F6 - Lehrstuhl für Technische Chemie - Ruhr

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Ruhr-Universität Bochum
Lehrstuhl für Technische Chemie
Fortgeschrittenen - Praktikum "Technische Chemie"
Versuch F6:
Filtration
Versuchsanleitung und Betriebsanweisung
Betreuung:
Dipl.-Chem. Dr. S. Geisler
F6 - Filtration
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Dipl.-Chem. Hagen Wilmer
1. Einführung
Unter Filtration versteht man das Abtrennen von festen Teilchen aus Flüssigkeiten und Gasen
bzw. von flüssigen aus Gasen mit Hilfe eines Filtermittels, das jeweils nur für eine der beiden
Komponenten durchlässig ist; hier wird jedoch nur die Trennung Feststoff / Flüssigkeit betrachtet. Die dabei wirksamen Kräfte sind Über- bzw. Unterdruck oder die Schwerkraft. Als
Filtermittel werden unterschiedliche Materialien verwendet, z.B. Schüttungen aus Sand, Kies,
Kohle, Gewebe und Vliese aus Metall-, Natur- und Kunstfasern, poröse Materialien wie Keramik- und Glasfritten oder Membranen.
Je nach Abscheidungsmechanismus unterscheidet man Sieb-, Tiefen- und Kuchenfiltration.
Bei der Siebfiltration (Oberflächenfiltration) bewirkt allein die Porengröße des Filtermittels,
die kleiner als die kleinsten Teilchen der Suspension ist, den Trenneffekt. Sie wird einerseits
bei relativ grobkörnigen Feststoffen (Hüttenindustrie) und andererseits bei sehr kleinen
Teilchen bis hin zu molekularen Grössenordnungen (Membranfiltration, Ultrafiltration)
angewendet.
Bei der Tiefenfiltration werden die Feststoffteilchen überwiegend durch Adsorption an von
der Suspension umströmtem Filtermittel (z.B. Sand) abgeschieden. Hierbei kommt es i.a. auf
die Reinheit des Filtrats an (Wasseraufbereitung, Getränkereinigung), und man hat es mit
feinkörnigen, in relativ geringer Konzentration vorliegenden Feststoffteilchen zu tun.
Die Kuchenfiltration setzt sich aus Sieb- und Tiefenfiltration zusammen. Zunächst werden
größere Partikel durch das Filtermittel zurückgehalten; der sich allmählich aufbauende
Filterkuchen wirkt dann selber als Filtermittel, indem durch Adsorption und Brückenbildung
die Teilchen im Filterkuchen festgehalten werden. Vorteilhaft ist dieser Filtrationstyp bei
relativ konzentrierten Trüben (ab 3-5 kg trockener Feststoff / kg Suspension).
Es ist generell schwierig, Struktur und Durchströmbarkeit des Filterkuchens aus theoretischen
Überlegungen abzuleiten, weil diese von einer Reihe von Größen wie z.B. Art des Feststoffs,
Kornform, Korngröße, Art der Feststoffpackung usw. abhängen. Daher empfiehlt es sich, vor
der Auslegung eines großtechnischen Filters Laboratoriumsversuche durchzuführen, um den
Filtrationsvorgang quantitativ beschreiben zu können. So ein Versuch soll im Praktikum
durchgeführt werden.
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2. Aufgabenstellung
Es sollen die Konstanten der Filtergleichung ermittelt werden, mit deren Hilfe die Zeit und
Fläche berechnet werden können, die zum Filtrieren einer großtechnisch vorgegebenen Filtratmenge notwendig sind.
3. Theoretische Grundlagen
Dasjenige Filtratvolumen, das in der Zeiteinheit durch ein gegebenes Filter fließt, wird als Fil
trationsgeschwindigkeit oder Durchsatz V bezeichnet:

V
dV
dt
(1)
Faßt man die Poren des Filters und des Filterkuchens als enge Kapillaren auf, so kann die
Strömung der zu filtrierenden Flüssigkeit durch die HAGEN-POISEUILLE'sche Beziehung
beschrieben werden. Die Geschwindigkeit, mit der das Filtrat durch den Filterkuchen fließt,
wird proportional dem Druckabfall durch den Kuchen  p, der Anzahl z der Kapillaren in der
Einheitsfläche (= 1 m2), der Filterfläche F und umgekehrt proportional der Höhe h des Filterkuchens und der Viskosität µ des Mediums sein. Es gilt:
dV  r 4 F z p

dt
8 h 
(2a)
r ist der Radius der Kapillaren und  ein Faktor, der die Krümmung der Kapillaren
berücksichtigt ( > 1). Entsprechend erhält man für das Filter:
dV  r ' 4 F z ' p'

dt
8  ' h' 
(2b)
Für die Filtrationsgeschwindigkeit im stationären Zustand, in dem das Flüssigkeitsvolumen,
das durch den Kuchen fließt, gleich dem Flüssigkeitsvolumen durch das Filter ist, erhält man
nach Einführung von
K
8 
8 ' 
4 und K ' 
 zr
 z' r ' 4
aus (2) und (3) die Beziehung:
(3a, b)
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4
dV
F P

dt
K h  K ' h'
(4)
worin  P =  p +  p' den Druckabfall durch Filter und Filterkuchen bedeutet. Da die Höhe
des Filterkuchens um so größer wird, je mehr Filtrat V durch das Filter läuft, je kleiner die Filterfläche F und je größer der relative Feststoffgehalt der Suspension Vrel ist, gilt ferner:
h  Vrel 
V
F
mit Vrel 
VFeststoff
VFiltrat
(5)
Aus (4) und (5) ergibt sich dann:
dV
F P

