KKT der ÖAW Institut für Geschichte Konfliktszenarien um 1900: politisch – sozial – kulturell 2. Tagung des Projekts Freund oder Feind? Multiethnische Staatsgebilde im Vergleich. Die ÖsterreichUngarische Monarchie und das russische Zarenreich um 1900 Karl-Franzens-Universität Graz Wall-Gebäude, Merangasse 70, Raum 1.010 25.-26. September 2008 http://www.uni-graz.at/monarchien-im-vergleich/ Zeitplan und Programm Mittwoch, 24.September 2008 Anreise: Unterbringung der Gäste im Hotel Academia, Untere Schönbrunngasse 7-11, A-8043 Graz, Tel.: +43 316 323 558; Fax.: +43 316 323 558 3520 Buslinie 58 vom Hauptbahnhof, Ausstieg bei Haltestelle Pensionsweg bzw. Straßenbahnlinie 1 (vor 19 Uhr ab Eggenbergergürtel in der Nähe des Hauptbahnhofs 150m Fußweg, ab 19 Uhr direkt vom Hauptbahnhof in Richtung Mariatrost), Ausstieg Haltestelle Schönbrunngasse 1 Donnerstag, 25.September 2008 10.00 Registration, Merangasse 70, 1. Stock, Raum 1.010 Begrüßung und Eröffnung der Tagung 10.30 Sektion I (Chair: Volker Munz) 11.00 Wolfgang Eismann (Graz) Namensverehrung und Logozentrismus in Russland Kaffeepause 11.30 Dirk Kemper (RGGU Moskau) Performanz und Krisenbewusstsein. Zur Radikalisierung von Sprach- und Erkenntniskritik um die Jahrhundertwende bei Fritz Mauthner Natalija Kemper-Bakši (RGGU Moskau) Sprachphilosophie und Krisenbewusstsein um 1900: Das imjaslavie und Pavel Florenskij 11.45 12.15 13.00 gemeinsames Mittagessen im Haus Sektion II (Chair: Ol’ga Pavlenko) 14.30 15.00 Marcus Gräser (Frankfurt/M.) Angst vor ‘Amerika’: Krisenszenarien der Stadtentwicklung in Wien um 1900 Aleksandr B. Bezborodov (RGGU Moskau) Das Projekt einer sozialistischen Gesellschaft in den Arbeiten russischer Revolutionäre um 1900 (Vortrag russ., Übersetzungen liegen auf) Kaffeepause 15.30-16.00 Sektion III (Chair: Cristina Beretta) Sabine Haring (Graz) Krisen und Konflikte in der frühen österreichischen Soziologie Volker Munz (Graz) Zwischen Antimetaphysik und Utopie. Ein Beispiel der Wiener Moderne 17.00 Aleksej Žerebin (St. Petersburg) Subjekt der Moderne: Hofmannsthals ChandosBrief und die russische Philosophie der positiven Alleinheit 19.30 Empfang des Bürgermeisters im Schlossbergrestaurant (Treffpunkt 19.15. Rathaus) 16.00 16.30 2 Freitag, 26. September 2008 Sektion IV (Chair: Heinrich Pfandl) 09.30 Ol’ga Pavlenko (RGGU Moskau) Russische geopolitische Projekte für ein künftiges Mitteleuropa vor und während des Ersten Weltkriegs 10.00 Igor’ Krjučkov (Stavropol’) Die Wechselbeziehungen zwischen Österreich und Ungarn und die Entwicklungsperspektiven des Habsburgerimperiums in Berichten des Russischen Generalkonsulats um 1900 (Vortrag russ., Übersetzungen liegen auf) 10.30 Peter Deutschmann (Graz) Die Habsburgermonarchie im Richtungsstreit über die tschechische Geschichte 11.00 – 11.30 Kaffeepause Sektion V (Chair: Wolfgang Eismann) 11.30 Die Affäre um „fremdstämmige Völker“ des Jahres 1910 als identitätspolitischer Konflikt im Russischen Imperium Leonid E. Gorizontov (RGGU Moskau) (Vortrag russ., Übersetzungen liegen auf) 12.00 Natalija Budnikova (Wien) Auf der Suche nach einer Schriftsprache zwischen Österreich und Russland 12.30 Alexandra Strohmaier (Graz) Galizien revisited. Zur Dekonstruktion eines literaturwissenschaftlichen Mythos 13.00 – 14.15 Mittagessen im Restaurant Braun de Praun Sektion VI (Chair: Aleksej Žerebin) Cristina Beretta (Klagenfurt) Eros im russischen Fin de Siècle: Zum Konflikt mit dem vermeintlich ‘Natürlichen’ 14.45 Elfriede Wiltschnigg (Graz) Alfred Kubin – Die andere Seite 15.15 Heinrich Pfandl (Graz) Die zerfallende Monarchie im Spiegel ihrer Ansichtskarten (der nationale Aspekt) 14.15 15.45 – 16.00 Kaffeepause 16.00 Abschlussdiskussion Samstag, 27. September 10.30 Uhr: Stadtführung Graz (ca. 2 Stunden): Treffpunkt: am Hauptplatz vor dem Rathaus. 15 Uhr: Ausflugsfahrt in die Südsteiermark (Abfahrt vom Hotel Academia) Buschenschank Gerngroß, A-8441 Sausal, Hochbrudersegg 11; Anfahrt siehe unter http://www.weingut-gerngross.at/ Sonntag, 28. September Abreisetag 3 Abstracts Cristina Beretta (Klagenfurt) Eros im russischen Fin de Siècle: Zum Konflikt mit dem vermeintlich ‘Natürlichen’ Die Zeit um 1900 in Russland ist reich an prospektiven Entwürfen in Bezug auf die Sexualität. Hinter scheinbar radikal unterschiedlichen Phänomenen, wie L. Tolstojs radikaler Ablehnung der Sexualität, V. Solov’ëvs Versuch von deren Rechtfertigung und letztendlicher Sublimierung, F. Sologubs Androgynie-Idee und Unbehagen an der Geschlechtsliebe, Z. Gippius’ und D. Merežkovskijs Konzept der vljublennost’ und N. Fëdorovs entsagender Utopie ist ein gemeinsamer Nenner zu erblicken: Das Streben nach einer neuen Begründung der Geschlechtlichkeit im Spannungsverhältnis zwischen Freiheit und Notwendigkeit. Das allgemeine Unbehagen an der Geschlechtsliebe und der Wille zur Neudefinition der Geschlechtsidentität sind in der Auflehnung gegen das vermeintlich positiv Gegebene (das ‘Natürliche’) zu verorten. Dem symbolistischen Konzept des žiznetvorčestvo, der ästhetizistischen Präferenz für das Artifizielle, der dekadenten Vorliebe für das Morbide liegt die Intention zugrunde, das Leben den vermeintlich natürlichen Determinanten zu entreißen. Im Fin de Siècle wird das Geschlecht zur Konstruktion, die Geschlechtsliebe zum Austragungsort von utopischen Bestrebungen nach einer Neudefinition des Menschlichen. Aleksandr B. Bezborodov (RGGU Moskau) Das Projekt einer sozialistischen Gesellschaft in den Arbeiten russischer Revolutionäre um 1900 (Политический проект социалистического общества в работах русских революционеров конца XIX – начала XX в.) Mit den Ereignissen vom Oktober 1917 wurde die politische Kultur des russischen Revolutionärs offenbar. Diese setzte sich aus „Werten“ der Nečaevščina, aus den drei Strömungen des Narodničestvo (der propagandistischen, der aufständischen und der verschwörerischen Richtung) zusammen, die von der Idee einer halbterroristischen Organisation mit einem Helden an der Führungsspitze verstärkt und um marxistische Postulate angereichert wurde. Während der frühkapitalistischen Entwicklung des Landes vor 1917 waren diese im Wesentlichen „westlerischen“ Ideen und Ansichten aufgrund ihrer Attraktivität Dominanten der politischen Kultur russischer Revolutionäre. Nach der Oktoberrevolution war der Tod von Vladimir Il’ič Lenin der wichtigste Wendepunkt in der Evolution des russischen Revolutionärs. Denn bereits Lenin kann wohl als der Initiator der großen bürokratischen Revolution nach der Oktoberrevolution von 1917 gelten, welche aus dem russischen Revolutionär, dem typischen Vertreter der Lenin-Garde, der die revolutionären Traditionen des Westens übernommen hatte, ein Element einer sich neu herausbildenden staatlichen Elite machte. Der Widerstand der Lenin-Garde gegen die dann von Stalin vorgenommene bürokratische Revolution fiel daher auch entsprechend schwach aus, was den gewaltsamen Wechsel der Eliten und die Repressionen beförderte. Vor seinem Tod 1924 warnte Lenin seine Kampfgenossen vor der „arevolutionären Gesinnung“ des neuen Führungsapparats. Als eine der wichtigsten Aufgaben der „neuen Epoche“ nannte er die „Umformung unseres Apparats, der zu nichts zu gebrauchen sei und den wir zur Gänze aus der vorangegangenen Epoche übernommen haben“. Die dementsprechenden Umformungen haben den Aufbau des Sozialismus in der UdSSR grundlegend geprägt. Движущей силой реализации в России политического проекта строительства социалистического общества на рубеже XIX – XX веков являлась личность русского революционера – автора соответствующих трудов. К октябрю 1917 года большевики явили миру вполне сложившуюся политическую культуру русского революционера. В ней переплетались «ценности» нечаевщины, опыт всех трех направлений (пропагандистского, бунтарского и заговорщического) народничества, усиленных идеей законспирированной полутеррористической организации во главе с героем, а также многие марксистские постулаты. Привлекательность в соответствующей социальной сфере последних, по определению западнических, идей и взглядов, адекватных раннекапиталистической фазе развития России, сделала их доминантой политической культуры русского революционаризма в предоктябрьские годы. После свершения Октябрьской революции важнейшим поворотным пунктом эволюции русского революционера – основного носителя революционной русской политической культуры – стала смерть В.