Philipps-Universität Marburg Fachbereich Chemie Ausarbeitung des Experimentalvortrages „Geschichte der Chemie“ von Christian Meyer 0 1 Die Geschichte der Chemie ............................................................................... 1.1 Einleitung ................................................................................................... 2 1.2 Ursprünge und erste Theorien .................................................................... 3 1.3 Ägypten und Babylon ................................................................................. 4 2 Alchemie ............................................................................................................. 2.1 4-Elemente-Theorie .................................................................................... 5 2.2 Versuch 1: Die „Herstellung von Gold“ .................................................... 7 2.3 Versuch 2: Darstellung von Phosphor aus Knochen .......................... 9 2.4 Versuch 3: historische Darstellung von Berliner-Blau ............................ 11 2.5 Wissenswertes über das Berliner Blau ..................................................... 13 3 Moderne Theorien ............................................................................................. 3.1 Boyle-Mariotte ......................................................................................... 14 3.2 Phlogiston Theorie ................................................................................... 14 3.3 Versuch 4: Verbrennen von Eisenwolle ................................................... 15 4 Wege in die moderne Chemie ........................................................................... 4.1 Antoine Laurent de Lavoisier ................................................................... 16 4.2 Versuch 5: Gesetz der Erhaltung der Masse ............................................. 17 5 Marktplatzchemie ............................................................................................. 5.1 Chemie für das Volk ................................................................................ 18 5.2 Demo 1: Chemische Gärten ..................................................................... 19 5.3 Feuer und Feuerwerk ....................................................................... 21 5.4 Versuch 6: Magische Flamme .................................................................. 22 5.5 Demo 2: Buntes Feuer .............................................................................. 24 6 Schulrelevanz ................................................................................................. 26 7 Literatur ......................................................................................................... 27 8 Anhang ........................................................................................................... 29 1 1. Geschichte der Chemie 1.1 Einleitung Der Vortrag “Die Geschichte der Chemie“ soll einen Überblick über interessante Aspekte in der Geschichte der chemischen Prozesse, welche den Menschen schon seit Urzeiten bekannt waren, aber auch über die Entdeckungen chemischer Zusammenhänge und Theorien geben. Da die ersten Ideen zur Beschreibung der Umwandlung von Materie bereits vor Tausenden von Jahren entstanden sind, werden im Laufe des Vortrags wichtige Theorien vorgestellt, die immer wieder revolutioniert worden sind und letztendlich in der modernen Redoxtheorie, begründet von Antoine Laurent de Lavoisier, endeten. Im ersten Teil des Vortrags werden früheste Entdeckungen bzw. das erste Nutzen von chemischen Vorgängen beschrieben und auch die ersten “chemischen“ Theorien z. B. die 4 Elemente Theorie von Aristoteles bezüglich der Umwandlung bzw. der Transmutation von Materie. Die Alchemie, welche einen Großteil des Vortrags darstellen wird, ihre Anfänge, chemische Verfahren, berühmte Alchimisten und natürlich die Lückenhaftigkeit alchemistischer Argumentation stellen den zweiten Teil des Vortrags dar. Hier wird vor allem besonderer Wert auf alchemistische Experimente und Ziele der oft im Geheimen arbeitenden Alchemisten erläutert. Der dritte Teil des Vortrags läutet das Ende der Alchemie und den Anfang der modernen Chemie durch Lavoisier ein. Hier werden erläutert durch welche Überlegungen damalige Theorien wie etwa die “Phlogistontheorie“ widerlegt worden waren und wie das Verständnis von Luft und Gasen im Allgemeinen die chemische Welt revolutioniert haben. Abschließend wird dieser Vortrag einen kleinen Einblick in die so genannte “Marktplatzchemie“ geben, bei der es vor allem darauf ankam Zuschauer durch Unvorhersehbares und Farbenfrohes ins Staunen zu versetzen. 2 1.2 Ursprünge und erste Theorien "Und sie sprachen untereinander: Wohlauf, lasst uns Ziegel streichen und brennen! - und nahmen Ziegel als Stein und Erdharz als Mörtel" (l. Mose 11,3) Den Ursprung der Dokumentation chemischer Verfahrenstechnik lässt sich tatsächlich in der Heiligen Schrift, der Bibel, finden. In oberem Zitat ging es um den Turmbau zu Babel. Die Menschen brannten Ziegel und dichteten Gebäude und Konstruktionen mit Pech, Bitumen oder Teer ab. Auch Kalk war den Menschen vor mehreren tausend Jahren bereits bekannt. "so sprich zu den Tünchern, die mit Kalk tünchen "Die Wand wird einfallen!" Denn es wird ein Platzregen kommen und Hagel wie Steine fallen und ein Wirbelwind losbrechen" (Hesekiel 13,11) Von den Alchimisten des Mittelalters wurde Mose wegen seiner „magischen“ Taten als eine Art Urvater verehrt. Er verwandelte vor den Augen des Pharaos einen Stab zu einer Schlange und wieder zurück und ließ Salzwasser süß werden. Auch metallurgische Kenntnisse sind in der Bibel dokumentiert. "Du Menschenkind, das Haus Israel ist mir zu Schlacken geworden; sie alle sind Kupfer, Zinn, Eisen und Blei im Ofen; ja, zu Silberschlacken sind sie geworden. Darum spricht Gott der HERR: Weil ihr denn alle Schlacken geworden seid, siehe, so will ich euch alle in Jerusalem zusammenbringen. Wie man Silber, Kupfer, Eisen, Blei und Zinn im Ofen zusammenbringt, dass man ein Feuer darunter anfacht und es zerschmelzen lässt, so will ich auch euch in meinem Zorn und Grimm zusammenbringen, hineintun und schmelzen. Ja, ich will euch sammeln, und das Feuer meines Zorns gegen euch anfachen, dass ihr darin zerschmelzen müsst. Wie das Silber im Ofen zerschmilzt, so sollt auch ihr darin 3 zerschmelzen und sollt erfahren, dass ich, der HERR, meinen Grimm über euch ausgeschüttet habe" (Hesekiel 22,18-22). Abschließend soll noch bemerkt werden, dass selbst Neutralisationsreaktion in der Heiligen Schrift vorkommen. "Wer einem missmutigen Herzen Lieder singt, das ist, wie wenn einer das Kleid ablegt an einem kalten Tag, und wie Essig auf Lauge" (Sprüche 25,20). 