Motivation1

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Motivation
Allgemeine Vorbemerkungen
1.
Gegenstand der Motivationspsychologie ist die Frage nach den Ursachen spezifischer
Handlungen.
2.
Nach diesen Ursachen haben Menschen zu allen Zeiten gefragt. Die wissenschaftliche
Beschäftigung mit Motivation besteht in der Suche nach allgemeinen Gesetzmäßigkeiten
und Theorien, die mehr als ein Phänomen erklären und die empirisch überprüft werden.
3.
Motivationstheorien unterscheiden sich darin, wo sie die Ursachen menschlichen Handelns
lokalisieren, in der Umwelt wie verhaltenstheoretische Ansätze oder in Person und Umwelt
wie psychodynamische und kognitive Ansätze. Die in der Person liegenden Zustände und
Prozesse werden vermittelnde Größen genannt.
A.
Verhaltenstheorie
Daneben gibt es biologische Sichtweisen der Motivation mit Schwerpunkt auf
a) physiologischen Aspekten bzw.
b) evolutionären Aspekten.
4.
Synthesen zwischen verschiedenen Ansätzen werden zunehmend versucht.
5.
Motivation oder auch spezifische Motive sind nicht direkt beobachtbar. Es sind Konzepte,
die unseren Beobachtungen von Ordnungen einen Sinn verleihen. Man nennt sie in der
Fachsprache intervenierende Variable oder hypothetische Konstrukte. Am Beispiel des
Hungermotivs wurde dies erläutert.
6.
Die aufgeführten Maße sind nicht die einzig möglichen. Mit anderen Maßen können sich
auch andere Beziehungen ergeben. D.h., die Daten, die wir erhalten, hängen von den
Maßen ab, die wir benutzen. Fundierte Schlüsse können daher nur auf der Basis vieler
Untersuchungen mit unterschiedlichen Maßen gezogen werden.
7.
Verbale Aussagen über die eigene Motivation sind nur von eingeschränktem Wert. Häufig
finden wir keinen Grund für unser Verhalten und wenn wir Gründe nennen, müssen es
nicht die wahren Gründe sein, da sie uns nicht immer zugänglich sind. In der
Psychoanalyse wird dies auf die Existenz unbewußter Motive zurückgeführt. Die
Kognitionspsychologen argumentieren wie folgt: Bestimmte kognitive Prozesse
beeinflussen Handlungen, bestimmte kognitive Prozesse beeinflussen die Erklärungen für
diese Handlungen, die wir uns und anderen geben. Diese beiden Klassen von Prozessen
müssen nicht identisch sein. Diese Annahme ist experimentell belegt.
8.
Physiologische Maße lösen unser Problem nicht. Verhalten durch physiologische
Mechanismen zu erklären setzt voraus, daß die Eigenschaften dieses Verhaltens und seine
Gesetzmäßigkeiten bekannt sind also das, was durch Zellaktivitäten erklärt werden soll.
Geschichte
1.
Nach Thrasymachus (4. Jahrhundert vor Christus) sind Menschen durch ihr Selbstinteresse
motiviert. Sympathie oder Altruismus liegt Selbstinteresse zugrunde. Anders formuliert:
Menschen handeln in der Suche nach Lust und im Vermeiden von Unlust (Hedonismus).
Hier finden wir die Annahme äußerer Ursachen für Verhalten und die Verbindung von
Motivation zu Gefühlen.
2.
Nach Sokrates ist es evident, daß sich ein Konsensus darüber herstellen läßt, was gute
und schlechte Handlungen sind. Daher muß es Kriterien für „gut“ und „schlecht“ geben, die
unabhängig von Selbstinteresse sind. Denn nicht immer fällt das Selbstinteresse
verschiedener Personen aufeinander. Wissen wir, was gute Handlungen sind, dann
vollziehen wir sie auch automatisch. Hier werden innere Gründe „Weisheit“ für Handlungen
postuliert und die Verbindung von Motivation zu Kognition.
3.
Die wissenschaftliche Analyse des Verhaltens beginnt mit Descartes‘ Konzept des
Reflexes. Umweltreize steuern auf mechanische Weise über das Nervensystem
Bewegungen, die Reflexe heißen. Das tierische Verhalten und das unwillkürliche Verhalten
von Menschen sind nichts anderes als Reflexe. Der größere Teil des menschlichen
Verhaltens ist allerdings nicht reflexartig sonder willentlich, gesteuert vom Bewußtsein, das
nicht von Gesetzen von Materie und Kraft unterliegt und daher außerhalb der Kette
mechanischer Kausalität steht. Deshalb haben Menschen einen freien Willen, während
Tiere Maschinen sind (Dualismus).
4.
Nach Hobbes dagegen reduzieren sich mentale Ereignisse auf Materie in Bewegung
(Materialismus). Gedanken sind als Nachhall sensorischen Inputs (Energie) aus der
Umwelt Bewegungen von Partikeln im Gehirn. Alle geistigen Ereignisse beginnen mit
diesem Input, unser Wissen also von außen stammend (Empirismus). Gelangen 2
sensorische Inputs zu gleicher Zeit ins Gehirn, bildet sich eine Bindung oder Assoziation
zwischen ihnen heraus. Als Folge werden die zugehörigen Ideen zusammengedacht. Reize
können so eine Assoziation zu Lust oder Unlust ausbilden. Deren Antizipation führt dann zu
Bewegung hin zum oder fort von diesen Reizen (Hedonismus).
