3) Schnelligkeit Ist die Fähigkeit auf einen Reiz bzw. auf ein Signal schnellstmöglich zu reagieren und/oder Bewegungen bei geringen Widerständen mit höchster Geschwindigkeit durchzuführen. Schnelligkeit wird beschrieben als Fähigkeit des Nerv-Muskel-Systems höchste (Lauf-)Geschwindigkeit zu erreichen (zyklische Schnelligkeit) bzw. einzelne Bewegungen (azyklische Schnelligkeit) mit höchster Geschwindigkeit durchzuführen. Zur Illustration der Schnelligkeitsleistung wird gerne der 100 m Lauf verwendet, wobei man sieht, daß bereits beim 100m-Lauf eine Vielzahl von Faktoren von Bedeutung sind. Der 100m-Lauf stellt eine sehr komplexe Schnelligkeitsleistung dar. Schnelligkeitsleistungen haben komplexe Ursachen: - rasch Erregung u. Hemmung der Muskulatur abwechseln lassen - auf Reize optimal schnell reagieren können - hohe Kraftbildungsgeschwindigkeit in der Muskulatur - entsprechendes technisches Leistungsvermögen um das Schnelligkeitsvermögen des Nerv-Muskelsystems optimal umzusetzen - Schnelligkeitstalent Der optimale Ablauf der Nervenprozesse (Hemmung, Erregung des Muskels, bzw. Reizleitungssystem) ist entscheidend, bei Bewegungsgeschwindigkeiten mit geringer äußerer Belastung, bei Bewegungsgeschwindigkeiten mit hoher äußerer Belastung, ist der Bereich der Kraft vorrangig. Physiologische Grundlagen des Schnelligkeitstrainings: Es gibt drei verschiedene Typen von Muskelfasern, die größtenteils genetisch vorgegeben sind. 1) Fast-Twitch-Fasern: (weiße Muskelfasern) Hohe Kontraktionsgeschwindigkeit bei geringer Ausdauerleistung, Reizleitung über schnell leitende Neuriten. Sie sind myoglobinarm, reich an energiereichen Phosphaten u. Glykogen und an Enzymen der anaeroben Energiegewinnung. 2) Slow-Twitch-Fasern: (rote Muskelfasern) Niedrige Kontraktionsgeschwindigkeit bei hoher Ausdauerleistung, Reizleitung über langsam leitende Neuriten. Sie sind myoglobinreich und besitzen Enzyme der Fettverbrennung. 3) Intermediärfasern: Sind zunächst ambivalente Fasern, die je nach Beanspruchung zu weißen oder roten Fasern ausgebildet werden. Die entsprechende genetische Aufteilung der Muskulatur in die drei verschiedenen Faserntypen und die Trainingsmethoden, welche entweder zur vermehrten Bildung von weißen oder roten Fasern führen, sind ausschlaggebend für die Leistungsfähigkeit im Bereich der Schnelligkeit. Neuromuskuläres Zusammenspiel: Der schnelle Wechsel zwischen Erregung und Hemmung (hohe Bewegungsfrequenz) kann nur durch entsprechende Regulationen des NervMuskelsystems erreicht werden. Erst eine optimale inter und intramuskuläre Koordination ermöglicht es, dass Zusammenspiel der Muskeln zu verbessern und die Zahl der aktivierten motorischen Einheiten zu erhöhen und somit die Beschleunigungskraft der Arbeitsmuskulatur anzuheben. Motorische Einheit: Besteht aus einer motorischen Vorderhornzelle des Rückenmarks, den dazugehörigen Nerven und den von ihnen innervierten Muskelfasern. Intramuskuläre Koordination: Es werden zunehmend mehr motor. Einheiten glztg. Innerviert Intermuskuläre Koordination: Ablauf der Kontraktion verschiedener Muskeln, die für die Bewegung kombiniert werden, wird optimiert. Dehnbarkeit und Entspannungsfähigkeit der Muskulatur: Ist der Muskel schwer dehnbar, kann er nicht optimal durchblutet werden – die Entspannungsfähigkeit leidet. Außerdem bedeutet das für den beugenden