UNION EUROPEENNE DE L’ARTISANAT ET DES PETITES ET MOYENNES ENTREPRISES EUROPÄISCHE UNION DES HANDWERKS UND DER KLEIN- UND MITTELBETRIEBE EUROPEAN ASSOCIATION OF CRAFT, SMALL AND MEDIUM-SIZED ENTERPRISES UNIONE EUROPEA DELL’ARTIGIANATO ET DELLE PICCOLE ET MEDIE IMPRESE UEAPME-Stellungnahme zum Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel KOM(2003) 424 endg. A. Zusammenfassung B. Grundsätzliches C. Stellungnahme der UEAPME D. Im Detail E. Auswirkungen auf die Praxis F. Forderungen der UEAPME UEAPME- MAISON DE L'ECONOMIE EUROPEENNE - RUE JACQUES DE LALAING 4 - B-1040 BRUXELLES TEL ÷32 2 230.75.99 - FAX ÷32 2 230.78.61 - E-MAIL [email protected] A. Zusammenfassung Die UEAPME steht einer EG-Regelung von nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben grundsätzlich aufgeschlossen gegenüber. Ziel einer solchen Regelung sollte die Gewährleistung der Informationssicherheit durch den Schutz des Verbrauchers vor irreführenden und täuschenden Angaben und die Rechtssicherheit der Unternehmer in einem funktionierenden Binnenmarkt sein. Gerade deshalb halten die UEAPME und ihre Mitgliedsverbände den vorliegenden Entwurf für weitgehend ungeeignet, um die angesprochenen Ziele zu erreichen: Die UEAPME erhebt insbesondere folgende Einwände: Gesundheitspolitik statt Irreführungsschutz - Regelungskompetenz? Die Kommission verfolgt mit dem Verordnungsentwurf einen gesundheits- und ernährungspolitischen Regelungsansatz. Vor dem Hintergrund des Subsidiaritätsprinzips muss eine so weite Regelungsbefugnis der Kommission bezweifelt werden. Fehlende Risikobewertung Die Kommission verzichtet auf eine Risikobewertung nach der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und lässt damit den Nachweis offen, dass die geplanten Regelungen zusätzlich zum allgemeinen Irreführungsverbot nach Artikel 2 Etikettierungsrichtlinie 2000/13/EG notwendig sind, um den Verbraucher vor irreführenden Angaben zu schützen. Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit Die geplanten Informations- und Werbeverbote, die unabhängig vom Wahrheitsgehalt der Angabe und einer konkreten Gefährdung gelten sollen, sind nach der Rechtsprechung des EuGH zum Schutz des Verbrauchers unverhältnismäßig und sachlich nicht gerechtfertigt. Zulassungsverfahren – eine administrative Hürde für KMUs! Der Verordnungsentwurf sieht ein unverhältnismäßig zeit- und kostenintensives Zulassungsverfahren bei der EFSA vor, vergleichbar mit dem Zulassungsverfahren für Arzneimittel. Für Klein- und Mittelbetriebe wird der damit verbundene finanzielle und administrative Aufwand in der Praxis nicht tragbar sein. Das hat zur Folge, dass diese von der Verwendung von nährwertbezogenen Angaben (claims) künftig ausgeschlossen wären. Verletzung der Freiheit der Meinungsäußerung Umfassende Informations- und Werbeverbote wie im vorliegenden Verordnungsentwurf sind ein massiver Eingriff in die Meinungsäußerungsfreiheit des Herstellers und des Verbrauchers (Artikel 10 MRK). Kommunikationsverbot hemmt Innovation und Entwicklung Das vorliegende Regelungskonzept ist ein Hemmnis für Produktentwicklungen und Innovationen und ist mit den Grundsätzen einer liberalen Wirtschaftsordnung nicht vereinbar. UEAPME- MAISON DE L'ECONOMIE EUROPEENNE - RUE JACQUES DE LALAING 4 - B-1040 BRUXELLES TEL ÷32 2 230.75.99 - FAX ÷32 2 230.78.61 - E-MAIL [email protected] Forderungen der UEAPME: Der Irreführungsschutz bei nährwertbezogenen Behauptungen (claims) ist bereits durch das bestehende EG-Recht gewährleistet durch Artikel 2 der Etikettierungsrichtlinie 2000/13/EG. Darüber hinaus gehende Regelungen müssen im Einklang mit den bestehenden Bestimmungen und der Rechtsprechung festgelegt werden. Die UEAPME spricht sich daher für folgende Klarstellungen und Ergänzungen aus: Regelungen über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben (claims) können aus systematischen Gründen nur als Richtlinie erlassen werden, nicht als Verordnung. Rechtfertigung des Regelungsansatzes durch wissenschaftliche Erkenntnisse anhand einer Risikobewertung nach der Verordnung (EG) Nr. 178/2002. Keine absoluten Informations- und Werbeverbote (Artikel 4, 10, 11): Nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben, die auf allgemein anerkannten wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen und vom Verbraucher verstanden werden, sollen ohne Prüfung verwendet werden können. Im Anlassfall trägt der Unternehmer die Beweislast für das Vorliegen der angegebenen Wirkung. Die geforderte wissenschaftliche Begründung muss mit verhältnismäßigem Aufwand zu leisten sein (Literatur, Dokumentation, allgemeine Ernährungserkenntnisse). Keine Diskriminierung bestimmter Lebensmittelgruppen durch eine Einteilung in „gute“ und „schlechte“ Lebensmittel anhand von Nährwertprofilen. Alle Lebensmittel müssen Gegenstand von claims sein können, sofern die Angabe zutreffend ist. Offene Liste nährwertbezogener Angaben. Die im Anhang genannten Angaben können nur als Beispiele dienen. Trennung zwischen einem Zulassungsverfahren bei der EFSA und einem Notifizierungsverfahren bei den nationalen Behörden: - Gegenstand des Zulassungsverfahrens: Angaben nach Artikel 13, sofern sie nicht auf anerkannten wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen und schon von einer Behörde genehmigt worden sind. - Gegenstand des Notifizierungsverfahrens: allgemein anerkannte und vom Verbraucher verstandene claims. Zulassungsverfahren: Straffung des Prozesses durch kurze Fristen, Einschränkung des Antrags auf eine Gemeinschaftssprache, Beurteilung des Inhalts einer Angabe. Gewährleistung des Datenschutzes. Integration bestehender Regelungen: z.B. Novel Food Verordnung (EG) Nr. 258/1997, Nährwertkennzeichnungsrichtlinie 90/496/EWG,Streichfettverordnung (EG) Nr. 2991/94. Gewährleistung der Meinungsäußerungsfreiheit (Artikel 10 MRK). Angemessene Übergangsfristen, offener Abverkauf der Bestände. UEAPME- MAISON DE L'ECONOMIE EUROPEENNE - RUE JACQUES DE LALAING 4 - B-1040 BRUXELLES TEL ÷32 2 230.75.99 - FAX ÷32 2 230.78.61 - E-MAIL [email protected] B. Grundsätzliches Bei dem Erlass einer neuen Richtlinie gilt es, einen rechtlichen Rahmen zu schaffen, der Innovationen in neue Produkte fördert und schützt und die Kommunikation und Werbung über die Eigenschaften und Wirkungen von Lebensmitteln ermöglicht. Ziele des Verordnungsentwurfs KOM(2003) 424 endg.: - Ziel des vorliegenden Kommissionsvorschlags KOM(2003) 424 endg. zur Regelung von nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben über Lebensmittel ist die Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus des Verbrauchers bei der Wahl der Lebensmittel sowie die Sicherstellung des Funktionierens des Binnenmarktes durch eine Harmonisierung der Rechtslage zu nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben. - Über den Schutz vor irreführenden Angaben hinaus soll der Verbraucher vor einer potenziellen Beeinflussung durch nährwert- oder gesundheitsbezogene Angaben und der daraus folgenden möglichen negativen Auswirkung auf seine Ernährungsgewohnheiten geschützt werden (6. Erwägungsgrund). Dazu gehören auch Angaben, von denen die Kommission annimmt, dass ihr Inhalt in einer kurzen Angabe bei der Kennzeichnung und in der Werbung nur schwer vermittelt werden kann (14. Erwägungsgrund). - Die geplante Verordnung soll das allgemeine Irreführungsverbot des Artikel 2 der Etikettierungsrichtlinie 2000/13/EG ergänzen. Inhalt des Verordnungsentwurfs: - Zur Umsetzung der Ziele des Entwurfes plant die Kommission folgende Maßnahmen: Regelung der Rechtsmaterie durch eine Verordnung; Einschränkung der Verwendung von claims auf Lebensmittel, die bestimmten Nährwertprofilen entsprechen (Artikel 4); Liste von erlaubten nährwertbezogenen Angaben; grundsätzliches Verbot mit Zulassungsvorbehalt von gesundheitsbezogenen Angaben (Artikel 10); absolutes Verbot spezifischer gesundheitsbezogener Angaben (Artikel 11); Zulassungsverfahren für gesundheitsbezogene Angaben (Artikel 14ff). UEAPME- MAISON DE L'ECONOMIE EUROPEENNE - RUE JACQUES DE LALAING 4 - B-1040 BRUXELLES TEL ÷32 2 230.75.99 - FAX ÷32 2 230.78.61 - E-MAIL [email protected] C. Stellungnahme der UEAPME Die UEAPME hält den vorliegenden Entwurf für weitgehend ungeeignet, um die angesprochenen Ziele zu erreichen: Die von der Kommission geplanten Maßnahmen sehen umfassende Informations- und Werbeverbote vor, die unabhängig vom Wahrheitsgehalt der Behauptung und einer konkreten Gefährdung eines schutzwürdigen Informationsinteresses gelten. Darüber hinaus zielt die Einteilung in „gute“ und „schlechte“ Lebensmittel eine diskriminierende Behandlung bestimmter Lebensmittelgruppen nach sich. Dieser Regelungsansatz ist weder auf der Grundlage einer Risikoanalyse gemäß Verordnung (EG) Nr. 178/2002 sachlich gerechtfertigt noch zum Schutz des Verbrauchers notwendig. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH sind solche Maßnahmen zum Schutz des Verbrauchers unverhältnismäßig. Der Ansatz, Angaben im Hinblick auf eine potenzielle Eignung zur Irreführung – ohne Prüfung der tatsächlichen Möglichkeit einer Irreführung im Einzelfall – zu verbieten, grenzt an Zensur und geht am Recht der Hersteller und Verbraucher auf Information vorbei. Das gilt auch für das absolute Verbot von Angaben, deren komplexer Inhalt - nach behaupteter, jedoch durch nichts belegter Meinung der Kommission möglicherweise nicht einfach vermittelt werden kann. Mit dem geplanten Zulassungsverfahren entsteht überdies eine administrative Hürde, die für die weitaus meisten Unternehmen der Lebensmittelherstellung mit ihrer typischen Struktur kleiner und mittlerer Betriebe nicht zu bewältigen sein wird. Gesundheitspolitik statt Irreführungsschutz – Die Frage der Regelungskompetenz - Verbote der Irreführung und Regelungen über die Nährwertkennzeichnung sind im EGRecht sowie – davon abgeleitet – in den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten bereits festgeschrieben1. Darüber hinausgehende Verbote nährwert- und gesundheitsbezogener Angaben sind zum Schutz des Verbrauchers vor Irreführung und Täuschung weder erforderlich noch sachlich gerechtfertigt (vergleiche unten). - Mit dem Verordnungsentwurf scheint die Kommission einen gesundheits- und ernährungspolitischen Regelungsansatz zu verfolgen. Der Anlass dazu bleibt seitens der Kommission unkommentiert. Auf der Hand liegt jedenfalls, dass mit umfassenden Informations- und Werbeverboten bei Lebensmitteln keine sinnvolle Ernährungspolitik verfolgt werden kann. Vorab sollten andere Wege der Gesundheitspolitik, insbesondere Gesundheitserziehung, Ernährungsinformation oder das Hervorheben der Bedeutung der körperlichen Aktivität herangezogen werden. - Lebensmittelkennzeichnung kann in erster Linie nur ein Informations- und kein Erziehungsinstrument sein. 1 vgl. Artikel 2 der Etikettierungsrichtlinie 2000/13/EG: Verbot von irreführenden Angaben, von Hinweisen auf Vorbeugung, Behandlung oder Heilung von Krankheiten, der Werbung mit Selbstverständlichkeiten; Nährwertkennzeichnungsrichtlinie 90/496/EWG; Richtlinie 84/450/EWG über irreführende Werbung; diverse spezifische Regelungen wie die Streichfettverordnung (EG) Nr. 2991/94. UEAPME- MAISON DE L'ECONOMIE EUROPEENNE - RUE JACQUES DE LALAING 4 - B-1040 BRUXELLES TEL ÷32 2 230.75.99 - FAX ÷32 2 230.78.61 - E-MAIL [email protected] - Es bestehen erhebliche Zweifel, ob der Kommission vor dem Hintergrund des Subsidiaritätsprinzips in Fragen der Gesundheits- und Ernährungspolitik überhaupt eine so weite Regelungskompetenz zukommt. Fehlende Risikobewertung - Der von der Kommission vorgenommene Schwenk von einer bislang im EGLebensmittelrecht verfolgten „Informationspolitik“ zu einer „Verbotspolitik“ wird sachlich nicht begründet. Die Kommission verzichtet auf die Durchführung einer Risikobewertung nach Artikel 62 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und bleibt damit den Nachweis schuldig, dass die geplanten Werbe- und Informationsverbote zusätzlich zum allgemeinen Verbot der Irreführung des Artikel 2 der Etikettierungsrichtlinie 2000/13/EG notwendig sind, um den Verbraucher vor irreführenden Angaben zu schützen. - Bestimmungen wie die Einschränkung von Angaben auf Lebensmittel mit bestimmten Nährwertprofilen (Artikel 4) basieren auf Vermutungen und Annahmen der Kommission und treffen daher nicht das sachlich notwendige Regelungsmaß 3. Eine Risikobewertung im Sinne der Verordnung 178/2002 wurde nicht vorgenommen - Alle zutreffenden und wissenschaftlich begründbaren nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben müssen zulässig sein. - Die Kommission verstößt gegen Artikel 6 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002. Der von der Kommission verfolgte Regelungsansatz ist daher sachlich nicht gerechtfertigt. Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes - Der Entwurf geht in vielen Bereichen über das notwendige Regelungsmaß hinaus und verletzt dadurch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit: Absolutes Verbot wahrheitsgemäßer Angaben (Artikel 4, 10, 11): Der Verordnungsvorschlag sieht umfassende Informations- und Werbeverbote unabhängig vom Wahrheitsgehalt der Angabe und einer konkreten Gefährdung für den Verbraucher vor. Die Kommission plant damit bei nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben einen Schwenk von dem im EG-Lebensmittelrecht bislang verfolgten Informationsansatz („Alle Angaben sind erlaubt, solange sie nicht irreführend sind.“) zu einer Verbotspolitik („Alle Angaben sind verboten, solange sie nicht zugelassen sind.“). Nach herrschender Rechtsprechung kann der Verbraucherschutz auch durch weniger beschränkende Maßnahmen als ein absolutes Verbot gewährleistet werden, wie durch die 2 Artikel 6 sieht vor, dass für die Ausgestaltung einer Maßnahme im Bereich des Lebensmittelrechts eine Bewertung des potenziellen Risikos für den Verbraucher anhand wissenschaftlicher Erkenntnisse vorzunehmen ist . Damit soll verhindert werden, dass von der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten sachlich nicht fundierte Maßnahmen erlassen werden, die zu ungerechtfertigten Hemmnissen für den freien Verkehr mit Lebensmitteln führen (16. Erwägungsgrund). 3 vgl. Begründung Absatz 14. UEAPME- MAISON DE L'ECONOMIE EUROPEENNE - RUE JACQUES DE LALAING 4 - B-1040 BRUXELLES TEL ÷32 2 230.75.99 - FAX ÷32 2 230.78.61 - E-MAIL [email protected] Verpflichtung des Herstellers oder Vertreibers, in Zweifelsfällen die Richtigkeit angegebener Tatsachenbehauptungen nachzuweisen. Richtlinie statt Verordnung Der Entwurf ist als Durchführungs- bzw. Ergänzungsvorschrift zur Etikettierungsrichtlinie 2000/13/EG konzipiert. Um einen Bruch in der Rechtssystematik zu vermeiden, kann eine Ergänzung der Etikettierungsrichtlinie 2000/13/EG nicht als Verordnung, sondern nur als Richtlinie erlassen werden. Diese würde sich überdies besser in die bestehende Systematik sowohl des allgemeinen Kennzeichnungsrechts als auch des Rechts der Nährwertkennzeichnung einfügen. Verbraucherleitbild Der im Verordnungsentwurf verfolgte Ansatz umfassender Einschränkungen und Verbote bei nährwertbezogenen Behauptungen geht über das Schutzbedürfnis des Verbrauchers weit hinaus und ist daher nicht notwendig. Bei der Bewertung der Schutzwürdigkeit des Verbrauchers im Lebensmittelrecht ist vom Leitbild des informierten, verständigen und aufmerksamen Durchschnittsverbrauchers auszugehen. Dieses vom EuGH entwickelte und in ständiger Rechtsprechung4 bestätigte Verbraucherleitbild wurde in den Verordnungstext übernommen (Begründungserwägung Nr. 17; Artikel 2 Absatz 8). Dieser Durchschnittsverbraucher besitzt die Fähigkeit, inhaltlich zutreffende Angaben richtig zu verstehen und eine sachgerechte Wahl zu treffen.5 Zulassungsverfahren – ein administrative Hürde für KMUs Der Verordnungsentwurf sieht ein unverhältnismäßig zeit- und kostenintensives Zulassungsverfahren bei der EFSA6 vor, vergleichbar mit dem Zulassungsverfahren für Arzneimittel. Ein Verfahren in diesem Umfang ist für die Genehmigung von Angaben bei Lebensmitteln nicht notwendig, geht es doch um den Schutz des Verbrauchers vor Irreführung und Täuschung und gerade nicht – so wie bei Arzneimitteln - um den Schutz vor einer Gesundheitsgefahr. Der mit der Zulassung verbundene finanzielle und administrative Aufwand ist wettbewerbsverzerrend, da dieser für Klein- und Mittelbetriebe nicht tragbar wäre. Daher muss zwischen einem Zulassungsverfahren für Angaben über die Reduzierung eines Krankheitsrisikos und einem Notifizierungsverfahren für gesundheitsbezogene Angaben unterschieden sowie der Gesamtablauf der Zulassung gestrafft werden, um den damit verbundenen Zeit- und Finanzaufwand für Kleinbetriebe so gering wie möglich zu halten. - Verletzung der Freiheit der Meinungsäußerung (Artikel 10 MRK) Umfassende Informations- und Werbeverbote wie im vorliegenden Verordnungsentwurf sind ein massiver Eingriff in die Freiheit der Meinungsäußerung des Herstellers und des Verbrauchers gemäß Artikel 10 Menschenrechtskonvention (MRK). Als Teil der allgemeinen Rechtsgrundsätze des EG-Rechts sind die in der MRK festgelegten Freiheiten von den Gemeinschaftsorganen zu beachten (Artikel 6 EUV). 4 u.a. EuGH Rs C-303/97, Sektkellerei Kessler, Slg. 1999, I-513, Rn 36; Rs C-465/98, Darbo “naturrein”, Rn 20. 5 vgl. in diesem Sinn Rs C-383/97, Van der Laan, Slg. 1999, I-731, Randnr. 37; Rs C-465/98, Darbo “naturrein”, Rn 22. 