5.
Nach Kant dagegen gibt es Konzepte, die nicht durch sensorische Input in unseren Kopf
gelangt sind. Beispiele sind der Begriff der Kausalität und der Begriff von dem, was gute
Handlungen sind und daß wir sie ausführen sollten (Nativismus).
6.
Wenn nach Descartes Tiere Maschinen sind, wie kommt es, daß sie über ihre Reflexe so
gut an ihre Umgebung angepaßt sind, sie also so gut funktionieren. Nach Darwin ist es
nicht Gott, der die Tiere geplant hat sondern die Natur. Die existierenden Tierarten
funktionieren deshalb, weil diejenigen, die nicht funktionieren, nicht überlebt haben. Die
Mechanismen, die diesen Prozeß steuern sind: Variabilität: innerhalb einer Art variieren die
Individuen, Vererbung: Individuen geben ihre ererbten Merkmale an ihre Nachkommen
weiter, Selektion: die besser an ihre Umgebung angepaßten Tiere haben mit höherer
Wahrscheinlichkeit Nachkommen. Darwins Evolutionstheorie impliziert eine Kontinuität
zwischen Tier und Mensch, da die spezies Mensch sich wie alle anderen evolutionär
entwickelt hat. Wenn es keine fundamentalen Unterschiede zwischen Tier und Mensch
gibt, dann so wurd gefolgert, sollten Tiere Intellekt und Menschen Instinkte haben.
7.
In einer Reihe von Experimenten des berühmten Verhaltenstheoretikers Thorndike zeigte
sich, daß bei Tieren wie bei Menschen Verhalten von seinen Konsequenzen beeinflußt ist
und daß Tiere nicht nur Bündel von Instinkten darstellen. Diesen Tatbestand beschreibt
das Effektgesetz.
8.
In einem 1890 erschienenen Buch „Prinzipien der Psychologie“ postuliert William James
menschliche Instinkte, komplexe, nicht gelernte, also angeborene Handlungen, die durch
auslösende Reize gesteuert werden. Als Beispiel nennt er bestimmte Formen der
Sympathie (z.B. Mutterliebe). Die Vagheit der Definition von Instinkt hat zur Postulierung
von mehr oder minder langen Listen von Instinkten geführt, so daß der Begriff in der
Humanpsychologie bald nicht mehr verwendet wurde.
9.
Ausgehend von der Beobachtung hysterischer Störungen und ihrer Therapie kommt Freud
zu dem Schluß, daß körperliche Störungen durch seelische Prozesse verursacht sein
können. Mit bestimmten biographischen Ereignissen verbundene Emotionen stauen sich
auf. Ihre psychische Energie äußert sich in Symptomen, wobei diese Prozezze unbewußter
Natur sind: unbewußte Motivation. Mit der Methode der freien Assoziation lassen sich als
Ursachen neurotischer Symptome, Träume, Versprecher usw. unbewußte Wünsche
aufdecken, die nicht direkt ausgedrückt werden können und die deshalb symbolisch als
neurotische Verhaltensmuster sich äußern. Unbewußt bleiben die Wünsche deshalb, weil
sie zu bedrohlich sind.
10.
Der Behaviorismus, die große Konkurrentin der Psychoanalyse, erklärt dagegen, daß nur
die objektiv beobachtbaren Größen Verhalten und Umwelt Gegenstand wissenschaftlicher
Betrachtung sein können. Ausgeschlossen sind innere Zuständ. Ziel ist die Beschreibung
zwischen Reizen und Verhalten. Ein Mechanismus, der zur Etablierung solcher
Beziehungen führt, ist das klassische Konditionieren. Durch Assoziation mit einem
reflexauslösenden unbedingten Reiz wird ein vorher neutraler Reiz ebenfalls
verhaltensauslösen. Ursache menschlichen Handelns ist somit ausschließlich die Umwelt,
sei es die vergangene, sei es die gegenwärtige.
11.
Die Wiederkehr kognitiver Betrachtungsweisen nach dem 2. Weltkrieg hat einen Grund in
der Entwicklung der Computerwissenschaften. Ein Computer nimmt als Input aus der
Umwelt an, speichert ihn, baut eine interne Repräsentation der Umwelt auf und nutzt diese
für Handlungen. Er kann zwischen Alternativen entscheiden und Schlüsse ziehen. Der
Computer zeigt Wege auf, wie menschliche Kognitionen ablaufen könnten und
entmystifizierte damit den Begriff des Geistigen.
12.
Unter dem Einfluß der Ethologie kam es zu einer Wiederbelebung des Instinktbegriffs. Wie
das Beispiel der Eintagsfliege zeigt, gibt es komplexe Handlungen, die nicht gelernt sein
können. Um zu verstehen, was ein Geschöpf tut, reicht es nicht aus, seine gegenwärtige
Umwelt zu kennen und seine Lerngeschichte, sondern man muß auch die interne
Organisation seines Handlungsrepertoires kennen.
