216/J XXIV. GP Eingelangt am 20.11.2008 Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich. 245/AB XXIV. GP Eingelangt am 20.01.2009 Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich. ANFRAGE des Abgeordneten Pirklhuber, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Nachweis des Antibiotikums Streptomycin bei Obst Im Zuge von Kontrollen durch die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) wurden erstmals Streptomycin-Rückstände auf heimischen Äpfeln nachgewiesen. Das Antibiotikum Streptomycin wurde im Frühjahr in der Steiermark, in Oberösterreich, Niederösterreich, Tirol und Vorarlberg zur Bekämpfung des Feuerbrands bei Äpfeln und Birnen im Erwerbsobstbau eingesetzt. Hieß es bisher immer, dass das Antibiotikum Streptomycin im reifen Apfel nicht nachweisbar sei, so wurden nunmehr von der Ernährungsagentur (AGES) im reifen Apfel Rückstände von Streptomycin aus der Spritzung 2008 nachgewiesen. Im April hatte es seitens der Agentur noch geheißen, das Antibiotikum werde nur an der Blüte verwendet und sei im Obst nicht zu finden. Auch wenn seitens der AGES darauf hingewiesen wird, dass die Belastung so gering sei, dass keine gesundheitlichen Schäden zu erwarten sind, ist dieser Aussage mit großer Skepsis zu begegnen. Gar nicht erwähnt wird die Gefahr des Aufbaus von Resistenzen gegen Antibiotika beim Menschen durch den laufenden Verzehr von kontaminierten Äpfeln. Kleingeredet wurde auch immer die Tatsache, dass durch die Spritzung von Streptomycin der Honig kontaminiert werden kann und tatsächlich auch wird (in Deutschland wurden 2008 nach Streptomycin-Spritzung 10 Tonnen Honig aus dem Verkehr genommen und vernichtet, in der Schweiz 3 Tonnen). In Österreich wurde angeblich 2008 in den Honig-Proben kein Streptomycin nachgewiesen, es wurden allerdings von Hobby-Imker-Produkten keine Proben gezogen. Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende ANFRAGE: 1. Welche Konsequenzen wird die Tatsache haben, dass entgegen den bisherigen Beteuerungen der Agrarwirtschaft nun doch Spuren von Streptomyzin in reifen Äpfeln nachgewiesen wurden? Zu Frage 1: Das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (BMLFUW) hat die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH (AGES) mit der Erarbeitung und Weiterentwicklung einer ganzheitlichen Strategie zur Beherrschung der Pflanzenkrankheit Feuerbrand beauftragt. Die nunmehr vorliegenden Erkenntnisse über den Antibiotika-Einsatz im Jahr 2008 werden in dieser Strategie Berücksichtigung finden. Expertinnen und Experten aus allen Wirtschaftsbereichen entlang der gesamten Lebensmittelkette, dem Lebensmittelhandel bis hin zu Konsumentenschutzorganisationen und NGO´s wurden und werden in Beiräten eingeladen, an der Entwicklung der Strategie mitzuwirken. Weiters werden seitens der AGES in Partnerschaft mit anderen Institutionen umfassende Forschungsarbeiten durchgeführt, um die Pflanzenkrankheit Feuerbrand künftig in den Griff zu bekommen. Ziel aller Maßnahmen ist es, unter bestmöglicher Wahrung des Gesundheits- und Umweltschutzes die Ausbreitung dieser gefährlichen Pflanzenkrankheit bestmöglich zu verhindern. 2. Werden Sie angesichts der neuen Erkenntnisse in Hinkunft dem Streptomycin-Einsatz im Obstbau eine Absage erteilen? Zu Frage 2: Streptomycin ist derzeit der einzige bekannte Wirkstoff mit einer hinreichenden Wirksamkeit gegen die Pflanzenseuche Feuerbrand. Derzeit stehen keine gleichwertigen alternativen Mittel zur Verfügung. Die bisher alternativ verfügbaren Pflanzenschutzmittel sind nur in bestimmten Entwicklungsphasen der Pflanze einsetzbar und weisen nur eine Teilwirkung auf. Das Antibiotikum Streptomycin ist eine mit einem beständig hohen Wirkungsgrad verfügbare Substanz, die weltweit, insbesondere in den Nachbarländern Deutschland und der Schweiz, eingesetzt