Art des Organismus ab:
1. Kurzzeitrhythmen: Typische Beispiele für Kurzzeitrhythmen sind die elektrischen
Entladungen, die in den Nervenzellen des Zentralnervensystems stattfinden. Die elektrische
Aktivität des Gehirns, die auf der Depolarisation der Nervenzellmembranen beruht, hat eine
typische Periodik von 90-120 ms. Sie wird im EEG (= Elektroenzephalogramm) sichtbar.
2. Tagesrhythmik:
Diejenigen rhythmischen Veränderungen in oder von Lebewesen, die synchron zur 24-stündigen
Erdrotation verlaufen, sind tagesperiodische Leistungen. Ein uns allen vertrautes Beispiel dafür
ist der Schlaf-Wachrhythmus beim Menschen, aber auch die Hebungs- und
Senkungsbewegungen der Blätter von vielen Pflanzen (z.B. die Bohne Phaseolus).
3. Gezeitenrhythmik: Viele küstenbewohnende Meeresorganismen zeigen periodische
Leistungen, die an den Wechsel zwischen Ebbe und Flut angepasst sind. Die Gezeitenrhythmik
hat eine Periodendauer von 12,4 Stunden. Dazu gehören die Aktivitätszeiten von
wattbewohnenden Borstenwürmern.
4. Lunarrhythmik: Die Leistungen von Organismen, die synchron mit den 29,5-tägigen
Mondphasenzyklus verlaufen, bezeichnet man als lunarperiodisch. Die Semilunarrhythmik, also
die Ankopplung an den Zyklus von Spring- und Nipptiden an der Meeresküste, haben wir bereits
in der Fallstudie zur physiologischen Ökologie in der ersten Kurseinheit kennen gelernt.
5. Jahresrhythmik: Leistungen mit der Periodendauer von einem Jahr, also einer Umkreisung
der Sonne durch die Erde, prägen viele biologische Vorgänge. Bekannte Beispiele sind der
Winterschlaf mittelgroßer Säugetiere sowie die Blühperioden und der Blattfall bei Pflanzen.
Steuerung von Biologischen Rhythmen:
Die Grundlagen der periodischen biologischen Ereignisse sind unterschiedlich:
Kurzzeitrhythmen werden von endogenen, zyklischen Prozessen (z.B. Stoffwechselvorgänge)
bestimmt, es gibt keine Entsprechung zu den kurzen Periodendauern in der Umwelt. Anders
sieht es bei den vier erwähnten umweltsynchronen Rhythmen aus: Hier besteht neben der
Steuerung durch endogene Zyklen auch die Möglichkeit, dass die periodischen Leistungen auf
den direkten Einfluss des Umweltzyklusses zurückzuführen sind, also nicht auf endogene
Leistungen. Wie man zwischen diesen beiden Steuerungsmöglichkeiten unterscheiden kann,
werden die folgenden drei Abschnitte über die Tages-, Lunarund Jahresperiodik zeigen.
Ökologische Bedeutung:
Abschließend noch ein Wort zur Bedeutung von endogenen, biologischen Rhythmen als
wichtige biotische Faktoren in der Ökologie. Endogene Tagesrhythmen sind einer inneren Uhr
vergleichbar, die beispielsweise Stoffwechseloder Wachstumsprozesse zu dem Zeitpunkt
aktivieren, an dem jeder dieser Prozesse im Freiland seine optimale Leistung entfalten kann.
Die biologische Zeitmessung ist eine Eigenschaft, die die meisten, wenn nicht alle Organismen
besitzen. Sie erlaubt es den Organismen, sich zeitlich optimal in ihren Lebensraum einzuklinken.
2.1 Tagesperiodik
Tagesrhythmische Vorgänge sind häufig, gut untersucht und bereits seit 1729 als endogen
gesteuert erkannt. Der Nachweis der inneren Uhr erfolgte in diesem Jahr durch ein einfaches
Experiment: Pflanzen wurden aus dem Naturtag entnommen und in eine Dunkelkammer gestellt.
Dort fehlten die Außenreize wie Sonnenuntergang und Sonnenaufgang als direkte
Einflussgrößen für tagesperiodische Leistungen. Dennoch verhielten sich die Pflanzen
tagesperiodisch: Die typischen Hebungs- und Senkungsbewegungen der Blätter fanden auch
bei Dauerdunkel zur "richtigen" Tageszeit statt.