Muskel zusätzlichen Widerstand, damit ist der Energiebedarf höher und die Koordination wird vermindert. Erwärmungszustand des Körpers: - Biochemische Reaktionen laufen schneller ab - Leitungsgeschwindigkeit des Nervensystems nimmt zu - Die innere Reibung, Dehnfähigkeit u. Elastizität der Muskulatur wird optimiert Methoden des Schnelligkeitstrainings Grundsätzlich ist zu beachten: bestens aufgewärmter Zustand (auf Dehnung nicht vergessen) in ermüdungsfreiem Zustand (nicht nach lagen mit hoher A, SA, KABelastung) nur im Hauptteil der Trainingseinheit Belastungsdauer nicht über 5 - 8" höchste Motivation (= höchster Willenseinsatz) lange Pausen zwischen den einzelnen Belastungen (- sowohl muskuläre Erholung als auch Erholung des ZNS) ermöglichen bei ersten Ermüdungsanzeichen die Pausen verlängern bzw. das Schnelligkeitstraining beenden Phase der Reaktion: Zeitraum vom Startschuss bis zum Verlassen des Startblocks. Diese Reaktionszeit hängt von physiologischen Gesetzmäßigkeiten ab, die das Unterschreiten eines bestimmten Grenzwertes nicht erlauben. Das Signal muss vom Sinnesorgan zum Zentralnervensystem (ZNS) laufen und dort das dafür zuständige Rindengebiet erregen. Dann wird das einlaufende afferente Signal in ein wegführendes efferentes umgewandelt. Diese Umwandlung benötigt, vor allem bei komplexen Reaktionen, die meiste Zeit. Das Signal nimmt den Weg vom ZNS zum Muskel und löst dort eine mechanische Aktivität aus. Die Reaktionszeit kann durch Training verbessert werden, jedoch nicht unter den angeborenen Minimalwert. Beim Sprintstart kann die Reaktion um 10 – 18% verbessert werden, bei komplexen Reaktionen (z.B. Spielsportarten) sogar um 30 – 40%. Die Erklärung dafür ist, dass die Nervenleitgeschwindigkeit nicht oder nur kaum zu trainieren ist, die Umschaltung des Signals, die bei komplexen Reaktionen wesentlich mehr Zeit beansprucht, jedoch sehr stark trainiert werden kann. Die Stabilität der Reaktion, (jedes mal gleich gut reagieren) kann bei einfachen Reaktionen wesentlich stärker verbessert werden, als die Reaktionszeit selbst. Die Reaktionszeit kann durch gutes Aufwärmen verringert werden, weil dadurch die Nervenleitgeschwindigkeit erhöht wird. Phase der Beschleunigung: Das Beschleunigungsvermögen stellt die wichtigste Fähigkeit des Sprinters dar: Schnellere Sprinter haben auch eine bessere Startzeit. Nach Ballreich sind die Unterschiede in der Sprintschnelligkeit zu 85% auf unterschiedliche Beschleunigungsniveaus zurückzuführen. Die Beschleunigungsphase kann bei guten Sprintern bis zu 60m betragen. Wie stark Wadenmuskel, Beschleunigungsvermögen vorderer und Beinkraft Oberschenkelmuskel (Muskelschlinge und Gesäßmuskel) zusammenhängen lässt sich aus den Sprungleistungen ersehen: Gruppen mit guter Sprintleistung verfügen daher auch über höhere Sprungkraft. Beschleunigungsleistungen hängen daher direkt mit dem Niveau der Maximalkraft und der Schnellkraft zusammen. Phase der gleichbleibenden Geschwindigkeit (Aktionsschnelligkeit): Die Fähigkeit zu einer hohen Temposteigerung und die Fähigkeit, sich mit einer hohen Geschwindigkeit fortzubewegen, sind relativ unabhängig. Dementsprechend gibt es Sprinter, die eine Beschleunigungsfähigkeit besitzen und solche, die eher eine sehr hohe Endgeschwindigkeit aufweisen. Erst die Kombination beider Fähigkeiten macht den sehr guten Sprinter aus.