Biologische Motive: Hunger und Durst
Gegen die vom Behaviorismus behauptete strikte Reizkontrolle gibt es gewichtige Einwände.
-
Reaktionen variieren, auch wenn die Reizumgebung konstant bleibt z.B. mit den
Aktivitätszyklen weiblicher Ratten, was den Einfluß eines internen Zustand neben der äußeren
Stimulaion bei der Verhaltenssteuerung nahelegt.
-
der Effekt dieses internen Zustandes kann sich in irgendeiner von vielen Verhaltensweisen,
insbesondere auch gelernten Verhaltensweisen ausdrücken.
Definition: Ist das Verhalten, in dem ein interner Zustand sich äußert, nicht fixiert, stattdessen
die Beziehung zwischen Ziel (z.B. Futter) und Verhalten völlig willkürlich (z.B.
festgelegt von Experimentator) – dann spricht man bei dem internen Zustand von
einem motivationalem Zustand. Die Willkürlichkeit ist ein wichtiger Hinweis auf den
absichtsvollen, zielgerichteten Charakter eines Verhaltens und unterscheidet es von
instinktivem Verhalten oder Reflexen. Wenn der interne Zustand nur durch innere
oder Organismusbedingungen zustande gekommen ist, spricht man auch von Trieb.
Homeostase: Die Variation vieler innerer Zustände wie die Körpertemperatur wird häufig durch
Regulation in engen Grenzen bei einem Optimum gehalten. Man nennt dies
Homeostase. Die Regelung selbst erfolgt durch negatives feedback oder negative
Rückmeldung, womit man die Rückmeldung des Outputs eines Systems zwecks
Reduzierung des Inputs bezeichnet. Ein Beispiel ist die durch einen Thermostaten
gesteuerte Klimaanlage. Steigende Raumtemperatur (Input) führt zum Einsetzen
der Klimaanlage (Output), deren Arbeit zur Reduzierung der Temperatur (Input)
führt. Über eine zweite Schleife mit einer Heizung kann verhindert werden, daß es
zu kalt wird.
Statt der Aktion einer Maschine kann der Output auch in Verhalten bestehen z.B. sich an einen
kühleren oder wärmeren Platz begeben oder wenn es um Durst oder Hunger geht, sich etwas zu
essen und zu trinken verschaffen.
Auf den ersten Blick lassen sich die Motive Durst und Hunger als negative Rückmeldungssysteme
verstehen. Für Durst legen Forschungen folgendes Regelsystem nahe.
Durst ist danach ein motivationaler Zustand mit verschiedenen Verhaltensoutputs und 2 Inputs. Es
handelt sich insofern um eine negative Rückmeldungsschleife als Trinken (Resultat seiner Aktion)
Dehydrierung vermindert. Ein realistischeres Bild muß allerdings einen anderen inneren Zustand
mit einbeziehen, den der Sättigung, womit sich ein wesentlich komplexeres Bild ergibt als das
einer einfachen feedback-Schleife.
Ein analoges System kann für Hunger entworfen werden
Neben der kurzfristigen auf die Tagesmahlzeiten bezogenen Kontrolle von Hunger existiert ein
weiteres Regelungssystem der Nahrungsaufnahme, das langfristig operiert. Frauen nehmen
zwischen ihrem 20. Und 60. Lebensjahr im Durchschnitt rund 11 Kg an Körpergewicht zu. Sie
essen also etwas zu viel. Dieses etwas entspricht einer Menge von 300 Milligramm (0,3 g) pro
Tag, was nicht wahrnehmbar ist. Geregelt wird langfristig über das Körperfett. Zuviel an Nahrung
wird in Körperfett umgewandelt. Die Zunahme des Körperfetts führt zu einer Reduktion des
Appetits, was die Nahrungsaufnahme reduziert und in der Folge das Körperfett, wie der Abb. zu
entnehmen ist.
Daraus folgt, und diese Folgerung hat das Denken über Gewichtskontrolle lange Zeit beherrscht,
daß übergewichtige Personen zuviel essen.
Einwand gegen diesen Schluß:
Viele Übergewichtige essen sogar weniger als Normalgewichtige, viele Menschen bleiben
normalgewichtig ohne jede Anstrengung.
Neuere Betrachtungsweise:
Der Körper kann wählen, was er mit den überschüssigen Kalorien macht. Er kann sie in Wärme
umsetzen oder möglichst jede Kalorie als Fett speichern, indem die Stoffwechselrate abnimmt und
das System der Umwandlung von Kalorien zu Fett auf hohen Touren läuft. Bei gleicher
Kalorienmenge kann also die eine Person zunehmen, die andere abnehmen. Hinzu kommt, daß
die Fähigkeit, Kalorien als Körperfett zu horten, wächst. Nach einer Fastenkur arbeitet das
Fettspeicherungssystem effektiver als vorher.
Resumee:
Zunehmen ist leicht, abnehmen kann extrem schwer sein.
Exzessive Nahrungsaufnahme kann, muß aber nicht, Ursache für Zunahme sein.
