Mykobakterien

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Kurs 7
Themen:
Mykobakterien
Korynebakterien
Nokardien
Aktinomyceten
Mykobakterien sind gerade oder leicht gekrümmte, schlanke, unbewegliche
Stäbchenbakterien. Gemeinsames Merkmal dieser Bakterien ist die sog. Säurefestigkeit in der
Ziehl-Neelsen-Färbung. Unter dem Begriff "Tuberkulosebakterien" (Tb-Komplex) werden
M. tuberculosis (einschließlich M. africanum) und M. bovis (einschließlich BCG-Stämme)
zusammengefaßt. Alle anderen Mykobakterien werden als "atypische Mykobakterien",
"Nicht-Tuberkulöse Mykobakterien" (NTM) oder „Mycobacteria other than tuberculosis"
(MOTT) bezeichnet. NTM kommen in der Umwelt vor. Somit bedeutet die Isolierung einer
NTM aus Patientenmaterial nicht zwingend, dass eine Erkrankung vorliegt. Die Beurteilung
von solchen Befunden ist manchmal sehr schwierig und fordert eine enge Zusammenarbeit
zwischen behandelndem Arzt und Mikrobiologen / Infektiologen.
Pathogenität
Species
Krankheitsbild
immer
M. tuberculosis
Lungen- und extrapulmonale
Tuberkulose
Tuberkulose hauptsächlich in Afrika
M. africanum
M. bovis
M. bovis (BCG)
M. leprae
häufig
selten
Lungen- und extrapulmonale
Tuberkulose
Lymphadenitiden
Osteitiden
Lepra
M. fortuitum
Lungen- und extrapulmonale
Infektionen
iatrogene Abszesse
M. kansasii
Lungeninfektionen
M. marinum
M. scrofulaceum
Hautinfektionen (Aquarien,
Schwimmbäder)
Lymphadenitiden
M. xenopi
Lungeninfektionen
M. flavescens
M. gordonae
M. smegmatis
M. terrae
M. vaccae
verschiedene Krankheitsbilder -
M. avium intracellulare-Komplex
jeweils nur in Einzelfällen
bekannt
A. Mikroskopischer Nachweis von Mykobakterien
Die Mykobakterien sind "säurefest". Freie Mykolsäuren in der Zellwand gehen mit
Karbolfuchsin (Fuchsin + Phenol) eine Komplexbindung ein, die einer Entfärbung mit
HCl-Alkohol standhält, während die nicht-säurefesten Bakterienarten dadurch entfärbt
werden (Ziehl-Neelsen-Färbung).
Die entfärbten, nicht säurefesten Keime können z. B. mit Malachitgrün kontrastgefärbt
werden, während die säurefesten Bakterien die Nachfärbung nicht annehmen. In der
Routinediagnostik wird statt Karbolfuchsin häufig mit dem Fluorochrom Auramin nach
dem selben Prinzip der Säurefestigkeit gefärbt (keine Immunfluoreszenz). Bei geringerer
Vergrößerung und damit größerem Gesichtsfeld können Präparate in einem
Fluoreszenzmikroskop schneller durchgemustert werden.
Säurefeste Stäbchen sind mit gängiger Desinfektionslösungen inaktivierbar.
B. Kultureller Nachweis von Mykobakterien
Während schnell wachsende Bakterien (wie E. coli und S. aureus) sich in der Log-Phase
etwa alle 20 Minuten teilen, läuft eine Zellteilung der Tuberkulosebakterien im Abstand
von 18 - 20 Stunden ab. Kulturen müssen deshalb über mehrere Wochen beobachtet
werden.
Vorbehandlung (Dekontamination)
Die meisten Materialien, wie z. B. Sputum oder Urin, enthalten schnell wachsende
Begleitkeime. Sie würden die meist sehr langsam wachsenden Mykobakterien
überwuchern. Deshalb muß diese Begleitflora, außer bei primär sterilem Material, wie z.
B. Liquor, abgetötet werden. Dabei wird die erhöhte Widerstandsfähigkeit von
Mykobakterien gegen Säuren und Laugen ausgenutzt. Je nach Einwirkdauer und
Mykobakterienart werden jedoch dabei auch Mykobakterien geschädigt. Bewährte
Vorbehandlungsmethoden
benutzen
z.
B.
N-Acetyl-L-Cystein-NaOH
oder
Natriumlaurylsulfat-NaOH. Dadurch wird z. B. auch zähes Sputum verflüssigt und eine
Anreicherung von Mykobakterien durch Zentrifugieren möglich.
