8. Lebesgue-Räume Sei (M,Ω)

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8. LEBESGUE-RÄUME
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8. Lebesgue-Räume
Sei (M, Ω) eine C ∞ -Mannigfaltigkeit mit Volumenform. Außer dem bereits konstruierten
können wir auch noch andere Vektorräume aus dem Lebesgue-Integral konstruieren,
die für die Lösung von partiellen Differentialgleichungen wichtig sind.
L1 (M, Ω)
Definition 8.1. Sei 1 ≤ p < ∞ (p reell). Wir definieren
Lp (M, Ω) := {f : M −→ R| |f |p ∈ L1 (M, Ω)}
zusammen mit
Z
kf kp := (
M
Z
1
|f |p dλ) p = (
1
|f |p Ω) p .
M
Im Grenzfall p −→ ∞ definieren wir
L∞ (M, Ω) := L∞ (M ) := {f : M −→ R| ∃ r ∈ R : |f | ≤ r f.ü. }
und
kf k∞ := inf{r ∈ R| λ({|f | > r}) = 0};
die rechte Seite heißt wesentliches Supremum von |f |.
Wir stellen fest, dass für f ∈ L0 (M, Ω) gilt:
p
f ∈ Lp (M, Ω) ⇐⇒ |f |r ∈ L r (M, Ω)
für jedes r ≤ p.
Sehen wir uns die Beweise des Majorantenkriteriums und des Satzes von Lebesgue genauer
an, so stellen wir fest, dass wir im Beweis problemlos L1 (M, Ω) durch Lp (M, Ω) ersetzen
können. Wir erhalten damit
Satz 8.2. (Majorantenkriterium)Ist p ≥ 1, g ∈ Lp (M, Ω), f ∈ L0 (M, Ω) und |f | ≤ g,
so ist f ∈ Lp (M, Ω).
und
Satz 8.3. (von Lebesgue)Sei fi ∈ L0 (M, Ω) eine Folge, die punktweise fast überall
gegen f ∈ L0 (M, Ω) konvergiert. Weiter sei p ≥ 1 und es existiere ein g ∈ Lp (M, Ω) mit
Lp
|fi | ≤ g fast überall für alle i. Dann sind fj , f ∈ Lp (M, Ω) und fi −→ f , d.h. kf − fi kp −→ 0
für i −→ ∞.
Wir benötigen einige Ungleichungen für reelle Zahlen.
+
Lemma 8.4. Ist Φ : R+
0 −→ R0 ein Homöomorphismus und a, b ≥ 0, so gilt
ab ≤
Z
0
a
Φ(x)dx +
Z
b
Φ−1 (x)dx.
0
Beweis. Das überzeugendste Argument ist eine Grafik:
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2. INTEGRATION AUF MANNIGFALTIGKEITEN
Rb
0
Φ−1 (x)dx
Ra
0
Φ(x)dx
Formal argumentieren wie folgt. Zunächst muss Φ streng monoton sein, sonst folgern wir
aus dem Zwischenwertsatz, dass Φ nicht injektiv sein kann. Ist Φ(x) = 0 (solch ein x existiert
nach Voraussetzung), so folgt Φ(y) < 0 für alle 0 ≤ y < x oder alle y > x. Da Φ aber
nichtnegativ ist, muss x = 0 gelten und Φ streng monoton steigend sein.
Wir überdecken das Rechteck Q := [0, a] × [0, b] mit den disjunkten Bereiche
A := {(x, y)|0 ≤ x ≤ a, 0 ≤ y ≤ Φ(x)} und B := {(x, y)|0 ≤ y ≤ b, y > Φ(x)}.
Offenbar ist Q ⊂ A ∪ B und wegen der streng steigenden Monotonie von Φ (und damit auch
Φ−1 ) lässt sich B auch beschreiben als
B = {(x, y)| 0 ≤ y ≤ b, x < Φ−1 (y)}.
Nach dem Satz von Fubini gilt
ab =
≤
=
Z
Z
Z
dx ∧ dy =
Q
0
a Z Φ(x)
Z
dx ∧ dy +
A
dydx +
0
0
a
Φ(x)dx +
Z bZ
Z
Z
dx ∧ dy
B
Φ−1 (y)
dxdy
0
b
Φ−1 (y)dy.
0
0
Lemma 8.5. Für a, b ∈ R und 1 ≤ p, q ≤ ∞ mit
ab ≤
1
p
+
1
q
= 1 gilt
ap bq
+ .
p
q
Dies ist die sogenannte Youngsche Ungleichung.
1
Beweis. Wir wenden Lemma 8.4 auf Φ(x) := xp−1 an. Offenbar ist Φ−1 (x) = x p−1 =
q−1
x
und daher
Z b
Z a
ap bq
p−1
xq−1 dx =
x dx +
ab ≤
+ .
p
q
0
0
8. LEBESGUE-RÄUME
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Dies nutzen wir nun, um die wichtigste Ungleichung der Lebesgue-Räume zu beweisen,
die Hölder-Ungleichung.
Satz 8.6. (Hölderungleichung) Es gelte p1 + 1q =
Lp (M, Ω), g ∈ Lq (M, Ω), so ist f g ∈ Lr (M, Ω) und es gilt
1
r
für 1 ≤ p, q, r ≤ ∞. Sind f ∈
kf gkr ≤ kf kp · kgkq .
