Angewandte Funktionalanalysis

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Angewandte Funktionalanalysis
Malte Braack
Mathematisches Seminar
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
Vorlesungsskript WS 2008/09, 12.02.2009
Inhaltsverzeichnis
1 Topologische Räume
1.1 Topologischer Raum . . . . . . . . . . . . . .
1.2 Konvergenz in topologischen Räumen . . . . .
1.3 Abbildungen zwischen topologischen Räumen
1.4 Kompakte Mengen . . . . . . . . . . . . . . .
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2 Metrische Räume
2.1 Metrische Räume und ihre Topologie . . . . . . . . .
2.2 Beispiele metrischer Räume . . . . . . . . . . . . . .
2.2.1 Endlich-dimensionale metrischer Räume . . .
2.2.2 Folgenraum l∞ . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2.3 Folgenräume lp . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2.4 Raum der stetigen reell- oder komplexwertigen
2.3 Cauchy-Folgen und Vollständigkeit . . . . . . . . . .
2.4 Stetige Abbildungen zwischen metrischen Räumen . .
2.5 Fixpunktsatz von Banach . . . . . . . . . . . . . . .
2.6 Der Satz von Baire . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3 Normierte Räume
3.1 Fortsetzungssatz von Hahn-Banach
3.2 Halbnormen . . . . . . . . . . . . .
3.3 Normierte Räume . . . . . . . . . .
3.4 Stetige lineare Operatoren zwischen
3.5 Der Dualraum . . . . . . . . . . . .
3.6 Trennungssätze von Hahn-Banach .
3.7 Das Lemma von Riesz . . . . . . .
3.8 Bidualraum und reflexive Räume .
3.9 Beispiele normierter Räume . . . .
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Funktionen
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normierten Räumen
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ii
. Braack - INHALTSVERZEICHNIS
3.9.1
3.9.2
3.9.3
3.9.4
Stetige Funktionen mit der Lp -Norm . . .
Räume stetig differenzierbarer Funktionen
Hölder-Räume . . . . . . . . . . . . . . . .
Folgen-Räume lp . . . . . . . . . . . . . .
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4 Banach-Räume
4.1 Bestapproximation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.2 Raum stetiger Funktionen als Beispiel eines nicht Banach-Raums
4.3 Beispiele von Banach-Räumen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.3.1 Stetige Funktionen (C(Ω), || · ||∞ ) . . . . . . . . . . . . . . .
4.3.2 Differenzierbare Funktionen (C m (Ω), || · ||C m (Ω) ) . . . . . . .
4.3.3 Hölder-Räume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.4 Lebesgue integrierbare Funktionen Lp (Ω) . . . . . . . . . . . . . .
4.5 Satz von Banach-Steinhaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.6 Prinzip der offenen Abbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.7 Satz vom abgeschlossenen Graphen . . . . . . . . . . . . . . . . .
5 Annihilatoren und adjungierte Operatoren
5.1 Annihilatoren . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.2 Unbeschränkte und adjungierte Operatoren .
5.2.1 Unbeschränkte Operatoren . . . . . .
5.2.2 Adjungierte Operatoren . . . . . . .
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6 Schwache Topologien
6.1 Schwache Topologien auf normierten Räumen
6.2 Schwache Konvergenz in normierten Räumen .
6.2.1 Anwendung auf Operatorgleichungen .
6.3 Die schwach-*-Topologie auf dem Dualraum .
6.4 Der Satz von Banach-Alaoglu-Bourbaki . . . .
7 Hilbert-Räume
7.1 Gleichmäßig konvexe Räume . .
7.2 Skalarprodukte . . . . . . . . .
7.3 Prä-Hilberträume . . . . . . . .
7.4 Hilbert-Räume . . . . . . . . .
7.5 Dualräume von Hilbert-Räumen
7.6 Satz von Lax-Milgram . . . . .
7.7 Beispiele von Hilberträumen . .
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INHALTSVERZEICHNIS
7.7.1
7.7.2
1
Der Folgenraum l2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104
Der Funktionenraum L2 (Ω) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104
8 Sobolev-Räume
8.1 Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8.2 Schwache Ableitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8.3 Definition der Sobolev-Räume . . . . . . . . . . . . . . . .
8.3.1 Beispiel einspringende Ecken . . . . . . . . . . . . .
8.3.2 Die Sobolevräume H m (Ω) . . . . . . . . . . . . . .
8.4 Die Räume H m (Ω) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8.5 Die Räume W0m,p (Ω) und H0m (Ω) . . . . . . . . . . . . . .
8.6 Sobolev’sche Ungleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . .
8.7 Poincare’sche Ungleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8.8 Anwendung auf elliptische partielle Differentialgleichungen
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. 121
2
. Braack - INHALTSVERZEICHNIS
Einleitung
Wir behandeln in dieser Vorlesung die lineare Funktionalanalysis und geben erste
Einblicke in eine moderne Theorie partieller Differentialgleichungen. Wir untersuchen lineare Abbildungen zwischen linearen Räumen mit topologischer Struktur.
Ziel ist es zu verstehen, welche topologischen Begriffe des (endlich-dimensionalen)
Euklidschen Raumes Rn sich auch auf (unendlich-dimensionale) Funktionenräume
übertragen lassen. Wir werden sehen, dass sich nur gewisse Aussagen vom endlichdimensionalen auf den unendlich-dimensionalen Fall erweitern lassen, während andere Aussagen im unendlich-dimensionalen Fall nicht gelten.
Wir beginnen mit den topologischen Strukturen und grundlegenden funktionalanalytischen Begriffen, die für Funktionenräume essentiell sind. Hieraus leiten sich
Aussagen und geeignete Beispiele ab. Wir beginnen dabei mit zunächst sehr wenig
Struktur, nämlich nur mit den Begriffen “Topologie” und “offene Menge”. Anschließend betrachten wir spezielle Topologien, die sich aus Metriken ergeben. Bis zu
diesem Zeitpunkt muß die zugrundeliegende Menge noch keine Vektorraumstruktur
haben. Diese haben wir erst in den “Normierten Räumen”. Wir stellen die wichtigsten Ergebnisse für die normierten Räume zusammen, wobei wir insbesondere auf
die Dualräume eingehen. Wir fahren fort mit vollständigen normierten Räumen, den
sogenannten “Banachräumen”. Einen kleinen Exkurs in die adjungierten Operatoren gönnen wir uns, da uns dies später für die Lösbarkeit von Operatorgleichungen
nützlich ist. Ausführlich behandeln wir den Komplex der “Schwachen Topologien”,
der uns einen schwächeren Konvergenzbegriff liefert. Die Hilbert-Räume behandeln
wir als Spezialfall von Banachräumen im Anschluß. Wir beenden diese Vorlesung mit
der Einführung der Sobolev-Räume, die uns eine wunderbare Theorie zur Lösung
von Partiellen Differentialgleichungen liefern. Um einen kleinen Eindruck hierzu zu
vermitteln, wenden wir die Ergebnisse an auf die Lösung einer elliptischen Differentialgleichung.
4
. Braack - INHALTSVERZEICHNIS
Kapitel 1
Topologische Räume
1.1
Topologischer Raum
Definition 1.1 Unter einer Topologie auf einer nichtleeren Menge X versteht man
eine Teilmenge T ⊂ P(X) mit:
• ∅, X ∈ T ,
• beliebige Vereinigungen von Mengen aus T sind wieder in T ,
• endliche Durchschnitte von Mengen aus T sind wieder in T .
Das Paar (X, T ) wird dann topologischer Raum genannt und die Elemente von T
werden offene Mengen in X genannt.
Beispiele:
1. P(X) ist stets eine Topologie auf X. Sie wird diskrete Topologie genannt.
2. Ist (X, T ) ein topologischer Raum und M ⊂ X so ist
TM := {M ∩ U : U ∈ T }
eine Topologie auf M . Sie wird Relativtopologie genannt. Im Fall, dass M offen
in X ist, so überlegt man sich schnell, dass TM ⊂ T . Im Fall, dass M 6∈ T gilt
dies nie (Übungsaufgabe).
3. Unter der Standard-Topologie auf R verstehen wir gerade die Topologie, die
sich aus den herkömmlichen Begriff offener Mengen ergibt.
6
. Braack - Topologische Räume
Sind T1 , T2 zwei Topologien auf X mit T1 ⊂ T2 , so heißt T1 gröber als T2 und
T2 feiner als T1 . T = {∅, X} ist die gröbste Topologien auf X. P(X) ist die feinste
Topologien auf X.
Die abgeschlossenen Mengen A ⊂ X sind die Mengen, deren Komplement offen
ist, also X \ A ∈ T .
Definition 1.2 Unter der Produkttopologie auf dem Produkt X × Y zweier topologischer Räume (X, TX ) und (Y, TY ) versteht man die gröbste Topologie TX×Y , die
alle Mengen A × B offener Mengen A ∈ TX und B ∈ TY enthält.
Die Produkttopologie auf Rn wird gerade gebildet aus den herkömmlich offenen
Mengen (z.B. in Bezug auf die euklidische Metrik).
Durch den Begriff der Topologie können wir nun Umgebungen von Punkten
definieren:
Definition 1.3 Sei (X, T ) ein topologischer Raum. Umgebungen eines Punktes x ∈
X sind die offenen Mengen U mit x ∈ U . Unter einer Umgebungsbasis dieses
Punktes versteht man ein System {Ui }i∈I von offenen Mengen Ui derart, dass jede
Umgebung von x ein Ui enthält.
Eine Umgebungsbasis des Nullpunktes in der Standardtopologie des R ist beispielsweise gegeben durch die offenen Intervalle Un = (−1/n, 1/n) für n ∈ N.
Definition 1.4 Sei (X, T ) ein topologischer Raum, M ⊂ X. Ein Punkt x ∈ X
heißt:
(a) innerer Punkt von M , wenn M eine Umgebung von x enthält.
(b) Berührungspunkt von M , wenn für jede Umgebung U von x gilt: M ∩ U 6= ∅.
(c) Randpunkt von M , wenn in jeder Umgebung U von x mindestens ein Punkt
von M und einer von X \ M liegt. Die Menge der Randpunkte wird mit ∂M
bezeichnet.
Innere Punkte sind also niemals Randpunkte, und umgekehrt. Jeder innere Punkt
ist Berührungspunkt. Hiermit können wir jetzt offene Mengen auch anders charakterisieren:
Lemma 1.5 Sei (X, T ) ein topologischer Raum, M ⊂ X. Dann gilt:
1.1 Topologischer Raum
7
(a) Die Menge M ist genau dann offen, wenn alle ihre Punkte innere Punkte von
M sind.
(b) Die Menge M ist genau dann abgeschlossen, wenn jeder seiner Berührungspunkte Element von M ist.
(c) Die Menge der inneren Punkte von M ist:
[
int(M ) =
{U ∈ T : U ⊂ M } .
(d) Die Menge der Berührungspunkte von M ist:
\
M =
{A : A abgeschlossen und M ⊂ A} .
Beweis. (a): Ist M offen, so ist M Umgebung jedes Punktes x ∈ M . Also ist
x innerer Punkt. Sei nun jeder Punkt x ∈ M innerer Punkt. Dann existiert eine
Umgebung U (x) ⊂ M von x. Also ist
[
M=
U (x)
x∈M
als Vereinigung offener Menge auch offen.
(b) Die Aussage ist äquivalent damit, dass M c = X \ M genau dann offen ist,
wenn kein Berührungspunkt von M in M c liegt. Dies ist nach (a) aber korrekt,
denn M c offen ist äquivalent damit, dass M c nur innere Punkte besitzt, also niemals
Berührungspunkte von M .
(c) folgt nun direkt aus (a) und (d) folgt aus (b) (Übungsaufgabe).
Definition 1.6 Eine Teilmenge A eines topologischer Raumes X heißt dicht, wenn
A = X. Ein topologischer Raum X heißt separabel, wenn eine abzählbar dichte
Teilmenge A ⊂ X existiert, also A = X.
Beispiel: Der Raum Rn versehen mit der Standard-Topologie ist separabel, denn
die Punkte mit rationalen Koordinaten sind dicht, Qn = Rn .
Definition 1.7 Sei X ein topologischer Raum. Eine Menge A ⊂ X heißt nirgends
dicht, wenn A keine inneren Punkte enthält.
Man sieht leicht, dass gilt:
Lemma 1.8 Aus A nirgends dicht folgt Ac ist dicht in X.
8
. Braack - Topologische Räume
Definition 1.9 Sei X ein topologischer Raum. Eine Menge A ⊂ X heißt mager
(oder auch von 1. Kategorie), wenn sich A als abzählbare Vereinigung nirgens dichter Mengen darstellen läßt. Anderenfalls heißt A nicht mager (oder auch von 2.
Kategorie).
Offensichtlich sind Teilmengen von magerer Mengen sowie abzählbare Vereinigungen
magerer Mengen wieder mager. Insbesondere ist Q als Teilmenge von R mager.
1.2
Konvergenz in topologischen Räumen
Definition 1.10 Eine Folge (xn )n∈N in einem topologischen Raum (X, T ) heißt
konvergent gegen ein x ∈ X, wenn außerhalb jeder Umgebung von x höchstens
endlich viele Glieder der Folge liegen. In diesem Fall schreibt man
x = lim xn
n→∞
oder
xn → x .
Je weniger offene Mengen es gibt, umso schwächer ist also der Konvergenzbegriff.
In der gröbsten Topologie T = {∅, X} ist jede Folge gegen jedes x ∈ X konvergent.
In der diskreten Topologie T = P(X) sind nur diejenigen Folgen konvergent, die ab
einem gewissen Folgenglied konstant werden. Im allgemeinen muß ein Grenzwert,
sofern er existiert, nicht eindeutig sein. In Hausdorff-Räumen ist er dies aber:
Definition 1.11 Ein topologischer Raum (X, T ) wird Hausdorff-Raum genannt,
wenn folgendes Trennungsaxiom erfüllt ist:
∀x, y ∈ X, x 6= y, ∃ A, B ∈ T mit x ∈ A, y ∈ B, A ∩ B = ∅ .
Lemma 1.12 Sei (xn )n∈N eine in einem Hausdorff-Raum (X, T ) konvergente Folge.
Dann ist ihr Grenzwert x ∈ X eindeutig definiert.
Beweis. Angenommen es seien x, x̃ ∈ X zwei verschiedene Grenzwerte der Folge.
Dann existieren hierzu zwei disjunkte Umgebungen A von x und B von x̃. Da nun
sowohl in Ac als auch in B c nur jeweils höchstens endlich viele Folgenglieder xk
liegen dürfen, liegen auch in Ac ∪ B c = (A ∩ B)c = X nur endlich viele. Dies ist
nicht möglich. Also können zwei verschiedene Grenzwerte nicht existieren.
1.3 Abbildungen zwischen topologischen Räumen
1.3
9
Abbildungen zwischen topologischen Räumen
Nun betrachten wir Abbildungen f : X → Y zwischen zwei topologischen Räumen.
Definition 1.13 Sei f : X → Y eine Abbildung zwischen zwei topologischen Räumen.
(a) f heißt stetig, wenn alle Urbilder offener Mengen wieder offen sind.
(b) f heißt offen, wenn alle Bilder offener Mengen wieder offen sind.
(c) f heißt Homöomorphismus, wenn f bijektiv, stetig und offen ist.
Bei einem Homöomorphismus ist also offensichtlich die Umkehrabbildung f −1 :
Y → X ebenfalls stetig.
Definition 1.14 Zwei topologische Räume heißen homöomorph, wenn zwischen ihnen ein Homöomorphismus existiert.
Lemma 1.15 Im topologischen Raum R, versehen mit der Standard-Topologie, ist
bereits jede bijektive stetige Abbildung f : R → R ein Homöomorphismus.
Beweis. Eine bijektive stetig Abbildung f : R → R ist aufgrund des Zwischenwertsatzes notwendigerweise streng monoton. Aus der strengen Monotonie folgt nun
die Stetigkeit der Umkehrabbildung f −1 : R → R (siehe Analysis I).
Dass i.a. die Offenheit von f nicht aus der Stetigkeit und Bijektivität folgt, zeigt
folgendes Beispiel: X := [0, 2π), Y := {(x, y) ∈ R2 : x2 + y 2 = 1} jeweils versehen
mit der Relativ-Topologie des R bzw. des R2 . Die Funktion f : X → Y gegeben durch
f (t) = (cos t, sin t) ist stetig und bijektiv. Hingegen ist f −1 nicht mehr stetig, denn
das Bild f (U ) der (relativ) offenen Menge U = [0, 1) ⊂ X ist in der Relativtopologie
von Y nicht offen, siehe hierzu auch Abb. 1.1.
Diese Definition der Stetigkeit ist i.a. nicht äquivalent mit der Folgenstetigkeit:
11
00
00
11
1
0
0
1
Abbildung 1.1: Illustration einer nicht offenen aber stetigen und bijektiven Abbildung.
10
. Braack - Topologische Räume
Definition 1.16 Eine Funktion f : X → Y zwischen zwei topologischen Räumen
heißt folgenstetig, wenn für konvergente Folgen aus X, xn → x, folgt: f (xn ) → f (x).
Die eine Richtung gilt jedoch immer:
Lemma 1.17 Jede stetige Funktion ist folgenstetig.
Beweis. Sei V ⊂ Y eine Umgebung von y := f (x). Dann ist aufgrund der Stetigkeit von f das Urbild U = f −1 (V ) offen, also eine Umgebung von x. Somit
liegen nur endlich viele Folgenglieder von (xn )n∈N außerhalb von U . Folglich liegen auch nur endliche viele yn := f (xn ) außerhalb von V . Mit anderen Worten:
f (xn ) = yn → y = f (x).
Für die Umkehrung, dass aus der Folgenstetigkeit stets die Stetigkeit folgt,
benötigt man das sogenannte erste Abzählbarkeitsaxiom:
Definition 1.18 Ein topologischer Raum X erfüllt das 1. Abzählbarkeitsaxiom, wenn
jedes x ∈ X eine abzählbare Umgebungsbasis besitzt.
Wir hatten bereits gesehen, dass der R und damit auch der Rn , jeweils versehen mit
der Standardtopologie, das 1. Abzählbarkeitsaxiom erfüllen.
Lemma 1.19 Seien X und Y topologische Räume und X erfülle das 1. Abzählbarkeitsaxiom. Dann sind Stetigkeit und Folgenstetigkeit für Funktionen f : X → Y
äquivalent.
Beweis. Nach vorherigem Lemma genügt es zu zeigen, dass aus der Folgenstetigkeit die Stetigkeit folgt. Angenommen f sei nicht stetig; es existiere also eine offene
Menge V ⊂ Y , so dass U := f −1 (V ) nicht offen ist. Dies bedeutet, dass ein x ∈ U
existiert, der kein innerer Punkt ist. Das abzählbare Umgebungssystem {Un }n∈N
dieses Punktes enthält also kein Un mit Un ⊂ U . Wir wählen nun aus jedem Un ein
xn ∈ Un \ U . Dann gilt aufgrund der Konstruktion xn → x und wegen der Folgensetigkeit von f auch yn := f (xn ) → y := f (x). Nun ist aber wegen der Offenheit
von V notwendigerweise y ein innerer Punkt von V . Damit liegen ab einem gewissen
n0 ∈ N alle yn , n ≥ n0 , in V also yn ∈ V . Dies bedeutet nun aber xn ∈ U , was aber
lt. Konstruktion gerade verhindert wurde. Dieser Widerspruch beweist die Stetigkeit
von f .
1.4 Kompakte Mengen
1.4
11
Kompakte Mengen
Definition 1.20 Sei X ein topologischer Raum und A ⊂ X. Dann heißt:
• A kompakt, wenn jedes System von offenen Mengen, dass A überdeckt, eine
endliche Teilüberdeckung besitzt.
• A relativ kompakt, wenn eine kompakte Menge B ⊂ X existiert mit A ⊂ B.
• A folgenkompakt, wenn jede Folge in A eine in A konvergente Teilfolge besitzt.
Ebenso werden diese drei Begriffe auf den Raum X selbst angewendet, wenn dieser
als Teilmenge von sich selbst die betreffende Eigenschaft erfüllt.
Lemma 1.21 Sei f : X → Y eine stetige Abbildung zwischen zwei topologischen
Räumen. Für jede kompakte Teilmenge A ⊂ X ist auch das Bild f (A) kompakt. Im
Fall Y = R nimmt f in A sein Minimum und sein Maximum an.
Beweis. Zu einer offenen Überdeckung von f (A) betrachten wir die Urbildmengen. Diese überdecken A und lassen eine endliche offene Teilüberdeckung zu. Die
Bilder dieser Teilüberdeckung bilden dann eine gesuchte endliche offene Teilüberdeckung von f (A). Also ist f (A) kompakt. Reelwertige Funktionen nehmen auf
kompakten Mengen ihr Minimum und Maximum an.
Lemma 1.22 Sei X ein topologischer Raum, der das 1. Abzählbarkeitsaxiom erfüllt.
Dann sind kompakte Teilmengen von X automatisch folgenkompakt.
Beweis. Sei (xn )n∈N eine Folge in einer kompakten Teilmenge A ⊂ X. Zu jedem
x ∈ X wählen wir eine abzählbare Umgebungsbasis {Ui (x)}i∈N , sowie die Umgebungen Vm (x) = U1 (x) ∩ . . . ∩ Um (x). Nun gibt es zwei Fälle. Fall 1: Es gibt ein x ∈ X,
so dass in jedem Vm (x) unendlich viele Folgenglieder xnk liegen. Dann bilden diese
eine gegen x konvergente Teilfolge. Fall 2: Für jedes x ∈ X existiert ein Vmx (x), in
dem nur endlich viele Folgenglieder xnk liegen. Dann bildet
[
Vmx (x)
x∈A
eine offene Überdeckung von A aus der sich wegen der Kompaktheit eine endliche
Überdeckung auswählen läßt. In dieser Teilüberdeckung liegen dann aber auch nur
endlich viele Folgenglieder xnk . Dies ist aber nicht möglich. Also war der 1. Fall
zutreffend.
12
. Braack - Topologische Räume
Lemma 1.23 In einem Hausdorff-Raum X sind kompakte Teilmengen abgeschlossen.
Beweis. Sei A ⊂ X kompakt. Wir zeigen, dass Ac offen ist. Wir suchen nun
zu beliebigem y ∈ Ac eine Umgebung V ⊂ Ac . Aufgrund der Eigenschaft, dass X
hausdorff’sch ist, existieren zu jedem x ∈ A jeweils eine Umgebung Ux von x und
eine hierzu disjunkte Umgebung Vx von y. Daher ist
[
Ux
x∈A
eine offene Überdeckung von A, die y nicht enthält. Daher ist
[
(A ∩ Ux ) ∈ TA
x∈A
ebenso eine Überdeckung von A. Aufgrund der Kompaktheit von A existiert nun
eine relativ offene Teilüberdeckung
N
[
(A ∩ Uxn ) ∈ TA
n=1
von A. Die Mengen Vxn sind offen und enthalten y. Da zu jedem x ∈ A eines dieser
Vxn existiert mit x 6∈ Vxn folgt, dass
V :=
N
\
Vxn ⊂ Ac
n=1
eine offene Menge ist mit y ∈ V , also eine Umgebung von y ist, die ganz in Ac liegt.
Lemma 1.24 Abgeschlossene Teilmengen eines kompakter topologischen Raumes
sind kompakt.
Beweis. Sei A ⊂ X abgeschlossen, X kompakt und {Ui : i ∈ I} eine offene
Überdeckung von A. Dann ist {Ui : i ∈ I}, Ac eine offene Überdeckung vom kompakten Raum X. Also existiert hier eine endliche Teilüberdeckung von X aus der
wir unmittelbar eine endliche Teilüberdeckung von A erhalten.
Lemma 1.25 In einem Hausdorff-Raum X ist eine Teilmenge A ⊂ X genau dann
relativ kompakt, wenn A kompakt ist.
Beweis. Sei zunächst A kompakt. Dann ist A relativ kompakt, da A ⊂ A. Es
gelte nun andersherum, dass eine kompakte Menge B existiert mit A ⊂ B ⊂ X.
Dann gilt auch A ⊂ B. Nach Lemma 1.23 ist B = B. Also ist nach dem vorherigen
Lemma A als abgeschlossene Teilmenge der kompakten Menge B auch kompakt.
Kapitel 2
Metrische Räume
Nun führen wir den Begriff einer Metrik ein. Dies ist die abstrakte Form eines
Abstandsbegriffes. In einer Menge, auf der eine Metrik definiert ist, können also
“Abstände” zwischen Elementen der Menge formuliert werden. Abgesehen von dieser Eigenschaft setzen wir immer noch keine weitere Struktur des Raumes voraus.
Insbesondere müssen metrische Räume kein Vektorraum sein.
2.1
Metrische Räume und ihre Topologie
Definition 2.1 Sei X eine Menge. Eine Abbildung d : X × X → R+
0 heißt Metrik
auf X, wenn:
(M1) d(x, y) = 0 ⇐⇒ x = y.
(M2) (Symmetrie) Für alle x, y ∈ X gilt d(x, y) = d(y, x).
(M3) (Dreiecksungleichung) Für alle x, y, z ∈ X gilt d(x, z) ≤ d(x, y) + d(y, z).
Das Paar (X, d) heißt dann metrischer Raum. In einem metrischer Raum (X, d)
versteht man unter der Distanz von zwei Teilmengen A, B ⊂ X:
dist(A, B) :=
inf
x∈A,y∈B
d(x, y) .
Lemma 2.2 In metrischen Räumen gelten:
(a) Die umgekehrte Dreiecksungleichung:
|d(x, y) − d(y, z)| ≤ d(x, z)
∀x, y, z ∈ X .
14
. Braack - Metrische Räume
(B) Die Vierecksungleichung:
|d(x, y) − d(x0 , y 0 )| ≤ d(x, x0 ) + d(y, y 0 )
∀x, x,0 , y, y 0 ∈ X .
Beweis. Übungsaufgabe.
In vorherigen Vorlesungen tauchten schon diverse Beispiele von Metrike auf, so dass
wir hier zunächst keine mehr vorstellen müssen. Wichtig ist für uns vielmehr die
aus einer Metrik entstehende Topologie. Diese bildet sich einfach durch die offenen
-Kugeln um einen Punkt x ∈ X:
B (x) := {y ∈ X : d(x, y) < }.
Definition 2.3 Eine Menge A ⊂ X heißt beschränkt, wenn ein r > 0 und ein
x ∈ X existiert, so dass A ⊂ Br (x).
Lemma 2.4 Jeder metrische Raum (X, d) wird zu einem topologischen Raum (X, Td )
mittels:
Td := {U ⊂ X : ∀x ∈ U ∃n ∈ N, so dass B1/n (x) ⊂ U } .
Man sieht nun leicht mithilfe der Dreiecksungleichung, dass B (x) ∈ Td für alle
x ∈ X und alle > 0. Ferner sieht man leicht:
Lemma 2.5 Jeder metrische Raum (X, d) erfüllt das 1. Abzählbarkeitsaxiom. Somit
sind in metrischen Räumen Kompaktheit und Folgenkompaktheit äquivalent. Ferner
sind für Funktionen f : X → Y mit einem beliebigen topologischen Raum Y Stetigkeit und Folgenstetigkeit äquivalent.
Beweis. Offensichtlich bilden die offenen Kugeln B1/n (x) zu n ∈ N eine abzählbare Umgebungsbasis des Punktes x. Alles weitere folgt aus Lemma 1.19 und Lemma 1.22.
Lemma 2.6 Metriken sind stetig im Sinne ihrer induzierten Topologie.
Beweis. Nach dem vorherigen Lemma genügt es die Folgenstetigkeit zu beweisen.
Es gelte xn → x und yn → y. Dann folgt mit der Vierecksungleichung:
|d(xn , yn ) − d(x, y)| ≤ d(xn , x) + d(yn , y) → 0 .
2.2 Beispiele metrischer Räume
15
Lemma 2.7 Zu zwei Metriken d1 , d2 auf der Menge X gebe es Konstanten c1 , c2 > 0
mit:
c1 d1 (x, y) ≤ d2 (x, y) ≤ c2 d1 (x, y)
∀x, y ∈ X .
Dann erzeugen diese Metriken die gleiche Topologie.
Beweis. Wir bezeichnen mit U (x) die Kugeln bzgl. d1 , und Vδ (x) die Kugeln
bzgl. d2 . Dann gilt mit δ := c2 :
y ∈ U (x) ⇐⇒ d1 (x, y) < =⇒ d2 (x, y) < δ ⇐⇒ y ∈ Vδ (x) .
Die bedeutet U (x) ⊂ Vδ (x). Analog zeigt man Vδ (x) ⊂ Uσ (x) mit σ := δ/c1 , so dass
man insgesamt die Inklusionen
U (x) ⊂ Vδ (x) ⊂ Uσ (x)
erhält. Hieraus folgt nun, dass der Begriff “offene Menge” für beide Metriken der
gleiche ist.
2.2
2.2.1
Beispiele metrischer Räume
Endlich-dimensionale metrischer Räume
Die Räume X = Kn , n ∈ N, K = R, C, sind endlich dimensionale metrische Räume.
Die Euklidische Metrik lautet:
d(x, y) :=
n
X
!1/2
(xi − yi )2
.
i=1
Es lassen sich aber noch viele andere Metriken bilden, bspw.:
d∞ (x, y) :=
d1 (x, y) :=
max |xi − yi |
(Maximums-Metrik)
|xi − yi |
(Manhattan-Metrik)
i=1,...,n
n
X
i=1
Die letztere wird auch Mannheimer-, Taxi- oder Cityblock-Metrik genannt.
16
. Braack - Metrische Räume
Abbildung 2.1: Abstand zweier Punkte in der Euklidischen Metrik und der
Manhattan-Metrik.
In Rn erzeugen die Euklidische Metrik und die Maximums-Metrik die gleichen
offenen Mengen, denn es gilt z.B. für n = 2:
√
1 √
√ a2 + b2 ≤ max{|a|, |b|} ≤ a2 + b2 .
2
Diese Metriken sind auch äquivalent zur Manhattan-Metrik:
1
(|a| + |b|) ≤ max{|a|, |b|} ≤ |a| + |b| .
2
2.2.2
Folgenraum l∞
Ein Beispiel eine metrischen Raumes mit unendlicher Dimension ist der Folgenraum
X = l∞ . Dieser wird gebildet aus den beschränkten Folgen x = (xn )n∈N , mit
xn ∈ K
und
|xn | ≤ C
∀n ∈ N ,
für ein beliebiges C > 0. Jede Folge kann eine eigene Schranke C besitzen. Hierzu
lautet die Metrik zu x = (xn )n∈N , y = (yn )n∈N ∈ l∞ :
d(x, y) := sup |xi − yi | .
n∈N
2.2.3
Folgenräume lp
Wie im vorherigen Beispiel sind die Elemente des Raumes X = lp , 1 ≤ p < ∞,
Folgen mit Gliedern in K. Allerdings erfüllen die Folgen die Eigenschaft:
∞
X
n=1
|xn |p < ∞ .
2.2 Beispiele metrischer Räume
17
Offenbar sind alle Folgen in lp Nullfolgen. Das notwendige “Abfall”-Verhalten ist
offenbar umso “sanfter”, je größer p ist. Es gilt für 1 ≤ q ≤ p < ∞:
lq ⊂ lq ⊂ l∞ .
Die zugehörige Metrik lautet für x, y ∈ lp :
∞
X
d(x, y) :=
!1/p
|xi − yi |p
.
n=1
Lemma 2.8 (Young’sche Ungleichung) Für alle a, b ∈ C und p, q ∈ (1, ∞) mit
1/p + 1/q = 1 gilt:
|ab| ≤
1 p 1 q
|a| + |b| .
p
q
Beweis. Es genügt den Fall a, b ∈ R+ zu betrachten. Hier benutzen wir die
Tatsache, dass der Logarithmus in R+ monoton wachsend ist, so dass die Behauptung
äquivalent ist zu
1 p 1 q
a + b
≥ ln(ab) .
ln
p
q
Diese Ungleichung ergibt sich aber, da der Logarithmus zudem konkav ist:
1 p 1 q
1
1
ln
a + b
ln(ap ) + ln(bq ) = ln(a) + ln(b) = ln(ab) .