6 European Food Safety Authority – Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit. UEAPME- MAISON DE L'ECONOMIE EUROPEENNE - RUE JACQUES DE LALAING 4 - B-1040 BRUXELLES TEL ÷32 2 230.75.99 - FAX ÷32 2 230.78.61 - E-MAIL [email protected] - Eine Einschränkung der Meinungsäußerungsfreiheit könnte gemäß Artikel 10 Absatz 2 MRK nur unter dem Aspekt des Gesundheitsschutzes gerechtfertigt sein. Im vorliegenden Verordnungsentwurf geht es allerdings um die Gewährleistung des Schutzes des Verbrauchers vor Irreführung und Täuschung und gerade nicht um den Schutz vor einer Gesundheitsgefahr. Kommunikationsverbot hemmt Innovation und Entwicklung Das vorliegende Regelungskonzept ist ein Hemmnis für Produktentwicklungen und Produktinnovationen und ist mit den Grundsätzen einer liberalen Wirtschaftsordnung nicht vereinbar. Für Produktinnovationen ist es unverzichtbar, neu entwickelte oder entdeckte Eigenschaften und Wirkungen eines Lebensmittels als Vorteil zu kommunizieren. Eine Einschränkung der Kommunikationsmöglichkeit bremst daher die Innovationsdynamik der Wirtschaft. - Unbestimmtheit der Verbotsnormen – fehlende Folgenabschätzung - Die Folgen der normierten Verbote für die Lebensmittelwirtschaft sind in ihrem gesamten Ausmaß kaum abschätzbar. Grund dafür ist, dass diese in ihrer Formulierung unbestimmt sind oder erst festgelegt werden müssen. So ist die Formulierungen in Artikel 11 zu „impliziten gesundheitsbezogenen Angaben“ unbestimmt und erlaubt daher keine abschließende Bewertung aller vom Verbot umfaßten Angaben. Auch die Art und Weise der Ausgestaltung der Nährwertprofile ist unklar und lässt daher den präzisen Umfang der Lebensmittelgruppen, die von Informations- und Werbeverboten betroffen wären, offen. UEAPME- MAISON DE L'ECONOMIE EUROPEENNE - RUE JACQUES DE LALAING 4 - B-1040 BRUXELLES TEL ÷32 2 230.75.99 - FAX ÷32 2 230.78.61 - E-MAIL [email protected] D. Im Detail Erwägungsgründe - Richtlinie statt Verordnung Nach den Erwägungsgründen soll die geplante Vorschrift die allgemeinen Grundsätze der Richtlinie 2000/13/EG ergänzen und spezifische Bestimmungen für die Verwendung von nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben bei Lebensmitteln festlegen (Erwägungsgrund 3). Der Entwurf ist somit als Durchführungs- bzw. Ergänzungsvorschrift zur Etikettierungsrichtlinie 2000/13/EG konzipiert. Um einen Bruch in der Rechtssystematik zu vermeiden, sollte eine Ergänzung der Etikettierungsrichtlinie 2000/13/EG nicht als Verordnung, sondern als Richtlinie erlassen werden. Diese würde sich überdies besser in die bestehende Systematik des allgemeinen Kennzeichnungsrechts als auch des Nährwertkennzeichnungsrechts einfügen. Eine Begründung für die in das nationale Recht stärker eingreifende Rechtsform der Verordnung, wird von der Kommission nicht gegeben. - Spekulativer Ansatz in den Erwägungsgründen Die Kommission verzichtet auf eine Problemanalyse anhand einer Risikobewertung im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 178/2002. Dies zeigt u.a. der spekulative Ansatz in der Argumentation der Kommission in Absatz 6 und 15 zur Begründung der Bestimmungen in Artikel 4 und 11. Kapitel I – Gegenstand, Anwendungsbereich und Definitionen Artikel 1 – Gegenstand und Anwendungsbereich - Artikel 1 Absatz 3 – Nach den Bestimmungen des Absatz 3 gelten alle nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben, die nicht der Verordnung entsprechen, als irreführende Werbung im Sinne der Richtlinie 84/450/EWG. Absatz 3 geht dabei von einer unzulässigen rechtlichen Fiktion der irreführenden Eignung von Angaben aus, da keine weitere Prüfung der Angabe auf ihre tatsächliche Eignung zur Irreführung vorgesehen ist: Es wird abstrakt auf die Übereinstimmung mit den Bestimmungen der Verordnung hingewiesen. Dies widerspricht grundlegenden Verfahrensprinzipien und ist abzulehnen. Absatz 3 muss daher gestrichen werden. - Artikel 1 Absatz 4 – Es sollte klargestellt werden, auf welche spezifischen Bestimmungen Bezug genommen wird und in welchem Verhältnis die darin enthaltenen Regelungen zur Verwendung von gesundheitsbezogenen Angaben zu der geplanten Verordnung stehen. Hinzuweisen wäre dabei u.a. auf die Nährwertkennzeichnungsrichtlinie 90/496/EWG oder die Verordnung (EG) Nr. 2991/94 (Streichfettverordnung). - Unklar bleibt auch das Verhältnis zu den Regelungen bezüglich Nahrungsergänzungsmitteln, Lebensmitteln für eine besondere Ernährung oder Novel Food. Gerade bei diätetischen Lebensmitteln ist nach der Diätrahmenrichtlinie der Hinweis auf den diätetischen Zweck zwingend anzugeben. Entscheidungen nach der Verordnung UEAPME- MAISON DE L'ECONOMIE EUROPEENNE - RUE JACQUES DE LALAING 4 - B-1040 BRUXELLES TEL ÷32 2 230.75.99 - FAX ÷32 2 230.78.61 - E-MAIL [email protected] (EG) Nr. 258/97 (Novel Food Verordnung) sehen verpflichtende nährwert- oder gesundheitsbezogene Angaben als Produkthinweise vor. - Angaben, deren Verwendungsvoraussetzungen bereits im Gemeinschaftsrecht oder in Novel Food – Zulassungen festgelegt sind, sollten weiter verwendet werden dürfen (z.B. „fettreduziert“ für Produkte mit einem Fettgehalt über 41%, aber höchstens 62%, „fettarm“ oder „leicht“ für Produkte mit einem Fettgehalt von 41% oder weniger im Sinne der Streichfettverordnung (EG) Nr. 2991/94). Kapitel II - Allgemeine Grundsätze Artikel 4 – Einschränkungen bezüglich der Verwendung nährwert- und gesundheitsbezogener Angaben Gemäß Artikel 4 sollen nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben künftig ausschließlich bei Lebensmitteln angebracht werden dürfen, die bestimmten Nährwertprofilen entsprechen. Diese Nährwertprofile sollen sich besonders auf den Gehalt an Fett, gesättigten Fettsäuren, Transfettsäuren, Zucker und Salz im Lebensmittel beziehen. Lebensmittel, die den festgelegten Nährwertprofilen nicht entsprechen sowie alkoholische Getränke mit mehr als 1,2 Prozent Alkohol dürfen keine nährwertbezogene Angaben tragen bzw. nur solche, die sich auf eine Reduzierung des Alkohol- oder Energiegehalts beziehen. Darüber hinaus soll über Art. 4 Abs. 4 die Möglichkeit bestehen, die Verwendung nährwert- und gesundheitsbezogener Angaben in Bezug auf weitere Lebensmittel oder Lebensmittelkategorien einzuschränken. Die UEAPME spricht sich mit großem Nachdruck gegen die im Artikel 4 vorgesehene Einschränkung der Verwendung von nährwertbezogenen Angaben aus: - Fehlende Risikobewertung Nach der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 ist für die Ausgestaltung einer Maßnahme im Bereich des Lebensmittelrechts eine Bewertung des potenziellen Risikos für den Verbraucher anhand wissenschaftlicher Erkenntnisse vorzunehmen (Artikel 6). Damit soll verhindert werden, dass von der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten sachlich nicht fundierte Maßnahmen erlassen werden, die zu ungerechtfertigten Hemmnissen für den freien Verkehr mit Lebensmitteln führen (16. Erwägungsgrund). - Auf eine Risikobewertung nach Artikel 6 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 kann sich die Kommission bei der Formulierung des Artikel 4 nicht stützen. Im Gegenteil widerspricht die Formulierung des Artikels 4 allgemein anerkannten wissenschaftlichen Erkenntnissen. Es handelt sich daher um eine sachlich nicht zu rechtfertigende Bestimmung, die gesundheitspolitische Ziele ohne wissenschaftliche Basis verfolgt. Sie muss daher unter allen Umständen gestrichen werden. Einteilung in „gute“ und „schlechte“ Lebensmittel Wie die Kommission in ihrer Begründung erwähnt, widerspricht dieser Regelungsansatz dem wissenschaftlich fundierten Ernährungsgrundsatz, dass es keine „guten“ und „schlechten“ Lebensmittel, sondern eher „gute“ und „schlechte“ Ernährungsweisen gibt (Begründung Absatz 14). Die UEAPME schließt sich der Meinung der Kommission an. Ernährungsexperten empfehlen eine „ausgewogene Ernährung“, innerhalb derer alle Lebensmittel in angemessener Häufigkeit und Menge verzehrt werden dürfen. Artikel 4 führt daher zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Diskriminierung bestimmter Lebensmittelgruppen und ist daher vehement abzulehnen. Artikel 4 geht über das Schützbedürfnis des Verbrauchers hinaus Das Argument der Kommission, der Grundsatz, dass es keine „guten“ und „schlechten“ Lebensmittel gibt, sei zwar wissenschaftlich bewiesen, der Verbraucher sei jedoch vor einer - UEAPME- MAISON DE L'ECONOMIE EUROPEENNE - RUE JACQUES DE LALAING 4 - B-1040 BRUXELLES TEL ÷32 2 230.75.99 - FAX ÷32 2 230.78.61 - E-MAIL [email protected] potenziellen Beeinflussung durch nährwertbezogene Behauptungen und den dadurch bedingten allfälligen negativen Einflüssen auf seine Ernährungsgewohnheiten zu schützen, geht zu weit. - Bei der Bewertung der Schutzwürdigkeit des Verbrauchers im Lebensmittelrecht ist vom Leitbild des informierten, verständigen und aufmerksamen Durchschnittsverbrauchers auszugehen. Dieses