Stoffwechselabnormalitäten können dazu führen, daß aufgenommene Nahrung direkt als Fett
gelagert wird, so daß dem Körper keine Energie zur Verfügung steht, was zu Hunger und weiterer
Nahrungsaufnahme führt. In diesem Fall essen Menschen zu viel, weil sie Fett ansetzen. Aus
homöostatischer Sicht kann dies als Störung der Regelmechanismen oder als zu hoher Normwert,
auf dessen Erreichen hin geregelt wird, interpretiert werden.
Für letztere Annahme gibt es einen wichtigen Hinweis:
Übergewichtige Patienten, die sich einer nach den Regeln der Kunst ausgetüftelten Therapie
unterziehen, verlieren anfänglich stark an Gewicht, um nach etwa 18 Monaten wieder bei ihrem
Ausgangsgewicht zu landen.
Das Regulierungssystem scheint diesen Wert anzusteuern. Es gibt auch das umgekehrte
Phänomen. Manche Personen, die versuchen, ihr Gewicht zu steigern, langen ebenfalls immer
wieder bei ihrem Ausgangsgewicht. Wenn dem zumindest in einem Teil der Fälle von
Übergewicht so ist, wird das Konzept des Idealgewichts und die Versuche dieses Gewichts zu
erreichen und zu halten unhaltbar.
Neben somatischen oder inneren Einflußfaktoren auf die Regelung von Durst und Hunger gibt es
auch Umwelt- oder externe Einflüsse in Form der sensorischen Eigenschaften der Nahrungsmittel. Im Tierversuch kann man sehr gut nachweisen, daß Ratten von gesüßten Lösungen
wesentlich mehr zu sich nehmen als von nicht gesüßten Lösungen. Insbesondere wenn Ratten
die Auswahl zwischen den üblichen Supermarktkleinigkeiten haben, überfressen sie sich völlig.
Einige Autoren postulieren daher als weitere Ursache für Übergewicht ein stärkeres Ansprechen
auf den Geschmack von Nahrungsmitteln bei Übergewichtigen als bei Normalgewichtigen.
Ein wichtiger Aspekt der Supermarktdiät ist neben den sensorischen Qualitäten ihre Variabilität.
Abwechslung im Nahrungsmittelangebot steigert bei Tier und Mensch die Menge der aufgenommenen Nahrung (Buffet-Effekt). So aßen Studenten, wenn sie unterschiedliche Sandwiches zur
Auswahl hatten, wesentlich mehr. Sogar die Variation der Form der Nahrungsmittel bspw. von
Nudeln, steigert die Nahrungsaufnahme. Dies macht durchaus Sinn, da der Körper unterschiedliche Nahrungsmittelbedürfnisse hat (Proteine, Mineralien, Vitamine usw.), die in unterschiedlichen Nahrungsmittel sein können.
Externe und interne Faktoren wirken nicht unabhängig auf die Nahrungsmittelaufnahme sondern
beeinflussen es aber auch dadurch, daß sie Körperzustände verändern. Süßer Geschmack bspw.
setzt Insulin im Blut frei, was den Blutzuckerspiegel senkt, was wiederum zu Hunger führt. Bei
Menschen wird dieser Effekt auch durch den Anblick und den Geruch von einem Steak auf einem
Holzkohlegrill ausgelöst. Den Kuchen ganz zu meiden ist daher leichter als nur ein Stück von ihm
zu essen.
Interne Faktoren beeinflussen die Reaktion auf externe Faktoren. Mit zunehmendem Hunger und
Durst reagieren Menschen immer intensiver auf Nahrungsmittel bezogene Reize (erleichtern auch
deren Identifizierung) und nehmen immer mehr auf, auch von solchen Nahrungsmitteln, die sonst
eher verschmäht werden. Hunger und Durst potenzieren die Wirkung relevanter Reize.
Der Mechanismus, über den der Einfluß interner Zustände läuft, heißt Alliästhesie: der
Ernährungsstatus des Körpers beeinflußt die Attraktivität einer Nahrung. Probanden bewerten die
Attraktivität von gesüßtem Wasser immer geringer, je mehr sie davon getrunken haben. Die
Änderung der Attraktivität beschränkt sich auf die aufgenommene Nahrung. Einen solchen
Wandel von attraktiv zu unattraktiv in Abhängigkeit von der Nahrungsaufnahme findet man auch
bei Säuglingen.
Wenn Nahrungsaufnahme nicht allein von physiologischen Faktoren gesteuert wird sondern auch
von kognitiven, stellt sich die Frage, wie effektiv kognitive Kontrolle sein kann. Beispiele von
Hungerstreik oder alltägliche Entscheidungen, etwas nicht zu essen, weil es nicht gut für uns ist,
verweisen auf eine hohe Effektivität. Es gibt jedoch auch das Phänomen der Gegenregulierung
bei Menschen, die ihre Nahrungsaufnahme systematisch einschränken und sie aufgrund von
Überlegungen (z.B. Entsprechen einem Schönheitsideal) auf einem Wert halten, der unter dem
physiologisch angestrebten Wert (set-point) liegt. Dies erfordert die bewußte Ignorierung von
Hungergefühlen also kognitive Kontrolle. Wird diese aus einem Grund wie etwa Stress durchbrochen, kommt es häufig zu übertriebener Nahrungsaufnahme, weil der Esser entschieden hat,
daß die Diät sowieso schon ruiniert ist für diesen Tag und es deshalb egal ist, wieviel man ißt.