≥
p
q
p
q
Lemma 2.9 (Hölder’sche Ungleichung) Für p, q ∈ (1, ∞), 1/p + 1/q = 1 und
beliebigen x, y ∈ lp gilt:
∞
X
|xi ||yi | ≤
i=1
∞
X
i=1
!1/p
|xi |p
∞
X
!1/q
|yi |q
.
i=1
Im Spezialfall p = q = 2 heißt diese Ungleichung auch Schwarz’sche Ungleichung.
Beweis. Die Behauptung ergibt sich aus dem Nachweis der entsprechenden Behauptung für den Fall endlicher Summen. Mit den Bezeichnungen
A :=
m
X
i=1
!1/p
p
|xi |
und B :=
m
X
i=1
!1/q
q
|yi |
18
. Braack - Metrische Räume
zeigen wir:
m
X
|xi ||yi | ≤ AB .
(2.1)
i=1
Der Fall A = 0 oder B = 0 ist auszuschliessen, da die Behauptung dann offensichtlich
erfüllt ist. Wir gehen daher von A > 0 und B > 0 aus. Die Ungleichung (2.1) ist
dann äquivalent zu
m
X
ai bi ≤ 1 =
i=1
1 1
+ .
p q
(2.2)
mit ai := |xi |/A und bi := |yi |/B. Nun benutzen wir die Youngsche Ungleichung
(Lemma 2.8) und summieren über i:
1 p 1 q
a + b
p i q i
m
m
1X p 1X q
ai +
b .
≤
p i=1
q i=1 i
ai b i ≤
=⇒
m
X
ai bi
i=1
Pm
Pm
Da nun aber i=1 api = i=1 bqi = 1, folgt (2.2).
Für den Nachweis der Dreiecksungleichung benötigt man die Minkowskische Ungleichung für Summen:
Lemma 2.10 (Minkowskische Ungleichung) Für x = (xi ), y = (yi ) ∈ lp , 1 ≤
p < ∞ gilt:
!1/p
!1/p
!1/p
∞
∞
∞
X
X
X
|xi + yi |p
≤
|xi |p
+
|yi |p
i=1
i=1
i=1
Beweis. Für p = 1 entspricht die Aussage gerade der verallgemeinerten Dreiecksungleichung für unendliche konvergente Reihen. Sei nun p > 1. Wir führen
abkürzende Bezeichnungen ein:
X(p) :=
∞
X
|xi |p ,
Y (p) :=
i=1
∞
X
|yi |p ,
Z(p) :=
i=1
∞
X
|xi + yi |p .
i=1
Hier gilt:
Z(p) =
∞
X
i=1
p−1
|xi + yi | · |xi + yi |
≤
∞
X
i=1
p−1
|xi | · |xi + yi |
+
∞
X
i=1
|yi | · |xi + yi |p−1 .
2.2 Beispiele metrischer Räume
19
Nun liefert die Höldersche Ungleichung mit dem zu p der konjugierte n Exponenten
q, also 1/p + 1/q = 1:
∞
X
|xi | · |xi + yi |p−1 ≤ X(p)1/p Z(q(p − 1))1/q
i=1
Da nun q(p − 1) = qp − q = p folgt:
Z(p) ≤ X(p)1/p + Y (p)1/p Z(p)1/q
Erweitern auf beiden Seiten der Ungleichung mit Z(p)−1/q und Nutzung von 1 −
1/q = 1/p ergibt die Behauptung.
Aus der Minkowskischen Ungleichung folgt nun die Gültigkeit der Dreiecksungleichung für d(x, y) und damit, dass lp ein metrischer Raum ist:
Korollar 2.11 lp ist ein metrischer Raum.
Beweis. Definitheit und Symmetrie sind offensichtlich erfüllt. Die Dreiecksungleichung folgt aus der Minkowskischen Ungleichung:
!1/p
!1/p
∞
∞
X
X
d(x, z) =
|xi − zi |p
≤
(|xi − yi | + |yi − zi |)p
n=1
≤
∞
X
n=1
2.2.4
n=1
!1/p
|xi − yi |p
+
∞
X
!1/p
|yi − zi |p
= d(x, y) + d(y, z) .
n=1
Raum der stetigen reell- oder komplexwertigen Funktionen
Ist X ein kompakter metrischer Raum, so bilden die stetigen Funktionen in den
Körper K = R, C
C(X) := {f : X → K stetig}
wieder einen metrischen Raum mittels der Metrik für f, g ∈ C(X):
d(f, g) := sup |f (x) − g(x)| .
x∈X
Im Fall, dass X nicht kompakt ist, muß man zusätzlich die Beschränktheit der
Funktionen in C(X) voraussetzen, damit man eine Metrik erhält.
20
. Braack - Metrische Räume
Definition 2.12 Eine Teilmenge B ⊂ C(X) heißt punktweise beschränkt, wenn für
alle x ∈ X gilt:
sup |f (x)| < ∞ .
f ∈B
B heißt gleichmäßig beschränkt, wenn ein K > 0 existiert, so dass |f (x)| < K für
alle f ∈ B und alle x ∈ X.
Beispielsweise bilden die Polynome über ein kompaktes Intervall I, Pn,K (I), vom
Grad ≤ n mit beschränkten Koeffizienten, |ai | ≤ K für alle 0 ≤ i ≤ n, über einem
abgeschlossenen Intervall I eine punktweise beschränkte Teilmenge.
2.3
Cauchy-Folgen und Vollständigkeit
Definition 2.13 Eine Folge (an )n∈N ⊂ X in einem metrischen Raum (X, d) heißt
Cauchy-Folge, wenn
∀ > 0 ∃n0 ∈ N ∀n, m ≥ n0 :
d(an , am ) < .
Satz 2.14 Jede konvergente Folge ist eine Cauchy-Folge.
Beweis. Folgt unmittelbar aus der Dreiecksungleichung (siehe Analysis I).
Die Umkehrung gilt i.a. nicht. Man sieht jedoch leicht, dass jede Cauchy-Folge,
aufgefaßt als Menge, beschränkt ist.
Lemma 2.15 Eine Cauchy-Folge, die eine konvergente Teilfolge besitzt, ist konvergent mit demselben Grenzwert.
Beweis. Gegeben sei eine Cauchy-Folge (xn )n∈N mit konvergenter Teilfolge xnk →
x ∈ X. Sei nun > 0 beliebig. Für hinreichend großes m ∈ N folgt nun mit der
Dreieckungleichung und n, nk ≥ m:
d(xn , x) ≤ d(xn , xnk ) + d(xnk , x) <
+ = .
2 2
Satz 2.16 Ein metrischer Raum (X, d) heißt vollständig, wenn in diesem Raum
jede Cauchy-Folge konvergiert.
2.3 Cauchy-Folgen und Vollständigkeit
21
Ebenso läßt sich der Begriff der Vollständigkeit auf Teilmengen A ⊂ X von metrischen Räumen anwenden, sofern A aufgefaßt als Teilraum mit der gleichen Metrik
vollständig ist.
Lemma 2.17 Jeder folgenkompakte metrische Raum ist vollständig.
Beweis. Gegeben sei eine Cauchy-Folge im folgenkompakten metrischen Raum X.
Es existiert also eine konvergente Teilfolge mit Grenzwert x ∈ X. Mit Lemma 2.15
folgt, dass die Ursprungsfolge ebenso gegen x konvergiert.
Lemma 2.18 In einem vollständigen metrischen Raum (X, d) sind die vollständigen Teilmengen gerade die abgeschlossen Teilmengen.
Beweis. Sei A ⊂ X abgeschlossen und (xn )n∈N eine Cauchy-Folge in A. Da X
vollständig ist, existiert ein Grenzwert x ∈ X. Dieser Grenzwert ist aber dann
Berührungspunkt von A, also x ∈ A. Nun gilt aber nach Lemma 1.5, A = A. Also
konvergiert die Folge auch in A.
Sei nun umgekehrt A offen. Dann existiert ein Berührungspunkt x von A mit x 6∈
A. Nach Lemma 2.5 existiert zu diesem Punkt eine abzählbare Umgebungsbasis
(Un )n∈N . Aus jeder dieser Umgebungen Un wählen wir einen Punkt xn ∈ A. Nach
Konstruktion ist (xn )n∈N eine Cauchy-Folge mit Grenzwert x 6∈ A. Also ist A nicht
vollständig.
Definition 2.19 Eine Teilmenge A eines metrischer Raum heißt präkompakt, wenn
es zu jedem > 0 endlich viele offene Kugeln vom Radius gibt, die A ganz überdecken.
Offensichtlich folgt aus der Kompaktheit einer Menge die Präkompaktheit. Die
Umkehrung gilt aber i.a. nicht. Die Kombination von Präkompaktheit und Abgeschlossenheit ist allerdings mit der Kompaktheit äquivalent:
Lemma 2.20 Kompakte Teilmengen eines metrischer Raumes sind präkompakt.
Beweis. Gegeben sei > 0. Dann läßt sich aufgrund der Kompaktheit von A aus
der Überdeckung (B (x))x∈A eine endliche auswählen.
Lemma 2.21 Sei A eine präkompakte und abgeschlosse Teilmenge eines vollständigen metrischer Raums X. Dann ist A kompakt.
22
. Braack - Metrische Räume
Beweis. Wir nehmen an, A sei nicht kompakt und die offene Überdeckung (Ui )i∈I
von A enthalte keine endliche Überdeckung. Da A präkompakt ist, existiert eine
endliche Überdeckung von A mit offenen Kugeln vom Radius 1. Aus diesen offenen
Kugeln läßt sich jetzt mindestens eine finden, die wir B1 nennen, so dass sich auch
B1 ∩ A nicht durch endlich viele der Ui überdecken läßt. Diesen Prozeß iterieren wir
mit immer kleiner werdenden Radi 2−n+1 . Wir erhalten eine Folge von ineinander
geschachtelten Mengen Vn := A ∩ B1 ∩ . . . ∩ Bn ⊂ Vn−1 , die sich nicht durch endlich
viele der Ui überdecken lassen. Wählen wir aus jedem Vn einen Punkt xn , so erhalten
wir eine Cauchy-Folge (xn )n∈N mit einem Grenzwert x ∈ X (da X vollständig). Da
ja A abgeschlossen ist, gilt x ∈ A. Somit muß auch ein k ∈ I existieren, mit x ∈ Uk .
Aufgrund der Offenheit von Uk , ist in ihr eine hinreichend kleine offene Kugel Br (x)
enthalten. Wir erhalten also die Konstruktion:
x ∈ Br (x) ⊂ Uk .
Aufgrund der Konstruktion der Vn muß nun aber Bm ⊂ Uk für hinreichend großes
m gelten. Hieraus folgt nun Vm ⊂ Uk . Dies ist ein Widerspruch zur Aussage, dass
sich Vm nicht durch endlich viele der Ui überdecken läßt.
Satz 2.22 Jeder kompakte metrische Raum ist separabel.
Beweis. Zu jedem festen k ∈ N bildet die Menge der offenen Kugeln {B1/k (x) :
x ∈ X} eine offene Überdeckung von X. Aufgrund der Kompaktheit existiert eine
endliche Teilüberdeckung {B1/k (xk,l ) : l = 1, . . . , lk }. Nun betrachten wir die abzählbare Menge von Mittelpunkten {xk,l : k ∈ N, l = 1, . . . , lk }. Diese Mittelpunkte sind
dicht in X.
2.4
Stetige Abbildungen zwischen metrischen Räumen
Lemma 2.23 Eine Abbildung f : X → Y zwischen zwei metrischen Räumen
(X, dX ) und (Y, dY ) ist genau dann stetig, wenn für alle x ∈ X und alle > 0
eine reelle Zahl δ > 0 existiert, so dass für y ∈ X:
dX (x, y) < δ
=⇒
dY (f (x), f (y)) < .
Beweis. Übungsaufgabe.
Etwas mehr als Stetigkeit ist die gleichmäßige Stetigkeit:
2.4 Stetige Abbildungen zwischen metrischen Räumen
23
Definition 2.24 Eine Abbildung f : X → Y zwischen zwei metrischen Räumen
(X, dX ) und (Y, dY ) heißt gleichmäßig stetig, wenn für alle > 0 eine reelle Zahl
δ > 0 existiert, so dass für alle x, y ∈ X folgende Implikation gilt:
dX (x, y) < δ
=⇒
(2.3)
dY (f (x), f (y)) < .
Eine Menge M von gleichmäßig stetigen Funktionen f : X → Y heißt gleichgradig stetig, wenn die Wahl von δ > 0 in der Bedingung (2.3) unabhängig von dem
speziellen f ∈ M ist.
Lemma 2.25 Eine stetige Abbildung f : X → Y zwischen zwei metrischen Räumen
ist bereits gleichmäßig stetig, wenn X kompakt ist.
Beweis. Wir führen einen Widerspruchsbeweis und nehmen dazu an, f sei nicht
gleichmäßig stetig. Dann existiert ein > 0, so dass es zu jedem n ∈ N zwei Punkte
xn , yn ∈ X gibt mit d(xn , yn ) < 1/n und d(f (xn ), f (yn )) ≥ . Aufgrund der Kompaktheit von X existiert eine konvergente Teilfolge xnk → x ∈ X. Mit dem gleichen
Argument besitzt nun die Teilfolge (ynk )k∈N eine weitere konvergente Teilfolge. Insofern können wir davon ausgehen, dass sowohl xnk → x und ynk → y ∈ X. Nun
gilt:
d(x, y) ≤ d(x, xnk ) + d(xnk , ynk ) + d(ynk , y) → 0
(k → ∞) .
Also gilt x = y und damit aufgrund der Dreiecksungleichung und der Stetigkeit von
f:
d(f (xnk ), f (ynk )) ≤ d(f (xnk ), f (x)) + d(f (y), f (ynk )) → 0
(k → ∞) .
Dies ist ein Widerspruch zu d(f (xnk ), f (ynk )) ≥ .
Ein Beispiel eines nichttrivialen vollständigen metrischen Raumes liefert das folgende Lemma:
Lemma 2.26 Sei X ein kompakter metrischer Raum. Dann ist der Raum C(X) zusammen mit der in Abs.2.2.4 definierten Metrik ein vollständiger metrischer Raum.
Beweis. Es genügt zu zeigen, dass jede Cauchy-Folge konvergiert. Sei hierzu
(un )n∈N eine C(X)-Cauchy-Folge. Dann existiert wegen der Vollständigkeit von K
für jedes x ∈ X der punktweise Grenzwert:
u(x) := lim un (x) .
n→∞
24
. Braack - Metrische Räume
Es bleibt zu zeigen, dass u ∈ C(X) und dass für die C(X)-Metrik gilt: d(u, un ) → 0.
Letzteres folgt wegen
|u(x) − un (x)| =
lim |um (x) − un (x)| ≤ lim d(um , un )
m→∞
m→∞
∀x ∈ X ,
und der Tatsache, dass d(um , un ) → 0 für m, n hinreichend groß. Die Stetigkeit
von u folgt aus der gleichmäßigen Stetigkeit der un (siehe Lemma 2.25) und der
Dreiecksungleichung: Zu gegebenem > 0 wähle δ > 0 so dass |un (x) − un (y)| < ,
für d(x, y) < δ, und n ≥ n0 so gross, dass d(u, un ) < . Damit folgt
|u(x) − u(y)| ≤ |u(x) − un (x)| + |un (x) − un (y)| + |un (y) − u(y)| < 3
Satz 2.27 (Arzela-Ascoli) Sei X ein kompakter metrischer Raum und M ⊂ C(X).
Dann ist M genau dann relativ kompakt, wenn M gleichgradig stetig und gleichmäßig
beschränkt ist.
Beweis. Wie wir jetzt wissen sind in metrischen Räumen Kompaktheit und
Folgen-Kompaktheit äquivalent. Daher ist die relative Kompaktheit von M äquivalent mit M folgenkompakt, also der Tatsache, dass jede Folge in M einen Häufungspunkt in X besitzt. Die Konstruktion dieser Teilfolge erfolgt wie in Analysis III
behandelt.
Definition 2.28 Eine Abbildung T : X → Y zwischen zwei metrische Räumen
(X, dX ), (Y, dY ) heißt Isometrie, wenn
dX (x, y) = dY (T (x), T (y))
∀x, y ∈ X .
Die metrischen Räume X und Y heißen isometrisch, wenn eine bijektive Isometrie
T : X → Y existiert.
Lemma 2.29 Jede Isometrie T : X → Y zwischen metrischen Räumen ist stetig.
Im Fall, dass T surjektiv ist, so ist sie auch bijektiv.
Beweis. Die Stetigkeit von T ergibt sich unmittelbar aus Lemma 2.23. Wenn nun
T surjektiv ist, so genügt es die Injektivität nachzuweisen. Aus T (x) = T (y) folgt
dX (x, y) = dY (T (x), T (y)) = dY (T (x), T (x)) = 0, also x = y.
Satz 2.30 Zu jedem metrischen Raum X existiert ein vollständiger metrischer Raum
e und eine Isometrie i : X → X
e derart, dass i(X) dicht in X
e ist. Diese Einbettung
X
ist bis auf Isometrie eindeutig.
2.4 Stetige Abbildungen zwischen metrischen Räumen
25
e passiert analog zum reellen Fall durch die
Beweis. (a) Die Konstruktion von X
Betrachtung von Cauchy-Folgen. Auf dem Raum der Cauchy-Folgen definieren wir
eine Äquivalenzrelation: (xn )n∈N ∼ (yn )n∈N genau dann, wenn (d(xn , yn ))n∈N eine
e
Nullfolge ist. Die Menge der zugehörigen Äquivalenzklassen bezeichnen wir mit X.
(b) Hierauf definieren wir ebenfalls eine Metrik:
dXe ([x], [y]) :=
lim d(xn , yn ) .
n→∞
Man prüft leicht nach, dass diese Definition unabhängig von den jeweiligen Ree
präsentanten (xn )n∈N und (yn )n∈N ist, und dass dies tatsächlich eine Metrik auf X
darstellt.
e definiert sich nun durch den Übergang zur Äquivalenz(c) Die Isometrie i : X → X
klasse: i(x) = [(x)n∈N ], wobei (x)n∈N die konstante Folge bezeichnet. Die Injektivität
ist offensichtlich, ebenso die Eigenschaft dXe ([x], [y]) = d(x, y).
e ist, ergibt sich aus folgender Überlegung:
(d) Der Nachweis, dass i(X) dicht in X
e und (xn )n∈N ein zugehöriger Repräsentant, also eine Cauchyfolge. Für die
Sei x
e∈X
konstanten Folgen i(xk ) gilt nun:
dXe (e
x, i(xk )) =
lim d(xn , xk ) → 0
n→∞
(k → ∞) .
e
Also gilt i(xk ) → x
e für k → ∞ in X.
e d e ) vollständig ist: Sei hierzu (e
(e) Nachweis, dass der Raum (X,
xn )n∈N eine CauchyX
e
e
folge in X gegeben. Aufgrund der Dichtheit von i(X) in X impliziert für jedes n ∈ N
die Existenz von xn ∈ X mit dXe (e
xn , i(xn )) < 1/n. Diese xn bilden eine Cauchyfolge
in X:
d(xn , xm ) = dXe (i(xn ), i(xm ))
≤ dXe (i(xn ), x
en ) + dXe (e
xn , x
em ) + dXe (e
xm , i(xm ))
1
1
≤
+ dXe (e
xn , x
em ) +
→0
(m, n → ∞) ,
n
m
e Es
da (e
xn )n∈N Cauchyfolge ist. Diese xn haben also einen Repräsentanten x
e ∈ X.
folgt:
dXe (e
xm , x
e) ≤ dXe (e
xm , i(xm )) + dXe (i(xm ), x
e)
1
≤
+ lim d(xm , xn ) → 0
(m → ∞) .
m n→∞
(f) Eindeutigkeit bis auf Isometrie: Sei (Y, dY ) ein weiterer vollständiger metrischer
Raum und iY : X → Y eine Isometrie,derart dass iY (X) dicht ist in Y . Dann
26
. Braack - Metrische Räume
e folgendermaßen: Zu y ∈ Y existiert eine Folge (xn )n∈N
definieren wir ein h : Y → X
aus X mit iY (xn ) → y. Dann ist
h(y) :=
lim i(xn )
n→∞
e
wohldefiniert, denn (i(xn ))n∈N ist Cauchyfolge in X:
lim dXe (i(xm ), i(xn )) =
m,n→∞
=
lim d(xm , xn )
m,n→∞
lim dY (iY (xm ), iY (xn )) = dY (y, y) = 0 .
m,n→∞
e vollständig ist, konvergiert die Folge (i(xn ))n∈N . Ferner ist die Definition von
Da X
h unabhängig von der speziellen Wahl der Folge (xn )n∈N . Wäre nämlich (x0n )n∈N eine
weitere Folge in X mit iY (x0n ) → y, so gilt:
dXe (i(xn ), i(x0n )) = d(xn , x0n ) = dY (iY (xn ), iY (x0n )) → dY (y, y) = 0 (n → ∞).
Also haben (i(xn ))n∈N und (i(x0n ))n∈N den gleichen Grenzwert. Dieses h ist eine
Isometrie, denn für y, y 0 ∈ Y mit Folgen iY (xn ) → y und iY (x0n ) → y 0 gilt:
dXe (h(y), h(y 0 )) =
=
=
lim dXe (i(xn ), i(x0n ))
n→∞
lim d(xn , x0n )
n→∞
lim dY (iY (xn ), iY (x0n )) = dY (y, y 0 ) .
n→∞
Für die Bijektivität von h genügt es nach Lemma2.29, die Surjektivität zu zeigen.
e Dann existiert eine Cauchyfolge in X mit lim i(xn ) = x
Sei hierzu x
e ∈ X.
e. Somit
existiert auch der Limes z = lim iY (xn ). Es folgt x
e = h(z).
2.5
Fixpunktsatz von Banach
In metrischen Räumen gilt bereits der Fixpunktsatz von Banach. Hierzu rekapitulieren wir kurz den Begriff der Kontraktion.
Definition 2.31 Sei (X, d) ein metrischer Raum. Eine Abbildung f : X → X heißt
lipschitzstetig, wenn eine reelle Zahl L ≥ 0 existiert, so dass
d(f (x), f (y)) ≤ L d(x, y)
Im Fall L < 1 ist f eine Kontraktion.
∀x, y ∈ X .
2.5 Fixpunktsatz von Banach
27
Satz 2.32 (Fixpunktsatz von Banach) Jede Kontraktion eines vollständigen metrischen Raumes f : X → X besitzt genau einen Fixpunkt, d.h. es existiert ein
x ∈ X mit f (x) = x.
Beweis. Der Beweis erfolgt wie im Fall X = Rm mittels Betrachtung der rekursiv definierten Folge xn+1 = f (xn ) zu beliebigem Startwert x0 ∈ X. Man zeigt
zunächst per vollständiger Induktion d(xn+1 , xn ) ≤ Ln d(x1 , x0 ) für n ∈ N. Mittels
der geometrischen Reihe zeigt man dann, dass (xn )n∈N eine Cauchy-Folge ist. Die
Vollständigkeit von X liefert dann einen Grenzwert x. Mit der Stetigkeit von f folgt
nun, dass x der gesuchte Fixpunkt ist. Die Eindeutigkeit dieses Fixpunktes ergibt
sich aus der Kontraktion: Sei y ∈ X ein weiterer Fixpunkt. Dann
d(x, y) = d(f (x), f (y)) ≤ Ld(x, y) ,
mit L < 1. Hieraus folgt dann x = y.
Beispiel: Wir betrachten die Differentialgleichung
u0 (t) = f (t, u(t))
für t ∈ [0, a]
u(0) = u0
mit stetigem f : [0, a] × Rn → Rn und fragen uns, ob eine Lösung im Raum
[C 1 ([0, a])]n existiert.
Korollar 2.33 Die Funktion f in der obigen Differentialgleichung sei lipschitzstetig bezüglich x ∈ Rn und stetig bezüglich t ∈ [0, a], also
∀x, y ∈ Rn
|f (t, x) − f (t, y)| ≤ L|x − y|
∀t ∈ [0, y] .
Dann existiert eine eindeutige Lösung u ∈ [C 1 ([0, a])]n der Differentialgleichung.
Beweis. Die Differentialgleichung ist äquivalent zur Integralgleichung
Z t
f (s, u(s)) ds
u(t) = u0 +
0
im metrischen Raum [C([0, a])]n . Als Metrik wählen wir hier
d(u, v) := ||ψ(u − v)||∞,[0,a]
mit der Gewichtungsfunktion ψ(t) = e−2Lt . Man überlege sich, dass diese Metrik
äquivalent ist zur Maximumsmetrik (mit Gewichtungsfunktion ≡ 1). Daher ist die
28
. Braack - Metrische Räume
Topologie auf X := [C([0, a])]n und der Konvergenzbegriff der gleiche. Wir betrachten nun den Operator T : X → X definiert durch:
Z t
(T u)(t) := u0 +
f (s, u(s)) ds .
0
Man prüft leicht nach, dass dies eine Kontraktion auf X ist. Daher existiert nach
dem Fixpunktsatz von Banach ein eindeutiger Fixpunkt T u = u.
2.6
Der Satz von Baire
Satz 2.34 (Baire) Sei X ein vollständiger metrischer Raum. Für jedes n ∈ N sei
T
An eine offene und dichte Menge. Dann ist auch der Schnitt A := n∈N An dicht.
Beweis. Gegen sei ein beliebiges x0 ∈ X sowie ein 0 > 0. Wenn wir ein x ∈
A∩B0 (x0 ) finden, ist die Behauptung gezeigt. Da B1 := A1 ∩B0 (x0 ) offen und dicht
in B0 (x0 ) ist, enthält B1 eine weitere offene Kugel B1 (x1 ) mit geeignetem x1 ∈ B1
und 0 < 1 < 0 /2. Setzen wir diese Konstruktion fort, so erhalten wir eine Folge
(Bn (xn ))n∈N von ineinander geschachtelten offenen Kugeln mit der Eigenschaft:
Bn+1 (xn+1 ) ⊂ Bn (xn ) ∩ An+1
und
n+1 < 2−n 0 .
Somit bilden die Mittelpunkte xn eine Cauchy-Folge, die aufgrund der Vollständigkeit von X gegen ein x ∈ X konvergiert. Es gilt d(x, xn ) ≤ n /2, denn mit beliebigem
k > n folgt:
n
n
→
(für k → ∞) .
d(x, xn ) ≤ d(x, xk ) + d(xk , xn ) ≤ d(x, xk ) +
2
2
Hiermit folgt x ∈ Bn (xn ) ⊂ An für alle n ∈ N, also x ∈ A ∩ B0 (x0 ).
Korollar 2.35 In einem vollständigen metrischen Raum seien abzählbar viele abS
geschlossene Mengen An , n ∈ N, gegeben, derart dass A := k∈N Ak eine offene
Menge enthält. Dann enthält bereits ein An , n ∈ N, eine offene Menge.
Beweis. Angenommen kein An enthielte eine offene Menge. Wir betrachten die
offenen Komplemente Un := Acn . Diese sind alle dicht in X. Der Satz von Baire
T
besagt nun, dass auch n∈N Un dicht ist, also
\
X =
Un
n∈N
c
S
Das Komplement
= n∈N Unc = n∈N An = A kann also keine inneren
n∈N Un
Punkte enthalten. Dies ist ein Widerspruch zur Voraussetzung.
T
S
2.6 Der Satz von Baire
29
Korollar 2.36 Vollständige metrische Räume sind nicht mager.
Beweis. Wir gehen von einer Darstellung von X als abzählbare Vereinigung von
S
Mengen aus, X = n∈N An . Nach dem vorherigen Korollar muß mindestens eines
der An eine offene Menge enthalten. Also können nicht alle An nirgens dicht sein.
Satz 2.37 (Prinzip der gleichmäßigen Beschränktheit) Sei X ein vollständiger metrischer Raum und B ⊂ C(X) eine punktweise beschränkte Teilmenge. Dann
existiert eine offene Kugel B ⊂ X, so dass
sup sup |f (x)| < ∞ .
f ∈B x∈B
Beweis. Wir betrachten zu jedem n ∈ N die Menge
x ∈ X : sup |f (x)| ≤ n .
An :=
f ∈B
Diese Mengen sind wohldefiniert aufgrund der punktweisen Beschränktheit von B.
Ferner sind alle An abgeschlossen aufgrund der Stetigkeit der f . Nun gilt X =
S
n∈N An . Wegen der Vollständigkeit von X enthält X eine offene Menge. Das Korollar 2.35 liefert nun, dass bereits ein An eine offene Menge enthält. Da die offene
Kugeln eine Umgebungsbasis bilden, folgt die Behauptung.
30
. Braack - Metrische Räume
Kapitel 3
Normierte Räume
Um nun ein weniger mehr Gehalt in die Sache zu bekommen, müssen wir unsere Räume mit Struktur versehen. Hierzu beschäftigen wir uns zunächst mit linearen Räumen, d.h. Vektorräume über dem Körper K = R, C. In Verbindung mit
Vektorräumen sind lineare Abbildungen von Interesse. Im Gegensatz zu den Vektorräumen, die man aus der linearen Algebra kennt, sind hier vor allem unendlich
dimensionale Vektorräume von Interesse.
Wir wiederholen kurz den Begriff der Basis:
Definition 3.1 Unter einer Basis eines linearen Raums E versteht man eine Teilmenge {ei }i∈I ⊂ E linear unabhängiger Elemente, so dass sich jedes Element u ∈ E
darstellen läßt als endliche Linearkombination der {ei }. Die Dimension von E ist
dann die Mächtigkeit der Indexmenge I, dim E = |I|.
Einige Ergebnisse basieren auf dem Lemma von Zorn. Hierzu benötigen wir den
Begriff wie “geordnet”, “total geordnet” und “induktiv geordnet”:
Definition 3.2 Eine Relation “≤” auf einer Menge M heißt Ordnungsrelation,
wenn sie reflexiv und transitiv ist, und wenn zudem aus a ≤ b und b ≤ a für a, b ∈ M
folgt a = b. Die Menge M heißt dann geordnet. Eine nichtleere Teilmenge S einer
geordneten Menge M heißt total geordnet, wenn für alle x, y ∈ S gilt x ≤ y oder
y ≤ x. Eine geordnete Menge M heißt induktiv geordnet, wenn jede total geordnete
Teilmenge von M ein größtes Element in M besitzt.
Lemma 3.3 (Zorn) Jede nichtleere induktiv geordnete Menge enthält mindestens
ein maximales Element.
32
3.1
. Braack - Normierte Räume
Fortsetzungssatz von Hahn-Banach
Definition 3.4 Sei E ein Vektorraum über R. Eine Abbildung p : E → R mit den
Eigenschaften
∀λ > 0 und ∀x ∈ E ,
(a)
p(λx) = λp(x)
(b)
p(x + y) ≤ p(x) + p(y)
∀x, y ∈ E .
heißt sublinear.
Beispiele für solche sublinearen Abbildungen sind Halbnormen.
Satz 3.5 (Fortsetzungssatz von Hahn-Banach) Gegeben sei E ein Vektorraum
über R und eine sublineare Abbildung p : E → R. Ferner sei G ⊂ E ein Unterraum
und f : G → R eine lineare Abbildung mit f (x) ≤ p(x) für alle x ∈ G. Dann
existiert eine lineare Fortsetzung F : E → R derart, dass F |G = f und
−p(−x) ≤ F (x) ≤ p(x)
∀x ∈ E .
Beweis. Sei zunächst G = E: Dann erfüllt F := f die obere Schranke F ≤ p. Die
untere Schranke erhält man wegen F (−x) ≤ p(−x), also mit der Linearität von F :
−p(−x) ≤ −F (−x) = F (x) für alle x ∈ E.
Nun sei G 6= E: Dann existiert ein x1 ∈ E\G, der einen eindimensionalen Unterraum
X1 = spanhx1 i aufspannt. Betrachte den Teilraum G1 := G⊕X1 . Hierauf wollen wir
nun eine Fortsetzung von f definieren. Für x, y ∈ G gilt aufgrund der Sublinearität
von p:
f (x) + f (y) = f (x + y) ≤ p(x + y)
⇐⇒
f (x) − p(x + x1 ) ≤ p(x + y) − p(x + x1 ) − f (y)
≤ p(x + x1 ) + p(y − x1 ) − p(x + x1 ) − f (y)
= p(y − x1 ) − f (y) .