1.3 Ägypten und Babylon Im antiken Ägypten und Babylon waren bereits diverse chemische Prozesse bekannt. Die Gewinnung von Metallen, Herstellung von Glas, Email und Tonwaren und die Kunst des Färbens zeugen von einer enormen Kenntnis chemischer Prozesse. Des Weiteren haben die Ägypter die Gärung von Sauerteig für das Brotbacken benutzt und Alkohol aus Hefe und Fruchtsaft hergestellt. Priester aus den angesprochenen Kulturen besaßen einen noch reichhaltigeren Schatz an chemischen Kenntnissen, jedoch wurde dieser geheim gehalten, was die Chemie auf dem Weg in die moderne Chemie als „Geheimwissenschaft“ aussehen ließ. Beim Einbalsamieren von Leichen, wurden die Körper zunächst von sämtlichen Eingeweiden befreit und in letztendlich in einer Salzlake „eingelegt“. Anschließend stabilisierte man Mumie Pharao Sethos' I. Neues Reich, 19. Dyn. (1290 - 1279 v. Chr.) Quelle: www.judithmathes.de 4 die Oberflächen mit feinen Asphaltschichten. Mumien sind bekannterweise bis in die heutige Zeit haltbar geblieben. Wenn auch die angesprochenen Kenntnisse nicht durch theoretische Überlegungen sondern nur über das einfache Ausprobieren entstanden sind, begründen sie dennoch den Ursprung der Entwicklung chemischer Verfahrenstechniken. 2. Alchemie 2.1 4-Elemente-Theorie Alchemistisches Laboratorium Quelle: wiki.anthroposophie.net Die Zeit der Alchemie wird auch „Das dunkle Zeitalter der Wissenschaft“ genannt. Sie wurde von den Griechen, Ägyptern und Babyloniern bereits intensiv betrieben und hatten dort vermutlich ihren Ursprung in der praktischen Tätigkeit in Tempelwerkstätten. Dadurch erfolgte die für die Alchemie eine bedeutende Verbindung von griechischer Naturphilosophie und dem praktischen Wissen der ägyptischen Tempelhandwerker. Die ägyptische Mythologie und die aristotelische 4-Elemente-Theorie (384-322 v. Chr.) haben die Grundlage für die Alchemie des Altertums dargestellt (Greenberg). Die Lehre von Aristoteles besagt, dass alle Dinge danach streben, eine vollkommenere Wesensform zu erlangen. Er glaubte, 5 dass alle Stoffe aus einer Art Ursubstanz entstanden waren, die aus den vier Elementen Feuer, Wasser, Erde und Luft bestünde. Die Ursubstanz, glaubte man, wäre in der Lage, im Laufe der Zeit unterschiedliche anzunehmen. Formen Eine und Änderung Farben der „Ureigenschaften“ sollte die Elemente an sich verändern können, beeinflusst war man von einfachen wie plausiblen Vorgängen wie dem Kochen von Wasser. Wenn man beispielsweise durch Erhitzen die 4-Elemente-Theorie Quelle: From alchemy to chemistry in picture and story Ureigenschaft bzw. den Aggregatzustand eines Stoffes änderte, dann nahm man an, dass der Stoff selbst eine Umwandlung durchlaufen hätte. Dies führte zu der späteren Transmutationslehre der Alchemisten im Mittelalter. Die Alchemie ist somit ein alter Zweig der Naturphilosophie und hat im Mittelalter zwei Hauptziele verfolgt. Zum einen versuchten Alchemisten unedle Metalle in Gold zu „verwandeln“, zum anderen sollte Die 4 Ureigenschaften heiss, trocken, nass und kalt Quelle: From alchemy to chemistry in picture and story die Alchemie auch die Vervollkommnung der Seele des Alchemisten bewirken und ihm Unsterblichkeit verleihen. Diese philosophisch-okkulten Vorstellungen führten zu dem dunklen Charakter von chemischer Arbeit, die zur Hochzeit der Alchemie meist in Kellern und verborgen Räumen stattfand. Bezweckt werden sollten die Transmutation von Stoffen und der eigenen Seele durch den so genannten „Stein der Weisen“ (Lapis Philosophorum), auf dessen Suche alle Alchemisten gewesen sind. Bedenken und Ängste vor der Alchemie waren selbstverständlich in der Bevölkerung vorhanden. Benjamin Franklin wandte sich direkt an Alchemisten und sagte über den Stein der Weisen: „when you have found it, you will take care to lose it again” (frei übersetzt: wenn ihr ihn gefunden habt, seht zu, dass ihr ihn wieder verliert“ (Franklin 1777). 6 2.2 Versuch 1: Die „Herstellung von Gold“ Im 15ten Jahrhundert wurde das Goldmachen als einziges Ziel aller Transmutationsversuche angesehen. Die Fähigkeit, ob mit oder ohne den so genannten “Lapis Philosophorum“, aus unedlen Metallen Gold herzustellen, hat seit Jahrhunderten sämtliche Bevölkerungsschichten begeistert. Da wir aber heute wissen, dass die Umwandlung von Metallen wie Quecksilber zu Gold nur im Reaktor durch Neutronenbestrahlung stattfinden kann, hat es eine große Zahl an Betrügern gegeben, die zum Teil mit dem Tode bestraft wurden. Berühmte “Goldmacher“, wie Marco Bragadino endeten am Galgen. Viele Literaten haben sich in ihren Schriften gegen die “Goldmacherei“ gewandt, im dreizehnten Jahrhundert richtete Papst Johannes XXII sogar ein Bulle gegen die Alchimisten, was sie schon im frühen Mittelalter zum nächtlichen Experimenten im Geheimen getrieben hat und so den heute in der breiten Bevölkerung existierenden Mythos vom Alchemisten entstehen ließ. Methoden “Gold“ herzustellen, bzw. den Anschein zu erwecken gab es viele. Es gelang den Alchimisten Gold in den Schmelztiegel, den sie benutzten, einzuschmuggeln. Man konnte das Gold zum Beispiel an einem Rührstab befestigt, oder in Quecksilber gelöst in den Tiegel geben. Viele Alchimisten hatten auch Zugang zu Goldsalzen wie dem Gold(III)-chlorid. In diesem Versuch wird nun eine Methode gezeigt wie es Alchemisten und „Marktplatzchemiker“ schafften, den Zuschauer zu verblüffen und „Gold“ bzw. Messing herzustellen. Zinkpulver, welches in Natronlauge gegeben wird reagiert, mit einer Kupfermünze. Im stark alkalischen Milieu reagiert Zink zuerst unter Wasserstoffentwicklung zum Teatrahydroxozinkat- Anion. 