Urheberrecht © bei Edgar Oskar Ephan, Juni 2009 KAPITEL XXXII Freiheit und Unabhängigkeit (1) (2) (3) (4) (5) (33) Inhaltsverzeichnis Freiheit in europäischer Geschichte Vielfalt heutiger Vorstellungen zu politischen Freiheiten Heutige allgemeine Vorstellungen zu Freiheiten Freiheit, entwickelt aus der Ursache aller Ursachen Freiheit, Unabhängigkeit, Ungebundenheit Glossar, siehe Kapitel III „Quellcode des Seins“ Freiheit in europäischer Geschichte (1) Ein Wort schallt durch die Geschichte: Freiheit! Was meinen die Rufer und Ruferinnen damit? Wie einig sind sie sich in ihren Vorstellungen? Aus unserem Altertum ist uns bekannt, dass „Freiheit“ ein Vorrecht der herrschenden und gebildeten Menschen war und nicht für Sklaven oder unterworfene Völker galt. Das Volk der Israeliten hat sich aus ägyptischer Knechtschaft befreit und selbst andere nicht versklavt. Im aufkommenden Christentum wurde die ersehnte Freiheit in eine Welt nach dem Leben verlegt; gleichwohl fühlten sich die Christen schon im Leben durch Christus befreit. Im christlichen Mittelalter waren große Teile der Bevölkerung noch versklavt und damit als Leibeigene verfügbares Eigentum anderer Menschen. „Frei“ zu sein hieß, nicht versklavt zu sein. Frei zu sein hieß aber auch, versklaven zu dürfen. An der Schwelle zur Neuzeit hat der religiöse Reformator Martin Luther erklärt, dass alle Menschen in Christus frei sind, dabei aber gebunden durch Verantwortung und Liebe. Mit der Aufklärung wurde das heutige allgemeine Verständnis von „Freiheit“ entwickelt: Staat und Kirche trennen; Macht des Staates durch Grundrechte eingrenzen; Selbstkontrolle des Staates durch dreigeteilte Macht; Macht im Staat durch das Volk (Demokratie). John Locke erklärte Leben, Freiheit und Eigentum zu unveräußerlichen Rechten, das heißt, ohne fremde Erlaubnis handeln und über sich und seinen Besitz verfügen zu können (Zu unseren Vorstellungen gehört heute, dass Eigentum verpflichtet). Voltaire forderte, sich frei äußern zu können. Immanuel Kant meinte, jeder solle sich seinen Weg zum Glück suchen und dabei andere nicht beeinträchtigen; und Freiheit sei nur durch Vernunft möglich (für mich ist Freiheit, keine Angst zu fühlen). Mit der Französischen Revolution befreite sich das Volk vom Adel (Macht aus Gottes Gnaden) und vom Klerus (Geistlichkeit). Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit wurden gleichrangige gesellschaftliche Ziele. Heute wird mit anglo-amerikanischer Vormacht vor allem egoistisches Gewinnstreben als grenzenlose „Freiheit“ angesehen. Wir Kontinental-Europäer setzen solcher wirtschaftlichen „Freiheit“ dort Grenzen, wo in die Freiheit anderer eingegriffen wird. In westlichen Verfassungen wird heute ein Mindestmaß an Freiheit garantiert, etwa durch Menschenrechte, durch Bürgerrechte, durch Handlungsfreiheit, durch körperliche Unversehrtheit, durch informelle Selbstbestimmung, durch Meinungsfreiheit mit Redefreiheit, durch Religionsfreiheit. In Notlagen können aus Gründen der Sicherheit einzelne Freiheiten eingeschränkt werden. 