Neurobiologische Grundlagen visueller Illusionen

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Pädagogik
Torsten Schulz
Neurobiologische Grundlagen visueller
Illusionen - Konzeption und Evaluation
einer Unterrichtseinheit für die Sek. II
Examensarbeit
Johann Wolfgang Goethe - Universität Frankfurt am Main
Fachbereich 15: Biowissenschaften
Abteilung Didaktik der Biowissenschaften
Wissenschaftliche Hausarbeit
für das Lehramt an Gymnasien
eingereicht dem Amt für Lehrerbildung
Thema:
Konzeption und Evaluation einer
Unterrichtseinheit für die Sek. II:
Neurobiologische Grundlagen
visueller Illusionen
Vorgelegt von:
Matrikel-Nr.:
Studiengang:
Semester:
Torsten Schulz
L3, Biologie und Sozialkunde
8
Anschrift:
Telefon:
E-Mail:
Gutachter der Arbeit:
Frankfurt am Main, den 5. Oktober 2008
Animi sedem esse in oculis.
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INHALT
1 Einleitung .............................................................................................................. 05
2 Sachanalyse ........................................................................................................... 07
2.1
Anatomie des Linsenauges ......................................................................... 07
2.1.1 Augapfel ......................................................................................... 08
2.1.2 Äußere Augenhaut .......................................................................... 08
2.1.2.1 Konjunktiva ...................................................................... 08
2.1.2.2 Kornea ............................................................................... 10
2.1.2.3 Sklera ................................................................................ 10
2.1.3 Mittlere Augenhaut ......................................................................... 11
2.1.3.1 Choroidea .......................................................................... 11
2.1.3.2 Ziliarkörper ....................................................................... 11
2.1.3.3 Iris ..................................................................................... 12
2.1.4 Linse und Akkommodation ............................................................. 14
2.1.5 Glaskörper ....................................................................................... 15
2.1.6 Retina und Photorezeptoren ............................................................ 17
2.2
Synaptische Informationsübertragung ........................................................ 22
2.2.1 Struktur und Typen von Synapsen .................................................. 23
2.2.2 Signalübertragung ........................................................................... 25
2.2.3 Erregende und hemmende Synapsen .............................................. 27
2.2.4 Räumliche und zeitliche Summation .............................................. 29
2.3
Retinale Informationsübertragung .............................................................. 30
2.3.1 Rezeptive Felder, On- und Off-Zellen ............................................ 33
2.3.2 Sehreizverarbeitung im Gehirn ....................................................... 38
2.4
Optische Täuschungen ................................................................................ 43
2.4.1 Mach`sche Bänder ...........................................................................43
2.4.2 Hermann-Gitter ............................................................................... 48
2.4.3 Simultankontrast ............................................................................. 53
2.4.4 Benary-Kreuz und White-Täuschung ............................................. 57
2.4.5 Die Bedeutsamkeit des Vorwissens ................................................ 60
2.4.6 Craik-Cornsweet-O'Brien-Täuschung ............................................. 65
3
3 Didaktisch-Methodische Überlegungen .............................................................. 68
3.1
Curriculare Begründung ..............................................................................68
3.2
Fachrelevanz ............................................................................................... 69
3.3
Gesellschafts- und Schülerrelevanz ............................................................ 70
3.4
Organisatorische Vorraussetzungen ............................................................71
3.5
Medieneinsatz ............................................................................................. 72
3.5.1 Der Computereinsatz und die PowerPoint-Präsentation ................. 73
3.5.2 Das Arbeitsblatt ...............................................................................77
3.6
Struktur und Inhalte des Arbeitsblatts Mach`sche Bänder ......................... 78
3.7
Struktur und Inhalte des Arbeitsblatts Hermann-Gitter .............................. 83
3.8
Struktur und Inhalte des Arbeitsblatts
Benary-Kreuz und White-Täuschung ......................................................... 86
3.9
Sozial- und Unterrichtsformen: Partnerarbeit, Gruppenpuzzle
und Lehrervortrag ....................................................................................... 89
3.10
Tabellarischer Unterrichtsentwurf .............................................................. 94
3.11
Das Zusammenspiel zwischen dem Einsatz der PowerPoint-Präsentation,
den drei konzipierten Arbeitsblättern und den Sozialformen ..................... 95
3.12
Lernziele der geplanten Unterrichtseinheit ................................................. 98
4 Evaluation ............................................................................................................ 102
4.1
Pre-Test mit Studenten .............................................................................. 102
4.1.1 Ergebnisse ...................................................................................... 102
4.1.2 Auswertung .................................................................................... 109
4.2
Test der Unterrichtseinheit mit Schülern ................................................... 123
4.2.1 Ergebnisse ...................................................................................... 123
4.2.2 Auswertung .................................................................................... 137
5 Ausblick ................................................................................................................ 146
6 Literaturverzeichnis ............................................................................................ 147
Anhang
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1 EINLEITUNG
Animi sedem esse in oculis. Der Sitz der Seele liegt in den Augen. Dieses sehr alte,
lateinische Sprichwort ist nicht zufällig entstanden. Bereits Erasmus von Rotterdam
(1469-1536) sprach über die Blicke des Menschen. Sie sind als Zeugnisse der
unmittelbaren und lebendigen Menschenbeobachtung zu verstehen. Weit aufgerissene
Augen, so Erasmus, sind ein Zeichen von Stupidität. Das Starren symbolisiert Trägheit.