Kognitive Kontrolle entpuppt sich als fragil. Im Fall der Eßstörung Bulimie kommt es nach dem
Gelage zu Reueempfindungen und Versuchen, das große Fressen rückgängig zu machen über
die Applikation von Abführmitteln und Klistieren. Was dieses Beispiel zeigt, ist, daß sogar bei
einem solch stark biologisch verankerten Motiv Entscheidungen eine Rolle spielen bis hin zur
bewußten Negierung physiologischer ‚Signale‘.
Nahrungsaufnahme und Kultur
Lernen beeinflußt die Nahrungsaufnahme. Viele Lernerfahrungen sind kollektiver Natur aufgrund
unserer Teilhabe an einer bestimmten Kultur. Die zeigt sich auch beim Essen. Es gibt von Kultur
zu Kultur unterschiedliche Geschmacksrichtungen, Sitten und Werte. Ein solcher Wert ist
Schlankheit als wichtiges Merkmal von Schönheit in westlichen Gesellschaften. Er wird al ein
Faktor verantwortlich gemacht für eine weitere Eßstörung: Anorexie. Sie ist besonders häufig zu
beobachten bei jungen Mädchen aus den oberen Schichten in den entwickelten Nationen der
heutigen Zeit und Angehörigen von Berufen, für die Schlankheit wichtig ist, wie Balletttänzer und
Models.
Anorexie wird als überzogene Reaktion auf einen unvernünftigen kulturellen Standard
interpretiert. Das Risiko des Überziehens scheint zu einem Teil genetisch bedingt zu sein. Das
überzogene Fasten scheint einen Zyklus in Gang zu setzen, wonach dieses Fasten zu
physiologischen Veränderungen führt, die Essen extrem erschweren, was wiederum zu
gesteigertem Fasten führt.
BIOLOGISCHE MOTIVE
Sexualität und Aggression
Ähnlich wie Hunger und Durst sind Sexualität und Aggression biologisch verankerte für das
Überleben der Gattung notwendige Motive. Zu Hunger und Durst gibt es Gemeinsamkeiten und
Unterschiede.
Gemeinsam sind den 4 Motiven, daß sie von inneren und äußeren Faktoren gesteuert werden, die
interagieren: innere Zustände beeinflussen die Reaktion auf Umweltreize und Umweltreize
beeinflussen innere Zustände.
Im Unterschied zu Hunger und Durst sind Sexualität und Aggression keine homöopatischen
Motive. Es wird keine innere Ware, beispielsweise die Konzentration der Sexualhormone, durch
bestimmtes Verhalten wie Paarung reguliert, und ihr Ausbleiben führt auch nicht zu
gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Daher sind sie variabler und umweltabhängiger. Allerdings
ist Sexualität durch negative Rückmeldung reguliert. Sexuelles Verhalten limitiert sich selber,
indem es eine Art Sättigung produziert, die sexuelle Erregung abklingen läßt.
Anders als Hunger und Durst sind Sexualität und Aggression auf Interaktion gerichtete Motive.
Schließlich sind sie durch kulturelle Überformung derart komplex und in ihren Ausdrucksformen
verschiedenartig, daß zeitweise ihre biologische Basis übersehen wurde.
Hormone
Im Tierreich ist Sexualität häufig als Instinkt organisiert, wie das Beispiel des Stichlings zeigt.
Hormonelle Veränderungen führen zu physischen Veränderungen, die komplexe, nicht gelernte
und gattungsspezifische Handlungsmuster auslösen.
Bei Säugern finden sich ebenfalls hormonelle Veränderungen. Beim männlichen Geschlecht sind
es die Androgene und unter ihnen insbesondere die Testosterone, beim weiblichen Geschlecht
die Östrogene, die die Geschlechtsreife bewirken und an der Steuerung der Sexualität beteiligt
sind.
Während es bei Tieren ohne diese Hormone keine Sexualität gibt, ist ihre Rolle bei Menschen
nicht so weitreichend. Auch nach Kastration können Männer sexuelles Interesse zeigen. Bei
Frauen scheint dagegen der bei Verlust der Nebennieren auftretende Testosteronmangel,
sexuelles Interesse stark zu dämpfen, das durch Gabe dieses männlichen Sexualhormons wieder
geweckt werden kann. Ist das Hormonniveau niedrig, kann also durch Hormongaben die
Erregbarkeit gesteigert werden.
Bei Säugern ist die durch Hormone etablierte Sexualität ein motivationaler Zustand, da sie die
unterschiedlichsten Verhaltensweisen zeigen, um Zugang zu Sexualpartnern zu erhalten.
Umweltreize
Bei tierischen Säugern findet man als äußere Einflußfaktoren von Tieren freigesetzte
Geruchsstoffe (Pheromone) und visuelle Veränderungen, die sexuelles Interesse wecken. Bei
Menschen kann der Anblick attraktiver möglicher Geschlechtspartner zu Zeichen sexueller
Erregung wie penile Errektion oder vaginale Befeuchtung führen. Das es sich jedoch nicht um
Reize mit instinktauslösendem Charakter handelt, zeigt sich daran, daß diese Reize kulturell
eingefärbt sind, ebenso wie die Reaktionen auf sie spezifisch für eine bestimmte Kultur, also
kulturvermittelt sind.