vom EuGH entwickelte und in ständiger Rechtsprechung7 bestätigte Verbraucherleitbild wurde in den Verordnungstext übernommen (Begründungserwägung Nr. 17; Artikel 2 Absatz 8). Ein wie in Artikel 4 geplantes Verbot geht über das Schutzbedürfnis des informierten, verständigen und aufmerksamen Durchschnittsverbrauchers hinaus, da er – nach Meinung des EuGH - die Fähigkeit besitzt, inhaltlich zutreffende Angaben richtig zu verstehen und eine für ihn im Rahmen einer ausgewogenen Ernährung sachgerechte Wahl zu treffen.8 - Darüber hinaus erscheint eine abstrakte Gefahr der Irreführung durch eine Angabe nicht ausreichend, um das Inverkehrbringen von Produkten einzuschränken. Nur in Fällen, in denen der Verbraucher in einem wesentlichen Punkt wirklich in die Irre geführt werden kann, können Maßnahmen zulässig sein, die dazu führen, dass das Inverkehrbringen eines Erzeugnisses mehreren Voraussetzungen unterliegt9. - Die in Artikel 4 vorgesehene Bestimmung ist folglich für den Schutz des Verbrauchers weder notwendig noch sachlich gerechtfertigt. Sie stellt einen Bruch mit der ständigen Rechtsprechung des EuGH zum Verbraucherleitbild im Lebensmittelrecht dar und muss daher ersatzlos gestrichen werden. Verletzung der Meinungsäußerungsfreiheit (Artikel 10 MRK) - Die Einschränkung der Verwendung von nährwertbezogenen Behauptungen auf bestimmte Lebensmittel ist ein schwerwiegender Eingriff in das Recht des Herstellers, über die Eigenschaften seines Produkts zu informieren sowie das Recht des Verbrauchers auf Information über die von ihm gekauften Lebensmittel (Artikel 10 MRK). - Eine wie in Artikel 4 vorgesehene Einschränkung der Meinungsäußerungsfreiheit könnte gemäß Artikel 10 Absatz 2 MRK nur dann gerechtfertigt sein, wenn diese notwendig ist, um den Verbraucher vor einer Gesundheitsgefahr zu schützen. Im vorliegenden Verordnungsentwurf geht es allerdings um den Schutz vor Irreführung und Täuschung und gerade nicht um den Schutz vor einer Gesundheitsgefährdung. - Angaben zu einem „hohen Kalziumgehalt“ bei Vollmilch künftig verboten? Nach Meinung der Kommission soll künftig durch die Festlegung von Nährwertprofilen verhindert werden, dass Angaben wie „reich an Kalzium“ bei Produkten verwendet werden dürfen, wenn die betreffende Ware gleichzeitig einen hohen Fettgehalt hat.10 Davon könnten z.B. der Hinweis auf einen hohen Kalziumgehalt bei vollfetter Milch (Vollmilch 3,5 % Fett) oder Angaben auf den besonders niedrigen Gehalt gesättigter Fettsäuren bei Pflanzenölen (z.B. Rapsöl) betroffen sein. - Dieser Ansatz widerspricht ernährungswissenschaftlichen und rechtlichen Gesichtspunkten: So ist etwa der Kalziumgehalt bei vollfetter, halbfetter und entrahmter Milch identisch (ca.120mg/100g11). Eine Regelung, die Angaben zu einem hohen Kalziumgehalt auf halbfette und entrahmte Milch 7 u.a. EuGH Rs C-303/97, Sektkellerei Kessler, Slg. 1999, I-513, Rn 36; Rs C-465/98, Darbo “naturrein”, Rn 20. 8 vgl. In diesem Sinn Rs C-383/97, Van der Laan, Slg. 1999, I-731, Randnr. 37; Rs C-465/98, Darbo “naturrein”, Rn 22. 9 vgl. dazu Schlussantrag des Generalanwalts Geelhoed vom 7.3.2002 in der Rs C-99/01 Linhart/Biffl. 10 Begründung Absatz 13. 11 Entspricht ca. 300 mg pro ¼ Glas Milch. UEAPME- MAISON DE L'ECONOMIE EUROPEENNE - RUE JACQUES DE LALAING 4 - B-1040 BRUXELLES TEL ÷32 2 230.75.99 - FAX ÷32 2 230.78.61 - E-MAIL [email protected] einschränkt, ist geeignet, den Verbraucher über den tatsächlichen Kalziumgehalt einer vollfetten Milch in die Irre zu führen. - Dem Verbraucher wird das Recht auf Information über wichtige Produkteigenschaften verwehrt. Angaben zum besonders niedrigen Gehalt gesättigter Fettsäuren in Rapsöl oder Hinweise auf natürliche Begleitstoffe in kalt gepressten Ölen – vor allem Olivenöl – wären künftig nicht mehr zulässig. Auch vor dem Hintergrund von ernährungsphysiologischen Defiziten fettlöslicher Vitamine (z.B. Vitamin D) wäre eine solche Einschränkung nicht gerechtfertigt. - Der Regelungsansatz geht am politischen Ziel einer „Ernährungserziehung“ vorbei Die Einschränkung der Verwendung nach Artikel 4 geht am Ziel der Kommission vorbei, einen positiven Einfluss auf die Ernährungsgewohnheiten des Verbrauchers auszuüben. Grund dafür ist, dass allgemeine „Idealnährwertprofile“ - ohne Berücksichtigung der individuellen Disposition der unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen - nicht ohne weiteres auf die Gesamtheit der Verbraucher übertragen werden können. Auch lassen sich in der Praxis nicht bei allen Produkten Nährwertprofile festlegen, z.B. bei Produkten ohne ernährungsphysiologischen Zweck (z.B. Kaugummi). - Überdies liegen bislang keine wissenschaftlichen Studien vor, die beweisen, dass die Ernährungsgewohnheiten der Verbraucher in jenen Ländern, wo Nährwertprofile festgelegt und nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben auf bestimmten Lebensmitteln verboten sind (z.B. USA), besser sind, als in anderen Ländern. Eine Einschränkung der Verwendung solcher Angaben bei bestimmen Lebensmitteln auf der Grundlage von Nährwertprofilen kann daher erst nach einer umfassenden Evaluierung bestehender nationaler Regelungsmodelle und einer Risikobewertung erlassen werden. Artikel 5 – Allgemeine Bedingungen - Die in Artikel 5 genannten allgemeinen Bedingungen für die Verwendung von nährwertbezogenen Angaben gehen zu weit. Angaben wie „Obst ist gesund“ wären künftig verboten, da Obst keine „Substanz“ im Sinne des Artikel 5 ist. - Artikel 5 Absatz 1 lit a, b, d – Die Definition „positive ernährungsphysiologische Wirkung“ und die Art des geforderten Nachweises müssen näher erläutert werden. Darüber hinaus muß der Begriff der „signifikanten Menge“ entweder durch Bezugnahme auf die „tägliche Verzehrsmenge“ oder die Bestimmungen des Anhangs der Nährwertkennzeichnungsrichtlinie klargestellt werden (in der Regel 15% der empfohlenen Tagesdosis). - Die UEAPME versteht Artikel 5 Absatz 1 lit b so, dass der in der Angabe genannte Stoff nicht im Ausmaß der empfohlenen Gesamttagesmenge enthalten sein muss, sondern in einer Menge, die eine entscheidende Rolle in der gesamten Nährstoffaufnahme spielt. Eine andere Interpretation würde dem Grundsatz der ausgewogenen Ernährung entgegen stehen, da auch die aus anderen Quellen (als dem mit dieser Angabe in Verkehr gebrachten Produkt) aufgenommenen Nährstoffmengen berücksichtigt werden müssen. - Zur Gewährleistung von Rechtssicherheit für die Lebensmittelunternehmer muß sichergestellt werden, dass bei der Verwendung nährwert- und gesundheitsbezogener Angaben aus dem Gemeinschaftsregister unter den dort genannten Bedingungen keine weiteren Wirkungsnachweise von Seiten der Hersteller zu erbringen sind. Artikel 5 muß daher durch eine entsprechende Ausnahmebestimmung ergänzt werden. - Artikel 5 Absatz 1 lit c – Die allgemeine Bedingung, dass alle Substanzen, auf die sich eine Angabe bezieht, in einer für den Körper verwertbaren Form vorliegen müssen, ist nicht für sämtliche nährwertbezogenen Angaben anwendbar (z.B. Angaben wie „fettfrei“ oder „energiefrei“) und muß daher entsprechend angepasst werden. UEAPME- MAISON DE L'ECONOMIE EUROPEENNE - RUE JACQUES DE LALAING 4 - B-1040 BRUXELLES TEL ÷32 2 230.75.99 - FAX ÷32 2 230.78.61 - E-MAIL [email protected] - Artikel 5 Absatz 2 – Diese Bestimmung ist vom allgemeinen Irreführungsverbot des Artikel 2 der Etikettierungsrichtlinie 2000/13/EG bereits erfaßt und kann daher gestrichen werden. Artikel 6 – Wissenschaftliche Absicherung von Angaben Der Begriff „allgemein akzeptierte Daten“ muß näher erläutert werden. Die UEAPME versteht darunter sowohl Literatur- und Dokumentationshinweise als auch im Einzelfall durchgeführte wissenschaftliche Studien. Die Interpretation, dass sämtliche Angaben durch klinische Studie zu belegen wären, ginge entschieden zu weit. Artikel 7 – Nährwertkennzeichnung - Eine verpflichtende Nährwertkennzeichnung bei gesundheitsbezogenen Angaben im Umfang der Gruppe 2 („Big 8“) ist nicht sachgerecht, da sie keine sinnvolle zusätzliche Information für den Verbraucher bietet. Das gilt zum Beispiel für Produkte, bei denen die Angabe von Nährwerten eine Null-Deklaration ergibt (z.B. Angaben zu Fett, Fettsäuren, Ballaststoffen und Natrium bei mit Süßungsmitteln gesüßten Limonaden oder Wässern; Angaben zu Zucker und Ballaststoffen bei Streichfetten bei einem Hinweis auf gesättigte Fettsäuren; Angaben zu Fett bei Getränken oder zu Eiweiß bei Fetten). Aus diesem Grund kann eine Nährwertkennzeichnung nur im Ausmaß der Gruppe 1 („Big 4“) sinnvoll sein. Kapitel III – Nährwertbezogene Angaben Artikel 8 – Spezifische Bedingungen - Artikel 8 Absatz 1 – Nach den Bestimmungen des Absatz 1 sollen künftig nur mehr jene nährwertbezogenen Angaben verwendet werden dürfen, die im Anhang zur Verordnung genannt sind. Andere als die dort genannten Angaben wie Hinweise auf mehrfach und einfach gesättigte Fettsäuren, Omega-3-Fettsäuren oder Cholesterin (z.B. „arm an Cholesterin“, „cholesterinfrei“) sollen nicht mehr verwendet werden dürfen. Die UEAPME spricht sich gegen eine geschlossene Liste nährwertbezogener Angaben aus: Fehlende Risikobewertung: Unklar bleibt, auf welcher wissenschaftlichen Grundlage die Auswahl der im Anhang genannten Angaben getroffen wurde. Unvollständige Liste: Die im Anhang vorgesehene Liste ist unvollständig. U.a. müssen Hinweise auf mehrfach und einfach gesättigte Fettsäuren, Omega-3-Fettsäuren oder Cholesterin in Übereinstimmung mit der Nährwertkennzeichnung ergänzt werden. Zusätzlich müssen Angaben wie „arm an...