Hieraus folgt, dass die linke Seite beschränkt ist für alle x, also für ein geeignetes
α > 0:
sup(f (x) − p(x + x1 )) ≤ α < ∞ .
x∈G
Nun definieren wir die Fortsetzung f1 von f auf G1 :
f1 (x + tx1 ) := f (x) − tα .
3.2 Halbnormen
33
Offensichtlich ist f1 linear und f1 |G = f . Ferner gilt f1 (x+x1 ) = f (x)−α ≤ p(x+x1 ),
bzw. f1 ≤ p auf G1 . Hieraus erhält man wie oben (im Fall G = E) auch die untere
Schranke −p(−x) ≤ f1 (x). Durch Induktion erhält man nun sukzessive Teilräume
G1 ⊂ G2 ⊂ . . . mit zugehörigen Fortsetzungen fk . Im Fall, dass sich die Dimension
von E und G nur um eine endliche Zahl unterscheiden, ist man fertig. Im Fall, dass
der Dimensionsunterschied unendlich groß ist, bedient man sich der transfiniten
Induktion. Hierfür benötigt man dann allerdings das Zorn’sche Lemma.
Hierzu betrachtet man Paare (H, F ) mit H Teilraum von E und F : H → R
linear. Man definiert eine Ordnungsrelation (H, F ) ≤ (H 0 , F 0 ), wenn H ⊂ H 0 und
F 0 |H = F . Wir verweisen auf [3].
3.2
Halbnormen
Definition 3.6 Eine Abbildung || · || : E → R+
0 auf einem linearen Raum E heißt
Halbnorm, wenn gilt:
(a) Homogenität: ||λx|| = |λ|||x|| für alle x ∈ E und alle λ ∈ K.
(b) Dreiecksungleichung: ||x + y|| ≤ ||x|| + ||y|| für alle x, y ∈ E.
Korollar 3.7 Gegeben sei E ein Vektorraum über K und eine Halbnorm | · | : E →
R. Ferner sei G ⊂ E ein Unterraum und f : G → K eine lineare Abbildung mit
|f (x)| ≤ |x| für alle x ∈ G. Dann existiert eine lineare Fortsetzung F : E → K
derart, dass F |G = f und |F (x)| ≤ |x| auf E.
Beweis. K = R: Jede Halbnorm ist sublinear. Der Satz von Hahn-Banach liefert
daher eine Fortsetzung F mit
−| − x| ≤ F (x) ≤ |x|
∀x ∈ E .
Wegen −| − x| = −|x| folgt die Behauptung.
K = C: Wir führen dies auf den reellen Fall zurück indem wir f darstellen in der
Form:
f (x) = Re f (x) − i Re f (ix) .
Re f erfüllt die Voraussetzungen des Corollars im Reellen. Daher existiert eine Fortsetzung F1 : E → R mit F1 |G = Re f und |F1 (x)| ≤ |x| auf E. Die komplexe
Fortsetzung lautet nun:
F (x) := F1 (x) − iF1 (ix) .
34
. Braack - Normierte Räume
Nun gilt mit einem geeigneten α ∈ C, |α| = 1:
|F (x)| = αF (x) = F (αx) = F1 (αx) − iF1 (iαx)
Da |F (x)| ∈ R, folgt F1 (iαx) = 0 und somit
|F (x)| = F1 (αx) ≤ |αx| = |α||x| = |x| .
3.3
Normierte Räume
Definition 3.8 Eine Halbnorm || · || auf einem linearen Raum E heißt Norm, wenn
neben der Homogenität und der Dreiecksungleichung die Definitheit erfüllt ist:
||x|| > 0
für alle x ∈ E \ {0} .
In diesem Fall heißt (E, || · ||) normierter Raum.
Lemma 3.9 Jeder normierte Raum E wird durch die Metrik
d(x, y) := ||x − y||
zu einem metrischen Raum. In der zugehörigen Topologie sind diese Norm, sowie
die Addition und die skalare Multiplikation stetige Funktionen. Eine Umgebungsbasis
um einen Punkt x0 ∈ E wird gebildet durch die offenen Kugeln
BE (x0 , r) := {x ∈ E : ||x − x0 || < r} ,
r > 0.
Beweis. Der Nachweis, dass d(·, ·) eine Metrik ist, ist schnell erbracht mittels der
Eigenschaften (a),(b) der Halbnorm und der Definitheit der Norm. Da metrische
Räume das 1. Abzählbarkeitsaxiom erfüllen, sind Stetigkeit und Folgenstetigkeit
äquivalent. Sei (xn )n∈N eine in E konvergente Folge, xn → x. Dann folgt aus der 2.
Dreiecksungleichung:
|||xn || − ||x||| ≤ ||xn − x|| → 0 .
Somit ist die Norm folgenstetig. Die Folgenstetigkeit der skalare Multiplikation folgt
ebenso:
|||βn xn || − ||βx||| ≤ |||βn xn || − ||βn x||| + |||βn x|| − ||βx|||
= |βn |||xn − x|| + |βn − β|||x|| → 0 ,
3.3 Normierte Räume
35
für beliebige konvergente Folgen aus K, βn → β, denn konvergente Folgen sind
beschränkt. Für den Nachweis der Stetigkeit der Addition benötigen wir noch eine
zweite in E konvergente Folge, yn → y. Aber auch hier folgt die Stetigkeit aus der
Dreiecksungleichung:
||(xn + yn ) − (x + y)|| ≤ ||xn − x|| + ||yn − y|| → 0 .
Definition 3.10 Zwei Normen || · ||1 , || · ||2 auf einem linearen Raum E heißen äquivalent, wenn sie sich mittels Konstanten gegeneinander abschätzen lassen, d.h. es
existieren c1 , c2 > 0 so dass
c1 ||x||1 ≤ ||x||2 ≤ c2 ||x||1
∀x ∈ E .
Lemma 3.11 Zwei Normen sind genau dann äquivalent, wenn sie die gleiche Topologie erzeugen.
Beweis. Es gelte zunächst, dass die beiden Normen sich über Konstanten gegeneinander abschätzen lassen. Die Gleichheit der Topologien folgt aus der Tatsache,
dass jede || · ||1 -Umgebung eines Punktes u ∈ E eine || · ||2 -Umgebung von u enthält.
Seien nun umgekehrt die Topologien die gleichen. Dann existiert ein > 0, so dass
(1)
(2)
BE (0, ) := {x ∈ E : ||x||2 < } ⊂ BE (0, 1) := {x ∈ E : ||x||1 < 1} .
Also ||x||1 ≤ ||x||2 . Die andere Richtung folgt analog.
Satz 3.12 Auf einem endlich dimensionalen linearen Raum sind alle Normen äquivalent.
Beweis. Wir zeigen, dass E homöomorph zum Kn ist. Sei E := {e1 , . . . , en } eine
Basis von E. Nun sind für jedes x ∈ X die Koeffizienten α = α(x) ∈ Kn mit
P
x = ni=1 αi ei eindeutig bestimmt. Wir definieren die Norm (nachprüfen!):
||x||E := |α(x)| .
Sei nun || · || eine beliebige andere Norm auf E. Die Abbildung φ : Kn → E definiert
P
durch φ(α) = ni=1 αi ei ist stetig. Somit ist für jede andere Norm || · || auf E auch
ψ : Kn → [0, ∞), ψ(α) = ||x||, stetig und nimmt auf der kompakten Einheitssphäre
S1 := {α ∈ Kn : |α| = 1} Maximum und Minimum an. Da 0 6∈ S1 gilt:
0 < c1 := min ψ(α) ≤ c2 := max ψ(α) ≤ ∞ .
α∈S1
α∈S1
Nun kann man zeigen, dass || · || und || · ||E äquivalent sind:
c1 ||x||E = c1 |α(x)| ≤ ||x|| = ψ(α(x)) ≤ c2 |α(x)| = c2 ||x||E .
36
. Braack - Normierte Räume
3.4
Stetige lineare Operatoren zwischen normierten Räumen
Definition 3.13 Eine Abbildung T : E → F zwischen zwei normierte Räumen
(E, || · ||E ), (F, || · ||F ) heißt beschränkt, wenn
||T ||E;F :=
sup
06=x∈E
||T x||F
< ∞.
||x||E
Lemma 3.14 Seien (E, || · ||E ), (F, || · ||F ) normierte Räume und T : E → F eine
lineare Abbildung. Dann sind äquivalent:
(a) T ist stetig.
(b) T ist stetig im Nullpunkt.
(c) T ist beschränkt.
Beweis. (a)⇒(b) ist offensichtlich. (b)⇒(c): Aufgrund der Stetigkeit existiert zu
= 1 ein δ > 0, so dass T (Bδ,E (0)) ⊂ B,F (0). Mit der Homogenität der Norm folgt
nun:
||T ||E;F =
sup
06=x∈E
||T x||F
||T x||F
1
= sup
≤ .
||x||E
δ
δ
x∈E,||x||=δ
(c)⇒(a): Sei xn → x eine in E konvergente Folge. Dann folgt für die Bilder T xn →
T x, denn:
||T xn − T x||F = ||T (xn − x)||F ≤ ||T ||E;F ||xn − x|| → 0 .
Definition 3.15 Zu zwei normierte Räumen (E, ||·||E ), (F, ||·||F ) bezeichnet L(E, F )
den Raum der linearen und stetigen Abbildungen. Im Fall E = F schreibt man auch
kurz L(E).
Lemma 3.16 Auf dem Raum L(E, F ) bildet || · ||E;F eine Norm, so dass auch
(L(E, F ), || · ||E;F ) ein normierter Vektorraum ist.
Beweis. Aus der linearen Algebra wissen wir, dass L(E, F ) wieder einen KVektorraum bildet. Die Normeigenschaften von || · ||E;F rechnet man schnell nach.
3.5 Der Dualraum
37
Definition 3.17 Sei U ⊂ E ein Unterraum des normierten Raums E. Ein P ∈
L(E, U ) heißt Projektion, wenn P u = u für alle u ∈ U .
Lemma 3.18 Für Projektionen P ∈ L(E, U ) des normierten Raums E auf einen
nichtleeren Unterraum U ⊂ E gilt stets ||P ||E;U ≥ 1.
Beweis.
||P ||E;U ≥ sup
u∈U
3.5
||P u||
||u||
= sup
= 1.
||u||
u∈U ||u||
Der Dualraum
Definition 3.19 Ist (E, || · ||) ein normierter Raum, so wird der normierte Raum
L(E, K) kurz mit E 0 bezeichnet und heißt Dualraum zu E. Die Norm || · ||E 0 ;K auf
E 0 wird kurz mit || · ||E 0 bezeichnet. Die Elemente von E 0 nennt man stetige lineare
Funktionale. Für Elemente f ∈ E 0 und x ∈ E schreibt man für gewöhnlich
hf, xi := f (x) .
Die zu || · || duale Norm ist also
||f ||E 0 :=
sup
|hf, xi| =
x∈E,||x||≤1
sup
hf, xi .
x∈E,||x||≤1
Korollar 3.20 Sei G ein Unterraum eines normierten Raumes E. Dann existiert
zu jedem g ∈ G0 eine Fortsetzung f ∈ E 0 von g mit ||f ||E 0 = ||g||G0 .
Beweis. Wir wenden das Corollar 3.7 an auf die Halbnorm |x|g = ||g||G0 ||x||. Hierdurch erhalten wir ein f ∈ E 0 mit f |G = g und:
||f ||E 0 =
hf, xi ≤
sup
x∈E,||x||≤1
||f ||E 0 ≥
sup
x∈G,||x||≤1
hf, xi =
|x|g = ||g||G0
sup
x∈E,||x||≤1
sup
hg, xi = ||g||G0 .
x∈G,||x||≤1
Korollar 3.21 Zu jedem x0 ∈ E in einem normierten Raum E existiert ein f0 ∈ E 0
mit ||f0 ||E 0 = ||x0 || und hf0 , x0 i = ||x0 ||2 .
38
. Braack - Normierte Räume
Beweis. Wir wenden Korollar 3.20 an auf den Unterraum G := Kx0 und hg, tx0 i :=
t||x0 ||2 . Dies liefert uns ein f0 ∈ E 0 mit hf0 , x0 i = hg, x0 i = ||x0 ||2 und
||f0 ||E 0 = ||g||G0 =
|hg, tx0 i| =
sup
t∈K,||tx0 ||≤1
|t|||x0 ||2 = ||x0 || .
sup
t∈K,||tx0 ||≤1
Im allgemeinen ist das f0 in diesem Korollar nicht eindeutig.
Korollar 3.22 In jedem normierten Raum E berechnet sich die Norm für jedes
x ∈ E aus
||x|| =
hf, xi =
sup
f ∈E 0 ,||f ||E 0 ≤1
max
f ∈E 0 ,||f ||E 0 ≤1
hf, xi .
Beweis. Der Fall x = 0 ist trivial. Für x 6= 0 gilt
hf, xi ≤ ||x|| .
sup
f ∈E 0 ,||f ||E 0 ≤1
Andererseits existiert nach Korollar 3.21 ein f0 ∈ E 0 mit hf0 , xi = ||x||2 und ||f0 ||E 0 =
||x||. Dann ist auch f1 := ||x||−1 f0 ∈ E 0 mit ||f1 ||E 0 = 1 und hf1 , xi = ||x||. Insgesamt
erhalten wir also:
||x|| = hf1 , xi ≤
sup
hf, xi ≤ ||x|| .
f ∈E 0 ,||f ||E 0 ≤1
Hieraus folgt die Behauptung.
Satz 3.23 Sei E ein normierter Raum mit endlicher Dimension n. Dann ist auch
dim E 0 = n.
Beweis. Sei {x1 , . . . , xn } eine Basis von E. Dann ist jedes f ∈ E 0 bereits gegeben
durch seine n Werte hf, xi i, i = 1, . . . , n. Hieraus folgt dim E 0 ≤ n. Wir betrachten
ferner die n Funktionale mit hfi , xj i = δij und zeigen, dass diese linear unabhängig
P
sind: Aus ni=1 αi fi = 0 folgt für jedes j = 1, . . . , n:
0 =
n
X
hαi fi , xj i = αi
i=1
Also dim E 0 ≥ n und folglich dim E 0 = n.
n
X
i=1
δij = αj .
3.6 Trennungssätze von Hahn-Banach
3.6
39
Trennungssätze von Hahn-Banach
In diesem Abschnitt werden wir stets annehmen, dass der Körper K = R ist ohne
dies jeweils neu zu vermerken.
Definition 3.24 Sei E ein reeller normierter Raum und f : E → R ein nichttriviales lineares Funktional (also f 6≡ 0). Dann heißt zu α ∈ R die Menge
H := {x ∈ E : f (x) = α}
(affine) Hyperebene. Man sagt auch, dass H eine Hyperebene der Gleichung [f = α]
ist. Ein solches Funktional (bzw. die Gleichung [f = α]) separiert zwei Mengen
A, B ⊂ E (im weiten Sinne), wenn
f |A ≤ α ≤ f |B .
Die Mengen werden von f strikt separiert, wenn ein > 0 existiert, so dass:
f |A ≤ α − < α + ≤ f |B .
Lemma 3.25 Eine Hyperebene [f = α] ist genau dann abgeschlossen, wenn f stetig
ist.
Beweis. Übungsaufgabe.
Definition 3.26 Sei A eine Teilmenge eines reellen normierten Raums E. Dann
heißt pA : E → [0, ∞],
pA (x) := inf{α > 0 : α−1 x ∈ A}
das Minkowski-Funktional zu A. Falls pA (x) < ∞ für alle x ∈ E, so heißt A absorbierend.
Offensichtlich sind alle offenen Mengen, die den Nullpunkt enthalten absorbierend.
Im Fall A := BE (0, 1) ist pA (x) = ||x||; im Fall A := BE (0, r) ist pA (x) = r−1 ||x||.
Ferner verifiziert man schnell, dass aus A ⊂ B folgt pB ≤ pA .
Lemma 3.27 Sei U eine offene und konvexe Teilmenge eines reellen normierten
Raums E mit 0 ∈ U . Dann gilt:
(a) Es gilt 0 ≤ pU (x) ≤ M ||x|| für alle x ∈ E mit einem geeigneten M > 0,
40
. Braack - Normierte Räume
(b) U = {x ∈ E : pU (x) < 1} und
(c) pU ist eine sublineare Abbildung.
Beweis. (a) Da U offen ist, existiert eine Kugel BE (0, r) ⊂ U . Daher gilt
0 ≤ pU (x) ≤
1
||x||
r
∀x ∈ E .
Die Homogenität pU (λx) = λpU (x) ist konstruktionsmäßig erfüllt.
(b) Sei x ∈ U . Wegen der Offenheit von U ist dann auch (1+)x ∈ U für hinreichend
kleines > 0. Daher gilt pU (x) ≤ (1 + )−1 < 1. Sei nun umgekehrt pU (x) < 1. Dann
existiert ein 0 < α < 1, so dass α−1 x ∈ U und damit aufgrund der Konvexität von
U : α(α−1 x) + (1 − α)0 = x ∈ U .
(c) Seien x, y ∈ E und sei > 0 beliebig. Wegen der Konvexität wissen wir, dass
1
1
x ∈ C und
y∈U.
pU (x) + pU (y) + Aufgrund der Konvexität von U gilt dann auch für beliebiges 0 ≤ t ≤ 1:
t
1−t
x+
y ∈ U.
pU (x) + pU (y) + Es ergibt sich insbesondere für t∗ := (pU (x) + )/α, α := pU (x) + pU (y) + 2:
t∗
1 − t∗
1
1
1
x+
y = x + y = (x + y) ∈ U
pU (x) + pU (y) + α
α
α
Wegen (b) und der Homogenität von pU gilt nun:
pU (x + y) = αpU (α−1 (x + y)) < α = pU (x) + pU (y) + 2 .
Der Grenzübergang → 0 liefert die Dreiecksungleichung.
Lemma 3.28 Seien U eine konvexe, nichtleere und offene Teilmenge eines reellen
normierten Raumes E und x0 ∈ E \ U . Dann existiert ein f ∈ E 0 , so dass f |U <
f (x0 ). Insbesondere separiert die abgeschlossene Hyperebene [f = f (x0 )] die Mengen
U und {x0 }.
Beweis. Wir können oEdA annehmen, dass 0 ∈ U ist. Wir betrachten zu U das
Minkowski-Funktional pU , sowie die Hyperebene G := Rx0 . Nun sei g ∈ G0 definiert
durch hg, tx0 i := t. Es gilt hg, xi ≤ pU (x) für x ∈ G, denn aus pU (x0 ) ≥ 1 folgt:
x = tx0 , t > 0 :
hg, xi = t ≤ tpU (x0 ) = pU (tx0 ) = pU (x) ,
x = tx0 , t ≤ 0 :
hg, xi = t ≤ 0 ≤ pU (x) .
3.6 Trennungssätze von Hahn-Banach
41
Nach dem Fortsetzungsatz von Hahn-Banach 3.5 existiert nun eine lineare Fortsetzung f : E → R von g mit f ≤ pU auf E. Das Funktional f ist wegen f (x) ≤
pU (x) ≤ M ||x|| stetig. Insbesondere gilt für alle x ∈ U :
hf, xi ≤ pU (x) < 1 = hg, x0 i = hf, x0 i .
Satz 3.29 (Trennungssatz von Hahn-Banach) Seien A, B zwei disjunkte, nichtleere und konvexe Teilmengen eines reellen normierten Raumes E und A sei offen.
Dann existiert ein f ∈ E 0 , dass diese Mengen separiert.
Beweis. Wir betrachten die Menge C = A − B = {a − b ∈ E : a ∈ A, b ∈ B}.
Diese Menge ist offen, da A offen ist, und C ist konvex, da A und B konvex sind.
Ferner ist 0 6∈ C, da A und B disjunkt sind. Nach Lemma 3.28 existiert ein f ∈ E 0
mit
hf, xi < hf, 0i = 0
∀x ∈ C .
Hieraus folgt nun
hf, ai < hf, bi
∀a ∈ A ∀b ∈ B .
Die separierende Hyperebene ist nun gegeben durch die Gleichung [f = α] mit einem
α ∈ R, so dass
suphf, ai ≤ α ≤ inf hf, bi .
a∈A
b∈B
Lemma 3.30 Seien A, B zwei disjunkte Mengen eines normierten Raumes E, A
sei abgeschlossen und B sei kompakt. Dann sind für > 0 hinreichend klein die
Mengen A = A + BE (0, ) und B = B + BE (0, ) offen und disjunkt.
Beweis. Wir nehmen an, diese Mengen seinen nicht disjunkt. Sei (n )n∈N eine
Nullfolge und (zn )n∈N eine Folge in E mit zn ∈ An ∩Bn . Dann existieren auch Folgen
(xn )n∈N , (yn )n∈N mit xn ∈ A, yn ∈ B und ||xn −yn || ≤ 2n . Da B kompakt ist, existiert
nun eine konvergente Teilfolge ynk → y ∈ B. Es folgt dann auch xnk → y ∈ B. Da
A aber abgeschlossen ist, ist dann auch y ∈ A, was zum Widerspruch y ∈ A ∩ B
führt.
42
. Braack - Normierte Räume
Korollar 3.31 Seien A, B zwei disjunkte, nichtleere und konvexe Teilmengen eines
reellen normierten Raumes E, und A sei abgeschlossen und B sei kompakt. Dann
existiert ein f ∈ E 0 , dass diese Mengen strikt separiert.
Beweis. Man betrachtet für > 0 die Mengen A = A + BE (0, ) und B =
B +BE (0, ). Diese Mengen sind nach dem vorherigen Korollar für > 0 hinreichend
klein offen und disjunkt. Als Summe konvexer Mengen sind sie zudem wieder konvex.
Der Trennungssatz von Hahn-Banach liefert uns f ∈ E 0 , die diese Mengen separieren:
hf, x + zi ≤ α ≤ hf, y + zi
∀x ∈ A , ∀y ∈ B , ∀z ∈ BE (1, )
Hieraus folgt nun:
hf, xi + ||f || ≤ α ≤ hf, yi − ||f ||
∀x ∈ A , ∀y ∈ B .
Da ||f || =
6 0, folgt die Behauptung.
Korollar 3.32 Sei G ⊂ E ein nicht dichter Teilraum eines normierten Raumes E,
also G 6= E. Dann existiert ein f ∈ E 0 mit f 6= 0 und f |G = 0.
Beweis. Es gelte x0 ∈ E \ G. Wir wenden Korollar 3.31 mit der Wahl A = G und
B = {x0 }. Wir erhalten ein f ∈ E 0 und eine Hyperebene [f = α], die G und {x0 }
strikt separiert, also
hf, xi < α < hf, x0 i
∀x ∈ G .
Da mit x ∈ G aber auch jedes λx ∈ G für beliebiges λ ∈ R, folgt hf, xi = 0 für alle
x ∈ G.
Korollar 3.33 Sei G ⊂ E ein Teilraum eines normierten Raumes E. Ferner gelte:
f ∈ E 0 , f |G = 0 =⇒ f |E = 0 .
Dann ist G dicht in E.
Beweis. Währe G nicht dicht, so liefert Korollar 3.32 einen Widerspruch.
Korollar 3.34 Sei E ein normierter Raum. Wenn E 0 separabel ist, so ist auch E
separabel.
3.6 Trennungssätze von Hahn-Banach
43
Beweis. Sei {fn ∈ E 0 : n ∈ N} eine dichte Teilmenge. Nach Definition der Norm
in E 0 existieren xn ∈ E mit:
1
||xn || = 1 und |hfn , xn i| ≥ ||fn ||E 0
2
Dann ist G := {xn : n ∈ N} eine dichte Teilmenge in E, denn für f ∈ E 0 mit
f |G = 0 folgt für alle n ∈ N:
||f ||E 0 ≤ ||f − fn ||E 0 + ||fn ||E 0 ≤ ||f − fn ||E 0 + 2hfn , xn i
= ||f − fn ||E 0 + 2hf, xn i + 2hfn − f, xn i .
Da hf, xn i = 0 folgt hieraus:
||f ||E 0 ≤ 3||f − fn ||E 0
∀n ∈ N .
Aufgrund der Dichtheit der fn folgt ||f ||E 0 = 0 bzw. f = 0. Das Korollar 3.33 liefert
die Dichtheit der abzählbaren Menge G. Hieraus folgt, dass E separabel ist.
Die Umkehrung gilt nicht: Beispielsweise ist L1 (0, 1) separabel, aber der Dualraum
L1 (0, 1)0 ist es nicht (siehe Kap. 6).
Satz 3.35 Sei G ein abgeschlossener Unterraum eines normierten Raums E. Dann
existiert zu jedem x1 ∈ E \ G ein F ∈ E 0 mit ||F ||E 0 = 1, F |G = 0 und hF, x1 i =
dist(x1 , G) > 0.
Beweis. Da G abgeschlossen ist, gilt δ := dist(x1 , G) > 0. Wir betrachten nun
den Unterraum G1 := G ⊕ {x1 } und definieren das hierauf offensichtlich lineare
Funktional
hf, x + αx1 i := αδ
∀x ∈ G, ∀α ∈ K .
Wir zeigen nun, dass f ∈ G01 (also stetig ist) mit ||f ||G01 = 1: Da für jedes x ∈ G und
jedes α ∈ K \ {0}, auch −α−1 x ∈ G gilt
|hf, x + αx1 i| = |α|δ ≤ |α|d(x1 , −α−1 x) = |α|||x1 + α−1 x|| = ||αx1 + x|| .
Also ||f ||G01 ≤ 1. Andererseits existiert zu jedem > 0 ein x ∈ G mit ||x1 − x || ≤
(1 + )δ, also
hf, x1 − x i = δ ≥ (1 + )−1 ||x1 − x || .
Hieraus folgt ||f ||G01 ≥ (1 + )−1 , also insgesamt ||f ||G01 = 1. Das Korollar 3.7 liefert
uns nun eine Fortsetzung F ∈ E 0 mit F |G = 0, ||F ||E 0 = 1 und hF, x1 i = hf, x1 i =
δ = dist(x1 , G).
44
. Braack - Normierte Räume
3.7
Das Lemma von Riesz
Lemma 3.36 (Riezsches Lemma) Sei G ⊂ E ein abgeschlossener echter Unterraum eines normierten Raums E. Dann existiert zu jedem 0 < λ < 1 ein xλ ∈ E
mit:
||xλ || = 1 und ||xλ − x|| ≥ λ
∀x ∈ G .
Beweis. Da G echter Unterraum von E ist, existiert ein x ∈ E \ G. Für dieses x
gilt wegen der Abgeschlossenheit von G:
d := dist(x, G) = inf {||x − y||} > 0 .
y∈G
Sei 0 < λ < 1 nun gegeben. Hierzu existiert ein gλ ∈ G mit d ≤ ||x−gλ || ≤ d/λ. Setze
xλ := (x−gλ )/||x−gλ ||. Dann gilt ||xλ || = 1 und für alle y ∈ G und ye := y||x−gλ || ∈ G:
||xλ − y|| = ||x − gλ ||−1 ||x − gλ − ye|| .
Da ||x − gλ ||−1 ≥ λ/d und gλ + ye ∈ G folgt
||xλ − y|| ≥
λ
dist(x, G) = λ .
d
Korollar 3.37 In einem normierten Raum E ist die abgeschlossene Einheitskugel
BE (0, 1) genau dann kompakt, wenn E endlich-dimensional ist.
Beweis. ⇐=: Wenn E die Dimension n ∈ N besitzt, so ist E homöomorph zum
K (siehe Beweis von Satz 3.12). Im Kn ist die Einheitskugel kompakt, also auch in
E.
=⇒: Wir nehmen an, dass E nicht endlich-dimensional ist. Wir zeigen dann mit
Hilfe des Riezschen Lemma die Existenz einer Folge (xn )n∈N in BE (0, 1), die keine
konvergente Teilfolge besitzt. Hieraus folgt dann, dass BE (0, 1) nicht kompakt sein
kann. Die Konstruktion dieser Folge lautet wie folgt:
Zu gegebenem x1 ∈ E mit ||x1 || = 1 setze G1 := spanhx1 i und λ := 21 . Dann existiert
nach dem Riezschen Lemma ein x2 mit ||x2 || = 1 und dist(x2 , G1 ) ≥ λ. Diesen
Prozeß wiederholen wir mit G2 := spanhx1 , x2 i etc. Wir erhalten eine Folge (xn )n∈N
mit ||xn || = 1 und ||xn − xm || ≥ 21 für m ≤ n. Also kann diese Folge keine konvergente
Teilfolge besitzen.
n
3.8 Bidualraum und reflexive Räume
3.8
45
Bidualraum und reflexive Räume
Definition 3.38 Ist E ein normierter Raum und E 0 sein Dualraum, so heißt E 00
sein Bidualraum. Der Bidualraum ist zusammen mit der Norm
||ξ||E 00 :=
|hξ, f i|
sup
f ∈E 0 ,||f ||E 0 ≤1
wieder ein normierter Raum.
Lemma 3.39 Es existiert ein kanonische injektive, isometrische und stetige Abbildung J : E → E 00 . Insofern läßt sich E als Unterraum von E 00 auffassen.
Beweis. Die Abbildung J definieren wir für x ∈ E durch
hJx, f iE 00 ,E 0 := hf, xiE 0 ,E
∀f ∈ E 0 .
(3.1)
Diese Abbildung ist offensichtlich linear. Ferner gilt wegen Korollar 3.22:
||Jx||E 00 =
sup
f ∈E 0 ,||f ||E 0 ≤1
|hJx, f i| =
sup
|hf, xiE 0 ,E | = ||x||E .
f ∈E 0 ,||f ||E 0 ≤1
Insgesamt erhalten wir also die Isometrie. Aus der Beschränktheit folgt die Stetigkeit.
Definition 3.40 Gilt in einem normierter Raum E, dass die Abbildung J gemäß (3.1)
bijektiv ist, also J(E) = E 00 , so heißt E reflexiv.
Hier sei angemerkt, dass es sehr wohl nicht reflexive normierte Räume gibt, in denen
es (andere) surjektive isometrische Abbildungen j : E → E 00 gibt.
Wir werden im nächsten Abschnitt sehen, dass reflexive Räume notwendigerweise
vollständig (also sogenannte Banachräume) sind.
Lemma 3.41 Endlich-dimensionale normierte Räume sind reflexiv.
Beweis. Folgt direkt aus zweimaliger Anwendung von Satz 3.23: dim E = dim E 0 =
dim E 00 .
Lemma 3.42 Abgeschlossene Teilräume reflexiver Räume sind wieder reflexiv.
46
. Braack - Normierte Räume
Beweis. Sei U ein abgeschlossener Unterraum eines reflexiven Raums E. Für
jedes φ ∈ U 00 müssen wir (a) ein x ∈ U finden, so dass (b) gilt JU (x) = φ, wobei
J|U die Einschränkung von J auf U bezeichnet. Zunächst überlegt man sich leicht,
dass U 00 ⊂ E 00 . Dies gilt wegen E 0 ⊂ U 0 . Aufgrund der Reflexivität von E existiert
ein x ∈ E mit J(x) = φ.
(a): Wäre x 6∈ U , so würden wir aufgrund des Satzes 3.35 ein Funktional f ∈ E 0
finden mit f |U ≡ 0 und hf, xi > 0. Dann würde aber auch gelten:
hf, xi = φ(f ) = φ(f |U ) = φ(0) = 0 .
Dieser Widerspruch zeigt also x ∈ U .
(b): Zu zeigen ist:
∀g ∈ U 0 .
hg, xi = φ(g)
Nun läßt sich g aber nach dem Fortsetzungssatz von Hahn-Banach fortsetzen zu
einem f ∈ E 0 mit f |U = g. Es folgt: hg, xi = hf, xi = φ(f ) = φ(f |U ) = φ(g).