Kultur
Auf festen Nährböden sind charakteristische Kolonien auch bei einer gewissen
Kontamination mit Begleitkeimen zu erkennen und zu isolieren. Kolonien sind frühestens
nach 3 - 4 Wochen zu erkennen. Agarnährböden (z. B. Middlebrook 7H10 Agar) haben
nur geringe Pufferwirkung und inaktivieren toxische Stoffe nur wenig. Eiernährböden
haben dagegen eine gute Pufferkapazität (Löwenstein-Jensen-Medium enthält
Malachitgrün zur Unterdrückung von Begleitkeimen, Stonebrink-Medium enthält kein
Glycerin, das M. bovis hemmt).
In Flüssigmedien wachsen Mykobakterien meist schneller als auf festen Nährböden, sie
werden jedoch leichter von schnell wachsenden Begleitkeimen überwuchert und die
Infektionsgefahr bei der Verarbeitung im Labor ist wesentlich höher. Das Kirchner-
Medium ist in einer Kombination mit einem festen Nährboden als "MB-check" erhältlich
(ähnlich wie die Eintauchnährböden für Urine "Uricult"). Middlebrook 7H12-Medium ist
zur Primärisolierung mit der Antibiotika-Mischung PANTA (Polymyxin B, Amphotericin
B, Trimethoprim und Azlocillin) supplementiert. Es wird im Bactec-System zur
radiometrischen Mykobakteriendiagnostik benutzt. Die Palmitinsäure des Mediums ist
14
C markiert. Bei der Metabolisierung entsteht 14CO2, das mit einem Detektor gemessen
wird - es muß nicht auf sichtbare Trübung gewartet werden. Deshalb ist dies die
schnellste Kulturmethode mit einer durchschnittlichen Nachweiszeit von 2 Wochen.
Im Bactec-System können mit dem NAP-Test nicht-tuberkulöse Mykobakterien von zum
Tb-Komplex gehörenden Mykobakterien (M. tuberculosis, M. africanum und M. bovis) in
4 - 6 Tagen abgegrenzt werden: NAP (p-Nitro-a-acetylamino-b-hydroxypropiophenon)
ist ein Zwischenprodukt in der Chloramphenicol-Synthese und hemmt das Wachstum von
Mykobakterien des M. tuberculosis Komplexes (NAP-empfindlich). Wesentlich schneller
und zuverlässiger ist eine Identifizierung mit molekularbiologischen Methoden
(Gensonden, s. S. L4).
Die Resistenz von Tuberkulosebakterien gegen Tuberkulostatika kann in ca. einer Woche
bestimmt werden. Dabei wird das Wachstum von Mykobakterien in Anwesenheit
unterschiedlicher Tuberkulostatika geprüft. Nachteile des Bactec-Systems sind
Strahlenschutzauflagen, radioaktiver Abfall sowie relativ hohe Kosten.
Solche radiometrischen Reaktionssysteme sind weitgehend durch nicht radiometrische
Systeme in den letzten Jahren ersetzt worden.
C. Der Tierversuch
mit Meerschweinchen ist in der Routinediagnostik entbehrlich. Vor allem das
Flüssigmedium-System ist nahezu gleich empfindlich, jedoch um Wochen schneller.
D. Molekularbiologische Nachweismethoden
Mit Gensonden können Mykobakterien über ihre Nukleinsäuresequenz identifiziert
werden. Dazu müssen die Keime vorher in einer Kultur vermehrt (z. B. in Flüssigmedien)
oder die entsprechenden Nukleinsäureabschnitte mit einer Polymerase-Kettenreaktion
(PCR) amplifiziert werden. Ein direkter Nachweis aus Patientenmaterial ist wegen
Hemmungen der PCR nicht sensitiver als eine Kultur. Der Nachweis ist zwar mit 2 - 3
Tagen wesentlich schneller, aber sehr teuer.
M. tuberculosis-Nachweisverfahren
Verfahren
Keime
Dauer
Preis in €
105
Gensonde
1 Tag ( nach Kultur )
70
104
Mikroskopie
1 Tag
6
<102
Kultur
6 - 8 Wochen
23
101-2
PCR
1 Tag
128
E. Identifizierung
In der Kultur nach morphologischen Kriterien und Stoffwechselleistungen.
Weitere Kriterien für die Speziebestimmung sind die Wachstumsgeschwindigkeit bei
unterschiedlichen Temperaturen, Pigmentation bei Licht und Dunkelheit u. a. Im Mittel
dauert die herkömmliche Identifizierung nach positiver Kultur etwa 6 Wochen.
Gensonden sind zur Identifizierung der Zugehörigkeit zum M. tuberculosis-Komplex, M.
kansasii und M. avium intracellulare-Komplex erhältlich. Mit Gensonden ist eine
Identifizierung am selben Tag mit nahezu 100% möglich.