Nachweis und Eigenschaften der inneren Uhr:
Um über den bloßen Nachweis einer inneren Uhr hinaus auch ihre Eigenschaften und ihre
Abhängigkeit von äußeren Umweltbedingungen erfassen zu können, untersucht man am
einfachsten eine tagesperiodische Leistung, die sich unter Konstantbedingungen (Dauerdunkel
oder Dauerhell) in einem Versuchsraum automatisch registrieren lässt. Bei Tieren ist eine
solche Eigenschaft die Bewegungsaktivität. Unser Beispiel (Abb. 2.11) zeigt die lokomotorische
Aktivität eines Flughörnchens (Glaucomys volans), das sich 23 Tage lang in einer
Dunkelkammer befand. Der Registriermechanismus stellt einzelne Bewegungen des Tieres als
Zacken über der Grundlinie dar, Dauerbewegungen (z.B. Laufen während der Futtersuche)
dagegen als breite schwarze Streifen. Ordnet man die Registrierstreifen eines jeden Tages
untereinander wie die Zeilen einer Buchseite an, so erschließt sich auf einen Blick das gesamte
Bewegungsverhalten des Tieres während des Versuchszeitraumes. Zur Interpretation von
Abbildung 2.11 ist es wichtig zu wissen, dass Flughörnchen im Freiland nachtaktiv sind.
Dementsprechend beginnt das Tier am Tag 1 seine Laufaktivität gegen 18.00 Uhr und hält sie
mehrere Stunden, wie im Freiland, aufrecht. Obwohl der Zyklus zwischen Laufaktivität und
Ruhe auch in den folgenden Tagen mit erstaunlicher Präzision trotz fehlender Außenreize
aufrechterhalten wird, so fällt doch auf, dass der Beginn der Aktivitätszeit jeden Tag etwas
später liegt. Der endogene Rhythmus des Tieres ist etwas länger als der Naturtag und besitzt
eine Periodendauer von 24 h und 21 min. Wir sprechen daher von einem freilaufenden
Rhythmus, der individuell von Tier zur Tier auch bei derselben Art unterschiedlich ist.
Entsprechend wird die innere Uhr wegen ihrer Abweichung vom Naturtag auch circadiane Uhr
(lat.: circa diem = ungefähr einen Tag) genannt.
Circadiane Uhr
Die drei wichtigsten Eigenschaften einer circadianen Uhr sind folgende:
1. Die circadiane Periodendauer ist angeboren.
Es ist weder möglich, einem Tier experimentell eine völlig andere Periodendauer
aufzuprägen, noch durch Aufzucht in Dauerhell circadiane Rhythmik
völlig auszulöschen. 2. Die circadiane Uhr ist temperaturkompensiert. Nicht nur bei
endothermen, sondern auch bei ektothermen Tieren übt die Temperatur keinen nennenswerten
Einfluss auf die Periodendauer des freilaufenden Rhythmus aus. 3. Die Lichtintensität hat einen
geringen Einfluss auf die Periodendauer. Wird ein Tier Dauerhell-Bedingungen ausgesetzt, so
kann eine Erhöhung der Beleuchtungsstärke die Periodendauer je nach Tierart geringfügig
verkürzen oder verlängern.
Nutzung der circadianen Uhr für die Zeitkompensation des Sonnenkompasses:
Für die Orientierung im Raum, beispielsweise zu einer Nahrungsquelle oder zum
Fortpflanzungsort, benutzen viele Tiere einen Sonnenkompass, d.h. sie bestimmen die
gewünschte Himmelsrichtung mit Hilfe des Sonnenazimuts. Dieses Orientierungsverhalten lässt
sich auch experimentell an Staren (Sturnus vulgaris) zeigen, die in einem Rundkäfig mit
Futterbelohnungen auf eine bestimmte Himmelsrichtung dressiert werden Um den
Sonnenazimut als Richtungsgeber nutzen zu können, muss die tagesperiodische, apparente
Sonnenwanderung am Himmel kompensiert werden. Ein Star, der nach Süden dressiert ist,
muss vormittags einen stündlich kleiner werdenden Winkel α rechts von der Sonne einschlagen
mittags muss er auf die Sonne zufliegen, nachmittags muss er einen stündlich größer
werdenden Winkel β links von der Sonne einschlagen). Die notwendige Information über die
Tageszeit wird durch eine innere circadiane Uhr geliefert. Dies kann man in "clock shift"Versuchen nachweisen: Ein Star wird für wenigstens eine Woche in einer Dunkelkammer mit
einem künstlichen Tagesgang gehalten, der um 6 Stunden gegenüber der Ortszeit verschoben
ist. Die Tagesrhythmik des Stars und seine innere Uhr verschieben sich entsprechend um 6
Stunden. Wenn er am Versuchstag um 9 Uhr Ortszeit im Rundkäfig getestet wird (Abb. 2.13 C),
dann zeigt die innere Uhr des Stars bereits 15 Uhr (Kunstzeit) an. Seine Richtungswahl ist
entsprechend seiner inneren Uhr und nicht entsprechend des Naturtages: er wählt den subjektiv
richtigen, aber objektiv falschen Winkel β links von der Sonne und fliegt in eine um 90° von der
wahren Dressurrichtung verschobenen Richtung nach Osten.