3.9
3.9.1
Beispiele normierter Räume
Stetige Funktionen mit der Lp -Norm
Sei Ω ein offenes beschränktes Gebiet im Rn . Die Menge C(Ω) beinhaltet alle auf
der Menge der Berührungspunkte Ω stetigen Funktionen. Hierauf definieren wir
verschiedene Normen zu 1 ≤ p < ∞:
Z
||u||Lp (Ω) :=
p
1/p
|u(x)| dx
,
Ω
und für p = ∞:
||u||L∞ (Ω) := sup |u(x)| .
x∈Ω
Die Dimension des linearen Raums C(Ω) ist nicht endlich. Man sieht dies u.a. daran, dass die Monome x 7→ xn , für n ∈ N, alle in diesem Raum sind aber linear
unabhängig sind.
Zur Überprüfung, dass dies tatsächlich Normen sind, benötigt man die Dreiecksungleichung. Dies besagt aber gerade die Minkowskische Ungleichung:
3.9 Beispiele normierter Räume
47
Satz 3.43 (Minkowskische Ungleichung) Für offene beschränkte Gebiete Ω ⊂
Rn , alle u, v ∈ C(Ω) und 1 ≤ p ≤ ∞ gilt
||u + v||Lp (Ω) ≤ ||u||Lp (Ω) + ||v||Lp (Ω) .
Beweis. In Fall p = 1 und p = ∞ ist der Beweis offensichtlich. Für 1 < p < ∞
werden wir dies später für eine größere Klasse von Funktionen beweisen.
Wir erhalten somit:
Lemma 3.44 Für offene beschränkte Gebiete Ω ⊂ Rn und 1 ≤ p ≤ ∞ ist der Raum
der stetigen Funktionen (C(Ω), || · ||Lp (Ω) ) ein normierter Raum.
3.9.2
Räume stetig differenzierbarer Funktionen
Die Menge Ω sei gewählt wie im Abschnitt zuvor. Nun ist
C m (Ω) := {u : Ω → R | ∂ α u ∈ C(Ω), ∀α : |α| ≤ m} .
Die Funktionen hierunter, deren Ableitungen bis zum Grad ≤ m auf Ω stetig fortsetzbar sind, werden zusammengefaßt in der Menge C m (Ω). Hierauf definieren wir
die Norm
||u||C m (Ω) := max ||∂ α u||L∞ (Ω) .
|α|≤m
Der Nachweis, dass dies eine Norm ist, ist jetzt einfach.
Lemma 3.45 Für offene beschränkte Gebiete Ω ⊂ Rn und m ∈ N0 ist der Raum der
m-mal stetig differenzierbaren Funktionen (C m (Ω), || · ||C m (Ω) ) ein normierter Raum.
Wir werden später sehen, dass diese Räume sogar vollständig sind.
3.9.3
Hölder-Räume
Wir betrachten auf dem Raum C m (Ω) zu 0 < λ ≤ 1 folgende Größe:
||u||C m,λ (Ω) := ||u||C m (Ω) +
X
|α|=m
|∂ α u(x) − ∂ α u(y)|
sup
.
|x − y|λ
x,y∈Ω,x6=y
Zunächst gilt ||u||C m,λ (Ω) ∈ [0, ∞].
Definition 3.46 Unter dem Hölder-Raum C m,λ (Ω) verstehen wir diejenigen Funktionen u ∈ C m (Ω) für die gilt ||u||C m,λ (Ω) < ∞.
48
. Braack - Normierte Räume
Der Begriff der Hölder-Stetigkeit ist gewissermaßen eine Verallgemeinerung der
Lipschitz-Stetigkeit (Fall λ = 1). Diese hölderstetigen Funktionen werden u.a. verwendet, um bei Gebieten Ω die Glätte des Randes ∂Ω zu beschreiben. Beispielsweise
heißt ein Gebiet lipschitzstetig, wenn sich sein Rand als endliche Überdeckung von
Graphen von Funktionen der Klasse C 0,1 beschreiben läßt.
3.9.4
Folgen-Räume lp
Lemma 3.47 Die Räume lp , 1 ≤ p ≤ ∞, mit den Normen
!1/p
||(xn )n∈N ||lp =
X
|xn |p
1 ≤ p < ∞,
n∈N
||(xn )n∈N ||l∞ = sup |xn |
p = ∞,
n∈N
sind normierte Räume
Satz 3.48 (a) Sei 1 ≤ p < ∞, 1 < q ≤ ∞, so dass p1 + 1q = 1. Dann ist der Raum lq
isometrisch isomorph zum Dualraum von lp , also lq ' (lp )0 . Genauer: die Abbildung
T : lq → (lp )0 definiert durch
X
hT x, yi :=
xn yn ,
n∈N
für x = (xn )n∈N ∈ lq und y = (yn )n∈N ∈ lp ist bijektiv und isometrisch.
(b) Auf die gleiche Art ist l1 isometrisch isomorph zum Dualraum des Raums der
Nullfolgen c0 := {(xn )n∈N : xn ∈ K, lim xn = 0}, also l1 ' (c0 )0 .
Beweis. (a) Die Hölder’sche Ungleichung liefert uns zunächst die Konvergenz der
obigen Reihe, sowie die Stetigkeit von T :
|hT x, yi| ≤ ||x||lq ||y||lp
=⇒
||T x||(lp )0 ≤ ||x||lq .
T ist injektiv, denn aus T x = 0 folgt insbesondere 0 = hT x, ei i = xi für alle i ∈ N,
also x = 0.
Zum Nachweis der Surjektivität wählen wir für F ∈ (lp )0 die Komponenten xn :=
P
hF, en i. Damit gilt aufgrund der Linearität hT x, yi = n∈N hF, en iyn = hF, yi für
alle y ∈ lp , also T x = F .
Die Eigenschaft, dass die Abbildung T die Normen erhält, also ||T x||(lp )0 = ||x||q , sieht
man wie folgt: Die Abschätzung nach oben haben wir bereits gezeigt. Es fehlt also
3.9 Beispiele normierter Räume
49
nur noch ||T x||(lp )0 ≥ ||x||q . Wähle hierzu y = (yn )n∈N ∈ lp mit yn := |xn |q /xn . Dann
ergibt sich:
X
X
hT x, yi =
xn |xn |q /xn =
|xn |q = ||x||qlq = ||x||lq ||x||q−1
lq .
n∈N
n∈N
Da nun (q −1)p = q(1−1/q)p = q und q −1 = q(1/q −1) = q/p ergibt sich außerdem
!1/p
||y||lp =
X
n∈N
(|xn |q−1 )p
!1/p
=
X
|xn |q
q/p
= ||x||lq
= ||x||q−1
lq .
n∈N
Wir erhalten also insgesamt für diese spezielle Folge y: hT x, yi = ||x||lq ||y||lp . Dies
impliziert ||T x||(lp )0 ≥ ||x||q .
(b) Übungsaufgabe.
50
. Braack - Normierte Räume
Kapitel 4
Banach-Räume
Definition 4.1 Ein vollständiger normierter Raum heißt Banachraum.
Satz 4.2 Jeder endlich-dimensionale normierte Raum ist ein Banachraum.
Beweis. Sei (xi )i∈N eine Cauchy-Folge im n-dimensionalen normierten Raum E.
Seien (αi,j )i∈N die zugehörigen Koeffizienten für das j-te Basiselement. Auch diese
bilden für jedes j ∈ {1, . . . , n} eine Cauchy-Folge in K und konvergieren somit. Mit
der Äquivalenz der Normen in E und Kn folgt die Konvergenz der Ursprungsfolge
xn → x ∈ E.
Korollar 4.3 Endlich-dimensionale Unterräume von normierten Räumen sind abgeschlossen.
Beweis. Nach Satz 4.2 ist jeder endlich-dimensionale Unterraum G eines normierten Raumes ein Banachraum, also vollständig. Vollständige Teilmengen sind aber
abgeschlossen.
e in den
Satz 4.4 Sei E ein normierter Raum. Dann existiert ein Banachraum E,
e
sich E dicht und normisomorph einbetten läßt, d.h. es existiert eine i ∈ L(E, E)
e
mit ||i(u)||Ee = ||u||E für alle u ∈ E und i(E) dicht in E.
Beweis. Analog zur dichten Einbettung von metrischen Räumen (Satz 2.30).
Lemma 4.5 Ist E ein normierter Raum und F ein Banachraum, so ist L(E, F )
ein Banachraum. Insbesondere ist E 0 stets ein Banachraum.
52
. Braack - Banach-Räume
Beweis. Wegen Lemma 3.16 genügt es zu zeigen, dass in L(E, F ) jede CauchyFolge konvergiert. Sei (Tn )n∈N eine solche Cauchy-Folge. Aus der Norm in L(E, F )
folgt, dass dann für jedes x ∈ E die Folge (Tn x)n∈N eine Cauchy-Folge in Y ist und
somit einen Grenzwert besitzt. Diesen Limes nennen wir T (x). So definieren wir
eine Abbildung T : E → F als den punktweisen Grenzwert T x := limn→∞ Tn x. Nun
bleibt zu zeigen, dass (a) dieses T linear und (b) stetig ist, sowie (c) der Nachweis
Tn → T in L(E, F ).
(a) Hierbei überträgt sich die Linearität direkt aus der Linearität der Tn .
(b) Für den Nachweis der Stetigkeit genügt es die Stetigkeit im Beschränktheit von
T zu überprüfen. Dies ist gegeben wegen der Stetigkeit der Norm
||T x||F =
lim ||Tn x||F ≤ lim ||Tn ||E;F ||x||E ,
n→∞
n→∞
sowie der Tatsache, dass jede Cauchy-Folge beschränkt ist, also limn→∞ ||Tn ||E;F <
∞.
(c) Nun zum Nachweis der Konvergenz benutzen wir wieder, dass die Tk eine CauchyFolge bilden:
||Tn − T ||E;F =
sup ||Tn (x) − T (x)||F
||x||E =1
=
≤
≤
sup lim ||(Tn (x) − Tk (x))||F
||x||E =1 k→∞
sup lim ||Tn − Tk ||E;F ||x||E
||x||E =1 k→∞
lim ||Tn − Tk ||E;F → 0 (für n → ∞) .
k→∞
Als unmittelbare Folgerung erhalten wir:
Korollar 4.6 Der Dualraum E 0 eines normierten Raums E ist stets ein Banachraum.
Korollar 4.7 Ein nicht vollständiger Raum E kann nicht reflexiv sein.
Beweis. E 0 ist stets vollständig und ebenso E 00 . Wenn E reflexiv wäre, so gilt
insbesondere, dass E und E 00 isomorph sind. Dann wäre aber E auch vollständig.
4.1
Bestapproximation
Definition 4.8 Sei G ⊂ E ein Unterraum eines normierten Raums E. Zu u ∈ E
heißt v ∈ G Bestapproximation, wenn
||u − v|| =
inf ||u − w|| .
w∈G
4.2 Raum stetiger Funktionen als Beispiel eines nicht Banach-Raums
53
Satz 4.9 Sei G ⊂ E ein endlich dimensionaler Unterraum eines normierten Raums
E. Dann existiert zu jedem u ∈ E eine Bestapproximation in G.
Beweis. Sei (vn )n∈N eine Minimalfolge an u, also
lim ||u − vn || =
n→∞
inf ||u − w|| .
w∈G
Diese Folge ist beschränkt, denn ||vn || ≤ ||u − vn || + ||u||. Daher existiert eine konvergente Teilfolge vnk → v ∈ E. Für dieses v gilt ||u − v|| = limn→∞ ||u − vnk || =
inf w∈G ||u − w||. Da aber G endlich dimensional und damit abgeschlossen ist, folgt
v ∈ G.
4.2
Raum stetiger Funktionen als Beispiel eines
nicht Banach-Raums
Lemma 4.10 Der Raum der stetigen Funktionen C(Ω) in Verbindung mit der Lp Norm, 1 ≤ p < ∞, ist nicht vollständig.
Beweis. Wir zeigen dies durch ein Gegenbeispiel im Gebiet Ω = [0, 2] ⊂ R. Wir
betrachten die Funktionenfolge
un (x) :=
xn
1
0≤x≤1
1≤x≤2
(un )n∈N ist eine Cauchy-Folge bzgl. || · ||Lp (0,2) , denn für n ≤ m:
||un −
um ||pLp (0,2)
Z
1
m p
Z
1
|x − x | dx ≤
xnp dx
0
0
x=1
1
1
=
xnp+1 =
→ 0
np + 1
np + 1
x=0
=
n
(n → ∞) .
Währe diese Folge nun in der betrachteten Norm konvergent gegen ein u ∈ C(0, 2),
so ergibt sich aus der Minkowskischen Ungleichung (Satz 3.43) in der Lp -Norm im
Intervall (0, 1):
||u||Lp (0,1) ≤ ||u − un ||Lp (0,1) + ||un ||Lp (0,1)
1/p
1
≤ ||u − un ||Lp (0,1) +
→ 0
np + 1
(n → ∞)
54
. Braack - Banach-Räume
Dies impliziert u|(0,1) = 1. Andererseits ist aber auch u|(1,2) = 1. Hieraus folgt, dass
u an der Stelle x = 1 unstetig ist, was ein Widerspruch zur Annahme u ∈ C(0, 2)
darstellt.
Die Unvollständigkeit dieser Räume wird uns veranlassen, eine geeignete Vervollständigung durchzuführen wie sie in Satz 4.4 dargestellt wurde. Dies führt auf die sogenannten Lp -Räume.
4.3
4.3.1
Beispiele von Banach-Räumen
Stetige Funktionen (C(Ω), || · ||∞ )
Das nachstehende Lemma macht deutlich, dass die Frage nach der Konvergenz entscheidend von der jeweiligen Norm abhängt.
Lemma 4.11 Der Raum der stetigen Funktionen C(Ω) in Verbindung mit der Supremums-Norm (L∞ -Norm) ist für beschränkte Gebiete Ω ⊂ Kn ein Banach-Raum.
Beweis. Die Konvergenz in der L∞ -Norm entspricht der gleichmäßigen Konvergenz:
lim ||u − un ||L∞ (Ω) = 0 ⇐⇒ sup |u(x) − un (x)| = 0 .
n→∞
x∈Ω
Das Cauchysche Konvergenzkriterium ist hinreichend für die gleichmäßige Konvergenz einer Folge (un )n∈N stetiger Funktionen gegen eine stetige Grenzfunktion u.
4.3.2
Differenzierbare Funktionen (C m (Ω), || · ||C m (Ω) )
Lemma 4.12 Der Raum der m-mal stetig differenzierbaren Funktionen C m (Ω) in
Verbindung mit der Norm || · ||C m (Ω) ist für beschränkte Gebiete Ω ⊂ Kn ein BanachRaum.
Beweis. Wir hatten bereits gesehen, dass es sich um einen normierten Raum
handelt. Für m = 0 hatten wir auch schon die Vollständigkeit gezeigt (Lemma 4.11).
Analog sieht man, dass für eine gegebene Cauchyfolge (un )n∈N in (C m (Ω), || · ||C m (Ω) )
jede Ableitung ∂ α un gegen eine stetige Funktion u(α) ∈ C(Ω) konvergiert. Nun zeigt
man zunächst, dass für α = (1, 0, . . . , 0) gilt:
∂ α u(x) = u(α) (x)
∀x ∈ Ω .
4.3 Beispiele von Banach-Räumen
55
Dies sieht man durch Betrachtung des Differenzenquotienten Dh u in Richtung α. Es
gilt für beliebiges n ∈ N::
Dh u(x) − u(α) (x)
≤ |Dh u(x) − Dh un (x)| + |Dh un (x) − ∂ α un (x)| + ∂ α un (x) − u(α) (x)
≤
2
||u − un ||L∞ (Ω) + |Dh un (x) − ∂ α un (x)| + ||∂ α un − u(α) ||L∞ (Ω) .
h
Nun muß ein geschickter zweifacher Grenzübergang durchgeführt werden: |h| →
0 und n → ∞. Sei > 0 gegeben. Der letzte der drei Terme ist unkritisch, da
||∂ α un − u(α) ||L∞ (Ω) < für n ≥ n0 = n0 (). Auf den mittleren Term wird der
Mittelwertsatz angewendet:
|Dh un (x) − ∂ α un (x)| = |∂ α un (x + θh) − ∂ α un (x)|
(0 ≤ θ ≤ 1)
≤ |∂ α un1 (x + θh) − ∂ α un1 (x)| + 2||∂ α un − ∂ α un1 ||L∞ (Ω) .
Wir wählen n1 = n1 () so groß, dass ||∂ α un − ∂ α un1 ||L∞ (Ω) < für n ≥ n1 . Jetzt
wähle wir h0 = h0 () > 0 hinreichend klein, dass |∂ α un1 (x + θh) − ∂ α un1 (x)| < sobald |h| < h0 . Als letztes ist nun n2 = n2 (h0 , ) so groß zu wählen, dass für n ≥ n2 :
2
||u − un ||L∞ (Ω) < .
h
Insgesamt erhält man für |h| < h0 :
Dh u(x) − u(α) (x) < 4
Durch mehrfaches Anwenden erhält man dann die Konvergenz für beliebige Ableitungen vom Grad ≤ m und damit limn→∞ ||un − u||C m (Ω) = 0.
4.3.3
Hölder-Räume
Lemma 4.13 Für m ∈ N0 und 0 < λ ≤ 1 ist der Hölder-Raum C m,λ (Ω) in Verbindung mit der Norm || · ||C m,λ (Ω) für beschränkte Gebiete Ω ⊂ Kn ein Banach-Raum.
Beweis. Jede Cauchy-Folge (un )n∈N in C m,λ (Ω) ist auch Cauchy-Folge in (C m (Ω), ||·
||C m (Ω) ) und besitzt somit einen Grenzwert u in C m (Ω). Es bleibt zu zeigen, dass gilt
limn→∞ ||un − u||C m,λ (Ω) = 0. Dies ist aber eine Konsequenz aus:
|un (x) − un (y) − um (x) + um (y)|
→ 0
|x − y|λ
x,y∈Ω,x6=0
sup
(m, n → ∞)
und dem Grenzübergang m → ∞. Das gleiche gilt entsprechend für die Ableitungen
vom Grad ≤ m.
56
4.4
. Braack - Banach-Räume
Lebesgue integrierbare Funktionen Lp(Ω)
Bei Lebesgue integrierbaren Funktionen läßt man als Wertebereich die Menge K :=
K ∪ {±∞} zu. Der Begriff “fast überall” (f.ü.) bedeutet bei einer Aussage, dass die
Aussage punktweise gilt mit möglicher Ausnahme von Punkten aus einer (Lebesgue-)
Nullmenge N ⊂ Ω:
:⇐⇒ u(x) = v(x) ∀x ∈ Ω \ N .
u = v f.ü. auf Ω
Ferner betrachten wir bei den Lp (Ω)-Räumen Äquivalenzklassen von Funktionen.
Hierbei sind zwei Funktionen u, v : Ω → K äquivalent, wenn
u = v f.ü. auf Ω .
Wenn wir im folgenden von einer meßbaren Menge A ⊂ Kn sprechen, so meinen wir
stets Lebesgue-meßbar, d.h. für alle E ⊂ Kn gilt:
λ(E) = λ(A ∩ E) + λ((Kn \ A) ∩ E) .
Hierbei ist λ : P(Kn ) → [0, ∞] das äußere Lebesgue-Maß. Die meßbaren Mengen
bilden eine σ−Algebra mit jeweiligem Maß λ(A). Eine Menge A heißt Nullmenge,
wenn sie das Maß λ(A) = 0 besitzt. Entsprechend heißt eine Funktion u : Ω → K
meßbar, wenn sie Lebesgue-meßbar ist, d.h. die Niveaumengen N>α := {x ∈ Ω :
u(x) > α} sind für alle α ∈ R meßbar.
Definition 4.14 Sei Ω ⊂ Rn eine meßbare Menge. Eine Funktion u : Ω → K heißt
Lebesgue-integrierbar über Ω, wenn
Z
u(x) dx < ∞ .
Ω
Die Menge L1 (Ω) ist die Menge der Äquivalenzklassen (wie oben beschrieben) Lebesgueintegrierbaren Funktionen. Zu 1 ≤ p < ∞ ist der Raum Lp (Ω) definiert durch:
Lp (Ω) := {u : Ω → K meßbar : |u|p ∈ L1 (Ω)} .
Für p = ∞ beinhaltet L∞ (Ω) alle meßbaren Funktionen u : Ω → K für die eine Nullmenge N ⊂ Ω existiert, so dass ||f ||Lp (Ω\N ) < ∞. Die Normen auf diesen Räumen
sind definiert als:
Z
1/p
p
||u||Lp (Ω) :=
|u(x)| dx
,
Ω
||u||L∞ (Ω) :=
inf
sup |u(x)| .
µ(N )=0 x∈Ω\N
4.4 Lebesgue integrierbare Funktionen Lp (Ω)
57
Satz 4.15 (Höldersche Ungleichung) Sei Ω ⊂ Rn eine meßbaren Menge, 1 ≤
p, q ≤ ∞ derart, dass p1 + 1q = 1. Dann gilt für alle u ∈ Lp (Ω), v ∈ Lq (Ω):
Z
|u(x)v(x)| dx ≤ ||u||Lp (Ω) ||v||Lq (Ω) .
Ω
Insbesondere ist dann uv ∈ L1 (Ω).
Beweis. Der Beweis erfolgt ganz analog zum Beweis der Hölderschen Ungleichung
für unendliche Summen (siehe Satz 2.9). Für p = 1 und p = ∞ ist die Behauptung
trivial. Man betrachtet für 1 < p < ∞:
a(x) :=
|u(x)|
,
||u||Lp (Ω)
b(x) :=
|v(x)|
.
||v||Lq (Ω)
Die Young’sche Ungleichung liefert für fast alle x ∈ Ω:
a(x)b(x) ≤
1
1
a(x)p + b(x)q .
p
q
Integration über Ω ergibt:
Z
1
1 1
1 p
a(x)b(x) dx ≤
||a||Lp (Ω) + ||b||qLq (Ω) =
+
= 1.
p
q
p q
Ω
Hieraus folgt die Behauptung.
Satz 4.16 (Minkowskische Ungleichung) Sei Ω ⊂ Rn einer meßbaren Menge,
1 ≤ p ≤ ∞. Dann gilt für alle u, v ∈ Lp (Ω) die Dreiecksungleichung:
||u + v||Lp (Ω) ≤ ||u||Lp (Ω) + ||v||Lp (Ω) .
Insbesondere ist dann u + v ∈ Lp (Ω).
Beweis. Für p = 1 und p = ∞ folgt die Behauptung direkt aus der Dreiechksungleichung in jedem Punkt. Für 1 < p < ∞ hat man zunächst
|u(x) + v(x)|p ≤ (|u(x)| + |v(x)|)p ≤ 2p−1 (|u(x)|p + |v(x)|p ) .
Also folgt zunächst w := u + v ∈ Lp (Ω). Um die Norm nach oben zu beschränken
geht man wie folgt vor:
|w(x)|p ≤ |u(x)| · |w(x)|p−1 + |v(x)| · |w(x)|p−1 .
58
. Braack - Banach-Räume
Nun wollen wir dies nutzen, um beide Seiten der Ungleichung zu integrieren:
Z
Z
p
p−1
||w||Lp (Ω) ≤
|u(x)| · |w(x)| dx + |v(x)| · |w(x)|p−1 dx .
Ω
Ω
Hierzu müssen wir uns aber noch vergewissern, dass die rechte Seite endlich ist. Dies
liefert uns aber die zuvor bewiesene Höldersche Ungleichung, denn:
u, v ∈ Lp (Ω) =⇒ |u|, |v| ∈ Lp (Ω)
|w| ∈ Lp (Ω) =⇒ |w|p−1 ∈ Lp/(p−1) (Ω) = Lq (Ω),
1=
1 1
+ .
p q
Die Höldersche Ungleichung zweimal angewendet ergibt also:
||w||pLp (Ω) ≤ ||u||Lp (Ω) |||w|p−1 ||Lq (Ω) + ||v||Lp (Ω) |||w|p−1 ||Lq (Ω)
Da ferner |||w|p−1 ||Lq (Ω) = ||w||p−1
und (p − 1)q = p erhalten wir:
L(p−1)q (Ω)
||u + v||pLp (Ω) ≤ (||u||Lp (Ω) + ||v||Lp (Ω) )||u + v||p−1
Lp (Ω) .
Im Fall ||u + v||Lp (Ω) 6= 0 erhalten wir die Behauptung durch Kürzen. Im anderen
Fall ist die Behauptung eh trivial.
Satz 4.17 Für 1 ≤ p ≤ ∞ und eine meßbare Menge Ω ⊂ Rn sind die Räume
(Lp (Ω), || · ||Lp (Ω) ) Banach-Räume.
Beweis. Die Minkowskische Ungleichung liefert uns, dass der Raum Lp (Ω) abgeschlossen ist bzgl. der Addition, so dass wir einen linearen Raum erhalten. Ferner
liefert sie uns die Dreiecksungleichung, so dass wir eine Halbnorm bekommen. Für
die Definitheit der Norm müssen wir zeigen:
||u||Lp (Ω) = 0 =⇒ u = 0 f.ü .
Für 1 ≤ p < ∞ ist u ∈ Lp (Ω) äquivalent ist zu |u|p ∈ L1 (Ω), ergibt sich:
1/p
0 = ||u||Lp (Ω) = |||u|p ||L1 (Ω) .
Da || · ||L1 (Ω) eine Norm in L1 (Ω) ist, folgt |u|p = 0 f. ü., und hieraus die Behauptung.
Für p = ∞ ergibt sich u = 0. Ferner ist die Vollständigkeit zu zeigen. Gegeben sei
eine Cauchyfolge (un )n∈N in Lp (Ω). Wir untersuchen die Fälle p = ∞ und 1 ≤ p < ∞
getrennt.
4.4 Lebesgue integrierbare Funktionen Lp (Ω)
59
p = ∞: Wir wissen, dass eine Nullmenge N ⊂ Ω existiert, so dass |u(x)| ≤ ||u||Lp (Ω) ≤
C für alle x ∈ Ω \ N . Wir definieren
0
wenn x ∈ N ,
u(x) :=
limn→∞ un (x) wenn x ∈ Ω \ N .
Dieses u ist wohldefiniert, da für x 6∈ N die Folge (un (x))n∈N Cauchyfolge ist und
somit konvergiert. Also ist u fast überall Grenzwert von meßbaren Funktionen und
daher selbst auch meßbar und f.ü. beschränkt, also u ∈ L∞ (Ω). Ferner gilt
|u(x) − un (x)| =
lim |um (x) − un (x)| ≤ lim inf ||um − un ||L∞ (Ω) → 0 .
m→∞
m→∞
Also folgt limn→∞ ||u − un ||L∞ (Ω) = 0.
1 ≤ p < ∞: In diesem Fall suchen wir nur eine konvergente Teilfolge. Da eine
Cauchyfolge maximal einen Häufungspunkt hat, folgt dann auch die Konvergenz.
Die Teilfolge wählen wir so dass,
X
||unk+1 − unk ||Lp (Ω) < ∞.
k∈N
Dies erreicht man z.B. dadurch, dass man zu k ∈ N das nk ∈ N so wählt, dass für
alle n, m ≥ nk gilt: ||un − um ||Lp (Ω) ≤ 2−k . Hierbei können wir die Folge (nk )k∈N
streng monoton wachsend annehmen. Nun setzen wir
hn :=
n
X
|unk+1 − unk | .
k=1
Offensichtlich gilt stets hn ∈ Lp (Ω), und damit hp ∈ L1 (Ω) und hp ≥ 0 f.ü. Die
Folge (hn )n∈N ist monoton wachsend. Durch das Lemma von Fatou erhalten wir
lim inf n→∞ hn ∈ L1 (Ω) und
Z
Z
p
lim inf hn (x) dx ≤ lim inf
hn (x)p dx = lim inf ||hn ||pLp (Ω) .
Ω
n→∞
n→∞
n→∞
Ω
Der Satz von Lebesgue über die monotone Konvergenz liefert nun hp := lim inf n→∞ hpn ∈
L1 (Ω). Hieraus folgt |hp (x)| < ∞ bzw. |h(x)| < ∞ f.ü. in Ω. Ferner folgt f.ü. punktP
p
weise Konvergenz von u :=
k∈N (unk+1 − unk ) und u ∈ L (Ω). Als letztes vergewissere man sich noch, dass u(x) = limk→∞ unk (x) f.ü. und ||u − un ||Lp (Ω) → 0.
Lemma 4.18 Sei Ω ⊂ Rn eine meßbare Menge mit endlichem Maß µ(Ω) < ∞.
Dann gilt für 1 ≤ p < p̃ ≤ ∞, dass Lp̃ (Ω) ⊂ Lp (Ω). Insbesondere gilt für u ∈ Lp̃ (Ω):
1
1
||u||Lp (Ω) ≤ µ(Ω) p − p̃ ||u||Lp̃ (Ω) .
Für p̃ = ∞ sei hierbei
1
p̃
= 0 zu verstehen.
60
. Braack - Banach-Räume
Beweis. Im Fall p̃ = ∞ ergibt sich die Aussage unmittelbar:
Z
p
||u||Lp (Ω) =
|u(x)|p dx ≤ µ(Ω) ||u||pL∞ (Ω) .
Ω
Für 1 < p̃ < ∞ erhalten wir aus der Hölder-Ungleichung für q := p̃/(p̃ − p) unter
+ p̃p = 1:
Ausnutzung von 1q + pp̃ = p̃−p
p̃
||u||pLp (Ω)
Z
=
1 · |u(x)|p dx = ||1 · |u|p ||L1 (Ω) ≤ ||1||Lq (Ω) ||up ||Lp̃/p (Ω) , .
Ω
1
Nun folgt wegen ||1||Lq (Ω) = µ(Ω) q und ||up ||Lp̃/p (Ω) = ||u||pLp̃ (Ω) :
1
||u||pLp (Ω) ≤ µ(Ω) q ||u||pLp̃ (Ω) .
Hieraus folgt nun die Behauptung durch ziehen der p−ten Wurzel und Beachtung
von 1/(qp) = 1/p − 1/p̃.
Satz 4.19 Die Räume Lp (Ω) sind für 1 < p < ∞ reflexiv, d.h. Lp (Ω) = Lp (Ω)00 .
Beweis. Den Beweis wollen wir hier nicht führen. Wir verweisen auf die Literatur,
z.B [].
Satz 4.20 (Darstellungssatz von Riesz) Sei f ∈ (Lp (Ω))0 , 1 < p < ∞. Dann
existiert genau ein u ∈ Lq (Ω), 1 = p1 + 1q , so dass
Z
hf, vi =
u(x)v(x) dx
∀v ∈ Lp (Ω) .
Ω
Ferner gilt hierfür ||u||Lq (Ω) = ||f ||(Lp (Ω))0 .
Beweis. Wir zeigen, dass die Abbildung
T : Lq (Ω) → Lp (Ω)0 ,
Z
hT u, vi =
u(x)v(x) dx
Ω
ein isometrischer Isomorphismus ist. Die Beschränktheit von T erhält man aus der
Hölderschen Ungleichung:
|hT u, vi| ≤ ||u||Lq (Ω) ||v||Lq (Ω) .
4.4 Lebesgue integrierbare Funktionen Lp (Ω)
61
Also ist T u ∈ Lp (Ω)0 und ||T u||(Lp (Ω))0 ≤ ||u||Lq (Ω) . Für den Nachweis von ||T u||(Lp (Ω))0 ≥
||u||Lq (Ω) wählen wir v ∗ (x) := |u(x)|q−2 u(x) bzw. v ∗ (x) = 0, wenn u(x) = 0. Hiermit
gilt:
Z
∗
hT u, v i =
|u(x)|q dx = ||u||qLq (Ω) .
Ω
Also:
−q/p
q
q
||T u||(Lp (Ω))0 ≥ hT u, v ∗ i||v ∗ ||−1
Lp (Ω) = ||u||Lq (Ω) ||u||Lq (Ω) = ||u||L (Ω) .
Nun ist noch die Surjektivität zu zeigen: Die Menge E := T (Lq (Ω)) ist ein abgeschlossener Unterraum. Wir müssen also nur noch zeigen, dass E dicht ist in Lp (Ω)0 .
