LEKTION ÜBER INTERKULTURELLE KOMPETENZ / (KULTURELLE) IDENTITÄT Definition des Problems: Die europäischen Staaten sind immer häufiger mit verschiedenen Bevölkerungs-gruppen konfrontiert, hauptsächlich durch zunehmende Migration. Wahrscheinlich zum ersten Mal in ihrer Geschichte müssen sich die europäischen Nationen, die bisher klassische Emigrationsländer waren, auf ihre neue Rolle als Immigrations-länder einstellen. Dies bringt zahlreiche Konsequenzen für viele gesellschaftliche Bereiche mit sich: so z.B. für die Politik, Gesetzgebung, Erziehung, etc. In den Klassenzimmern finden wir heutzutage viele verschiedene Kulturen, Nationalitäten und Religionen vor. Es ist wichtig sich vor Augen zu halten, dass Europa immer ein multikultureller Kontinent war und dass Migration kein neues Phänomen darstellt. Erziehungs- und Ausbildungsstätten reagieren jedoch relativ langsam auf die zunehmende Vielfalt in unserer Gesellschaft. Monokulturelle Erziehungsansätze werden auch heute noch in den Schulen angewandt. Dadurch wird ausschließlich der vorherrschenden Kultur in einem Lande Rechnung getragen, ohne auf die gesamte Vielfalt der Schülerschaft einzugehen. Die folgende Lektion stützt sich auf ein sehr breites Verständnis von Kultur. Der kulturelle Hintergrund von Menschen offenbart sich in vielen verschiedenen Bereichen: Kultur, Sprache, Geschlecht, soziale Schicht, etc. All diese Eigenschaften können entweder zu einer Bereicherung an Erfahrungen oder zu Konflikten führen, je nach dem Klima, das inner- und außerhalb des Klassenzimmers erzeugt wird. In dieser Lektion legt seinen Schwerpunkt auf keine spezifische Kultur oder Nationalität, sondern auf Identität (wir alle stehen unter dem Einfluss vieler verschiedener Identitäten) und das Verständnis derselben. Außerdem wird auf Kommunikations- und Konfliktlösungspoblematiken eingegangen. Dauer der Durchführung: ca. 4-6 Stunden Zielsetzung: Benötigte Materialien: Verstehen der eigenen Identität Nachdenken über Kultur als komplexe Thematik, mit sichtbaren und unsichtbaren Komponenten Verstehen von kulturellen Unterschieden anhand von (körperlichem) Abstand A4-Papier, Flipchart-Papier, Leuchtstifte, Papierzettel 1 Programm: Einführung:: (15 Minuten) (aus dem Unterrichtspaket des Europarates „All different, all equal“, mit Änderungen) Bitten Sie jede(n) SchülerIn aus einem Hut oder Behälter einen Papierzettel zu ziehen. Die SchülerInnen versammeln sich daraufhin in der Mitte des Raumes und grüßen einander (mit ihren Namen) wie auf den Zetteln beschrieben steht (schreiben Sie die Namen der Länder nicht auf die Zettel): Begrüße die andere Person mit einer Umarmung und durch drei Küsse - abwechselnd auf die linke und rechte Wange. (Niederlande, Belgien, Serbien) Begrüße die andere Person mit einer Umarmung und durch zwei Küsse - abwechselnd auf die linke und rechte Wange. (Portugal, Spanien) Begrüße die andere Person mit einer Umarmung und durch vier Küsse - abwechselnd auf die linke und rechte Wange. (in Paris) Begrüße die andere Person indem du deine Hände faltest (wie beim Gebet) und dich verbeugst. (Japan, Thailand) Begrüße die andere Person durch gegenseitiges Reiben der Nase. (Innuit, Maori) Begrüße die andere Person mit einer herzlichen Umarmung. (Russland, Palästina) Begrüße die andere Person mit einem kräftigen Handschlag. (Deutschland, Österreich) Begrüße die andere Person mit einem leichten Handschlag, bleibe aber dabei ca. einen halben Meter voneinander entfernt. (England) Tipps für die Lehrkraft: Diese Übung eignet sich sehr gut als Einleitung für eine Gruppe SchülerInnen, die einander noch nicht kennen. Außerdem lässt sich damit gut zu der folgenden Übung überleiten. Man sollte auf alle Fälle vermeiden, dass durch diese Einleitung Stereotype geweckt werden. Mit einer kurzen Diskussion im Anschluss kann man dieses Problem jedoch umgehen und auf die folgenden Fragestellungen eingehen: Wie grüßt man sich in deiner Familie? Begrüßt du Männer und Frauen in deiner Familie auf dieselbe Weise? Aus welchen Ländern stammt jede der Begrüßungsformen? Bis zu welchem Grade sind diese Begrüßungen stereotypisch (begrüßt sich jeder aus dieser Kultur auf dieselbe Weise)? Hauptteil: Schritt 1: Die SchülerInnen zeichnen ein Selbstporträt auf eine A4-Seite. Diese Zeichnung sollte ungefähr die Hälfte der Blattes einnehmen. Anschliessend werden Pfeile eingezeichnet, die auf das Bild zeigen und entlang jedes Pfeils charakteristische Merkmale jeder Person niedergeschrieben (alles ist möglich!). Die Lehrkraft sollte die SchülerInnen ermutigen ca. 20-30 Pfeile einzuzeichnen. Wenn die SchülerInnen selbst nicht ausreichende Einfälle haben, können die folgenden Hinweise gegeben werden: Denk an dich und deine Familie Denk an dein Lieblingsessen Denk an deinen Charakter, deine Persönlichkeit Denk an deine Lieblingsmusik Denk an die Dinge die dich glücklich machen Denk an dein größtes Ziel im Leben Denk an deinen Lieblingsfilm Denk an die Farben deines Haars, deiner Augen etc. 2 Denk an Sportarten, die du gern machst Denk an deine Hobbys etc. Schritt 2: Sobald diese Übung beendet ist, setzen sich die SchülerInnen in Gruppen von 4 oder 5 Personen (LehrerIn: Stellen Sie sicher, dass die Gruppen möglichst heterogen sind) zusammen. Zwei spezielle Aufgaben werden vergeben: Ein(e) SchülerIn bekommt die Präsentation der Ergebnisse der Gruppe übertragen. Einer zweiten Person wird die Rolle des Moderators zugeteilt. Jede Gruppe beschäftigt sich daraufhin ca. ½ Stunde bis zu einer Stunde mit den Charakteristika ihrer MitschülerInnen die leicht bzw. nicht sichtbar sind. Zwei Listen sollen erstellt werden, eine für die sichtbaren Charakteristika, die andere für die unsichtbaren. Danach diskutieren die Gruppen, welche der Charakteristika durch den kulturellen Hintergrund des Mitschülers beeinflusst sind. Diese Ergebnisse werden ebenfalls kurz der ganzen Klasse vorgestellt. Abschluss: Die Lehrkraft diskutiert die Ergebnisse mit der Klasse und stützt sich dabei auf das kulturelle Eisberg-Modell (zu finden im Abschnitt „Hilfsmittel“ der Webseite www.teachers.nl). In diesem Modell wird gezeigt, dass nur ein kleiner Teil der Kultur sichtbar ist, der Rest muss erst entdeckt werden. Weiterführung: A. Hängen Sie die Identitäts-Diagramme auf! B. Tragen sie gemeinsam mit ihrer Klasse verschiedene Begrüßungsformen der Welt zusammen (durch das Wissen der SchülerInnen, das Internet, die Familien der SchülerInnen, LehrerInnen etc.). Dabei ist es wichtig den SchülerInnen vor Augen zu halten, dass die Form der Begrüßungen nicht nur vom Land sondern auch von Umständen wie: Alter (wie z.B. wenn Erwachsene Kinder begrüßen), Geschlecht, Statusunterschiede und wie gut sich Menschen kennen, abhängig sind. Auch diese List sollte an die Wand gehängt werden. C. Die SchülerInnen (jeder für sich) werden gebeten sich ein Vorbild oder Idol aus einem anderen Land herauszusuchen und auch für diese Person ein Identitätsdiagramm zu erstellen (mit maximal fünf Aspekten). Anschließend wird die Frage, wie sich diese Person selbst sehen würde in kleinen Gruppen analysiert. In dieser Phase sollten die SchülerInnen auch Informationen aus dem Internet, aus Enzyklopädien und Geschichtsbüchern etc. nutzen. Jede Gruppe versucht alle ihre Identitätsdiagramme zu vervollständigen. Die fertigen Diagramme werden der Klasse präsentiert. D. Gehen Sie zu folgender Webseite (gegenwärtig auf Englisch und Niederländisch verfügbar): www.distanttrain.com/bigmyth LehrerIn: Gehen Sie zum Abschnitt “Teacher’s Guide” auf der obigen Webseite und folgen Sie den dortigen Hinweisen. Schlagen Sie den SchülerInnen vor sich drei verschiedene Schöpfungsmythen anzusehen. Fragen Sie daraufhin nach, ob diese Schöpfungsgeschichten bekannt sind (inkl. der eigenen). Stellen Sie die folgenden Fragen an die Schüler (am besten in Kleingruppen): Glaubt ihr, dass Schöpfungsmythen im Leben der Menschen wichtig sind? Begründe deine Aussage! 3 Wie können Menschen, die an unterschiedliche Schöpfungsmythen glauben, miteinander auskommen? E. Besuchen sie eine (oder beide) der folgenden Webseiten (Englisch): http://curry.edschool.Virginia.EDU/go/multicultural/activities/name.html http://curry.edschool.Virginia.EDU/go/multicultural/activities/poetry.html 4