URGENT ACTION Amnesty International

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INDEX : ASA 20/2790/2015 DATUM: 2. NOVEMBER 2015
URGENT ACTION
UA 249/15
SÄNGER FESTGENOMMEN
INDIEN
Der Folksänger und Aktivist S Sivadas, welcher der Kaste der Dalit angehört und auch unter dem Künstlernamen
„Kovan“ bekannt ist, wurde am 30. Oktober festgenommen. Grund für die Festnahme sind zwei satirische Lieder, in
denen er die Regierung und die Ministerpräsidentin des Bundestaates Tamil Nadu kritisiert. Die Anklagen gegen Kovan
lauten unter anderem auf „Volksverhetzung“ und „Provokation mit der Absicht, einen Aufstand zu verursachen“. Bei
einer Verurteilung droht ihm als Höchststrafe lebenslange Haft.
Kovan wurde am 30. Oktober in seinem Haus im südöstlichen Bundesstaat Tamil Nadu von PolizeibeamtInnen aufgrund der
Texte seiner beiden Lieder«Moodu Tasmac Moodu» und «Ooruku oru Sarayam» festgenommen. In den Liedern, die seit
August im Internet zu finden sind, wird die Regierung des Bundesstaates Tamil Nadu zur Schliessung staatlicher Geschäfte, in
denen Alkohol verkauft wird, aufgefordert. In einer Liedzeile wird beschrieben, dass die Ministerpräsidentin von Tamil Nadu sich
freue, während Menschen aufgrund von Alkoholsucht sterben. Ein örtliches Gericht hat entschieden, Kovan bis zum 6.
November in Untersuchungshaft zu behalten.
Kovan ist Leiter der kulturellen Abteilung des Kunst- und Literaturvereins Makkal Kalai Ilakkiya Kazhagam, eine 30 Jahre alte
Organisation im Bundesstaat Tamil Nadu, die Folkmusik und Strassenspiele zu sozioökonomischen Themen aufführt.
Ein Sprecher der Organisation erklärte: «Die Regierung schikaniert uns und schüchtert uns ein, damit wir unsere Arbeit
beenden. Kovan wollte nur zeigen, wie Alkohol das Leben vieler Menschen in unserem Bundesstaat zerstört. Wir werden gegen
die Festnahme vorgehen und sicherstellen, dass wir unsere Arbeit fortsetzen können.»
Unter Indiens veraltetem Gesetz gegen Volksverhetzung gilt jegliche Handlung oder jeglicher Versuch «Hass oder Verachtung
zu schüren oder zu Unzufriedenheit gegenüber der Regierung anzustiften» als Straftat. Auf der Grundlage dieses Gesetzes
wurden bereits mehrfach JournalistInnen und AktivistInnen von Regierungen der Bundesstaaten schikaniert. Das Gesetz
verstösst gegen internationale Standards bezüglich des Rechts auf freie Meinungsäusserung.
HINTERGRUNDINFORMATIONEN
Auf der Grundlage des veralteten indischen Gesetzes gegen Volksverhetzung werden AktivistInnen und andere Menschen, die
friedlich Gebrauch von ihrem Recht auf freie Meinungsäusserung machen, häufig schikaniert und strafrechtlich verfolgt. Laut
Paragraf 124A des indischen Strafgesetzbuchs gelten Worte, Zeichen oder sichtbare Darstellungen, mit denen eine Person
„Hass oder Verachtung schürt oder zu schüren versucht oder zu Unzufriedenheit gegenüber der rechtmässigen Regierung
Indiens anstiftet oder anzustiften versucht“ als Volksverhetzung.
Laut Artikel 19(2) der indischen Verfassung können der Schutz der öffentlichen Ordnung und Anstiftungen zu Straftaten
„angemessene Einschränkungen“ des Rechts auf freie Meinungsäusserung rechtfertigen. Der Oberste Gerichtshof Indiens hat
jedoch festgelegt, dass solche Einschränkungen gesetzlich zulässig sein müssen und nicht unverhältnismässig sein dürfen.
2014 erklärte der Gerichtshof im Fall von Shreya Singhal, dass diese Einschränkungen nur dann zulässig seien, wenn die
Auseinandersetzung mit einem speziellen Anliegen oder das Eintreten für ein spezielles Anliegen, „ein Ausmass erreicht, das
Aufhetzung gleichkommt“.
Gemäss dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, zu dessen Vertragsstaaten Indien gehört, muss jede
Einschränkung des Rechts auf freie Meinungsäusserung eine gesetzliche Grundlage haben und von der Regierung als
notwendig und rechtmässig dargelegt werden. Zudem dürfen derartige Einschränkungen nicht grösser sein, als unbedingt
erforderlich, um das verfolgte Ziel zu erreichen.
Im August 2015 gab die Regierung des indischen Bundesstaates Maharashtra mittels Rundschreiben bekannt, dass Kritik
gegen Angehörige der Regierung Volksverhetzung gleichkomme. Nach weit verbreiteter Kritik wurde das Rundschreiben im
Oktober wieder zurückgezogen.
Mahatma Gandhi nannte das Gesetz gegen Volksverhetzung „den Prinzen unter den politischen Paragrafen des indischen
Strafgesetzbuchs, die dazu dienen, die Freiheit der BürgerInnen zu unterdrücken.“
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SCHREIBEN SIE BITTE FAXE, E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

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Bitte lassen Sie Kovan sofort und bedingungslos frei.
Bitte stellen Sie sicher, dass er bis zu seiner Freilassung nicht gefoltert und anderweitig misshandelt wird.
Ich bitte Sie, Paragraf 124A des indischen Strafgesetzbuchs aufzuheben und weitere Gesetze, die das Recht auf freie
Meinungsäusserung einschränken, gemäss internationalen Menschenrechtsnormen und – standards zu prüfen und
abzuändern.
Please write immediately

To immediately and unconditionally release Kovan.

To ensure that pending his release, Kovan is protected from torture and other ill-treatment.

To urge the central government to repeal Section 124A of the Indian Penal Code, which criminalises ‘sedition’, and review and amend other laws which restrict freedom of expression
and align them with international human rights law and standards.
Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Hindi, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in
Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 15. Dezember 2015 keine Appelle mehr zu
verschicken.
APPELLE AN
Ministerpräsidentin von Tamil Nadu,
J Jayalalithaa,
Secretariat,
Chennai 600 009,
Tamil Nadu,
INDIEN
E-Mail: [email protected] oder
[email protected]
(Anrede: Dear Madam / Sehr geehrte Frau Jayalalithaa)
Vorsitzender deR indischen Menschenrechtskommission,
K.G. Balakrishnan,
Manav Adhikar Bhawan,
Block-C, GPO Complex, INA,
New Delhi,
INDIEN
Fax: (00 91) 11 246 513 29
E-Mail: [email protected]
(Anrede: Dear Chairman / Sehr geehrter Herr Vorsitzender)
KOPIEN AN
Ambassade de la République de l'Inde,
Kirchenfeldstrasse 28,
Case postale 406,
3000 Berne 6.
Fax: 031 351 15 57
E-mail: [email protected]
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