Predigt-am-19.7.2015

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Predigt am 19.7. 2015
Pfrn Herrmann
Evangelium (Lektor) Joh 6, 1-15 Speisung der 5000
Liebe Gemeinde
am letzten Sonntag haben wir das alljählriche Sommerfest gefeiert. Es war ein fest
für Groß und Klein, eine Menge menschen haben sich gefreut am Singen der Kinder,
dem Theater, den kreatioven Angeboten, den Infoständen und der Musik. Und
natürlich am Essen und am Zusammen sein. Viele haben dazu beigetragen, dass es
ein gelungenes Fest werden konnte: dazu haben viele sich wochen vorher gedanken
gemacht, was gebraucht wird und was wann wer wo tun kann. Unentdeckt Talente
kamen zum Vorschein und die waren auch vonnöten, sonst hätte es keine
feldblumen, keine Fahnenmasten oder Siebdruck T-Shirts oder Schmuckstand
gegeben. Zum gelingen von großen veranstaltungen muss eine Hand in die andere
greifen, sonst gelingt es nicht. Dass es mit ausgelassenem tanz enden konnte,
dafür sei allen Ehrenamtlichen an dieser Stelle noch einmal herzlich gedankt. Und
auch wenn nicht alles wie bei den Profis ablief, so war es doch ein schönes Fest und
alle sind satt geworden.
Es ist eine noch viel größere Veranstaltung von der wir im Evangelium hören. 5000
Menschen sind gekommen, sie alle sind Jesus gefolgt, denn er hat Krankheiten
geheilt, die keiner heilen konnte, Blinde sehen und Arme gehen. Sie suchen seine
Nähe. Nun ist es Abend geworden und Hunger, Durst und Müdigkeit machen sich
bemerkbar, Grundbedürfnissen wie wir alle sie kennen. Und jeder weiss was
geschieht, wenn Grundbedürfnisse nicht gestillt werden. Babys und kleine kinder
fangen an zu schreien. Erwachsene dagegen werden nicht selten sogar
gewalttätig, denn Hunger macht manchmal richtig böse und in diesen Tagen
können wir nicht nur in griechenland sehen was geschieht, wenn menschen durch
das Netz der sozialen Absicherung fallen, inzwischen kommt es auch hier zu
Krawallen. Aber die Solidarität unter den Menschen ist noch erstaunlich groß. Ich
vermute, würden in Deutschland die Banken geschlossen, es käme an manchen
Orten zu einer Katastrophe.
Schon kleine Kinder zeigen uns, dass es im Leben zuerst darum geht, dass wir für
unseren Körper sorgen, dass wir genug Nahrung haben, um wachsen und lernen,
später arbeiten und selbst andere nähren zu können. Als im Überfluss Lebende
messen wir den Grundbedürfnissen nach Nahrung Schlaf und sexualität eigentlich
bewusst gar keine so große Bedeutung bei. Wichtiger und nobler erscheinen uns
andere Dinge wie Kunst, Kultur und Wissenschaft. Doch wo die Grundbedürfnisse in
nur geringem Maße fehlen, kann es schon unsere geistige Verfassung und unsere
seelischer verfasstheit einschränken. Vor Hunger und ohne schlaf ist kein klarer
Gedanke möglich. Denn wir sind immer ein Ganzes: Leib und Seele.
Ein Sprichwort sagt: Sage nie, wie es Dir geht, bevor Du nicht gegessen, getrunken,
geschlafen und geliebt hast. Eine gute Übung übrigens, damit wir unsere Launen
besser verstehen lernen.
Auch wenn es oft anderes erscheint: Jesus wusste sehr wohl um die
Grundbedürfnisse von Menschen. Er selbst hatte Hunger und Durst, er selbst
musste in der nacht schlafen und ich hoffe, auch er hat Menschen berührt.
Jesus wusste, dass Hunger und Durst nach Gerechtigkeit zuerst den Hunger und
Durst nach Brot und Wasser beinhaltet. Den Armen gerechtigkeit, das war jesu
Gesetz, es war aber auch die Tora seines Volkes, an die er sie erinnerte. Er sah die
Auswüchse frühkapitalistischer Ungleichverteilung und wies die Eliten des
jüdischen Volkes darauf hin, dass die Anpassung an das römische System den
Sozialgesetzen der Tora widersprach, das sie doch predigten. Dafür hassten ihn
nicht wenige.