Zum Zorn Geneigte tendieren zu scharfen Blicken und den Schamlosen gesteht er einen
lebhaften und beredten Blick zu. Der beste Blick jedoch sei der, welcher einen ruhigen
Geist und eine respektvolle Freundlichkeit aufzeigt (Elias 1997).
Die neueren Biowissenschaften haben bisher nicht und werden vermutlich auch nie
ergründen können, wo denn die menschliche Seele unserem Körper innewohnt. Sicherer
sind hingegen
Erkenntnisse über Wahrnehmungsprozesse, deren
Ursache und
Funktionsweise sowie über das Zusammenspiel zwischen den einzelnen Sinnesorganen
und dem Gehirn. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Sehsinn und geht der
Frage nach, wie man visuelle Illusionen neurobiologisch erklären kann und welche
Prinzipien und Ursachen dahinter verborgen sind. Da es unzählige optische Täuschungen
gibt, die zugleich auch unterschiedliche Erklärungsansätze verfolgen, muss das weite
Thema der visuellen Illusionen eingegrenzt werden, um ein Themengebiet inhaltlich
strukturiert und schülergerecht aufzuarbeiten.
Der Fokus dieser Arbeit liegt daher auf der Wahrnehmung von Helligkeiten. Ziel ist
es, eine Unterrichtseinheit für die Sek. II zu konzipieren, in der optische Täuschungen auf
divergierenden Helligkeitswahrnehmungen beruhen. Die Schüler sollen mit Hilfe dieser
Illusionen die Ursache dieser nicht der Realität entsprechenden Wahrnehmung und deren
Bedeutung ergründen und nach neurobiologischen Gesichtspunkten erklären können.
Als Basis des Unterrichtskonzeptes dient zunächst eine ausführliche Sachanalyse. In
diesen Kapiteln werden unter anderem die Anatomie des Linsenauges, die neuronale
Sehverarbeitung und verschiedene Synapsentypen behandelt. Hauptaugenmerk der
Sachanalyse liegt auf den optischen Täuschungen, die auch in der Unterrichtseinheit eine
tragende Rolle spielen. So werden beispielsweise das Hermann-Gitter, die Mach'schen
Bänder und das Benary-Kreuz ausführlich beschrieben und es wird erläutert, wie und
warum die jeweiligen Illusionen zustande kommen.
Daran anschließend folgen die didaktischen und methodischen Überlegungen. Es wird
ein Lehrplanbezug hergestellt und herausgearbeitet, inwiefern dieses Thema für die
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Gesellschaft und das Unterrichtsfach Biologie von Bedeutung ist. Außerdem wird der
Medieneinsatz, insbesondere der Einsatz von Computer und PowerPoint-Präsentation,
thematisiert. Des Weiteren werden die einzelnen Elemente der Unterrichtseinheit, wie
zum Beispiel die konzipierten Arbeitsblätter, didaktisch und methodisch analysiert. Die
verwendeten Sozialformen werden dargestellt und deren Wahl und Einsatz begründet.
Zum Schluss der Arbeit liegt der Schwerpunkt auf der Evaluation der konzipierten
Unterrichtseinheit. Diese Evaluation wurde einerseits mit Studenten des Fachbereiches
Biologie und andererseits mit Schülern der Oberstufe durchgeführt. Die Ergebnisse der
Befragungen sind grafisch dargestellt, um anschließend eine Auswertung der Evaluation
vorzunehmen. Ziel ist es, aufkommende Kritikpunkte und Probleme aufzudecken und
konstruktive Verbesserungsvorschläge umzusetzen. Als Resultat entsteht eine evaluierte
Unterrichtseinheit für die Sek. II, die mit Hilfe einer adäquaten Lehrerhandreichung
zukünftig einen problemlosen Zugang zu den Schulen finden soll.
