Apartheid am Flughafen Dr. Manna kann viele Horrorgeschichten über Flughäfen erzählen, doch eine soll genügen. Vor zwei Jahren flog sein Sohn Schadi mit seiner jüdischen Freundin aus Amerika mit der israelischen Chartergesellschaft Israir auf die griechische Insel Kos. Als es Zeit für ihren Rückflug war, nahmen sie mit den fünfzig anderen Israelis ihrer Pauschalreise den Bus vom Hotel zum Flughafen. Schadi stand ziemlich weit vorn in der Schlange zum ersten Sicherheitscheck am Flughafen, doch als der Beamte seinen Namen im Pass las, bat er ihn, auf die Seite zu treten, während er sich mit den anderen Passagieren befasste. Schadi wollte wissen, warum. „Weil ich für Sie mehr Zeit benötigen werde und noch viele andere Passagiere abfertigen muss. Ich werde später zu Ihnen kommen“, wurde ihm mitgeteilt. Schadis Freundin, die Nächste in der Schlange, sagte, sie gehöre zu ihm. Der Beamte war überrascht. „Aber Sie sind doch Jüdin?“, fragte er. „Ja“, antwortete sie, „aber ich bin seine Freundin.“ Sie musste ebenfalls zur Seite treten. Nachdem die anderen Passagiere abgefertigt waren, teilte man Schadi mit, dass er und seine Freundin den Flug verpassen würden. Er fragte nach dem Grund. „Weil es mindestens zwei Stunden dauern wird, Ihr Gepäck zu checken, und das Flugzeug kann nicht auf Sie warten.“ Schadi wandte ein, dass er und seine Freundin zu einer Gruppe gehören würden. Der Beamte sei verantwortlich, weil er ihn aus der Reihe geholt habe. Der Mann sagte, hier gebe es überhaupt nichts zu diskutieren; sie müssten auf den nächsten Flug warten. Wann wäre das? „Vielleicht morgen, vielleicht nächste Woche“, wurde ihm gesagt. „Mein Sohn rief mich an, und seine Freundin ihre Eltern in Chicago“, sagte Dr. Manna. „Dann erreichte mich ein Anruf von ihren Eltern, die ganz aufgebracht waren und fragten, ob unser Sohn vielleicht im Gefängnis gewesen sei. ‚Natürlich nicht’, sagte ich. ‚Und warum lassen sie ihn dann nicht in das Flugzeug?’, fragten sie. ‚Das ist Israel, nicht Chicago’, sagte ich ihnen. Dr. Manna rief seinen anderen Sohn an, einen Anwalt. Der rief den Sicherheitsbeamten des Flughafens an und drohte ihm mit gerichtlichen Schritten. Dieser klang auf einmal nervös und sagte, er werde kein Wort mehr mit einem von ihnen reden. Er sagte Schadi, in acht Stunden gehe noch ein Flug. Den könne er nehmen, wenn er eine Verzichterklärung unterschreibe, in der er feststelle, dass es seine Schuld gewesen sei, dass er den früheren Flug verpasst habe, weil er zu spät am Flughafen eingetroffen sei. „Mein Sohn lehnte das ab, und ihm wurde mitgeteilt, dass man ihn nicht an Bord des nächsten Flugs lassen werde. Am Ende teilte ein befreundeter Juraprofessor mir mit, dass das Formular keine juristische Bedeutung habe und dass Schadi es unterschreiben, aber die Worte ‚unter den gegebenen Umständen’ hinzufügen solle.“ Später setzte Dr. Manna in einem Rechtsstreit, der einen Präzedenzfall schuf, Schadenersatzzahlungen von der israelischen Regierung, Israir und der nationalen Fluggesellschaft El Al durch, die für die israelische Sicherheit auf Flughäfen zuständig ist. Wenn einer der einflussreichsten Araber mit den besten Verbindungen in Israel sich dergleichen bieten lassen muss, wie ergeht es dann den meisten anderen arabischen Bürgern, die keine Juraprofessoren als Freunde haben? „Aber selbst für mich ist es ermüdend, erniedrigend und bedrückend“, sagte Dr. Manna. „Man kann doch nicht jeden zweiten Tag vor Gericht gegen das System kämpfen, für sich selbst, für den Sohn, die Frau oder die Tochter. Ich habe weder die Kraft noch die Zeit dafür. Man muss einfach akzeptieren, dass das unser Leben ist. Manchmal kämpft man, aber in den meisten Fällen muss man es über sich ergehen lassen.“ Dr. Adel Manna ist (zu dieser Zeit) Professor an der Hebräischen Universität in Jerusalem. Aus Susan Nathan, Sie schenkten mir Dornen. Ausgegrenzt im Land der Verheißung, 2005 Der Titel des englischen Originals ist präziser: The Other Side of Israel. My Journey Across The Jewish-Arab Divide SALAM SHALOM Arbeitskreis Palästina-Israel e.V. [email protected]