Technische Mechanik - Mayr, ReadingSample - Beck-Shop

Werbung
Technische Mechanik
Statik - Kinematik - Kinetik - Schwingungen - Festigkeitslehre
von
Martin Mayr
Neuausgabe
Technische Mechanik – Mayr
schnell und portofrei erhältlich bei beck-shop.de DIE FACHBUCHHANDLUNG
Hanser München 2006
Verlag C.H. Beck im Internet:
www.beck.de
ISBN 978 3 446 40711 4
Inhaltsverzeichnis: Technische Mechanik – Mayr
Produktinformation
Seite 1 von 1
Technische Mechanik
Martin Mayr
Statik - Kinematik - Kinetik - Schwingungen - Festigkeitslehre
ISBN 3-446-40711-1
Leseprobe
Weitere Informationen oder Bestellungen unter
http://www.hanser.de/3-446-40711-1 sowie im Buchhandel
http://www.hanser.de/deckblatt/deckblatt1.asp?isbn=3-446-40711-1&style=Leseprobe
06.10.2006
145
8 Die NEWTONschen
Grundgesetze,
D’ALEMBERTsche1
Trägheitskraft
Die 3 NEWTONschen Grundgesetze, D’ALEMBERTsche Trägheitskraft, Zentrifugal- und Zentripetalkraft
Die NEWTONschen Grundgesetze (Axiome) von 1687 können als
Grundlage der klassischen Mechanik gelten.
Erstes Gesetz (Trägheitsgesetz):
Jeder Körper beharrt in seinem Zustand der Ruhe oder gleichförmigen, geradlinigen Bewegung, wenn er nicht durch einwirkende Kräfte gezwungen wird seinen Zustand zu ändern.
Zweites Gesetz (Bewegungsgesetz):
Die Änderung der Bewegung ist der bewegenden Kraft proportional und geschieht nach der Richtung derjenigen geraden Linie,
nach der jene Kraft wirkt.
Drittes Gesetz (Wechselwirkungsgesetz):
Die Wirkung ist stets der Gegenwirkung gleich, oder die Wirkungen zweier Körper aufeinander sind stets gleich und von entgegengesetzter Richtung.
Das dritte Gesetz spielt bereits in der Statik eine wichtige Rolle:
Lagerreaktionen, innere Kräfte am positiven und negativen
Schnittufer.
Das zweite Gesetz ist die eigentliche Grundlage der Kinetik und
wird deshalb auch kinetische Grundgleichung genannt.
Für konstante Masse lautet das Bewegungsgesetz
"
"
F = m⋅a,
(8.1)
Kraft gleich Masse mal Beschleunigung
mit
1
"
F
m"
a
Resultierende aller äußeren Kräfte
konstante Masse
Absolutbeschleunigung (muss für alle Körperpunkte
gleich sein; das gilt für den Massenpunkt oder den
translatorisch bewegten starren Körper)
JEAN LE ROND D’ALEMBERT 1717 – 1783
2
146
8 Die NEWTONschen Grundgesetze, D’ALEMBERTsche Trägheitskraft
Beispiel 8.1
Ein Frachtgut der Masse m = 50 kg gleitet auf einer Rutsche nach
unten, Bild 8.1 a. Die Gleitreibungszahl µ beträgt 0,4.
Wie groß ist die Beschleunigung a?
Bild 8.1 Gleiten auf der schiefen Ebene,
Beispiel 8.1
a) Anordnung
b) äußere Kräfte auf den Körper
Lösung:
Auf den Körper wirken als äußere Kräfte die Gewichtskraft FG, die