1 Vielfalt heutiger Vorstellungen zu politischen Freiheiten (2) Alle gesellschaftlichen Formen vereinnahmen heute für sich die „Freiheit“. - Der Liberalismus setzt auf die Freiheit des einzelnen Menschen vor der Gesellschaft, was sich insbesondere als Vertragsfreiheit und als freie Marktwirtschaft äußert. - Der Anarchismus hat auch zum Ziel, dass jeder Mensch selbst über sich bestimmt und sich selbst verwirklicht und lehnt dabei jede Bevormundung durch staatliche Macht ab. - Im klassischen Konservativismus ist die menschliche Freiheit durch Bestimmung, durch Moral und durch höhere Mächte (zum Beispiel Gott) beschränkt. Freiheit, Gerechtigkeit und Gemeinschaft werden je nach wirkendem Geist unterschiedlich zueinander gewichtet. - Karl Marx, Begründer des Kommunismus und Sozialismus, sieht in der freien Entwicklung eines jeden die Bedingen für die Entwicklung aller; er wendet sich damit gegen die Ausbeutung und Unterdrückung der Arbeiterklasse bei der begonnenen kapitalistischen Produktionsweise: der Tauschwert eines Menschen trete darin an die Stelle seiner persönlichen Würde. In den kommunistischen Gesellschaften wurde und wird zumeist das Gegenteil verwirklicht. - Nationalisten betonen die Freiheit des eigenen Volkes, etwa vor Fremdherrschaft, oder auch als Selbstbestimmungsrecht aller Völker. - In totalitären Gesellschaften (zum Beispiel: Faschismus, Nationalsozialismus, Stalinismus) hatte und hat – siehe heute Nordkorea - sich der einzelne Mensch unterzuordnen, entweder einem „Führer“ oder einer Führungsgruppe. Heutige allgemeine Vorstellungen zu Freiheiten (3) Im Deutschen Universal Wörterbuch wird zu „Freiheit“ notiert, was heute bei uns allgemein darunter verstanden wird: a) Freiheit ist ein Zustand, bei dem jemand von bestimmten persönlichen oder gesellschaftlichen, als Zwang oder Last empfundenen Bindungen oder Verpflichtungen frei ist und sich in seinen Entscheidungen nicht (mehr) eingeschränkt bewertet. b) Freiheit ist Unabhängigkeit. c) Freiheit ist Ungebundenheit. d) Freiheit ist ohne Not und Furcht sein. e) Freiheit ist die Möglichkeit, sich frei und ungehindert zu bewegen, nicht gefangen zu sein. f) Freiheit ist das Recht etwas zu tun. Freiheit ist ein bestimmtes (Vor)Recht, das jemandem zusteht oder das er sich nimmt, zum Beispiel dichterische Freiheit. Jede Leserin und jeder Leser mag für sich aussuchen, welchem Inhalt von „Freiheit“ er zuneigt. Ich selbst habe keine Widersprüche zueinander in den genannten Vorstellungen festgestellt, wohl aber unterschiedliche Gewichtungen im Berücksichtigen des Gemeinwohls. Freiheit, entwickelt aus der Ursache aller Ursachen (4) Meine eigenen Vorstellung von Freiheit ist umfassender. Philosophisch denken ist für mich abstrahierend denken, ist für mich verschiedene Vorstellungen in einer gemeinsamen abstrakten Vorstellung widerspruchsfrei zusammenzuführen, und zwar durch Entwickeln des Denkens in Richtung der Ursache aller Ursachen, in der alles was möglich ist, in der alles widerspruchsfrei eins ist. Die Ursache aller Ursachen kann durch wenige bis viele Abstrahierungs-Stufen erreicht werden. Um in der Widerspruchsfreiheit meiner Erkenntnisse sicher zu sein, entwickle ich meine gewünschten abstrakten Vorstellungen von der Ursache aller Ursachen her. Diese Ursache aller Ursachen ist für mich „das Nichts“; es ist die einzige absolute Ursache, also die Ursache, die nur aus sich heraus ist und nicht hinterfragt werden kann. 2 Das Nichts macht sich bewusst, was und wie es sein könnte, wenn es nicht „nichts“ wäre. Dieses Bewusstmachen ist die Schöpfung, der innere Auftrag des Nichts ist der Schöpfungsauftrag. Schöpfungsauftrag und Schöpfung sind ewig, das heißt ohne Anfang und ohne Ende und ohne Unterbrechen. Das Nichts ist unendlich viele Möglichkeiten. Die Möglichkeiten werden durch Merkmale beschrieben und durch diese bewusst. Da Merkmale nur endlich (von gegen null bis gegen unendlich) sein können, können auch nur die endlichen Möglichkeiten (von gegen null bis gegen unendlich) beschrieben und bewusst werden, wozu die für jede Möglichkeit notwendigen