Beweis. Ohne Einschränkung nehmen wir an f 6≡ 0 6≡ g und betrachten nur 1 ≤ p, q <
∞. Zunächst nehmen wir r = 1 an. Da f, g ∈ L0 (M, Ω) gilt nach Lemma 4.4 auch f g ∈
L0 (M, Ω). Nach der Youngschen Ungleichung Lemma 8.5 und dem Majorantenkriterium gilt
1 |f |p
|f g|
1 |g|q
≤
∈ L1 (M, Ω)
p +
kf kp kgkq
p kf kp
q kgkqq
und damit
kf gk1
Z
Z
1
1
p
1−p
1−q
|f g|dλ ≤ kf kp kgkq
|f | dλ + kf kp kgkq
=
|g|q dλ
p
q
M
M
M
1 1
+
=
kf kp kgkq = kf kp kgkq .
p q
Z
Sei nun r ≥ 1. Wenden wir den ersten Teil auf |f |r und |g|r an, so sehen wir f g ∈ Lr (M, Ω)
und
kf gkrr = k|f |r |g|r k1 ≤ k|f |r k p k|g|r k q = kf krp kgkrq
r
r
und damit die Behauptung.
Für p = ∞ ist der Beweis noch elementarer zu führen.
Satz 8.7. Für alle 1 ≤ p ≤ ∞ ist (Lp (M, Ω), k.kp ) ein Banachraum. C ∞ (M ) ∩ Lp (M, Ω)
liegt dicht in Lp (M, Ω).
Beweis. Es ist zunächst zu zeigen, dass Lp (M, Ω) ein Vektorraum ist, k.kp eine Norm und
der so definierte normierte Vektorraum vollständig. Der kritische Punkt für die Vektorraumeigenschaft ist f + g ∈ Lp (M, Ω), wenn f, g ∈ Lp (M, Ω). Es gilt aber, dass f + g ∈ L0 (M, Ω)
und
|f + g|p ≤ 2p (|f |p + |g|p ) ∈ L1 (M, Ω),
also folgt wieder mit dem Majorantenkriterium f + g ∈ Lp (M, Ω). Damit ist Lp (M, Ω) ein
Vektorraum.
Beim Beweis der Normeigenschaft von k.kp ist die Dreiecksungleichung der kritische
Punkt. Diese ist als Minkowski-Ungleichung bekannt. Sie folgt aus der Hölderungleichung
und der Dreiecksungleichung für reelle Zahlen folgendermaßen:
Z
Z
Z
|g||f + g|p−1 dλ
|f ||f + g|p−1 dλ +
|f + g|p dλ ≤
kf + gkpp =
M
M
M
≤ kf kp k|f + g|p−1 kq + kgkp k|f + g|p−1 kq = (kf kp + kgkp )kf + gkp−1
q(p−1) ,
lässt sich auf beiden
wobei p1 + 1q = 1 gilt. Damit ist q(p − 1) = p und der Faktor kf + qkp−1
p
Seiten kürzen. Damit haben wir schließlich
kf + gkp ≤ kf kp + kgkp .
Zur Vollständigkeit: Sei fi ∈
eine Cauchyfolge. Da kfi − fj kpp = k|fi − fj |p k1 und
ähnlich wie im ersten Teil des Beweises nutzen wir hier eine verwandte Ungleichung reeller
Zahlen
||x|p − |y|p | ≤ 2p−1 |x − y|(|x|p−1 + |y|p−1 )
Lp (M, Ω)
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2. INTEGRATION AUF MANNIGFALTIGKEITEN
für p ≥ 1. Wir rechnen damit unter Verwendung der Hölderungleichung für
der Minkowski-Ungleichung
Z
p
p
p−1
k|fi | − |fj | k1 ≤ 2
|fi − fj |(|fi |p−1 + |fj |p−1 )dλ
1
p
+
1
q
= 1 und
M
≤ 2p−1 kfi − fj kp (k|fi |p−1 kq + k|fj |p−1 kq )
= 2p−1 kfi − fj kp (kf kp−1
+ kfj kp−1
p
p )
≤ Ckfi − fj kp ,
da eine Cauchyfolge insbesondere beschränkt ist. Diese Abschätzung zeigt, dass |fi |p eine
Cauchyfolge in L1 (M, Ω) ist. Da L1 (M, Ω) nach Konstruktion vollständig ist, konvergiert
1
|fi |p −→ f˜ ∈ L1 (M, Ω), d.h. f˜p ist fast-gleichmäßiger Häufungspunkt der Folge |fi |. Damit
existiert aber auch ein fast-gleichmäßiger Häufungspunkt f ∈ L0 (M, Ω) der Folge fi . Nach
Lp
Lemma 5.10 (in der Version für Lp (M, Ω); mit demselben Beweis!) konvergiert fi −→ f .
Damit ist Lp (M, Ω) vollständig.
Die Dichtheit von C ∞ (M ) ∩ Lp (M, Ω) in Lp (M, Ω) folgt aus der Dichtheit von C ∞ (M ) ∩
1
L (M, Ω) ⊂ L1 (M, Ω) wieder mit
p
f ∈ Lp (M, Ω) ⇐⇒ |f |r ∈ L r (M, Ω)
für jedes r ≤ p und einigen technischen Details.
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