Schulversuchspraktikum Philie Kiecksee Sommersemester 2012 Klassenstufen 11& 12 Farbstoffe Auf einen Blick: Das Protokoll beinhaltet 2 Lehrerversuche und 3 Schülerversuche. Diese befassen sich sowohl mit der Synthese von verschiedenen Farbstoffen (V3, V4, V5a) als auch mit der Untersuchung von natürlichen Farbstoffen (V1, V2). Außerdem wird das Färben mit Farbstoffen am Beispiel des Küpenfarbstoffs Indigos thematisiert (V5b). Das Arbeitsblatt kann unterstützend zu V5 eingesetzt werden und vertieft den Färbevorgang mit Indigo. 1 Beschreibung des Themas und zugehörige Lernziele ...................................................................................... 3 2 Relevanz des Themas für SuS......................................................................................................................................3 3 Lehrerversuche.................................................................................................................................................................4 3.1 V1 die Tomatenampel.................................................................................................................................................4 3.2 V2 die blaue Rose.........................................................................................................................................................6 4 Schülerversuche...............................................................................................................................................................8 4.1 V3 Synthese von Fluorescein...................................................................................................................................8 4.2 V4 Synthese von Thymolphthalein.....................................................................................................................11 4.3 V5 Indigo.......................................................................................................................................................................13 5 Reflexion des Arbeitsblattes.....................................................................................................................................17 5.1 Erwartungshorizont (Kerncurriculum)...........................................................................................................17 5.2 Erwartungshorizont (Inhaltlich).........................................................................................................................18 6 Literaturverzeichnis.....................................................................................................................................................19 1 Beschreibung des Themas und zugehörige Lernziele Während Farbmittel alle farbgebenden Stoffe sind, versteht man unter Farbstoffen nur färbende organische Moleküle, die in Lösungsmitteln gelöst werden können. Ihnen gegenübergestellt sind anorganische und organische Pigmente, welche unlöslich sind. Die Farbigkeit der Farbstoffe beruht auf dem Chromophor, einem konjugiertem Doppelbindungssystem. Im Zusammenwirken mit einem Elektronendonor- (Auxochrom) und einem Elektronenakzeptorsubstituenten (Antiauxochrom) können formal mesomere elektronische Grenzstrukturen formuliert werden, die eine stärkere Delokalisierung der pi-Elektronen über das gesamte Molekülgerüst andeuten sollen. Dabei entscheidet sowohl die Länge des konjugierten Doppelbindungssystems als auch die Substituenten über die absorbierte Wellenlänge des Lichts und somit die Farberscheinung des Moleküls. Unterteilt werden die Farbstoffe in natürliche und synthetische Moleküle. Weitere Einordnungen können nach dem chemischen Grundgerüst (Azzo-, Triphenylmethanfarbstoffe, etc.) oder dem Färbevorgang (Küpen- Direktfärben, etc.) getroffen werden. Wichtige Lernziele stellen das Beschreiben verschiedener Farbstoffklassen dar, so wie der Grundlagen von Farbigkeit. Die SuS sollten darüber hinaus in der Lage sein, den industriellen Einsatz verschiedener Farbstoff mit ihrer Struktur zu begründen. Obwohl das Thema nicht direkt im Kerncurriculum erwähnt wird, bietet es vielseitige Möglichkeiten Kompetenzen aus den verschiedensten Basiskonzepten zu vermitteln. So können die SuS anhand von Farbstoffsynthesen verschieden Reaktionstypen unterscheiden und Synthesewege