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2 SACHANALYSE
2.1 ANATOMIE DES LINSENAUGES
Das Auge ist für viele Menschen das wohl bedeutendste Sinnesorgan. Mit dem Hören
zusammen bildet das Sehen eine Schnittstelle zwischen dem Selbst und seiner Umwelt.
Durch diese beiden Sinne werden annährend 90 Prozent aller Informationseinheiten der
Umwelt im Gehirn verarbeitet. Die dadurch ermöglichte Kommunikation mit der
Umwelt ist sehr schnell und unmittelbar, weil sie nicht auf einen direkten Kontakt (wie
beispielsweise der Tastsinn) angewiesen ist (Schwegler 2006). Zum Ausdruck einer
hohen Wertschätzung nutzt man nicht selten die Redewendung, dass man etwas hütet
wie seinen Augapfel. In den folgenden Kapiteln wird der Aufbau des Linsenauges
thematisiert und die wichtigsten Bestandteile in Funktion, Lage und Aufbau erläutert.
Abb. 1: Augenmuskeln des rechten Auges (aus Schwegler 2006)
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2.1.1 AUGAPFEL
Das Auge ist ein eher kleines Organ. Der Kugeldurchmesser beträgt nur 2,4 cm. Gut
geschützt liegt der in Fettgewebe eingebettete Augapfel (Bulbus oculi) in der
knöchernen Augenhöhle (Orbita), die nach hinten trichterförmig zuläuft. Ähnlich wie
ein Kugelgelenk ist das Auge in der Lage sich in alle drei Raumachsen zu bewegen. Für
die Bewegungen und Drehungen gibt es verschiedene Augenmuskeln. Vier gerade und
zwei schräge Augenmuskeln verankern den Augapfel in der Augenhöhle. Erst durch ein
komplexes Zusammenspiel aller Augenmuskeln wird eine kontrollierte Bewegung der
Augen ermöglicht. In Abb. 1 sind die ansetzenden Muskeln des rechten Auges
dargestellt. Auffällig ist der Verlauf des oberen schrägen Augenmuskels (M. obliquus
superior). Der Ursprung befindet sich an der Innenseite der Augenhöhle. Interessant ist
die bindegwebige Schlaufe (Trochlea), durch der der Muskel verläuft, sich im spitzen
Winkel biegt und relativ weit hinten am Augapfel wieder ansetzt. Sämtliche
Augenmuskeln werden von den Hirnnerven innerviert (Schwegler 2006).
Der annährend kugelförmige Augapfel ist aus drei Schichten aufgebaut. Diese
Schichten differenzieren sich nochmals in spezielle Häute, die unterschiedliche
Funktionen erfüllen. In Abb. 2 ist ein Horizontalschnitt durch den Augapfel mit den
jeweiligen Schichten zu erkennen, die farblich voneinander abgehoben sind.
2.1.2 ÄUSSERE AUGENHAUT
Die äußere Augenhaut (Tunica fibrosa bulbi) besteht aus der Kornea, der Sklera und
der Konjunktiva.
2.1.2.1 KONJUNKTIVA
Die Konjunktiva (Bindehaut, Conjunctiva) ist vollständig transparent und kleidet die
Innenseite der Lider aus und reicht so bis an die Lidkante heran. Da die Bindehaut in
der oberen und unteren Fornix (Bindehautfalte) auf die Innenseite der Lider umschlägt,
entsteht eine Bindehauttasche oder Bindehautsack unter dem Ober- bzw. Unterlid
(Schwegler 2006). In vielen Schnittzeichnungen durch das Auge, so auch in Abb. 2,
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verläuft die Bindehaut über der Kornea hinweg. Thews et al. betonen jedoch, dass der
vordere Abschnitt des Augapfels (die Kornea) nicht von der Konjunktiva überzogen ist
(Thews et al. 2007).
Abb. 2: Horizontalschnitt durch den Augapfel (oben) und der dreischichtige Aufbau (unten)
(aus Faller et al. 2004)
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2.1.2.2 KORNEA
Die Kornea (lat. corneus = Horn; Hornhaut, Cornea) besteht aus einem straffen, völlig
durchsichtigem Bindegewebe und liegt als flache Vorwölbung der Vorderseite des
Augapfels auf. Durch die strikt parallele Anordnung der Kollagenfasern zur
Hornhautoberfläche und die geringe Extrazellulärflüssigkeit zwischen den Fasern
entsteht die Lichtdurchlässigkeit. Die Kornea ist folglich auch frei von Blutgefäßen.