“ oder „frei von...“ möglich sein, da diese eine wichtige Verbraucherinformation darstellen können. Verletzung des Rechts des Verbrauchers auf Information über wesentliche Produkteigenschaften: Mit einer geschlossenen Nährwertliste verliert der Verbraucher sein Recht auf Information über wesentliche Eigenschaften des Produktes (z.B. „cholesterinfrei“). Abgleich mit bestehendem Gemeinschaftsrecht: Die im Anhang genannten Angaben müssen mit den im Gemeinschaftsrecht schon geregelten Angaben abgeglichen werden (vgl. „light“ in der Verordnung (EG) Nr. 2991/94). Außerdem könnte UEAPME- MAISON DE L'ECONOMIE EUROPEENNE - RUE JACQUES DE LALAING 4 - B-1040 BRUXELLES TEL ÷32 2 230.75.99 - FAX ÷32 2 230.78.61 - E-MAIL [email protected] die Regelung zum Anlass genommen werden, Begriffe wie „Zucker“ einheitlich zu definieren (vgl. Definitionen im Anhang I der Etikettierungsrichtlinie 2000/13/EG, der Nährwertkennzeichnungsrichtlinie 90/496/EWG, der Fruchtsaftrichtlinie 2001/112/EG und der Zuckerrichtlinie 73/437/EWG). Das Konzept einer geschlossenen Liste behindert Innovationen: Für Produktinnovationen ist es unerlässlich, neue Eigenschaften und Wirkungen eines Lebensmittels zu kommunizieren. Eine Einschränkung der Kommunikationsmöglichkeit bremst auch die Innovationsdynamik der Wirtschaft. Die UEAPME fordert daher: Eine „offene Liste“ vergleichbar einem „Code of Practice“, die Beispiele für Nährwertangaben und deren Verwendungsvoraussetzungen als Orientierungshilfe für die Unternehmer nennt. Die Liste sollte ausschließlich auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse geändert werden. Überdies muß darauf geachtet werden, dass die im Anhang erwähnten Angaben im Einklang mit bestehenden EG-Vorschriften (Nährwertkennzeichnungsrichtlinie 90/496/EWG) geregelt sind. Nährwertangaben, die Gegenstand geltender Novel Food-Zulassungen sind, müssen weiterhin zulässig bleiben. Artikel 9 – Vergleichende Angaben - Artikel 9 Absatz 1 - Nach Artikel 9 Absatz 1 sollen vergleichende Angaben wie „erhöht“ oder „reduziert“ nur in Bezug auf Lebensmittel derselben Kategorie zulässig sein, sofern die miteinander verglichenen Lebensmittel vom Verbraucher leicht zu identifizieren sind oder eindeutig genannt werden. - Eine Einschränkung vergleichender Angaben auf Lebensmittel derselben Kategorie (d.h. Milchprodukte mit Milchprodukten, Fleischerzeugnisse mit Fleischerzeugnissen) ist sachlich nicht begründet. Vergleichende Angaben sind für den Verbraucher nur dann eine nützliche Information, wenn er diese leicht nachvollziehen kann. Daher sollte z.B. der Vergleich des Kalziumsgehalts eines mit Kalzium angereicherten Glases Orangensaft mit dem Kalziumgehalt eines Glases Milch oder des Fett- oder Cholesteringehalts von Butter und Margarine zulässig sein. - Artikel 9 Absatz 2 – Unklar ist, wie ein Vergleich der Zusammensetzung nach Absatz 2 zu erfolgen hat. Dabei ist sowohl der Umfang des Vergleichs („mit einer Reihe von Lebensmitteln“) als auch die Form unklar. - Die UEAPME versteht Absatz 2 in dem Sinn, dass der Hersteller vorab die Zusammensetzung seines Produktes mit anderen Produkten (auch anderen Marken) zu seiner Orientierung vergleichen soll. Nicht gemeint sein kann, dass der Hersteller verpflichtet ist, auf der Verpackung die Zusammensetzung derjenigen Produkte, mit denen er sein Erzeugnis im Vorfeld verglichen hat, unter Nennung der anderen Marken aufzulisten. Eine solche Interpretation wäre vor dem Hintergrund der Wettbewerbsregelungen über vergleichende Werbung bedenklich. Nicht nachvollziehbar ist die Verpflichtung, warum eine Bezugnahme auf Lebensmittel derselben Kategorie genommen werden muss, deren Zusammensetzung die Verwendung einer Angabe nicht erlaubt. Absatz 2 kann daher gestrichen werden. UEAPME- MAISON DE L'ECONOMIE EUROPEENNE - RUE JACQUES DE LALAING 4 - B-1040 BRUXELLES TEL ÷32 2 230.75.99 - FAX ÷32 2 230.78.61 - E-MAIL [email protected] Kapitel IV – Gesundheitsbezogene Angaben Artikel 10 – Spezifische Bestimmungen - Artikel 10 Absatz 1 – Artikel 10 sieht ein allgemeines Verbot gesundheitsbezogener Angaben mit einem Zulassungsvorbehalt vor. Gesundheitsbezogene Angaben sollen nur verwendet werden dürfen, wenn sie nach den Bestimmungen der Verordnung zugelassen worden sind. Dieses allgemeine Verbot umfaßt sämtliche gesundheitsbezogene Angaben, unabhängig davon, ob sie geeignet sind, den Verbraucher irrezuführen. - Die UEAPME spricht sich mit großem Nachdruck gegen ein allgemeines Verbot gesundheitsbezogener Angaben mit Zulassungsvorbehalt aus: - Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes: Nach der jüngsten Rechtsprechung des EuGH ist ein allgemeines Verbot gesundheitsbezogener Angaben mit einer Vorabzulassung eine unverhältnismäßige und sachlich nicht gerechtfertigte Maßnahme zum Schutz des Verbrauchers.12 Nach Meinung des EuGH kann der Verbraucherschutz auch durch weniger beschränkende Maßnahmen gewährleistet werden, wie durch die Verpflichtung des Herstellers oder Vertreibers, in Zweifelsfällen die Richtigkeit der angegebenen Tatsachenbehauptung nachzuweisen.13 - Gegenstand der Rechtssachen C-221/00 war die Frage, ob das im § 9 Absatz 1 Lebensmittelgesetz (LMG) 1975 geregelte allgemeine Verbot gesundheitsbezogener Angaben und das im § 9 Absatz 3 vorgesehene Zulassungsverfahren mit dem Gemeinschaftsrecht, Artikel 2 der Richtlinie 2000/13/EG, vereinbar seien. Artikel 2 lit b der Richtlinie 2000/13/EG verbietet krankheitsbezogene Angaben. Gesundheitsbezogene Angaben sind dagegen zulässig, sofern sie nicht irreführend und täuschend sind. - Der EuGH folgte der Argumentation der Kommission und entschied, dass ein generelles Verbot gesundheitsbezogener Angaben sowie ein verpflichtendes Zulassungsverfahren über das Verbot des Artikel 2 Absatz 1 lit. b Etikettierungsrichtlinie 2000/13/EG hinaus gehen und daher mit dem EG-Recht nicht vereinbar sind. Dem Einwand, dass das Verbot des § 9 LMG 1975 zum Zweck des Verbraucher- und Gesundheitsschutzes gerechtfertigt sei, hält der EuGH entgegen, dass der Schutz des Verbrauchers vor irreführenden Angaben durch weniger beschränkende Maßnahmen erreicht werden kann. Als Beispiele nennt er die Verpflichtung des Herstellers oder Vertreibers eines Erzeugnisses, in Zweifelsfällen die Richtigkeit der auf der Etikettierung enthaltenen Tatsachenbehauptung nachzuweisen.14 Ein generelles Verbot mit einer Vorabgenehmigung ist daher als Mittel zum Zweck des Gesundheits- und Verbraucherschutzes nicht verhältnismäßig.15 - Eine wie im vorliegenden Entwurf gestaltete Verbotsregelung könnte nach der ständigen Rechtsprechung nur dann als verhältnismäßig betrachtet werden, wenn sie erforderlich wäre, um den Verbraucher vor einer konkreten Gesundheitsgefahr zu schützen. Gerade eine solche Gefahr liegt jedoch bei allgemeinen gesundheitsbezogenen Angaben für Lebensmittel, im Gegensatz zu krankheitsbezogenen Angaben, nicht vor. 12 EuGH Rs C-221/00 (Komission gegen Republik Österreich) vom 23. Jänner 2003; verbundene Rs C-421/00, C-426/00 und C-16/01 (Sterbenz) vom 23. Jänner 2003. 13 EuGH Rs C-77/97 (Unilever), Slg. 1999, I-431, Rn 35; EuGH Rs C-221/00 Rn 49. 14 EuGH Rs C-77/97 (Unilever), Slg. 1999, I-431, Rn 35; EuGH Rs C-221/00 Rn 49. 