K Vrel V
dt
 K ' h'
F
(6)
Da der durch das Filtermittel ausgeübte Strömungswiderstand gegenüber demjenigen des Filterkuchens meist vernachlässigt werden kann, gilt in erster Näherung:
dV
F 2 P

dt
K Vrel V
(6a)
Um die Gesamtmenge Filtrat zu berechnen, die in der Zeit t bei konstantem Druckgefälle  P
durch das Filter läuft, ist Gl. (6a) zu integrieren. Für  P = const. ergibt sich:
V
t
0
0
 V dV  
F 2 P
dt
KVrel
2 F 2 P t
V 
KVrel
2
(7)
(7a)
Gl. (7a) ist die für sog. nicht komprimierbare Filterkuchen gültige Beziehung.
Grob gesehen muß zwischen zwei Arten von Filterkuchen unterschieden werden: Einmal
kennt man Filterkuchen, deren Volumen durch Erhöhung des treibenden Druckes nicht
verringert werden kann, und zum anderen solche, deren Volumen vom Druck abhängig ist.
Wurde bei der Ableitung von Gl. (7) vorausgesetzt, daß der Kapillarradius und damit K vom
treibenden Druck  P unabhängig ist, so trifft diese Annahme für komprimierbare
Filterkuchen nicht mehr zu. Bei einem komprimierbaren Kuchen geht die
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Volumenverkleinerung des Kuchens mit steigendem Druck vor allem auf Kosten der
Kapillardurchmesser bzw. der Porenweite. Aus experimentellen Untersuchungen ergab sich
für die Druckabhängigkeit der Konstante K:
K  K0  K1  P S
(8)
Setzt man Gl. (8) in Gl. (7) ein, so erhält man eine für komprimierbare Filterkuchen gültige
Beziehung. Für  P = const. ergibt sich:
F 2 P
0 V dV  0 Vrel ( K0  K1 P S ) dt
V
t
(9)
und nach Durchführung der Intergration
2 F 2 P t
V 
Vrel ( K0  K1 P S )
2
(10)
Diese auf Grund vereinfachender Annahmen gewonnenen Gleichungen lassen sich durch Einführung allgemeiner Exponenten und Konstanten verallgemeinern. Wenn noch K0 gegen K1 
 PS vernachlässigt werden darf, erhält man aus (10):
V m Pn  t