Merkmale aktiviert werden. Fast immer wirken Merkmale zusammen: damit sie widerspruchsfrei zusammenwirken, werden sie von ihren jeweiligen gemeinsamen abstrakten Merkmalen, aus denen sie hervorgegangen sind, gesteuert (siehe Kapitel III „Quellcode des Seins“). Das geht auch über mehrere bis viele AbstrakrionsEbenen, deren notwendigen abstrakten Merkmale von mal zu mal Schritt für Schritt (von Ebene zu Ebene) aktiviert werden müssen. Von Ebene zu Ebene müssen eigene Voraussetzungen gegeben sein, die sich umso seltener zusammenfinden, je mehr abstrakte Merkmale verschiedener Ebenen aktiviert werden müssen. Da sich das Nichts so schnell wie möglich seiner endlichen (von gegen null bis gegen unendlichen) Möglichkeiten bewusst werden will, speichert es das vielschichtige Zusammenwirken in Genen und stellt nach diesen „Bauplänen“ jeweils Materien zu zeitlichen Lebendkörpern zusammen. Diese Lebendkörper stattet die Schöpfung mit Besonderheiten aus: Sie müssen eigenständig Teil-Möglichkeiten bewusst machen und können bewusst gemachte Teil-Möglichkeiten unterbewusst (nicht unbewusst) in sich speichern, um sie zum Denken (=eigenständiges Bewusstmachen) zu verwenden. Der mit einem Lebendkörper eigenständig zu erfüllende Schöpfungsauftrag ist die Seele; beide zusammen bilden ein zeitliches Lebewesen. Sich vorzustellen, nach ihrem zeitlichen Wirken in einem zeitlichen Lebendkörper nicht mehr zu sein, ist die Ur-Angst jeder Seele; Ur-Angst ist der seelische Schmerz. Ewig zu sein, ist die Ur-Sehnsucht jeder Seele. Da der Schöpfungsauftrag ewig ist, will jede Seele mit ihm ewig sein. Als eigenständig ausgeführter Auftrag muss sich jede Seele aber von allen Seelen unterscheiden. Bewertet eine Seele, sich als Auftrag zu erfüllen, fühlt sie sich wohl, erlebt sie sich zufrieden. Bewertet eine Seele, sich in ihrer Sehnsucht zu erfüllen, ist sie glücklich, erlebt (fühlt) sie Glück. Bewertet also eine Seele eine Seele, sich in ihrer Sehnsucht und als Auftrag zu erfüllen, ist sie glücklich und zufrieden. Solche Seelen sind lebensmutig. Bewertet eine Seele, sich nicht als Auftrag zu erfüllen, fühlt sie sich nicht wohl und muss so tun, als würde sie sich erfüllen. Sie muss nun verhindern, dass ihre Lebenslüge bewusst wird, weil sie sich durch die Lüge vom ewigen Schöpfungsauftrag und damit von ihrem eigenen ewigen Sein ausschließen würde, was für sie bedeuten würde ihr Ur-Angst zu erleben. Eine solche Seele nenne ich aggressiv-ängstlich; eine solche Seele ist nicht frei, so dass ich sage: „Frei sein ist ohne Angst sein.“ Bewertet eine Seele, sich in ihrer Sehnsucht nicht zu erfüllen, weil sie enttäuscht worden ist, dann fühlt auch sie ihre Ur-Angst. Sie zieht sich von dort zurück, wo sie enttäuscht worden ist, oder wo sie vermutet, enttäuscht werden zu können. Eine solche Seele nenne ich depressiv-ängstlich; eine solche Seele ist ebenfalls nicht frei, so dass ich sage: „Frei sein ist ohne Angst sein.“ Seelen können aggressiv-ängstlich und zugleich depressiv-ängstlich sein, sowie auch kleinere Anteile von Lebensmut enthalten. Sich ohne Ängste als Schöpfungsauftrag und in seiner Sehnsucht zu erfüllen, ist die Freiheit eines Menschen, eines Lebewesens; es ist zugleich die 3 Würde eines Menschen, eines Lebewesens. Würde zu verhindern ist ungerecht, ist die Ungerechtigkeit an sich, ist das Wesen der Ungerechtigkeit. Meist denken wir dabei daran, dass ein Mensch einen anderen Menschen daran hindert, sich würdig erfüllen zu können. Doch Ungerechtigkeit gilt für alle Lebewesen untereinander. Und was wohl nur selten bedacht wird, jedes Lebewesen kann auch gegen sich selbst ungerecht sein, wie es alle aggressiv-ängstlichen und alle depressiv-ängstlichen Seelen tun. Freiheit, Unabhängigkeit, Ungebundenheit (5) Ist Freiheit auch Unabhängigkeit? Ist Freiheit auch Ungebundenheit? Hier sage ich „Nein.