wird. Nach dem bisher stärksten Feuerbrandauftreten in Österreich im Jahr 2007 wurden im Jahr 2008 Streptomycin hältige Pflanzenschutzmittel durch das Bundesamt für Ernährungssicherheit (BAES) in Österreich zugelassen. Der Einsatz wurde ausschließlich bei Gefahr im Verzug, d.h. wenn alle anderen Maßnahmen im Rahmen der Bekämpfungsstrategie nicht mehr ausreichend waren, erlaubt. Die in Auftrag gegebene ganzheitliche Strategie zur Beherrschung der Pflanzenkrankheit Feuerbrand wird dem BMLFUW eine umfassende Entscheidungshilfe für einen allfällig weiteren Einsatz von Antibiotika im Obstbau bieten. 3. Werden Sie eine mögliche Anreicherung des Antibiotikums im Obst und im Ökosystem überprüfen lassen? Wenn ja, welche Maßnahmen werden Sie ergreifen? Wenn nein, warum nicht? Zu Frage 3: Die vorläufige Einschätzung des Verbleibs und des Verhaltens in der Umwelt und der ökotoxikologischen Eigenschaften von Streptomycin anhand der Literatur gibt somit Grund zu der Annahme, dass bei sachgerechter Anwendung keine ökotoxikologisch relevanten Auswirkungen zu erwarten sind. Weiters kann darauf hingewiesen werden, dass das Antibiotikum Streptomycin auch von einem im Boden ubiquitär vorkommenden Organismus produziert wird. 4. Wie viele Proben wurden bei Obst durchgeführt, sind weiterhin geplant und was ist das Ergebnis bisheriger Untersuchungen? Zu Frage 4: Eine Anwendung von Streptomycin erfolgte 2008 inklusive bei nicht fruchttragenden Junganlagen auf 2,4 Prozent der gesamten Kernobstfläche Österreichs. Es wurden sowohl von unbehandelten als auch ein- und zweifach behandelten Beständen sowie von allen dreifach behandelten Kernobstflächen in Österreich Proben untersucht. Weiters wurden im Rahmen eines Projektauftrages der AMA Marketing GmbH unter anderem Untersuchungen am Ernteprodukt (reife Äpfel) durchgeführt. Insgesamt wurden auf 44 Flächen Proben untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass keine Probe über dem Rückstandshöchstwert lag. 5. Wie viele Rückstandsuntersuchungen wurden bei Honig durchgeführt und was ist das Ergebnis der Untersuchungen? Wie viele Untersuchungen sind im Monitoringplan für Honig vorgesehen? Inwiefern werden auch Hobby-Imker-Produkte davon erfasst? Zu Frage 5: In sämtlichen Bundesländern mit Streptomycinanwendung wurde ein Honigmonitoring vorgenommen. Auf der Basis der von der AGES empfohlenen methodischen Standards (Nachweisgrenze 5 µg/kg) wurden in den Bundesländern NÖ, OÖ, STMK und Tirol insgesamt 202 Proben untersucht. In 200 Proben konnte kein Streptomycin nachgewiesen werden. Bei 2 Proben wurde Streptomycin unter der analytischen Nachweisgrenze bzw. dem Vorsorgewert festgestellt. Mit dem methodischen Ansatz der Nachweisgrenze von 5 µg/kg als Interventionswert (Aufkauf und Vernichtung des Honigs) wurde statistisch sichergestellt, dass kein Honig über dem Vorsorgewert von 10 µg/kg in Verkehr gelangt. Im Bundesland Vorarlberg wurden 57 Proben untersucht, davon konnte bei 48 Proben kein Streptomycin nachgewiesen werden. Die restlichen 9 Proben waren ebenfalls unter den Rückstandsgrenzwerten. Im Monitoringplan der AGES erfolgte keine Differenzierung zwischen Erwerbs- und Hobbyimkern. Seitens der Lebensmittelaufsichtsbehörde wurden nach den dem BMLFUW vorliegenden Informationen 156 amtliche Honigproben gezogen. Bei keiner Probe konnte Streptomycin nachgewiesen werden. 