15 EuGH Rs C-221/00 Rn 48ff; verbundene Rs C-421/00, C-426/00 und C-16/01 (Sterbenz) Rn 37. UEAPME- MAISON DE L'ECONOMIE EUROPEENNE - RUE JACQUES DE LALAING 4 - B-1040 BRUXELLES TEL ÷32 2 230.75.99 - FAX ÷32 2 230.78.61 - E-MAIL [email protected] Der Regelungsansatz geht über den Schutz des Verbrauchers vor Irreführung und Täuschung weit hinaus Der im Artikel 10 verfolgte Ansatz der Kommission eines Verbotes - auch von nicht irreführenden – Angaben entspricht einer gesundheitspolitischen Ausrichtung und geht damit über den Schutz des Verbrauchers vor Irreführung und Täuschung weit hinaus. Es wäre zu prüfen, ob vor dem Hintergrund des Subsidiaritätsprinzips der EG-Vertrag der Kommission die dazu erforderliche Regelungskompetenz einräumt. Der Verbraucherschutz ist bereits durch das allgemeine Irreführungsverbot gewährleistet Der von der Kommission in den Erwägungsgründen verfolgte Anspruch des Schutzes des Verbrauchers vor Irreführung und Täuschung ist nicht neu. Er wird bereits durch das allgemeine Irreführungsverbot des Artikel 2 der Etikettierungsrichtlinie 2000/13/EG abgedeckt. Die Notwendigkeit einer darüber hinausgehenden Einschränkung der Informations- und Werbetätigkeit liegt nicht vor. Verletzung der Meinungsäußerungsfreiheit (Artikel 10 MRK) Ein umfassendes Informations- und Werbeverbot steht im Widerspruch zur Meinungsäußerungsfreiheit (Artikel 10 MRK). Eine Einschränkung der Meinungsäußerungsfreiheit könnte gemäß Artikel 10 Absatz 2 MRK nur im Falle des Gesundheitsschutzes gerechtfertigt sein. Im vorliegenden Verordnungsentwurf geht es allerdings um die Gewährleistung des Schutzes des Verbrauchers vor Irreführung und Täuschung und gerade nicht um den Schutz vor einer Gesundheitsgefahr. Bruch der Kommission mit ihrer bisherigen Position Unklar bleibt, warum die Kommission von ihrer bisherigen Position zur Verhältnismäßigkeit von Regelungen, die das Inverkehrbringen von Erzeugnissen einschränken, abgeht (vgl. u.a. Argumentation in der Rechtssache C-221/00) und damit einen Regelungsansatz verfolgt, der vom EuGH als unverhältnismäßig und sachlich nicht gerechtfertigt beurteilt wurde. Die UEAPME fordert daher: Keine absoluten Informations- und Werbeverbote (Artikel 4, 10, 11), sondern: Nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben, die auf allgemein anerkannten wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen und vom Verbraucher verstanden werden, sollen ohne Vorabprüfung verwendet werden können. Im Anlassfall trägt der Unternehmer die Beweislast der angegebenen Wirkung (vgl. C 221/00). - Artikel 10 Absatz 2 – Werden auf einem Produkt gesundheitsbezogene Angaben gemacht, sollen nach Absatz 2 zusätzlich zur allgemeinen Kennzeichnung weitere Hinweise angebracht werden. Die Verpflichtung, zusätzliche Hinweise wie Verzehrmengen und Verzehrsrhythmus sowie Warnhinweise auf der Verpackung eines Lebensmittels anzubringen, ist übertrieben und sachlich nicht zu rechtfertigen. Mangels Risikoanalyse liegen keine wissenschaftlichen Daten vor, die bei Lebensmitteln eine Verpflichtung zum Schutz des Verbrauchers rechtfertigen würden. Eine allfällige Kennzeichnungspflicht könnte nur nach Prüfung im Einzelfall erfolgen. Artikel 10 Absatz 2 sollte daher gestrichen werden. - Allfällige (wissenschaftlich gerechtfertigte) Zusatzinformation sollten dem Verbraucher künftig über andere Kommunikationswege als dem Etikett wie Internet, Carelines oder Broschüren zur Verfügung stehen. Diese Kommunikationswege werden von der Lebensmittelwirtschaft bereits mit Erfolg praktiziert und vom Verbraucher akzeptiert und nachgefragt. UEAPME- MAISON DE L'ECONOMIE EUROPEENNE - RUE JACQUES DE LALAING 4 - B-1040 BRUXELLES TEL ÷32 2 230.75.99 - FAX ÷32 2 230.78.61 - E-MAIL [email protected] Artikel 11 – Implizite gesundheitsbezogene Angaben - Artikel 11 Absatz 1 – Nach der vorliegenden Regelung sollen Hinweise auf allgemeine, nichtspezifische Vorteile des Nährstoffs oder Lebensmittels auf die allgemeine Gesundheit und Wohlbefinden, auf psychische Funktionen oder Verhaltensfunktionen sowie schlank machende Eigenschaften und ärztliche Empfehlungen verboten sein. Als Beispiele verbotener Angaben nennt die Kommission: „Stärkt die Abwehrkräfte“, „Wirkt sich positiv auf Ihr Wohlbefinden aus“, „Für besseres Gedächtnis und Konzentration16“. - Wie im EuGH-Urteil C-221/00 bestätigt, greift ein allgemeines Verbot von Angaben - unabhängig von ihrer tatsächlichen Eignung zur Irreführung – zu weit, um den informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher vor Irreführung und Täuschung zu schützen. Es widerspricht daher dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und steht im Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung zum Verbraucherleitbild wie auch zum Verbraucherleitbild des Entwurfes selbst (Artikel 2 Absatz 8). Die Beurteilungsgrundlage für die Zulässigkeit von den im Artikel 11 Absatz 1 beschriebenen Angaben sollte ausschließlich das allgemeine Irreführungsverbot des Artikel 2 der Etikettierungsrichtlinie 2000/13/EG sein. Angaben, die nicht irreführend sind, sollten verwendet werden können. Artikel 11 muß daher gestrichen werden. - Artikel 11 Absatz 1 lit a – Das Verbot von Hinweisen auf allgemeine, nichtspezifische Vorteile des Nährstoffs oder Lebensmittels auf die allgemeine Gesundheit und Wohlbefinden geht zu weit, da diesen Angaben kein grundsätzliches Potenzial zur Irreführung innewohnt. Allgemeine Angaben wie „Obst ist gesund“ bergen für den Verbraucher der heutigen Medien- und Werbegesellschaft keine grundsätzliche Irreführungsgefahr, sondern werden in der Regel ihrem Sinngehalt richtig verstanden. Sie wären aber künftig - ohne nähere Prüfung ihrer tatsächlichen Eignung zur Irreführung – von vornherein verboten. Auch eine Zulassung nach Artikel 14ff wäre ausgeschlossen. Das Verbot unterstellt, dass der Konsument durch allgemeine Aussagen irregeführt wird. Der Großteil der Konsumenten lehnt jedoch wissenschaftlich formulierte Texte ab. Zutreffende und wissenschaftlich substantiierte Angaben müssen daher zulässig sein. - Artikel 11 Absatz 1 lit b – Nach den Bestimmungen der WHO-Verfassung17 wird der Begriff „Gesundheit“ wie folgt definiert: „Health is a state of complete physical, mental and social well-being and not merely the absence of disease or infirmity“. Folglich sollte der Begriff „gesundheitsbezogene Angabe“ auch Angaben auf psychische Funktionen und Verhaltensfunktionen umfassen. Daraus folgt, dass jegliches Verbot betreffend psychische Funktionen und Verhaltensfunktionen das von der WHO entwickelte Gesundheitskonzept einschränkt. - Psychologische Funktionen wie Konzentration, Aufmerksamkeit, Aktivierung oder Motivation sind hinreichend wissenschaftlich dokumentiert und durch entsprechende Parameter messbar. Sie sind daher – ebenso wie physiologische Funktionen – einer wissenschaftlichen Substantiierung zugänglich. - Zwei von der EU gesponserte Projekte, nämlich FUFOSE und PASSCLAIM, haben sich mit der wissenschaftlichen Absicherung psychologischer Funktionen beschäftigt und diese bestätigt. Eine unterschiedliche Behandlung von erlaubten physiologischen und verbotenen psychologischen Angaben ist daher sachlich nicht gerechtfertigt. 16 Begründung Absatz 19. 17 Preamble to the Constitution of the World Health Organization as adopted by the International Health Conference, New York, 19-22 June, 1946; signed on 22 July 1946 by the representatives of 61 States (Official Records of the World Health Organization, no. 2, p. 100) and entered into force on 7 April 1948. UEAPME- MAISON DE L'ECONOMIE EUROPEENNE - RUE JACQUES DE LALAING 4 - B-1040 BRUXELLES TEL ÷32 2 230.75.99 - FAX ÷32 2 230.78.61 - E-MAIL [email protected] - Eine Vielzahl von Substanzen wie Koffein, Glucose, Vitamine, Mineralstoffe oder Aminosäuren haben anerkannte psychologische Funktionen bzw. Verhaltensfunktionen. Psychologische Funktionen werden daher von den Mitgliedsstaaten akzeptiert. Mit Bescheid Geschäftszahl 766.526/5-VII/12/88 vom 6.10.1988 hat das österreichische Gesundheitsministerium unter anderem die Wirkung von Traubenzucker auf die geistige Leistungsfähigkeit bestätigt. Das nunmehrige Verbot von psychologischen Angaben widerspricht den von der Kommission verfolgten Harmonisierungsbestrebungen. - Darüber hinaus besteht wissenschaftlicher Konsens, dass Nährstoffe und andere Stoffe eine positive Auswirkung sowohl auf psychologische als auch physiologische Funktionen des Körpers haben können. Eine Unterscheidung in psychologische und physiologische Funktionen ist in der Praxis nicht durchführbar (z.B. haben Dextroseprodukte sowohl eine psychologische als auch eine physiologische Wirkung). - Angaben im Sinne der lit b werden seit Jahrzehnten getätigt und vom Verbraucher verstanden. Sie sind für den informierten Durchschnittsverbraucher weder neu noch irreführend. Ein vergleichbares Verwendungsverbot solcher Angaben wird in keiner verwandten Produktgruppe – nicht einmal im Bereich der Humanarzneimittel18 – verfolgt und ist daher unverhältnismäßig. - Artikel 11 Absatz 1 lit c – Es gilt das allgemeine Irreführungsverbot des Artikel 2 der Richtlinie 2000/13/EG. Ein darüber hinausgehendes Verbot ist sachlich nicht gerechtfertigt. - Es muß weiterhin möglich sein, auf kalorienarme Lebensmittel hinzuweisen. Wenn dies schon nicht bei herkömmlichen Lebensmitteln für zulässig erachtet wird, sollte zumindest die Richtlinie 96/8/EG dahingehend abgeändert werden, dass bei Lebensmitteln für kalorienarme Ernährung zur Gewichtsverringerung, Angaben betreffend