Vor diesem Hintergrund erst können wir das Wunder der Speisung der 5000 in
seiner ganzen Tragweite verstehen. Ihm, dem erhofften König seines Volkes gelingt
es mit geringsten Mitteln, mit zwei broten und Fünf Fischen die Menschenmassen
zu sättigen...So wie es übrigens auch uns möglich wäre, würden nicht durch eine
kurzsichtige Gewinnsucht und eine schwache Politik Regenwälder in Steppen,
Kleinbauern durch die Agrarriesen in arbeitslose Tagelöhner und Lebensmittel in
Müll verwandelt. Die Erde könnte uns alle ernähren. Aber wir vollbringen das
Wunder noch nicht. Wir lassen die menschen stattdessen (ver-)hungern, wie der
ehemalige UN Beauftragte für Ernährung jean Ziegler es auf den Punkt gebracht
hat.
Am Galiläischen Meer, das auch der See Tiberias heisst, stillt jesus mit Hilfe seiner
Jüngerinnen und Jünger den Hunger und Durst und das Ruhebedürfnis von
tausenden Menschen. So erzählt es der Evangelist im ersten jahrhundert nach
Christus. Bei dieser Großveranstaltung, die kaum zu bewältigem scheint, helfen
ihm seine Freunde: Andreas und Phillipus organisieren die Verteilung der Gaben,
die übrigens ein Kind bei sich hat, ob zum verkauf oder für seinen eigenen bedarf
erfahren wir nicht. Doch es wird erzählt, dass nun alle satt werden. Und dass ürbig
bleibt und nichts verdirbt. Keine vernichteten Brotberge.
Was für ein unglaublich und trotzdem wunderbare Geschichte. Wir können sie sie
sitzen sehen, am Ufer des schönen stillen Sees am Ufer von Tiberias, die menschen,
die miteinander lagern, sich ausruhen und fröhlich miteinander essen. Vielleicht
wurde später noch Musik gemacht oder gespielt. Sie dürfen ihre bedürfnisse stillen,
auch das nach gemeinschaft.
Und letztlich, glaube ich geht es jesus genau darum. Der Geist der Gemeinschaft, er
steht eigentlich an erster Stelle. Er ist die Grundhaltung, die ermöglicht, dass an
alle gedacht ist. Etwas später berichtet Johannes, dass das Volk ihn wieder sucht,
ihm nachfährt. Der unger ist wieder da. Doch diesmal gibt er ihnen nicht
materielles Brot, das die körperlichen Bedürfnisse stillt. Sondern er verweist sie auf
den Geist, den er ihnen in der Speisung zeigen wollte: den Geist der gemeinschaft.
Schafft Euch Speise, die nich vergeht, sagt er diesmal: Ich bin das Brot des Lebens. Wer
zu mir kommt, der wird nicht hungern, wer an mich glaubt, den wird nimmermehr
dürsten. Wer dem Brot des lebens, dem Geist der Gemeinschaft folgt, den jesus
entfachen will, der muss nicht jesus selbst hinterherreisen und von ihm Brot und
Fische verlangen.
Wer verstanden hat, was bei der Speisung am See geschehen ist, soll sich
selbständig auf den Weg machen, das Wunder zu vollbringen: Selbst und mit den
eigenen Möglichkeiten solidarische Gemeinschaften bilden, die helfen die
Grundbedürfnisse vieler zu stillen: so wie es in den selbstorganisierten
Suppenküchen Griechenlands nun schon seit Jahren geschiehen ist. Dies entlastet
die Politik aber nicht von Ihrer Aufgabe der Sorge für Gerechtigkeit, im Gegenteil:
es beschämt sie und macht sie gleichzeitig umso notwendiger. Der Geist der
Gemeinschaft entbindet auch den Einzelnen nicht von der Beantwortung der Frage,
die in allen organsiationen und auch Gemeinden sich stellt: Brauche ich Anleitung
oder kann ich etwas selber organisieren? Muss immer einer mich hinweisen, oder
sehe selbst was jetzt zu tun ist und packe es an? Wo erwarte ich nur aus
Bequemlichkeit, versorgt zu werden? Wie gut, dass Versorgung und teilen dennoch
immer wieder geschieht und dass Menschen an leib und Geist genährt werden.
Liebe Gemeinde, vielleicht werden wir keine Wunder vollbringen. Das Evangelium
nach Johannes erzählt ja erst einmal von der Sehnsucht und der Schönheit, die das
Handeln Jesu in den Herzen seiner Freunde hinterlassen hat. Er weist darauf hin:
Wir sind erwachsen und verantwortlich für die Großveranstaltung des Lebens.
Damit es ein Fest wird, bei dem alle satt werden. Denn er hat schon für uns gesorgt.
Mit dem Brot des Lebens.
Amen.
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