Ka = thermodynamische Gleichgewichtskonstante

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14 Das chemische Gleichgewicht
Beispiel : Bildung und Zerfall von Iodwasserstoff, HI, bei 490° C
Bringt man in ein Reaktionsgefäß 1 mol H2 und 1 mol I2, so bilden sich bei 490° C nur 1,544 mol HI
im Gemisch mit 0,228 mol H2 und 0,228 mol I2, die nicht miteinander weiterreagieren.
Bringt man dagegen in das Reaktionsgefäß 2 mol HI, so erfolgt ein Zerfall von HI-Molekülen in
H2- und I2-Moleküle. Auch diese Reaktion verläuft nicht vollständig. Bei 490° C zerfallen nur solange
HI-Moleküle bis im Reaktionsgefäß wiederum ein Gemisch von 0,228 mol H2, 0,228 mol I2 und 1,594
mol HI vorliegt. Es bildet sich also bei beiden Versuchen ein Gemisch von HI, I 2 und H2 mit der
gleichen Zusammensetzung. Zwischen I2 und H2 einerseits und HI anderseits hat sich ein chemisches
Gleichgewicht gebildet. Dieser Gleichgewichtszustand ist kein Ruhezustand. Nur makroskopisch sind
keine Veränderungen festzustellen. Tatsächlich erfolgt im Gleichgewichtszustand dauernd Zerfall und
Bildung von HI-Teilchen (das chemische Gleichgewicht ist dynamisch). Das Auftreten eines
Gleichgewichts wird bei der Formulierung von Reaktionsgleichungen durch einen Doppelpfeil
wiedergegeben, wodurch Hin- (Bildung von HI) und Rückreaktion (Zerfall von HI) symbolisiert
werden.
H2 + I2
2 HI
Bei vielen chemischen Reaktionen sind allerdings im Gleichgewicht überwiegend Komponenten einer
Seite vorhanden. Man sagt dann, dass das Gleichgewicht ganz auf einer Seite liegt.
Beispiel: Knallgasreaktion
2 H2 + O2
2 H2O
Das Gleichgewicht bei der Knallgasreaktion liegt ganz auf der rechten Seite, d. h. im
Gleichgewichtszustand sind praktisch nur H2O-Moleküle vorhanden.
Das Massenwirkungsgesetz (MWG)
Mit dem MWG wird die Lage eines chemischen Gleichgewichts beschrieben. Es lautet für die
Gleichgewichtsreaktion H2 + I2
2 HI
c2  (HI)
 Kc
c(H 2 )  c(I 2 )
c(HI), c(I2) und c(H2) sind die Stoffmengenkonzentrationen von HI, I2 und H2 im
Gleichgewichtszustand. Eine große Konzentration bedeutet eine große Teilchenzahl pro Volumen.
Kc wird Gleichgewichtskonstante oder Massenwirkungskonstante genannt. Sie ist definiert als Produkt
der Konzentrationen der Endstoffe dividiert durch das Produkt der Konzentrationen der
Ausgangsstoffe. Die Gleichgewichtskonstante hängt nur von der Temperatur ab.
Für die HI-Bildung erhält man den Wert für Kc bei 490°C aus den angegebenen
Gleichgewichtskonzentrationen (Volumen des Reaktionsgefäßes = 1 l).
Kc 
(1,544mol / l) 2
 45,9
0,228mol / l  0,228mol / l
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Es gibt beliebig viele Kombinationen der H2-, I2 und HI-Konzentrationen, für die das MWG erfüllt ist.
Lässt man z. B. 1 mol I2 mit 0,5 mol H2 in einem 1l-Reaktionsgefäß reagieren, dann sind bei 490° C
im Gleichgewichtszustand 0,930 mol HI, 0,535 mol I2 und 0,0035 mol H2 nebeneinander vorhanden.
Kc 
(0,9290mol / l) 2
 45,9
0,5352mol / l  0,0352mol / l
Für die allgemeine Reaktionsgleichung
aA + bB
cC + dD lautet das MWG
Kc 
cc (C)  cd (D)
ca (A)  c b (B)
Die stöchiometrischen Zahlen a, b, c und d treten als Exponenten der Konzentrationen auf.