Dieses Beispiel demonstriert, dass tagesperiodische biologische Uhren einen wesentlichen
Beitrag leisten zu vielen Verhaltensweisen von Tieren, aber auch zur Steuerung von Prozessen
bei Pflanzen. Sie sind wichtige biotische Faktoren, die die zeitliche Einnischung in das jeweilige
Habitat kontrollieren.
2.2 Lunarperiodik
Lunarperiodiken treten vor allem bei Meeresbewohnern auf. Sie umfassen diejenigen periodisch
auftretenden Prozesse oder Verhaltensweisen, die entweder synchron mit dem
Mondphasenzyklus verlaufen, d.h. etwa alle 30 Tage (Lunar-periodik), oder parallel zum mit der
Mondphase korrelierten Spring-Nipptiden- Zyklus (Semilunarperiodik), d.h. etwa alle 15 Tage.
Diese Periodiken betreffen fast ausschließlich die Steuerung des Fortpflanzungsgeschehens:
Reproduktive Stadien treten immer nur an einem bestimmten Tag des Mondphasenzyklusses
auf. Der Nachweis, dass es sich hierbei um eine endogene Rhythmik handelt, wird wiederum im
Labor unter Dauerdunkel-Konstantbedingungen geführt. Nach der Überführung ins Labor zeigen
diese Organismen für eine gewisse Zeit frei laufende lunare Rhythmen mit einer Periodenlänge
von 30 oder 15 Tagen. Der marine Ringelwurm Platynereis (Annelida: Polychaeta) hat eine 30-
tägige Rhythmik. Die Braunalge Dictyota und die Mücke Clunio marinus haben eine 15-tägige
Rhythmik. Eine ausführliche Darstellung der Semilunarperiodik von Clunio marinus findet sich in
der Kurseinheit "Einführung in den Bereich der Ökologie". Der Zeitgeber für die endogenen
lunaren Rhythmen ist in den mittleren geografischen Breiten der Mondlichtwechsel. In nördlichen
Breiten wäre das Mondlicht im Sommerhalbjahr wegen der kurzen Nächte und wegen der
geringen Vollmondhöhe ein wenig geeigneter Zeitgeber. In Anpassung an diese geografisch
unterschiedlichen Umweltbedingungen können die nördlichen Populationen eine alle 15 Tage
wiederkehrende Zeitgeberinformation aus Gezeiten und Tag-Nacht-Zyklus nutzen.
2.3 Jahresperiodik
Die jahresperiodischen Fortpflanzungs- und Entwicklungsrhythmen haben wegen ihres
Zusammenhangs mit der Überlebenschance der Nachkommen einen hohen selektiven Wert. Sie
sind experimentell für eine Vielzahl von Pflanzen und Tieren nachgewiesen worden. Der
Nachweis erfolgt wie üblich unter Konstantbedingungen im Labor, und die endogene Uhr
reagiert mit freilaufenden Periodendauern, die meist etwas kürzer als ein Jahr sind. Daher
sprechen wir auch von circannualen Rhythmen.
In gemäßigten und arktischen Gebieten mit ausgeprägten jahreszeitlichen Schwankungen der
Tageslänge dient die Photoperiode, also die Dauer der täglichen Lichtzeit, als außerordentlich
präziser, da wetterunabhängiger Zeitgeber. periodik), oder parallel zum mit der Mondphase
korrelierten Spring-Nipptiden- Zyklus (Semilunarperiodik), d.h. etwa alle 15 Tage. Diese
Periodiken betreffen fast ausschließlich die Steuerung des Fortpflanzungsgeschehens:
Reproduktive Stadien treten immer nur an einem bestimmten Tag des Mondphasenzyklusses
auf.