И. Ленина. Именно он, судя по всему, был отцом Великой постоктябрьской бюрократической революции, трансформировавшей русского революционера, носителя западных революционных традиций, представителя ленинской гвардии – в элемент формирующейся государственной элиты. Поэтому впоследствии сопротивление «ленинских гвардейцев» уже Сталинской бюрократической революции было весьма пассивным, что привело к насильственной ротации элит, как известно, не без репрессий. Накануне своей кончины В.И. Ленин предупреждал соратников относительно «нереволюционности» нового аппарата управления. В качестве одной из главных задач, «составляющих эпоху», он определил «переделку 4 нашего аппарата, который ровно никуда не годится и который перенят нами целиком от прежней эпохи…» . Именно эти «переделки» и представляли собой сущность политического проекта строительства социализма в СССР. Natalija Budnikova (Wien) Auf der Suche nach einer Schriftsprache zwischen Österreich und Russland Im 18. Jahrhunderts wurde Galizien, das vorher unter polnischer Herrschaft stand, Teil des österreichischen Reiches. Eine kulturelle Verbundenheit mit Russland blieb jedoch darüber hinaus erhalten. Die nationale und kulturelle Entwicklung Galiziens wurde durch diese verschiedenen geschichtlichen Traditionen geprägt. In der Periode der Nationsbildung befand sich Galizien in dem Dilemma, zwischen einem westlichen oder östlichen Weg der Entwicklung zu wählen. In diesem Prozess nahm die Sprachenfrage einen wichtigen Platz ein und wurde von den ersten Zeitungen in Galizien als zentrales Thema aufgeworfen. In den Vordergrund rückte die Frage, ob das Kirchenslawische, das Russische, das Polnische oder die Volkssprache als Ausgangspunkt für die ukrainische Schriftsprache dienen sollte. Dieser Prozess wurde von Österreich (Zensur, Versuch die lateinische Schrift einzuführen) und Russland aufmerksam verfolgt, nicht zuletzt aufgrund der sich verstärkenden russophilen Stimmungen in Galizien. Die Suche der kulturellen und nationalen Identität der Galizier zwischen zwei Reichen spiegelte sich im bunten Charakter der Zeitungssprache wider, die von der ausgeprägten Volkssprache bis zum Russischen variierte. Peter Deutschmann (Graz) Die Habsburgermonarchie im Richtungsstreit über die tschechische Geschichte In einer turbulenten und kritischen Phase der tschechischen Politik gegenüber der Wiener Regierung hat Tomáš G. Masaryk einige Schriften programmatischen Charakters verfasst. Die „tschechische Frage“, die in „unserer gegenwärtigen Krise“ mit dem Rückgriff auf „Jan Hus“ (in Anführungszeichen stehen die übersetzten Titel der drei umstrittenen Schriften aus den Jahren 1895-96) gelöst werden sollte, wurde von Masaryk mit einem politischen Programm für eine „realistische“ Politik beantwortet. Während dieses Programm einerseits eine neue Haltung gegenüber der Wiener Regierung und der Monarchie beschrieb, kam es andererseits wegen Masaryks geschichtsphilosophischer Konzeption zu einem veritablen „Historikerstreit“ unter den Schülern derjenigen Generation, von der die tschechische Prager Universität nach der Teilung von 1882 aufgebaut wurde. Aus der zuerst fachwissenschaftlichen Polemik, welche die „Realisten“ selbst entzweite, entstand vor dem ersten Weltkrieg eine breite Debatte, in der plötzlich Begriffe wie »Freiheit« und »Opportunismus« ins Treffen geführt wurden. Diese vor dem Untergang der Monarchie formulierten unterschiedlichen Positionen gegenüber der eigenen Geschichte wirken bis zum heutigen Tag im tschechischen Geschichtsbewusstsein nach, sie haben aber im deutschen Sprachraum wenig Aufmerksamkeit gefunden. Dies verwundert umso eher, als die sozialen und politischen Verhältnisse in der Monarchie ja den Hintergrund der Debatte abgaben und die von den Habsburgern betriebene Gegenreformation zentrales Thema des Streits war. 5 Wolfgang Eismann (Graz) Namensverehrung und Logozentrismus in Russland Die russische Kultur als logozentristisch zu bezeichnen, wie es gelegentlich geschieht, wäre eine grobe Vereinfachung. Dennoch gibt es eine logozentristische Tradition, die seit frühen Zeiten durch die mythischen Tendenzen der Volkskultur und durch die mystischen Tendenzen der Orthodoxie verstärkt wurde. Einen Höhepunkt erlebten diese Tendenzen im kirchlichen Streit um die Namensverehrung in den 10er Jahren des 20. Jhs. Erstaunliche Anklänge an die in der Tradition der negativen Theologie (Apophatik) stehenden Auffassungen, die in diesem Streit geäußert wurden, finden sich in Wittgensteins „Tractatus“. In Russland führte der Streit um die Anwesenheit Gottes in seinem Namen zu unterschiedlichen Formen einer religiösen Namensphilosophie. Doch selbst die kommunistischen Gegner dieses orthodoxen „Logozentrismus“ setzten diesen dialektisch fort und vertrauten auf die Magie der Wörter bzw. Namen. Erst die Postmoderne „dekonstruierte“ alle Wörter und Namen als austauschbare Hülsen. In der Überwindung der Postmoderne und im Widerstand gegen diese zeigt sich die Kontinuität logozentristischer Auffassungen in Russland. Leonid Gorizontov (RGGU Moskau) Die Affäre um „fremdstämmige Völker“ des Jahres 1910 als identitätspolitischer Konflikt im Russischen Imperium («Инородческий казус» 1910 года как проявление конфликта идентичностей в политической жизни Российской империи) In einer vom damaligen Ministerpräsidenten P.A. Stolypin 1910 unterzeichneten Verordnung werden die auf dem Territorium Russlands lebenden Ukrainer wie auch die Polen und Juden als “fremdstämmige Völker” (inorodcy) bezeichnet. Diese Bezeichnung brach mit dem offiziellen Konzept der allgemeinrussischen Dreieinigkeit, die von den imperialen Machthabern bereits unter S. S. Uvarov in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts geprägt wurde. Diese Veränderung ging an der Staatsduma nicht unbemerkt vorüber; die Repräsentanten der verschiedenen Nationalitäten und politischen Lager äußerten sich zum Begriff “fremdstämmige” (inorodcy). Die Diskussion ging also über eine rein ukrainische Angelegenheit hinaus, sie gelangte über die Staatsduma auch an die Presse. Der im Zuge dieser Diskussion verfasste Artikel von M.S. Gruševskij ist insofern von besonderem Interesse, da Gruševskij versuchte, aus dieser Bezeichnung durch die Regierung möglichst große politische Vorteile für die ukrainische Bewegung zu erreichen. Die verschiedenen Bedeutungen und Bewertungen von Ausdrücken wie “fremdstämmige”, “Ukrainer” und “Kleinrussen” führten zu einem identitätspolitischen Konflikt. Anhand der vorliegenden Materialien soll eine typologische Klärung unterschiedlicher Identitätsbestimmungen und ihrer Wechselbeziehungen versucht werden. Da die Episode in der Geschichtsforschung bislang nur kurze Erwähnung gefunden hat, fällt in der vorgestellten Untersuchung auf diese das Hauptaugenmerk, womit unter Berücksichtigung eines größeren Quellenmaterials ein Beitrag zur Diskussion von Konfliktszenarien zu Beginn des 20. Jahrhundert geleistet werden soll. В циркуляре 1910 г., подписанном П.