Neben der kulturellen Komponente enthält sexuelle Attraktivität eine biologische (universelle)
Komponente: unter anderem sind es solche Merkmale, die auf Gesundheit deuten, wie eine klare
Haut und mehr bei Frauen, weniger bei Männern Merkmale, die auf Jugendlichkeit verweisen.
Erwachsene, die aufgrund solcher Merkmale für andere Erwachsene attraktiv sind, sind dies auch
für Babies, was sich darin äußert, daß diese sie länger anschauen.
Neben den erwähnten distalen Reizen ist als proximaler Reiz für die Erregung von Sexualität
Berührung von Bedeutung. Die sog. erogenen Zonen (Genitalien, Brüste, Lippen) sind sehr dicht
mit Sinnesorganen versorgt, die auf Druck reagieren. Diese reagieren jedoch nicht spezifisch auf
„sexuelle“ sondern auf jede Berührung und lösen nur in einem bestimmten Kontext sexuelle
Reaktionen aus.
Innere Modulation von Reaktionen auf Reize
Sexuelle Signale der oben erwähnten Art hängen also in ihrer Wirkung von der inneren zum Teil
hormonal bestimmten Befindlichkeit des Empfängers ab: kastrierte Meerschweinchen z.B.
reagieren nicht auf weiblichen Urin. Bei Menschen scheint es Alliästhesie ähnlich wie bei Hunger
und Durst zu geben, d.h. die Wirksamkeit erotischer Reize sich in Abhängigkeit vom Grad der
sexuellen Erregung zu verändern. So nehmen sexuell erregte Menschen beiderlei Geschlechts
attraktive Mitglieder des anderen Geschlechts als noch attraktiver wahr.
Äußere Einflüsse auf innere Faktoren
Ein gutes Beispiel für di Beeinflussung des Hormonspiegels durch äußere Reize sind Tauben. Die
Balzbewegung der männlichen Taube führen zu einem allmählichen Anstieg des Östroenniveaus
bei der weiblichen Taube und nach einiger Zeit zu ihrer Paarungsbereitschaft. Bei Menschen hat
sich gezeigt, daß Frauen, die ihr Bett mit einem Mann teilen, mit höherer Wahrscheinlichkeit eine
Ovulation haben, wobei dieser Effekt unabhängig von der Zahl der Geschlechtsakte ist, also
wahrscheinlich die bloße Präsenz des Mannes ihn auslöst. Hinweise auf verändertes
Sexualverhalten gibt es allerdings nicht.
Sexuelle Abwechslung
Abwechslung bei Nahrungsmitteln führt zur Verlängerung der Nahrungsaufnahme. Den gleichen
Effekt hat Abwechslung auch beim Sexualverhalten. Bei verschiedenen Gattungen hält es sehr
viel länger an, wenn zwischendurch der Partner gewechselt wird. So steigt die durchschnittliche
Ejakulationsrate von Ratten von 7 auf 13, wenn alle 15 Minuten der männlichen Ratte eine neue
Partnerin untergeschoben wird.
Bei Menschen gibt es allerdings nur anekdotische Hinweise darauf, daß Abwechslung bei
Männern sexuelles Interesse erhöht. So klagten beispielsweise die Männer eines polynesischen
Stammes über zurückgehendes sexuelles Interesse an ihren Frauen, als die Kolonialregierung
das Konkubinat verbot. Eine soziobiologische Erklärung dafür ist, daß polygame Männer im
allgmeinen sehr viel mehr Nachkommen haben als monogame Männer und daß daher, wenn das
Interesse an Abwechslung eine genetische Mitverursachung hat, diese sich konsequenterweise in
der Population durchsetzt. Polygamie wird wegen des mit ihr verbundenen größeren
reproduktiven Erfolgs selegiert. Für Frauen gilt dies nicht, da ihre mögliche Kinderzahl von monooder polygamer Lebensweise unabhängig ist.
KULTUR UND SEXUALITÄT
Sexualität ist in den meisten Kulturen derart intensiv beeinflußt durch Erziehung, daß ein
möglicher in-stinktiver Kern als Universalie kaum erkennbar ist. Studien von Kindern, die ihre
frühe Kindheit von kulturellen Einflüssen völlig isoliert verbracht haben, zeigen, daß sich mit
Beginn der pübertätsbezogenen Hormonumstellungen vage sexuelle Bedürfnisse entwickelten,
die sich auf Angehörige des anderen Geschlechts richteten. Es fehlten jedoch angemessene
Handlungen, mit denen diese Bedürfnisse umgesetzt werden konnten. Analoges wurde bei den,
ohne Eltern und Erwachsene aufgezogenen Rhesus-Affen, von Harlow beobachtet. Hormone
scheinen also das Erwachen und die Richtung sexueller Bedürfnisse zu beeinflussen.
Kulturelle Einflüsse und signalisierende Kulturunteschiede lassen sich beobachten
- bei den Reizen, die zu sexueller Erregung führen, z.B. Merkmale sexueller Attraktivität
- beim Kreis möglicher sexueller Partner, wie die kulturspezifische Toleranz gegenüber
homosexuellen Beziehungen belegt,
- bei der Frequenz sexueller Akte,
- bei den möglichen Situationen für sexuelle Akte,
- bei den erlaubten Positionen beim Geschlechtsverkehr,
- bei den Zielen sexuellen Verhaltens,
- bei den Regeln des Hofmachens.