Der Nachweis, dass es sich hierbei um eine endogene Rhythmik handelt, wird wiederum im
Labor unter Dauerdunkel-Konstantbedingungen geführt. Nach der Überführung ins Labor zeigen
diese Organismen für eine gewisse Zeit frei laufende lunare Rhythmen mit einer Periodenlänge
von 30 oder 15 Tagen. Der marine Ringelwurm Platynereis (Annelida: Polychaeta) hat eine 30tägige Rhythmik. Die Braunalge Dictyota und die Mücke Clunio marinus haben eine 15-tägige
Rhythmik. Eine ausführliche Darstellung der Semilunarperiodik von Clunio marinus findet sich in
der Kurseinheit "Einführung in den Bereich der Ökologie".
Der Zeitgeber für die endogenen lunaren Rhythmen ist in den mittleren geografischen Breiten
der Mondlichtwechsel. In nördlichen Breiten wäre das Mondlicht im Sommerhalbjahr wegen der
kurzen Nächte und wegen der geringen Vollmondhöhe ein wenig geeigneter Zeitgeber. In
Anpassung an diese geografisch unterschiedlichen Umweltbedingungen können die nördlichen
Populationen eine alle 15 Tage wiederkehrende Zeitgeberinformation aus Gezeiten und TagNacht-Zyklus nutzen.
Die Zeitgeber für die Synchronisation der inneren Uhr mit dem äußeren Jahresrhythmus
unterscheiden sich je nach geografischer Breite. In subtropischen und tropischen Gebieten mit
saisonalen Klimaschwankungen dienen meist die Temperatur und/oder die Feuchte (Regenzeit!)
als Synchronisationsfaktoren. In gemäßigten und arktischen Gebieten mit ausgeprägten
jahreszeitlichen Schwankungen der Tageslänge dient die Photoperiode, also die Dauer der
täglichen Lichtzeit, als außerordentlich präziser, da wetterunabhängiger Zeitgeber.
Als Beispiel für circannuale Rhythmen beleuchten wir im Folgenden die jahreszeitlich
unterschiedlichen Leistungen von Zugvögeln. Zu den Langstreckenziehern gehört der
Fitislaubsänger, der in Mitteleuropa brütet und in Mittel- bis Südafrika überwintert Dieser kleine
Singvogel unterliegt komplizierteren Veränderungen der Photoperiode während eines Jahres als
ein europäischer Standvogel, da er sich wegen seines Wanderverhaltens entlang der NordSüd-Achse in den verschiedensten geografischen Breiten aufhält, die sich wiederum erheblich in
ihrem lokalen Jahresgang der Photoperiode unterscheiden. Der komplizierte jahresperiodische
Lichtlängenwechsel macht es unwahrscheinlich, dass die saisonalen Leistungen wie Zug,
Fettansatz, Mauser und Reifung der Gonaden (= Geschlechtsorgane) allein durch die
Photoperiode als abiotischen Umweltfaktor gesteuert werden. Der Nachweis einer endogenen,
jahreszeitlichen Vorprogrammierung mittels einer biologischen Uhr gelingt mit
Aufzuchtexperimenten, die zeigen, dass die Jahresleistungen auch unter konstanter
Photoperiode in der richtigen Reihenfolge und zur richtigen Jahreszeit auftreten. Daher kann der
Fitislaubsänger auch bei der konstanten Photoperiode im Überwinterungsgebiet rechtzeitig mit
dem Rückflug ins Brutgebiet beginnen. Auch die Dauer der Zugunruhe, die mit der Entfernung
zwischen Brut- und Überwinterungsgebiet zusammenhängen muss, ist eine endogene Leistung
der Vögel. Der Nachweis der endogenen Vorprogrammierung der jahreszeitlichen Leistungen,
wie der Gonadenreifung und der Mauser, kann anhand von langjährigen Aufzuchtversuchen mit
der Gartengrasmücke, einem weiteren Zugvogel, geführt werden. Der Vergleich zwischen
Tieren, die unter Naturtag und somit mit externem Zeitgeber aufgezogen wurden, und solchen
die immer unter der konstanten Photoperiode von 12 Stunden Licht und 12 Stunden Dunkelheit
gelebt haben, zeigt:
1. es ist eine innere Uhr vorhanden, externe Zeitgeber sind nicht nötig; und
2. die Periodenlänge der inneren Rhythmik ist kürzer als die des natürlichen Jahres. Daher muss
im Freiland der circannuale Rhythmus mit dem Jahresgang über den Zeitgeber 'Photoperiode'
synchronisiert werden.
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