7 Unmittelbar nachdem man die Kupfermünze in die Porzellanschale gegeben hat, wird nicht mehr der Wasserstoff, sondern das Zinkat-Anion reduziert. Elementares Zink bildet sich an der Kupfermünze. Die unterschiedlichen Potentiale der Systeme [Zn(OH)4]2-|ZnCu, H|H+ und [Zn(OH)4]2-|ZnZn lassen die Reaktion in diese Richtung laufen. Es ergibt sich folgende Spannungsreihe: E([Zn(OH)4]2-|ZnCu) > E(H|H+) > E([Zn(OH)4]2-|ZnZn) Die Erhöhung des Potentials des Systems [Zn(OH)4]2-|ZnCu im Vergleich zum System [Zn(OH)4]2-|ZnZn ist durch die Bildung einer Oberflächenlegierung an der Kupfermünze erklärbar. Für die Erhöhung des Potentials spielen Hydratisierungsund Gitterenergien, sowie Entropiegewinne und –verluste eine wesentliche Rolle. Beim Erwärmen der silberfarbenen Münze bildet sich Messing, eine goldfarbene Legierung. Übermäßiges Erhitzen führt zur Zerstörung des entstandenen Messingüberzugs. 8 2.3 Versuch 2: Darstellung von Phosphor aus Knochen Die alchemistische Epoche dauerte in Europa über 1000 Jahre. Theophrastus Paracelsus (1493-1541), Sohn des Arztes, Naturforschers und Alchemisten Wilhelm Bombast von Hohenheim, war einer der ersten Alchemisten, die besagten, dass es einen "Stein der Weisen" nicht gibt. Er setzte sich für die Erforschung chemischer Hilfsmittel für die Herstellung von Heilmitteln ein und begründete die Latrochemie. Paracelsus erkannte Körperfunktionen als chemische Vorgänge und postulierte, dass der menschliche Körper aus Schwefel (Seele), Quecksilber (Lebens-Geist) und Salz (Körper) besteht. Eine Heilung des Menschen gehe, nach Paracelsus, von der Wiederherstellung dieses Gleichgewichts aus. Er gilt als Begründer der Pharmazie. Die Alchemie wurde jedoch nicht verdrängt und dauerte in Deutschland bis ins 19. Jahrhundert an. Die Hermetische Gesellschaft war eine alchimistische Gesellschaft, die bis ins Jahr 1819 bestand. Wichtige Entdeckungen wurden gemacht. Auf der Suche nach dem Stein der Weisen wurden in Deutschland zahlreiche wichtige chemische Entdeckungen gemacht. Johann Friedrich Böttger erfand zusammen mit Ehrenfried Walther von Tschirnhaus im Jahre 1707 das europäische Pendant des chinesischen Porzellans. Von dem Hamburger Apotheker und Alchemisten Hennig Brand wurde 1669 der Phosphor entdeckt. Wie alle Alchemisten war auch Brand davon besessen Gold herzustellen. In einem Versuch, bei dem er sein eigenes Urin tagelang faulen ließ, ihn bis zur Trockne eindampfte und den Rückstand dann hoch erhitzte entstand eine weiße, bis dahin unbekannte Substanz, die im Dunkeln leuchtete. Das Wort Phosphor kommt aus dem Griechischen „lichttragend“. und bedeutet Die Entdeckung des Phosphors durch Hennig Brand 1669 - gemalt von Joseph Wright Quelle: www.chemie.uni-regensburg.de 9 Phosphate im Urin wird durch den Kohlenstoff im organischen Teil der Flüssigkeit zu elementarem Phosphor reduziert. In dem hier vorliegenden Versuch geht es um ein Verfahren elementaren Phosphor aus Knochen herzustellen nach C.W. Scheele aus dem Jahre 1769. Es wird weißer Phosphor hergestellt, der in Form von Calciumphosphat im Knochen vorliegt. Mit Magnesium als Reduktionsmittel kann man Phosphate in der fein zermahlten Knochenasche reduzieren. Es entsteht weißer Phosphor. Da die Reaktion in CO2-Atmosphäre stattfindet, kann der Phosphor erstmal nicht sofort weiterreagieren. An der Luft reagiert weißer Phosphor sofort zu dem Oxid P2O5. Der Valenzwinkel in dem P4-Molekül beträgt nur 60°, was enorm klein ist und einen Spannungszustand zur Folge hat, der das Molekül sehr reaktionsfreudig macht. Struktur des P4-Moleküls Verbrennung an der Luft: Struktur des P4O10 = ( P2O5)(2) 10 2.4 Versuch 3: historische Darstellung von Berliner-Blau Anorganische Pigmente sind schon sehr früh zum Zweck des Färbens verwendet worden, z.B. zur Gestaltung antiker Grabmäler durch Kreide, Gips, Ruß, Zinnober, Malachit, Ultramarin etc. Es wurden auch gezielt Kupferplatten in Essigdämpfe gehangen um durch den entstehenden Grünspan eine „gefärbte“ Platte zu erhalten. Ägyptische Keramiken sind zum Teil mit Kobaltblau gefärbt worden. Auch für Gewebe und Textilien hat man schon früh gezielt Farbstoffe hergestellt. Ein gutes Beispiel sind die heuten „Blue Jeans“, die noch immer mit Indigo (heutzutage allerdings synthetisch hergestellt) gefärbt werden. Indigo war lange Zeit der einzige blaue Farbstoff, der zum Färben von Textilien bekannt war. Der Berliner Hofalchemist Johann Conrad Dippel (1673-1734) erfand das so genannte „Dippel’sche Öl“, was aus der Destillation von Blut, Knochen, Horn und anderen tierischen Produkten entstand. Er bot den Rückstand der Destillation über Kaliumhydroxid und Kaliumcarbonat an den Färber Diesbach als Malerhilfsmittel. In der Publikation von Professor Friedrich Rose „Die Mineralfarben und die durch Mineralstoffe erzeugten Färbungen berichtet Peter Woringer über die „Eisencyanfarbe“: „Das Berlinerblau ist eine der ersten vom Menschen synthetisch dargestellten Farben. Es kommt in der Natur nicht vor und wurde durch Zufall im Jahre 1704 von dem Farbenkünstler Diesbach in Berlin Conrad Dippel (1673-1734) Quelle: www.chemieforumerkner.de dargestellt. Dieser wollte durch Niederschlagen eines Absudes von Cochenille mit Alaun und etwas Eisenvitriol durch Alkali Florentinerlack bereiten. Er verwandte zu diesem Zweck Kali, welches er von dem Alchimisten Dippel erhalten hatte, und über welches dieser bereits mehrere Male das nach ihm benannte tierische Öl zur Reinigung destilliert hatte. Diesbach erhielt nun statt des erwarteten roten Lackes einen blauen Niederschlag. Er teilte diese Beobachtung Dippel mit. Dieser erkannte sofort, dass die Entstehung der blauen Farbe auf die Einwirkung des verunreinigten Kalis auf den Eisenvitriol zurückzuführen sei. Man ging sofort an die Darstellung größerer Mengen: denn die 11 prachtvoll blaue Farbe versprach ein gesuchter Handelsartikel zu werden. Da Dippel sein tierisches Öl aus Blut bereitete, wurde das Berlinerblau zuerst so dargestellt, dass man Kali mit Blut calcinierte und damit eine Eisenvitriollüsung fällte.“ (Schwedt 171) Hämoglobin Quelle: www2.chemie.unierlangen.de In folgendem Versuch wird die historische Darstellung des Berlinerblau aus tierischem Blut nachgemacht. Durch das Glühen des Blutes, das eisen-, kohlenstoff-, und stickstoffhaltig ist (Siehe Abbildung) mit Kaliumhydroxid und Eisenpulver entsteht das gelbe Blutlaugensalz. Nach Versetzen einer Lösung davon mit Eisen(II)-Sulfatlösung entsteht der Farbstoff „Berliner Blau“. Die Reaktion kann grob durch folgende Reaktionsgleichung wiedergegeben werden: Anion des gelben Blutlaugensalzes “Berliner Blau” 12 2.5 Wissenswertes über das Berliner-Blau Carl Wilhelm Scheele (1742-1786) schaffte nicht nur eine Revolution in der Phosphordarstellung, sondern erforschte auch das Berliner-Blau weiter. Scheele entdeckte den Cyanwasserstoff (HCN) und verstarb auch tragischerweise an einer Blausäure-Vergiftung. Vier Jahre zuvor veröffentlichte Scheele seine Erkenntnisse in der Publikation „Über die färbende Materie im Berliner Blau“. Ein wissenswertes Ereignis aus dem 20. Carl Wilhelm Scheele Quelle: www.chemistryexplained.com Jahrhundert fand im Zuge der Erforschung des Holocaust unter dem Nazi-Regime während des Zweiten Weltkrieges statt. In dem so genannten „Leuchter Report“ versuchte Fred Leuchter, ein selbsternannter Gaskammerexperte aus Boston, nachzuweisen, dass die Gaskammern von Auschwitz und anderen Konzentrationslagern nicht zur industriellen Vernichtung von Millionen von Menschen geeignet gewesen wären. 1988 sagte Leuchter in einem Prozess gegen Ernst Zündel zu dessen Verteidigung aus. Zündel ist in Verbindung mit der Leugnung des Holocausts zu nennen. In dem Gerichtsverfahren wurde jedoch Leuchters fehlende fachliche Kompetenz in den Fächern Chemie und Physik zum Verhängnis und seine Aussagen als bloße Spekulationen bestätigt. Leuchters Hauptaussage war, dass sich an den Wänden der Gaskammern kein Berliner-Blau gebildet habe, was den Einsatz von dem Kampfstoff Zyklon B, der aus Cyanwasserstoff (HCN) bestand, widerlegen sollte. Der Chemiker Richard Green erstellte dazu ein Gegengutachten, was durch präzise chemische Verfahren Rückstände von Cyaniden in den Wänden der Konzentrationslager nachgewiesen hat. Außerdem führte Green an, dass das von 13 den Menschen ausgeatmete Kohlendioxid die Bildung von Berliner Blau an den Wänden verhindert hat.1 3. Moderne Theorien 3.1 Boyle-Mariotte Robert Boyle (1627 - 1691) war ein irischer Naturwissenschaftler und gilt als Begründer des modernen Elementbegriffs, der modernen Physik und Chemie. 1661 verfasste Boyle das Werk The Sceptical Chymist und drückte die Unzulänglichkeit der bisherigen chemischen Theorien aus. Er entdeckte parallel zu Edme Mariotte (1620 - 1684), dass es bei Gasen einen konstanten Zusammenhang zwischen Druck und Volumen gibt. Die Nachforschungen der beiden Naturwissenschaftler führten zu dem Gesetz für ideale Gase, dass noch heute gültig ist: 3.2 Phlogiston-Theorie Das Wort Phlogiston kommt aus dem griechischen “phlogistos“ und bedeutet „verbrannt“. Der Begründer dieser Theorie war der deutsche Chemiker Georg Ernst Stahl (1659 - 1734). Dieser postulierte, dass das so genannte Phlogiston Bestandteil von Materie sei und bei der Verbrennung entweicht. Es soll keine oder negative Masse besitzen. Mit der Phlogiston-Theorie konnte man viele damals bekannte Phänomene der Chemie beschreiben. Man erklärte, dass wenn in abgeschlossenen Gefäßen Kerzen nach einiger Zeit ausgingen, die darin enthaltene Luft nur eine bestimmte Menge aus der Kerze entweichendes Phlogiston 1 Siehe dazu http://www.h-ref.de/personen/leuchter-fred/index.php 14 aufnehmen kann. Es wurde auch von „dephlogestierter Luft“ gesprochen, die in der Lage sei mehr Phlogiston aufnehmen zu können. 3.3 Versuch 4: Verbrennen von Eisenwolle Der vorliegende Versuch soll veranschaulichen, was Stahl zu der Phlogiston-Theorie bewegte. Beim Verbrennen von Eisenwolle an Luft ist eine Gewichtszunahme des Produktes gegenüber dem Ausgangstoff zu beobachten. Gewichtszunahme bei der Verbrennung von Eisenwolle Quelle: www.seilnacht.com Eisen wird oxidiert: Nach der Phlogistontheorie reagiert das Eisen nach folgendem Schema: Eisen → Eisenkalk + Phlogiston Dass das Produkt nach der Reaktion schwerer war als der Ausgangsstoff erklärte man mit einem negativen Gewicht des Phlogistons. 15 4. Wege in die moderne Chemie 4.1 Antoine Laurent de Lavoisier (1743 - 1794) Lavoisier gilt als der Vater der modernen Chemie, mit seinen Forschungen widerlegte er die Phlogistontheorie und erkannte, dass Gase an chemischen Reaktionen beteiligt sind. Von ihm stammt das „Gesetz der Erhaltung der Masse“, er erkannte, dass es sich bei Wasser nicht um ein Element handelt und begründete die heutige Redoxtheorie. Er untersuchte systematisch die quantitativen Beziehungen bei chemischen Reaktionen. Er stellte fest, dass die Masse während einer chemischen Reaktion konstant bleibt. Dies Lavoisier Quelle: www.chemische-experimente.de bedeutet auch, dass die Masse der Ausgangsstoffe gleich der Masse der Endstoffe ist. Tragischerweise wurde Lavoisier im Zuge der französischen Revolution wegen seiner Stellung als Generalsteuerpächter durch die Guillotine geköpft. Der Vorsitzende des "Comité Revolutionnaire" führte als Begründung an, dass die neue französische Republik keine Gelehrten und Chemiker bräuchte (Bauer). 16 4.2 Versuch 5: Gesetz der Erhaltung der Masse Der Hauptverdienst der damaligen Forschung lag in der Einführung der Waage beim chemischen Arbeiten. Lavoisier fand während seiner chemischen Experimente heraus, dass Gase und vor allem Sauerstoff an Reaktionen beteiligt sind. Das nach ihm entstandene Gesetz der Erhaltung der Masse soll an vorliegendem Versuch verdeutlicht werden. „Bei chemischen Reaktionen ändert sich die Gesamtmasse der beteiligten Stoffe nicht. Es geht also weder Masse verloren, noch kommt welche hinzu.“ Lavoisier (Ende des 18. Jhd.) Lavoisiers revolutionäre Vorstellung, dass Gase an chemischen Reaktionen beteiligt sind und es das Phlogiston nicht gibt, stellte die Welt der Chemie komplett auf den Kopf. Im Jahre 1756 wiederholte der russische Naturwissenschaftler Michail Lomonossow ein Experiment von Robert Boyle, der trotz seiner Forschungen an Gasen ein Verfechter der Phlogiston-Theorie war. Lomonossow führte das Experiment in einem hermetisch geschlossenen Glasgefäß durch, um herauszufinden, ob die Masse eines Metalls unter der bloßen Einwirkung von Wärme größer wird. Durch die gewonnenen Erkenntnisse konnte die Phlogiston-Theorie widerlegt werden. In dem vorliegendem Versuch der Silberfällung entsteht aus zwei klaren Flüssigkeiten (Silbernitrat- und Kaliumiodid-Lösung) ein weißer Feststoff, das Silberiodid (AgI). 17 5. Marktplatzchemie 5.1 Chemie für das Volk In dem abschließenden Teil des Vortrags soll die Rolle des Chemikers als Magier, Gaukler und Unterhalter diskutiert werden. Viele Chemiker präsentierten ihre Versuche und Erkenntnisse auf Marktplätzen und versetzten damit das Volk in Staunen. Die Chemie war ein wichtiges Instrument um Aufmerksamkeit zu gewinnen. Es gab viele Hochstapler, wie eingangs bereits der Vorgang des „Gold Herstellens“ beschrieben wurde, aber auch große Experimentierkünstler. Lavoisier verbrannte auf einem Marktplatz vor den Augen erstaunter und entsetzter Zuschauer einen Diamanten mit einem Brennglas, das eine Linse von über einem Meter Durchmesser besaß, und bewies damit, dass ein Diamant aus Kohlenstoff besteht. Lavoisier verbrennt Diamant mit Brennglas Quelle: www.adlun.ch 18 In dem Roman „Heimatmusem“ von Siegfried Lenz behandelt dieser die Figur des Quacksalbers und beschreibt die stehenden Laboratorien der selbsternannten Chemiker und Wunderheiler. „Ohne Unterlaß schleppten sich mehrfarbige Dämpfe aus seinem sogenannten Laboratorium, in allen Räumen blühte Nebel, über unserm kleinen Haus standen Wölkchen von bengalischem Reiz. Tag und Nacht kochte es in seiner geheimnisvollen wissenschaftlichen Küche, es briet, es gluckerte und schmolz dort, gelegentlich hallten gemäßigte Explosionen zu uns herauf, und in Stichflammen wurden Gerüche entbunden, die uns farbig tagträumen ließen.“2 Brennende Schneebälle, essbare Kerzen, Pharaoschlangen und Feuer aller Art hatten ausschließlich das Ziel verfolgt Zuschauer zu beeindrucken. 5.2 Demo 1: Chemische Gärten Chemischer Gärten Quelle: vorsam.uni-ulm.de 2 Zitiert aus „Feuer und Flamme – Schall und Rauch“ 19 Bei diesem Demonstrationsversuch werden wasserlösliche Schwermetallsalze, deren Kationen schwerlösliche Silicate bilden wie CuSO2 * 5H2O, in eine Lösung von Natriumsilikat Na2SiO3 (Wasserglas) gegeben. In der Silicatlösung beginnen die wasserlöslichen Salze wie in oberem Bild nach oben zu „wachsen“, je nach Salz unterscheiden sich die Kristalle in Farbe und Form. Reaktion in Teilschritten: 1. Eisenchlorid löst sich in Wasser FeCl 3 * 6H2O Fe 3+ (aq) + 3Cl (aq) 2. Ein Niederschlag von Eisensilikat fällt aus 2 Fe 3+ (aq) + -aq 2- SiO3 (aq) "Fe2(SiO3)3" 3. Gesamtreaktion (näherungsweise) 2 Wasser oder Hydroxidionen sind oft in Silikaten eingelagert, die Formel für das entstehende Eisensilikat ist nur annäherungsweise repräsentativ für das tatsächliche Produkt. In diesem Versuch dringt durch osmotischen Druck Wasser in die Eisensilicatmembran des Eisenchlorid-Kristalls ein. Durch den entstehenden Überdruck im Inneren der Membran platzt diese Hülle auf und es bildet sich ein neues Membranstück. Dieser Vorgang wiederholt sich was das „Wachsen“ der Gebilde erklärt. 20 5.3 Feuer und Feuerwerk „Raketen rauschten auf, Kanonenschläge donnerten, Leuchtkugeln stiegen, Schwärmer schlängelten und platzten, Räder gischten, jedes erst einzeln und dann gepaart, dann alle zusammen und immer gewaltsamer hintereinander und zusammen“ Johann Wolfgang von Goethe, Die Wahlverwandschaften,1809 Nachdem vor über 1000 Jahren das Schwarzpulver in China erfunden wurde, hat Feuerwerk und Feuer in beeindruckenden Farben nie an Faszination verloren. Gegen Ende des 13. Jahrhunderts soll dann die Kenntnis vom Schwarzpulver von holländischen Seefahrern nach Europa gebracht worden sein. Zur gleichen Zeit experimentierte auch der englische Mönch Roger Bacon mit Stoffen, die die Grundbestandteile des Schwarzpulvers enthielten. In einer Niederschrift von ihm lässt sich so die Aufzeichnung finden: "Lass das gesamte Gewicht dreißig sein, 21 jedoch vom Salpeter nehme man sieben Teile, fünf vom jungen Haselholz und fünf von Schwefel, und du wirst Donner und Zerstörung hervorrufen, wenn du die Kunst kennst."3 Das besondere an diesen Feuerwerken war allerdings, dass sie nicht nur im einfachen Abbrennen von Feuerwerkskörpern bestanden, sondern - besonders bei erfolgreichen Schlachten - eher ganzen Theaterstücken mit Feuerwerkskörpern ähnelten. Bereits Wochen vor einem Feuerwerk waren Handwerker damit beschäftigt, ganze Schlösser nachzubauen. Künstler schufen kunstvoll bemalte Prospekte, in denen das Feuerwerk angekündigt wurde und Feuerwerker brachten Bomben, Schwärmer, Raketen und Kanonenschläge in Stellung. 5.4 Versuch 6: “Magische“ Flamme In den nächsten beiden Versuchen geht es um eindrucksvolle Bunte Feuer und Feuerwerke. „Noch immer erfreuen sich Flammentricks der großen Liebe des Publikums. In André Hellers Maharadschas Zirkus von Roncalli Dschaipur“ entzündete durch „der Flammenadjutant Feuerspeien einen des scheinbar freischwebenden Fackelkranz. In der „Konversation der Fremden“ bespieen sich zwei Artisten gegenseitig und gleichzeitig mit Feuer und formten so einen riesigen Flammenbogen. Wie auch immer: Feuriges macht Spaß – und Macht über das Feuer verstärkt im Hörsaal auch den Nimbus eines Chemieprofessors. Das Bereithalten von Wasser, Feuerlöscher, Löschdecken, Feuerpatschen, Brandsalben und der Telefonnummer der Feuerwehr wirkt zuweilen lebensverlängernd und sollte daher tunlichst nicht vergessen werden.“ (Kreißl S 86) Dieser Versuch ist auf eine besondere Art und Weise eindrucksvoll, denn die Aktivierungsenergie die zum Entzünden des Gemisches benötigt wird, liefert ein Tropfen Wasser. Selbstverständlich ließ sich dieser Vorgang des Entzündens mit Wasser vor dem Marktplatzpublikum leicht geheim halten. Man musste sich 3 Quelle: www.planet-wissen.de 22 lediglich die Hand kurz befeuchten und einen kleinen Tropfen auf das Zündgemisch tropfen lassen. Ammoniumnitrat, Strontiumnitrat und Lithiumnitrat sind brandfördernde Stoffe, das verwendete Zinkpulver ist leicht entzündlich. Näherungsweise lässt sich die durch Ammoniumchlorid katalysierte exotherme Redoxreaktion von Zink und Ammoniumnitrat mit folgender Reaktionsgleichung beschreiben. 0 2+ Zn + -3 +5 0 NH 4NO 3 N2 +2 + ZnO + 2 H 2O Es entsteht gasförmiger Stickstoff und Wasserdampf. Das zugegebene Wasser wird durch das Zinkpulver reduziert, dabei entsteht Wasserstoff und Energie. Chlorid katalysiert diese Reaktion, durch die als Wärme freiwerdende Energie wird schließlich das Gemisch entzündet. 23 5.5 Demo 2: Buntes Feuer Als schöner Abschlussversuch wurde hier eine Reaktion gewählt mit der sich Antoine Laurent de Lavoisier Zeit seines Lebens beschäftigte. Lavoisier stellte die Theorie auf, dass Säuren Sauerstoff enthalten und animierte damit seinen Freund und wissenschaftlichen Gegenspieler Claude Louis Berthollet (1748-1822) nach Sauerstoff in Säuren zu suchen. Letztendlich stellte dieser eine bis dahin unbekannte Substanz dar, die er selbst das „oxygenierte Murat der Pottasche“ nannte. Er fand heraus, dass der im Kaliumchlorat enthaltene Sauerstoff bei Erhitzen in kürzester Zeit abgegeben wurde. Lavoisier war begeistert von der Entdeckung und ließ das Kaliumchlorat in großen Mengen herstellen um es dem Schiesspulver der französischen Armee beizumischen. Vorsichtigerweise ließ er eine Absperrung um die große Menge der Substanz errichten, da sich sowohl Lavoisier als auch Berthollet dachten, dass es gefährlich sei das Kaliumchlorat zu trocknen. Doch einer von Lavoisiers Untergebenen kam dem Tiegel zu nahe und nahm bei der folgenden Detonation eine Arbeiterin mit in den Tod. Lavoisier, seine Gattin und Berthollet waren bei der Detonation nicht im Raum, da sie zufälligerweise einen kleinen Spaziergang unternommen hatten. Dieser Zufall trug mit zu der ewigen Legende bei: „Wissenschaftler riskieren nur ihre Theorien, nicht aber deren Folgen.“ Bald wurde bei allen Feuerwerkern mit Kaliumchlorat experimentiert, was zu enorm schönem Feuerwerk führte aber auch zu einer großen Anzahl an Todesopfern, sowohl Hersteller als auch Benutzer. SchwefelChlorat-Feuerwerkskörper sind in der EU sogar verboten. Dieser Versuch veranschaulicht die Schönheit von Feuerwerk und die Reaktionsfreudigkeit von Kaliumchlorat zugleich. Alkali- und Erdalkalisalze werden zusammen mit Zucker entzündet. Die Farbe der Flamme kann hierbei mit der Auswahl der Salze selbst gewählt werden. Die Flammenfärbung wird heute in der analytischen Chemie beim spektroskopischen Nachweis von Elementen eingesetzt. Außerdem wird Kaliumchlorat in großen Mengen für Oxidationszwecke, zur Herstellung der Zündmasse von Zündhölzern, sowie in der Feuerwerkerei und Sprengstoffindustrie gebraucht. Auch findet es in der Medizin als Antiseptikum in Form von Gurgel- und Mundwässern Verwendung, es ist allerdings zu beachten, dass es in größeren 24 Mengen (<1g), wie alle Chlorate, giftig ist. Chlorate wirken als starke Oxidationsmittlel und reagieren explosionsartig mit organischen Stoffen. Die Reaktion zwischen Kaliumchlorat und Zucker: Und die der Nitrate: Die Flammenfärbung ist mit den Atomspektren zu erklären. Die Energiequanten des Lichts werden als Photonen oder Lichtquanten bezeichnet und sind durch folgende Gleichung definiert: E=h*ν Glühende, aus Elementatomen bestehende Gase und Dämpfe zeigen ein „diskontinuierliches Spektrum“. Dabei weist jedes Element ganz charakteristische Spektrallinien auf. Natrium weist zum Beispiel eine gelbe Doppellinie bei 583,3 nm auf, Kalium eine rote Doppellinie bei 762,2 nm. Führt man einem Atom Energie in Form von thermischer, chemischer, elektrischer oder optischer Energie zu, so können dadurch Elektronen in höhergelegene Orbitale angeregt werden. Das Elektron befindet sich dann im angeregten Zustand und emittiert beim „Zurückfallen“ in den Grundzustand ein Lichtquant, ein Photon. 25 6. Schulrelevanz Die hier vorgestellten Experimente im Rahmen der „Geschichte der Chemie“ eignen sich zum Teil eher durch ihren Charakter als „Showversuch“. Darunter fallen vor allem die Reaktion des Kaliumchlorats und die „Magische Flamme“. Jedoch können auch diese Reaktionen in Klasse 7 beispielsweise zum Thema „Stoffe werden verändert - Die chemische Reaktion“ vorgeführt werden. Auszug aus Lehrplan für die Klasse 7: Merkmale chemischer Reaktionen kennzeichnen, Erstellen von Reaktionsschemata (Wortgleichungen), Energiediagramme zu exothermen und endothermen Reaktionen aufstellen, Aktivierungsenergie erläutern. Gesetz von der Erhaltung der Masse.(Historik: Lavoisier, Scheele) Ab Klasse 8 können auch die Oxidationszahlen der jeweiligen Reaktionen aufgeschlüsselt werden. Alkali- und Erdalkalimetall, sowie Flammenfärbung sind ebenfalls Stoff der 8. Klasse und können durch Demo 2 demonstriert werden. Das „Gold Herstellen“ kann zu verschiedenen Unterrichtszwecken verwendet werden. Zum einen wird in diesem Versuch eine Legierung hergestellt, zum anderen können auch die Begriff Elektrolyse und Ionenbindung in den Unterrichtskontext eingebaut werden. Die Themen „Säuren und Laugen Wasser als Reaktionspartner: Protolysereaktionen“ und auch die der „schwerlöslichen Salze“ fallen in die Jahrgangsstufe 9. Ebenso „Nachweis ausgewählter Kationen und Anionen durch Fällung, Silberchloridniederschlag aus einer Silbersalzlösung als Beispiel für eine Recyclingmaßnahme“ 26 7. Literatur Bücher Asselborn, Wolfgang (Hrsg.): Chemie heute – Sekundarbereich II. Hannover 1998 Bauer, Hugo. Geschichte der Chemie von Hugo Bauer Teil: 2. Von Lavoisier bis zur Gegenwart. Leipzig : Göschen, 1921 Franklin, Benjamin. Memoirs of the life and writings of Benjamin Franklin. London : H. Colburn: 1818 Greenberg, Arthur. From alchemy to chemistry in picture and story. Hoboken, NJ : Wiley-Interscience, 2007 Holleman, A. F. Lehrbuch der anorganischen Chemie. Berlin: de Gruyter, 2007 Kreißl, Friedrich R. Feuer und Flamme, Schall und Rauch : Schauexperimente und Chemiehistorisches Weinheim : Wiley-VCH, 2008 Priesner, Claus (Hrsg.). Alchemie : Lexikon einer hermetischen Wissenschaft. München : Beck, 1998 Schwedt, Georg. Chemische Experimente in Schlössern, Klöstern und Museen: aus Hexenküche und Zauberlabor. Weinheim : Wiley-VCH-Verl., 2008 Riedel. Anorganische Chemie. 6. Auflage; 2004 Berlin Vollhardt C. Organische Chemie. Vierte Auflage. Willey-VCH, 2005 Weyer, Jost: Die Alchemie im lateinischen Mittelalter. 27 Protokolle (www.chids.de) Experimentalvortrag „Geschichte der Chemie“ von Dirk Seibel (1995) Experimentalvortrag „Phosphor“ von Martin Langefeld (1982) Internetquellen http://www.h-ref.de/personen/leuchter-fred/index.php http://www.josephpriestleyhouse.org/index.php?page=priestley-as-viewed-by-hiscontemporaries http://books.google.de/books?id=VREAAAAAQAAJ&printsec=frontcover&dq=g eschichte+der+chemie&source=bl&ots=piBmQfwwqo&sig=zHGQZb6zjHeqrAP YX1EfXNJsfws&hl=de&ei=gzXZTMzqC4SXOpO3leUI&sa=X&oi=book_result &ct=result&resnum=4&ved=0CCwQ6AEwAw#v=onepage&q&f=false 28 8. Anhang Versuch 1:Verwandlung von Kupfer zu Silber und Gold Chemikalien Zn-Staub R: 10, 15 S: 7/8, 43 F N NaOH-Lösung (4 mol/L) R: 35 S 26, 36, 37, 39, 45 C Kupfermünze Geräte Dreifuß mit Drahtnetz, Bunsenbrenner, Tiegelzange, Porzellanschale, Glasstab, Becherglas (50 ml) Durchführung Man stellt vor dem Experiment eine 4M NaOH durch Lösen von 4 g Natriumhydroxid in 25 mL Wasser her. Die Natronlauge wird nun in die Porzellanschale gegeben, welche auf das Drahtnetz gestellt wird. Man beginnt die Lauge bis zum sieden zu erhitzen, nachdem man wenige Gramm Zinkpulver in die Lösung gegeben hat, Während des Erhitzens ist es wichtig mit dem Glasstab zu rühren, um einen Siedeverzug der ätzenden Natronlauge zu verhindern. Fängt die Lösung zu sieden an legt man die Kupfermünze mit einer Tiegelzange in die Porzellanschale. Nun wartet man etwa eine Minute und nimmt die nun silberfarbene Münze aus der Lösung und spült sie unter entionisiertem Wasser ab. Wenn man nun die silberne Münze in die Bunsenbrennerflamme hält nimmt sie nach kurzer Zeit eine goldene Farbe an. Wichtig ist hier nicht zu lange zu erhitzen, da sonst die “Goldschicht“ schnell zerstört wird. 29 Ergebnis Beim Erhitzen der NaOH mit dem Zinkstaub ist eine Gasentwicklung erkennbar, welche nach Zugabe der Kupfermünze aufhört. Die Kupfermünze färbt sich zunächst in der Lösung silbern und nach anschließendem Erhitzen schließlich golden, es wurde Messing hergestellt. Wenn die “Goldmünze“ zu lange erhitzt wird, verschwindet die goldene Färbung. Entsorgung Die Lösung kann neutral in den Abguss gegeben werden. Literatur Feuer und Flamme, Schall und Rauch : Schauexperimente und Chemiehistorisches S. 227 Versuch 2: Phosphordarstellung aus Knochen Chemikalien Knochen Magnesiumpulver R: 11-17 S: (2)-7/8-43 F CO2 S: 9-23 Phosphor (weiß) R: 17-26/28-35-50 S: (1/2)-5-26-38-45-61 F T+ C N Geräte Quarzglasglührohr, Gaswaschflasche, PVC-Schläuche, Bunsenbrenner, Stativmaterial 30 Durchführung Da wir für diesen Versuch echte Knochen benötigen, ist es am leichtesten in einer Fleischerei nachzufragen oder Hühnergebeine zu benutzen. Auch fertiges Knochenmehl kann man für den Versuch benutzen. Die Knochen werden abgekocht und auf einem Tondreieck kräftig durchgeglüht. Nachdem der Knochen porös geworden ist, wird er zerkleinert und in einer Porzellanschale noch weiter erhitzt, bis die Asche eine weiße Farbe angenommen hat. Von dem Knochenmehl werden 2g abgewogen und mit 1g Magnesiumpulver im Mörser vermischt. Das Feststoffgemisch wird nun verteilt auf eine Magnesiarinne gegeben und anschließend im Glührohr erhitzt, in das auf der einen Seite Kohlendioxid eingeleitet wird und auf der anderen Seite durch ein nach oben gebogenes Glasrohr, der entstehende Phosphor aufgefangen wird. Das Gemisch in dem Glührohr wird mit dem Bunsenbrenner erhitzt bis die stark exotherme Reaktion einsetzt. Es wird weiterhin Kohlendioxid- Gas eingeleitet. Der entstandene Phosphor ist am Ende des ausgezogenen Glasrohres an seiner grünen Flammenfarbe zu erkennen. Ergebnis Es entsteht weißer Phospor Entsorgung Die Magnesiarinne wird mitsamt dem Inhalt in die anorganischen Abfälle gegeben. Literatur Protokoll: Experimentalvortrag „Phosphor“ von Martin Langefeld (1982) 31 Versuch 3: Historische Darstellung von Berliner Blau Chemikalien Fe-Pulver R: 11, S: 53-45-60-61 F KOH R: 22-35 S: (1/2)-26-36/37/39-45 C Blut Geräte Magnesiarinne, Bunsenbrenner, Bechergläser, Glastrichter, Reagenzgläser Durchführung Das getrocknete Blut wird mit etwas Kaliumhydroxid und Eisenpulver auf einer Magnesiarinne kräftig durchgeglüht. Die entstandene Blutasche wird mit etwas Wasser ausgelaugt, anschließend abfiltriert und das gelbe Filtrat letztlich neutralisiert. Wenn man die Lösung nun mit einer Eisen (II)-Sulfat-Lösung versetzt ist eine Blaufärbung durch die Bildung von Berliner Blau zu beobachten. Ergebnis Da in diesem Versuch mit einem Naturprodukt gearbeitet wird (in meinem Fall Schweineblut das direkt vom Schlachter kam) ist die Reaktion nicht hundertprozentig zuverlässig. Auch die genauen Mischverhältnisse müssen selbst variiert und ausprobiert werden. Den besten Erfolg konnte ich letztendlich im eigentlichen Vortrag erzielen und es war eine sehr schöne und gut erkennbare Menge an dem blauen Farbstoff Berliner Blau ausgefallen. Entsorgung Die Lösung kann neutral in den Abguss gegeben werden. Literatur Protokoll: Experimentalvortrag „Geschichte der Chemie“ von Dirk Seibel (1995) 32 Versuch 4:Verbrennen von Eisenwolle Chemikalien Eisenwolle Geräte Waage, Bunsenbrenner, Porzellanschale Durchführung Die Eisenwolle wird so zurechtgezupft, dass eine möglichst große Fläche geboten wird. Anschließend wird sie nun gewogen, das Gewicht notiert. Danach gibt man die Wolle in die Porzellanschale und glüht sie mit einem Bunsenbrenner kräftig durch. Nach dem Abkühlen wiegt man die Wolle nochmals und notiert die Gewichtszunahme. Ergebnis Da dieser Versuch absichtlich nicht unter korrekten Bedingungen durchgeführt wird, sondern nur um die Phlogiston-Theorie zu erläutern ist eine Gewichtszunahme der Eisenwolle bemerkbar, die selbstverständlich mit der Reaktion der Eisenwolle mit dem Luftsauerstoff zu erklären ist. Entsorgung Das Reaktionsprodukt kann abgekühlt im Feststoffabfall entsorgt werden. 33 Versuch 5:Gesetz der Erhaltung der Masse Chemikalien AgNO3 R: 8-34-50/53 S: (1/2)-26-36/37/39-45-60-61 O C N KI Geräte Becherglas 100ml, Becherglas 20ml, Waage Durchführung Ein Becherglas, welches eine Kaliumiodid-Lösung und einen - mit einer Silbernitratlösung gefüllten - Glasbehälter enthält, wird auf einer Waage genau austariert. Dann stürzt man den Glasbehälter mit der Silbernitratlösung um. Ergebnis Sofort bildet sich ein weißer Niederschlag. Die Masse bleibt konstant. Die zwei Flüssigkeiten werden miteinander vermischt. Bei der chemischen Reaktion der zwei Flüssigkeiten, entsteht ein weißer Niederschlag, es wird weder ein Gas an die Umgebung abgegeben, noch wird ein Gas aus der Luft aufgenommen. Deshalb bleibt die Masse während der chemischen Reaktion konstant. Entsorgung Das Reaktionsprodukt wird neutral in die silberhaltigen Abfälle gegeben. 34 Demo 1 : Chemische Gärten Chemikalien Wasserglas (Na2SiO3-Lösung) FeCl3 R: 22-38-41 S: 26-39 Xn CuSO4 * 5 H2O R: 22-36/38-50/53 S: (2)-22-60-61 Xn N MnSO4 * 7 H2O R: 48/20/22-51/53 S: (2)-22-61 Xn N Geräte Becherglas 1000ml (oder anderes großes Glasgefäß zu Demonstrationszwecken) Durchführung Das Glasgefäß wird zu zwei Dritteln mit der Natriumsilicatlösung gefüllt. Danach wirft man die Metallsalz-Kristalle (jeweils einen Spatel voll) in das Wasserglas, so dass sie auf den Boden sinken. Zu Demonstrationszwecken kann man den Boden des Glases mit Sand befüllen. Vor allem in der Schule würde der Versuch dann einfach schöner aussehen. Ergebnis Nach kurzer Zeit wachsen aus dem Sand farbige Gebilde, die an Pflanzen, Moose, oder Algen erinnern. Die Farben kann man mit der Auswahl der Salze variieren. Entsorgung Die verunreinigte Natriumsilicatlösung wird in die Anorganischen Abfälle gegeben. Die Kristallrückstände in dem Feststoffabfall entsorgt. Literatur Chemische Experimente in Schlössern, Klöstern und Museen: aus Hexenküche und Zauberlabor S. 136-37 35 Versuch 6: Magisches Feuer Chemikalien NH4NO3 R: 8-9 S: 15-16-41 O Zinkpulver R: 10, 15 S: 7/8, 43 F N NH4Cl R: 22-36 S: (2)-22 Xn Sr(NO3)2 R: 8-36/38 S: 17-26 O Xi Geräte Becherglas 250ml, Feuerfeste Platte (Isoplan) Durchführung In das Becherglas wird zunächst 4g Ammoniumnitrat, 0,5g Ammoniumchlorid und 1g Strontiumnitrat gegeben. Man vermischt die Feststoffe durch Schütteln des Becherglases, auf gar keinen Fall in einer Reibschale mit Mörser zerkleinern! Zur Vorführung gibt man den Inhalt des Becherglases auf die feuerfeste Platte und lässt einen Tropfen Wasser auf das Gemisch, welches nach wenigen Sekunden heftig reagiert. Ergebnis Das Gemisch entzündet sich und unter starker Flammen- und Rauchentwicklung. Je nach Wahl des Salzes, man kann auch Barium- oder Natriumsalze anstelle des Strontiumnitrats verwenden, ist die Farbe der Flamme grün bzw. gelb. . Entsorgung Das Reaktionsprodukt mit einem Überschuss an Wasser abreagieren lassen und anschließend im Feststoffabfall entsorgen. Literatur Feuer und Flamme, Schall und Rauch : Schauexperimente und Chemiehistorisches S. 97 36 Demo 2: Buntes Feuer Chemikalien KClO3 R: 9-20/22-51/53 S: (2)-13-16-27-61 O Xn N NaNO3 R: 8-22 S: 22-41 O Xn Ba(NO3)2 R: 8-20/22 S: (2)-28 O Xn Sr(NO3)2 R: 8-36/38 S: 17-26 O Xi Zucker Geräte Reibschale mit Pistill, 6 feuerfeste Platten, Bechergläser, Feder, Termitzünder Durchführung Kaliumchlorat, Zucker und die verschiedenen Nitrate werden in einer Reibschale jeweils getrennt fein zerrieben. Vor Beginn der Vorführung mischt man in einem Becherglas, durch Schütteln oder verteilen mit einer Feder, Kaliumchlorat, Zucker und das jeweilige Nitrat zusammen und gibt das Gemisch auf eine feuerfeste Platte. Es sollen also drei Gemische entstehen (jeweils RNO3 KClO3 Zucker). Diese Gemische entzündet man anschließend mit dem Termitzünder unter einem Abzug. Ergebnis Die Gemische entzünden sich und unter starker Flammen- und Rauchentwicklung. Das Gemisch mit dem Bariumsalz brennt grün, Natrium gelb und Strontium rot. Die Rauchentwicklung sollte nicht unterschätzt werden. Entsorgung Das Reaktionsprodukt kann nachdem es abgekühlt ist im Feststoffabfall entsorgt werden. Literatur Feuer und Flamme, Schall und Rauch : Schauexperimente und Chemiehistorisches S. 103 37 38