Gewichtsabnahme, Verringerung des Hungergefühles oder Verstärkung des Sättigungsgefühles, gemacht werden können. - Artikel 11 Absatz 1 lit d – Das in lit d formulierte Verbot geht zu weit. Allgemeine Ernährungsempfehlungen sollen ausgenommen werden. Ebenso sollte ein Lebensmittelbetrieb die Möglichkeit haben, mit Gesundheitsorganisationen zusammenzuarbeiten und dies entsprechend zum Ausdruck zu bringen, ohne dass dabei konkrete Lebensmittel empfohlen werden. Auch sollte ein Hinweis gemäß Artikel 6 Absatz 2 Diätrahmenrichtlinie 89/398/EWG, der ausschließlich für qualifizierte Personen auf dem Gebiet der Medizin und der Ernährung bestimmt ist, weiterhin möglich sein. Artikel 12 – Gesundheitsbezogene Angaben, die eine allgemein anerkannte Rolle eines Nährstoffs oder einer anderen Substanz beschreiben - Wahrheitsgemäße gesundheitsbezogene Angaben gemäß Artikel 12, die eine allgemein anerkannte Rolle eines Nährstoffs oder einer anderen Substanz beschreiben und vom Verbraucher verstanden werden, müssen ohne weitere Einschränkung verwendet werden können, da diese schon per Definition keine Gefahr einer Irreführung in sich bergen. Die im Absatz 1 vorgesehene Einschränkung der Verwendung auf Angaben, die in (geschlossenen) Listen genannt sind, wird von der UEAPME abgelehnt. Bei entsprechendem Anlass wäre der Unternehmer verpflichtet, die angegebene Wirkung des Stoffes zu beweisen (vgl. Rs EuGH C-221/00). - Gemäß Artikel 10 Absatz 1 müssen bei Angaben gemäß Artikel 12 zusätzlich zur allgemeinen Kennzeichnung nach der Richtlinie 2000/13/EG die dort genannten Hinweise erfolgen. Da die in Artikel 12 geregelten Angaben vom Verbraucher bereits verstanden werden, ist eine zusätzliche 18 Richtlinie 92/28/EWG vom 31.03.1992, ABl EG Nr L 113/132. UEAPME- MAISON DE L'ECONOMIE EUROPEENNE - RUE JACQUES DE LALAING 4 - B-1040 BRUXELLES TEL ÷32 2 230.75.99 - FAX ÷32 2 230.78.61 - E-MAIL [email protected] Information des Verbrauchers nicht erforderlich. Angaben nach Artikel 12 müssen daher vom Anwendungsbereich des Artikel 10 Absatz 1 ausgenommen werden. - Für den Fall, dass der im Artikel 12 verfolgte Regelungsansatz beibehalten wird, wird bei der Erstellung der Listen darauf zu achten sein, dass sämtliche von einer nationalen Behörde bereits anerkannten gesundheitsbezogenen Angaben aufgenommen werden. - Aus praktischen Gründen kann in dieser Liste keine genaue Formulierung der Angaben, sondern nur ein allgemeiner Hinweis auf die Wirkungsaussage (wie z.B. Calcium Knochendichte/Knochenaufbau) vorgesehen werden. Artikel 13 – Angaben bezüglich der Verringerung eines Krankheitsrisikos - Angaben im Sinne des Artikel 13, die bereits von einer nationalen Behörde anerkannt wurden und vom Verbraucher verstanden werden, sollten ohne vorheriges Zulassungsverfahren verwendet werden können. Artikel 14 - 17 – Zulassungsverfahren - Der Verordnungsentwurf sieht ein unverhältnismäßig zeit- und kostenintensives Zulassungsverfahren bei der EFSA19 vor, vergleichbar mit dem Zulassungsverfahren für Arzneimittel. Ein Verfahren in diesem Umfang ist für die Genehmigung von Angaben bei Lebensmitteln nicht notwendig, geht es doch um den Schutz des Verbrauchers vor Irreführung und Täuschung und gerade nicht – so wie bei Arzneimitteln - um den Schutz vor einer Gesundheitsgefahr. Der mit der Zulassung verbundene finanzielle und administrative Aufwand ist wettbewerbsverzerrend, da dieser für die typischen Klein- und Mittelbetriebe nicht tragbar ist. Darüber hinaus erscheint es fraglich, ob die EFSA die nötigen personellen Ressourcen besitzt, um die Vielzahl an zu erwartenden Anträgen in einem angemessenen Zeitraum zu bewältigen. Die UEAPME fordert daher folgende Änderungen: 19 Trennung zwischen einem Zulassungsverfahren bei der EFSA und einem Notifizierungsverfahren bei den nationalen Behörden: Gegenstand des Zulassungsverfahrens: Angaben nach Artikel 13, sofern sie nicht auf anerkannten wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen und schon von einer Behörde genehmigt worden sind. Gegenstand des Notifizierungsverfahrens: allgemein anerkannte und vom Verbraucher verstandene Angaben. Straffung des Ablaufs durch kürzere Fristen: u.a. Änderung der Formulierung in Artikel 15 Absatz 1 von „bemüht sich“ in „hat“. Gegenstand der Zulassung kann nicht die Formulierung, sondern nur der Inhalt einer Angabe sein. Der Antrag für die Formulierung darf nur in einer und nicht in allen Gemeinschaftssprachen (künftig 25 Mitgliedstaaten!) gestellt werden. Sicherung des Datenschutzes und Gewährleistung von Geschäfts- und Betriebgeheimnissen (siehe Kommentar zu Artikel 19). Zur Gewährleistung der Rechtssicherheit der Unternehmer sollte ein Rechtsmittel gegen negative Entscheidungen der EFSA vorliegen; die EFSA muß verpflichtet werden, ihre Negativentscheidung zu begründen. European Food Safety Authority – Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit. UEAPME- MAISON DE L'ECONOMIE EUROPEENNE - RUE JACQUES DE LALAING 4 - B-1040 BRUXELLES TEL ÷32 2 230.75.99 - FAX ÷32 2 230.78.61 - E-MAIL [email protected] Artikel 15 (3) lit c: Die endgültige Prüfung der Möglichkeit einer Irreführung durch Angaben kann nur von den zuständigen Gerichten vorgenommen werden. Die Rolle der EFSA kann sich nur auf die Prüfung der wissenschaftlichen Substanziierbarkeit einer Angabe beschränken und nicht auf ihre Kommunikation. Lit c muß daher gestrichen werden. Kapitel V – allgemeine Bestimmungen und Schlussbestimmungen Artikel 19 - Datenschutz - Die Entwicklung neuer Produkte sowie die wissenschaftliche Untersuchung von Eigenschaften und Wirkungen von Lebensmitteln ist mit hohem finanziellen Aufwand verbunden. Um Innovationen im Bereich Forschung und Entwicklung sowie Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse der Wirtschaft zu sichern, muss daher ein ausreichender Schutz des vorgelegten Datenmaterials garantiert werden. Aus diesem Grund ist es nicht sachgerecht, dass Dossiers vor endgültiger Genehmigung durch die Kommission und die EFSA der Öffentlichkeit zur Information freigegeben werden. Die Öffentlichkeit sollte erst nach erfolgter Zulassung über das Gemeinschaftsregister informiert werden. - Darüber hinaus spricht sich die UEAPME vehement gegen die Regelung aus, dass die Kommission gemäß Artikel 19 Absatz 2 aus eigener Entscheidung Daten, die vom ursprünglichen Antragsteller als vertraulich bezeichnet wurden, dem nachfolgenden Antragsteller zur Verfügung stellen kann, ohne den ursprünglichen Antragsteller vorher einzubeziehen. Mit dieser Bestimmung wird dem Unternehmer der Anspruch auf Parteistellung und Rechtssicherheit genommen. Artikel 19 Absatz 2 sollte daher gestrichen werden. Artikel 22 - Schutzmaßnahmen - Eine Maßnahme zur „vorrübergehenden Aussetzung“ von Angaben, die nicht der Verordnung entsprechen bzw. bei denen die wissenschaftliche Absicherung unsicher erscheint, verletzt Artikel 28 EG-Vertrag (Grundsatz der Warenverkehrsfreiheit). Vor dem Hintergrund der Sicherung der Warenverkehrsfreiheit im europäischen Binnenmarkt erscheint ein Recht der Mitgliedstaaten zur Aussetzung nur in jenem Fall als gerechtfertigt, in dem eine irreführende Angabe Grundlage für ein konkretes Gesundheitsrisiko sein kann. Artikel 22 ist daher in diesem Sinne abzuändern. Artikel 24 – Überwachung - Um die Harmonisierung des Rechtsbereichs sicherzustellen, sollte Artikel 24 dahingehend geändert werden, dass eine Verpflichtung zur Notifizierung einheitlich geregelt und nicht der Disposition der einzelnen Mitgliedstaaten überlassen wird. Andernfalls müssten Unternehmer vor jeder Lieferung in anderen Mitgliedstaaten Informationen einholen, ob eine allfällige Notifizierungsverpflichtung besteht oder geplant ist. Dies kann zu Behinderungen im freien Warenverkehr führen. Artikel 26 - Inkrafttreten - Zur Gewährleistung der Rechtssicherheit der Unternehmer muss sichergestellt werden, dass Produkte, die nicht den Bestimmungen dieser Verordnung, aber Artikel 2 der Etikettierungsrichtlinie 2000/13/EG entsprechen, weiter in Verkehr belassen werden dürfen. Konkret sollten Produkte, die vor Inkrafttreten der Verordnung etikettiert wurden, bis zum Verkauf der Bestände in Verkehr belassen werden dürfen. UEAPME- MAISON DE L'ECONOMIE EUROPEENNE - RUE JACQUES DE LALAING 4 - B-1040 BRUXELLES TEL ÷32 2 230.75.99 - FAX ÷32 2 230.78.61 - E-MAIL [email protected] Anhang Vergleiche Stellungnahme zu Artikel 8. Im Detail: - Fette / fettähnliche Stoffe Nach den allgemeinen Ernährungsempfehlungen wird neben der Reduktion der Gesamtfette eine Anhebung der ungesättigten Fettsäuren, ein bestimmtes Verhältnis von Omega-6 zu Omega-3 Fettsäuren sowie eine Reduktion der Cholesterin- und der Natriumaufnahme angeregt. Informationen über gegenständliche Produkteigenschaften sind daher erforderlich, um dem Verbraucher eine sachgerechte Wahl seiner Produkte zu ermöglichen. - Nach dem vorliegenden Entwurf sind nur Hinweise auf den Gehalt an Gesamtfett, gesättigtem Fett und Natrium/Kochsalz zulässig. Angaben zu Gehalten ungesättigter Fettsäuren (u.a. Omega-3 Fettsäuren), Cholesterin sowie Transfettsäuren sollen künftig verboten werden. Eine Begründung für diese willkürliche und unvollständige Auswahl wird nicht gegeben. Ballaststoffe Im Vorschlag finden sich zwar die Angaben „Ballaststoffquelle“ und „hoher Ballaststoffgehalt“, der Begriff Ballaststoffe wird jedoch allgemein und damit unspezifisch verwendet. Auf Grund unterschiedlicher physiologischer Effekte sollten Hinweise auf z.B. β-Glucane, Inulin, oder resistente Stärken möglich sein. “Frei von...