Kultur scheint aus der Menge des Möglichen eine Untermenge des Erlaubten herauszuschälen.
Damit ist allerdings nicht erklärt, wie aus dem Ver- und Gebotenem internalisierte Werte werden,
deren Verletzung mit Gefühlen einhergehen.
Was die sexuelle Orientierung angeht, so gibt es keine Hinweise auf Beziehungsmuster zu den
Eltern in der frühen Kindheit als Ursache für Homosexualität. Eine mögliche Ursache könnten die
maskulinisierenden oder feminisierenden Einflüsse von Geschlechtshormonen bei der Hirnreifung
sein.
AGGRESSION
Bei vielen Spezies kann eine enge Beziehung zwischen Sexualität und Aggressivität beobachtet
werden (Stichling), was die Annahme nahe legt, daß Aggression wie Sexualität von den
männlichen Geschlechts-hormonen beeinflußt wird. Bei vielen Tierarten treten ernsthafte Kämpfe
erst mit der Pubertät auf, und Kastration vermindert die Aggressionsbereitschaft.
Bei Menschen ist die Rolle von Hormonen weniger klar. Verschiedene Studien haben eine
Beziehung zwischen Testosteronniveau und Gewalt und Feindseligkeit gefunden, andere nicht.
Für die Frage der Verursachung ist wichtig, daß effektive Gewaltausübung bei manchen
Tiergattungen zu einem Anstieg des Testosteronniveaus führt, also eine Umkehr der vermuteten
Ursache-Wirkung-Beziehung suggeriert.
Einflußreiche Theorien von Lorenz und Freud postulieren ebenfalls einen inneren Faktor für die
Auslösung von Aggression. Beobachtungen von Leerlaufhandlungen führten Lorenz zu der
Annahme eines inneren Drucks hinter komplexen Handlungsmustern, der sich aufbaut, wenn die
Handlung nicht zum Zuge kommt. Wird die Handlung exekutiert, verschwindet der Druck, sich
wieder zu erneuern. Nicht ausgeführte ag-gressive Handlungen erhöhen demnach den Druck
darauf, sie auszuführen.
Die aus dieser Theorie abgeleitete Katharsis-Hypothese behauptet, daß aggressive Handlungen
aufgrund der abgeführten handlungsspezifischen Energien zur Verminderung der
Aggressionsbereitschaft führen. Die Hypothese hat keine empirische Bestätigung erfahren. Eine
Vielzahl von Untersuchungen hat gezeigt, daß aggressive Akte nicht zur Reduzierung von
Aggressionen führen. Sie steigern häufig sogar noch die Bereitschaft zu weiteren Aggressionen.
Erinnert sei an die Befragung entlassener Techniker oder die Folgen gewaltätiger Filme. Der
physische und verbale Ausdruck von Ärger füttert sich zumindest genauso wahrscheinlich selbst,
als daß er Ärger verfliegen läßt.
Situative Auslösung von Aggression
Aggression ist, wie viele Untersuchungen gezeigt haben, kein Ausbruch aufgestauter innerer
Energie. Hingegen gibt es wie bei Sexualität äußere Situationen, die Aggression provozieren.
Dazu gehören beispielsweise Schmerz und Frustation. Probanden, die von einem als solchen
nicht erkennbaren Mitarbeiter des Versuchsleiters beleidigt worden waren, schockten diesen in
einem „Lernexperiement“ für Fehler stärker als nicht beleidigte Pbn. Da es sich um eine
willkürliche Reaktion (Knopfdruck) handelte, die von außen (Beleidigung) ausgelöst wurde, stellt
die erhöhte Aggressivität hier als ein durch äußeren Reiz hervorgerufenen motivationalen Zustand
dar.
Unter bestimmten Bedingungen richten beleidigte Pbn die augelösten Aggressionen sogar gegen
andere Personen als den Beleidiger. Wie schon bei Sexualität beobachtet erweitert der
ausgelöste motivationale Zustand die Menge effektiver (auslösender) Reize. Voraussetzung ist,
daß Beleidigungen als solche verstanden werden (Rolle der Situationsinterpretation) und daß
keine Entschuldigungen gemacht werden.
Aggression und Kultur
Ärgerreaktionen und Wutausbrüche, die allerdings kein bestimmtes Zielobjekt zu haben scheinen,
hat man schon bei 3 Monate alten Babies beobachtet. Sie könnten den instinktiven Kern eines
Handlungsmusters darstellen, das im Laufe des Hineinwachsens in eine Gesellschaft seine
spezifische Form erhalten hat. Welche extremen kulturabhängigen Unterschiede sich dabei
entwickeln, zeigt das Beispiel der Einwohner von Tahiti und der Yanomamo-Indianer. Daß auch
das aggressionsauslösende Potential von Situationen von Kultur zu Kultur unterschiedlich ist,
demonstriert das Eskimobeispiel und der „Code of the streets“.