Normalkraft FN von der Rutsche auf den Körper und die Reibungskraft FR, Bild 8.1 b.
Die resultierende äußere Kraft in Bewegungsrichtung beträgt
F = FG ⋅ sin α − FR = FG ⋅ sin α − FN ⋅ µ
= FG ⋅ sin α − FG ⋅ cos α ⋅ µ = m ⋅ g (sin α − µ ⋅ cos α ) .
Wir setzen F in Gleichung (8.1)
F = m⋅a
ein und erhalten
m ⋅ g (sin α − µ ⋅ cos α ) = m ⋅ a .
Hieraus ergibt sich die Beschleunigung zu
a = g (sin α − µ ⋅ cos α) ≈ 1,5 m/s2 .
*
"
Nach D’ALEMBERT fassen wir den Ausdruck m ⋅ a im Bewegungsgesetz (8.1) als Hilfskraft auf und nennen sie
Trägheitskraft
"
"
FT = − m ⋅ a
(8.2)
Damit ist (8.1) wieder auf die Gleichgewichtsbedingung der Statik
bzw.
" "
F + FT = 0
(8.3 a)
"
"
F − m⋅a = 0
(8.3 b)
zurückgeführt.
Bild 8.2 Erfahrungen mit der Trägheitskraft
Merke: Die Trägheitskraft wirkt immer der Beschleunigungsrichtung
entgegen.
Vielleicht erinnern Sie sich bei diesem Satz ans Schlittenfahren: Einer
zieht plötzlich ruckartig am Schlitten. Die anderen sind darauf nicht
gefasst und purzeln wegen der Trägheitskraft rückwärts herunter,
Bild 8.2.
8 Die NEWTONschen Grundgesetze, D’ALEMBERTsche Trägheitskraft
147
Bei der Bewegung auf einer gekrümmten Bahn tritt zusätzlich die
Normal- oder Zentripetalbeschleunigung auf. Die zugehörige Trägheitskraft nennen wir
Zentrifugalkraft (auch Fliehkraft):
"
"
FZ = − m ⋅ a n
bzw. FZ = m ⋅ a n = m ⋅
v2
= m⋅r ⋅ω 2
r
(8.4)
Der nach außen gerichteten Zentrifugalkraft hält die zum Drehpunkt
gerichtete Zentripetalkraft das Gleichgewicht.
Ein Beispiel hierfür ist das Herumschleudern der Kugel beim Hammerwerfen, Bild 8.3a. Auch bei der Kurvenfahrt und beim Fliehkraftregler, Bild 8.3b und c, treten Zentrifugalkräfte auf.
Im folgenden Beispiel „Freier Fall mit Luftwiderstand“ verwenden
wir die Trägheitskraft bei der Berechnung der Beschleunigung.
Beispiel 8.2
Ein Kletterer löst 150 m über Grund in einer überhängenden Wand
einen kugelförmigen Stein aus. Nach wie viel Sekunden schlägt der
Stein auf? Der Luftwiderstand ist zu berücksichtigen.
2
Gegeben:
Kugelradius R = 20 mm
Dichte des Steins ρSt = 2,7⋅103 kg/m3
Widerstandszahl cW = 0,47
Dichte der Luft ρL = 1,293 kg/m3
Die Widerstandskraft berechnet sich nach der Formel
ρL 2
⋅v ⋅ A
2
(A : Querschnittsfläche der Kugel; v: Geschwindigkeit).
FW = c W ⋅
Lösung:
Nach Bild 8.4 wirkt die Gewichtskraft FG in Bewegungsrichtung (hier
gleichzeitig Beschleunigungsrichtung), also nach unten, Widerstandskraft FW bzw. Trägheitskraft FT wirken der Bewegungs- bzw. Beschleunigungsrichtung entgegen:
↑
FT + FW − FG = 0
m ⋅ a + cW ⋅
ρL 2
⋅v ⋅ A− m⋅g = 0
2
 c ⋅ρ ⋅ A 2 
a = g 1 − W L
⋅v 
2m ⋅ g