“, „Arm an...“ Um dem Verbraucher eine informierte Wahl seiner Produkte zu ermöglichen, sollte auch auf das Fehlen bestimmter Stoffe in Lebensmitteln hingewiesen werden können. Die Liste sollte daher um die Angaben wie „frei von...“ bzw. „....arm“ ergänzt werden (z.B. Purinfrei / -arm, Lactosefrei, Glutenfrei, Histaminfrei / -arm). Anreicherung mit mineralischen Lebensmittelbestandteilen Nach dem Verordnungsentwurf zur freiwilligen Anreicherung von Lebensmitteln kann eine Anreicherung mit „Nährstoffen“ und „anderen Substanzen mit ernährungsphysiologischer Wirkung“ erfolgen. Der im Anhang genannte Hinweis auf die Anreicherung eines Lebensmittels mit Vitaminen und Mineralstoffen („Vitamin und/oder Mineralstoffangereichert“) sollte daher um einen Hinweis auf die Anreicherung mit zulässigen „anderen Substanzen mit ernährungsphysiologischer Wirkung“ wie Phytosterine oder Antioxidantien ergänzt werden: z.B. „.......angereichert“. UEAPME- MAISON DE L'ECONOMIE EUROPEENNE - RUE JACQUES DE LALAING 4 - B-1040 BRUXELLES TEL ÷32 2 230.75.99 - FAX ÷32 2 230.78.61 - E-MAIL [email protected] E. Auswirkungen auf die Praxis Beispiele künftig verbotener Angaben anhand der Artikel 8 und 11: Artikel 8 Produkt: „Diätmargarine“ - Derzeitige Rechtslage: - Anmeldung als diätetisches Lebensmittel - Folgende Hinweise sind nach der Streichfettverordnung zulässig: Fettreduzierte Diätmargarine 60 % Fett „für Menschen mit überhöhtem Cholesterinspiegel“ „mit pflanzlichen Omega-3/6-Fettsäuren“ „enthält mehrfach ungesättigte Fettsäuren“ Diätmargarine light/fettarm - nur 40 % Fett Aussagen wie oben - zusätzlich „für Menschen mit überhöhtem Cholesterinspiegel, die auch ihren Fettkonsum einschränken wollen“. - Künftige Rechtslage: Nach Verordnungsvorschlag wären folgende Hinweise unzulässig (Artikel 8): „fettreduziert/fettarm“ „enthält mehrfach ungesättigte Fettsäuren“ „mit pflanzlichen Omega 3/6 Fettsäuren“ „für Menschen mit überhöhtem Cholesterinspiegel“ - Auszüge aus Sonderheft "Konsument - Ernährung", Juni 1999 „Omega 3-Fettsäuren - weltweit weisen unzählige Studien ihre Wirkung nach - sie erweitern die Blutgefäße - senken so den Blutdruck und sie senken die Blutfette, den Cholesterinspiegel“. „Omega 3-Fettsäuren sind mehrfach ungesättigte Fettsäuren - sie sind essentiell und lebenswichtige Fettsäuren“. Die UEAPME fordert daher: das Konzept einer „offenen Liste“ vergleichbar einem „Code of Practice“, die Beispiele für Nährwertangaben und deren Verwendungsvoraussetzungen als Orientierungshilfe für die Unternehmer nennt. UEAPME- MAISON DE L'ECONOMIE EUROPEENNE - RUE JACQUES DE LALAING 4 - B-1040 BRUXELLES TEL ÷32 2 230.75.99 - FAX ÷32 2 230.78.61 - E-MAIL [email protected] Artikel 11 - Derzeitige Rechtslage: Beispiele von Angaben, die von nationalen Behörden als nicht irreführende gesundheitsbezogene Angaben eingestuft wurden: - „Stärkt ihre Abwehrkräfte“ (Actimel), - „Dextrose versorgt Körper und Geist mit neuer Power - steigert Vitalität, Leistungsfähigkeit und Konzentration“ (Dextro Energen) - „anregend“ - „belebend“ - „bekömmlich“ - „wohltuend“ - „für Ihr Wohlbefinden“ - „belebt die Sinne“ - „kann beim Konzentrieren helfen“ - „kann das geistige Tief überbrücken“ - „wohltuend für Hals und Rachen“ - Künftige Rechtslage: Folgende Angaben sollen verboten werden (eine Zulassung ist nicht möglich): - „Stärkt die Abwehrkräfte des Körpers“ - „Wirkt sich positiv auf Ihr Wohlbefinden aus“. - „Für besseres Gedächtnis und Konzentration“. - Auszüge aus Sonderheft „Konsument – Ernährung“: - „Aufguss für die Seele“, „Tee entspannt - ist Garant für Ruhe und Gelassenheit“ - Schwarztee: „belebt und beruhigt“ - Grüntee: „macht fit“. Die UEAPME fordert daher: Das absolute Verbot in Artikel 11 geht zu weit. Es kann sich nur auf irreführende Angaben beziehen. Für diese Angaben gilt daher das allgemeine Verbot der Irreführung des Artikel 2 der Etikettierungsrichtlinie 2000/13/EG. Weitere Beispiele künftig verbotener Angaben: u.a. „Obst ist gesund“ (Artikel 5, 11), Hinweis auf medizinisch durchgeführte Studien z.B. klinisch getestete positive Wirkung eines zuckerfreien Kaugummis auf die Zähne (Artikel 11), Nährwertangaben auf vollfetter Milch (siehe Kommentar zu Artikel 4), Hinweise auf mehrfach und einfach gesättigte Fettsäuren, Omega-3-Fettsäuren oder Cholesterin (z.B. „arm an Cholesterin“, „cholesterinfrei“) (Artikel 8), Vergleich des Kalziumsgehalts eines mit Kalzium angereicherten Glas Orangensaftes mit dem Kalziumgehalt eines Glas Milch oder des Fett- oder Cholesteringehalts von Butter und Margarine (Artikel 9). UEAPME- MAISON DE L'ECONOMIE EUROPEENNE - RUE JACQUES DE LALAING 4 - B-1040 BRUXELLES TEL ÷32 2 230.75.99 - FAX ÷32 2 230.78.61 - E-MAIL [email protected] F. Forderungen der UEAPME Der Schutz vor Irreführung bei gesundheits- und nährwertbezogenen Angaben ist schon durch das bestehende EG-Recht, insbesondere Artikel 2 der Etikettierungsrichtlinie 2000/13/EG, gewährleistet. Darüber hinaus gehende Regelungen müssen daher im Einklang mit den bestehenden Bestimmungen (Artikel 2 RL 2000/13/EG) und der Rechtsprechung (vgl. Rs C-77/99 und C-221/00) festgelegt werden. Die UEAPME spricht sich daher für folgende Klarstellungen und Ergänzungen aus: EG-Regelungen zu nährwertbezogenen Angaben müssen als Richtlinie erlassen werden Rechtfertigung des Regelungsansatzes durch wissenschaftliche Erkenntnisse anhand einer Risikobewertung nach Artikel 6 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 Keine absoluten Informations- und Werbeverbote (Artikel 4, 10, 11), sondern: Nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben, die auf allgemein anerkannten wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen und vom Verbraucher verstanden werden, sollen ohne vorherige Prüfung verwendet werden können. Im Anlassfall trägt der Unternehmer die Beweislast für das Vorliegen der angegebenen Wirkung (vgl. C 221/00). Die geforderte wissenschaftliche Begründung muss mit verhältnismäßigem Aufwand zu leisten sein (Literatur, Dokumentation, allgemeine Ernährungserkenntnisse) Keine Diskriminierung bestimmter Lebensmittelgruppen durch eine Einteilung in „gute“ und „schlechte“ Lebensmittel anhand von Nährwertprofilen. Alle Lebensmittel sollen Gegenstand von nährwertbezogenen Angaben sein können, sofern die Angabe zutreffend ist. Offene Liste nährwertbezogener Angaben. Die im Anhang genannten Angaben sollen als Beispiele dienen. Trennung zwischen einem Zulassungsverfahren bei der EFSA und einem Notifizierungsverfahren bei den nationalen Behörden: Gegenstand des Zulassungsverfahrens: Angaben nach Artikel 13, sofern sie nicht auf anerkannten wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen und schon von einer Behörde anerkannt worden sind (z.B. FDA) Gegenstand des Notifizierungsverfahrens: allgemein anerkannte und vom Verbraucher verstandene claims. Zulassungsverfahren: Straffung des Prozesses durch kurze Fristen, Einschränkung des Antrags auf eine Gemeinschaftssprache, Gegenstand der Zulassung sollte der Inhalt und nicht die Formulierung eines claims sein. Berücksichtigung der Anforderungen von Klein- und Mittelbetrieben. Gewährleistung des Datenschutzes und der damit verbundenen Investitionen der Betriebe. Integration bestehender Regelungen: z.B. Novel Food Verordnung (EG) Nr. 258/1997, Nährwertkennzeichnungsrichtlinie 90/496/EWG, Streichfettverordnung (EG) Nr. 2991/94. Gewährleistung der Meinungsäußerungsfreiheit (Artikel 10 MRK). Angemessene Übergangsfristen, offener Abverkauf der Bestände. Brüssel, Januar 2004 Wir danken den Experten der UEAPME-Arbeitsgruppe Lebensmittel für ihre kompetente Unterstützung, besonders den Experten der WKÖ. Falls Sie die UEAMPE-Stellungnahme oder Teile von ihr zitieren, bitten wir Sie, uns einen Hinweis zu geben. Vielen Dank! Hans-Werner Müller Generalsekretär UEAPME- MAISON DE L'ECONOMIE EUROPEENNE - RUE JACQUES DE LALAING 4 - B-1040 BRUXELLES TEL ÷32 2 230.75.99 - FAX ÷32 2 230.78.61 - E-MAIL [email protected]