Die Gleichgewichtskonstanten verschiedener chemischer Reaktionen können sehr unterschiedliche
Werte haben:
a)
b)
c)
Ist K >> 1, läuft die Reaktion nahezu vollständig in Richtung der Endprodukte ab.
Ist K  1, liegen im Gleichgewichtszustand alle Reaktionsteilnehmer in vergleichbar großen
Konzentrationen vor (Beispiel HI-Bildung).
Wenn K << 1 ist, läuft die Reaktion praktisch nicht ab. Im Gleichgewichtszustand sind ganz
überwiegend die Ausgangsprodukte vorhanden.
Für Gasreaktionen ist es zweckmäßig, das MWG in der Form
pc (C)  pd (D)
 K p zu schreiben
pa (A)  p b (B)
p(C), p(D) p(A) und p(B) sind die Partialdrücke (vergl. S. 49) von C, D, A und B im
Gleichgewichtszustand.
Der Zusammenhang zwischen den Gleichgewichtskonstanten Kc und Kp lautet:
K p  Kc (RT) (c d  a  b)
Homogene Gleichgewichte sind Gleichgewichte, bei denen alle Stoffe, die an der Reaktion teilnehmen,
in derselben Phase vorhanden sind.
Heterogene Gleichgewichte sind Gleichgewichte, an denen mehrere Phasen beteiligt sind.
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Beispiele:
a) feste und gasförmige Phase – Kalkbrennen
CaCO3 (s)
CaO (s) + CO2 (g)
Kp = p (CO2)
b) flüssige und feste Phase – schwerlösliches AgCl in H2O
AgCl (s)
Ag+ (aq) + Cl- (aq)
Kc = c(Ag+)  c (Cl-)
Die Gegenwart fester Stoffe wie CaCO3, CaO, AgCl ist zwar für den Ablauf der Reaktion notwendig,
aber es ist gleichgültig, in welcher Menge sie bei der Reaktion vorliegen. Sie haben keine
veränderlichen Konzentrationen, es treten daher im MWG für feste reine Phasen keine
Konzentrationsglieder auf.
Aktivität a
Bei Anwendung des MWG auf Ionengleichgewichte in wässrigen Lösungen darf nur bei idealen
Lösungen (keine interionischen Wechselwirkungen) die Ionenkonzentration in das MWG eingesetzt
werden, bei konzentrierten Lösungen ist die Aktivität a (wirksame Konzentration) zu verwenden.
Man erhält die Aktivität a durch Multiplikation der Stoffmengenkonzentration c mit dem
Aktivitätskoeffizienten f, durch den die Wechselwirkungskungskräfte zwischen den Ionen
berücksichtigt werden.
a= f c
(f = Werte von 0 bis 1, ideale Lösung f  1
a  c)
Mit zunehmender Gesamtionenkonzentration (Ionenstärke) wird f kleiner. Bei Ionenkonzentrationen
c ≤ 10-3 mol/l kann c näherungsweise gleich a gesetzt werden. Nur sehr verdünnte Lösungen sind
ideale Lösungen in denen die Ionen soweit voneinander entfernt sind, dass keine Wechselwirkungen
zwischen ihnen auftreten. In nichtidealen Lösungen sind Wechselwirkungskräfte vorhanden, die z. B.
die Wanderung der Ionen im elektrischen Feld behindern und zu einer Verringerung der Leitfähigkeit
führen.
MWG für nichtideale Lösungen:
a c (C)  a d (D)
f c (C)  f d (D)
Ka  a
 Kc  a
a (A)  a b (B)
f (A)  f b (B)
Ka = thermodynamische Gleichgewichtskonstante
Gleichgewicht und freie Reaktionsenthalpie
Die freie Reaktionsenthalpie G und die Gleichgewichtskonstante K sind über folgende Beziehung
verknüpft:
G = -RTlnK
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Je negativer die freie Reaktionsenthalpie ist, um so größer ist die Gleichgewichtskonstante, d.h. um so
deutlicher liegt das chemische Gleichgewicht auf der Seite der Endprodukte.