Bild 8.3 Beispiele für das Auftreten einer Zentrifugalkraft
a) Hammerwerfen
b) Kurvenfahrt
c) Fliehkraftregler mit Rückstellfeder
148
8 Die NEWTONschen Grundgesetze, D’ALEMBERTsche Trägheitskraft
Wir setzen
A = πR 2 ,
m = ρ St ⋅ 43 πR 3
ein und erhalten
Bild 8.4 Kräfte bei freiem Fall mit Luftwiderstand

3 ⋅ ρL⋅ cW 2 
a = g 1 −
v =g
 8 ⋅ ρSt ⋅ R ⋅ g 
mit
c2 =

v2 
1
−


c2 

8 ⋅ρSt ⋅ R ⋅ g 8 ⋅ 2,7 ⋅ 103 ⋅ 0,02 ⋅ 9,81 m2
m2
=
= 2325 2 .
2
3 ⋅ ρ L ⋅ cW
3 ⋅ 1,293 ⋅ 0,47
s
s
Wenn ν = c wird, ist die Beschleunigung null, der Stein fällt dann mit
der konstanten Grenzgeschwindigkeit vmax = c ≈ 48 m/s. Diese wird
exakt erst nach unendlich langer, näherungsweise aber durchaus in
endlicher Zeit erreicht.
Das Weitere ist ein kinematisches Problem. Es liegt Fall 6 aus
Tab. 2.1 der kinematischen Grundaufgaben vor:
v*
Fallzeit t =
dv
∫ a(v)
0
Die Integrationsgrenze (Aufprallgeschwindigkeit) v* erhalten wir
wieder aus Fall 6 über
v*
s=
∫
0
s=−
dv
c2
dv =
a(v)
g
v*
∫c
2
0
v
c2
dv = −
ln c 2 − v 2
2
−v
2g
(
)
v*
0
c2
c2 − v*2
ln
2g
c2
2
c2 − v*2
v*2
= 1 − 2 = e −2gs/c
2
c
c
2
v* = c 1 − e −2gs/c = 48 m/s 1 − e −2 ⋅ 9,81 ⋅ 150/2325 ≈ 41 m/s .
8 Die NEWTONschen Grundgesetze, D’ALEMBERTsche Trägheitskraft
149
Zurück zur Fallzeit:
v*
t=
∫
0
t=
dv
c2
=
a(v) g
v*
∫
0
dv
c
c+v
ln
=
2
2
2g c − v
c −v
v*
0
c
c + v*
48 m/s
(48 + 41) m/s
ln
ln
=
≈6 s
2
2 g c − v * 2 ⋅ 9,81 m/s
(48 − 41) m/s
Übung 8.1
Bild 8.5 Fahrgeschäft „Rotor“ aus Übung 8.1
Im Fahrgeschäft „Rotor“, Bild 8.5, werden die Fahrgäste im Kreis
herum geschleudert und dabei gegen die Wand gedrückt. Als Überraschungseffekt wird während der Fahrt der Boden nach unten weggefahren.
Gegeben: Drehzahl n = 33 min–1; r = 4 m; Reibungszahl zwischen
Haut und Kleidung bzw. zwischen Kleidung und gepolsterter Wand
µ0 = 0,25.
Wie groß ist der Sicherheitsfaktor S gegen Herunterrutschen?
2
Übung 8.2
Ein Eisenbahnwagen (m = 1 · 104 kg) kommt am Beginn eines Ablaufberges mit v0 = 2 m/s angerollt, Bild 8.6. Dieser hat ein Gefälle
von 1 :30. Die Rollwiderstandskraft FW beträgt konstant 400 N.
1. Welche Beschleunigung a1 hat der Wagen auf der Gefällstrecke?
Welche Geschwindigkeit v1 hat er im Punkt 1 und welche Zeit t1
benötigt er für die Strecke s1?
2. Welche Zeit t2 und welche Strecke s2 benötigt der Wagen zum
Ausrollen auf dem anschließenden horizontalen Gleis?
Bild 8.6 Eisenbahnwagen aus Übung 8.2
Hinweis: Rechnen Sie so, als ob die Masse m nur translatorisch bewegt würde.
Übung 8.3
Auf einer Teststrecke fährt ein Fahrzeug in einer Kurve, Bild 8.7:
horizontaler Kurvenradius r = 120 m, Fahrbahnüberhöhung α = 15°,
Haftreibungszahl µo = 0,6.
Bei welcher Geschwindigkeit beginnt das Fahrzeug seitlich nach oben
zu rutschen?
Hinweis: Vereinfachend gehen wir von einer gleichen Belastung der
vier Räder aus.
Bild 8.7 Teststrecke aus Übung 8.3
150
8 Die NEWTONschen Grundgesetze, D’ALEMBERTsche Trägheitskraft
Übung 8.4
Bild 8.8 zeigt das Fahrgeschäft „Enterprise“. Zum Einsteigen ist das
Drehwerk 7° zur Horizontalen angestellt, während der Fahrt wird es
durch einen Hydraulikzylinder langsam auf 85° gebracht. Der
Schwerpunkt der besetzten Gondel ist 1 m von der Gondelachse entfernt.
Die folgenden Fragen sind für die 85°-Stellung des Drehwerks zu
beantworten.
1. Mit dem Wievielfachen seiner Gewichtskraft wird der Fahrgast
jeweils am obersten und untersten Punkt in den Sitz gedrückt?
2. Reicht die Drehzahl 15 min–1 aus, um den Fahrgast, der sich in
halber Höhe (d. h. in horizontaler Lage) befindet, auf dem glatten
Sitz aus Kunststoff zu halten, oder muss er zusätzlich abgestützt
werden (µo = 0,1)?
Hinweis: Zur Vereinfachung kann mit cos 5° ≈ 1 gerechnet werden.
Bild 8.8 „Enterprise“ aus Übung 8.4
1.
2.
3.
4.
Drücken Sie das Bewegungsgesetz mit einfachen Worten aus.
Welchen Vorteil bringt die D’ALEMBERTsche Trägheitskraft?
In welche Richtung zeigt die Trägheitskraft?
Wie bezeichnen wir die Trägheitskraft aus der Drehbewegung, und
wie lautet die Formel?
5. Was ist die Zentripetalkraft?
Herunterladen