Dies geschieht mit dem Trennungssatz von Hahn-Banach. Sei hierzu h ∈ (Lp (Ω)0 )0
eine Linearform, die auf E verschwindet, also für u ∈ Lq (Ω)
Z
0 = hh, T ui =
h(x)u(x) dx
Ω
aufgrund der Reflexivität von Lp (Ω) (Satz 4.19). Nun wählen wir insbesondere
u∗ (x) := |h(x)|p−2 h(x), wodurch wir erhalten
Z
Z
p−2
2
0 =
|h(x)| h(x) dx =
|h(x)|p dx = ||h||pLp (Ω) .
Ω
Ω
Also h = 0 in Lp (Ω). Nach dem Korollar 3.33 folgt die Dichtheit von E. Man
überzeuge sich noch von u∗ ∈ Lq (Ω):
Z
Z
∗ q
p−2
q
||u ||Lq (Ω) =
||h(x)| h(x)| dx =
|h(x)|pq−q dx
Ω
Ω
Da pq − q = p, folgt die Beschränktheit, also u∗ ∈ Lq (Ω).
Ohne Beweis geben wir ferner die Fassung des Darstellungssatzes von Riesz für p = 1
und q = ∞ an:
Satz 4.21 Es gilt L1 (Ω)0 ' L∞ (Ω).
Definition 4.22 Sei Ω ⊂ Rn eine meßbare Menge und 1 ≤ p ≤ ∞. Dann ist
Lploc (Ω) := {f : Ω → K : f 1K ∈ Lp (Ω)
∀K ⊂ Ω kompakt.} ,
wobei 1K die charakteristische Funktion auf der Menge K bezeichnet.
62
. Braack - Banach-Räume
Lemma 4.23 Sei f ∈ L1loc (Ω) mit der Eigenschaft
Z
f u dx = 0
∀u ∈ C0 (Ω) .
(4.1)
Ω
Dann ist f = 0 f. ü. in Ω.
Beweis. Der Beweis verläuft in zwei Schritten:
(a) Zunächst nimmt man an, dass λ(Ω) beschränkt ist und f ∈ L1 (Ω). Dann gilt für
alle f1 ∈ C0 (Ω) aufgrund der Hölderschen Ungleichung:
Z
Z
Z
f1 u dx = f u dx + (f1 − f )u dx ≤ ||f1 − f ||L1 (Ω) ||u||L∞ (Ω) .
Ω
Ω
Ω
Wegen der Dichtheit von C0 (Ω) in L1 (Ω) existiert zu beliebigem > 0 ein f1 ∈ C0 (Ω),
so dass
Z
f1 u dx < ||u||L∞ (Ω)
∀u ∈ C0 (Ω) .
(4.2)
Ω
Die Mengen K1 := {x ∈ Ω : f1 (x) ≥ } und K2 := {x ∈ Ω : f1 (x) ≤ −} sind
disjunkte kompakte Mengen. Der Satz von Tietze-Uryson liefert uns die Existenz
einer Funktion u0 ∈ C0 (Ω), so dass u0 |K1 = 1, u0 |K2 = −1 sowie |u0 (x)| ≤ 1 für alle
x ∈ Ω. Mit K := K1 ∪ K2 folgt nun:
Z
Z
Z
f1 u0 dx =
f1 u0 dx +
f1 u0 dx .
Ω
Ω\K
K
Außerdem ergibt sich mit (4.2):
Z
Z
Z
Z
|f1 | dx =
f1 (x)u0 (x) dx =
f1 (x)u0 (x) dx −
f1 (x)u0 (x) dx
K
K
Ω
Ω\K
Z
Z
≤ +
|f1 (x)u0 (x)| dx ≤ +
|f1 (x)| dx .
Ω\K
Ω\K
Wir erhalten
Z
Z
Z
|f1 | dx =
|f1 | dx +
Ω
K
Z
|f1 (x)| dx ≤ + 2
Ω\K
Da nun |f1 (x)| ≤ für x ∈ Ω \ K erhalten wir:
Z
|f1 | dx ≤ + 2λ(Ω) .
Ω
|f1 (x)| dx .
Ω\K
4.4 Lebesgue integrierbare Funktionen Lp (Ω)
63
||f ||L1 (Ω) ≤ ||f − f1 ||L1 (Ω) + ||f1 ||L1 (Ω) ≤ + + 2λ(Ω) .
Da > 0 beliebig ist, folgt ||f ||L1 (Ω) = 0, also f = 0 f. ü. in Ω.
(b) Basierend hierauf wählt man nun zudem λ(Ω) unbeschränkt. Wir schreiben Ω
in der Form Ω = ∪n∈N Ωn mit offenen und beschränkten Mengen Ωn , z.B.
Ωn := {x ∈ Ω : dist(x, Kn \ Ω) > 1/n und |x| < n} .
Die Anwendung von (a) ergibt nun f |Ωn = 0 für alle n ∈ N und damit f |Ω = 0.
Lemma 4.24 Für jede offene Menge Ω ⊂ Kn ist der Raum der stetigen Funktionen
mit kompaktem Träger C0 (Ω) dicht in L1 (Ω).
Beweis. Man zeigt hierfür zunächst, dass die Menge der Treppenfunktionen dicht
ist in L1 (Ω). Anschließend approximiert man die Treppenfunktionen durch stetige
Funktionen. Letztendlich approximiert man C(Ω) dann durch C0 (Ω) beliebig genau
in der L1 -Norm.
Satz 4.25 Für jede offene Menge Ω ⊂ Kn ist der Raum der stetigen Funktionen
mit kompaktem Träger C0 (Ω) ist dicht in Lp (Ω), wenn 1 ≤ p < ∞.
Beweis. Wir wissen wegen Lemma 4.24, dass C0 (Ω) dicht ist in L1 (Ω). Wir können
uns daher auf den Fall 1 < p < ∞ beschränken. Aufgrund der Darstellungssatzes von
Riesz sind die Funktionale auf Lp (Ω) gegeben durch den Raum Lq (Ω) mit 1 = p1 + 1q .
Sei daher h ∈ Lq (Ω) gegeben derart, dass
Z
h(x)u(x) = 0
∀u ∈ C0 (Ω) .
Ω
Aufgrund der Hölderschen Ungleichung ist h ∈ L1loc (Ω), denn
Z
h(x)χK (x) dx ≤ ||h||Lq (Ω) ||χK ||Lp (Ω) = ||h||Lq (Ω) λ(K)1/p < ∞ .
Ω
Mit Lemma 4.23 folgt nun h = 0 in Lq (Ω). Das Korollar 3.33 des Satzes von HahnBanach liefert nun die Dichtheit von C0 (Ω).
Lemma 4.26 Für jede offene Menge Ω ⊂ Kn und für 1 ≤ p < ∞ sind die Räume
Lp (Ω) separabel.
64
. Braack - Banach-Räume
Beweis. Wir betrachten die abzählbare Menge von Quadern mit rationalen Koordianten:
Q =
n
Y
(ak , bk ) ⊂ Ω ,
ak , bk ∈ Q .
k=1
Ferner sei E der lineare Raum der durch die charakteristiischen Funktionen χR
gebildet wird. Wir zeigen, dass dieser abzählbare Raum dicht ist in Lp (Ω). Hierzu
verwenden wir, dass der Raum C0 (Ω) dicht ist in Lp (Ω) (Satz 4.25). Sei f ∈ Lp (Ω)
und > 0 gegeben. Zunächst finden wir ein f1 ∈ C0 (Ω) mit ||f − f1 ||Lp (Ω) < und
supp(f ) ⊂ Ω0 mit beschränkter offener Menge Ω0 ⊂ Ω. Also gilt auch f1 ∈ C0 (Ω0 ).
Nun konstruiert man eine Funktion f2 ∈ E, so dass
|f1 (x) − f2 (x)| ≤ |Ω0 |−1/p
f. ü. in Ω .
Dies erreicht man indem man Ω0 überdeckt durch eine endliche Anzahl von Quadern
obiger Gestalt, so dass in jedem Quader die Ozillation von f1 klein genug ist. Nun
folgt hieraus
Z
Z
p
p
p
0 −1
||f1 − f2 ||Lp (Ω) =
(f1 (x) − f2 (x)) dx = |Ω |
dx = p .
Ω
Ω
Wir erhalten also insgesamt ||f − f2 ||Lp (Ω) ≤ 2.
4.5
Satz von Banach-Steinhaus
Die Verallgemeinerung vom Satz der gleichmäßigen Beschränktheit 2.37 lautet:
Satz 4.27 (Banach-Steinhaus) Sei E Banchraum, F ein normierter Raum und
L ⊂ L(E, F ) punktweise beschränkt, also
sup ||T x|| < ∞
∀x ∈ E .
T ∈L
Dann ist L gleichmäßig beschränkt, d.h. supT ∈L ||T ||L(E,F ) < ∞ .
Beweis. Analog zum Beweis von Satz 2.37 betrachtet man die abgeschlossenen
Mengen
Xn := {x ∈ E : ||T x|| ≤ n
∀T ∈ L} .
4.5 Satz von Banach-Steinhaus
65
S
Da E = n∈N Xn liefert der Satz von Baire, dass mindestens ein Xn ein nichtleeres
Inneres hat. Seien daher x0 ∈ E, r > 0, n0 ∈ N derart, dass BE (x0 , r) ⊂ Xn0 . Dies
bedeutet aber für alle T ∈ L:
||T (x0 + rz)|| ≤ n0
∀z ∈ E mit ||z|| ≤ 1 .
Hieraus folgt nun für alle T ∈ L:
r||T ||L(E,F ) ≤ n0 + ||T x0 ||F
Aus der punktweisen Beschränktheit von L folgt nun die Behauptung.
Korollar 4.28 Sei E Banchraum, F ein normierter Raum und (Tn )n∈N eine Folge
in L(E, F ), so dass (Tn (x))n∈N für jedes x ∈ E konvergiert. Dann gilt:
(i) Die Folge (Tn )n∈N ist in L(E, F ) beschränkt.
(ii) Für den punktweisen Grenzwert T x := limn→∞ Tn (x) gilt T ∈ L(E, F ).
(iii) Es gilt:
||T ||E;F ≤
lim inf ||Tn ||E,F .
n→∞
Beweis. (i): Aus der Konvergenz der Folge (Tn )n∈N folgt die punktweise Beschränktheit. Der Satz von Banach-Steinhaus liefert die Beschränktheit der Folge
(Tn )n∈N in L(E, F ).
(ii): Die Linearität von T folgt aus der Linearität der Tn . Um die Stetigkeit von T
nachzuweisen, reicht es die Beschränktheit von T in zu zeigen. Dies ist aber gerade
die Aussage von (iii).
(iii): Für x ∈ E mit ||x||E = 1 gilt wegen (a):
||Tn x||F ≤ ||Tn ||E;F ||x||E = ||Tn ||E;F .
Da die Folge (Tn )n∈N in L(E, F ) beschränkt ist, folgt für den Grenzwert:
||T x||F =
lim ||Tn x||F ≤ lim inf ||Tn ||E;F < ∞ .
n→∞
n→∞
Also folgt
||T ||E;F =
sup ||T x||F ≤ lim inf ||Tn ||E;F < ∞ .
||x||E =1
n→∞
66
. Braack - Banach-Räume
Korollar 4.29 Sei E Banchraum, F ein normierter Raum, T ∈ L(E, F ), sowie
(Tn )n∈N eine Folge in L(E, F ). Dann konvergiert diese Folge punktweise gegen T ,
genau dann wenn sie auf einer dichten Teilmenge von E punktweise gegen T konvergiert und die Tn gleichmäßig beschränkt sind.
Beweis. ⇒: Die Konvergenz auf einer dichten Teilmenge von E ist trivialerweise
erfüllt. Die Beschränktheit folgt direkt aus dem Korollar von Banach-Steinhaus 4.28.
⇐: Sei G ⊂ E die dichte Teilmenge, in der die punktweise Konvergenz bereits
gegeben ist. Für u ∈ E und v ∈ G beliebig gilt:
||T u − Tn u||F ≤ ||T u − T v||F + ||T v − Tn v||F + ||Tn v − Tn u||F
≤ ||T ||E;F ||u − v||E + ||T v − Tn v||F + ||Tn ||E;F ||u − v||E
Zu beliebigem > 0 wählt man nun v ∈ G so, dass für alle n ∈ N gilt (||T ||E;F +
||Tn ||E;F )||u − v||E < /2 und dann n ∈ N so, dass auch ||T v − Tn v||F < /2.
Korollar 4.30 Sei A eine Teilmenge eines Banchraums E mit der Eigenschaft,
dass für jedes f ∈ E 0 die Menge f (A) = {hf, xi : x ∈ A} in R beschränkt ist. Dann
ist A auch in E beschränkt.
Beweis. Wir betrachten die Banachräume E 0 und R, sowie zu jedem x ∈ A die
Abbildung Tx : E 0 → R gegeben für f ∈ E 0 durch
Tx f := hf, xi .
Da f (A) beschränkt ist, folgt supx∈A |Tx f | < ∞ für jedes f ∈ E 0 . Wir können nun
den Satz von Banach-Steinhaus 4.27 auf diese Menge von Operatoren Tx anwenden.
Dieser liefert uns
sup ||Tx ||E 0 < ∞ .
x∈A
Mit anderen Worte: es existiert ein c > 0 mit
|hf, xi| = |Tx f | ≤ c||f ||E 0
∀f ∈ E 0 ∀x ∈ A .
Mit Korollar 3.22 folgt ||x|| = sup||f ||=1 hf, xi ≤ c für alle x ∈ A.
4.6 Prinzip der offenen Abbildung
4.6
67
Prinzip der offenen Abbildung
Satz 4.31 (Prinzip der offenen Abbildung) Seien E, F zwei Banach-Räume.
Dann ist jede surjektive Abbildung T ∈ L(E, F ) offen. Insbesondere existiert ein
> 0, so dass
BF (0, ) ⊂ T (BE (0, 1)) .
(4.3)
Beweis. Der Beweis gliedert sich in zwei Teile:
(i) Zeige die Existenz eines > 0, so dass
BF (0, 2) ⊂ T (BE (0, 1)) .
(4.4)
(ii) Wenn (i) gilt, so folgt (4.3).
zu (i): Mit der Bezeichnung Xn := nT (BE (0, 1)) erhalten wir mit der Surjektivität
von T :
[
F =
Xn .
n∈N
Mit dem Satz von Baire 2.34 erhalten wir die Existenz eines n ∈ N, so dass Xn
ein nichtleeres Inneres besitzt. Also besitzt nT (BE (0, 1)) mindestens einen inneren
Punkt. Dann besitzt aber auch BT := T (BE (0, 1)) einen inneren Punkt y0 ∈ BT .
Wir finden daher ein > 0, so dass
BF (y, 4) ⊂ BT .
Aufgrund der Symmetrie von BE (0, 1) und der Linearität von T ist dann auch
−y ∈ BT . Damit folgt
BF (0, 4) ⊂ BT + BT .
Da BT konvex ist, gilt BT + BT = 2BT . Insgesamt folgt BF (0, 4) ⊂ 2T (BE (0, 1))
und damit die Behauptung (4.4).
zu (ii): Wir setzen nun (4.4) voraus und wählen ein beliebiges y ∈ F mit ||y||F < .
Gesucht ist ein Urbild x ∈ E mit ||x||E < 1 und T x = y. Dieses x findet man
folgendermaßen: Da man (4.4) auch umformulieren kann in BF (0, ) ⊂ T (BE (0, 12 )),
finden wir ein z1 ∈ E mit ||z1 ||E < 12 und ||y − T z1 || < 2 .
Nun wählen wir y2 := y − T z1 und erhalten ein z2 ∈ E mit ||z2 ||E < 2−2 und
68
. Braack - Banach-Räume
||y2 − T z2 || < 2−2 . Diesen Prozess iterieren wir. Die Folge der (yn )n∈N bleibt in
BF (0, 2) (geometrische Reihe). Für die Folge (zn )n∈N gilt:
||zn ||E < 2−n
und ||y − T (z1 + . . . + zn )|| < 2−n ∀n ∈ N .
P
Die Folge xn = nk=1 zn bildet daher eine Caucy-Folge mit Grenzwert x. Für diesen
Grenzwert x gilt ||x||E < 1 und wegen der Stetigkeit von T , dass T x = y.
Korollar 4.32 Seien E, F zwei Banach-Räume und T ∈ L(E, F ) sei bijektiv. Dann
ist die Umkehrabbildung T −1 : F → E stetig.
Beweis. Aus (4.3) folgt für x ∈ E mit ||T x||F < , dass ||x||E < 1 gilt. Aufgrund
der Linearität folgt ||x||E < −1 ||T x||F . Mit anderen Worten:
||T −1 y||E < −1 ||y||F .
Also ist T −1 stetig.
Korollar 4.33 Sei E versehen mit Normen ||·||1 und ||·||2 jeweils ein Banach-Raum.
Wenn sich eine der Normen durch die andere beschränken läßt, z.B.
||x||1 ≤ c||x||2
∀x ∈ E ,
so sind die Normen äquivalent.
Beweis. Läßt sich || · ||1 durch || · ||2 beschränken, so ist id : (E, || · ||2 ) → (E, || · ||1 )
stetig. Aus dem vorherigen Korollar ergibt sich die Stetigkeit von id : (E, || · ||1 ) →
(E, || · ||2 ). Also läßt sich || · ||2 durch || · ||1 beschränken. Insgesamt erhalten wir die
Äquivalenz der Normen.
Korollar 4.34 Seien G, L ⊂ E zwei abgeschlossene Teilräume des Banachraums
E, und sei G + L ebenfalls abgeschlossen. Dann existiert eine Konstante c ≥ 0, so
dass sich jedes z ∈ G + L darstellen läßt in der Form z = x + y mit x ∈ G, y ∈ L
und
max(||x||, ||y||) ≤ C||z|| .
Beweis. Im Produktraum G × L bildet
||(x, y)||G×L := ||x|| + ||y||
4.7 Satz vom abgeschlossenen Graphen
69
eine Norm. Eie Abbildung T : G×L → G+L, T (x, y) := x+y, ist in L(G×L, G+L)
und surjektiv. Der Satz der offenen Abbildung liefert uns eine Konstante ≥ 0 mit
der Eigenschaft, dass wir zu z ∈ G + L geeignete x ∈ G und y ∈ L finden mit
z = x + y und :
||x + y|| < ⇒ ||x|| + ||y|| < 1 .
Dies liefert uns aufgrund von Homogenität:
||x|| + ||y|| < −1 ||x + y|| .
4.7
Satz vom abgeschlossenen Graphen
Definition 4.35 Sei T : E → F eine lineare Abbildung zwischen zwei normierten
Räumen. Dann heißt die Menge
G(T ) := {(x, T x) : x ∈ E} ⊂ E × F
der Graph von T . Wenn G(T ) in E × F abgeschlossen ist, so heißt T abgeschlossen.
Satz 4.36 (Satz vom abgeschlossenen Graphen) Sei T : E → F eine lineare
Abbildung zwischen zwei Banachräumen E und F . Dann ist T genau dann stetig,
wenn T abgeschlossen ist (also wenn sein Graph abgeschlossen ist).
Beweis. ⇒: Sei (xn , yn ) eine Folge von Punkten in GT mit xn → x ∈ E und
yn = T xn → y ∈ F . Wegen der Stetigkeit von T folgt T xn = yn → T x = y, also
(x, y) ∈ G(T ).
⇐: Da G(T ) abgeschlossener Unterraum von E ×F ist, ist G(T ) selbst Banachraum.
Die Projektion π : G(T ) → E, π(x, y) = x ist bijektiv, linear und stetig. Nach dem
Satz der offenen Abbildung 4.31 ist dann auch π −1 : E → E × F stetig. Ferner ist
Π : E × F → F stetig. Insgesamt folgt, dass T = Π ◦ π −1 : E → F stetig ist.
70
. Braack - Banach-Räume
Kapitel 5
Annihilatoren und adjungierte
Operatoren
5.1
Annihilatoren
Definition 5.1 Sei E ein normierter Raum und M ⊂ E ein Unterraum. Dann
heißt
M ⊥ := {f ∈ E 0 : hf, xi = 0 ∀x ∈ M } ⊂ E 0
der Annihilator von M . Für einen Unterraum N ⊂ E 0 ist
N⊥ := {x ∈ E : hf, xi = 0 ∀f ∈ N } ⊂ E
der Annihilator von N .
Lemma 5.2 Sei E ein normierter Raum und M ⊂ E, N ⊂ E 0 Unterräume. Dann
sind die Annihilator M ⊥ und N⊥ abgeschlossene Unterräume von E 0 , bzw. von E.
Beweis. Die Unterraumeigenschaft ergibt sich unmittelbar aus der Linearität
der Funktionale. Die Abgeschlossenheit sieht man schnell aus der Darstellung als
Durchschnitt:
\
N⊥ =
{x ∈ E : hf, xi = 0} ,
f ∈N
M
⊥
=
\
{f ∈ E 0 : hf, xi = 0} .
x∈M
Jede der einzelnen auftretenden Mengen, z.B. der Kern {x ∈ E : hf, xi = 0}, ist
abgeschlossen, da die Funktionale stetig sind.
72
. Braack - Annihilatoren und adjungierte Operatoren
Lemma 5.3 Sei M ⊂ E ein abgeschlossener Unterraum des normierten Raums E.
Dann wird der Quotientenraum E/M := {x+M : x ∈ E} zusammen mit der Norm
||x + M ||E/M :=
inf ||x − m||
m∈M
wieder ein normierter Raum.
Beweis. Zunächst zur Wohldefiniertheit der Norm: Sei x + M = y + M , also
x − y ∈ M . Dann folgt
||x + M ||E/M =
=
inf ||x − m|| = inf ||x − (x − y) − m||
m∈M
m∈M
inf ||y − m|| = ||y + M ||E/M .
m∈M
Die Definitheit folgt aus der Abgeschlossenheit von M :
||x + M ||E/M = 0 ⇒
inf ||x − m|| = 0 ⇒ x ∈ M = M ⇒ x + M = M .
m∈M
Also entspricht x + M der Null-Äquivalenzklasse 0 + M . Der Nachweis der Homogenität und die Dreiecksungleichung sind eine (sehr) einfache Übung.
Lemma 5.4 Sei M ein abgeschlossener Unterraum eines normierten Raums E.
Dann existieren (kanonische) isometrische Isomorphismen:
M ⊥ ' (E/M )0
und
M 0 ' E 0 /M ⊥ .
Beweis. Aufgrund der Abgeschlossenheit von M , ist E/M wieder ein normierter
Raum. Wenn M nicht abgeschlossen ist, so ist die Einschränkung von || · || auf den
Quotientenraum E/M nicht notwendigerweise eine Norm. Als ersten isometrischen
Isomorphismus definiert man
Ψ : (E/M )0 → M ⊥ ,
Ψ(f ) := f ◦ iM ,
mit der kanonischen Einbettung iM : E → E/M . Für x ∈ M ist iM x = 0, so dass
hΨ(f ), xi = hf, iM xi = 0, also Ψ(f ) ∈ M ⊥ . Im zweiten Fall definiert man
Φ : E 0 /M ⊥ → M 0 ,
Φ(f + M ⊥ ) := f |M .
Der Nachweis der Normerhaltung und der Bijektivität ist eine einfache Übung.
Lemma 5.5 In Banachräumen E gilt für Unterräume M ⊂ E und N ⊂ E 0 :
M = (M ⊥ )⊥
und
N ⊂ (N⊥ )⊥ .
5.1 Annihilatoren
73
Beweis. (a): Die Menge (M ⊥ )⊥ stellt sich dar als:
(M ⊥ )⊥ = {y ∈ E : hf, yi = 0 ∀f ∈ M ⊥ } .
Insbesondere ist also M ⊂ (M ⊥ )⊥ und somit auch M ⊂ (M ⊥ )⊥ . Da (M ⊥ )⊥
abgeschlossen ist und in einem Banachraum jeder abgeschlosse Unterraum auch
vollständig ist, folgt M ⊂ (M ⊥ )⊥ = (M ⊥ )⊥ . Für die Inklusion (M ⊥ )⊥ ⊂ M nehmen
wir das Gegenteil an: Sei also x0 ∈ (M ⊥ )⊥ aber x0 6∈ M . Dann können wir {x0 }
von M durch eine Hyperebene strikt separieren (siehe Korollar 3.31), also mit einem
f ∈ E 0:
hf, xi < α < hf, x0 i ∀x ∈ M .
Da M ein Unterraum ist folgt hf, xi = 0 für alle x ∈ M und α > 0, also f ∈ M ⊥ .
Dann muß wegen x0 ∈ (M ⊥ )⊥ aber auch hf, x0 i = 0 gelten, was ein Widerspruch zu
0 < α < hf, x0 i ist.
(b): N ⊂ (N⊥ )⊥ zeigt man analog, woraus dann N ⊂ (N⊥ )⊥ direkt folgt.
Man ist natürlich geneigt (aus Symmetriegründen) N = (N⊥ )⊥ zu zeigen, obgleich
dies im allgemeinen falsch ist. Wenn man die Argumente von (a) hierauf anwendet
erhält man zu f0 ∈ (N⊥ )⊥ ⊂ E 0 ein ϕ ∈ E 00 und ein α ∈ R mit:
ϕ(f ) < α < ϕ(f0 ) ∀f ∈ N ,
sowie ϕ(f ) = 0 für f ∈ N . Hieraus folgt aber i.a. nicht die Existenz eines x0 ∈ E
mit ϕ(f ) = hf, x0 i = 0 für alle f ∈ N , bzw. x0 ∈ N⊥ und damit den Widerspruch
0 < α < hf0 , x0 i = 0. Wir erhalten aber durch diese Überlegungen:
Lemma 5.6 In einem reflexiven Banachraum E gilt für Teilräume N ⊂ E 0 :
N = (N⊥ )⊥ .
Lemma 5.7 Sei E ein Banachraum und G, L ⊂ E abgeschlossene Unterräume.
Dann gilt:
(a)
(b)
G ∩ L = (G⊥ + L⊥ )⊥ ,
G⊥ ∩ L⊥ = (G + L)⊥ .
Beweis. (a): Sei x ∈ G ∩ L und f ∈ G⊥ + L⊥ . Dann ist hf, xi = 0. Andererseit
gilt G⊥ ⊂ G⊥ + L⊥ . Hieraus folgt (G⊥ + L⊥ )⊥ ⊂ (G⊥ )⊥ = G = G. Analog gilt
(G⊥ + L⊥ )⊥ ⊂ L. Insgesamt erhält man (G⊥ + L⊥ )⊥ ⊂ G ∩ L.
(b): Da G ⊂ G + L gilt (G + L)⊥ ⊂ G⊥ . Analog gilt (G + L)⊥ ⊂ L⊥ , also insgesamt
(G + L)⊥ ⊂ G⊥ ∩ L⊥ . Die andere Richtung folgt ebenso: f ∈ G⊥ ∩ L⊥ , also hf, xi =
hf, yi = 0 für alle x ∈ G und alle y ∈ L. Daher hf, x + yi = 0, also f ∈ (G + L)⊥ .
74
. Braack - Annihilatoren und adjungierte Operatoren
Lemma 5.8 Sei E ein Banachraum und G, L ⊂ E abgeschlossene Unterräume.
Dann sind äquivalent:
(a) G + L ist abgeschlossen in E.
(b) G + L = (G⊥ ∩ L⊥ )⊥ .
(c) G⊥ + L⊥ ist abgeschlossen in E 0 .
(d) G⊥ + L⊥ = (G ∩ L)⊥ .
Beweis. (a)⇔(b): Nach Lemma 5.7 (b) und 5.5 gilt:
(G⊥ ∩ L⊥ )⊥ = ((G + L)⊥ )⊥ = G + L .
Da in Banachräumen die abgeschlossenen Unterräume gerade die vollständigen Unterräume sind, folgt hieraus unmittelbar die Äquivalenz von (a) und (b).
(c)⇔(d): Mit Lemma 5.6 und Lemma 5.7 (a) erhalten wir
G⊥ + L⊥ = ((G⊥ + L⊥ )⊥ )⊥ = (G ∩ L)⊥ .
Hieraus folgt die Äquivalenz von (c) und (d) unmittelbar.
(a)⇒(d): Wegen Lemma 5.7 (a) und 5.2 gilt stets:
(G ∩ L)⊥ = ((G⊥ + L⊥ )⊥ )⊥ = (G⊥ + L⊥ ) ⊃ G⊥ + L⊥ .
Wir müssen daher nur für f ∈ (G ∩ L)⊥ noch zeigen, dass f ∈ G⊥ + L⊥ . Dies
geschieht indem man ein Funktional ϕ ∈ L⊥ konstruiert, so dass f − ϕ ∈ G⊥ . Dieses
ϕ definiert man nun zunächst für x = a + b ∈ G + L folgendermaßen:
ϕ(x) = hf, ai
∀a ∈ G ∀b ∈ L .
Diese Definition ist unabhängig von der speziellen Dekomposition von x in a und b,
da f ∈ G⊥ + L⊥ . Die Linearität ist auch offensichtlich. Um die Stetigkeit von ϕ zu
zeigen benötigen wir die Beschränktheit
|ϕ(x)| = |hf, ai| ≤ c||x||
∀x ∈ G + L .
Dies liefert uns aber gerade das Korollar 4.34. Demnach gilt ϕ ∈ (G + L)0 und somit
können wir es fortsetzen zu einem ϕ ∈ E 0 . Nach Konstruktion ist außerdem ϕ ∈ L⊥
und f − ϕ ∈ G⊥ .
(c)⇒(a): lassen wir als (schwierige) Übungsaufgabe.
5.2 Unbeschränkte und adjungierte Operatoren
5.2
5.2.1
75
Unbeschränkte und adjungierte Operatoren
Unbeschränkte Operatoren
Wir beschäftigen uns in diesem Abschnitt mit linearen Operatoren A, deren Definitionsgebiet D(A) einen Teilraum eines Banachraums E darstellt. Die Werte seien
ebenfalls in einem Banachraum F .
Definition 5.9 Unter einem lineare unbeschränkten Operator zwischen Banachräumen E, F versteht man eine lineare Abbildung
A : D(A) → F ,
wobei D(A) ⊂ E ein Teilraum ist.
Von Interesse sind insbesondere Operatoren, bei denen D(A) dicht in E ist, also
D(A) = E. Ein unbeschränkten Operator kann aber sehr wohl beschränkt sein.
Dies ist der Fall, wenn eine Konstante c ≥ 0 existiert, so dass ||Au||F ≤ c||u||E für
alle u ∈ D(A). Aus der Beschränktheit eines unbeschränkten linearen Operators
folgt aber noch nicht die Stetigkeit, da das Definitionsgebiet i.a. nicht ganz E ist,
also D(A) 6= E. Anders herum folgt aber im Falle eines stetigen linearen Operators
A : D(A) → F auch die Beschränktheit.
Definition 5.10 Für einen linearen Operator A : D(A) → F führen wir die Bezeichnungen R(A) ⊂ F für das Bild von A und N (A) ⊂ D(A) ⊂ E für den Kern
von A ein:
[
R(A) :=
Au ,
u∈D(A)
N (A) := {u ∈ D(A) : Au = 0} .
Wir erhalten unmittelbar folgende Charakterisierung abgeschlossener linearer Operatoren:
Lemma 5.11 Seien E, F Banachräume und D(A) ⊂ E ein Teilraum. Ein linearer
Operator A : D(A) → F ist genau dann abgeschlossen, wenn für jede Folge (un )n∈N
in D(A) mit un → u in E und Aun → f in F gilt: u ∈ D(A) und Au = f .
Man beachte, dass auch aus der Abgeschlossenheit und der Beschränktheit von A
noch nicht die Stetigkeit folgt. Stetig wäre A erst, wenn für jede Folge (un )n∈N in
D(A), die gegen ein u in E konvergiert, auch automatisch Aun → f ∈ F gilt.
76
. Braack - Annihilatoren und adjungierte Operatoren
Lemma 5.12 Für lineare abgeschlossene Operator A : D(A) → F ist der Kern
N (A) abgeschlossen.