“ Immer mehr Menschen in unseren westlichen Gesellschaften leben ungebunden, von Liebschaften und Spaß-Treffen abgesehen. Sie wähnen sich unabhängig und sind doch Gefangene ihrer Ängste. Um dem vermeintlichen Widerspruch, dem Paradoxon für jede Seele, nämlich sich einerseits in ihrem Denken von allen anderen Seelen unterscheiden zu müssen, sowie andererseits zum Erfüllen ihrer Ur-Sehnsucht mit allen anderen Seelen eins sein zu wollen, aufzulösen, hat die Schöpfung die Lebensform „Gemeinschaft“ geschaffen. In einer Gemeinschaft, in Gemeinschaften, kann jede Seele beide Ziele bestmöglich (optimal) zugleich erfüllen, dafür aber kein Ziel maximal (höchstmöglich). Gemeinschaft ist, wenn zwei oder mehr Lebewesen (Menschen, Tiere, Pflanzen, Bakterien) etwas vertrauensvoll und verantwortungsvoll zusammen tun, sich gegenseitig unterstützen, jeweils ihren eigenen unverwechselbaren Beitrag erbringen und erkennen, und sich gegenseitig darin anerkennen. Jedes der genannten Merkmale (Vertrauen, Verantwortung, zusammen tun, gegenseitig unterstützen, eigenen Beitrag erbringen, eigenen Beitrag erkennen, Beiträge gegenseitig anerkennen) ist unverzichtbar. Mit Gott religiös im Einssein zu leben, ist auch Gemeinschaft. Die umfassendste Gemeinschaft ist für uns die Natur; sie ist wie alle Gemeinschaften unverzichtbar. Wer alleine lebt, kann sich nicht in beiden Zielen erfüllen. Aggressive Bindungsangst bedeutet dabei, davor Angst zu haben, bei vertrauter Nähe seine Lebenslüge nicht geheim halten zu können. Depressive Bindungsangst bedeutet, davor Angst zu haben, wieder schmerzlich enttäuscht zu werden. Ungebunden zu sein, bedeutet für mich, nicht frei zu sein. In unsere „liberalen“ Gesellschaften, in denen immer mehr Menschen vereinzeln, sind deshalb immer mehr Menschen nicht frei. Unabhängig zu sein, wird im Deutschen Universal Wörterbuch wie folgt beschrieben: 1. (Hinsichtlich seiner politischen Stellung, seiner sozialen Stellung, seiner Handlungsfreiheit) nicht von jemandem oder von etwas abhängig sein. 2. Souverän sein, autonom sein; von der Befehlsgewalt eines Staates frei sein. 3. Für sich bestehen; von jemandem oder etwas losgelöst sein. 4. Nicht durch etwas beeinflusst, durch etwas bedingt sein. Zu 1: In allem, was eine Seele entscheidet oder tut, ist sie abhängig: Vom Nichts als der Ursache aller Ursachen; ohne diese wäre sie nicht. Von seinem Umfeld und von seiner Umwelt, denn nur in beiden und als Antwort auf beide kann sie sich erfüllen. Davon, dass sie sich eigenständig als Schöpfungsauftrag erfüllen muss. Davon, dass sie sich in ihrer Sehnsucht erfüllt. 4 Zu 2: Jede Seele ist sich selbst und kann nur sich selbst sein. Allerdings kann sie unter Zwang oder Zwängen von aggressiv-ängstlichen Seelen stehen, was aber, wie zuvor erläutert, bedeutet, dass sie sehr wohl dabei frei sein kann. Zu 3: Keine Seele besteht für sich, sie ist immer ein Teil des ewigen Schöpfungsauftrags. Kein Mensch (kein Lebewesen) besteht für sich, er (es) ist immer eine zeitlich bewusste TeilMöglichkeit (=ein Teil-Zustand) einer der ewigen Möglichkeiten. Zu 4: Jede Seele ist im Rahmen der genetischen Befähigung „ihres“ Lebendkörpers selbständig zu erfüllender Schöpfungsauftrag, und durch diesen bedingt und beeinflusst, weil sie den Schöpfungsauftrag erfüllen muss. 5