Forum Freiheit 2016 Günter Ederer Was wird aus dem "Schengen-Raum" und "Dublin" Panel 2 Die Verwirrung beginnt schon damit, dass Schengen und Dublin in einem Atemzug genannt werden. Eigentlich haben die beiden politisch definierte Begriffe, nach Orten benannte, in denen die Verträge beschlossen wurden, nichts miteinander zu tun. Im Dublin-Vertrag ist geregelt, dass Asylanträge nur in dem Land gestellt werden können, in dem der Asylsuchende zuerst die EU betritt. Das ist typisch für viele Europa-Verträge. Die einen bekommen die Last aufgebürdet und die anderen üben verbale Solidarität. Alle Binnenländer waren fein raus. Deutschland, nur noch von Freunden umzingelt, hoffte so, die leidige Asylfrage zu Hause nicht lösen zu müssen, weil dazwischen ja die Staaten mit Außengrenzen und unübersichtlichen Küsten als Prellbock dienten. Das kann so nicht bleiben. Es muss für einen Kubaner, der wegen demokratischer Aktivitäten verfolgt wird, möglich sein, in Deutschland Asyl zu beantragen, auch wenn es ihm nur gelang mit einer spanischen IBERIAMaschine aus Havanna zu entkommen. Genau das trifft auf politisch Verfolgte aus Aserbaidschan, Russlands und Eritrea zu, um nur einige Länder zu nennen, mit denen wir keine Außengrenze haben. Die deutsche Regierung und die europäische Kommission müssen aber endlich definieren, wer asylberechtigt ist und davor steht die Beantwortung der Frage: Was ist Asyl. Reicht es aus wirtschaftlicher Not zu kommen? Ist Armut ein Asylgrund? Reicht es, sich der Wehrpflicht eines undemokratischen zu entziehen? Reicht es, in einem undemokratischen Staat zu leben? Ohne die Definierung von Asyl in der Welt des 21. Jahrhunderts wird es in Europa keine Gleichbehandlung der Menschen geben, die vor Krieg fliehen, von Armut zu Völkerwanderungen getrieben werden und für die "Freiheit" ein Begriff bleibt, der in ihrer Heimat ein Traum bleibt. 1 Die heutigen Regeln von Dublin sind nicht nur peinlich, sie sind dazu angetan, eine Antwort auf die Völkerwanderungen des 21. Jahrhunderts zu verhindern. Anders verhält es mit dem Vertrag von Schengen, der die Freizügigkeit in Europa regelt, eine der ganz großen Errungenschaften der Europäischen Verträge. Bestandteil des Schengener Abkommens war aber immer die Sicherung der Außengrenze. Mit der Flüchtlingswelle aus dem Nahen Osten aber begann eine Praxis, die nichts mehr mit den gemeinsamen Zielen zu tun hat. Jeder Staat interpretiert seitdem seine Vorstellungen nach moralischen, nationalistischen und parteipolitischen Gesichtspunkten. Der erste schwere Fehler war, dass sich die Europäer aus den Bürgerkriegen im Nahen Osten heraushalten wollten und wegschauten, als Millionen Flüchtlinge in die Türkei, nach Jordanien und in den Libanon flohen. der zweite Fehler folgte, dass die Schengen-Staaten es hinnahmen, dass Hunderttausende die Grenzen illegal überschritten, wobei dahin gestellt bleiben kann, ob sie mit oder ohne der "Willkommenskultur" auch einfach nur nach Europa strömten. Die Wucht der Elendsbilder riss die Grenzen nieder und versenkte Schengen in einem Morast der die Rechtsstaatlichkeit versenkte. Als der Ungar Victor Orban mit dem Bau eines Zaunes an der serbischen Grenze begann, sicherte er damit die Außengrenze des Schengen-Raums. Die Linke Europas drosch auf ihn ein, weil sie darin eine Chance sahen, den ungeliebten Rechten zu diffamieren. Als dann einige Monate später das sozialdemokratische Schweden mit ähnlichen Abschottungen reagierte, blieb es in Resteuropa ziemlich still. Ja, die Errungenschaft der freien Grenzen innerhalb Europas soll erhalten bleiben, aus menschlichen, wirtschaftlichen und historischen Gründen. Das geht aber nur, wenn eine Grenzverletzung strafbar bleibt, wenn jeder europäische Staat entscheiden darf, wenn und wie viele Zuwanderer er aus nichteuropäischen Ländern aufnimmt. Wer die großartige Idee eines friedlichen offenen Europas zerstören will, muss nur weiterhin die Auffassung vertreten, dass das Recht außer Kraft gesetzt werden muss, um Europa zu retten. Der schweren Fehler zu hoffen, die Konflikte im Nahen Osten würden ohne unser Eingreifen wieder vorüber gehen, bezahlen wir jetzt mit der Völkerwanderung aus dem Elend in ein verklärtes Europa. Aber was für Dublin gilt, nämlich die klare Definition, wer Asylberechtigt ist, gilt auch für Schengen: Wir müssen klar definieren, wer Kriegsflüchtling ist - dem wir jeden nur denkbaren Schutz bieten müssen - und wer potentieller 2 Wirtschaftseinwanderer ist. Und vor allem muss sich jedes einzelne Mitglied des Schengen-Raumes darüber klar sein, dass es nicht grenzenlose Einwanderung zulassen kann, denn damit ermöglichen sie die Einwanderung in alle europäischen Schengen-Staaten. auch die Idee einer Zwangsquote ist abwegig. Die einige hundert Menschen zählende Gruppe christlicher Syrer die Tschechien aufgenommen hatte, waren schneller in Deutschland, als die Behörden sie erfassen konnten. Qutenregelungen führen zwangsläufig nach der Forderung, auch innereuropäisch wieder Grenzkontrollen einzuführen. Im Moment werden Dublin, Schengen, Asyl, Kriegsflüchtlinge und die sehr unterschiedlichen wirtschaftlichen Gegebenheiten in Europa zu einem ungenießbaren Einheitsbrei verrührt, der in Europa die politische Balance aus dem Gleichgewicht bringt. 3