Beweis. Für eine Folge (xn )n∈N in N (A) gilt dann yn := Axn = 0. Also ist
(xn , yn )n∈N eine konvergente Folge im Graphen G(A). Da für abgeschlossene Operatoren der Graph G(A) abgeschlossen in E × F , folgt dass
lim (xn , yn ) = (x, y) ∈ G(A) ,
n→∞
mit Ax = y = limn→∞ yn = 0, also x ∈ N (A).
5.2.2
Adjungierte Operatoren
Wir wollen zu einem unbeschränkten Operator A ein Definitionsgebiet D(A∗ ) ⊂ F 0
und einen adjungierten Operator
A∗ : D(A∗ ) → E 0
definieren. Hierzu betrachten wir den Teilraum
D(A∗ ) := {f ∈ F 0 : |hf, Aui| ≤ c||u||E ∀u ∈ D(A)} .
(5.1)
In dieser Definition hängt die Konstante c selbstverständlich von f ab.
Bemerkung 5.13 Im Spezialfall D(A) = E und A ∈ L(E, F ) gilt offensichtlich
D(A∗ ) = F 0 , denn
|hf, Aui| ≤ ||f ||F 0 ||Au||F ≤ ||f ||F 0 ||A||E;F ||u||E .
Für ν ∈ D(A∗ ) betrachten wir ferner die lineare Abbildung f : D(A) → K definiert
durch
hf, ui := hν, Aui
∀u ∈ D(A) .
Da |hf, ui| ≤ c||u||E für alle u ∈ D(A), gilt f ∈ D(A)0 . Der Fortsetzungssatz von
Hahn-Banach (Satz 3.7) liefert uns nun die Existenz einer Fortsetzung F ∈ E 0 von
f.
Im Fall, dass D(A) in E dicht ist, ist dieses F eindeutig definiert, so dass wir
setzen können:
A∗ ν := F .
Wir erhalten daher das folgende Resultat:
5.2 Unbeschränkte und adjungierte Operatoren
77
Satz 5.14 Im Fall eines dichten Unterraums D(A) ⊂ E, existiert zum unbeschränkten linearen Operator A : D(A) → F ein eindeutig definierter adjungierter Operator
A∗ : D(A∗ ) → E 0
auf dem Unterraum D(A∗ ) ⊂ F 0 gemäß (5.1) mit der Eigenschaft:
hA∗ v, uiE 0 ,E = hv, AuiF 0 ,F
∀u ∈ D(A) , ∀v ∈ D(A∗ ) .
Lemma 5.15 Seien E, F zwei Banachräume und A : D(A) → F ein unbeschränkter linearer Operator mit einem dichten Unterraum D(A) ⊂ E. Dann ist A∗ ein
abgeschlossener Operator.
Beweis. A∗ abgeschlossen bedeutet, dass der Graph G(A∗ ) in F 0 × E 0 abgeschlossen ist. Sei daher vn → v eine Folge in D(A∗ ) mit Grenzwert in F 0 und A∗ vn → f
in E 0 . Wir zeigen v ∈ D(A∗ ) und A∗ v = f . Für u ∈ D(A) ergibt:
hf, ui = lim hA∗ vn , ui =
n→∞
lim hvn , Aui = hv, Aui .
n→∞
Also ist v ∈ D(A∗ ) und A∗ v = f .
Lemma 5.16 Seien E, F zwei Banachräume und A : D(A) → F ein unbeschränkter linearer Operator mit einem dichten Unterraum D(A) ⊂ E. Dann gilt mit den
Bezeichnungen G := G(A) und L := E × {0}:
(a)
N (A) × {0} = G ∩ L
(b)
E × R(A)
(c)
{0} × N (A∗ ) = G⊥ ∩ L⊥
(d)
R(A∗ ) × F 0 = G⊥ + L⊥ .
=G+L
Beweis. Übungsaufgabe.
Satz 5.17 Seien E, F zwei Banachräume und A : D(A) → F ein unbeschränkter
linearer Operator mit einem dichten Unterraum D(A) ⊂ E. Dann gilt:
(a)
N (A) = R(A∗ )⊥
(b)
N (A∗ ) = R(A)⊥
(c)
R(A∗ ) ⊂ N (A)⊥
(d)
R(A) = N (A∗ )⊥ .
78
. Braack - Annihilatoren und adjungierte Operatoren
Beweis. (a): Wir stellen N (A) × {0} mittels der in Lemma 5.16 benutzten Bezeichnungen G := G(A) und L := E × {0} anders dar:
N (A) × {0} = G ∩ L = (G⊥ + L⊥ )⊥ = (R(A∗ ) × F 0 )⊥ = R(A∗ )⊥ × (F 0 )⊥ .
Hieraus folgt (a). Die Aussage (b) folgt aus:
{0} × N (A∗ ) = G⊥ ∩ L⊥ = (G + L)⊥ = (E × R(A))⊥ = E ⊥ × R(A)⊥ .
(c): Anwendung von Lemma 5.5 und von (a) liefert:
R(A∗ ) ⊂ (R(A∗ )⊥ )⊥ = N (A)⊥ .
(d): Anwendung von Lemma 5.5 und von (b) liefert:
R(A) = (R(A)⊥ )⊥ = N (A∗ )⊥ .
Satz 5.18 Seien E, F zwei Banachräume und A : D(A) → F ein unbeschränkter
linearer Operator mit einem dichten Unterraum D(A) ⊂ E. Dann sind äquivalent:
(a)
A ist surjektiv
(b)
∃C ≥ 0 ∀v ∈ D(A∗ ) :
(c)
R(A∗ ) ist abgeschlossen und N (A∗ ) = {0}.
||v|| ≤ C||A∗ v||E 0
Ferner sind folgende drei Aussagen äquivalent:
(d)
A∗ ist surjektiv
(e)
∃C ≥ 0 ∀u ∈ D(A) :
(f )
R(A) ist abgeschlossen und N (A) = {0}.
||u|| ≤ C||Au||F
Ferner sind äquivalent:
(g)
D(A) = E
(h)
A ist beschränkt
(i)
D(A∗ ) = F 0
(j)
A∗ ist beschränkt.
Aus jeder der Eigenschaften (g)-(j) folgt: ||A||E;F = ||A∗ ||F 0 ;E 0 .
Kapitel 6
Schwache Topologien
Sei X eine Menge und Y ein topologischer Raum (z.B. der Körper K). Ferner seien
Abbildungen ϕi : X → Y , i ∈ I, gegeben. Wir wollen jetzt versuchen X mit einer
Topologie σ zu versehen, so dass alle ϕi stetig sind, und zwar so, dass σ so grob
wie möglich ist. σ soll also möglichst wenig offene Menge beinhalten. Wenn man σ
als die diskrete Topologie bildet, also σ = P(X), so sind die Abbildungen ϕi stetig,
aber σ ist zu fein.
Die Topologie σ muß andererseits alle Mengen der Form ϕ−1
i (ω) mit ω ⊂ Y offen
−1
beinhalten. σ muß also durch gerade diese ϕi (ω) erzeugt werden. Sei daher
F := {ϕ−1
i (ω) : i ∈ I, ω ∈ Y offen} = {Uλ : λ ∈ Λ1 } .
Nun bilden wir die Mengen von σ durch die folgenden zwei Schritte: Zunächst betrachten wir die Familie Φ := {Vµ : µ ∈ Λ2 }, die wir erhalten, wenn wir endliche
Schnitte der Form
\
Vµ =
Uλ ,
λ∈Γµ
mit Γµ ⊂ Λ1 endlich, betrachten. Diese Familie Φ = {Vµ : µ ∈ Γ2 } ist nach
Konstruktion stabil bezüglich endlicher Schnitte. Als zweiten Schritt betrachten wir
beliebige Vereinigungen
[
W =
Vµ
µ∈Γ
mit Γ ⊂ Λ2 beliebig. Die so erhaltene Familie bezeichnen wir mit σ. Sie ist nach
Konstruktion stabil bezüglich beliebiger Vereinigungen. Dass sie auch stabil bleibt
bezüglich endlicher Schnitte, ist allerding nicht mehr offensichtlich. Sie ist es aber:
80
. Braack - Schwache Topologien
Lemma 6.1 Die oben beschriebene Konstruktion offener Mengen σ = {W } erlaubt
endliche Schnitte und beliebige Vereinigungen. Sie stellt somit eine Topologie auf X
dar.
Beweis. Es genügt zu zeigen, dass ein Schnitt von zwei Elementen von σ wieder
in σ sind. Seien W1 , W2 ∈ σ. Diese sind von der Form:
[
Wi =
Vµi ,
i = 1, 2 .
µ∈Γi
mit Teilmengen Γ1 , Γ2 ⊂ Λ1 . Dann gilt:
!
W1 ∩ W2 =
[
∩
=
!
Vµ2
=
(Vµ1 ∩ Vµ2 ) =
[
Vµ1
µ2 ∈Γ2
µ1 ∈Γ1
[
!
[
[
[
Vµ1 ∩
µ1 ∈Γ1
µ1 ∈Γ1 µ2 ∈Γ2
[
Vµ2
µ2 ∈Γ2
Uλ
λ∈Γ1 ×Γ2
mit Uλ = Vµ1 ∩ Vµ2 .
Man beachte, dass die Konstruktion nicht in umgekehrter Reihenfolge, also zuerst
beliebige Vereinigungen und dann endliche Schnitte, erfolgen kann. Das Resultat
wäre i.a. nicht stabil bezüglich beliebiger Vereinigungen.
Lemma 6.2 Seien Y und Z zwei topologische Räume, sowie X der topologische
Raum gemäß obiger Konstruktion. Eine Abbildung ψ : Z → X ist genau dann
stetig, wenn alle ϕi ◦ ψ : Z → Y für i ∈ I stetig sind.
Beweis. Die Richtung [ψ stetig =⇒ ϕi ◦ ψ stetig] ist trivial. Seien nun alle ϕi ◦ ψ
stetig und sei U eine offene Menge in X. Wir zeigen, dass ψ −1 (U ) offen in Z ist. U
ist von der Form
U =
[
\
ϕ−1
i (ωi )
beliebig endlich
mit offenen Mengen ωi ∈ Y . Daher folgt:
ψ −1 (U ) =
[
\
(ϕi ◦ ψ)−1 (ωi )
beliebig endlich
Da ϕi ◦ ψ stetig ist, folgt die Offenheit von (ϕi ◦ ψ)−1 (ωi ) und damit von ψ −1 (U ).
6.1 Schwache Topologien auf normierten Räumen
6.1
81
Schwache Topologien auf normierten Räumen
Wir schauen uns nun etwas genauer die obige Konstruktion an, wenn der Raum X
ein normierter Raum ist und die Menge der Abbildungen gerade von allen linearen
und stetigen Funktionale gebildet wird. Die Norm-Topologie ist dann die sogenannte
starke Topologie.
Definition 6.3 Sei E ein normierter Raum. Dann versteht man unter der schwachen Topologie σ(E, E 0 ) auf E die Topologie, die im Sinne der obigen Konstruktion
erzeugt wird von der Familie der Funktionale f ∈ E 0 .
Lemma 6.4 Jede offene Menge in der schwachen Topologie ist auch offen in der
Norm-Topologie. Ebenso ist auch jede in σ(E, E 0 ) abgeschlossene Menge auch abgeschlossen in der starken Topologie.
Die Umkehrung gilt - wie wir sehen werden - nur in endlich-dimensionalen normierten Räumen.
Beweis. Zu f ∈ E 0 und ω offen in K ist auch wegen der Stetigkeit von f die
Menge f −1 (ω) offen in der starken Topologie. Hieraus ergibt sich nun sofort, dass
jede offene Menge in der schwachen Topologie auch offen in der starken Topologie
ist.
Lemma 6.5 Die schwache Topologie σ(E, E 0 ) auf einem normierten Raum E ist
hausdorff ’sch.
Beweis. Dies ergibt sich aus den Trennungssätzen von Hahn-Banach: Zu zwei
Punkten x, y ∈ E, x 6= y, gibt es nach Korollar 3.31 ein Funktional f ∈ E 0 , das {x}
und {y} strikt separiert (α ∈ R):
hf, xi < α < hf, yi .
Die beiden in σ(E, E 0 ) offenen und disjunkten Mengen U1 := f −1 (−∞, α) und U2 :=
f −1 (α, ∞) trennen dann diese beiden Punkte.
Lemma 6.6 Sei E ein Banachraum und x0 ∈ E. Dann bilden die Mengen der Form
V (I, n) := {x ∈ E : |hfi , x − x0 i| < 1/n ∀i ∈ I}
mit n ∈ N, I endlich und fi ∈ E 0 , eine Umgebungsbasis von x0 der schwachen
Topologie σ(E, E 0 ).
82
. Braack - Schwache Topologien
Beweis. Die Menge V (I, n) läßt sich auch schreiben in der Form
\
1
1
−1
V (I, n) =
αi − , αi +
fi
n
n
i∈I
mit αi := fi (x0 ). Aus dieser Darstellung ist x0 ∈ V (I, n) ∈ σ(E, E 0 ) unmittelbar
ersichtlich. Ist nun andererseits x0 ∈ U ∈ σ(E, E 0 ), so existiert ein W ∈ σ(E, E 0 )
mit W ⊂ U welches von folgender Form ist:
\
W =
fi−1 (ωi ) ,
i∈I
mit einer endlichen Indexmenge I und offenen Mengen ωi ⊂ K, die αi enthalten.
Wir wählen nun n ∈ N so klein, dass (αi − 1/n, αi + 1/n) ⊂ ωi für alle i ∈ I. Für
dieses I und gilt nun x0 ∈ V (I, n) ⊂ W ⊂ U .
Satz 6.7 In einem endlich dimensionalen normierten Raum sind die schwache Topologie und die Norm-Topologie äquivalent.
Beweis. Nach Lemma 6.4 ist bereits gezeigt ist, dass jede in der schwachen Topologie offene Menge auch in der starken Topologie offen ist. Sei daher nun x0 ∈ E und
U eine Umgebung von x0 in der starken Topologie. Gesucht ist eine V ∈ σ(E, E 0 )
mit x0 ∈ V ⊂ U . Wir können annehmen BE (x0 , ) ⊂ U für ein geeignetes > 0. Sei
hierzu {e1 , . . . , en } eine normierte Basis von E. Jedes x läßt sich also in der Form
P
x = ni=1 xi ei eindeutig darstellen. Die Abbildungen fi : E → K, f (x) := xi , sind
in E 0 . Die Menge V bilden wir dann mittels dieser endlich vielen Funktionale:
V
:= {x ∈ E : |hfi , x − x0 i| < /n, 1 ≤ i ≤ n} .
Gemäß Konstruktion ist V offen in der schwachen Topologie und enthält x0 . Für
x ∈ V folgt nun:
||x − x0 || = ||
n
X
(xi − x0i )ei || ≤
i=1
=
n
X
i=1
|xi −
n
X
|xi − x0i |||ei ||
i=1
x0i |
=
n
X
i=1
n
X
|hfi , x − x0 i| <
= .
n
i=1
Also V ⊂ BE (x0 , ) ⊂ U .
Lemma 6.8 Sei E ein unendlich-dimensionalen normierter Raum und f1 , . . . , fn ∈
E 0 . Dann existiert ein x ∈ E mit x 6= 0 und hfi , xi = 0 für i = 1, . . . , n.
6.1 Schwache Topologien auf normierten Räumen
83
Beweis. Wir betrachten die lineare Abbildung ϕ : E → Rn , definiert durch
ϕ(x) := (hf1 , xi, . . . , hfn , xi) .
Angenommen für jedes x 6= 0 existiert ein i ∈ {1, . . . , n}, so dass hfi , xi 6= 0. Dann
ist diese Abbildung injektiv und somit ein Isomorphismus von E nach ϕ(E). Hieraus
folgt der Widerspruch dim(E) ≤ n.
Lemma 6.9 Sei E ein unendlich-dimensionalen normierter Raum. Dann gilt:
(a) Die Einheitsphäre S1 := {x ∈ E : ||x|| = 1} ist niemals abgeschlossen in
σ(E, E 0 ). Der Abschluß dieser Menge in der schwachen Topologie ergibt sogar
die komplette abgeschlossene Einheitskugel {x ∈ E : ||x|| ≤ 1}.
(b) Die offene Einheitskugel BE (0, 1) ist nicht offen in der schwachen Topologie.
Das Innere dieser Menge bzgl. σ(E, E 0 ) ist sogar leer.
Beweis. (a): Sei x0 ∈ BE (0, 1) und x0 ∈ V ∈ σ(E, E 0 ). Wir zeigen V ∩ S1 6= ∅.
Wir können V annehmen von der Form V = {x ∈ E : hfi , x − x0 i < ∀i = 1, . . . , n}
mit > 0 und fi ∈ E 0 . Nach dem vorherigen Lemma existiert ein y0 ∈ E \ {0} mit
+
hfi , y0 i = 0 für alle i = 1, . . . , n. Wir betrachten die stetige Funktion g : R+
0 → R0
definiert durch
g(t) := ||x0 + ty0 || .
Da g(0) = ||x0 || < 1 und limt→∞ g(t) = ∞ existiert ein t∗ ∈ R+ mit g(t∗ ) = 1. Dann
gilt für x∗ := x0 + t∗ y0 einerseits x∗ ∈ S1 und wegen hfi , x∗ − x0 i = t∗ hfi , y0 i = 0 für
alle i = 1, . . . , n auch x∗ ∈ V .
(b): Angenommen es existiere ein x ∈ BE (0, 1) und ein V ∈ σ(E, E 0 ) mit x ∈ V ∈
BE (0, 1). Gemäß des Beweises von (a) wissen wir, dass V eine Gerade der Form
{x + ty0 : t ∈ R} enthält. Da diese Gerade aber nicht in BE (0, 1) liegt, folgt ein
Widerspruch.
Lemma 6.10 In einem normierten Raum E sind konvexe Mengen C ⊂ E abgeschlossen in der starken Topologie genau dann, wenn sie in der schwachen Topologie
abgeschlossen sind.
Beweis. Es genügt zeigen, dass eine konvexe und abgeschlossene Menge C auch
in der schwachen Topologie abgeschlossen ist. Sei hierzu x0 ∈ E \ C. Wieder folgt
84
. Braack - Schwache Topologien
mit dem Trennungssatz von Hahn-Banach die Existenz eines f ∈ E 0 , das C und
{x0 } strikt separiert:
hf, x0 i < α < hf, yi
∀∈y ∈C.
Dann ist V := {x ∈ E : hf, xi < α} ∈ σ(E, E 0 ) mit x0 ∈ V und V ∩ C = ∅.
Lemma 6.11 Seien E, F zwei Banach-Räume und T : E → F linear. Dann ist T
stetig bezüglich der starken Normen in E und F , genau dann wenn T stetig bezüglich
der schwachen Normen σ(E, E 0 ) und σ(F, F 0 ) ist.
Beweis. (a) Sei zunächst T stetig bzgl. der starken Topologien, also T ∈ L(E, F ).
Sei nun V ⊂ F offen in σ(F, F 0 ). Wir können V von der Form
[
\
V =
fi−1 (ωi )
unendlich endlich
mit fi ∈ F 0 annehmen. Dann gilt
[
\
T −1 (fi−1 (ωi )) =
T −1 (V ) =
[
\
(fi ◦ T )−1 (ωi ) .
unendlich endlich
unendlich endlich
Da T ∈ L(E, F ), ist fi ◦ T ∈ E 0 und somit T −1 (V ) ∈ σ(E, E 0 ).
(b) Sei nun T stetig bzgl. der schwachen Topologien. Nach dem Beweis des Satzes
vom abgeschlossenen Graphen 4.36 ist der Graph G(T ) dann abgeschlossen in E ×F
bzgl. der schwachen Topologien σ(E × F, E 0 × F 0 ). Hierzu benötigt man nicht die
Vollständigkeit in der schwachen Topologie, was ja auch keinen Sinn macht, denn
ein normierter Raum in der schwachen Topologie ist i.a. nicht einmal ein metrischer
Raum. Nach Lemma 6.4 ist G(T ) aber auch abgeschlossen in der starken Topologie
von E × F . Satz 4.36 angewendet liefert uns nun die Stetigkeit von T in den starken
Topologien.
6.2
Schwache Konvergenz in normierten Räumen
Ist (xn )n∈N eine Folge in einem normierten Raum E so schreiben wir
xn * x ,
wenn diese Folge in der schwachen Topologie σ(E, E 0 ) gegen x konvergiert. Gelegentlich benutzt man auch die Notation
xn
σ(E,E 0 )
−→
x.
6.2 Schwache Konvergenz in normierten Räumen
85
Diese Konvergenz ist abzugrenzen von der starken Konvergenz bezüglich der Norm
|| · ||:
xn → x ,
welche vorliegt, wenn ||xn − x|| → 0. Nach Theorem 6.7 fallen die beiden Begriffe “schwache Konvergenz” und “starke Konvergenz” zusammen, wenn E endlichdimensional ist.
Lemma 6.12 Sei (xn )n∈N eine Folge in einem normierten Raum E und x ∈ E.
Dann gilt:
(a) xn * x genau dann, wenn hf, xn i → hf, xi für alle f ∈ E 0 .
(b) Aus der starken Konvergenz xn → x folgt die schwache Konvergenz xn * x.
Beweis. (a): Da alle f ∈ E 0 stetig sind bzgl. der schwachen Topologie, folgt aus
xn * x sofort hf, xn i → hf, xi. Es gelte nun andersherum hf, xn i → hf, xi für alle
f ∈ E 0 . Sei ferner eine Menge W ∈ σ(E, E 0 ), die x enthält, gegeben. Dann enthält W
T
eine schwach-offene Menge V der Gestalt V = endl fi−1 (ωi ) mit offenen Mengen ωi ,
die hfi , xi enthalten, also insbesondere x ∈ V . Da nun aber hfi , xn i → hfi , xi liegen
nur endlich viele Folgenglieder der Folge (xn ) außerhalb von fi−1 (ωi ) und damit auch
nur endlich viele außerhalb von V . Somit gilt xn * x.
(b): Folgt aus
|hf, xn i − hf, xi| ≤ ||f ||E 0 ||xn − x||E .
Lemma 6.13 Sei (xn )n∈N eine Folge in einem Banach-Raum E und x ∈ E. Dann
gilt:
(c) Aus der schwachen Konvergenz xn * x folgt die Beschränktheit der Folge
(xn )n∈N und ||x|| ≤ lim inf ||xn ||.
(d) Wenn xn * x und fn → f in E 0 für eine Folge von Funktionalen, so folgt
limn→∞ hfn , xn i = hf, xi.
Beweis. (c): Wir zeigen zunächst, dass für jedes f ∈ E 0 die Menge {hf, xn i :
n ∈ N} in R beschränkt ist: Wäre dies nicht beschränkt, so existiert eine Teilfolge
(xnk ) mit |hf, xnk i| → ∞ für k → ∞. Andererseits gilt aber wegen xn * x auch
86
. Braack - Schwache Topologien
hf, xnk i → hf, xi. Dies ist ein Widerspruch. Wegen der Folgerung 4.28 folgt nun die
Beschränktheit der Folge. Nun gilt noch wegen |hf, xn i| ≤ ||f ||E 0 ||xn || im Limes
hf, xi ≤ ||f ||E 0 lim inf ||xn ||
Mit Korollar 3.22 folgt nun:
||x|| ≤
sup
|hf, xi| ≤ lim inf ||xn || .
f ∈E 0 ,||f ||=1
(d): Wir schätzen ab:
|hfn , xn i − hf, xi| ≤ ||hfn − f, xn i||| + |hf, xn − xi|
≤ ||fn − f ||||xn || + |hf, xn − xi|
Die Behauptung folgt nun aus den Voraussetzungen und der Aussage (c).
Satz 6.14 In einem reflexiven Banachraum E besitzt jede beschränkte Folge eine
schwach-konvergente Teilfolge.
Beweis. Sei (xn )n∈N eine beschränkte Folge in E. Wir wollen eine Teilfolge (xnk )k∈N
und ein x ∈ E finden, so dass hf, xnk i → hf, xi für alle f ∈ E 0 .
(a) Sei zunächst E separabel. Dann ist aufgrund der Reflexivität auch E 00 separabel
und dann nach Satz 3.34 auch E 0 separabel. Sei also E 0 = {fn : n ∈ N}. Mit Hilfe
des Diagonalfolgentricks (siehe Beweis von Arzela-Ascoli) findet man eine Teilfolgen
(xnk ), so dass (hfi , xnk i)k∈N für alle i ∈ N konvergiert. Nun ist (hf, xnk i)k∈N eine
Cauchy-Folge, denn
|hf, xnk i − hf, xnl i|
≤ |hf, xnk i − hfi , xnk i| + |hfi , xnk i − hfi , xnl i| + |hfi , xnl i − hf, xnl i|
≤ 2M ||f − fi || + |hfi , xnk i − hfi , xnl i| ≤ ,
für k, l hinreichend groß, da i beliebig ist. Folglich konvergiert (hf, xnk i)k∈N . Dies
erlaubt es nun die Abbildung φ ∈ E 00 zu definieren:
φ(f ) := lim hf, xnk i .
k→N
Hierbei folgt die Stetigkeit von φ aus der Beschränktheit der Folge:
|φ(f )| = | lim hf, xnk i| = lim |hf, xnk i| ≤ ||f ||M .
k→N
k→N
6.2 Schwache Konvergenz in normierten Räumen
87
Wegen der Reflexivität von E existiert ein x ∈ E mit J(x) = φ. Gemäß Konstruktion
gilt xnk * x.
(b) Wenn E nicht separabel ist, so ist aber Y := span{xn : n ∈ N} separabel, da
die Menge der Linearkombinationen mit rationalen Koeffizienten in Y dicht ist.
Aufgrund der Abgeschlossenheit ist Y ebenfalls reflexiv (siehe Lemma 3.42). Nach
(a) existiert ein x ∈ Y mit
xnk
σ(Y,Y 0 )
*
x.
Nun ist E 0 ⊂ Y 0 uns somit σ(E, E 0 ) ⊂ σ(Y, Y 0 ). Folglich ist die Konvergenz in
σ(E, E 0 ) schwächer als in σ(Y, Y 0 ), also xnk * x in σ(E, E 0 ).
Beispiele schwacher Konvergenz:
• Im normierten Raum lp , 1 < p < ∞, gilt für die Folge (en )n∈N der Einheitsvektoren en * 0 aber en 6→ 0, denn ||en ||lp = 1 und für beliebiges f ∈ (lp )0 = lq
mit 1 = 1/p + 1/q:
X
hf, en i =
fi · (en )i = fn → 0
(n → ∞) .
i∈N
• In C[0, 1] sind für Folge (un ) äquivalent:
un * 0 ⇐⇒ un (x) → 0 punktweise für alle x ∈ [0, 1] .
6.2.1
Anwendung auf Operatorgleichungen
Zur Untersuchung einer linearen Operatorgleichung der Form
Au = f ,
in einem reflexiven Raum E und einem Operator A : E → F . Nun kann man
folgendermaßen vorgehen: Wir wählen endlich-dimensionale Unterräume En ⊂ E
und suchen Lösungen un ∈ En von
An un = fn ,
mit Operatoren An : En → Fn . Wenn man weiß, dass diese endlich-dimensionalen
Probleme jeweils eine Lösung un ∈ En besitzen, so zeigt man im Anschluß die
gleichmäßige Beschränktheit
||un || ≤ C
∀n ∈ N .
Nach Satz 6.14 folgern wir nun die schwache Konvergenz einer Teilfolge unk * u ∈
E. Nun zeigt man noch, dass dieses u die ursprüngliche Operatorgleichung erfüllt
und erhält somit die Existenz einer Lösung. Die Eindeutigkeit kann aber so nicht
nachgewiesen werden.
88
6.3
. Braack - Schwache Topologien
Die schwach-*-Topologie auf dem Dualraum
Um auf dem Dualraum E 0 eine grobe Topologie zu erzeugen, betrachtet man die
Familie der Funktionale ϕx : E 0 → R, definiert für x ∈ E und f ∈ E 0 mittels
ϕx (f ) := hf, xi.
Definition 6.15 Sei E ein normierter Raum. Dann versteht man unter der schwach*-Topologie σ(E 0 , E) auf E 0 die Topologie, die im Sinne der obigen Konstruktion
erzeugt wird von der Familie der Funktionale {ϕx : x ∈ E}.
Lemma 6.16 Für die schwachen Topologien σ(E 0 , E) und σ(E 0 , E 00 ) sowie der starken Topologie τ 0 auf dem Dualraum E 0 eines normierten Raums E gilt folgende
Inklusion: Es gilt
σ(E 0 , E) ⊂ σ(E 0 , E 00 ) ⊂ τ 0 .
Im Fall, dass E reflexiv ist gilt σ(E 0 , E) = σ(E 0 , E 00 ).
Beweis. Die zweite Inklusion ist offensichtlich. Die erste ergibt sich aus der Tatsache, dass J(E) ⊂ E 00 .
Lemma 6.17 Die schwach-*-Topologie σ(E 0 , E) auf dem Dualraum einem normierten Raum E ist hausdorff ’sch.
Beweis. Der Beweis erfolgt analog zum Beweis von Lemma 6.5 über HahnBanach.
Ferner ergibt sich als Umgebungsbasis von f0 ∈ E 0 für σ(E 0 , E):
W (I, n) := {f ∈ E 0 : |hf − f0 , xi| < 1/n ∀x ∈ I}
für I ⊂ E endlich und n ∈ N.
Konvergiert eine Folge (fn )n∈N in E 0 in der schwach-*-Topologie σ(E 0 , E) gegen
ein f ∈ E 0 , so schreiben wir
∗
fn * f
Konvergenz in σ(E 0 , E) .
Diese Konvergenz ist zu unterscheiden von
fn * f
Konvergenz in σ(E 0 , E 00 ) ,
fn → f
Konvergenz in || · ||E 0 .
6.4 Der Satz von Banach-Alaoglu-Bourbaki
89
Lemma 6.18 Sei E ein normierter Raum, (fn )n∈N eine Folge in E 0 sowie f ∈ E 0 .
Dann gelten:
∗
(a) fn * f genau dann, wenn hfn , xi → hf, xi für alle x ∈ E.
∗
(b) fn → f ⇒ fn * f und fn * f ⇒ fn * f .
Beweis. Der Beweis erfolgt analog zum Beweis von Lemma 6.12.
Lemma 6.19 Sei E ein Banach-Raum, (fn )n∈N eine Folge in E 0 sowie f ∈ E 0 .
Dann gelten:
∗
(c) fn * f ⇒ ||fn ||E 0 ist beschränkt und ||f ||E 0 ≤ lim inf ||fn ||E 0 .
∗
(d) fn * f und xn → x (in der Normtopologie von E) ⇒ hfn , xn i → hf, xi.
Beweis. Der Beweis erfolgt analog zum Beweis von Lemma 6.13.
Lemma 6.20 Sei E ein normierter Raum, G ⊂ E eine abgeschlossene konvexe
Teilmenge und (xn )n∈N eine Folge in V mit xn * x ∈ E. Dann ist auch x ∈ V .
Beweis. Übungsaufgabe.
6.4
Der Satz von Banach-Alaoglu-Bourbaki
Aus dem Satz von Riesz haben wir gefolgert, dass die abgeschlossene Einheitskugel
eines normierten Raums genau dann kompakt ist in der Norm-Topologie, wenn die
Dimension endlich ist (siehe Korollar 3.37). Im Fall dim E = ∞ ist auch dim E 0 = ∞.
Daher ist in unendlich-dimensionalen normierten Räumen auch die Einheitskugel
BE 0 := {f ∈ E 0 : ||f ||E 0 ≤ 1}
niemals kompakt in der starken Topologie (also der von der Norm || · ||E 0 erzeugten).
Der folgende Satz liefert uns jedoch die Kompaktheit in der schwach-*-Topologie in
Banachräumen. Man beachte an dieser Stelle nochmals, dass zur Konstruktion des
Abschlußes die Norm von E 0 verwendet wird, die Kompaktheit aber nicht in der
Normtopologie, sondern in der schwach-*-Topologie gilt.
Satz 6.21 (Banach-Alaoglu-Bourbaki) Die abgeschlossene Einheitskugel BE 0 in
einem Banchraum E ist in der schwach-*-Topologie σ(E 0 , E) stets kompakt.