А.Столыпиным, украинцы, подданные России, наряду с поляками и евреями фигурировали в качестве инородцев. Такая постановка решительно порывала с официальным концептом общерусского триединства, четко артикулированным имперскими властями еще во времена С.С.Уварова. Казус был замечен в Государственной думе, побудив представителей различных народов и политических лагерей империи высказаться по поводу содержания понятия «инородцы». Дискуссия вышла далеко за пределы сугубо украинской темы. Вышла она и за стены Думы, получив резонанс в периодической печати. Большой интерес представляет написанная по этому поводу статья М.С.Грушевского, в которой тот стремился извлечь из созданного правительством прецедента максимальные политические выгоды для украинского движения. Конфликт идентичностей нашел выражение в серьезных расхождениях, связанных со смысловым и ценностным наполнением понятий «инородцы», «украинцы», «малороссы». Материал исследования способствует прояснению типологии идентичностей и выявлению их системных взаимосвязей. Изучаемый эпизод лишь упоминается в научной литературе. Цель настоящего исследования заключается в специальном его рассмотрении на основе более широкого круга источников и осмыслении в контексте конфликтности начала XX в. 6 Marcus Gräser (Frankfurt/M.) Angst vor ‘Amerika’. Krisenszenarien der Stadtentwicklung in Wien um 1900 Unter den europäischen Städten nahm Wien seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in vielerlei Hinsicht eine Ausnahmestellung ein: Durch die Zuwanderung aus den Kronländern der Monarchie war Wien eine multiethnische und multilinguale Stadt geworden; und durch den Machtverlust des politischen Liberalismus im Gefolge der allmählichen Demokratisierung des Wahlrechts brach sich ein urbaner Populismus Bahn (Karl Lueger!) der wiederum ohne den multiethnischen Hintergrund und die damit verbunden Realien der Inklusion und Exklusion gar nicht denkbar gewesen ist. Das daraus erwachsene kommunalpolitische Regime in Wien unterschied sich damit signifikant vom Typ der liberalen Honoratiorenpolitik, die etwa bis 1918/19 in den meisten deutschen Städten vorherrschte. Bereits für die Zeitgenossen – in Wien wie auch in den USA – war die Besonderung des kommunalpolitischen Regimes in Wien ein Vorgang, der Analogien zur Politik in amerikanischen Großstädten nahelegte: Das Spiel auf der Klaviatur der ethnischen Differenzen, die starke Machtstellung des Bürgermeisters (‚Caesarismus’, ‚bossism’), die Techniken der Patronage und des Klientelismus – all das schien Wien zu einer Stadt ‚amerikanischen’ Typs zu machen. Der Vortrag will vor diesem Hintergrund darüber informieren, welche Rolle ganz bestimmte images Amerikas und amerikanischer Städte im Diskurs in Wien und über Wien spielten. Die meisten Befunde deuten darauf hin, daß ‚Amerika’ in seinen unterschiedlichsten Konnotationen in Wien (anders als etwa im fortschrittsversessenen Berlin) ‚angstbesetzt’ war, sowohl bei jenen, die über die politische Macht in der Stadt verfügten als auch bei jenen, die – wie die Liberalen – vom Feld der Machtpolitik bereits verdrängt waren. Sabine Haring (Graz) Krisen und Konflikte in der frühen österreichischen Soziologie In der soziologischen Literatur findet man die Thematisierung von Krisen und Konflikten, schließlich auch von Krieg und Gewalt seit den Anfängen der Disziplin. Für die so genannten Fortschrittsoptimisten beispielsweise wie u. a. Henry de St. Simon und Auguste Comte war die zeitgenössische Gesellschaft durch eine politische, sozio-ökonomische und moralische Krise gekennzeichnet, die jedoch – nicht zuletzt mit Hilfe von Wissenschaft und Technik – in naher Zukunft überwunden werden könnte. Der Vater der Konflikttheorie, der als Sohn eines Rabbiners in Krakau geborene, später an der Universität Graz lehrende Ludwig Gumplowicz, betonte wiederum den Konflikt sozialer Gruppen als treibende Kraft der Geschichte. Innerhalb einer Gesellschaft lassen sich jedoch, so Gumplowicz, nicht nur Verteilungs-, sondern auch Wert- und Kulturkonflikte sowie instrumentelle (im Hinblick auf Wege und Mittel) und politische (in bezug auf Machtverhältnisse) Konflikte beobachten. Die Vorstellung der Fortschrittsoptimisten eines "stetigen Vervollkommnungsprozesses", an dessen Ende Gewalt und Krieg als Konfliktlösungsstrategien obsolet werden und eine "bessere", friedliche Weltgesellschaft entstehen wird, hielt Gumplowicz für eine "Verkennung der sozialen Gesetzmäßigkeiten" (Mozetič, 2001: 357). Nach Gustav Ratzenhofer wiederum, der in engem Kontakt zu Gumplowicz stand, unterliegt die Gesellschaft zunächst dem "Gesetz der absoluten Feindseligkeit" als Motor sozialer Weiterentwicklung, die in den so genannten "Kulturstaat" mündet. Ethnische Konflikte, Unterwerfungen und Ausbeutungen werden dort der Vergangenheit angehören; an deren Stelle trete der friedliche Interessensaustausch. Vor dem Hintergrund der liberalen Universitätsreformen war die Frühzeit der österreichischen Soziologie geprägt durch eine Pluralität von Theorien und Forschungszugängen: Lorenz von Stein, Albert Schäffle sowie Ludwig Gumplowicz sind in diesem Kontext ebenso zu nennen wie Eugen Ehrlich als Begründer der Rechtssoziologie, Gustav Adolph Lindner sowie Wilhelm Jerusalem als Ahnherr einer wissenssoziologischen Perspektive. Welche Vorstellungen hegten diese Soziologen im Hinblick auf gesellschaftliche Entwicklungen und sozialen Wandel, welche Rolle nehmen in ihren Vorstellungen Krisen und Konflikte, Krieg und Gewalt ein? Wie beeinflußt deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung die jeweiligen Gegenwartsanalysen und Zukunftsvorstellungen? Diese Fragen sollen in diesem Vortrag ansatzweise beantwortet werden. SoziologInnen beschäftigten sich mit Krisen- und Konflikten und in deren gesteigerter Form mit Krieg und Gewalt nicht nur in theoretischer und/oder historischer Absicht, sondern dokumentierten ihre jeweiligen Erfahrungen mit gewaltlosen und gewaltsamen inner- und zwischenstaatlichen Auseinandersetzungen. Darüber hinaus läßt sich bei ihnen bisweilen auch eine Sensibilität im Hinblick auf zukünftige Krisen und Konflikte beobachten. Gar manche erwarteten um 1900 eine umfassende militärische Auseinandersetzung, da diese aus der staatlichen Mächtekonstellation und den divergierenden Interessen der Nationen unausweichlich sei. Einige sehnten einen Krieg herbei, der im Sinne einer Katharsis die Menschen aus der Sterilität der Vorkriegsepoche führen und eine neue Gesellschaftsordnung, als deren Träger ein neuer Mensch fungieren werde, schaffen werde. Andere fürchteten 7 einen neuen Mehrstaatenkrieg auf europäischem Boden, da dieser zu einer Katastrophe unvorstellbaren Ausmaßes führen werde. Als ein Beispiel sei hier auf einen Vortrag von Othmar Spann, des Lehrers von Jakob Baxa, mit dem Titel Soziologie und Philosophie des Krieges verwiesen, den dieser im November 1912 in Brünn hielt. Spann schien einen neuen Krieg zu erwarten, wenn er davon sprach, daß der Krieg "mit eherner Faust an unsere Tore pocht" (23). Und er ersehnte ihn wohl, wie vor allem im letzten Teil des Vortrages deutlich wird, als "Kulturkampf" zwischen den deutschen und slawischen "Völkern", der nach außen und innen seine kathartischen Kräfte entfalten werde. Krzysztof Jablonowski (Warschau) Trieste in international political relations 