Wie unsicher allerdings die Erschließung des motivationalen Status aus einer Handlung ist, belegt
das Beispiel vom Bomberpiloten, der durch Knopfdruck die zerstörende Bombe auslöst.
Eine weitere Komplikation ist, daß aggressive oder erotische Handlungen in einem Kontext von
Erwartungen, Zwängen, Befürchtungen ablaufen beispielsweise über die Folgen einer Handlung,
so daß Kosten-Nutzen- und andere Erwägungen eine große Rolle bei der Exekution der Handlung
spielen.
Aktivation und Handlung
Eine wichtige Forschungsrichtung auf dem Feld der Motivation orientiert sich an der Metapher von
der gesteuerten Machine. Es wird unterschieden zwischen einem Mechanismus, der die Energie
für z.B. Fortbewegung („Handeln“) bereitstellt und einem Steuerungsmechanismus, der die
Richtung der Fortbewegung vorgibt, bzw. Handlungen aussucht. Dieser Metapher entspricht auch
die häufig zu machende Beobachtung, daß auf der einen Seite hartnäckiges, intensives
handelndes Bemühen gibt und das Gegenteil davon, träger, schwächlicher Versuch. Der
Alltagssprachgebrauch von motiviert und nicht motiviert entspricht diesem Bild.
3 bedeutende theoretische Ansätze sind dieser Metapher verbunden.
1. Triebtheorie von Hull
Hull’s Theorie ist ein behavioristisch orientierter Versuch, Trieb als Antrieb für Handeln oder als
Energie bereitstellenden Mechanismus zu konzipieren.
Nachfolgende Abbildung erläutert dies:
hier Abb.
Ratten wird durch Training eine Handlung, Reaktionstendenz oder Gewohnheit (habit = H)
beigebracht: Druck auf einen Hebel führt zu Futter. Das Training reicht von wenig intensiv (10
Lerndurchgänge) bis intensiv (70 Lerndurchgänge). Entsprechend gibt es ein starkes und ein
weniger starkes habit (Assoziation zwischen Hebeldruck und Futterankunft). Dann ließ man sie
entweder 22 oder 3 Stunden lang hungern. Dadurch erzeugte man einen starken oder einen
schwachen Trieb zu fressen (drive = D). Alle Ratten hatten nun Gelegenheit, den Futterhebel zu
bedienen, ohne daß allerdings Futter kam. Auf der Ordinate ist die Zahl der Hebeldrücker bis zum
Aufgeben abgetragen (Extinktion). Die Kurven legen nahe, daß die Stärke oder Energie, mit der
reagiert wird (energy = E) eine Funktion von D und H ist und daß die Verknüpfung von D und H
multiplikativ ist.
E=DxH
Andere Forscher haben versucht, diese Beziehung auf komplexeres Verhalten bei Menschen zu
übertragen. Dabei stellt sich das Problem, daß das meiste, was Menschen tun, nicht auf
irgendwelche biologische Notfälle wie Mangel an Essen oder Trinken als Antrieb zurückgeht.
Als möglicher weiterer Trieb wurde Angst oder Furcht postuliert. Es ist etwas, das wir zumindest
teilweise lernen. Daher handelt es sich um einen erworbenen Trieb. Als Trieb, so lautet die
Hypothese, sollte Angst Reaktionstendenzen oder habits multiplizieren und auch, wie das obige
Experiment zeigt, Differenzen in der Stärke verschiedener Reaktionstendenzen.
Beispiel: Fragt man in einem Wissensquiz über die GHK einen interessierten Studenten „Wer ist
Prof. Brinkmann?“ gibt es eine starke Tendenz zur Reaktion Präsident, fragt man einen normalen
Kasseler so gibt es eine starke Tendenz zur Reaktion Chefarzt und eine schwächere zu
Präsident. Der entsprechende Unterschied in der Reaktionsstärke (E) der habits hängt von D ab.
Bei hohem D ist er größer als bei kleinem D.
Bei Aufgaben gilt allgemein: Leichte Aufgaben sind solche, von denen man die Lösung weiß, d.h.
die Antwort auf die Aufgabe hat eine hohe Reaktionstendenz (H). Schwere Aufgaben sind solche,
auf die man keine Antwort weiß, sondern vielleicht mehrere Vermutungen, darunter eventuell die
richtige Antwort. Die einzelnen Reaktionstendenzen sind eher schwach. Kommt ein hohes D
hinzu, werden viele Reaktionstendenzen stark, die falschen interferieren mit der richtigen und
müssen unterdrückt werden. Bei kleinem D ist diese Interferenz nicht so ausgeprägt. Bei leichten
Aufgaben dagegen wird durch das D die richtige Reaktionstendenz noch stärker.
In einem Experiment zeigte sich entsprechend, daß hoch ängstliche Menschen (hohesD) bei
leichten Aufgaben besser abschnitten als niedrig ängstliche (niedriges D), bei schweren Aufgaben
dagegen schlechter.
Insgesamt hat sich jedoch die Theorie von Hull hat sich als zu einfach erwiesen. Unter anderem
hat sich gezeigt, daß nicht deprivierte (D=0) Tiere durchaus handeln und D kein unspezifischer
Handlungsverstärker ist, wie die Theorie behauptet. Sie ist jedoch ein gutes Beispiel für die oben
beschriebene Metapher.
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