Durch die Sequenzierung von Nukleinsäuren sind auch exotische und im Labor nicht
anzüchtbare Mykobakterien identifizierbar.
F. Resistenztestung
Eine Lungentuberkulose muss 6 Monate lang behandelt werden. Die gebräuchlichsten
Medikamente sind Isoniazid (INH), Rifampicin (RMP), Pyrazinamid (PZA), Ethambutol
(EMB) und Streptomycin (SM). Vor allem bei nicht-tuberkulösen Mykobakterien sind
Resistenzen sehr weit verbreitet.
Auf festen Nährböden wird meistens ein Agardilutionstest durchgeführt: LöwensteinJensen-Medium wird mit unterschiedlichem Gehalt von Tuberkulostatika hergestellt. Ein
Mykobakterienstamm ist resistent, wenn er auf diesem Nährboden trotz der
entsprechenden Tuberkulostatikakonzentration wächst. Die Resistenztestung von
Tuberkulosebakterien ist auch im radiometrischen Bactec-System möglich und dauert 1
Woche anstatt 4 Wochen.
Aufgaben:
1. An Ihrem Arbeitsplatz steht pro Team eine Kultur M. smegmatis. Fertigen Sie davon
ein mikroskopisches Präparat an. Reiben Sie den Keim auf dem Objektträger vom Rand
her in den NaCl Tropfen ein. Nach Trocknen des Präparates Hitzefixierung und
Färbung nach Ziehl-Neelsen.
2. Mikroskopieren Sie die fertigen Präparate
M. tuberculosis / Sputum und
M. tuberculosis / Kultur – Cord-Faktor
Tbc – Färbung nach Ziehl-Neelsen:
1. Präparate trocknen und hitzefixieren
2. Mit Karbolfuchsinlösung bedecken
3. Objektträger mit Bunsen-Flamme von unten bis zur Dampfbildung erhitzen ( nicht
kochen!)
4. Abkühlen lassen
5. Das Erhitzen und Abkühlen zweimal wiederholen
6. Abspülen mit Wasser
7. Entfärben mit HCL-Alkohol bis keine Farbwolken mehr abgehen
8. Abspülen mit Wasser
9. Gegenfärben mit Malachitgrün 1 Minute
10. Abspülen mit Wasser
Ergebnis: Säurefeste Stäbchen rosa bis rot, sonstige Keime und Zellen grün..
Sie können bei dieser Färbung nicht zwischen Tuberkulosebakterien und nichttuberkulösen Mykobakterien unterscheiden. Deshalb lautet der Befund nicht
"Tuberkulosebakterien nachweisbar", sondern "säurefeste Stäbchen nachweisbar".
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Cord – Faktor: Trehalose – 6,6 – dimycolat hemmt die Wanderung von Leukozyten und
verursacht Granulombildung.
Corynebacterium diphtheriae
Diphtherie
Erreger: Corynebacterium diphtheriae
Neben der Streptokokkenangina kam vor Einführung der Schutzimpfung der Angina
diphtherica eine besondere Bedeutung zu. Heute gibt es in Deutschland nur noch sehr selten
Meldungen von Erkrankungen, aber zunehmende Fallzahlen in den Ländern Osteuropas.
Die Erkrankung beginnt meistens als Infektion des Rachens mit Rötung und Schwellung der
Tonsillen, begleitet von schwerem, allgemeinem Krankheitsgefühl. Innerhalb von Stunden
bilden sich weiße Beläge, die von der Tonsille auf Rachen und Gaumen übergreifen. Die
Pseudomembranen färben sich von rahmartig weiß in bräunlich um. Sie sind Teil der Mucosa
und haften fest auf der Wundfläche der Schleimhaut. Der Versuch, sie abzulösen, verursacht
Blutungen. Die Patienten haben einen typischen fad-süßlichen Mundgeruch.
Andere Manifestationen der lokalisierten Diphtherie sind die Nasen-, Augen-, primäre
Kehlkopf- und Wunddiphtherie. Die Wunddiphtherie führt selten zur Intoxikation, obwohl
hohe Antitoxin-Spiegel nachgewiesen werden können.
Neben der lokalen Infektion kann es auch zu einer systemischen Infektion kommen. Das Toxin
wird allerdings ausschließlich von solchen Diphtherie-Stämmen produziert, die durch die
Anwesenheit eines -Phagen lysogen und damit virulent (toxinogen) sind. Ein Phagen-tox-gen
kodiert im Zellstoffwechsel der Diphtheriebakterien die Synthese des Toxins. Es wird als hoch
potentes Exotoxin aktiv an das umgebende Gewebe abgegeben. Dieses Toxin verursacht eine
systemische Erkrankung und Myocarditis, die zum Tod der Patienten führen kann.
