VORLESUNG IIMA (EINFÜHRUNG IN DIE ANTHROPOLOGIE DER MIGRATION); HERMANN MÜCKLER; SS 2005 [Die Mitschrift soll v.a. eine Überblick darüber geben, was heuer gemacht wurde. Es handelt sich um kein autorisiertes Skriptum; es können jede Mengen Fehler drin sein; unklare Stellen sind mit [?] gekennzeichnet; vgl. auch Skriptum auf Homepage von Rennratte; Literaturliste sollte in Handbibliothek aufliegen, 1. Prüfungstermin: 27. 6. 2005, 16-17 Uhr, HS 1] 7.3.2005 Prfg.: schriftl. 1 h, 4 Fragen (2 Überblick, 2 Detail) Begriff „Migration“ Wurzeln von lat. „migrare“ (= (sich) bewegen, wandern, (sich) verändern) Bewegung von Menschen im Raum (Wanderungen) Formen von menschlicher Bewegung im Raum/Migration Was fällt alles unter Begriff der Migration? Im Grunde kann gesamte Besiedlung der Erde durch Menschen auch als Migrationsbewegung verstanden werden > Wanderung, Verteilung über Erdball > unterschiedliche Ökozonen, daher in manchen Gebieten Leben leichter, in anderen schwerer, auch Ressourcen unterschiedlich verteilt > evoziert Migrationsbewegungen AnthropologInnen interessiert v.a. auch „Wanderung“ kultureller Komponenten > grundsätzlich stellt sich Frage, ob ähnliche (gesellschaftliche) Strukturen unabhängig voneinander entstanden sind oder ob es Verbindungen zwischen unterschiedlichen Sozietäten gegeben hat > Diffusionismus versucht Verwandschaft von Kulturen zu erklären (Diffusionismus gerade in Wien Tradition, [Name?]) Für uns v.a. aktuelle Migrationsphänomen von Bedeutung > also die rezente/gegenwärtige und weniger die historische Migrationsforschung Bei rezenten Migrationsforschung besonders zu unterscheiden: 1. Arbeitsmigration 2. Fluchtmigration Arbeitsmigration Spätestens seit Beginn der ersten Industrialisierung (Ende 18. Jh.) in Europa begonnen (ausgehend von England) > Wanderung von Land in Stadt (Urbananthropologie, Stadtethnologie) > Dynamiken der Wanderung in die Stadt u. Folgen in Stadt Wanderung national, zwischenstaatlich, international > Entlokalisierung von Arbeitsplätzen („Laptop-Arbeitsplätze“, höhere Mobilität, ...) > Ausbeutungsverhältnisse (diffuse Gewalt) > Zwänge, die auf Menschen ausgeübt werden, die dadurch gezwungen sind, ihr Verhalten zu ändern, sich anzupassen Fluchtmigration Wanderung von Menschen aufgrund unhaltbarer Zustände am Ausgangsort > viele Abstufungen Migration kann nach verschiedenen Aspekten differenziert werden: Räumliche Aspekte: - Binnenwanderung (innerhalb einer politischen/gesellschaftlichen Entität > interne Wanderung - Internationale Wanderung (externe Wanderung): kontinentale Extrakontinentale Zeitliche Aspekte: - temporäre/begrenzte Wanderung > Gastarbeiter siedeln sich nicht an, sondern gehen wieder zurück, z. B. aufgrund gesetzlicher Vorgaben - dauerhafte/permanente Wanderung > Aus-/Einwanderung bzw. Niederlassung - Zwischenstufen > z. B. SaisonarbeiterInnen > zyklische Wanderung > bei zeitlichen Aspekt ist auch Aspekt der Periodizität zu berücksichtigen Wanderungsursache: - freiwillige W. - unfreiwillige W. (forced migration) (der eine geht bevor, der andere wenn er vertrieben wird) Umfang der Migration: - Individual-M. - Gruppen-/Kollektiv-/Massen-M. Ursachen von Wanderungsbewegungen Oft Ursachenpluralismus, genaue Grenzziehung meist schwierig 4 Hauptbereiche: 1. politische Ursachen: 2. demographische Prozesse: instabile Strukturen ideologische Machtkämpfe religiöse Auseinandersetzungen (Fundamentalismus) ethnische Minoritätskonflikte (Fragmentierungsgefahr groß bei ethn. Heterogenität) starkes Bevölkerungswachstum (z. B. auf Inseln in Ozeanien wurde irgendwann Platz knapp > best. Teil der Bev. musste neue Inseln finden ...) hohe Besiedlungsdichte urbaner Gebiete (Verstädterung, Land-Stadt-Strandende, Slums, Favelas, ...) 3. ökonomische Probleme: Massenarmut verschärfte Schuldenlage, fehlendes Kapital Wachstumsschere (Reiche reicher, Arme ärmer) 4. Ökologische Probleme: Zerstörung d. Umweltgleichgewichtes (z. B. Wasserverschmutzung, ..) ansteigender Meeresspiegel (Küstenstreifen unbewohnbar) Naturkatastrophen (Tsunami, ...) Fortschreitende Wüstenbildung, Versteppung 2 Arten von Migration auch noch bedeutend bei Klassifizierung: - legale Migration „illegale“ Migration > unpräzise, eigentlich: „irreguläre“ M. > Unterscheidung, die v. a. bei Steuerung der Migration/des Grenzübertritts bedeutend 14.3.2005 Migration im größeren Kontext bedeutet also Wanderung im Raum Wanderungsprozesse sind komplexe Phänomene. Sie betreffen nicht nur Wandernde selbst, sondern auch Gesellschaften aus denen und in die gewandert wird (Einfluss auf Religion, Ökonomie etc.) Verschiedene Wissenschaftsdisziplinen beschäftigen sich mit Migration: Wirtschaftswissenschaften - ökonomische Ursachen und Begleiterscheinungen von Wanderungen - internationale Wanderungsströme - Volkswirtschaftliche Vor- und Nachteile der (Ein/Aus)Wanderung > z. B. in A, Ch, D „das Boot ist voll“ > politsche Kräfte, die meinen, daß weitere Einwanderung nicht mehr möglich > meist aber ist in solchen Ländern, in denen derartige Parolen zu hören sind, die Erhaltung gewisser Infrastruktur oder auch des sozialen Systems allgemein nur durch die einwandernden Arbeitskräfte möglich > Enzensberger: „demographische Bulimie“ > Aversion gegen und gleichzeitige Abhängigkeit von MigrantInnen > Missverhältnis zwischen Wahrnehmung und Realität von Bedürfnissen Rechtswissenschaften Fragen der Aufenthalts-, Staatsbürgerschafts-, Flüchtlingsrechte > juristische Kategorien, die einzubetten sind in Staats-, Europa-, Völkerrecht Demographie Untersuchung und Prognosen zur Bevölkerungentwicklung Geographie Migration als räumliche Mobilität, die Aufbau von Regionen (z. B. Siedlungen) verändert Geschichtswissenschaft Sozial- und wirtschaftsgeschichtliche Studien zur Migration. Migration kein punktuelles Phänomen, sondern in größerem historischen Kontext eingebettet zu sehen Politikwissenschaften Politischer Umgang mit und politische Partizipation von MigrantInnen u. globale Dimension von Migration Philosophie Grundsätzliche Konzepte vom Umgang mit Menschen/MigrantInnen Ethnologie Gesellschaftlicher Umgang mit Fremden und Frage, wie diese die fremde Umgebung wahrnehmen > einführende Portraits nicht immer zugänglicher Bereiche > qualitative Studien ergänzen soziologische (eher quantitative) Studien Psychologie/Sozialpsychologie Strukturen, Fragen der Identität Erziehungswissenschaften Theorie/Praxis multikultureller Erziehung Soziologie Kulturelle und gesellschaftliche Folgen von Migration > Verhaltensmodelle der MigrantInnen und Einheimischen > Funktion von Migration für Aufnahmegesellschaft Definitionsproblem der Migration, denn Migration kann unterschiedlich aufgefasst werden > verschieden Definitionsmöglichkeiten: a) jede Ortsveränderung von Menschen (Diffuse Definition) b) jeden Wechsel des defacto-Wohnsitzes, einerlei ob frei- oder unfreiwillig, ob dauernd oder vorübergehend etwas exakter, weist auch auf „Aufwand“ des Individuums hin weist auf schwerwiegende Ursachen hin (Zwang, fehlende Lebensperspektive am Ausgangsort) auch Hinweis auf Periodizität c) Migration betrifft Menschen, die sich dauerhaft oder vorübergehend außerhalb ihres Herkunftslandes aufhalten d) M. ist permanenter oder semi-permanenter Wechsel des Wohnsitzes e) M. ist Wechsel der Gruppenzugehörigkeit > mit Ortswechsel auch Wechsel der Gruppen > starke psychische Belastung f) M. ist Ausführung einer räumlichen Bewegung, die einen vorübergehenden oder permanenten Wechsel des Wohnsitzes bedingt > Veränderung der Position also im physischen und sozialen Raum > schon sehr exakte Def. g) M. ist, wenn Individuen von einem Gesellschaftssystem in anderes überwechseln, wodurch direkt oder indirekt in beiden Systemen interen oder externe Beziehungs- und Strukturveränderungen induziert werden > hervorragende Def. ! h) Migration ist Übergang eines Individuums oder einer Gruppe von einer Gesellschaft zu einer anderen Bei internationaler Wanderung uberschreiten wir Landesgrenzen > betrifft Grenzkonstituierung graphische Darstellung verschiederner Wanderungsbewegungen in Bezug auf Grenzübertritt: permanente internationale Migration: Zeit Raum Migration mit Rückkehr/nonpermanent international migration Schrittweise Migration (mit mehreren Zwischenländern) Kettenmigration (Nachzug) Saisonarbeit Nonmigration Binnenmigation Pendler (fühlt sich nicht als Migrant, ist aber jemand, der sich im eigenen Raum bewegt) Unterscheidung von Migration bezüglich Dauer: Permanente/dauerhafte Migration < > temporärer Migration Permanent local migration interregional migration international migration Temporär local commuting circulation m. Long distance commuting Migration über Kurze Distanzen (short distance mobility) Migation über lange Distanzen Unterscheidung von Migration bezüglich Wanderungsursache: - Freiwillige M. - erzwungene M. Arbeitsmigration kann durchaus auch erzwungen sein > diese Unterscheidung ist umstritten, weil Entscheidung immer auch politische, ökonomisch bedingt Unterscheidung nach Umfang der Migration: - Einzel/Individual-Migration - Gruppen-/Kollektiv-Migration - Massen-Migration Definition von Migration: M. ist der auf Dauer angelegte bzw. dauerhaft werdende Wechsel in eine andere Gesellschaft bzw. in eine andere Region von einzelnen oder mehreren Menschen > inkludiert erwerbsbedingte, politische, etc. Aspekte u. oft nicht zu planende Periodizität Migrationsforschung Beschäftigt sich mit Fragen nach Ursachen, Verlauf und Folgen von Migration, z. B.: Welche Umstände veranlassen Menschen zur M.? Wie reagieren Individuen/Gruppen auf neue Umgebung? Wie verläuft Eingliederungsprozess? Spracherwerb? Welche Mechanismen der Vereinnahmung oder Abwehr durch Aufnahmegesellschaft? Welche Rolle ethnische Herkunft? Welche generelle Aussagen über Umgang mit Zuwanderern? ... Wissenschaftsgeschichte Ab 19 Jh. wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Thema Migration Wanderung ist alte Geschichte > Bibel > seit es Menschen gibt (z. B. jüd. Diaspora) > im Grunde Besiedlungsgeschichte der Menschen auch Migrationsgeschichte Auch Individualwanderungen > z. B. mittelalterliche Handwerksgesellen, Dombauer, Fliesenleger (ital. In ganz Europa), Schweizer Soldaten Früher keine Grenzen im modernen Sinne > reisen in Bezug auf legistische Fragen leichter als heute, konnten in ganz Europa herumreisen, sich frei bewegen > Pass mit festen Grenzen entstanden (Zugehörigkeit, Ausschluss) > Phänomen des 19. Jh. (eng mit frz. Revolution u. Entwicklung moderner Nationalstaaten verbunden) > Phänomen wie römischer Limes oder chin. Mauer im Gesamtvergleich eher Einzelerscheinungen > es gab eher Grenzgebiete (Balkan, Wehrbauern, Wallachen) Nationalstaatliche Konzepte Europas im 19. Jh. hat durchaus unsägliche Folgen mit sich gebracht - ius solis: jeder, der im Land existiert, gehört Land an - ius sanguinis: nicht nur Menschen innerhalb Staatsgrenzen, sondern auch solche außerhalb Staatsgebietes, die Kulturkreis zugerechnet werden (die man dann auch „heim ins Reich“ holen konnte ...) 6.4.2005 weiter Wissenschaftsgeschichte: Lafiteau Jesuitenpater, bei Irokesen geforscht (Abstammung der Irokesen auf Europa/Antike zurückgeführt > Menschen monogenetisch) > erste Theorie der Migration gilt als erster Migrationsforscher, aber auch jener, der als erster ethnogr. Kriterien formuliert hat (Monohteismus, Couvade/Männerkindbett, ...) Bei Migration immer 2 Stränge: - Diffusionismus (Wanderungsbewegung, Besiedlungsströme, ...) Wanderung aufgrund Arbeit, Flucht Lafiteau erster für Besiedlungsmigration. Für andere Form der Migration anderer PionierName wichtig: Ravenstein 19. Jh., Demograph + Kartograph hält 1895 [?] Vortrag in Royal Statistic Society über „Lawx of Migration“ > warum/wie Binnenmigration > aus Beobachtungen Gesetzmäßigkeiten ableiten > Untersuchung in England Mitte des 19. Jh. > warum England? > Industrialisierun zuerst, dann erst Frankreich/Deutschland > West-OstGefälle (auch bezüglich Verkehrserschließung) > auch soziale Veränderungen zuerst in England, z. B. Abwanderung Land-Stadt, schlechte soziale Bedingungen, auch Entwicklung Gewerkschaften u. Arbeiterparteien (kein Zufall, dass Marx/Engels Kritik in England formulierten) Ravenstein untersuchte Land-Stadt-Wanderunen in England und entwickelte Typologien (Aufschluss über Verlauf der Migration und Verstädterung) Anteil städt. Bevölkerung UK: 1750 15 % 1801 25 % 1850 60 % 1800-1850 auch starke Einwanderung nach Großbritannien aus Irland (Irish Famine > auch massive Auswanderung in USA) Mobilität auch aufgrund der neuen Verkehrsmittel besondere Dynamik (Dampflok) Untersuchte Wanderungen nach verschiedenen Kriterien: - Motive - Entfernung Ausgangsort – Zielort der Wanderung - Umverteilungen - Unterschiede im Wanderungsverhalten Männer – Frauen > setzte sich mit unterschiedlichen Gruppen von MigrantInnen auseinander Er unterschied: - lokale Wanderer - short journey migrant - Etappenwanderer - Long journey migrant - Temporary migrant (bleiben in selben Grafschaft) („Nahwanderer“, nächste Grafschaft > größte Gruppe) (z. B. Iren, weiterhanteln von einer Stelle zur anderen) („Fernwanderer“, z. B. Iren nach Amerika) (vorübergehende Migration aufgrund Arbeit, z. B. Saisonarbeiter, Handwerker, Matrosen, Urlauber, Gefängnisinsassen, Studenten) Eine Beobachtung Ravensteins war etwa auch, dass mehr Frauen als Männer wandern (Dienstpersonal, hohe Fluktuation aufgrund von Schwangerschaften u. Entlassungen) Gesetze der Wanderung nach Ravenstein 1. Wanderungsbewegung verläuft Schritt für Schritt, von Provinz zu Provinz 2. Gewandert wird in Regel über kurze Distanzen (dann Pausen) 3. Wanderungsströme erzeugen Gegenströme (von geringerem Ausmaß > Verlust teilweise, aber nie ganz ausgeglichen) 4. Städte auf Kosten der ländlichen Regionen gewachsen (50% der Bevölkerung der damaligen englischen Großstädte dort nicht geboren) 5. Gerade bei kurzen Distanzen mehr Frauen als Männer 6. Durch Industrialisierung schreitet Wanderung fort Welche Bedeutung hat Ravenstein heute? viele Ergebnisse in bestimmten Modellen relevant, nämlich in „push-pull-Modellen“ Schub- und Sogfaktoren > Abstoßungs- und Anziehungsfaktoren als Auslöser für Migration Schubfakoren: Bedingungen am Herkunftsort unerträglich (Arbeitslosigkeit, Diskreminierung, Kriege, Naturkatastrophen, ...) > direkte od. strukturelle Gewalt Sogfaktoren: gewisse Attraktivitäten in Einwanderungsländern (Friede, soziale Sicherheit, ...) Push-und-Pull-Theorie Wurzel bei Ravenstein Bis vor 10 Jahren noch sehr präsent in Migrationsforschung, heute eher verworfen, weil sie individuelle Wanderungssituationen außer Acht lassen (z. B. psycho-soziale Bedingungen) Beharrungsfaktoren sind wichtig (z. B. Bindung, Aufwand in neuer Welt scheuen, ...) wenn Push u. Pull-Faktoren relevant würden viel mehr Menschen wandern push-und-pull-Modell zu mechanistisch Neben England v.a. Amerika im 19. Jh. rasante Entwicklung > Führerschaft, Vorbildwirkung im 20. Jh. schon abgezeichnet > im 19. Jh. gigantische Wanderungsströme in die USA, auch viele Fachkräfte > in Europa Verhältnisse schlecht (v.a. auch in Westrussland) > Antisemitismus auf Vormarsch (Progrome, v.a. auch in heutigen Weissrussland u. Ukraine) > richtige Wanderungsindustrie, die MigrantInnen nach Amerika verschiffte > für Europa Aderlass an Kompetenzen, für Amerika Gewinn > durch Ausweitung der Besiedlung u. Ressourcenausschöpfung Richtung Westen in USA enormer Arbeitskräftebedarf > man konnte schnell was werden > Verfassung im USA jener Europas weit überlegen Zentren: New York und Chicago (günstige Lage am See, Hinterland, Schlachthöfe, Campell, ...) Chicago School of Sociology Ab ausgehendem 19. Jh. Bis 20er/30er Jahre des 20. Jhs. Chicago Untersuchung unterzogen Sub-Schule war Chicago Schule der Migrationsforschung > entwickelten: Race Relation Cycle Modell Zwischen Einwanderern u. Ansässigen permanentes Bewegungsverhältnis I innerstädtisches Viertel sehr gutes Gebiet II sozial Deklassierten (Einwanderer > Dienstpersonal, Slums) III Second Immigrant Settlement IV Residential Area [Skizze der vier Stadtbereiche, als Kreise ineinander, immer größer werdend von I nach IV] Mit Dauer des städtischen Aufenthaltes u. zunehmender Etablierung verschoben sich Migranten von II nach III u. ev. IV, während neue Migranten sich wieder in schlechterem Ring ansiedelten. (black belts auch in NY > Haarlem z. B. ursprünglich gute Wohngegen von Weißen) Warum gerade Chicago? 1871 großer Brand > Loop (innerster Kreis) in Schutt und Asche > Wiederaufbau schuf Möglichkeit von Nullpunkt an (strukturiertes) Wachszum zu beobachten und zu dokumentieren > Chicago auch Geburtsort der 1. Wolkenkratzers u. 1. Aufzuges > sehr dynamische Stadt im letzten Drittel des 19. Jh. > 1850 ca. 30 000 Ew. – 1930 ca. 3,3 Mio. Ew. ! 1882 [?] erster soziologischer Lehrstuhl > auch viele Österreicher nach Chicago (größte burgenländische Stadt ist Chicago) einigen Namen zur Chicago School: Deren Schüler: - Robert Ezra Park - William Thomas - Burgess - Znanietski - Wirth > Soziologen, Demographen, Urbananthropologen > Studien ab ca. 1920er Jahren > Meilensteine > 2 Bewegungen: Hull House- und Settlement-Movements > auch versucht, Lösungsansätze zu erarbeiten (in Richtung Sozialarbeit) Znanietski/Thomas z. B. über polnische Migranten gearbeitet Zur Infogewinnung auch über Zeitungen gearbeitet (Aufrufe) Untersuchungen setzten sich mit soz. Folgen auseinander > erstmals Konzept des „Kulturschocks“/“Kulturkontrastes“ formuliert (z. B. warum Deutsche eher assimiliert als z. B. Italiener) 11.4.2005 Wiederholung/Stichworte: Hull House Papers – Chicago Westside – Abbott – Journalismus Rolle – Brand Chicago ... Circles ... Einwanderung von innen nach außen Integrierung abhängig von bestimmten Faktoren > ging ursprünglich aus von InteraktionsModell (zwischen Einwanderern und eingesessener Bevölkerung) > soziologische Grundannahmen, die Park/Burgess durch ihre Beobachtung in Chicago machten, hatten nachhaltige Auswirkungen v.a. auf Soziologie 1921 „Introduction to Science of Sociology“ (= Green Bible / Grünes Buch) ..... [hier fehlt ein bissl was] menschliche Gemeinschaft setzt sich aus räumlich getrennten ... [???] Stadt als Lebensraum der Menschen strukturiert sich nach Bedürfnissen der Menschen > Auslöser sind Bedürfnisse > .... [???] Axiome nach Park/Burgess 1. Konkurrenzprinzip arbeitsteilige durch Wettbewert geprägte Gesellschaft > Wettbewerb als Triebfeder menschlicher Entwicklung > ruft internationale Wanderbewegung hervor > Wettbewerb bleibt rein äußerlich 2. Konflikt persönliche und bewußte Form des Wettbewerbs 3. Akkomodation entsteht aus Konflikt durch Interessensabgleichung > langwierige Prozess der Anpassung an Umwelt, an Traditionen etc. 4. Assimilation stellt nach Park/Burgess die „Idealstufe“ dar > sie gingen aber auch davon aus, dass diese sich erst in der 2./3. Generation tatsächlich erreichen lässt > bei nicht stattfindender Assimilation könnte „amerikanischer Charakter“ verloren gehen > nicht auf Assimilation drängen, aber darauf achten > Zeitspielraum geben Bei diesem Konzept handelt es sich um ein Konzept der 20er Jahre. Gerade in den letzten 20 Jahren wurde aber die Frage der Gefahren von „Parallelgesellschaften“ in D und Ö diskutiert. Dabei geht es auch um Fragen der Loyalität und der Normen der Mehrheitsgesellschaft. Also ein hochsensibles, politisches Thema. Park/Burgess unterschieden Primäre Kontakte (persönlicher Natur, korrelieren eher mit Dorf) und Sekundäre Kontakte (anonym, v.a. im städtischen Kontext) Park auch bedeutend, weil er auf Ausbau des weltweiten Kommunikationsnetzes hinwies (schon in 20er Jahren!) > sprach von „second hand information“ (anonymisierter, unpersönlicher Infoquelle, wie heute Normalfall) Race-relation-cycle - Kontakt - Wettbewerb (Phase 2) - Konflikt (Phase 3; Aufgabe gewisser Ansprüche, Kompromisse, räuml. Seggregation) - Akkommodation (Ph. 4) - Assimilation Heute wissen wir, dass Druck dazu führt dass ev. Assimilation nach außen, aber nicht nach innen > multiple Sozialisation (switchen zwischen Kulturen, Melange-Identität) > Modell von Park/Burgess aus heutiger Sicht zu relativieren. Einige Erkenntnisse sind aber nach wie vor wichtig (und werden als „richtig“ angesehen): - Assimilierungstendenzne durch Rasse-Ausschlussverfahren nicht aufzuhalten - Melting-pot-Tendenzen Aber wir wissen heute auch, dass der Trend hin zur „Einheits-Kultur“ so nicht stattfindet > Menschen neigen gerade in Melting-pot-Szenarien dazu, ihre Besonderheiten zu betonen und sich in Abgrenzung von anderen zu definieren. Der „race-relation-cycle“ ist laut Park ein „Modell kollektiver Anpassung“ Zugeständnisse müssen freilich nicht nur von Einwandern, sondern auch von eingesessener Bevölkerung gemacht werden. 18.4.2005 Assimilationskonzepte Modell Park: Race-Relation-Cycle > 4 Stufen unterschieden bei Interaktion MigrantInnen – Alteingesessene: 1. Kontakt 2.Wettbewerb/Konflikt 3. Akkommodation 4. Assimilation (kann zur Auflösung der ethn. Dimension / Identifikation führen) ad Rassenausschlusskonflikte in 60er Jahren in USA Rassenkonflikte unterschiedlich gehandhabt > v. a. in Südstaaten Rassenausschlussgesetze nach Park können aber auch solche Gesetze langfristig Assimilation nicht verhindern, weil sie sich aus Notwendigkeit des Zusammenlebens ergibt Assimilation Def. nach Park: A. ist die unvermeidliche Endstufe einer Abfolge von Interaktionen zwischen Aufnahmegesellschaft und ethnischen Gruppen, in deren Verlauf sich ausschließlich letztere (also die ethnischen Gruppen) verändern > Minderheit der Hinzuziehenden gegenüber Aufnahmegesellschaft größeren Anpassungsaufwand > Race-Relation-Cycle ist Modell permanenter Anpassung, die zu Assimilation und Auflösung ethnischer Dimensionen führt Heute wissen wir, dass das sehr „idealistisches“ Konzept, das so nicht funktioniert. Aber Parks Konzept hat bis heute Nachwirkungen. Definition „Assimilation“ nach Wörterbuch Soziologie (1989): A. ist Bewusstseins-, Gefühls-, Wert- und Chancenangleichung von Individuen, Gruppen oder Gesellschaften an andere, aufnehmende oder überlagernde, expansive Gruppen oder Gesellschaften Nach einigen Generation hätten nach Park ethnische Gruppen sich so angepasst, dass Dimension Ethnizität keine Rolle mehr spielt. Heute wissen wir, dass Unterschied zwischen äußerer Anpassung und innerer ethnischen Identifikation. Wir wissen auch, dass gerade durch äußeren Druck „ethnic revival“ im Inneren. Es leben mitunter ethnische Traditionen wieder auf, die im Herkunftsland nicht gepflegt wurden. Sehr oft sind Exil-Communities viel traditionalistischer, ethnisch-betonter, konservativer als „Heimatbevölkerung“. Oft wird das dann in Herkunftsland wieder zurücktransportiert (mit oft weitreichenden Folgen). Z. B. Khomeni im Exil in Frankreich Ideen entwickelt; Pot Pol (Kambodscha) auch in Frankreich Konzepte seines „Steinzeit-Kommunismus“ entwickelt. Verschiedene Autoren haben Park entschieden widersprochen. Z. B. Esser [ws. Hartmut Esser, Uni Mannheim?]: Assimilation alles andere als unvermeidbar. Neben Park, Burgess, Znanietzky gehörte auch Louis Wirth zur Chicago School. Er konnte Ghetto-Idee auch positive Seiten abgewinnen: - verstärkter Gruppenzusammenhalt - Schutz gegen außen - Ermöglicht Gruppen „sie selbst“ zu bleiben In Wien hat Stadtregierung aktiv versucht, Ghettobildung zu verhindern und „Vermischung“ forciert. Das verlangt aber aktiver Integrationspolitik, denn wenn Politik sich nicht damit auseinandersetzt, kommt es zur Selbstorganisation und die führt am wahrscheinlichsten zu Ghettobildung. Ende Chicago School. Weitere Namen im Kontext Assimilationsforschung Zubrzycky Hat Anpassungsprozess polnischer Einwanderer in USA untersucht > publiziert in 50er Jahren > stark mit Seggregationstendenzen beschäftigt Emroy Bogardus 30er Jahre > Race-Relation-Cycle modifiziert und zur 2. Generation ausgeweitet: 1. Neugierte der Einheimischen auf Neuankömmlinge 2. ökonomische Eingliederung der Neuankömmlinge 3. wirtschaftliche u. soziale Antagonismen (Widersprüchlichkeiten) zw. Einheimischen und Neuankömmlingen 4. gesetzl. Antagonismen (z.B. Ausländergesetzgebung) 5. humanitäre Gegenbewegung (fair play tendencies) > innerhalb der Einheimischen Engagement, das Leben der Ankömmlinge zu verbessern 6. Beruhigung 7. Schwierigkeiten der 2. Generation Assimilisationsprozess sehr stark von Engagement der Mehrheitsbevölkerung abhängig Lit: A Race Relation Cycle. In: American Journal of Sociology, Nr. 35 (1929/30) Neben Bogardus entwickelten aber auch andere Stufenmodelle nach Parks, z. B.: Alain Richardson Studie über griech. Einwanderer in Australien > Artikel in Human Relations, Vol. 10 (1957) > in seiner Definition von „Assimilation“ unterscheidet Richardson 3 Stufen: 1. Isolation (Festhalten an Herkunftskultur) 2. Akkommodation (äußerliche Anpassung) 3. Identifikation (Partizipation, Wir-Gefühl entwickelt sich) > mit steigender Aufenthaltsdauer wird Assimilation unvermeidlich Roald Taft Stufenmodell von Richardson weiterausgeführt; er war Psychologe, daher hat er psychologische Befindlichkeit der Einwanderer betrachtet > ebenfalls Artikel in Human Relations > Gruppendynamiken untersucht Nach Taft: „Soziale Assimiliation“ ist der Prozess, in dem Person Mitgliedschaft von einer Gruppe in eine andere transferiert, deren Normen mit denen der ersten Gruppe nicht übereinstimmen > muss Voraussetzungen für Mitgliedschaft entwickeln: - Kommunikationsbereitschaft - Normenkonsens - Akzeptanz von Rollenanforderungen - Identifikation mit der Gruppe 3 Arten von Assimilationsvorstellungen (graduierte Abstufungen der Assimilation) 1. monistische A. > Individuum geht vollständig in neuen Gruppe auf u. gibt Zugehörigkeit zur Herkunftsgruppe vollständig auf (a>b) 2. pluralistische A. > beide Gruppen erhalten ihre „Daseinsberechtigung“ (a>a) 3. interaktionistische A. > beide Gruppen gleichen sich an, so dass Einwanderer Teil ihrer ethnischen Identität behalten (a>ab) Unterschied 2 und 3: Bei Variante 2 bleiben die Unterschiede klar und deutlich, bei Variante 3 gleichen sich die Gruppen mehr aneinander an Stufen der Assimilation nach Taft ebenfalls in 7 Stufen [nicht für Prfg. zu merken]: 1. kulturelles Lernen (Sprache, ...) 2. positive Einstellung zur Aufnahmegruppe 3. ablehnende Einstellung gegenüber Herkunftsgruppe 4. Akkommodation (äußerl. Anpassung, gewisse Rollenübernahmen, aber nicht Identifikation, tw. auch Überanpassung) 5. soziale Akzeptanz durch Aufnahmegruppe 6. Identifikation mit Aufnahmegruppe 7. Übereinstimmung der Normen Shmuel Eisenstadt Führt Begriff der „Asorption“ an Stelle der Assimilation ein > untersuchte nach 2 WK jüdische Einwanderung nach Israel > „The Apsorption of Immigrants. A Comparative Study ... (1954) > Absorption /„Aufsaugung“ der Einwanderer in Aufnahmegesellschaft dann erreicht, wenn diese die Werte ihrer Gruppe transformiert und ihre ethnische Identität aufgegeben haben > Übergang von Migrationsentscheidung zur Absorption gelingt nur, wenn sich Wandernde von Werten der Herkunftsgruppe distanzieren (Desozialisation), ihre Werte an denen der neuen Bezugsgruppe orientieren (Resolisation) 2.5.2005 Literaturempfehlungen (vollständige Literaturliste in Handbibliothek) Bauböck, Rainer e.a.: The Challenge of Divesity. Integration and Pluralism in Socities fo Immigration. Aldershot 1996. > Herausforderungen an Länder mit hoher Immigration ders. / Rendell, John: Blurked Boundaries. Migration, Ethnicity and Citizenship. Aldershot 1998. Bös, Matthias: Migration als Problem offener Gesellschaften. Globalisierung u. soz. Wandel in Westeuropa und Nordamerika. Opladen 1997. > offene – geschlossene Gesellschaften (Karl Popper) Cohen, ... : Global Diasporas. An Introduction. Seattle 1997. > Flüchtlingsmigration u. Arbeitsmigration Eisenstadt 1987 Glaser/Moynihan 1963 (Cambridge): Beyond teh Melting Pot. ... Grinberg/Grinberg: Psychoanalyse der Migration und des Exils. Gungwu, Wang: Global History and Migrations. 1997 Husa/Parnreiter/Stacher: Internationale Migration. Globale Herausforderung des 20. Jahrhunderts. (Historische Sozialkunde, Bd. 17). 2000 Institut für Migrations- und Rassismusforschung: Rassismus und Migration in Europa. Hamburg 1992. Franz ...: Internationale Migration. Flucht und Asyl Ortfried Schäfer: Das Fremde. Erfahrungsmöglichkeiten zwischen Faszination und Bedrohung. 1991 Treibel, Anette: Migration in moderene Gesellschaften. 1999 Iuventa (vorher schon mal erschienen, dann aber komplett überarbeitet, 1999er Auflage empfehlenswert) -----------------------------------------------Absorption Eisenstadt – „Aufsaugung“ der Einwanderer in Aufnahmegesellschaft – Desozialisation/Resozialisation > Übergang funktioniert nur, wenn sich Einwanderer von Ausgangsbezugsgruppe distanzieren und Werte der Aufnahmegesellschaft akzeptieren > in Übergangsphase (Transitions- und Transformationsphase) große Unsicherheiten und Angst wahrscheinlich > kommt zu persönlicher Desorganisation (heute auch korreliert mit z. B. höheren Suizidraten bei MigrantInnen) Vollständige Absorption auch lt. Eisenstadt eher Ausnahme, Regel eher „pluralistisches setting“/Pluralistische Struktur > muss auch von Aufnahmegesellschaft akzeptiert werden Optimal für Eingliederung sind Bedingungen, die sich auszeichnen durch: -starken Familienzusammenhang - positive Rückbeeinflussung durch schulische, militärische, berufliche Institutionen So krass wie Eisenstadt formulierte (1954) heute nicht mehr haltbar > Eisenstadt schrieb über israelitische Gesellschaft > Israel erst 1948 geschaffen > große Anstrengungen um Identität zu schaffen > heute eher Ansatz, dass Switchen zwischen Kulturen möglich und sinnvoll Milton Gordon (1964): Assimilation in American Life Kritische Bilanz der Assimilationsleistung der amerikanischen Gesellschaft > kritisch gegenüber Bildern/Begriffen wie “melting pot” > Beginn einer Strömung der Gesellschaftskritik > zeigte auch, dass Situation für Minderheiten (Hispanics, Schwarze) in vielen Bereichen sehr schwierig und diese sehr unterprivilegiert Natur des Gruppenlebens: Wie entsteht in diesen Gruppen ethnische Identität? > nationale Herkunft ausschließlich oder doch Mischung verschiedener Elemente? > Schluss, dass nicht nur bestimmte ethnische Gruppe, Religion etc, sondern Mischung Subgesellschaften: Bevölkerung der USA, die sich in verschiedene Subgesellschaften unterteilt, in denen Identität entsteht > Subkultur rangiert zwischen Nationalkultur und Gruppenkultur ethnic class (= ethclass): ethnische Gruppe Bezugspunkt für teilnehmende Identifikation > ethnische Identität geht mit Klassenidentität (soziale Stellung) Symbiose ein > nur innerhalb einer ethclass entwickelt sich wirkliches Zusammengehörigkeitsgefühl Entscheidend für Assimilation (der Einwanderergruppe in amerikanische Gesellschaft) ist das Ausmaß an interethnischen Primärkontakten (z. B. Freundschaften, Liebe ...) > auf sehr persönlicher Ebene Gordon stellte fest, daß dieser Austausch (dieses osmotishe Verhältnis nach außen) zu selten sind in amerikanischer Gesellschaft > eher Tendenz der Abschotung Strukturelle Assimilation Mitgliedschaft in Gruppen der Aufnahmegesellschaft (Vereine ...) > Primärgruppenbeziehungen .... [??? Fehlt was] In anderen Gesellschaften als der amerikanischen Ablauf wohl etwas anders. Außerdem bei Gordons Modell z. B. Machtverhältnisse keine Rolle Gordons Modell in 6 Stufen der Assimilation [nicht zu merken für Prfg.!] 1. Wandel 2. Bestreben, Eintritt in Cliquen der Aufnahmegesellschaft (Strukturelle Assimilation) 3. ... 3 Begriffe in diesem Zusammenhang wichtig: Entwurzelung Migrierende/wandernde Personen sind „Wanderer zwischen 2 Welten“ > Begriff „Entwurzelung“ geprägt von amerikanischem Historiker Oskar Handlin: „The Uprooted. The ethnic story of the great Migration that made the American People“. (1951) [?] > Folgen der Wanderungsprozesse als dramatisch gewaltsam begriffen > damals war das durchaus neuer Zugang Kritik heute: Vielleicht zu dramatisiert, weil Handlin sich nur mit bestimmten Migrationssituationen beschäftigte > z. B. bei Nachzugsmigranten Entwurzelung nicht so dramatisch > „Kulturschock“ abgeschwächt, durch Entstehen von ethnic communities Femdheit Georg Simmel: Soziologe (1858-1918) > Park/Burgess bezogen sich mehrfach auf ihn 1908: Exkurs über den Fremden > der Fremde gekennzeichnet durch seltsame Zwischenposition > schließt sich neuer Gruppe an, betrachtet sie aber auch von außen > oszillierende Position > Fremde ist Spezialform des Wanderers, der aufgrund unsicheren Situation beweglicher und aufgrund Position von außen objektiver ist > mit Fremdheit Situation der Annäherung verbunden > der Neuankömmling ist Fremder > Fremdheit als Vorstufe zur Anpassung Marginalisierung (nächstes Mal) 9.5.05 Wiederholung: Georg Simmel/Alfred Schütz (1899-1959) Fremdheit innerhalb Soziologie untersucht > in Verbindung mit Diaspora-Strömungen > „das Fremde“/“den Fremden“ klassifizieren > Kleingruppen gegenüber Majorität > für Schütz Situation der Annäherung an „neue“ Kultur > Zivilisationsmuster des Gruppenlebens > Annäherung als Vorstufe zu Assimilierung/Anpassung > bei Schütz ist Fremder potentieller Assimilierer > unter bestimmten Bedingungen, wenn sich Fremder auf neue Gegebenheiten einlässt Fremdheitsforschung > auch Rennaisance bei Beforschung der Fremden in Deutschland „das Fremde“ ist immer Konstruktion Schütz: es gibt nicht Fremden an sich, sondern Festlegung dessen, was als Fremder gilt > es geht um Zuschreibungen, die abhängig sind von politischen Interessen > wie geht man in einem Land mit Fremden um > Fremdheit wird konstruiert und instrumentalisiert Fremdheit korreliert mit Fragen der Vertrautheit und der Grenze > Vertrautheit > Schäfter > Wandel > Oszillation > Grenzsituation (Ab-/Ausgrenzungen) konstruiert > von Interessen (polit., ökonom., ...) gestaltet Niklas Lumann Artikel: „Jenseits von Barbarei“ > Gegenüberstellung Modernität – Barbarei (Ende 20. Jh.) > Lumans Definition des Menschen als zugehörig (Inklusion) oder nicht zugehörig (Exklusion) Herfried Münkler Für ihn lässt sich Fremdheit nach 2 Dimensionen verstehen: - soziale Dimension > Gruppenzugehörigkeit - kulturelle Dimension > Vertrautheit mit Umgebung > nicht mehr Position/Empfindung von Fremden im Mittelpunkt, sondern Umgang mit Fremdheit u. deren Konstruktion durch die Mehrheitsgesellschaft Lit: Münkler/Ladwig: Furcht und Faszination. Faszellen der Fremdheit. Berlin 1997. Marginalität (Randständigkeit/“Randpersönlichkeit“) Begriff geht zurück auf Autoren der Chicago School > Park spricht in einem Text von 1928 von einem „marginal man“ („Randpersönlichkeit“) > Park gilt als Begründer der Marginalität > sich mit sozialen Randlagen von Einwanderern auseinandersetzen Park sagt (ähnlich Schütz), dass Randpersönlichkeiten sich in „Krise“ befinden > mariginal man in Krise allerdings häufig dauerhafter Kulturkonflikt > Krise geprägt durch starke seelische Belastung (Ruhelosigkeit, körperl. Symptomatik) > Person gehört weder zur einen noch zur anderen Gruppe > Prototyp des marginal man für Park der „kosmopolitische, emanzipierte Jude“ in den Industriestaaten (als „cultural hybrid“ bezeichnet) > Status der Marginalität kann von marginal man nicht selbst beeinflusst werden, sondern hängt eben auch von Mehrheitsbevölkerung ab Schüler von Park: Everett Stonequist > Untersuchungen über Randpersönlichkeiten (RP) > ging aus von Dualität > Randlage ergibt sich aus - Verhalten der Mehrheit - ungeklärter Gruppenzugehörigkeit - dem unsicheren Status > Assimilationsprozess erschwert bzw. verhindert, da Randpersönlichkeit aufgrund ihrer speziellen Position „überempfindlich“ > Stonequist relativierte aber auch, sagte dass RP sensibler und dadurch aber auch emanzipierter > entwickeln auch Schwäche heraus Stärke > marginale Lage der RPs löst Kulturkonflikt aus Zusammenfassung: Entwurzelte Personen/Entwurzelung (desorientiert in Bezug auf beide Kulturen) Fremdheit (Zugehörigkeit zur Gruppe des Aufnahmesystems besteht, aber lose, Vollmitgliedschaft angestrebt; Annäherung als Krise erlebt) Marginalität (relativ dauerhafte krisenhafte Randlage zwischen Gruppen; Gruppenzugehörigkeit nicht ausreichend geklärt) > Ansätze stark sozialpsychologisch > geht um Verhältnis zu Herkunfts- bzw. Aufnahmegesellschaft Diese Theorien (Entwurzelung, Fremdheit, Marginalität) in 20er Jahren Entwicklungsbeginn > durch Ereignisse in Europa (2. Weltkrieg) bereits Untersuchungsfeld (Vertreibungen, Flüchtlinge) (> im Grunde kann man sagen, dass Migrationsforschung gerade durch tragische Ereignisse des 20. Jh. angeregt) Frage, ob vollständige Anpassung überhaupt jeweils erreicht werden kann? > Ansätze, die sagen, es kann Anpassung nur in Form von Transkulturation stattfinden Akkulturation: 2 Gruppen > Nehmer-Geber-Kultur > meist Mehrheitskultur stülpt ihre Werte, Norme über Transkulturation: (Begriff von Ortiz) Gegenseitige Durchdringung > Kulturen auf einer Ebene Assimilation lt. Park: unvermeidliche Anpassung durch Zuwanderer Bereits Stonequist stellte das in Frage und sagte, wenn überhaupt Anpassung, dann von beiden Kulturen. In 60/70er Jahren erkannt, dass Assimilation keineswegs unvermeidlich (Akkomodation) > „Nebeneinanderleben“/“Parallelgesellschaften“. Folgen von Migration können entweder partielle Assimilation sein oder aber auch Fremdheit und Marginalität. Auch bei uns ist „Ausländer“ nicht gleich „Ausländer“ > wir unterscheiden „Sprachausländer“, „Passausländer“ usw. > unterschiedlicher Status MigrantInnen in sich auch keine homogene Gruppe > Bildungsunterschiede etc. > z. B. ein Künstler wird vielleicht mit Randsituation anders umgehen als ein „Arbeiter“ > auch innerhalb der Randgruppen gibt es Randgruppen, die dann wieder gegenläufig zu Hauptrend agieren MIGRATIONSTHEORIEN Push-and-Pull-Modell Schub- und Sogfaktoren spielen eine Rolle > Theorien auf makrosoziologischer Ebene > ahistorisch formulierte Modelle Push-Faktoren sind Zwangssituationen (strukturelle oder direkte Gewalt) Push- und Pull – Modelle lassen sich anwenden bei Fluchtbewegungen (Push-Faktoren überwiegen). Bei Arbeitsmigration eher Pull-Faktoren im Vordergrund. Aber selten Monokausalität. Als Begründer der Push-Pull-Modelle gilt Everett Lee > Aufsatz „Eine Theorie der Wanderung“ > prägte Begriffe Mathias Bös setzte sich mit diesen Modellen auseinander und sagte, es müssen diese klassischen Modelle um historische Dimension erweitert werden Push- und Pull – Modelle als rein mechanistische Modelle sind überholt z. B. Frankreich – Algerien: Migration kann nur aus historischer Bedingtheit heraus verstanden werden > Banlieu-Problematik (historische Bedingungen, soziale Deklassierung, Dekonolialisierungsprozess muss mitgedacht werden) Gunille Bjerén: „Gender and Reproduction“ > alle Migrationsprozesse in historischen Kontext setzen > Migration ist die Folge historischer Abläufe Bjerén beschäftige sich auch mit unterschiedlichen Belastungen durch und Reaktionen auf Migrationssituationen bei Männern und Frauen (also heuige Genderfragen) Lit: Anette Treibel: Migration in ... [???] Anette Treibel verwendet Push-Pull-Modell > sagt, sie müssen um Informationskomponente erweitert werden > Informationskanäle zwischen bereits Gewanderten und den noch daheimgebliebenen, vielleicht in Zukunft Wandernden > Zuzugsfrage > Distanzfaktoren finden auch bei Push-Pull-Modell zu wenig Beachtung > Treibel weist auch auf Wichtigkeit psychosozialer Befindlichkeiten hin Stephanie Grossmann: Deutsche Migrationsforscherin Zwischen Entsendestaaten und Aufnahmestaaten bestehen häufig Wanderungshindernisse (Gesetze, Transport, ...) > Thematik des Schlepperwesens Entscheidendes Merkmal der Push-Pull-Faktoren: - Zwang, strukturelle/direkte Gewalt - Grad des Zwanges, Leidensfähigkeit große Rolle Bislang wenig Untersuchungen über Rückwanderung (erst seit ca. 10/15 Jahren in Migrationsforschung) > ab wann spielt Frage zurückzuwandern eine Rolle? > hoher Prozentsatz denkt schon vor dem Verlassen des Heimatlandes die Rückkehr mit > große Diskrepanz zwischen ursprünglicher Intention und späterer Realität 23.5.2005 marriage-migration spezielle Form der Migration, bei der Austausch von Bräuten/Bräutigamen in zwei Richtungen > bes. bei Diaspora-Gemeinschaften von Bedeutung („anständig erzogene Heiratspartner“) > kann zusammenhängen mit endogamen Heiratsregeln oder Bevorzugung Neben dieser Form der marriage-migration aber auch noch zweite Form, nämlich die Heirat zwischen Europäern und Nicht-Europäern und dem damit verbundenen Zuzug. Schließlich auch noch zu erwähnen „Frauensuche“ in Nähe des Sextourismus, aber etwa auch Heiratsagenturen. Auch dadurch werden eben Wanderungsbewegungen ausgelöst. (geht auch in Richtung Prostitution, Frauenhandel etc.) Auch Scheinehen haben Einfluss auf Migration. Mikro- / Makro- / Meso- Ansätze in Migration Mikroansätze: Wanderungsbewegungen von Individuen > bezieht sich auf Prozesse, denen Entscheidung eines Migranten zugrunde liegt, an best. Wohnort zu bleiben oder zu wandern, Migrationsmotive > liegt Glaube zugrunde, dasss Menschen zweckmäßig funktionieren > Ziel besseres/gutes Leben zu führen > Abwägen bestimmter Faktoren bedingen Handlung Makroansätze: z. B. Attraktivität eines Gebietes > Beziehung Migration u. objektive ermittelten Makrovariablen (Arbeitsbedingungen, Einkommen, Umweltfaktoren, ...) > Makrostudien spielen v.a. in Wirtschaft Rolle > individuelle Entscheidungsebenen weitgehend vernachlässigt Mesoansätze Verbindung Mikro- und Makro-Level > z. B. viele soziolog. und polit. Modelle über Migration führen Idee ein, dass Wanderungsentscheidungen eng mit Gruppenentscheidungen verbunden > weiteres Beispiel: Rolle von Haushalten in Wanderungsbewegungen > Miteinbezug von sozialen Beziehungen in Migrationsentscheidungen REGIONALE BEISPIELE FÜR MIGRATIONSBEWEGUNGEN SÜDOSTASIEN v.a. in 90er Jahren starke Dynamik bis zur Asienkrise (1997/98) > beendete Asian Miracle (hohes Wirtschaftswachstum in diesem Gebiet) > daduch sahen sich Staaten von Japan bis Indonesien mit Problemen finanz./wirtsch. Art konfrontiert (fast „über Nacht“ kam Wirtschaftsleben ins Stocken bzw. zum Erliegen; z. B. in Bangkok Hochhäuser mitten im Bau eingestellt, seither Ruinen mitten in Stadt) > Versuch, Auslöser einzudämmen und Trendwende herbeizuführen > in meisten Ländern bis heute auch gelungen Zwischen den Ländern enge Verflechtungen > Thailand lange Zeit Arbeitskräfteexporteur > später wurde Thailand selbst zum boomenden Land und damit zum Arbeitskräfteimporteur (z. B. aus Burma/Myanmar) > durch Wirtschaftskrise wurden viele ArbeitsmigrantInnen von Ländern vor die Tür gesetzt (z. B. Malaysia schob Tausende von IndonesierInnen ab) > im gesamten Gebiet binnen kürzester Zeit strikte Zuwanderungsregelungen verfügt > es wurde fast Anschein erweckt, als ob MigrantInnen Auslöser für Krise in die Schuhe geschoben werden sollte (klarerweise Blödsinn, wurde aber mitunter so dargestellt ...) Seit 60er Jahren extreme Land-Stadt-Wanderung (in letzter Zeit v.a. in China). Migration in Asien (über Grenzen hinweg) aber kein neues Phänomen (selbst in Angkor/Kambodscha auf alten Reliefs aus Khmer-Dynastie vor ca. 1000 Jahren fremde Arbeiter zu sehen) Hydraulische < > ichtylische Gesellschaften Hydraulische Gesellschaften weisen komplexe Strukturen auf, weil die Notwendigkeit besteht, komplexe Bewässerungssysteme zu haben, um Ernährung zu gewährleisten > Tausende von Menschen müssen zusammenarbeiten zum Wohle aller (z. B. Nordvietnam [?]). Ichtylische Gesellschaften müssen „nur Angel in den See“ halten und schon haben sie genug Fische, um sich zu ernähren (ichtos – griech. Fisch). Individuen überleben leichter. Die Gesellschaftsstrukturen sind weniger komplex. (z. B. Südvietnam [?]) Im 19. Jh. viele Asiaten in die USA ausgewandert > z. B. chinesische Kontraktarbeiter beim Eisenbahnausbau Anfang der 70er Jahre des 20. Jh. starkte Migration in die Golfregion > v.a. bei Energie/Erdölkrise Boom dieser Region > Arbeitskräfte gebraucht > 1985 ca. 3,2 Mio. Arbeitskräfte aus Südostasien in den Golfstaaten, v.a. Bau-/Dienstleistungssektor > zuerst eher Männer, dann eher Frauen (im Dienstleisugnsbereich) > auch innerhalb dieser Gruppe der MigrantInnen gab es Abstufungen im sozialen Status, die „unterste“ Stufe jene, meist ungelernten Arbeitskräfte aus Südasien, auf „höheren“ Stufen qualifizierte Arbeitskräfte aus Ostasien Begriff „Überschuss-Bevölkerung“ wurde ebenfalls in der südostasiatischen Region, v.a. im Kontext Indonesien geprägt > jene Bevölkerung, die über demographisch mögliche Kapazität hinausging > Emigration wurde von Staaten durchaus gefördert > auch weil dies bei Rückkehr „braingain“ für Staaten bringt > nach 1. Golfkrieg 1990/91 wurde die Emigration allerdings restriktiver gehandhabt > Gründe: Staaten brauchten eben zu dieser Zeit aufgrund des Asien-Booms selbst die Arbeitskräfte; außerdem hatte es immer wieder Übergriffe etc. auf MigrantInnen aus Südostasien in den Golfstaaten gegeben (auch Schutzmaßnahme) [?] [folgender Absatz leider etwas wirr und es fehlt auch was] Tigerstaaten von new industrialised countries (Thailand, ...) ökonomisch eingeholt > geht einher mit - rückläufigen Geburtenraten - erhöhtem Bildungsniveau [ hier fehlt irgendwas ... ???] > asiatische Länder heute wieder selbst Einwanderungsgebiet 30.5.2004 [weiter Südostasien]: Asienkrise ab 1997, ungefähr 2000 peak erreicht, danach Wirtschaft wieder eingependelt > in 4 Wellen Migration - Transition [und hier fehlt leider wieder was ... ???] Japan Zuwanderung niedrig qualifizierter Arbeitskräfte gesetzlich nicht erlaubt > aber defacto sehr wohl viele, v.a. blue collar jobs an ungelernte Südkoreaner (v.a. in Industrie) > seit Jahrzehnten, ja Jahrhunderten Migrationsnetzwerke (Südkorea war japan. Kolonie) > Immigration Control Act 1998 sollte irreguläre Zuwanderung unterbinden > aber es gab Ausnahmen für Nikkejin (= Nachkommen von japanischen EmigrantInnen) > z. B. im 19. Jh. viele jap. Auswanderer nach Brasilien und Peru (Präsident Fujimori z. B. ); auch viele jap. Emigranten nach Hawai usw. > die Nachkommen dieser Emigranten, also die Nikkejin, haben Sonderrechte bei „Rückwanderung“ > Japan verfolgt hier sozusagen eine Politik des „close the door, open the window“ (also Hintertüren-Politik) Migranten aus Süden in Japan v.a. 3-D-Jobs (dirty, difficult, dangerous), z. B. Müllabfuhr, Straßenbau, chem. Industrie etc.) Weiterer Begriff: SALEP (=jobs shunned by all national except the poorest) > auch diese SALEPs werden an Immigranten weitergegeben distress movement (Verzweiflungsmigration) Singapur wollte nur hochqualifizierte MigrantInnen > nur diese werden aufgenommen > foreign talent migration Stranded migrants > Migranten, die in einem der Transitländer hängegeblieben sind (und nicht mehr vor und nicht zurückkönnen) > in Verbindung mit Schlepperwesen (Schubwesen > wohin Migranten zurückgestellt werden) > in Südostasien klassische Destination für stranded migrants Thailand > wolllten vielfah weiter nach Malaysia > nicht geschafft > v.a. in Bangkok viele Slums dieser Menschen overstayers MigrantInnen, die über erlaubte Zeit in Land bleiben und im Untergrund mit abgelaufenen Papieren (Arbeitsbewilligung etc.) leben und arbeiten Weiteres Regionalbeispiel: OZEANIEN Region zwischen Südostasien – Australien – Amerika > größter Ozean > große Wasserfläche, kleine Landflächen, große Entfernungen, Vielzahl von kleinen Insel-/Einzelstaaten Inseln begrenzte Möglichkeit für Bevölkerungsaufnahme, auch in Bezug auf Ernährung > auf fast allen Inseln muss gewisser Teil der Bevölkerung auswandern > z. B. sind die Adoptionsraten (also von „wegadoptierten“ Kindern) auf diesen Inseln enorm hoch, eben auch aufgrund der begrenzten Kapazität > früher Infantizit gängige Methode zur Bevölkerungsregulierung > durch Christianisierung (spätestens ab Mitte 19. Jh.) nicht mehr > seit dieser Zeit (v.a. ab Beginn des 20. Jh, spätestens ab 1920/30er Jahren) massives Problem der Überbevölkerung > Leute auf Inseln müssen vielfach auf Susistenzniveau verbleiben oder weggehen (z. B. leben mehr Cook-Islanders in Neuseeland als auf den Cook-Islands; auf vielen anderen Inseln ähnlich) Bei Migration im Pazifik ist zu unterscheiden zwischen - voluntary migration (ausgelöst durch Bevölkerungsdruck, also auch nicht ganz freiwillig) > ist gleichzeitig fast immer Land-Stadt-Migration, denn die Inseln sind nun mal in der Regel „Land“ und die Menschen ziehen dann in die größeren Städte in Neuseeland od. Australien, z.B. Auckland) - forced migration (z. B. durch Naturkatastrophen, z. B. Tsunami; „local forced migration“) Historisch gesehen ist Arbeitsmigration dunkles Kapitel in diesem Gebiet > Händler („black burders“ [?]) warben [im 19. Jh.?] unter Vortäuschung falscher Tatsachen Arbeitskräfte für Australien ab > endeten meist in elenden, sklavenähnlichen Verhältnissen; teilweise wurden die Leute auch einfach verschleppt > z. B. die Osterinseln durch Arbeitskräftewerber entvölkert MIRAB (Migration Remittences Aid Burocracy) > die im Verhältnis zur Kleinheit der Staaten enorm aufgeblasene Bürokratie kennzeichnet die meisten Wirtschaften der pazifischen Inselstaaten > stellen wichtige und oft einzige Einkommensmöglichkeit dar MURAB (Urban Migration Remittences Aid Burocracy) > obiges Konzept noch etwas differenzierter (AKP-Staaten: Staaten aus Afrika, Karibik, Pazifischem Raum) Auf Inseln kann es kaum Industrie geben, weil abgesehen von allem anderen vor allem auch die Märkte (Abnehmer) zu weit weg sind (unrentabel, weil Transportkosten etc. zu hoch). FALLBEISPIELE OZEANIEN verschiedene Beispiele für Migration aus dem Gebiet Ozeanien, mit jeweils verschiedenen Migrationsauslösern: Marshall-Inseln > Bikini-Atoll > Atomtests > lokale Bevölkerung abgesiedelt (forced migration) > auf andere Atoll-Inseln > mehrfach umgesiedelt, weil Tragfähigkeit der Inseln (Süßwasser, Anbauflächen) jeweils nicht gegeben > schließlich auf Hauptinsel der Marshall-Inseln gelandet, wo sie Slum-Dasein fristen (es gab sogar Rückansiedlungsversuche auf Bikini-Atoll, Leute mussten aber wieder abgesiedelt werden, weil Krebsrate massiv stieg) Gilbert-Islands Hauptinsel Tarawa > ab 30er Jahren Umsiedelungsprojekte (von Briten verfolgt) > einige 100 Menschen auf mehr oder weniger freiwilliger Basis (Anreize durch Regierung) auf PhönixInseln übersiedelt > dann 2. WK > Gilbert-Islands Schlachtgebiet zwischen Japan und Amerika > Menschen auf Phönix-Inseln vergessen > dort aber zu wenig Wasser/Nahrung > Menschen buchstäblich verhungert > Überlebende in 50er Jahren auf Salomon-Inseln (Ghizo) > abgesehen von allem anderen auch cultural clash > ging trotzdem halbwegs gut, bis sie begannen Einheimischen Jobs „wegzunehmen“ > neuerliche Umsiedelungen (50er, 60er Jahre) von Ghizo nach Shortland-Islands > anfängliche voluntary migration (Gilber-I. nach Phönix-I.) wurde in Folge zu forced migration (Generell funktioniert geplante Umsiedlung fast nie > meist wird auch viel zu kurzsichtig „von außen“ geplant, mit wenig Rücksicht auf innere Strukturen.) Ocean-Islands (Banaba) Große Vorkommen an hochwertigem Guano > Banaba wie Nauru kleine Insel, Boden meterhoch mit Guano (Vogeldung) bedeckt > Guano enthält hochgradiges, reines Phosphat > wichtig für Düngemittelindustrie > Insel während des 2. WK wichtige Rolle, besonders ab Pearl Harbour > von Japanern besetzt, Rohstoff ausgebeutet, Bevölkerung deportiert auf Carolinen-Inseln, teils als Arbeitskräfte (Zwangsarbeit) auf Inseln gelassen > gegen Kriegsende auch Massaker Nach dem Krieg wollten Migranten von Carolinen wieder nach Banaba zurück > Insel aber durch Krieg u. Ausbeutung mehr oder weniger unbewohnbar > bedurfte Unterstützung von außen (NM-Hilfe etc.) bis Ressourcen wieder erholt u. Landwirtschaft aufgebaut > Briten hatten Idee, Ocean Island-Bevölkerung auf Fidschi-Inseln auszusiedeln > FidschiStammesführer waren bereit, die Insel Rambi an Briten zu verkaufen (ziemlich spektakulär, weil Landbesitz in diesem Gebiet extrem wichtig) > Bewohner Banabas siedelten nach Rambi > heute auf Banaba nur mehr ganz kleine Bevölkerungsgruppe (ca. 150 Personen) > auf Rambi ehemalige Einwohner Banabas ca. 2500 Personen (Staatsangehörige Fidschis mit Sonderstatus u. eigener Vertretung im Parlament [?]) Nauru Ebenfalls mehr oder weniger devastiert durch Guano-Abbau > Einwohner galten allerdings lange Zeit als reichste Bevölkerung der Welt (in ähnlicher Kategorie wie Brunei u.ä.) > hatten bald auch den Ruf etwas verrückt zu sein (Unmengen von Geld für Luxusautos, dabei nur eine einzige Straße auf Insel etc.) > heute ist der Staat massiv verschuldet; außerdem ist der gesamte Guano von Oberfläche herausgekratzt, zurückgeblieben ist ein „Mondlandschaft“, sogar das Mikroklima hat sich verändert, Erodierung, Verwüstung > dortige Bevölkerung hat Möglichkeit, neu aufzuforsten oder umzusiedeln > heute sind bereits sehr viele Nauraner ausgewandert nach Australien oder Neuseeland Tampa-Affäre: 2002 versuchte Flüchtlingsschiff (von Indonesien kommend [?]) in australische Küstengewässer zu kommen > war fast am sinken > norwegisches Schiff Tampa nahm Flüchtlinge auf, durfte nun aber selbst nicht in australische Hoheitsgewässer > kreuzte wochenlang vor australischer Küste, langwierige Verhandlungen > schließlich wurde auf der schwer verschuldeten Insel Nauru gegen Bezahlung der australischen Regierung ein Flüchtlingslager für diese Menschen errichtet > ähnliches Flüchtlingslager von australischer Regierung auch auf Manos errichtet für boatpeople (um sie möglichst weit weg von Australien „aufzubewahren“) Belau/Palau Deutsche Kolonie bis 1918, dann japanische, dann amerikanische, seit Mitte 90er Jahre unabhängige, jedoch defacto abhängig von USA > nahe Äquator > heiß, trocken > nach mehrjähriger Trockenheit ging die deutsche Kolonialregierung berits um 1900 daran, die Bevölkerung von kleineren Inseln auf Hauptinsel umzusiedeln > Beispiel für klimatisch bedingte Migration Auf Pazifikinseln insgesamt ist der wichtigste Auslöser für Migration zweifellos die Arbeitssuche > einige Zahlen: Neuseeland insgesamt ca. 4 Mio. Einwohner (2004) Samoa ca. 170.000 Ew., nochmal 100.000 in Neuseeland Cook Islands ca. 17.000, in Neuseeland nochmal ca. 45.000 Tonga ca. 100.000, in Neuseeland nochmal 30.000 Nive [?] ca. 2000, in Neuseeland nochmal ca. 16.000 > betrifft Elterngeneration und Nachkommen (also 2. Generation) > Migration erst in 1960/70er Jahren eingesetzt, verstärkt in 80er/90er Jahren u. Migrationsbewegung noch nicht abgeschlossen > Zukunftsperspektive für Inseln im Pazifik nicht allzu rosig (nach Einschätzung Mücklers) > es ist sogar ein Rückfallen der Inseln in Peripherie zu bemerken (Erreichbarkeit wird wieder schlechter) > gut erreichbar nur mehr Inseln mit hohem Tourismusanteil, hängt wieder mit guter Infrastruktur zusammen > Prognose: in 50 Jahren wird Großteil der Inseln nicht mehr besiedelt sein, weil Leute ausgewandert auf der Suche nach besseren Möglichkeiten, einer besseren Lebensperspektive > auch Auwirkungen des Global Warming hier bereits vielfach deutlich sichtbar und problematisch > z. B. durch Steigen des Meeresspiegels Flugfelder nicht mehr anfliegbar > betrifft v.a. die Atoll-Inseln Verhältnis Arbeitsmigranten - Daheimgebliebene Geldrücküberweisungen (remittances) erhalten Staatshaushalt substantiell aufrecht > Abhängigkeit von remittances > Geldleistungen nehmen ab mit Aufenthaltsdauer in neuem Aufenthaltsort > mit Entscheidung etwa in Neuseeland zu bleiben, zeigt sich Neuorientierung, Identifizierung mit Aufnahmeland in sinkenden remittances-Beträgen (nicht zuletzt auch, weil Geldbeträge meist große Belastungen darstellen) > z. B. werden aus in Tonga jährlich ca. 850 Euro/Person und in Samoa ca. 500 Euro/Person von Auswanderern rücküberwiesen (hoher Betrag, v.a. wenn man davon ausgeht, dass es sich dabei ja meist um schlechtbezahlte ArbeiterInnen handelt) > zu bedenken auch, dass Familienbande sehr eng und wichtig > sozialer Druck zu Überweisen groß > Studien, dass in 2. Generation Druck und damit auch Überweisungsbereitschaft stark nachlässt > auch die Staaten sind klarerweise an remittances interessiert > entwickeln Strategien, um Menschen an Land zu binden > z. B. Einladungen „nach Hause“ in regelmäßigen Abständen, damit Entidentifikation und damit auch Entsolidarisierung verhindert wird (mitunter werden diesen Auswanderern auch Titeln verliehen, die in Gesellschaft hohe Bedeutung, damit ihr Ansehen in Gesellschaft und entsprechend ihre Bindung erhöhen > auch werden – um sozusagen die „Einseitigkeit“ der remittances zu durchbrechen, den Auswanderern im Gegenzu verschiedene Sachgüter zugesendet. 20.6.05 FLÜCHTLINGSMIGRATION Begriffe „Flüchtling“ und „MigrantIn“ werden meist unpräzise verwendet > oft auch beabsichtigt, weil politische Auswirkungen damit verbunden > für Verantwortliche/polit. EntscheidungsträgerInnen oft „praktisch“, nicht genau festzulegen, wer ein Flüchtling und wer „nur“ MigrantIn ist > Staaten können es sich so leichter machen, sich der Verantwortung gegenüber Flüchtlingen zu entziehen > MigrantInnen sind leichter abzuweisen Wer zählt als Flüchtling? Was ist Flucht? Fluchtsituation sind für Betroffene besonders belastende Migrationssituationen > jede Flucht mit hohen physischen und psycho-sozialen Kosten verbunden Definition von „Flüchtling“ meist sehr schwammig Flucht definitiv Art der unfreiwilligen Migration > es gibt keine Handlungsalternative >> Ein Kriterium zur Bestimmung von Flucht ist das Fehlen einer Handlungsalternative Bernhard Satel definierte Entscheidungsprozess, der zu Migration führt als Ablauf von 3 Phasen: - Vorstellung des Zielgebietes - Kosten-Nutzenanalyse - Migration > dazu kommen individuelle u. psychologische Faktoren (z. B. persönliche Bindungen, die dazu führen, dass Menschen trotz widriger Umstände zu Hause bleiben) > diese Faktoren bei Migrationstheorien häufig ausgeblendet (wenn nur die 3 Phasen entscheiden würden über Migration, würden wesentlich mehr Menschen wandern) Die genannten 3 Phasen können bei Fluchtsituationen in der Regel nicht eingehalten werden (keine Zeit, muss oft schnell gehen) Vorausplanender Flüchtling (anticipatory refugee) Aufgrund zu erwartender Gefahrensituationen wird migriert (Flucht angetreten) > Flucht erfolgt geordneter Acute refugee / akuter Flüchtling Unmittelbarer Flüchtling > muss alles liegen und stehen lassen, sonst vom Tod bedroht Als Ursachen für Flüchtlingsmigration können grundsätzlich „manmade causes“ und „natural disaster“ unterschieden werden. „Freiwillige“ und „unfreiwillige“ Migration sind meist noch zusätzlich konnotiert in Richtung „ökonomisch motiviert“ und „politisch motiviert“ > dabei handelt es sich freilich um Simplifizierung, die nicht immer zutrifft; auch Verknüpfungen sind möglich („Wirtschaftsflüchtling“) Bei Definition von Flüchtling in Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) sind Wirtschaftsflüchtlinge ausgeblendet. Auch historisch gesehen schon immer Unterscheidung zwischen Flucht und Migration schwierig > Moses (Auszug aus Ägypten wäre im heutigen Deutschland nicht als „Flucht“ anerkannt worden) Noch nie gab es so viele Regeln, um Migration zu regulieren und zu behindern wie heute > Pass setzt voraus, dass man einen Fixpunkt hat (StaatsbürgerIn eines Landes ist) > es herrscht heute ein komplexes bürokratisches System > Mensch des 18. Jahrhunderts würde bürokratischen Abläufe, die heute etwa beim Verlassen eines Landes auf Flughafen ablaufen, nicht verstehen Die Begriffe „Flüchtling“ und „Einwanderer“ werden von Staaten oft nach Bedarf verwendet, um gewisse Möglichkeiten der Steuerung der Einwanderung/Aufnahme zu haben > gleichzeitig wird diese Unschärfe auch von „Wirtschaftsflüchtlingen“ selbst benutzt > aber: wenn man sich zu Flüchtlingsschutz bekennt, muss man eben auch in Kauf nehmen, dass mitunter auch „Wirtschaftsflüchtling“ „durchrutscht“ > aber was wäre Alternative? > riskieren, dass Menschen lebensbedrohenden Gefahren ausgesetzt sind (durch Nichtaufnahme, Abschieben) Genfer Flüchtlingskonvention 1 A, Abs. 2 des Abkommens über Rechtstellung der Flüchtlinge Flüchtling ist eine Person, die 1. aus begründeter Furcht vor Verfolgung 2. wegen Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung 3. sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt und 4. den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Befürchtungen nicht in Anspruch nehmen will Flüchtlingen Asyl zu geben, ist auch ambivalent zu sehen, denn reiner Schutzcharakter des Asyls impliziert auch, dass sie sich mit Aufnahme in irgendeinem sicheren Land zufriedengeben müssen, nicht dem Land ihrer Wahl > dieser Punkt ist wichtig! > z. B. bei Familienzusammenführungen, aber auch in anderen Situationen (vgl. letzte Vorlesung „Tampa-Affäre“) In Genfer Abkommen steht auch, dass jede einzelne Person ein Verfahren zur Flüchtlingsfeststellung bekommen muss. Es ist aber auch die Möglichkeit einer „Massenflucht“ vorgesehen > ganze Gruppen werden für begrenzte Zeit zu Flüchtlingen erklärt („temporary protection“) Weiteres zur Genfer Flüchtlingskonvention: Punkt „individuelle Verfolgung“ zeigt, dass auch GFK eine Geschichte hat und in ihrem historischen Kontext zu sehen ist > wurde eigentlich für Situation in Europa nach dem 2. Weltkrieg geschaffen > also etwa für Flüchtlinge vor Kommunismus > Beschränkungen der Reichweite erst 1967 aufgehoben > Ziel der Gründerväter war ein internationaler Codex, der Rechte von Flüchtlingen festlegen sollte > ist nicht durchgehend gelungen > einziger Punkt von ursprünglichem Abkommen, der noch immer Gültigkeit, ist jener des „non refoulment“ > Abschiebung von Flüchtlingen in Land, wo Verfolgung droht, ist verboten Generell hat die enge Definition der GFK mit heutigen Realität kaum etwas zu tun > es gibt auch andere, neuere Flüchtlingskonventionen, z. B. Cartagena-Konvention [?], die wesentlich weitere Definitione von Flüchtlingen aufweisen Kontingentflüchtling: zeitlich befristetes Aufenthaltsrecht ohne individuelles Verfahren Rückführung von Flüchtlingen im Grunde für alle Beteiligten schwierige Sache (also Flüchtlinge, aber auch Polizisten etc. > Verantwortung liegt bei Politikern, die aber häufig Schreibtischtäter sind, die sich bei Entscheidungen nicht überlegen, was das für die Praxis bedeutet), Bsp. Omofuma