Verschiebung der Gleichgewichtslage, Prinzipien von Le Chatelier
Die Gleichgewichtslage chemischer Reaktionen kann durch die Änderung folgender Größen
beeinflusst werden:
a) Änderung der Konzentrationen bzw. der Partialdrücke der Edukte bzw. der Produkte,
b) Änderung der Reaktionstemperatur,
c) Änderung des Gesamtdrucks.
a) Konzentrationsänderungen
Beispiel:
Oxidation von SO2 zu SO3 mit Luftsauerstoff
(vergl. Abschnitt 21)
SO2 + 1 O2
2
MWG:
Kc 
SO3
c (SO3 )
c (SO2 )  c 2 (O2 )
1
c (SO 3 )
1
 Kc  c 2 (O 2 )
c (SO 2 )
oder umgeformt
(1)
Wenn man die Konzentration von Sauerstoff erhöht, muss sich, wie Gleichung (1) zeigt, dass
Konzentrationsverhältnis c (SO3) / c (SO2) im Gleichgewicht ebenfalls erhöhen. Man kann also eine
Verschiebung des Gleichgewichts in Richtung auf das erwünschte Reaktionsprodukt SO3 (erhöhter
- fast vollständiger - Umsatz des wertvollen SO2) durch einen O2-Überschuss erreichen.
Durch die fortwährende Entfernung eines Produktes kann eine Gleichgewichtsreaktion zum
vollständigen Ablauf gebracht werden. Zum Beispiel kann die Umwandlung von CaCO3 (s) zu
CaO (s) (Kalkbrennen, vergl. Abschnitt 25) bei erhöhter Temperatur vollständig durchgeführt werden,
wenn das entstehende CO2-Gas laufend entfernt wird:
CaCO3 (s)
CaO (s) + CO2 (g)
Kp = p (CO2)
b) Änderung der Reaktionstemperatur
Die Beeinflussung der Gleichgewichtslage durch die Temperatur erfolgt über die
Temperaturabhängigkeit der Gleichgewichtskonstanten. Faustregel: Temperaturerhöhung führt bei
einer exothermen chemischen Reaktion zu einer Verschiebung des Gleichgewichts in Richtung der
Ausgangsstoffe, bei endothermen Reaktionen in Richtung der Endprodukte.
Beispiel:
Ammoniak-Synthese
(vergl. Abschnitt 22)
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N2 (g) + 3H2
H = - 92,4 kJ/mol
2NH3 (g)
T [°C]
c2 (NH 3 )
Kc 
c (N 2 )  c3 (H 2 )
300
9,6
400
0,5
500
0,06
600
0,014
Eine Temperaturerhöhung ist für eine große NH3-Ausbeute ungünstig, da Kc kleiner wird. Durch eine
T-Erhöhung wird die Rückreaktion (der Zerfall von NH3, endotherme Reaktion) begünstigt.
Die Dimerisierung von Stickstoffdioxid, NO2, zu Distickstofftetraoxid, N2O4, ist eine exotherme
Reaktion:
2NO2 (g)
braun
N2O4 (g)
H = - 57 kJ/mol
farblos
Bei T-Erniedrigung wandelt sich braunes NO2 in farbloses N2O4 um.
c) Änderung des Gesamtdrucks
Allgemein gilt: Bei Reaktionen mit Stoffmengenänderung der gasförmigen Komponenten verschiebt
sich durch Druckerhöhung das Gleichgewicht in Richtung der Seite mit der kleineren Stoffmenge.
Beispiel:
NH3-Synthese (s. oben)
Bei der NH3-Synthese entstehen aus 4 mol gasförmige Edukte 2 mol gasförmige Produkte.
Bei Druckerhöhung verschiebt sich das Gleichgewicht in Richtung der NH3-Bildung (NH3-Synthese
auch als Hochdrucksynthese bezeichnet), da das Volumen der gasförmigen Produkte kleiner ist, als
das Volumen der gasförmigen Edukte. Das System weicht der Druckerhöhung dadurch aus, dass sich
das Gleichgewicht nach rechts verschiebt, wodurch die Gesamtzahl von Teilchen im Reaktionsraum
und damit der Druck vermindert wird.
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