Die Übertragung der Diphtherie erfolgt von Erkrankten oder gesunden Keimträgern durch
direkten Kontakt oder Tröpfcheninfektionen.
Die Therapie erfolgt allein aufgrund des klinischen Bildes und der Verdachtsdiagnose. Die
wichtigste Maßnahme ist die sofortige Gabe von Antitoxin. Vor Beginn einer
Antibiotikatherapie müssen Rachen und Nasenabstriche zur bakteriologischen Untersuchung
abgenommen werden. Das Ergebnis der Untersuchung kann allerdings nicht abgewartet
werden. Die Antibiotikatherapie vermag die antitoxische Serotherapie nur zu unterstützen.
Antibiotika verhindern zwar die weitere Vermehrung der Bakterien und damit die Neubildung
von Toxin, sie haben aber keinen Einfluß auf bereits gebildetes Toxin. Mittel der Wahl ist
Penicillin G und bei Penicillinallergie Erythromycin.
Das Toxin wird mit dem Agardiffusionstest nach Elek-Ouchterlony nachgewiesen:
Auf ein Spezialnährmedium bringt man einen mit Antitoxin getränkten Streifen.
Senkrecht zum Streifen wird der zu untersuchende Stamm und ein toxischer Kontrollstamm
ausgeimpft. Toxin und Antitoxin diffundieren
in den Nährboden. Es bilden sich
Präzipitationslinien an den Stellen, die eine optimale Konzentration von Toxin und Antitioxin
aufweisen.
Die Anzüchtung gelingt auf Blutagar oder serumhaltigen Nährböden (Löfflermedium). Zur
Selektion der Corynebakterien aus normaler Rachenflora werden Spezialmedien benutzt.
Tinsdale Agar:Corynebacterium diphtheriae bilden Cystinase, die Cystin unter Bildung von
H2S spaltet. Das entstandene H2S reagiert mit Kaliumtellurit unter Bildung von Tellur. Der
entstandene Niederschlag wird in den Kolonien und um den Kolonien ins Nähmedium
eingelagert. Corynebacterium diphtheriae wächst nach 48h Bebrütung in schwarzen Kolonien
mit einem dunklen Hof umgeben. Andere Corynebacterien wachsen ohne Hofbildung.
Biochemische Differenzierung:
Urease:Urease spaltet Harnstoff in NH3 und CO2. Durch die Alkalisierung schlägt der
Indikator Phenolphtalein in rot um.
Cystinase Nachweis nach Pisu:
Prinzip wie Tinsdale Agar
Positiv: Deutliche, vom Stichkanal zur Peripherie abnehmende Schwärzung des Substrates.
Negativ: Nur angedeutete Dunkelfärbung des Mediums unmittelbar am Stichkanal.
C. diphtheriae, Neisserfärbung
Aufgaben:
1. Fertigen Sie im Team je 2 Präparate C. diphtheriae und
2 Präparate C. pseudodiphtheriticum an.
Das C. diphtheriae zur Neisserfärbung sollte von der Agarplatte ohne Blut genommen
werden, zum besseren Nachweis der Polkörperchen.
Färben Sie je ein Präparat nach Gram und nach Neisser.
Neisser Färbung:
1. Die hitzefixierten Präparate 2Minuten mit Neisser I färben (essigsaures Methylenblau
und alkohol. Kristallviolett ).
2. Farbe abgiessen, nicht abspülen! Objektträger mit Fliesspapier abtupfen.
3. 1 Minute färben mit Neisser II (Chryoidinlösung ).
4. Farbe abgiessen, nicht abspülen! Mit Fliesspapier abtupfen, trocknen lassen.
Ergebnis: Die Stäbchen sind gelb angefärbt.
Bei C. diphtheriae sind dunkelbraun – schwarz angefärbte Polkörnchen erkennbar. Sie
werden auch Babés – Ernst´sche Körperchen genannt. Es handelt sich um eine Speicherung
von Volutin (anorganisches Phophat + Calcium ). Die Stäbchen können leicht keulenförmig
aufgetrieben sein. Das mikroskopische Präparat erinnert an eine ausgeschüttete
Streichholzschachtel.
C.pseudodiphtheriae hat keine Polkörperchen. Die Stäbchen liegen parallel. Man spricht von
parkettförmiger Lagerung.
Corynebacterium
diphtheriae
Blutagar
Tinsdale
Harnstoff
Pisu
Gramfärbung
Neisserfärbung
Corynebacterium
pseudodiphtheriticum
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