1891-1975 The history of Trieste is a part of the stormy history of the European continent, which experienced a series of conflicts in the last century. While by no means large, this city has nevertheless attracted attention from many states in the political, social and economic sense. I would like to introduce a new version of Trieste’s history in the context of international political relations especially to the readers from Central-Eastern Europe, where these issues are little known. The study covers the period from 1891, when Trieste belonged within the Austro-Hungarian Empire, up to 1975, when on the strength of the treaty of Osima, the status of the city and the region was agreed between Italy and Yugoslavia. In the study I show the complicated, variable and unforeseeable manner in which the situation developed in this region of Europe, bearing in mind its exceptional character in international relations. Trieste was where political-economic contradictions clashed against the background of social, and especially national conflicts. I will also analyse specific national-ethnical situations arising in this territory and indicate the reasons for these conflicts. The history of this area provides a case study from which interesting comparisons relating to the situation of Memel or The Free City of Gdansk can be drawn. The influence of the wider regional and European crises was also deep in Trieste. These factors resulted in the culmination of conflicts of enormous intensity. Among the sources that I am using there are: archival sources, published sources, statistical materials and memoirs, as well as the nationwide, regional and local press. From published sources I am particularly referring to the Italian and German or Austrian literature. I am also using some books published in England and France. Dirk Kemper (RGGU Moskau) Performanz und Krisenbewusstsein. Zur Radikalisierung von Sprach- und Erkenntniskritik um die Jahrhundertwende bei Fritz Mauthner Mauthner selbst stellt sich mit seinen philosophischen Werken in die lange Tradition sprachkritischer Positionen seit dem mittelalterlichen Nominalismus. Auf der Ebene der Textsemantik findet sich zudem kaum ein Gedanke, der nicht schon bei Nietzsche so oder ähnlich vorgedacht war. Die Originalität von Mauthners Werk scheint also textsemantisch nur schwer zu erschließen, und von daher bleibt auch die zweifellos große Wirkung auf die Literatur der Zeit kaum nachvollziehbar. Höchst originell wird Mauthner jedoch, sobald man die performative Ebene seiner Texte in den Blick nimmt, indem man ihren Ereignis- und Inszenierungscharakter untersucht. Dies soll hier geschehen, indem Faktoren wie die habituelle Inszenierung eines philosophierenden Subjekts, Mauthners spezifischer modus philosophandi oder seine Art der Wissensformation untersucht werden. Natalija Kemper-Bakši (RGGU Moskau): Sprachphilosophie und Krisenbewusstsein um 1900: Das imjaslavie und Pavel Florenskij (Философия языка и кризисное сознание на рубеже веков: имяславие и П.Флоренский) Der Beitrag beschäftigt sich mit der Debatte um das imjaslavie, welche im klösterlichen Milieu am Mönchsberg Athos und im Kaukasus vor dem Ersten Weltkrieg entstand, nachdem der orthodoxe Mönche Ilarion 1907 das Buch Na gorach Kavkaza [Auf den Bergen des Kaukasus] veröffentlichte, welches zuerst sehr positiv aufgenommen wurde, wie die Neuauflagen von 1910 und 1912 zeigen. Das Buch enthält Ausführungen zum sog. „Jesusgebet“ (Iisusova molitva), einem orthodoxen meditativen Gebetsritual, und zum Namen Gottes, wobei dieser Name als Gott selbst aufgefasst wird. Diese Debatte, welcher eher einen speziellen bzw. lokal-esoterischen Charakter zu haben scheint, hatte allerdings weitreichende Auswirkungen in Theologie und Politik bzw. in der russisch-orthodoxen Kultur allgemein. Um diese zu untersuchen, bedarf es der Berücksichtigung der philosophischen und 8 kulturellen Implikationen der Fragestellung. Im Russland der Jahrhundertwende unternahmen einige russische Theologen (Aleksej F. Losev, Pavel Florenskij, Sergej Bulgakov) den Versuch, eine ontologische Basis für die Sprache zu finden, was mit der Philosophie des Namens direkt verbunden war. Pavel Florenskijs Lösung in diesem Zusammenhang war der Begriff Symbol, der theologische Fragestellungen mit der Kultur des silbernen Zeitalters verbindet. Доклад посвящен имяславским спорам, которые возникли в среде монашества на Афоне и на Кавказе в политическом предвоенном контексте после выхода в свет книги схимонаха Илариона «На горах Кавказа» в 1907 г, которая была переиздана в 1910 и 1912 гг. и вызвала поначалу многочисленные положительные отзывы. В книге изложено учение об Иисусовой молитве и Имени Божием, по которому Имя Божие и есть сам Бог. Этот, казалось бы, очень локальный и незначительный конфликт имел однако неожиданные, далеко идущие последствия – как в политическом, так и в богословском и, шире, культурном плане, для выяснения причин которых следует обратиться к философской и культурной подоплеке вопроса. В России начала века в среде русских богословов (А.Ф.Лосев, П.Флоренский, С.Н. Булгаков) была предпринята попытка поиска онтологической основы языка, которая была напрямую связана с философией имени. При этом ключевым понятием для П.Флоренского становится символ, объединяющий богословие с культурой серебряного века. Igor’ V. Krjučkov (Stavropol’, Russland) Die Wechselbeziehungen zwischen Österreich und Ungarn und die Entwicklungsperspektiven des Habsburgerimperiums in Berichten des Russischen Generalkonsulats um 1900 (Проблема взаимоотношений Австрии и Венгрии в контексте перспектив развития империи Габсбургов в донесениях Генерального консульства России в Будапеште в начале ХХ в.) Die in Ungarn tätigen russischen Diplomaten waren üblicherweise sehr an den Wechselbeziehungen zwischen der österreichischen und der ungarischen Reichshälfte sowie an den Entwicklungsperspektiven des dualistischen Systems interessiert. Die Analyse von innenpolitischen Prozessen in Ungarn und von deren Auswirkungen auf den Dualismus stand im Mittelpunkt der Sammelund Informationstätigkeit des Russischen Generalkonsulats in Budapest und des Konsulats in Fiume/Rijeka. Mit den Entwicklungsperspektiven der österreichisch-ungarischen Wechselbeziehungen stand das Schicksal des gesamten Habsburgerimperiums ja in eminentem Zusammenhang. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts beurteilten die in Ungarn tätigen russischen Diplomaten die Entwicklungsperspektiven der österreichisch-ungarischen Wechselbeziehungen ziemlich skeptisch. Der Grund des Konflikts bestand vorwiegend in ökonomischen Widersprüchen zwischen den beiden Reichshälften. Die Industrialisierung Ungarns und die Interessenskonflikte von österreichischen und ungarischen Großgrundbesitzern führten letztlich zur Aufgabe der K.u.k. Zollunion. Auch die Besonderheiten nationalen Entwicklung der slawischen Völker im Imperium trugen nicht gerade zur Harmonie zwischen Österreich und Ungarn bei, lehnten doch die Slawen das System der Doppelmonarchie ab, da sie in diesem ihre Benachteiligung im Vergleich zu den Ungarn sahen. In dieser Auffassung erhielten die Slawen von deutsch-österreichischen Nationalisten Unterstützung, meinten doch diese, dass eine allzu große Autonomie Ungarns zum Zerfall des Habsburger-Imperiums führen würde. Generell prognostizierten die Diplomaten die allmähliche Entfernung Ungarns von Österreich, die in ihren Augen zum Zerfall des Imperiums an der Donau führen würde. Российских дипломатов, работавших в Венгрии, традиционно