F2
C
(11)
In der Praxis wird letztere Formel häufig verwendet, da sich die Exponenten experimentell
einfach bestimmen lassen. Die Filtergleichung (11) kann sicherlich den Vorgang nur grob beschreiben, denn der Druckabfall durch das Filtermittel wurde nicht berücksichtigt. Des weiteren wurde in Gl. (11) durch Vernachlässigung von K0 gegen K1   PS eine Funktion
erhalten, die im Gegensatz zu Gl. (10) im V,  P-Diagramm kein Maximum aufweist,
während man experimentell meist einen Druck  P findet, für den V einen optimalen Wert
besitzt. Schließlich ist bei genaueren Berechnungen die unterschiedliche Pressung der
einzelnen "Schichten" des Filterkuchens zu berücksichtigen.
Werden diese Punkte beachtet, kann eine genauere Beschreibung des Vorganges erreicht werden. Die Bestimmung der einzelnen Parameter ist aber im allgemeinen so schwierig, daß man
in der Praxis zur Festlegung der wirtschaftlichen Bedingungen Gl. (11) zugrunde legt und n,
m und C durch Modellversuche bestimmt.
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4. Versuchsbeschreibung
4.1 Untersuchungsmethodik
Das filtrierte Volumen wird in Abhängigkeit von der Filtrationszeit, dem Filtrationsdruck und
der Konzentration der Suspension ermittelt.
4.2 Versuchsapparatur
Auf dem graduierten Filtrierstutzen C befindet sich die Filterfritte F und darüber der Trübebehälter B (Abb. 1). In den Trübebehälter ragt der Heidolph-Rührer V, dessen Mischer so tief
wie möglich in den Trübebehälter eintauchen, ihn aber keinesfalls berühren soll. Der
Absaugtopf C besitzt zwei Glasrohre, von denen eines nur einige Zentimeter in den
Filtrierstutzen hineinragt, während das andere bis auf den Boden geht. Beide sind mit einer
Woulff`schen Flasche E, die ihrerseits an die Wasserstrahlpumpe W angeschlossen ist,
verbunden. Mit Hilfe des einen Glasrohres kann die Luft, mit dem anderen die Flüssigkeit aus
dem Filtrierstutzen gesaugt werden. Den Druck kann man am Manometer M ablesen. Mit dem
dritten Hals der Woulff`schen Flasche ist ein Nadelventil H5 verbunden, das eine dynamische
Druckregelung erlaubt.
V
B
H1
M
F
H5
H6
H3
H2
C
H4
E
W
Abb. 1 Schematische Darstellung der Versuchsanordnung.
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4.3 Versuchsdurchführung
Zunächst wird die Apparatur mittels der voll aufgedrehten Wasserstrahlpumpe evakuiert.
Hierbei sind die Hähne H1, H2, H4 geschlossen und H3 geöffnet. Zeigt das Manometer annähernd eine Druckdifferenz von 900 mbar, reguliert man mit dem Nadelventil H5 (Öffnen von
H4) das gewünschte Vakuum ein. Ist der Druck etwa 3 min konstant geblieben, wird zunächst
Wasser in den Trübebehälter gegeben und der Rührer eingeschaltet. Anschließend fügt man
das Calciumcarbonat zu. Jetzt wird der Hahn H1 geöffnet, womit auch der Versuchsbeginn
gegeben ist. Nach je 50 ml Durchlauf wird die Zeit notiert. Abgebrochen wird nach Durchlauf
von insgesamt 500 ml Trübe. Danach werden H4 und H5 geschlossen, um die Restmenge im
Trübebehälter möglichst schnell zu entfernen. Im Anschluß wird der Rührer ausgeschaltet. H2
wird geöffnet und H3 geschlossen, wodurch das Filtrat abgepumpt wird. Durch Schließen von
H6 und Zugabe von ca. 200 ml verdünnter HCl in den Trübebehälter wird das sich auf dem
Filter befindende CaCO3 aufgelöst. Durch Öffnen von H6 wird die Calciumchlorid-Lösung
abgepumpt. Um die Apparatur zu reinigen wird noch zweimal mit je einem Liter Wasser
gespült. Dazu wird der folgende Zyklus zweimal wiederholt: H1 wird geschlossen, Wasser in
den Trübebehälter gefüllt und H1 wieder geöffnet.
Es sollen folgende Versuche durchgeführt werden:
1. Eine Suspension, bestehend aus 25 g Calciumcarbonat in 800 ml Wasser, wird bei 4 verschiedenen Druckdifferenzen (etwa 150, 250, 400, 500 mbar) filtriert. Es soll die Zeit aufgenommen werden, die zum Durchlauf von 50, 100, ..., 500 ml Filtrat erforderlich ist.
2. Eine Suspension von 40 g Calciumcarbonat in 800 ml Wasser wird wie unter 1. filtriert.
5. Auswertung
Die Filtergleichung (11) wird logarithmiert und nach lg V aufgelöst.
Trägt man lg V gegen lg t bei konstantem  P auf, erhält man eine Gerade, aus deren Steigung
der Exponent m ermittelt werden kann. In einem zweiten Diagramm wird lg V gegen lg  P
für 3 verschiedene Zeiten pro Suspension aufgetragen. Aus der Steigung der Geraden kann der
Exponent n ermittelt werden. (Der wirksame Druck am Filter errechnet sich aus der Summe
des Manometerdruckes und des mittleren hydrostatischen Druckes).
Sind die Exponenten n und m bekannt, kann auch die Konstante C ermittelt werden.
Die theoretischen und experimentellen Kurven sind graphisch zu vergleichen.
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6. Literatur
1. Ullmanns Enzyklopädie der Technischen Chemie, Weinheim 1972, Bd II, S. 154-198
2. Adolphi, Grundzüge der Verfahrenstechnik, Leipzig 1970, S. 80-90
3. Patat, Kirchner, Praktikum der Technischen Chemie, de Gruyter, Berlin 1975, S. 58
4. The Scientific Basis of Filtration, Hrsg. K. J. Ives, Leyden 1975
7. Sicherheitshinweise
Durch das anzulegende Wasserstrahlvakuum besteht Implosionsgefahr. Bei der Versuchsdurchführung ist deshalb unbedingt eine Schutzbrille zu tragen. Diese sollte, falls an der
Anlage keine vorhanden ist, vom Assistenten angefordert werden.
Das Manometer enthält giftiges Quecksilber. Beim Austritt, z.B. durch Glasbruch, ist umgehend der Assistent oder eine andere Laboraufsicht davon in Kenntnis zu setzen. Das Quecksilber soll gesammelt und mit Zinkpulver oder Quecksilber-Adsorbentien behandelt werden. Im
Chemikalienlager 04 / 669 stehen Auffangbehälter für Quecksilberreste unter dem Abzug bereit.
Datenblätter zu HCl und Quecksilber liegen an der Apparatur aus.
Es muß die Allgemeine Betriebsanweisung für das Arbeiten im Labor beachtet werden.
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