90
. Braack - Schwache Topologien
Beweis. Wir betrachten mit Y := RE die Abbildung
φ : E0 → Y ,
f 7→ (hf, xi)x∈E .
Wir statten hierbei E 0 mit der schwach-*-Topologie σ(E 0 , E) und Y mit der Produkttopologie aus und zeigen, dass (a) φ ein Homomorphismus ist und dass (b)
φ(BE 0 ) in Y kompakt ist.
(a): Für jedes x ∈ E ist f 7→ φ(f )x = hf, xi stetig. Hieraus folgt die Stetigkeit von
φ. Ferner ist φ offensichtlich injektiv. Also existiert φ−1 : φ(E 0 ) → E 0 . Es bleibt zu
zeigen, dass φ−1 ebenfalls stetig ist. Dies folgt aber unmittelbar aus der Tatsache,
dass für jedes feste x ∈ E, die Abbildung ω 7→ hφ−1 (ω), xi = ωx über φ(E 0 ) stetig
ist.
(b): Es gilt φ(BE 0 ) = K := K1 ∩ K2 mit
Y
K1 := {ω ∈ Y : |ωx | ≤ ||x||} =
[−||x||, ||x||]
x∈E
K2 := {ω ∈ Y : ωx+y = ωx + ωy , ωλx = λωx
∀x, y ∈ E,
∀λ ∈ R}
K1 ist als Produkt kompakter Menge auch kompakt. K2 ist abgeschlossen, denn es
gilt K2 läßt sich darstellen in der Gestalt
!
!
\
\
Bx,λ
K2 =
Ax,y ∩
x,y∈E
x∈E,λ∈R
mit den abgeschlossenen Mengen
Ax,y := {ω ∈ Y : ωx+y = ωx + ωy }
Bx,λ := {ω ∈ Y : ωλx = λωx }
für x, y ∈ E und λ ∈ R. Die Abgeschlossenheit ist hier eine einfache Konsequenz
aus der Stetigkeit der Abbildungen ω 7→ ωx+y − ωx − ωy und ω 7→ ωλx − λωx .
Kompakte Mengen sind in der (Funktional-)Analysis immer von großer Bedeutung. Da sie in unendlichdimensionalen normierten Räumen nach Korollar 3.37 eher
rar sind und der Wechsel zu der schwächeren Topologie aber in vielen Situationen
keine große Einschränkung bedeutet bzw. diese Topologie auf natürlichem Wege ins
Spiel kommt, gibt einem dieser Satz eine Fülle “neuer” kompakter Mengen an die
Hand.
Aus dem Satz von Banach-Alaoglu-Bourbaki folgt i.a. noch nicht, dass BE 0
schwach-*-folgenkompakt ist, denn i.a. erfüllt E 0 nicht das 1. Abzählbarkeitsaxiom.
Im Fall, dass E separabel ist gilt dies aber sehr wohl:
6.4 Der Satz von Banach-Alaoglu-Bourbaki
91
Korollar 6.22 Sei E ein separabler Banachraum. Dann ist die abgeschlossene Einheitskugel BE 0 von E 0 schwach-*-folgenkompakt.
Beweis. Nach dem Satz von Banach-Alaoglu-Bourbaki (Satz 6.21) wissen wir,
dass BE 0 schwach-*-kompakt ist. Um hieraus die schwach-*-Folgenkompaktheit zu
schließen reicht es nach Lemma 1.22 nachzuweisen, dass E 0 dem 1. Abzählbarkeitsaxiom genügt. Wir benötigen also zu jedem f0 ∈ E 0 eine abzählbare Umgebungsbasis von σ(E 0 , E). Diese ergibt sich aber aus der Separabilität von E wie
folgt: Sei {xn : n ∈ N} eine abzählbar dichte Menge in E. Dann ist die abzählbare
Umgebungsbasis gegeben durch die offenen Mengen
W (I, n) := {f ∈ E 0 : |hf − f0 , xi i < 1/n ∀i ∈ I}
mit n ∈ N und I ⊂ N endlich. Von diesen W (I, n) gibt es nur abzählbar viele.
Beispiel: Wir betrachten den nicht-separablen Banachraum E := L∞ (0, 1) und für
> 0 die Funktionale T ∈ E 0 definiert mittels
Z
1 f (x) dx .
T f :=
0
E 0 ist nicht separabel. Es gilt ||T ||E 0 = 1 aber dennoch existiert keine Nullfolge
n → 0 so dass
∗
Tn * T ∈ E 0 .
Angenommen, dies wäre doch der Fall. Dann können wir oEdA annehmen, dass
n+1 /n < 1 und limn→∞ n+1 /n = 0. Wir wählen nun die Funktion f ∈ E definiert
durch
f (x) = (−1)k
für k+1 < x < k , k ∈ N .
Die Wirkung von Tn auf dieses spezielle f ergibt sich zu:
Z n+1
1
n
f (x) dx + (−1) (n − n+1 )
Tn f =
n
0
Z
n+1
1 n+1
n
= (−1) 1 −
+
f (x) dx
n
n 0
Nun folgt:
|Tn f − (−1)n | ≤ 2
n+1
→ 0 (n → ∞) .
n
Also besitzt die reelle Folge (Tn f )n∈N die beiden Häufungspunkte 1 und −1 und
kann demzufolge nicht konvergent sein.
92
. Braack - Schwache Topologien
Lemma 6.23 (Goldstine) Wir betrachten in einem Banchraum E die abgeschlossene Einheitskugel
BE := {x ∈ E : ||x|| ≤ 1}
und die kanonische Einbettung J(BE ). Dann ist J(BE ) dicht in BE 00 bzgl. der schwach*-Topologie σ(E 00 , E 0 ).
Beweis. Für ξ ∈ BE 00 und einem V ∈ σ(E 00 , E 0 ) mit ξ ∈ V muß man zeigen, dass
V ∩ J(BE ) 6= ∅. Hierbei kann V von der Form
V
= {φ ∈ E 00 : |hφ − ξ, fi i| < ,
∀i = 1, 2, . . . , n}
angenommen werden. Die relativ technische Konstruktion eines x ∈ BE mit J(x) ∈
V wollen wir hier auslassen.
Satz 6.24 Ein Banchraum E ist genau dann reflexiv, wenn die abgeschlossene Einheitskugel BE in der schwachen Topologie σ(E, E 0 ) kompakt ist.
Beweis. (a) Sei zunächst E reflexiv. Da auch E 0 ein Banachraum ist, können
wir den Satz von Banach-Alaoglu-Bourbaki auf die Einheitskugel BE 00 anwenden.
Wir wissen damit, dass BE 00 in der Topologie σ(E 00 , E 0 ) kompakt ist. Wenn nun E
reflexiv ist, so gilt J(E) = E 00 und damit auch BE 00 = J(BE ). Wir müssen daher
nur noch zeigen, dass
J −1 : (E 00 , σ(E 00 , E 0 )) → (E, σ(E, E 0 ))
stetig ist. Dies ist nach Lemma 6.2 genau dann gegeben, wenn f ◦ J −1 : E 00 → R
für jedes f ∈ E 0 stetig ist. Da aber f ◦ J −1 (ξ) = hξ, f i und ξ → hξ, f i stetig ist in
σ(E 00 , E 0 ), folgt die Stetigkeit von J −1 bzgl. der obigen Topologien.
(b) Sei nun BE kompakt in σ(E, E 0 ). Da J : E → E 00 stetig bzgl. der starken Topologien ist, so ist J gemäß Lemma 6.11 auch stetig bzgl. der schwachen Topologien
σ(E, E 0 ) und σ(E 00 , E 000 ). Da σ(E 00 , E 0 ) gröber ist als σ(E 00 , E 000 ) ist auch
J : (E, σ(E, E 0 )) → (E 00 , σ(E 00 , E 0 ))
stetig. Folglich ist J(BE ) als Teilmenge von BE 00 kompakt in σ(E 00 , E 0 ). Da diese
Menge nach dem Lemma von Goldstine dicht ist, folgt J(BE ) = BE 00 . Hieraus folgt
nun J(E) = E 00 , also die Reflexivität von E.
Korollar 6.25 Ein Banachraum E ist genau dann reflexiv, wenn E 0 reflexiv ist.
6.4 Der Satz von Banach-Alaoglu-Bourbaki
93
Beweis. (a): Sei E reflexiv. Nach dem Satz von Banach-Alaoglu-Bourbaki ist BE 0
schwach-*-kompakt. Ferner ist wegen der Reflexivität σ(E 0 , E) = σ(E 0 , E 00 ). Also ist
BE 0 auch schwach kompakt. Dies impliziert nach Satz 6.24, dass E 0 reflexiv ist.
(b) Sei nun E 0 reflexiv. Dann folgt nach (a), dass auch E 00 reflexiv ist. Dann ist aber
auch der abgeschlossene Teilraum J(E) reflexiv. Da J : E → J(E) eine surjektive
Isometrie ist, folgt die Reflexivität von E.
Korollar 6.26 Die Banachräume l∞ , L1 (0, 1), L∞ (0, 1) und C[0, 1] sind nicht reflexiv.
Beweis. Wir zeigen, dass L1 (0, 1) und L∞ (0, 1) nicht reflexiv sind: Das obige
Beispiel hat gezeigt, dass in L∞ (0, 1)0 eine beschränkte Folge existiert, die keine schwach-*-konvergente Teilfolge enthält. Somit kann erst recht keine schwachkonvergente Teilfolge existieren. Nach Satz 6.14 kann L∞ (0, 1)0 dann nicht reflexiv
sein. Mit Satz 6.25 folgt nun, dass L∞ (0, 1) nicht reflexiv ist. Da ferner nach dem
Darstellungssatz von Riesz (Satz 4.21) L1 (0, 1)0 ' L∞ (0, 1), folgt letztendlich, dass
L1 (0, 1) nicht reflexiv ist.
Korollar 6.27 Sei E ein Banachraum. Dann sind äquivalent:
(a) E ist reflexiv und separabel, und
(b) E 0 ist reflexiv und separabel.
Beweis. (b)⇒(a): Wenn E 0 reflexiv ist, so ist es nach Korollar 6.25 auch E. Ferner
wissen wir durch Korollar 3.34, dass aus E 0 separabel folgt, dass auch E separabel
ist.
(a)⇒(b): Es genügt zu zeigen, dass E separabel ist. Dies folgt aber unmittelbar, da
wegen der Reflexivität und Separabilität von E auch J(E) ' E 00 separabel ist und
wegen Korollar 3.34 dann auch E 0 .
Korollar 6.28 In jedem reflexiven Banachraum E sind konvexe, abgeschlossene,
beschränkte Teilmengen C ⊂ E schwach kompakt (also in der Topologie σ(E, E 0 )).
Beweis. Nach Lemma 6.10 ist C auch abgeschlossen in σ(E, E 0 ). Aufgrund der
Beschränktheit von C existiert ein m > 0 mit C ⊂ mBE . Nach Satz 6.24 ist BE
schwach kompakt und damit auch die abgeschlossee Teilmenge C.
94
. Braack - Schwache Topologien
Korollar 6.29 Sei E ein reflexiver Banachraum und A ⊂ E eine konvexe, abgeschlossene und nichtleere Teilmenge, auf der eine konvexe und stetige Funktion
ϕ : A → R definiert ist. Im Fall, dass A unbeschränkt ist, gelte ferner:
lim
ϕ(x) = +∞ .
(6.1)
x∈A,||x||→∞
Dann nimmt ϕ in A sein Minimum an.
Beweis. Für jedes λ ∈ R ist die Menge
Aλ := {x ∈ A : ϕ(x) ≤ λ}
konvex und abgeschlossen. Wir wählen das λ, so dass Aλ nicht leer ist. Aufgrund der
Eigenschaft (6.1) ist sie außerdem beschränkt und folglich nach Korollar 6.28 auch
schwach-kompakt. Daher nimmt ϕ auf Aλ sein Minimum in einem Punkt x0 ∈ Aλ
an (siehe Übungsaufgabe). Für y ∈ A \ Aλ gilt λ < ϕ(y), so dass man insgesamt
erhält:
ϕ(x0 ) ≤ ϕ(x) ≤ λ < ϕ(y)
x0 ist also das gesuchte Minimum.
∀x ∈ Aλ ∀y ∈ A .
Kapitel 7
Hilbert-Räume
7.1
Gleichmäßig konvexe Räume
Gleichmäßig konvexe Räume sind eine in der Mathematik betrachtete spezielle Klasse normierter Räume. Diese Räume wurden 1936 von James A. Clarkson mittels
einer geometrischen Eigenschaft der Einheitskugel eingeführt. Die gleichmäßig konvexen Banachräume sind reflexiv und haben eine für die Approximationstheorie
wichtige Eigenschaft.
Definition 7.1 Ein normierter Raum E heißt gleichmäßig konvex, wenn für alle
> 0 ein δ > 0 existiert, so dass gilt:
1
x, y ∈ BE und ||x − y|| > =⇒ (x + y) < 1 − δ .
2
Der folgende Satz stellt nun einen verblüffende Zusammenhang her zwischen einer
geometrischen Eigenschaft der Einheitskugel und einer topologische Eigenschaft.
Satz 7.2 Jeder gleichmäßig konvexe Banachraum ist reflexiv.
Beweis. Wir müssen zeigen, dass BE 00 ⊂ J(BE ). Da J(BE ) stark abgeschlossen
in E 00 ist, genügt es zu zeigen, dass zu jedem ξ ∈ BE 00 und jedem > 0 ein x ∈ BE
existiert, so dass ||ξ − J(x)|| < .
Wir können oEdA annehmen, dass ||ξ|| = 1 (da 0 ∈ J(BE ) und durch Übergang von
ξ zu ξ/||ξ||). Zu diesem wählen wir δ > 0 gemäß der Eigenschaft der gleichmäßigen
Konvexität. Ferner existiert ein f ∈ BE 0 , so dass
hξ, f i > 1 −
δ
.
2
(7.1)
96
. Braack - Hilbert-Räume
Wir wählen folgende schwach-*-Umgebung von ξ:
:= {φ ∈ E 00 : |hφ − ξ, f i| < δ/2} .
V
Nach dem Lemma von Goldstine ist V ∩ J(BE ) 6= ∅. Daher existiert ein x ∈ BE mit
J(x) ∈ V . Wir müssen nun noch zeigen
||ξ − J(x)|| < .
Angenommen ξ ∈ W := E 00 \ (J(x) + BE 00 ). Wir werden dies nun zum Widerspruch
führen. Da nach dem Satz von Banach-Alaoglu-Bourbaki BE 00 in σ(E 00 , E 0 ) abgeschlossen ist, gilt W ∈ σ(E 00 , E 0 ). Somit gilt auch V ∩ W ∈ σ(E 00 , E 0 ). Da ξ ∈ V ∩ W
und ξ ∈ BE 00 gilt nach dem Lemma von Goldstine V ∩ W ∩ J(BE ) 6= ∅. Sei also
x
b ∈ BE , so dass J(b
x) ∈ V ∩ W . Ferner gilt:
J(x) ∈ V
⇒ |hJ(x) − ξ, f i| = |hf, xi − hξ, f i| < δ/2
J(b
x) ∈ V
⇒ |hJ(b
x) − ξ, f i| = |hf, x
bi − hξ, f i| < δ/2
Hieraus folgt:
2hf, ξi ≤ hf, x + x
bi + δ ≤ ||f ||E 0 ||x + x
b|| + δ .
Wegen ||f ||E 0 ≤ 1 und (7.1) erhalten wir
1−
δ
1
< hf, ξi ≤ ||(x + x
b)/2|| + δ
2
2
Und somit ||(x+ x
b)/2|| > 1−δ. Dies impliziert wiederum aufgrund der gleichmäßigen
Konvexität
||J(x) − J(b
x)||E 00 = ||x − x
b|| > .
Dies ist aber ein Widerspruch zu J(b
x) ∈ W .
Lemma 7.3 Sei E ein gleichmäßig konvexer Banachraum, (xn )n∈N eine in E schwachkonvergente Folge, xn * x ∈ E, und
lim sup ||xn || ≤ ||x|| .
Dann gilt bereits xn → x.
7.2 Skalarprodukte
97
Beweis. Wir unterscheiden zwei Fälle.
1. Fall: x = 0. Dann gilt aber lim sup ||xn || = 0. Also ist (xn )n∈N eine Nullfolge.
2. Fall: x 6= 0. Wir setzen für n ∈ N
λn = max{||xn ||, ||x||}
Aufgrund der Voraussetzung folgt λn → ||x||. Wir gehen nun über zur Folge
yn := xn /λn
ab n ≥ n0 hinreichend groß,
und zeigen yn → y := x/||x||, woraus dann die Behauptung folgt. Nach Voraussetzung
gilt zunächst yn * y. Mit Lemma 6.13 folgern wir
1 = ||y|| = ||(y + y)/2|| ≤ lim inf ||(yn + y)/2|| .
Da aber ||yn || ≤ 1 folgt ||(yn + y)/2|| → 1. Aufgrund der gleichmäßigen Konvexität
muß dann aber auch ||y − yn || → 0 gelten.
7.2
Skalarprodukte
Definition 7.4 Auf einem linearen Vektorraum E über dem Körper K = R, C heißt
eine Bilinearform (im Fall K = R), bzw. Hermitesche Form im Fall (K = C)
(·, ·) : E × E → K Skalarprodukt, wenn
(a) sie positiv definit ist, d.h. (u, u) ≥ 0 für alle u ∈ E und (u, u) = 0 genau dann,
wenn u = 0, und
(b) sie symmetrisch ist, d.h. (u, v) = (v, u) für alle u, v ∈ E.
7.3
Prä-Hilberträume
Satz 7.5 Ein linearen Vektorraum E über dem Körper K mit einem Skalarprodukt
(·, ·) : E × E → K wird mittels
||u|| := (u, u)1/2
∀u ∈ E
zu einem normierten Raum.
Beweis. Die Behauptung ergibt sich durch einfaches Nachrechnen der Normeigenschaften.
98
. Braack - Hilbert-Räume
Definition 7.6 Normierte Räume, dessen Normen aus einem Skalarprodukt gebildet werden können, heißen Prä-Hilberträume.
Lemma 7.7 In jedem normierten Raum H über K ist das Skalarprodukt (·, ·) :
H × H → K stetig.
Beweis. Die Behauptung folgt unmittelbar aus:
|(x1 , y1 ) − (x2 , y2 )| = |(x1 − x2 , y1 ) + (x2 , y1 − y2 )|
≤ ||x1 − x2 || ||y1 || + ||x2 || ||y1 − y2 || .
Satz 7.8 Ein normierter Raum H über dem Körper K ist genau dann Prä-Hilbertraum, wenn die Parallelogrammgleichung
1
(7.2)
||u + v||2 + ||u − v||2 = ||u||2 + ||v||2
∀u, v ∈ H
2
erfüllt ist.
Beweis. (a) Ist H ein Hilbertraum, so ergibt sich die Parallelogrammgleichung
einfach durch Ersetzen der Normen durch entsprechende Skalarprodukte und der
Linearität des Skalarproduktes.
(b) Ist H hingegen ein normierter Raum, dessen Norm (7.2) erfüllt, so erhält man
das zugehörige Skalarprodukt aus:
1
K=R:
(u, v) :=
(||u + v||2 − ||u − v||2 ) ,
4
1
K=C:
(u, v) :=
(||u + v||2 − ||u − v||2 + i ||u + iv||2 − i ||u − iv||2 ) .
4
Man verifiziere nun ||u||2 = (u, u), sowie die notwendigen Eigenschaften des Skalarproduktes (Übungsaufgabe).
Lemma 7.9 Sei H ein Prä-Hilbertraum, U ⊂ H ein dichter Unterraum, sowie
h ∈ H. Dann gilt die Äquivalenz:
(h, u) = 0 ∀u ∈ U ⇐⇒ h = 0 .
Beweis. Da eine Richtung trivial ist, genügt es zu zeigen, dass “=⇒” gilt. Die
Menge
Y
:= {v ∈ X : (h, v) = 0}
ist wegen der Stetigkeit des Skalarproduktes abgeschlossen. Nach Voraussetzung gilt
außerdem U ⊂ Y . Wegen der Dichtheit von U folgt nun Y = H, also insbesondere
h ∈ Y . Dies impliziert ||h||2 = (h, h) = 0, also h = 0.
7.4 Hilbert-Räume
7.4
99
Hilbert-Räume
Definition 7.10 Vollständige Prä-Hilberträume heißen Hilberträume.
Satz 7.11 Jeder Hilbertraum H ist Banachraum und gleichmäßig konvex, also reflexiv.
Beweis. Dies ist eine einfache Folgerung der Parallelogrammgleichung (7.2): Sei
√
u, v ∈ BH mit ||u − v|| > für ein 2 > > 0. Dann folgt
||(u + v)/2||2 ≤
Mit der Wahl δ := 1 −
1
2
(||u||2 + ||v||2 ) − ||(u − v)/2||2 ≤ 1 − .
2
4
p
1 − 2 /4 > 0 folgt ||(u + v)/2|| ≤ 1 − δ.
Satz 7.12 (Best-Approximation) Sei H ein Hilbertraum und V ⊂ H eine nichtleere, abgeschlossene und konvexe Menge. Dann existiert eine Projektion PV : H →
V , so dass für alle u ∈ H die Eigenschaft der Best-Approximation gilt:
||u − PV u|| = inf{||u − v|| : v ∈ V }.
Ferner ist PV u charakterisiert durch:
(u − PV u, v − PV u) ≤ 0
∀v ∈ V .
(7.3)
Beweis. (a) Existenz von PV u: Die Funktion
ϕ(v) := ||u − v||
ist konvex, stetig und lim||v||→∞ ϕ(v) = +∞. Sie erfüllt somit die Voraussetzungen
vom Korollar 6.29. Sie nimmt also ihr Minimum an. Die Eindeutigkeit klären wir
unter (c).
(b) Äquivalenz mit (7.3): Zu v ∈ V und t ∈ (0, 1] betrachten wir die Konvexkombination
w := (1 − t)PV u + tv ∈ V .
Es gilt dann:
||u − PV u||2 ≤ ||u − w||2 = ||u − PV u − t(v − PV u)||2
= ||u − PV u||2 − 2t(u − PV u, v − PV u) + t2 ||v − PV u||2 .
100
. Braack - Hilbert-Räume
Die ist äquivalent mit
2(u − PV u, v − PV u) ≤ t||v − PV u||2 .
Der Grenzübergang t → 0 liefert (7.3). Andersherum gilt stets
||u − PV u||2 − ||u − v||2 = 2(u − PV u, v − PV u) − ||PV u − v||2 .
Aus (7.3) folgt nun ||u − PV u||2 − ||u − v||2 ≤ 0 und damit die Eigenschaft der BestApproximation. Hieraus folgt die Eigenschaft der Best-Approximation.
(c) Eindeutigkeit: Sei ũ ∈ V ein Element, dass (7.3) erfülle, also
(u − ũ, v − ũ) ≤ 0
∀v ∈ V .
Wir setzen hier nun v := PV u und v := ũ in (7.3) und erhalten:
0 ≥ (u − ũ, PV u − ũ) + (u − PV u, ũ − PV u)
= (PV u − ũ, PV u − ũ) = ||PV u − ũ||2 .
Also folgt die Eindeutigkeit ũ = PV u.
Korollar 7.13 Im Fall, dass V ⊂ H ein abgeschlosser Teilraum eines Hilbertraums
H ist, so ist die obige Projektion PV linear und sie ist für u ∈ H charakterisiert
durch:
(u − PV u, v) = 0
∀v ∈ V .
(7.4)
Beweis. Da mit v ∈ V auch tv ∈ V für jedes t ∈ R, gilt wegen (7.3):
(u − PV u, tv) ≤ (u − PV u, PV u)
∀t ∈ R .
Hieraus folgt unmittelbar (7.4). Gilt nun andersherum (7.4), so folgt dann wegen
v − PV u ∈ V :
(u − PV u, v − PV u) = 0
Also gilt insbesondere (7.3).
∀v ∈ V .
7.5 Dualräume von Hilbert-Räumen
7.5
101
Dualräume von Hilbert-Räumen
Satz 7.14 (Darstellungssatz von Riesz-Frechet) Für jedes Funktional f ∈ H 0
eines Hilbertraums H existiert genau ein vf ∈ H, so dass
hf, ui = (vf , u)
∀u ∈ H .
Ferner gilt ||f ||E 0 = ||vf ||.
Beweis. Man kann den Beweis analog aufziehen wie der Satz 4.20. Wir wollen
hier einen anderen Beweis vorstellen. Wir betrachten den abgeschlossenen Teilraum
M := f −1 (0) von H. Im Fall M = H gilt f = 0, so dass wir vf = 0 wählen können.
Sei daher g0 ∈ H \ M . Zu diesem g0 setzen wir g1 := PM g0 und
g :=
g0 − g1
.
||g0 − g1 ||
Es gilt ||g|| = 1 und gemäß Konstruktion (g, w) = 0 für alle w ∈ M . Wir wählen
jetzt vf := hf, gig. Jedes u ∈ H läßt sich nun darstellen in der Form
u = λg + w
mit w ∈ M und λ ∈ R, indem man wählt λ := hf, ui/hf, gi, denn dann ist hf, wi =
hf, ui − λhf, gi = 0. Es folgt:
(vf , u) = hf, gi(g, λg + w) = hf, gi(λ||g||2 + (g, w)) = hf, giλ
= hf, ui − hf, wi = hf, ui .
Nun müssen wir noch die Eindeutigkleit von vf zeigen. Angenommen es gäbe zwei
Lösungen vf und vf0 . Dann gilt für deren Differenz δf = vf − vf0 :
(δf , u) = 0
∀u ∈ H .
Also gilt mittels der Wahl u = δf insbesondere ||δf ||2 = 0, bzw. δf = 0.
Aufgrund dieser Isomorphie von H und H 0 identifiziert man diese Räume häufig
miteinander.
Lemma 7.15 Sei M ⊂ H ein Teilraum eines Hilbertraums H. Wenn wir H 0 mit
H identifizieren, so gilt
M ⊥ = {u ∈ H : (u, v) = 0 ∀v ∈ M } ,
sowie M ∩ M ⊥ = ∅. Ist M außerdem abgeschlossen, so gilt
M + M⊥ = H .
102
. Braack - Hilbert-Räume
Beweis. (a): Laut Definition von M ⊥ gilt:
M ⊥ = {f ∈ H 0 : hf, vi = 0 ∀v ∈ M } .
Sei nun zu diesen f ∈ H 0 das Element vf ∈ H gemäß des Darstellungssatzes von
Riesz-Frechet. Wir erhalten
M ⊥ = {vf ∈ H : (vf , v) = 0 ∀v ∈ M } .
(b) Für u ∈ M ∩ M ⊥ gilt insbesondere ||u||2 = (u, u) = 0, also u = 0.
(c) Sei u ∈ H und u1 := PM u ∈ M die Projektion auf M . Dann gilt für u2 := u−PM u
mit (7.4):
(u2 , v) = (u − PM u, v) = 0
∀v ∈ M .
Also u2 ∈ M ⊥ .
7.6
Satz von Lax-Milgram
Definition 7.16 Ein Operator A ∈ L(H, H) über einem Hilbertraum H heißt koerziv, wenn eine Konstante α > 0 existiert, so dass
(Au, u) ≥ α||u||2
∀u ∈ H .
A heißt symmetrisch, wenn
(Au, v) = (v, Au)
∀u, v ∈ H .
Im folgende geht es mit A ∈ L(H, H) um die Lösbarkeit von Gleichung in Operatorform:
Au = f .
Satz 7.17 (Lax-Milgram) Sei H ein Hilbertraum und A ∈ L(H, H) koerziv. Dann
existiert der inverse Operator A−1 ∈ L(H, H). Ist A außerdem symmetrisch, so ist
u := A−1 f für f ∈ H charakterisiert durch:
1
1
(Au, u) − hf, ui = min
(Av, v) − hf, vi .
v∈H
2
2
Beweis. (a) Es genügt die Bijektivität von A zu zeigen. Diese folgt aus:
7.6 Satz von Lax-Milgram
103
• R(A) ist dicht, denn ein v ∈ H aufgefaßt als ein Element von H 0 , welches
auf R(A) verschwindet, d.h. (Au, v) = 0 für alle u ∈ H, impliziert wegen der
Koerzivität v = 0. Die Dichtheit folgt dann aus Korollar 3.33.
• R(A) ist abgeschlossen: Nach Satz 5.18 ((e)⇒(f)) folgt dies aus der Abschätzung
α||v||2 ≤ (Av, v) ≤ ||Av|| ||v||, also α||v|| ≤ ||Av|| für alle v ∈ H.
(b) Sei nun A zusätzlich symmetrisch. Dann ist ein anderes Skalarprodukt gegeben
durch
(u, v)A := (Au, v)
p
mit zugehöriger Norm ||u||A := (Au, u). Diese Norm ist äquivalent zur ursprünglichen ||u|| aufgrund der Koerzivität. Nach dem Darstellungssatz von Riesz-Frechet
existiert ein g ∈ H, so dass
hf, vi = (g, v)A = (Ag, v)
∀v ∈ H .
(7.5)
Somit ist die Gleichung
(Au, v) = hf, vi
∀v ∈ H
(7.6)
äquivalent zu
(u − g, v)A = (A(u − g), v) = 0
∀v ∈ H
Also ist u die Projektion von g auf H im Sinne des Skalarproduktes (A·, ·): u =
PH g = g. Dies impliziert, dass u folgende Minimierungsaufgabe löst:
||u − g||A = (A(u − g), u − g)1/2 = min ||v − g||A = min(A(v − g), v − g)1/2
v∈H
v∈H
Dieses Minimum kann auch ausgedrückt werden als Minimierung von minv∈H ||v−g||2A
bzw. von
min(A(v − g), v − g) = min{(Av, v) − 2(Av, g)} + (g, g)
v∈H
v∈H
Es folgt:
1
(Au, u) − (Au, g) = min
v∈H
2
1
(Av, v) − (Av, g)
2
Zusammen mit (7.5) und (7.6) folgt die Behauptung.
104
. Braack - Hilbert-Räume
Dieser Satz wird häufig angewendet auf Lösungen von Gleichungen, die mittels
Bilinearformen gegeben sind. Gesucht ist u ∈ E so dass
a(u, v) = (f, v)
∀v ∈ E .
Der Zusammenhang zwischen dieser Bilinearformen a(·, ·) und dem linearen Operator A besteht mittels a(u, v) = (Au, v). Die Eigenschaften stetig, koerziv und
symmetrisch lauten nun:
• stetig: |a(u, v)| ≤ C||u|| ||v||
• koerziv: a(v, v) ≥ α||v||2
∀u, v ∈ E ,
∀v ∈ E ,
• symmetrisch: a(u, v) = a(v, u)
7.7
∀u, v ∈ E .
Beispiele von Hilberträumen
Wir gehen hier nur kurz auf den Folgenraum l2 und den Funktionenraum L2 (Ω) ein.
Im folgenden Kapitel behandeln wir dann ausführlicher die Sobolev-Räume, die u.a.
wichtige Räume zur Lösung von Partiellen Differentialgleichungen sind.
7.7.1
Der Folgenraum l2
Für l2 -Folgen x = (xn )n∈N , y = (yn )n∈N , ist ein Skalarprodukt gegeben durch
(x, y)l2 :=
∞
X
xn yn .
n=1
Dieses erzeugt gerade die l2 -Norm
||x||2l2 = (x, x)l2 =
∞
X
|xn |2 .
n=1
Für p 6= 2 ist lp hingegen kein Hilbertraum.
7.7.2
Der Funktionenraum L2 (Ω)
Für meßbares Ω ⊂ Rn und L2 (Ω)-Funktionen f, g, ist ein Skalarprodukt gegeben
durch
Z
(f, g)L2 (Ω) :=
f (x)g(x) dx .
Ω
7.7 Beispiele von Hilberträumen
105
Dieses erzeugt gerade die L2 -Norm
||f ||2L2 (Ω)
Z
= (f, f )L2 (Ω) =
Ω
Für p 6= 2 ist Lp Ω) hingegen kein Hilbertraum.
|f (x)|2 dx .