интересовала проблемы австро-венгерских взаимоотношений и дальнейших перспектив развития дуалистической системы. Анализ внутриполитических процессов в Венгрии и их влияние на дуализм стало одним из основных направлений сбора информации Генерального консульства России в Будапеште и консульства в Фиуме. От перспектив развития австро-венгерских взаимоотношений во многом зависела судьба всей империи Габсбургов. В начале ХХ в. российские дипломаты в Венгрии довольно скептически оценивали перспективы дальнейшего развития австро-венгерских взаимоотношений. Основой для конфликта, главным образом, служили экономические противоречия между двумя половинами империи. Индустриализация Венгрии и столкновение интересов австрийских и венгерских аграриев служили основой для будущего разрыва австро-венгерского таможенного союза. Не способствовали гармонизации отношений Австрии с Венгрией и особенности национального развития славян империи, которые негативно оценивали систему дуалистической монархии, видя в ней механизм по закреплению неравноправного статуса славянских земель по сравнению с Венгрией. В этом плане славяне нашли поддержку среди части австро-немецких националистов, полагавших, что чрезмерная автономия Венгрии ведет к развалу империи Габсбургов. Эти противоречия воочию проявились во время аннексии Боснии и Герцеговины. В целом дипломаты прогнозировали постепенное удаление Венгрии от Австрии, которое могло привести к распаду Дунайской империи. 9 Volker Munz (Graz) Zwischen Antimetaphysik und Utopie. Ein Fall der Wiener Moderne. Neben gesamteuropäischen Entwicklungen war die Habsburgermonarchie um 1900 auch durch ganz spezifische Eigentümlichkeiten gekennzeichnet, welche sich maßgeblich auf das Selbst- und Fremdverständnis dieses Gebildes auswirkten. Zu nennen wären etwa nationalistische, antisemitische oder sprachkritische Tendenzen. Neben massiven sozio-ökonomischen Veränderungen spiegelten sich die verschiedenen, oft auch durch Konflikte bestimmten Wandlungsprozesse vor allem in den Reflexionen und entsprechenden Erwiderungen und Gegenentwürfen wissenschaftlicher, literarischer und künstlerischer Repräsentanten der Wiener Moderne wieder. Am Beispiel Joseph Popper-Lynkeus, einem durchaus nicht unumstrittenen Intellektuellen Wiens um 1900 soll skizzenhaft eine jener zahlreichen Positionen nachgezeichnet werden. Ol’ga Pavlenko (RGGU Moskva) Russische geopolitische Projekte für ein künftiges Mitteleuropa vor und während des Ersten Weltkriegs (Российские геополитические проекты будущего Центральной Европы накануне и во время Первой мировой войны) Der Erste Weltkrieg war Resultat einer umfassenden internationalen Krise, hervorgerufen von einer gänzlich neuen Dynamik von Globalisierungsprozessen, die um die Jahrhundertwende überall spürbar wurde. Der offizielle Diskurse dieser Epoche des Imperialismus war von Begriffen wie „Weltpolitik“, „Lebensraum“, von territorialen Forderungen und rassistischen Motivationen geprägt. Der Schatten eines „großen europäischen Kriegs“ hing über den europäischen Hauptstädten. Die Kabinette der großen europäischen Staaten arbeiteten an Präventivmaßnahmen für eine militärische Mobilisierung und an Projekten für eine neue Weltordnung nach dem Krieg. Diese Tatsachen fanden ihren Niederschlag auch in den wichtigsten Veröffentlichungen, in denen diplomatische Strategien vor und während des Ersten Weltkriegs behandelt wurden. Im Vortrag werden Dokumente des Geheimarchivs des Russischen Außenministeriums untersucht, aus welchen genauere Vorstellungen von den russischen Plänen und der Stimmungslage unter der politischen Führern gewonnen werden können. In den untersuchten Archivmaterialien aus den Jahren 1910 bis 1917 wird die umfassende ministeriale Erörterung von Problemen wie „Konstantinopel und die Meeresstraßen“, von Szenarien des möglichen Zerfalls von Österreich und Ungarn, vom Plan der Vereinigung der Kroaten, Slowenen und Serben in einem gemeinsamen Staat und dergleichen ersichtlich. Первая мировая война была следствием тотального международного кризиса, вызванного небывалой динамикой процессов глобализации, развернувшихся в мире на рубеже 19-20 вв. Официальный дискурс эпохи империализма был насыщен концептами «мировой политики», «жизненного пространства», территориальными императивами и расистскими амбициями. Тень «большой европейской войны» нависала над европейскими столицами. Превентивные планы военной мобилизации и послевоенные проекции нового мирового порядка разрабатывались кабинетами ведущих европейских государств. Все эти реалии рубежа веков нашли отражение в фундаментальных публикациях, посвященных дипломатическим стратегиям накануне и во время мировой войны. В этом докладе будут проанализированы документы Секретного Архива министра иностранных дел России, которые позволяют расширить представление о планах России, настроениях политической элиты. Прежде всего это касается комплексного подхода МИД России к таким проблемам, как «Константинополь и проливы», будущий раздел «австро-венгерского наследства», план «слияния Хорватов, Словенцев и Сербов в одно государство». Эти сюжеты рассматриваются на основе архивных документов с 1910 по 1917 гг. Heinrich Pfandl (Graz) Die zerfallende Monarchie im Spiegel ihrer Ansichtskarten (der nationale Aspekt) 1869 erfand der Klagenfurter Professor der Nationalökonomie Dr. Emanuel Herrmann die Correspondenz-Karten, die später in veränderter Form Ansichtskarten genannt wurden, und schuf damit in Österreich ein neues Genre, welches die Kommunikation breiter Bevölkerungsgruppen enorm erleichterte: die Möglichkeit, rasch in Kontakt treten zu können, erhöhte die Motivation zum Schreiben, die Realisierung wurde dank der einfachen Form (Wegfall des Kuverts und einer Versiegelung, billigeres Porto etc.) erleichtert. In Deutschland wurde diese Form 1870, in Russland 1872 eingeführt. In einem multinationalen Vielvölkerstaat wie der Donaumonarchie stellte sich den Schreibenden die Frage der sprachlichen Gestaltung: in welcher Sprache bezeichnete man die dargestellte Stadt/Ort/ Gegend in den gemischtsprachigen Landesteilen, in welcher Sprache wurde der private Text, der bei 10 Erfindung der Ansichtskarte zunächst gar nicht vorgesehen oder standardisiert war, verfasst? Einen Höhepunkt erlebte die Ansichtskarten-Praxis in der Zeit vor dem und während des ersten Weltkriegs (etwa 1900-1918), als pro Jahr weltweit bis zu einer Milliarde Ansichtskarten versendet wurden. Anhand von Karten aus dem Gebiet des heutigen Slowenien (v.a. Marburg/Maribor, Laibach/Ljubljana und Pettau/Ptuj) aus dieser Zeit soll gezeigt werden, in welchem Ausmaß die slowenische Sprache auch auf den Aufschriften und individuellen Texten der Ansichtskarten präsent war und welche Aspekte dabei maßgebend waren. Alexandra Strohmaier (Graz) Galizien revisited. Zur Dekonstruktion eines literaturwissenschaftlichen Mythos Ein kulturtheoretisch fundierter, wissenschaftskritischer Zugang zum Themenfeld Galizien legt die These nahe, dass es sich bei dem oftmals konstatierten „Mythos Galizien“ weniger um ein Produkt der Literatur handelt, das durch positivistische Forschung mit einem historisch realen (authentischen) Galizien konfrontiert wäre könne, denn um ein Produkt der Literaturwissenschaft. Das, was die germanistische Forschung als „Mythos Galizien“ bezeichnet, die vermeintliche Dominanz harmonisierender Konzeptionen dieses Kulturraums in der Literatur, kann unter kultur- und wissenschaftstheoretischer Perspektive in seiner Bedeutung als literaturwissenschaftliche Kategorie relativiert werden. Unter Berücksichtigung der konkreten wissenschaftshistorischen Voraussetzungen und der kulturpolitischen Implikationen des „Mythos Galizien“ als Konstrukt der Literaturwissenschaft unternimmt der Beitrag den Versuch einer ansatzweisen Dezentrierung des wissenschaftlichen Gemeinplatzes vom „Mythos Galizien“, indem nicht nur die Homogenität, sondern auch die Hybridität und Ambivalenz dieses Kulturraums als diskursive und mithin kulturelle Konstruktion herausgestellt wird. Anhand der Kategorien Raum, Subjekt bzw. Identität und Erinnerung sucht der Beitrag aufzuzeigen, wie sich der Kulturraum Galizien in den Texten des Untersuchungskorpus – autobiographischen Texten deutschsprachig-jüdischer AutorInnen galizischer Herkunft – einer naturalistischen Konzeption, einer eindeutigen Kartierung und transparenten Topographie entzieht, wie die Möglichkeit einer homogenen und stabilen Identität, deren Essenz, in den Texten in Frage gestellt und der konstruktive Charakter von Raum und Erinnerung hervorgehoben wird. Dirk Uffelmann (Passau) Indianisches Mimikry im Zarenreich bei Henryk Sienkiewicz 1893 schreibt der Absolvent der Warschauer Szkoła Główna, der frühere „positivistische“ Journalist, spätere erste polnische Literaturnobelpreisträger und Autor antideutscher historischer Novellen und Romane (Bartek zwycięzca, 1882, Krzyżacy, 1900) Henryk Sienkiewicz in Warschau im russischen Teilungsgebiet die indianische Novelle Sachem. Darin tritt Roter Geier, der letzte Überlebende des von deutschen Siedlern in Texas ausgelöschten Indianerstamms Schwarze Schlangen in einer Zirkusaufführung mit einem Drahtseilkunststück auf – an dem Ort, an dem 15 Jahre zuvor seine Vorfahren niedergemetzelt wurden, und singt ein Rachelied in der Sprache der Besatzer – auf Deutsch. Als er am Ende des Drahtseils die bengalische Öllampe erreicht, die den Zirkus erleuchtet, hat sich der Zorn in seinem Lied zum Schrei gesteigert, und die Zuschauer, die vor 15 Jahren seine Vorfahren noch ohne mit der Wimper zu zucken abgeschlachtet hatten, halten den Atem an: Wird der Wilde sie alle mit brennendem Öl übergießen? Doch der Indianer sammelt in einer Blechbüchse Spenden: „Was gefallig fur den letzten der Schwarzen Schlangen!“ (im Orig. dt.). Der Vortrag wird sich drehen um die mehrfache Verschiebung des „kolonialen“ Konfliktszenarios – vom russischen ins preußische Teilungsgebiet, von Preußen nach Texas, vom germanisierten Polen auf den kolonisierten Indianer, vom roten Wilden auf das wilde Tier („tygrys“), schließlich und vor allem vom bewaffneten Konflikt (November- und Januaraufstand 1830/31 und 1863) auf das Mimikry (Bhabha) und Signifying (Gates) des domptierten, auf Deutsch singenden Wilden – dieses post-konfliktuösen Konrad Wallenrod um 1900. Elfriede Wiltschnigg (Graz) Alfred Kubin – Die andere Seite In dem 1908 geschriebenen phantastischen Roman Die andere Seite entwirft Kubin das apokalyptische Bild einer Gesellschaft, das sich aus seiner Welt- und Lebensanschauung, dem Milieu der Wiener Moderne und vor allem den politischen und wirtschaftlichen Konfliktszenarien um 1900 speist – transformiert in eine Traumwelt, die von Ernst Jünger als ein „Musterbeispiel künstlerischer 11 Prophetie“ bezeichnet wurde. Im Zusammenspiel von Wort und Bild konfrontiert uns Kubin mit einer visionären Symbolsprache, die auch seine illustrierenden Zeichnungen prägt und in seinem Schaffen den Übergang zwischen der phantastischen Bildwelt des Frühwerks und den expressiven Werken nach 1908 charakterisiert. Im Referat wird – ausgehend von Text- und Bildanalyen – Kubins Entwurf einer „anderen Seite“ diskutiert, die wie eine Projektion der im Zerfallen begriffenen Österreichisch-Ungarischen Monarchie über die historische Zeit gelegt werden kann und die Angst vor Krise und Verfall manifest werden lässt. Aleksej Žerebin (St. Petersburg) Subjekt der Moderne: Hofmannsthals Chandos-Brief und die russische Philosophie der positiven Alleinheit Wenige Texte haben in der Literatur um 1900 eine solche kanonische Gültigkeit erlangt, wie Hofmannsthals „Ein Brief“, ein Text, der unter dem Namen „Chandosbrief“ in die Literaturgeschichten eingegangen ist. Die Fülle der wissenschaftlichen Literatur, mit der ein solcher Text schon überlagert ist, ist niederdrückend, und wenn der Autor sich anschickt, darüber zu referieren, so kann er nur ein Motiv geltend machen: einen frappierenden und in der wissenschaftlichen Literatur bisher nicht thematisierten Parallelismus zwischen dem weltanschaulichen Monismus in der österreichischen Philosophie und Literatur und der zeitgenössischen Philosophie der positiven Alleinheit in Russland. Die Modellgeschichte der modernen Subjektivität, wie sie im Chandosbrief angedeutet wird, erhält durch diese Parallele eine neue Dimension. Im Referenzrahmen der russischen Subjektphilosophie bedeutet die Überwindung der rationalistischen Subjekt-Objekt-Spaltung nicht nur die Selbstaufhebung des modernen Subjekts, sondern auch dessen Erlösung und Neukonstituierung. Es ist dann die geistigphysisch-existenzielle Erfahrung des Einbruchs tragender Wertgarantien, des Übergangs in die offene, unergründliche Realität der Alleinheit, die den Text des Chandosbriefes strukturiert – ein Prozess, der gleichzeitig die tiefste Erschütterung und die höchste Befreiung umfasst. Wie viele Gestalten in der Literatur der Moderne ist auch Lord Chandos ein Dislozierter, eine Aufbruchsfigur des heimatlosen Künstlers, der eine neue utopische Moderne erleidet. Diese Utopie der antirationalistischen Moderne umfasst sämtliche Bereiche des internationalen kulturellen Feldes: gegen das Herrschaftsdenken setzt sie den Gedanken der Liebe, gegen die Ausbeutung der Natur den der Versöhnung mit ihr, gegen den Egozentrismus den Traum von einer universalen Einheit, in die das Subjekt eingelassen ist, statt sie vom egozentrischen Standpunkt aus beherrschen zu wollen. 12 Vortragende Cristina Beretta, Studium der Slawistik und Anglistik an der Universität Heidelberg. Kurzzeitstudium an der Staatlichen Universität Sankt Petersburg. Übersetzerstudium in Mailand. Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Slavischen Institut der Universität Heidelberg. Seit Jan. 2008 Wissenschaftliche Assistentin am Institut für Slawistik der Universität Klagenfurt. Seit Nov. 2004 Dissertationsprojekt zur Schopenhauer-Rezeption im russischen Fin de Siècle (L. Tolstoj, V. Solov’ëv, F. Sologub). Aufsätze zur vergleichenden Literaturwissenschaft (S. Turgenev, J. Leskovarsund I. Svevo), zu Literatur und Philosophie (Tolstoj und Schopenhauer), zur russischen Literatur (Sologub; Beiträge zu M. Bulgakov und I. Šmelëv für die 3. Aufl. von Kindlers Literatur Lexikon), literarische und essayistische Übersetzungen (Leskovar). [email protected] Aleksandr B. Bezborodov, Studium der Geschichts- und Archivwissenschaften an der Moskauer MGU, seit 1996 Vorstand des Instituts für historiographische Archivwissenschaften an der RGGU Moskau, seit 2007 Direktor des Instituts für Russische Geschichte, seit 1998 Vorstand der Abteilung für Neuere Russische Geschichte am Institut für historiographische Archivwissenschaften an der RGGU Moskau. Forschungsgebiete: Russische Geschichte der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts, Wissenschaftspolitik u. Planung technischer Wissenschaften und des militärisch-technischen Sektors in der UdSSR nach 1953, Geschichte der Dissidentenbewegung in der UdSSR. Mitautor von Rossija. XX vek. Dokumenty i materialy. [in 2 Bdn]. Lehrbuch für Universitäten. Moskau 2004; Herausgeber von Naselenie Gulaga: Čislennost’ i uslovija soderžanija. (= Bd 4 der Istorija stalinskogo Gulaga. Konec 1920-ch – pervaja polovina 1950-ch godov. Sobranie dokumentov v 7 tomach.) Moskau: Rosspėn 2004; Otečestvennaja istorija Rossii novejšego vremeni 1985 – 2005 gg. Moskau: RGGU 2007; gem. mit M.B. Bulanov und V. D. Gubin et. al: Obščestovznanie. Učebnik. Moskau: Prospekt 2007. „Einführung“ und „Schlussfolgerungen“ in: Prager Frühlung. Das internationale Krisenjahr 1968. Beiträge. Hrsg. von Stefan Karner et al. Köln, Weimar, Wien 2008, S. 700-720. [email protected] Natalija Budnikova, geb. 1982 in Moskau/Russland, studierte ab 1999 Slawistik an der Moskauer Staatlichen Lomonosov-Universität. Mit der Diplomarbeit zum Thema „Die zeitgenössische Sprachsituation in der Ukraine“ absolvierte sie ihr Studium 2004. Seit 2007 ist sie als Mitarbeiterin und Doktorandin an der Universität Wien tätig. Im Rahmen des Doktoratskollegs »Galizien und sein multikulturelles Leben« beschäftigt sie sich mit der Sprachgeschichte der galizischen Russophilen. [email protected] Peter Deutschmann, geb. 1968 in Graz, Slawistik- u. Germanistikstudium in Graz, Moskau und Prag, seit 1995 mit Unterbrechungen Assistent am Institut für Slawistik der Universität Graz. Dissertation 2001, veröffentlicht unter dem Titel Intersubjektivität und Narration. Gogol’, Erofeev, Sorokin, Mamleev. Frankfurt: Lang 2003). Arbeitsschwerpunkte: Literaturtheorie, russ. u. tschechische Literatur u. Kulturgeschichte (19. u. 20.Jh.), Vermittlung von zeitgenössischer russischer Kulturproduktion (Ausstellungen, Lesungen). Habilitationsprojekt: „Das historische Drama als Modell für Staatlichkeit in der tschechischen und russischen Literatur“. [email protected] Wolfgang Eismann, geb. 1942 in Elbling/Elbląg; nach Tätigkeit an mehreren deutschen Universitäten (Mannheim, Bochum, Oldenburg) seit 1988 O.Univ.-Prof. für Slawistik an der Karl-Franzens-Universität Graz. Hauptarbeitsgebiete: Russische Literatur, Kultur- und Geistesgeschichte Russlands, Literaturen und Kultur- und Geistesgeschichte der südslawischen Länder. Theorie der kleinen Formen, slawische Phraseologie und Parömiologie. Publikationen: O silogizme vytolkovano. Eine Übersetzung des Fürsten A.M. Kurbskij aus den Erotemata Trivii Johann Spangenbergs, Wiesbaden 1972; Von der Volkskunst zur proletarischen Kunst. Theorien zur Sprache der Literatur in Rußland und der Sowjetunion, München 1986; (Hg.), Europhras 95. Europäische Phraseologie im Vergleich: Gemeinsames Erbe und kulturelle Vielfalt. Bochum 1998; (Hg. mit Erika Kržišnik), Frazeologija v jezikoslovju in drugih vedah. Phraseology in Linguistics and Other Branches of Science. Ljubljana 2007; (Hg. mit Bernhard Hurch), Jan Baudouin de Courtenay – Hugo Schuchardt. Korrespondenz, Heidelberg 2008. [email protected] Leonid Gorizontov, geb. 1962, absolvierte 1984 die Fakultät für Geschichtswissenschaft der Moskauer Staatlichen Universität. Von 1984 bis 2005 Mitarbeiter am Institut für Slawistik der Russischen Akademie der Wissenschaften, von 1999-2005 Vorstand der Abtlg. für Ostslawenkunde. 2005 Habilitation, seit 2005 Professor an der Russischen Humanwissenschaftlichen Universität Moskau. Autor 13 von ca. 100 Arbeiten, darunter Paradoksy imperskoj politiki. Poljaki v Rossii i russkie v Pol’še (XIX-načalo XX veka), Moskau 1999 (ausgezeichnet von der Zeitschrift Przegląd Wschodni). Fachgebiete: Geschichte des Russischen Imperiums, Geschichte Polens, der Ukraine und Weißrusslands (Innenpolitik, internationale Beziehungen, Diskursformationen, Regionalkunde), Geschichte der internationalen Slawistik. Mitglied von bilateralen Historikerkommissionen zwischen Russland und der Ukraine bzw. zwischen Russland und Weißrussland. [email protected] Marcus Gräser, geb. 1964, Studium in Frankfurt/M., Forschungsaufenthalte in Chicago, Berlin und Wien; Privatdozent für Neuere Geschichte; Research Associate am Zentrum für Nordamerikaforschung, Universitaet Frankfurt/M. Forschungsschwerpunkte: Nordamerikanische und mitteleuropäische Geschichte seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert. Themenfelder: Wohlfahrtsstaat und Wohlfahrtsgesellschaft, Gesellschaftsgeschichte des Bürgertums, ethnischer Pluralismus in der Urbanisierung, ‘nationale Stile’ in der Geschichtsschreibung/-wissenschaft. Ausgewählte Veröffentlichungen: Wohlfahrtsgesellschaft und Wohlfahrtsstaat. Bürgerliche Sozialreform und welfare state building in den USA und in Deutschland 1880-1940 (erscheint Göttingen 2008) Imaging Vienna. Innensichten, Außensichten, Stadterzählungen (hrsg, zus. mit Monika Sommer und Ursula Prutsch), Wien 2006 „Mass Migration and Local Politics in Chicago and Vienna, 1850-1938: Some Questions, Some Hypotheses“, in: Bulletin of the German Historical Institute (Washington), Nr. 40, 2007, S. 99-104 [email protected] Sabine A. Haring, geboren 1970 in Voitsberg; von 1989-1996 Studium der Soziologie und Geschichte; anschließend Doktoratsstudium der Soziologie an der Karl-Franzens-Universität Graz; Promotion 2005; seit Mai 1997 Vertragsassistentin am Institut für Soziologie; von 1998-2005 Wissenschaftliche Mitarbeiterin am FWF Projekt »Zum ethischen, religiösen und linguistischen Relativismus in Österreich um 1900. Analysen seiner Vor- und Wirkungsgeschichte« im Rahmen des Spezialforschungsbereichs »Moderne – Wien und Zentraleuropa um 1900«. Arbeitsschwerpunkte: Historische und Politische Soziologie, Krieg- und Gewaltforschung; Religionssoziologie, Soziologische Theorie, zentraleuropäische Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts. Publikationen in Auswahl: Verheißung und Erlösung. Religion und ihre weltlichen Ersatzbildungen in Politik und Wissenschaft, Wien 2008; (Hg. gem. mit H. Kuzmics): Das Gesicht des Krieges. Militär aus emotionssoziologischer Sicht, Wien 2008; (Hg. gem. mit P. Ernst und W. Suppanz): Aggression und Katharsis. Der Erste Weltkrieg im Diskurs der Moderne, Wien 2004. [email protected] Natalija Kemper-Bakši, seit 2006 stellvertretende Lehrstuhlleiterin am Lehrstuhl für Deutsche Philologie, Russische staatliche Universität für Geisteswissenschaften Moskau; Promotionsstipendiatin in Wien in 1999-2000, Promotion 2001 an RGGU Moskau; seit 2002 Mitglied des Vorstandes des russischen Germanistenverbandes. Veröffentlichungen zur österreichischen und schweizerischen Literatur des 19. u. 20. Jahrhunderts. Herausgeberin. von Russische Germanistik. Jahrbuch. (Nr. 1, 3, 4, 5). Dialog der Kulturen – Kultur des Dialogs. Moskau 2002. „Robert Walsers Hauptgestalt aus der fremdkulturellen Perspektive. (Anhand von »Jakob von Gunten«). In: Dirk Kemper, Alexej Žerebin (Hrsg.): Eigen- und fremdkulturelle Literaturwissenschaft. München 2008 (in Druck); „Zentrum und Peripherie in den Romanen von Otto F. Walter »Zeit des Fasans« und Urs Jaeggi »Soulthorn«, in: Jahrbuch des Russischen GermanistenVerbandes (4). Moskau 2007, 129-142; „Rezeption der russischen Literatur in den »Aufzeichnungen aus dem Irrenhaus« von Christine Lavant“, in: Brenner-Archiv. Innsbruck 2008 (in Druck) [email protected] Dirk Kemper, Prof. Dr. phil. habil. – Leiter des Lehrstuhls für Deutsche Philologie (Thomas MannLehrstuhl) an der Russischen Staatsuniversität für Geisteswissenschaftlichen in Moskau (RGGU); Gründungsdirektor des dortigen Instituts für deutsch-russische Literatur- und Kulturbeziehungen. Studium der Germanistik, Latinistik und Philosophie; Promotion 1992; Habilitation 2003; 1992-2002 Univ. Hildesheim; 1996-2001 zehn DAAD-Kurzzeitdozenturen an der MGU Moskau; seit 2002 DAAD-Langzeitdozent an der MGU; seit 2005 o.Prof. an der RGGU. – Buch und Aufsatzveröffentlichungen zu deutschen Literatur des 17.-20. Jhd.s, zur Philosophie insbes. der deutschen Spätaufklärung, zur ästhetischen Moderne in Europa, zur Komparatistik, zur Wissenschaftsgeschichte sowie zur Hochschul- und Fachwissenschaftspolitik vor allem in der Russischen Föderation. – Infos unter: www.dirkkemper.de. [email protected] Igor’ V. Krjučkov, geb. 1971, Dozent und Doktor der Geschichtswissenschaften, Vorstand des Instituts für Neue und Neueste Geschichte an der Staatlichen Universität Stavropol’. Dissertation 1996 über „Die österreichische Schule der Ökonomie und ihr Einfluss auf Russland um 1900. 2003 Habilitation über „Der slawische Faktor in der Entwicklung Ungarns im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts 14 und zu Beginn des 20.Jahrhunderts (ethnopolitische, soziale und außenpolitische Aspekte). Monographien: Vengrija i slavjanskij mir v poslednej treti XIX – načale XX veka. Stavropol’: Izd-vo SGU 2001. Obraz Avstro-Vengrii na stranicach periodičeskoj pečati Dona i Severnogo Kavkaza v načale XX veka (1900-1917). Pjatigorsk: Izd-vo PGLU 2003. [email protected] Volker A. Munz, geb. 1966, Studium der Philosophie und Volkswirtschaftslehre in Mannheim, Swansea, London und Graz. 2001–2005 Mitarbeiter des SFB „Moderne – Wien und Zentraleuropa um 1900“. 2005 Gastprofessur an der RGGU Moskau. Leiter des FWF-Projektes „Ludwig Wittgenstein. The Whewell’s Court Lectures 1937–1947“ und des österreichisch-russischen Kooperationsprojekts „Freund oder Feind. Polyethnische Staatsgebilde im Vergleich“. Lehrbeauftragter am Institut für Philosophie und Geschichte der Universität Graz. Forschungschwerpunkte: Analytische Philosophie, Österreichische Philosophie, Sprachphilosophie, Wiener Moderne, Wittgenstein. Publikationen u.a.: Satz und Sinn. Bemerkungen zur Sprachphilosophie Wittgensteins. Amsterdam/New York, NY 2005. (Hrsg. gem. mit Katalin Neumer): Sprache – Denken – Nation. Kultur- und Geistesgeschichte von Locke bis zur Moderne, Wien 2005. [email protected] Ol’ga V. Pavlenko, PhD, Assistenzprofessor am Institut für Weltpolitik der RGGU, Stellvertr. Direktorin des Instituts für Instituts für historiographische Archivwissenschaften an der RGGU, mehr als 50 Arbeiten zu Problemen des Verhältnisses zwischen Russland (bzw. Sowjetunion) und Österreich im 19. und 20. Jahrhundert. [email protected] Heinrich Pfandl, geb. 1954 in Villach/Beljak, 1972-1978 Studium Französisch/Russisch (Lehramt) und Allgemeine Sprachwissenschaft; ab 1981 Russisch-Lehrbeauftragter in Graz, 1991 Doktorat mit einer Arbeit zur Lyrik Vladimir Vysockijs (publiziert München 1993, Graz 1994), 2001 Habilitation zur Sprache und Identität russischsprachiger Emigrierter in Österreich, seitdem Dozent am Institut für Slawistik der Karl-Franzens-Universität. Lehrtätigkeit in Nancy/Frankreich (1974/75), Moskau (1981/1982), Lehraufträge an den Universitäten Innsbruck, Klagenfurt, WU Wien. Arbeitet derzeit zur Frage der russinischen Volksgruppe in Subkarpatien, zu Fragen des Purismus, der Phraseologie und anderen russistischen und slowenistischen Themen. [email protected] Alexandra Strohmaier, Studium der Germanistik sowie der Anglistik und Amerikanistik in Graz, Oxford/England und den USA. 2004 Promotion mit der Dissertation Logos, Leib und Tod. Studien zur Prosa Friederike Mayröckers an der Karl-Franzens-Universität Graz (ausgezeichnet mit dem Wissenschaftspreis der Österreichischen Gesellschaft für Germanistik). Seit 2003 Lehrbeauftragte für Neuere deutsche Literaturwissenschaft am Institut für Germanistik sowie Lehrbeauftragte im Rahmen der interdisziplinären Lehre zur Frauen- und Geschlechterforschung der Universität Graz. Von 01/06 bis 04/08 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Franz Nabl Institut für Literaturforschung der Universität Graz im Rahmen des Projekts „Literatur und/als Ethnographie. Zur diskursiven Konstruktion des Anderen am Beispiel Galiziens (1772–1918)“. Seit 06/08 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für Kulturwissenschaften der Universität Graz im Rahmen des „Forschungsschwerpunkts Migration“. Publikationen in Auswahl: Leopold von Sacher-Masoch, hg. mit Ingrid Spörk, Graz, Wien: Droschl 2002; Veza Canetti, hg. mit Ingrid Spörk, Graz, Wien: Droschl 2005; Logos, Leib und Tod. Studien zur Prosa Friederike Mayröckers, München: Fink 2008 (im Erscheinen). [email protected] Dirk Uffelmann, geb. 1969 studierte Slavistik und Germanistik in Tübingen, Wien, Warschau und Konstanz. Promotion in Konstanz 1999, Habilitation in Bremen 2005. Er lehrte und forschte an den Universitäten Bremen, Erfurt, Edinburgh und Bergen und ist seit 2006 Professor für Ost-MitteleuropaStudien an der Universität Passau. Seine Arbeitsgebiete sind russische, polnische, tschechische und slowakische Literatur-, Philosophie- und Religionsgeschichte, Interkulturalität und Migration. Er ist Autor von Die russische Kulturosophie (1999) und Mitherausgeber der Sammelbände Orte des Denkens. Neue Russische Philosophie (1995), Kultur als Übersetzung (1999), Nemeckoe filosofskoe literaturovedenie našich dnej (2001), Uskol’zajuščij kontekst. Russkaja filosofija v XX veke (2002) und Religion und Rhetorik (2007). Seit 2008 ist er Mitherausgeber der Zeitschrift für Slavische Philologie. [email protected] 15 Elfriede Wiltschnigg, studierte Architektur und Kunstgeschichte in Graz. Dissertation zum Thema „Das Bild der Frau in Wien um 1900“. Mitarbeiterin im Spezialforschungsbereich »Moderne, Wien und Zentraleuropa um 1900« an der Karl-Franzens-Universität Graz. Lektorin am Institut für Kunstgeschichte, Karl-Franzens-Universität, Graz und an der Interuniversitären Koordinationsstelle für Frauen- & Geschlechterforschung, Graz. Mitarbeit in der Arbeitsgruppe Kulturwissenschaften an der KarlFranzens-Universität Graz. Vortragstätigkeit an der Urania Graz. Forschungsschwerpunkte: Kunstgeschichte des 18., 19. und 20. Jahrhundert; Feministische Geschlechterforschung. Publikationen u.a. Das Rätsel Weib. Das Bild der Frau in Wien um 1900, Berlin 2001; Herausgegeben. zusammen mit Alice Bolterauer): Kunstgrenzen. Funktionsräume der Ästhetik in Moderne und Postmoderne, Wien 2001 [email protected] Aleksej Žerebin, geb. 1950, Studium der deutschen und russischen Philologie an der Universität St. Petersburg, anschließend Lektor für deutsche Sprache, 1980-1984 Aspirantur an Universität St. Petersburg. Promotion mit der Dissertation „Chr. M. Wieland und europäische Rokokodichtung“. Dozent am Lehrstuhl für Literaturgeschichte der „Staatlichen Pädagogischen Alexander-Herzen-Universität (St-Petersburg), Habilitation 2006 „Philosophische Prosa Österreichs in russischer Sicht“. Publikationen über Wieland, Goethe, Wedekind, Schnitzler, Hofmannsthal, Kafka, J. Roth und deren Rezeption in Russland, über die deutschsprachige philosophische Prosa. Mentor im Zentrum für Fernstudien der Fernuniversität Hagen. 1995 u. 1997 Gastprofessor an der Universität Innsbruck mit Vorlesungen über österreichisch-russische Literaturbeziehungen. 1999-2000 Visiting Fellow am Internationalen Forschungszentrum Kulturwissenschaften (IFK) in Wien. Monographien: Philosophische Prosa der österreichischen Moderne in russischer Perspektive. St. Petersburg 2004; Über die Vergangenheit einer Illusion (Freud und die russische Moderne). St. Petersburg 2003. Übersetzungen (Nietzsche, Kafka, Freud, Rosei, Lachmann). [email protected] Für den Inhalt verantwortlich: Peter Deutschmann, Volker Munz, Übersetzungen der russ. Abstracts und biobibliographischen Angaben: Peter Deutschmann 16