6. Wie beurteilen Sie die Gefahr, dass der Einsatz des Antiobiotikums Streptomycin im Obstbau zu Antibiotikaresistenzen führen kann? Zu Frage 6: Alle bisher seitens der AGES durchgeführten Untersuchungen geben keinen Hinweis auf eine Veränderung der Sensitivität des Bakteriums gegenüber Streptomycin. Die im November 2008 wieder einberufene Arbeitsgruppe österreichischer human- medizinischer Antibiotika-Experten kam zur Auffassung, dass der kontrollierte Einsatz von Streptomycin zur Therapie von akut bedrohlichen Pflanzenkrankheiten unverändert kein konkretes Risiko für eine Resistenzentwicklung und für die menschliche Gesundheit darstellt. In Ermangelung von gesicherten Alternativen zur Bekämpfung von Feuerbrand scheint dem Einsatz von Streptomycin zur Therapie von akut bedrohlichen Pflanzenkrankheiten als „Gefahr im Verzug“-Regelung unter strenger amtlicher Kontrolle von Seiten der Humanmedizin nichts entgegen zu stehen. 7. Mit welcher Begründung wurde der Einsatz von Streptomycin EU-weit verboten? Zu Frage 7: Streptomycin ist ein „alter“ Wirkstoff, der bereits vor dem 26.7.1993 in einem Mitgliedstaat der EU in einem zugelassenen Pflanzenschutzmittel in Verkehr gebracht worden ist. Bis 31.12.2004 waren streptomycinhältige Pflanzenschutzmittel in Mitgliedstaaten der EU regulär zugelassen, z.B. für die Anwendung in Kernobst in den Niederlanden, Belgien, Griechenland. Am 10.2.2004 wurde im Amtsblatt der Europäischen Union die Entscheidung der Kommission über die Nichtaufnahme von Streptomycin in den Anhang 1 der Richtlinie 91/414/EWG (Positivliste) veröffentlicht. Der Grund für die Entscheidung über die Nichtaufnahme war die Stornierung des Antrages seitens des Notifizierers. 8. Mehr als zwei Drittel der ÖsterreicherInnen lehnen den Einsatz von Antibiotika im Obstbau ab. Werden Sie in Zukunft auf den Einsatz von Streptomycin gegen den Feuerbrand verzichten und Alternativen forcieren? Wenn nein, warum nicht ? Wenn ja, welche Maßnahmen werden Sie ergreifen? Zu Frage 8: Neben umfangreichen Informationsmaßnahmen der praktizierenden Bäuerinnen und Bauern, der Imkerinnen und Imkern sowie der Bevölkerung über die Gefährlichkeit und Kontrollmöglichkeiten des Feuerbranderregers werden alle derzeit zur Verfügung stehenden Präventionsmaßnahmen unter Einbindung der zuständigen Landesstellen sowie ein Bündel von Bekämpfungsmaßnahmen je nach Angemessenheit der Befallssituation gesetzt. Besondere Anstrengungen werden im Hinblick auf die Erforschung und Erprobung alternativer Pflanzenschutzmaßnahmen und die Prüfung der Feuerbrandanfälligkeit von Apfel- und Birnensorten gegenüber Blüten- und Triebinfektionen gesetzt. All diese neuen Erkenntnisse finden in der beauftragten ganzheitlichen Strategie zur Beherrschung der Pflanzenkrankheit Feuerbrand Berücksichtigung und werden eine umfassende Entscheidungshilfe für mögliche Bekämpfungsvarianten bieten. 9. Welche Unterstützung haben in den letzten Jahren jene Betriebe erhalten, die auf den Einsatz von Streptomycin verzichtet haben? 10. Erhielten Obstbaubetriebe, die im Jahr 2008 Streptomycin eingesetzt haben ÖPULFörderungen aus der Maßnahme Integrierte Produktion Obst und Hopfen? Wenn ja, wie viele Betriebe und wie hoch waren die Förderungen dafür in Summe? Wenn nein, wurden andere ÖPUL-Förderungen für diese Betriebe ausbezahlt? Zu den Fragen 9 und 10: Betriebe, die im Jahr 2008 an der ÖPUL-Maßnahme „Integrierte Produktion Obst“ teilnahmen, bekamen die entsprechende Leistungsabgeltung gemäß ÖPUL, sofern sie auf den Einsatz von Streptomycin hältigen Pflanzenschutzmitteln verzichteten. 11. Wie viele Überprüfungen (Proben) wurden seitens der AMA bei der AGES in Auftrag gegeben? Was ist das Ergebnis dieser Untersuchungen im Detail (Anzahl positiver Ergebnisse, Höhe der Rückstände etc.)? Wie vielen Produkten musste das Gütesiegel aberkannt werden? Zu Frage 11: In Summe wurden 26 Überprüfungen seitens der AMA in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse zeigen, dass keine Probe über dem Rückstandshöchstwert lag. Da Äpfel von mit Streptomycin behandelten Kulturen für eine AMA Gütesiegelkennzeichnung nicht zugelassen waren und bei Kontrollen auch keine Unregelmäßigkeiten festgestellt wurden, gab es bis dato keine Aberkennungen. Der Bundesminister: