HUMANITÄRE DIPLOMATIE Artikel für die Zeitschrift „Die Malteser“ – Ausgabe 02/2012 – Der Souveräne Malteser-Ritter-Orden und seine Werke in Österreich Am 30. August 1994 verabschiedete die Generalversammlung der Vereinten Nationen eine Resolution, die dem "Souveränen Malteser-Ritterorden" den Beobachterstatus gewährte „in Anbetracht der langen Tradition, auf die der Souveräne MalteserRitterorden bei der Gewährung humanitärer Hilfe zurückblicken kann, und seiner besonderen Rolle in den internationalen humanitären Beziehungen, in dem Wunsche, die Zusammenarbeit zwischen den Vereinten Nationen und dem Souveränen MalteserRitterorden zu verstärken“. Diese Teilnahme an der Arbeit der Vereinten Nationen hat dem Orden neue Perspektiven im Bereich der internationalen Kooperation eröffnet. Der Beobachterstatus bietet eine einmalige Gelegenheit, um die Gemeinschaft der Völker über seine weltweiten Werke zu informieren und seine Ideale zu fördern, die eng mit der UNO-Charta und den im Jahr 2000 beschlossenen Millenniums-Entwicklungszielen verknüpft sind. Die Tätigkeiten des Ordens in der humanitären Hilfe, sein Einsatz für die Schwächsten, die Bekämpfung von Armut und Krankheiten, die Verteidigung der Menschenrechte, die Bereitstellung von Gesundheits- und Sanitärversorgung, sowie sein Engagement um Leiden in jedweder Katastrophensituation zu lindern, werden in den Tätigkeitsbereichen der Vereinten Nationen, ihrer Sonderorganisationen und anderen zwischenstaatlichen Organisationen täglich behandelt. Im Hinblick auf die steigende Anzahl von Naturkatastrophen und bewaffneten Konflikten spielt die Diplomatie eine wichtige und nützliche Rolle in der Vervollkommnung der Mission des Ordens. Hauptaufgabe der Ständigen Beobachter Missionen des Malteserordens bei den Vereinten Nationen und anderen internationalen Organisationen in New York, Genf, Wien, Nairobi, Rom und Paris ist es daher die Entwicklung und Stärkung der Zusammenarbeit des Ordens mit diesen Institutionen zu fördern. Dies steht im Einklang mit den in Artikel l der Charta der Vereinten Nationen aufgeführten Zielen, nämlich „eine internationale Zusammenarbeit herbeizuführen, um internationale Probleme wirtschaftlicher, sozialer, kultureller und humanitärer Art zu lösen und die Achtung vor den Menschenrechten und Grundfreiheiten für alle ohne Unterschied der Rasse, des Geschlechts, der Sprache oder der Religion zu fördern und zu festigen“. In einem Interview bei seinem offiziellen Besuch am Sitz der Vereinten Nationen in Genf im Juni 2011 hat S.H.u.Emz. der Fürst und Grossmeister Fra‘ Matthew Festing auf die Komplementarität der Mission des Ordens mit jener der Vereinten Nationen hingewiesen, nämlich den Benachteiligten und den Menschen in Not Hilfe zu leisten und sie aus der Armut zu befreien. In diesem Sinn sind unsere multilateralen diplomatischen Missionen ständig darum bemüht, die aktiven Beziehungen mit den großen internationalen humanitären Organisationen zu vertiefen und auszubauen, um in Partnerschaft mit den wichtigsten internationalen Akteuren unmittelbar zusammen zu arbeiten. Sie definieren die gemeinsamen Interessen- und Kooperationsgebiete und halten Ausschau nach neuen Partnern. Genf, bekannt als „humanitäre Hauptstadt“ der Welt, beherbergt 21 Hauptsitze internationaler Organisationen, 250 Nicht-Regierungs-Organisationen (NGO) mit beratendem Status bei den Vereinten Nationen und 244 diplomatische Vertretungen, Repräsentationen und Delegationen beim Büro der Vereinten Nationen, bei der Welthandelsorganisation und der Abrüstungskonferenz. Jedes Jahr werden rund 2.700 Konferenzen und Tagungen organisiert, und etwa 3.000 Besuche von Staats- und Regierungschefs, Ministern und hochrangigen Beamten empfangen. Die Hauptarbeit unserer diplomatischen Mission in Genf konzentriert sich auf jene Bereiche, die die weltweiten Tätigkeiten des Ordens betreffen: UNO Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR): Malteser International hat eine langjährige Zusammenarbeit in Projekten in Afrika, Asien und auf dem Balkan Amt der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA): koordiniert täglich die Nothilfeaktionen weltweit (KrisenKatastrophen- und Konfliktsituationen) UNO-Menschenrechtsrat (UNHRC): deckt die gesamte Breite der internationalen Menschenrechtspolitik ab – von kritischen Ländersituationen bis zur Fortentwicklung der universellen Menschenrechtskonventionen. Herzstück des Menschenrechtsrates ist ein universeller Mechanismus zur Überprüfung der Menschenrechtslage, der Universal Periodic Review, dem alle Staaten unterliegen. Die Mission beteiligt sich an der Arbeit des Rates auf diversen Gebieten (Schutz von Kindern und Frauen, Behinderten, Flüchtlingen, Migranten, Heimatlosen, die Rechte auf Religions- und Glaubensfreiheit, Gesundheit, Wasser, Nahrung, usw.) Weltgesundheitsorganisation (WHO): legt Normen für die internationale Gesundheitspolitik fest, koordiniert das internationale öffentliche Gesundheitswesen, ist federführend in globalen Gesundheitsfragen und in der Gestaltung der Forschungsagenda für Gesundheit, überwacht und bewertet gesundheitliche Entwicklungen, setzt sich weltweit für bessere Ernährung und sanitäre Verhältnisse ein. Der Orden verfolgt hierbei vor allem die Ausarbeitung der Standards und Normen, die seine medizinischen, sozialen und pflegerischen Aktivitäten betreffen. Malteser International kooperiert mit der WHO bei Katastrophenhilfe vor Ort. Internationale Organisation für Migration (IOM): führt weltweit Hilfsprogramme zur Unterstützung von Migranten durch. Der Orden hat seit 2007 mit IOM ein Kooperationsabkommen über die Zusammenarbeit bei Nothilfe im Katastrophenfall. Die Bereitstellung von medizinischer und allgemeiner Unterstützung für Migranten, die Opfer von Schleusern sowie der Einsatz für die Menschenrechte auf internationaler Ebene wurden vereinbart. Praktische Beispiele dieser Zusammenarbeit sind gemeinsame Programme in mehreren Ländern, z.B. Italien, Malta, Deutschland. Darüber hinaus deckt die Arbeit der Mission des Ordens die Aktivitäten anderer humanitärer Institutionen ab, darunter das Internationale Komitee vom Roten Kreuz, die Internationale Föderation der Rotkreuz-und Rothalbmondgesellschaften, die Genfer Peacebuilding-Platform (Friedenskonsolidierung), die Global Platform for Disaster Risk Reduction (Katastrophenvorsorge), das Internationale Forum über Migration und Entwicklung. Des weiteren nehmen wir teil an problembezogenen Debatten mit akademischen Kreisen über humanitäre Fragen. In den Vereinten Nationen sind Beobachter nicht abstimmungsberechtigt, aber sie haben dennoch eine Stimme. Sie können bei offiziellen Debatten und informellen Diskussionen das Wort ergreifen und ihre Vorschläge bei den Vorarbeiten zu Resolutionsbeschlüssen einbringen. Als ein Vorläufer der modernen internationalen humanitären Institutionen kann der Malteserorden durch seine Zusammenarbeit mit dieser einzigartigen Weltorganisation erneut beweisen, dass er sich somit seiner Rolle in der Welt als ein unabhängiges und unparteiisches Mitglied der internationalen Gemeinschaft bewusst ist, und die Notwendigkeit erkennt, neue Aufgaben in einer sich immer schneller verändernden Welt zu übernehmen. Marie-Thérèse Pictet-Althann Botschafter Ständiger Beobachter des SMRO bei den Vereinten Nationen und den internationalen Organisation in Genf http://www.ungeneva.orderofmalta.int/ Genf, Mai 2012