Über die Diffusion vom Kammerwasser erhält sie jedoch die nötigen Nährstoffe. Die
Hornhaut enthält etwa 75 Prozent Wasser und besitzt ein hohes Regenrationsvermögen.
Durch Verletzungen, die in das unter dem Epithel liegende Stroma hineinreichen,
können jedoch auch dauerhafte Narben entstehen. Befinden sich diese Narben über den
Bereich der Pupille, so sind die Sehschärfe und das Kontrastsehen beeinträchtigt (Faller
et al. 2004, Schwegler 2006). Die Hornhaut ist an der Brechung des Lichtes beteiligt
und ist Bestandteil des dioptrischen Apparates. Der dioptrische Apparat ist eine
zusammenfassende Bezeichnung für die das Licht brechenden Strukturen des Auges.
Die Hornhaut ist extrem schmerzempfindlich. Beim Applizieren von Augentropfen
direkt auf die Kornea ist bereits der Temperaturunterschied zwischen dem Tropfen und
dem Auge sehr unangenehm. Aus diesen Gründen zieht man das Unterlid leicht
herunter und tröpfelt anschließend in den unteren Bindehautsack.
2.1.2.3 SKLERA
Die Sklera (Lederhaut, Sclera) ist eine derbe, bindegewebige Hülle des Augapfels, die
für die weiße Färbung des sichtbaren Teiles der Augen verantwortlich ist. Vergleichbar
mit der Kornea besteht die Lederhaut aus einem dichten Netzwerk kollagener Fasern.
Diese Fasern sind stark aufgequollen, aber nicht so streng parallel und geordnet
angebracht wie in der transparenten Hornhaut. Die gesamte Lederhaut ist sehr zell- und
gefäßarm. Die Binde- und Aderhaut sind für die Versorgung der Sklera verantwortlich.
Die
wichtigste
Funktion
zusammen
mit
dem
Augeninnendruck
ist
die
Formstabilisierung des Auges, insbesondere bei starken mechanischen Belastungen wie
sie bei schnellen Augenbewegungen auftreten. An der Sklera setzen die bereits
besprochenen Augenmuskeln an. Als Lamina cribrosa bezeichnet man den siebartig
durchbrochenen Teil der Lederhaut an der Austrittstelle des Sehnervs (Abb. 2). Als
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harte Hirnhaut und Spinngewebshaut setzt sie sich auf dem Sehnerv fort (Faller et al.
2004, Lathe 2005, Schwegler 2006).
2.1.3 MITTLERE AUGENHAUT
Die mittlere Augenhaut (Tunica vasculosa bulbi), die man auch als Uvea bezeichnet,
liegt zwischen der Lederhaut und der Retina. Sie besteht aus der Aderhaut (Choroidea),
der Regenbogenhaut (Iris) und dem Ziliar- bzw. Strahlenkörper (Corpus ciliare).
2.1.3.1 CHOROIDEA
Die veraltete Bezeichnung ist Chorioidea und entstammt aus dem griechischen (griech.
chorion = Haut). Auf Galenos von Pergamon, der wohl berühmteste Anatom des
kaiserlichen Rom, gehen die Begriffe wie Retina, Konjunktiva und Kornea zurück.
Galen, so die gängige Bezeichnung des Mediziners, untersuchte auch die blutgefüllte
Schicht, die die Innenseite des Auges auskleidet. Da diese Haut für Galen der Chorion
(Fruchthülle, die den Fötus umgibt) glich, bezeichnete er die Aderhaut als Choroidea
(Ings 2008).
In der schwammartigen Aderhaut verlaufen fast alle wichtigsten Gefäße des Auges,
die der Ernährung der angrenzenden Schichten dienen. Vor allem die innen anliegende
Retina wird durch die starken Blutgefäße der Aderhaut mit dem nötigen Sauerstoff
versorgt. Die zart pigmentierte, bindegewebige Choroidea ist 0,2 mm dick. Sie bildet
vor dem Limbus corneae den Ziliarkörper (Faller et al. 2004).