106
. Braack - Hilbert-Räume
Kapitel 8
Sobolev-Räume
8.1
Motivation
Wir betrachten zum Intervall I = [a, b] die Lösungen u : I → R der Gleichung:
−u00 + u
=
f
in I
(8.1)
u(a) = u(b) = 0
(8.2)
Eine klassische Lösung, oder auch starke Lösung, dieser gewöhnlichen Differentialgleichung ist eine Funktion u ∈ C 2 (I), die diese Gleichung in jedem Punkt x ∈ I
erfüllt.
Wenn diese Gleichung nun mit einer weiteren Funktion ϕ ∈ C 1 (I) multiplizieren
und integrieren erhalten wir:
Z
Z
Z
00
− u ϕ + uϕ =
fϕ
I
I
I
Setzen wir ferner voraus, dass ϕ(a) = ϕ(b) = 0, so ergibt eine partielle Integration
des ersten Integrals:
Z
Z
Z
00
0 0
0 b
− u ϕ =
u ϕ − u ϕ|a =
u0 ϕ 0
I
I
I
Somit erfüllt jede starke Lösung u ∈ C 2 (I) der Gleichung (8.1) auch die Gleichung:
Z
Z
Z
0 0
u ϕ + uϕ =
(8.3)
fϕ
∀ϕ ∈ V (I)
I
I
I
mit
V (I) := {ϕ ∈ C 1 (I) : ϕ(a) = ϕ(b) = 0} .
108
. Braack - Sobolev-Räume
Die Lösungen von (8.3) müssen nun allerdings nur noch u ∈ C 1 (I) erfüllen. Man
sagt, dass die Gleichung (8.3) weniger Regularität an die Lösung fordert. Wir werden sehen, dass wir noch sehr viel weniger Regularität fordern können, ohne den
Begriff einer sinnvoller Lösungen zu verletzen. Dies führt auf die Sobolev-Räume.
In diesen Räumen werden wir dann mit Hilfe des Satzes von Lax-Milgram Existenz
und Eindeutigkeit von Lösungen beweisen können.
8.2
Schwache Ableitungen
Sei Ω ⊂ Rn ein Gebiet. Unter dem Träger supp ϕ einer Funktion ϕ : Ω → R
verstehen wir die abgeschlossene Menge
supp ϕ := {x ∈ Ω : ϕ(x) 6= 0} .
Die Menge der C ∞ -Funktionen mit kompaktem Träger bezeichnen wir im folgenden
mit
D(Ω) := {ϕ ∈ C ∞ (Ω) : supp ϕ kompakt}
Die Ableitungen solcher Funktionen bezeichen wir gemäß Abschnitt 4.3.3 mit ∂ α ϕ.
Definition 8.1 Sei α ∈ Nd0 ein Multiindex und u ∈ L1loc (Ω). Eine Funktion wα ∈
L1loc (Ω) heißt verallgemeinerte Ableitung vom Grad α von u, wenn
Z
Z
|α|
wα ϕ = (−1)
u∂ α ϕ
∀ϕ ∈ D(Ω).
Ω
Ω
Eine solche Funktion wα bezeichnen wir dann mit Dα u.
Lemma 8.2 Für u ∈ C m (Ω), m ∈ N, gilt Dα u = ∂ α u für |α| ≤ m.
Beweis. Ergibt sich unmittelbar aus partieller Integration.
Diese schwachen Ableitungen können aber auch dann eingesetzt werden, wenn
eine Funktion nur stückweise differenzierbar ist: Sei hierzu Ω aufgeteilt in zwei Teilgebiete
Ω := Ω1 ∪ Ω2 ,
mit lipschitz-stetigen Rändern, d.h. ∂Ω ∈ C 0,1 . Nun sei u ∈ C(Ω) eingeschränkt auf
Ω1 oder auf Ω2 jeweils C 1 , d.h
u|Ωi ∈ C 1 (Ωi ) ,
i = 1, 2.
8.3 Definition der Sobolev-Räume
109
und die Ableitungen seien noch bis zum Rand stetig fortsetzbar:
∂ α u|Ωi stetig fortsetzbar auf Ωi ,
i = 1, 2.
Dann gilt Dα u = ∂ α u|Ωi für i = 1, 2, denn für beliebige Testfunktionen ϕ ∈ D(Ω)
gilt:
Z
2 Z
2 Z
X
X
∂ϕ
∂ϕ
∂u
dx =
u
dx =
ϕ dx .
uϕnij ds −
u
∂xj
∂Ωi
Ω ∂xj
Ωi ∂xj
i=1 Ωi
i=1
Z
Hiebei bezeichnet ni = (ni1 , . . . , nin ) den äußeren Normalen-Einheitsvektor an ∂Ωi .
Nun gilt ferner für die Randintegrale
2 Z
X
∂Ωi
i=1
Z
Z
uϕnij ds =
uϕn1j ds +
∂Ω1 \∂Ω2
uϕn2j ds
∂Ω2 \∂Ω1
Z
+
u(ϕn1j + ϕn2j ) ds
∂Ω1 ∩∂Ω2
Da ∂Ω1 \ ∂Ω2 ⊂ ∂Ω und ϕ seinen Träger in Ω besitzt, verschwindet das 1. Randintegral auf der rechten Seite. Mit dem gleichen Argument verschwindet auch
das zweite Randintegral. Das verbleibende dritte Randintegral verschwindet wegen
ϕn1j = −ϕn2j auf ∂Ω1 ∩ ∂Ω2 . Wir erhalten also:
Z
2
X
∂ϕ
u
dx = −
Ω ∂xj
i=1
Z
Ωi
∂u
ϕ dx = −
∂xj
Da dies für jede Komponente j gilt, ist demzufolge
8.3
∂u
∂x
Z
Ω
∂u
ϕ dx .
∂xj
schwache Ableitung von u.
Definition der Sobolev-Räume
Definition 8.3 Unter dem Sobolev-Raum der Ordnung m ∈ N0 in einem Gebiet
Ω ⊂ Rn und der Potenz p, 1 ≤ p ≤ ∞, versteht man
W m,p (Ω) := {u ∈ Lp (Ω) : ∃Dα u ∈ Lp (Ω) ∀|α| ≤ m}.
Auf diesen Räumen definieren wir für 1 ≤ p < ∞ die Halbnormen:
1/p

|u|W m,p (Ω) := 
X
|α|=m
||Dα u||pLp (Ω) 
110
. Braack - Sobolev-Räume
und für p = ∞:
X
|u|W m,∞ (Ω) :=
||Dα u||L∞ (Ω)
|α|=m
sowie die Normen für 1 ≤ p < ∞
||u||W m,p (Ω) :=
m
X
|u|pW m,p (Ω)
1/p

!1/p
= 
X Z
i=0
|α|≤m
|Dα u|p dx
,
Ω
und für p = ∞:
||u||W m,∞ (Ω) :=
m
X
|u|W m,∞ (Ω) =
i=0
X
sup |Dα u(x)| .
|α|≤m
x∈Ω
Alternativ werden auch gelegentlich die folgenden äquivalenten Normen benutzt:
X
||u||0W m,p (Ω) :=
||Dα u||Lp (Ω) .
|α|≤m
Satz 8.4 Die Räume W m,p (Ω) sind für 1 ≤ p ≤ ∞ Banachräume.
Beweis. (a) Zunächst ist zu überprüfen, ob die Normeigenschaften erfüllt sind.
Während die Definitheit und die Homogenität offensichtlich sind, ist die Dreiecksungleichung jedoch gesondert zu überprüfen. Wir nummerieren alle möglichen Multiindizes mit |α| ≤ m: α(0), . . . , α(l). Zu u, v ∈ W m,p (Ω) bezeichnen wir deren
Ableitungen mit
ξi := ||Dα(i) u||Lp (Ω)
und ηi := ||Dα(i) v||Lp (Ω) ,
i = 0, . . . , l .
Für 1 ≤ p < ∞ liefern die Minkowskischen Ungleichungen in lp (Satz 2.10) und die
Dreiecksungleichungen in Lp (Ω):
||u + v||W m,p (Ω) =
l
X
!1/p
||Dα(i) (u + v)||pLp (Ω)
i=0
≤
l
X
!1/p
|ξi + ηi |p
i=0
≤
l
X
i=0
!1/p
|ξi |p
+
l
X
!1/p
|ηi |p
i=0
= ||u||W m,p (Ω) + ||v||W m,p (Ω)
8.3 Definition der Sobolev-Räume
111
(b) Vollständigkeit: Wenn (un )n∈N eine Cauchy-Folge in W m,p (Ω) ist, so ist für
|α| ≤ m die Folge (Dα un )n∈N auch eine Cauchy-Folge in Lp (Ω). Aufgrund der
Vollständigkeit von Lp (Ω) existieren Grenzwerte wα ∈ Lp (Ω):
lim Dα un = wα
n→∞
Konvergenz in in Lp (Ω) .
Für 1 < p gilt nach Lemma 4.18 für kompakte Teilmengen ω ⊂ Ω (und folglich mit
endlichem Maß µ(ω) < ∞): Dα un , wα ∈ L1 (ω), sowie
Dα un → wα
Konvergenz in L1 (ω) .
Für p = 1 gilt dies trivialerweise auch. Für ϕ ∈ D(Ω) folgt aus
Z
Z
α
|α|
D un ϕ dx = (−1)
un ∂ α ϕ ,
Ω
Ω
durch Grenzwertbetrachtung n → ∞ auf beiden Seiten der Gleichung:
Z
Z
|α|
wα ϕ dx = (−1)
u∂ α ϕ ,
Ω
Ω
Also ist wα verallgemeinerte Ableitung von u vom Grad α. Hieraus folgt u ∈
W m,p (Ω).
Satz 8.5 Es gilt für alle m ∈ N stets W m,p (Ω) ⊂ W m−1,p (Ω) mit stetiger Einbettung
(Identität):
id : W m,p (Ω) → W m−1,p (Ω) .
Beweis. Die Aussage W m,p (Ω) ⊂ W m−1,p (Ω) ist offensichtlich. Die Stetigkeit der
Einbettung folgt aus
||u||W m−1,p (Ω) ≤ ||u||W m,p (Ω) .
Satz 8.6 Sei m ∈ N0 . Dann ist der Sobolev-Raum W m,p (Ω)
(a) reflexiv, wenn 1 < p < ∞,
(b) separabel, wenn 1 ≤ p < ∞.
112
. Braack - Sobolev-Räume
Beweis. Wir nehmen zunächst n = m = 1 an und setzen zur vereinfachten
Notation E := W m,p (Ω).
(a) Da Lp (Ω) reflexiv ist, ist es auch der Produktraum F := Lp (Ω) × Lp (Ω). Diese
Tatsache ergibt sich unmittelbar aus der Tatsache, dass die Reflexivität äquivalent
ist mit der schwachen Kompaktheit der Einheitskugel (Satz 6.24). Die Abbildung
T ∈ L(E, F ), u 7→ (u, u0 ) ist eine Isometrie. Daher ist T (E) ein abgeschlossener
Unterraum in F . Da nach Lemma 3.42 abgeschlossene Unterräume von reflexiven
Räumen auch reflexiv sind, folgt die Reflexivität von T (E). Da T eine Isometrie ist,
folgt die Reflexivität von E.
(b): Die Separabilität folgt durch die gleichen Argumente wie in (a) und der trivialen
Aussage, dass Teilmengen separabler Mengen wieder separabel sind.
Satz 8.7 (Meyers & Serrin) Für 1 ≤ p < ∞ ist C ∞ (Ω) ∩ W 1,p (Ω) dicht in
W 1,p (Ω).
Beweis. Der Beweis erfolgt beispielsweise über Faltung und anschließende Beschränkung auf kompakte Träger. Dies wollen wir hier aber nicht explizit ausführen.
8.3.1
Beispiel einspringende Ecken
Wir betrachten das Kreissegment Ω ⊂ R2 vom Radius R > 0 und dem Öffnungswinkel 0 < θ0 < 2π. In diesem Gebiet betrachten wir die Laplace-Gleichung:
2
∂ u ∂2u
−∆u := −
+
= 0
in Ω ,
∂x2 ∂y 2
und den Randbedingungen
u(r, θ) = rβ sin(βθ)
auf ∂Ω ,
wobei u(r, θ) die Polarkoordinatendarstellung von u(x, y) ist und β = π/θ0 . Man
vergewissere sich, dass
u(r, θ) = rβ sin(βθ)
eine Lösung dieser Randwertaufgabe ist. Nun gilt:
• Da ||u||L∞ (Ω) ≤ Rβ und Ω beschränkt ist, gilt u ∈ L∞ (Ω) ⊂ Lp (Ω) für 1 ≤ p ≤
∞.
8.4 Die Räume H m (Ω)
113
• Die Ableitungen ergeben sich zu (Übungsaufgabe)
∂u
(r, θ) = βrβ−1 sin((β − 1)θ)
∂x
Dieser Ausdruck ist über Ω in der p-ten Potenz integrierbar, wenn dies der
Ausdruck rβ−1 ist, welcher bei r = 0 singulär wird. Es gilt also die Äquivalenz
∂u
∈ Lp (Ω) ⇐⇒ (β − 1)p + 2 > 0 .
∂x
• Für 1 ≤ p ≤ 2 gilt (β − 1)p + 2 ≥ (β − 1)2 + 2 = 2β > 0, also ∂x u ∈ Lp (Ω) für
beliebige Öffnungswinkel 0 < θ0 ≤ 2π.
Für p > 2 ergibt sich hingegen ∂x u ∈ Lp (Ω),
8.3.2
Die Sobolevräume H m (Ω)
Weitere wichtige Vertreter sind die Sobolev-Räume, die wir im nächsten Abschnitt ausführlich behandeln wollen.
sofern 0 < θ0 ≤ πp/(p − 2).
• Für ∂y u gilt analoges.
• Wir erhalten insgesamt:
1 ≤ p < 4 : u ∈ W 1,p (Ω) für 0 < θ0 < 2π ,
p ≥ 4 : u ∈ W 1,p (Ω) für 0 < θ0 < πp/(p − 2) .
8.4
Die Räume H m(Ω)
Für partielle Differentialgleichungen spielen die Sobolev-Räume zur Potenz p = 2
eine wichtige Rolle. Für diese Räume führen wir eine gesonderte Bezeichnug ein:
Definition 8.8 Im Fall p = 2 schreibt man auch H m (Ω) = W m,2 (Ω).
Satz 8.9 Die Räume H m (Ω) sind Hilberträume mittels des Skalarproduktes
X
(u, v)H m (Ω) :=
(Dα u, Dα v)L2 (Ω)
|α|≤m
Die hieraus induzierte Norm ist gleich der W m,2 (Ω)-Norm.
114
. Braack - Sobolev-Räume
Beweis. Die Eigenschaften des Skalarproduktes sind einfach nachzuprüfen.
X
||u||2H m (Ω) = (u, u)H m (Ω) =
||Dα u||2L2 (Ω) = ||u||2W m,2 (Ω)
|α|≤m
8.5
Die Räume W0m,p(Ω) und H0m(Ω)
Definition 8.10 Für m ∈ N und 1 ≤ p < ∞ ist W0m,p (Ω) der Abschluß der Menge
C0m (Ω) in W m,p (Ω). Ferner ist H0m (Ω) = W0m,2 (Ω).
Anstelle von C0m (Ω) kann man auch D(Ω) wählen und man erhält die gleichen
Räume, denn man kann zeigen, dass D(Ω) dicht ist in W0m,p (Ω). Während im allgemeinen W0m,p (Ω) 6= W m,p (Ω) erhalten wir im Fall Ω = Rn allerdings keine neuen
Räume:
Lemma 8.11 Für 1 ≤ p < ∞ ist W01,p (Rn ) = W 1,p (Rn ).
Beweis. Wir setzen
E1 := W 1,p (Rn ) ,
E2 := C 1 (Rn ) und E3 := C01 (Rn ) .
Es ist Tatsache, dass E3 ∩ E1 dicht ist in E2 ∩ E1 bezüglich der E1 -Norm. Da nach
dem Satz 8.7 von Meyers/Serrin E2 ∩ E1 dicht ist in E1 , ist folglich auch E3 ∩ E1
dicht in E1 . Es folgt insgesamt:
W01,p (Rn ) = E3 ∩ E1 = E1 = W 1,p (Rn ) .
Lemma 8.12 Für 1 ≤ p < ∞ ist W01,p (Ω) ein separabler Banachraum. Im Fall 1 <
p < ∞ ist dieser sogar reflexiv. H01 (Ω) ist zusammen mit dem H 1 (Ω)-Skalarprodukt
ein Hilbertraum.
Beweis. Analog zu den Beweisen für W 1,p (Ω).
Anschaulich beschreibt W01,p (Ω) den Raum der Sobolev-Funktionen aus W 1,p (Ω),
die am Rand “verschwinden”. Dieses ist aber wirklich nur in grober Näherung richtig, da diese Sobolev-Funktionen i.a. ja nicht mal stetig sind, bzw. keinen stetigen
Repräsentanten besitzen. u ∈ W01,p (Ω) ist nur f.ü. definiert und ∂Ω besitzt als Teilmenge des Rn das Lebesgue-Maß Null.
8.5 Die Räume W0m,p (Ω) und H0m (Ω)
115
Lemma 8.13 Sei u ∈ W 1,p (Ω) mit kompaktem supp u ⊂ Ω. Dann gilt u ∈ W01,p (Ω).
Beweis. Sei ω := supp u und Ω0 kompakt, so dass ω ⊂ Ω0 ⊂⊂ Ω. Nun existiert
nach dem Satz von Friedrichs eine Folge (un )n∈N aus D(Ω), so dass
un → u in Lp (Ω)
∇un → ∇u in Lp (Ω0 )n .
Man beachte, dass i.a. ∇un → ∇u in Lp (Ω) nicht erreicht werden kann. Sei ferner
α ∈ C01 (Ω0 ) mit α|ω ≡ 1. Per Konstruktion gilt αu = u. Es gilt außerdem
αun → αu in W 1,p (Ω) .
Folglich ist αu = u ∈ W01,p (Ω).
Für die Definition von Gebieten mit glatten Rändern benutzen wir folgende Notation:
Q = {x = (x0 , xn ) ∈ Rn : ||x0 || < 1 , |xn | < 1} ,
Q+ = Q ∩ Rn+ , ,
Q0 = Q ∩ (Rn−1 × {0}) .
Definition 8.14 Ein Gebiet Ω ⊂ Rn heißt C 1 -Gebiet, wenn für jeden Punkt x ∈ ∂Ω
eine Umgebung U von x sowie eine bijektive Abbildung ϕ : Q → U existiert, so dass
ϕ ∈ C 1 (Q) ,
ϕ(Q+ ) = U ∩ Ω ,
ϕ−1 ∈ C 1 (U )
ϕ(Q0 ) = U ∩ ∂Ω .
Satz 8.15 Sei Ω ein offenes C 1 -Gebiet, 1 ≤ p < ∞ und
u ∈ W 1,p (Ω) ∩ C(Ω) .
Dann ist u ∈ W01,p (Ω) genau dann, wenn u|∂Ω = 0.
Beweis. (a) Sei u|∂Ω = 0 und supp u zunächst kompakt. Wir wählen eine Funktion
g ∈ C 1 (R) derart, dass
g(t) = 0 |t| ≤ 1 ,
|g(t)| ≤ |t| 1 ≤ |t| ≤ 2 ,
g(t) = t 2 ≤ |t| .
116
. Braack - Sobolev-Räume
Dann ist un := g(nu)/n ∈ W 1,p (Ω) und für den Träger gilt
supp un ⊂ {x ∈ Ω : |u(x)| ≥ 1/n} .
Nach dem vorherigen Lemma ist also un ∈ W01,p (Ω). Ferner zeigt man nun
un → u
in W 1,p (Ω) ,
woraus dann sofort die Behauptung folgt.
(b) Im Fall, dass u|∂Ω = 0 aber supp u unbeschränkt ist, kompaktifiziert man den
Träger indem man zu einer Funktion der Form αn u übergeht. Hierbei ist αn ∈ D
eine Glättungsfunktion, mit αn ≡ 1 in der Kugel vom Radius n. Wir erhalten mit
dem Beweisteil (a) jetzt αn u ∈ W01,p (Ω). Da aber
αn u → u
in W 1,p (Ω) ,
folgt u ∈ W01,p (Ω).
(c) Nun gelte u ∈ W01,p (Ω). Hier benötigen wir im Gegensatz zum vorherigen Beweisteil die C 1 -Regularität des Gebietes. Der Beweis kann zurückgeführt werden mittels
lokaler Karten auf folgende Implikation:
u ∈ W01,p (Q+ ) ∩ C(Q+ ) =⇒ u|Q0 = 0 .
Sei (um )m∈N eine Folge in C01 (Q+ ) mit um → u in W 1,p (Q+ ). Es gilt:
Z xn ∂um 0 0
|um (x , xn )| ≤
∂t (x , t) dt
0
Und daher für 0 < xn < :
Z
Z
Z xn ∂um 0 0
0
0
|um (x , xn )|dx ≤
∂t (x , t) dtdx
0
0
||x ||<1
||x ||<1 0
Z
Z ∂um 0 ≤
(x , t) dtdx0
∂t
||x0 ||<1 0
1
Z Z
0
0
|um (x , xn )|dx dxn ≤
0
||x0 ||<1
Z ∂um 0 0
∂t (x , t) dtdx
0
||x ||<1 0
Z
Durch Grenzübergang m → ∞ erhalten wir bei festem > 0:
Z Z
Z
Z ∂u 0 1 0
0
(x , t) dtdx0
|u(x , xn )|dx dxn ≤
∂t
0 ||x0 ||<1
0
||x ||<1 0
8.6 Sobolev’sche Ungleichungen
117
Nun lassen wir noch → 0 laufen und erhalten wegen u ∈ C(Q+ ) und aufgrund von
∂u
(·, t) ∈ L1 (Q+ ):
∂t
Z
Z Z
∂u 0 0
0
(x , t) dtdx0 = 0 .
|u(x , 0)|dx dxn ≤ lim
∂t
→0
||x0 ||<1 0
||x0 ||<1
Es folgt schließlich u|Q0 = 0.
8.6
Sobolev’sche Ungleichungen
Wir beschäftigen uns in diesem Abschnitt mit Einbettungssätzen für den Fall Ω =
Rn . Im allgemeinen Fall Ω ⊂ Rn gelten ähnliche Aussagen, wobei aber teilweise eine
gewisse Regularität von ∂Ω vorausgesetzt werden muß, da die Funktionen zunächst
auf ganz Rn fortgesetzt werden müssen. Diesen Fall wollen wir hier aber nicht betrachten.
Satz 8.16 (Ungleichung von Sobolev, Gagliardo, Nirenberg) Für 1 ≤ p <
n gilt
1 1
1
= − .
0
p
p n
0
W 1,p (Rn ) ⊂ Lp (Rn ) ,
Ferner existiert eine Konstante C = C(n, p), so dass
∀u ∈ W 1,p (Rn ) .
||u||Lp0 ≤ C||∇u||Lp
Beweis. (a) Sei zunächst u ∈ C01 (Rn ): Dann gilt für i = 1, . . . , n:
Z xi
e
|u(x)| = D i u(x1 , . . . , xi−1 , t, xi+1 , . . . , xn ) dt
Z −∞
∞
≤
|Dei u(x1 , . . . , xi−1 , t, xi+1 , . . . , xn )| dt =: fi (x̃i )
−∞
wobei x̃i = (x1 , . . . , xi−1 , xi+1 , . . . , xn ) ∈ Rn−1 . Also folgt
n/(n−1)
|u(x)|
≤
n
Y
fi (x̃i )1/(n−1) .
i=1
Es folgt:
n/(n−1)
||u||Ln/(n−1) (Rn )
Z
n/(n−1)
|u(x)|
=
dx ≤
Rn
Ω
n
Y
= fi (x̃i )1/(n−1) i=1
n
Y
Z
L1 (Rn )
fi (x̃i )1/(n−1) dx
i=1
n
Y
≤
i=1
1/(n−1)
kfi kL1 (Rn−1 ) .
118
. Braack - Sobolev-Räume
Hierbei ist die letzte Anschätzung nicht trivial (aber richtig). Da kfi kL1 (Rn−1 ) =
||Dei u||L1 (Rn ) folgt nun:
n
Y
||u||Ln/(n−1) (Rn ) ≤
1/n
||Dei u||L1 (Rn )
i=1
Dieses Resultat wenden wir nun an auf |u|t−1 u anstelle von u, wobei t ≥ 1. Hier sei
angemerkt, dass mit u ∈ C01 (Rn ) auch |u|t−1 u ∈ C01 (Rn ). Wir erhalten dann wegen
∂i (|u|t−1 v) = t|u|t−1 ∂i v und der Hölderschen Ungleichung (1 = 1/p + 1/q):
||u||tLtn/(n−1) (Rn )
t
= ||u ||Ln/(n−1) (Rn ) ≤
n
Y
1/n
||Dei (|u|t−1 v)||L1 (Rn )
i=1
= t
n
Y
t−1
|||u|
D
ei
1/n
u||L1 (Rn )
≤ t
i=1
n
Y
1/n
1/n
||ut−1 ||Lq (Rn ) ||Dei u||Lp (Rn )
i=1
= t||u||t−1
L(t−1)q (Rn )
n
Y
1/n
||Dei u||Lp (Rn ) .
i=1
Wählen wir nun t, so dass tn/(n − 1) = (t − 1)q erhalten wir:
||u||L(t−1)q (Rn ) ≤ t
n
Y
1/n
||Dei u||Lp (Rn )
i=1
Da im Fall 1 ≤ p < n für diese Wahl von t tatsächlich t/(t − 1) = p0 ≥ 1 gilt, folgt:
||u||Lp0 (Rn ) ≤ t
n
Y
||D
ei
1/n
u||Lp (Rn )
i=1
≤ t
n
Y
1/n
||∇u||Lp (Rn ) = t||∇u||Lp (Rn )
i=1
(b) Nun sei allgemein u ∈ W 1,p (Rn ). Dann existiert eine Folge (un ) in C01 (Rn ), so
dass
un → u
in W 1,p (Rn )
un (x) → u(x) f.ü.
Für diese Folgenglieder erhalten wir nach (a):
||un ||Lp0 (Rn ) ≤ C||∇un ||Lp (Rn ) .
0
Mit dem Lemma von Fatou folgern wir u ∈ Lp (Rn ) und
||u||Lp0 (Rn ) ≤ C||∇u||Lp (Rn ) .
8.6 Sobolev’sche Ungleichungen
119
Der Zusammenhang zwischen p und p0 im obigen Satz ergibt sich auch durch folgende
Betrachtung. Angenommen es existiert ein q ∈ [1, ∞] mit
||u||Lq ≤ C||∇u||Lp
∀u ∈ W 1,p (Rn ) .
Wir setzen uλ (x) = u(λx) für λ > 0. Wir erhalten dann
||uλ ||Lq ≤ C||∇uλ ||Lp .
(8.4)
Durch den Transformationssatz erhalten wir außerdem:
||uλ ||Lq = λ−n/q ||u||Lq
||∇uλ ||Lp = λp/p λ−n/p ||u||Lp
Es folgt insgesamt:
||u||Lq ≤ Cλ1+n/q−n/p ||∇u||Lp
Dies kann bei Gültigkeit von (8.4) aber nur für alle λ > 0 richtig sein, wenn q = p0 .
Korollar 8.17 Für 1 ≤ p < n gilt
W 1,p (Rn ) ⊂ Lr (Rn ) ,
∀r ∈ [p, p0 ] ,
1
1 1
= − ,
0
p
p n
mit stetiger Einbettung.
0
Beweis. Für u ∈ W 1,p (Rn ) gilt nach dem vorherigen Satz u ∈ Lp (Ω) ∩ Lp (Ω).
Dann gilt wegen des Interpolationssatzes u ∈ Lr (Rn ) für alle r ∈ [p, p0 ] und
||u||Lr ≤ ||u||αLp · ||u||1−α
,
Lp0
mit 0 ≤ α ≤ 1, so dass 1/r = α/p + (1 − α)/p0 . Die Youngsche Ungleichung (Lemma
2.8) liefert nun
||u||Lr ≤ α||u||Lp + (1 − α)||u||Lp0
≤ ||u||Lp + ||u||Lp0
≤ ||u||Lp + C||∇u||Lp
≤ C||u||W 1,p .
Ohne Beweis geben wir noch die folgenden beiden Ergebnisse an:
120
. Braack - Sobolev-Räume
Korollar 8.18 Für p = n gilt W 1,p (Rn ) ⊂ Lr (Rn ) für alle r ∈ [p, ∞) mit stetiger
Einbettung, also
||u||Lr (Rn ) ≤ C||u||W 1,p (Rn ) .
Satz 8.19 (Morrey) Für p > n gilt W 1,p (Rn ) ⊂ L∞ (Rn ) mit stetiger Einbettung,
also
||u||L∞ (Rn ) ≤ C||u||W 1,p (Rn ) .
Ferner besitzt u in diesem Fall einen stetigen Repräsentanten, also u = ũ f.ü. mit
ũ ∈ C(Rn ).
8.7
Poincare’sche Ungleichung
Korollar 8.20 (Poincaresche Ungleichung) Sei Ω ⊂ Rn eine beschränkte offene Menge, 1 ≤ p < ∞. Dann existiert eine Konstante C = C(Ω, p, n), so dass
∀u ∈ W01,p (Ω) .
||u||Lp (Ω) ≤ C||∇u||Lp (Ω)
Beweis. Wir setzen u ∈ W01,p (Ω) fort zu einer Funktion in ũ ∈ W 1,p (Rn ) indem
wir ũ = 0 außerhalb von supp u setzen. Die Ungleichung von Sobolev liefert uns nun
im Fall 1 ≤ p < n
||u||Lp0 (Ω) = ||u||Lp0 (Rn ) ≤ C||∇u||Lp (Rn ) = C||∇u||Lp (Ω) ,
für p0 = 1/(1/p − 1/n) > p mit einer Konstanten C = C(n, p). Im Fall p ≥ n folgt
dies ebenfalls durch andere Versionen der Ungleichung von Sobolev. Hierbei wird
teilweise benutzt, dass Ω beschränkt ist. Da Ω als beschränkt angenommen wurde
gilt außerdem
||u||Lp (Ω) ≤ µ(Ω)1/n ||u||Lp0 (Ω)
Wir erhalten die Behauptung mit einer Konstanten, die abhängig ist von p, n und
Ω.
Korollar 8.21 Sei Ω ⊂ Rn eine beschränkte offene Menge, 1 ≤ p < ∞. Dann ist
die Halbnorm | · |W 1,p (Ω) eine Norm auf W01,p (Ω), die äquivalent ist zu || · ||W 1,p (Ω) .
Für p = 2 ist
Z
∇u∇v dx
(u, v)H01 (Ω) :=
Ω
ein Skalarprodukt auf
H01 (Ω),
dass die Norm | · |W 1,p (Ω) induziert.
Beweis. Folgt unmittelbar aus Korollar 8.20.
8.8 Anwendung auf elliptische partielle Differentialgleichungen
8.8
121
Anwendung auf elliptische partielle Differentialgleichungen
Wir betrachten wieder die Poisson-Gleichung in einem beschränktem Gebiet Ω ⊂ Rn :
−∆u := −
n
X
∂2u
i=1
∂x2i
= f
in Ω ,
und homogenen Dirichlet-Randbedingungen:
u|∂Ω = 0
Dieses Problem formulieren wir jetzt wieder als ein variationelles Problem. Finde
u ∈ H01 (Ω), so dass
Z
Z
∇u∇ϕ dx =
f ϕ dx ∀ϕ ∈ H01 (Ω) .
Ω
Ω
Oder kürzer, wenn wir f als Funktional auf H01 (Ω) auffassen,
f ∈ H −1 (Ω) := (H01 (Ω))0 ,
und mit der Notation H := H01 (Ω),
u∈H:
(u, ϕ)H = hf, ϕi ∀ϕ ∈ H .
Da die Bilinearform auf der linken Seite koerziv ist, folgt mit dem Satz von LaxMilgram unmittelbar die Lösbarkeit in H.
122
. Braack - Sobolev-Räume
Literaturverzeichnis
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2006.
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