2.1.3.2 ZILIARKÖRPER
Der Ziliarkörper (Corpus ciliare) weist im Gegensatz zur Aderhaut Leisten, Falten und
Fortsätze auf. In der Regenbogenhaut setzt sich sein bindegewebiges Stroma fort. Der
Strahlenkörper bildet einen Ringmuskel (Ziliarmuskel), an welchem die Linse über die
Zonulafasern aufgehängt ist. Somit wird das Scharfstellen des Bildes auf der Netzhaut
des Auges ermöglicht. Der Mechanismus der Akkommodation wird im Kapitel über die
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Linse näher beschrieben (Faller et al. 2004, Lathe 2005). Die gefäßreichen
Bindegewebsfortsätze des Ziliarkörpers sind für die Produktion des Kammerwassers
verantwortlich. Dieses Kammerwasser füllt sowohl die vor der Regenbogenhaut
liegende vordere Augenkammer als auch die hinter der Iris liegende hintere
Augenkammer aus und dient der Versorgung von Kornea und Linse. Der SchlemmKanal am Übergang zwischen Sklera und Kornea ist für den Abfluss des
Kammerwassers verantwortlich. Da sich die Kammerwasserproduktion und der Abfluss
im Gleichgewicht befinden, ist der vom Kammerwasser gebildete Augeninnendruck
konstant. Ist der intraokulare Druck zu stark erhöht, kann dies zu einer beeinträchtigten
Durchblutung der Retina führen. Diese Erkrankung, die ohne Bandlung zur Erblindung
führt, nennt man grüner Star bzw. Glaukom (Menche 2003).
2.1.3.3 IRIS
Die Regenbogenhaut, eine kreisrunde Scheibe, besteht aus einer tief gefurchten Schicht
lockeren Bindegewebes, welches im hinteren Bereich vom Pigmentepithel bedeckt ist.
Durch
einen
individuell,
unterschiedlichen
Pigmentierungsgrad
der
Bindegewebsschicht entstehen die Augenfarben. Enthält die Bindegewebsschicht sehr
wenig Pigment, erscheinen die Augen blau; die stärkste Pigmentierung weisen braune
Augen auf. Der Aufbau dieser Pigmentierung erfolgt erst im Laufe der ersten
Lebensjahre, sodass fast alle Babys blaue oder graue Augen haben (Schwegler 2006).
Die Iris und damit auch die Pupille besitzen die Fähigkeit, die Beleuchtungsintensität
der Photorezeptoren zu limitieren. Das ist bedeutsam für die Hell-Dunkel-Adaptation
und der Einstellung der Schärfentiefe. In Abb. 3 sind die Vorderabschnitte des Auges
detailliert aufgezeigt.
Vor der Linse bildet die Regenbogenhaut eine Art Lochblende, die man als Pupille
bezeichnet. Zwei Muskelschichten sind für das Erweitern bzw. Verengern dieser
Blendenöffnung der Iris verantwortlich. Der Muskel, der die Pupille verengt, heißt M.
sphincter pupillae. M. dilatator pupillae ist für die Erweiterung der Pupille zuständig.
Beide Muskeln werden vom vegetativen Nervensystem innerviert. Die Regulierung der
Pupillenweite ist reflektorisch. Bei starker Helligkeit, Müdigkeit oder Nahsicht verengt
sich die Pupille. Diesen Vorgang bezeichnet man als Miosis (Pupillenverengung). Zur
Erweiterung der Pupille (Mydriasis) kommt es bei Dämmerung, Fernsicht und
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Stressreaktionen. Die Pupillenweite liegt zwischen 1,5 mm (Miosis) und 8,0 mm
(Mydriasis) (Faller et al. 2004, Menche 2003). Beleuchtet man beispielsweise das
rechte Auge mit einer Taschenlampe, ist eine direkte Lichtreaktion zu erkennen. Die
Pupille verengt sich. Aber auch das linke Auge zeigt eine gleich starke Verengung auf,
obwohl es nicht beleuchtet wurde. Diesen Mechanismus nennt man indirekte
Lichtreaktion. Auch beim Blick in die Nähe ist eine Konvergenzreaktion beider
Pupillen zu erkennen. Bei Bewusstlosen kann dieser Vorgang inaktiviert sein, sodass
bei Beleuchtung nur eine ein- oder beidseitig weite, lichtstarre Pupille zu beobachten
ist. Dies könnte ein Hinweis für eine lebensgefährliche Zunahme des Drucks im
Schädelraum sein (Schwegler 2006).
Abb. 3: Vorderabschnitte des Auges (aus Schwegler 2006)
Bevor die Anatomie des Linsenauges mit dem Aufbau der Retina, welche der
inneren Augenhaut (Tunica interna bulbi) angehört, abgeschlossen wird, werden in den
folgenden Kapiteln noch einige wichtige Bestandteile des Auges in Aufbau und
Funktion beschrieben. Diese sind den drei Augenhautschichten nicht direkt zu zuordnen
und bekommen daher einen separaten Platz eingeräumt.
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