beschreiben. Diese Kompetenzen werden im Basiskonzept „Struktur-Eigenschaft“ gefordert. Außerdem können sie den Einfluss von Doppelbindungen und mesomeren Effekten beschreiben. Sowohl Redoxreaktionen (Küpenfärbung von Indigo) als auch Säure-Basereaktionen (Cyanin als pHIndikator) können an dem Thema vertieft werden (Basiskonzept „Donator-Akzeptor“). Da bei den meisten Synthesen Katalysatoren verwendet werden, kann in dem Rahmen auch auf diese eingegangen werden. Das Färben beruht auf intermolekulare Wechselwirkungen, sodass auch dies thematisiert werden kann. 2 Relevanz des Themas für SuS Farbstoffe begegnen den SuS im Alltag sehr häufig. Viele Gebrauchsgegenstände (Textilien, Kunststoffe, etc.) sind in den unterschiedlichsten Farben erhältlich. Aus der Natur und von Lebensmitteln ist ihnen die Farbigkeit von Pflanzen und auch von Tieren (diese beruht jedoch meist auf Pigmente) bekannt. Auch die Veränderung von Farben ist für die SuS aus dem Alltag erfahrbar (blondieren, bleichen im Tageslicht). Das Färben (Haare färben, Textilien färben, Flecken auf der Kleidung) haben viele SuS auch bereits erlebt. 3 Lehrerversuche 3.1 V 1 – (die Tomatenampel) In diesem Versuch wird mittels Bromwasser das konjugierte Doppelbindungssystem des roten Tomatenfarbstoffs Lycopen verkürzt, sodass der Tomatensaft nicht mehr rot erscheint. Anstelle dessen sorgen die Absorbtionsbanden der langlebigen Charge-Transfer-Komplexe des Lycopens mit den Brommolekülen für die blaue Farbe und die Mischung mit Bromwasser für die grüne und gelbe Farbe. Gefahrenstoffe Bromwasser Vorkenntnisse: H: 330-314-400 P:210-273-304+340-305+351+338-309310- 403+ 233 Addition von Brom an Alkene, σ- und π-Komplexe, Farbigkeit, konjugierte Doppelbindungssysteme. Materialien: Standzylinder, Glasscheibe, Glasstab, Pipette, Pileusball, Handschuhe Chemikalien: Tomatensaft, Bromwasser Durchführung: In den Standzylinder füllt man 150 mL leicht angewärmten Tomatensaft und lässt mit der Pipette vorsichtig 10-15 mL gesättigtes Bromwasser zufließen. Mit dem Glasstab rührt man das Bromwasser langsam in die obere Schicht des Saftes ein. Der Versuch muss im Abzug durchgeführt werden. Es sollten Handschuhe getragen werden. Beobachtung: Der Tomatensaft verfärbt sich an der Oberfläche von rot nach gelb. Beim Verrühren des Bromwassers treten die Farben Grün und Blau, sowie verschiedene Mischfarben von oben nach unten hin auf. In der untersten Schicht ist der Tomatensaft immer noch Nach 3-4 Stunden entfärben sich rot. die oberen Schichten komplett. Abb1 . –Verschiedene Färbungen des Tomatensaftes nach Zugabe von Bromwasser. Deutung: Hauptbestandteil der roten Farbe des Tomatensaftes ist Lycopen, ein langkettiges ungesättigtes Kohlenwasserstoffmolekül, welches auf Grund des langen konjugierten π- Systems für die Absorption im grün-blauen Bereich des sichtbaren Lichtes und damit für die rote Farbe (Komplementärfarbe) verantwortlich ist. H3C CH3 CH3 CH3 CH3 CH3 CH3 CH3 H3C CH3 Abb 2 : Strukturformel des Lycopens Bei Zugabe von Bromwasser läuft eine nucleophile Addition an die Doppelbindungen ab. Diese Addition verläuft in zwei Stufen. Im ersten Reaktionsschritt kommt es zu Wechselwirkungen zwischen einem Bromatom des Brommoleküls und den pi-Elektronen der Doppelbindung. Es bildet sich der sog. πKomplex (Charge-Transfer-Komplex) aus, in dem das Brommolekül polarisiert vorliegt. Im zweiten Reaktionsschritt wird das polarisierte Brommolekül heterolytisch gespalten. Das positiv geladene Kation wird von den negativ geladenen Elektronen der Doppelbindung angezogen und an das Ethen gebunden (elektrophiler Angriff). Das Ethen liegt nun als positiv geladenes Bromoniumion vor. Das zweite Bromatom liegt als negativ geladenes Anion vor, da es beide Bindungselektronen vom Brommolekül erhalten hat. Das Bromanion ist nukleophil und es erfolgt, wegen des großen Raumbedarfs der Ionen, ein "Angriff" von der Rückseite des Bromoniumions. Man spricht deshalb von einem Rückseitenangriff. Durch diese nukleophile Addition kommt es zur Bildung des Dibrommethans. Die ursprünglich vorhandene C-C-Doppelbindung ist nun verschwunden. Abb 3: Addition von Brom an eine Doppelbindung Bei dieser Reaktion verkürzt sich die Länge des konjugierten π -Systems und die absorbierte Wellenlänge verkürzt sich ebenfalls. Damit verschiebt sich die Absorption je nachdem, wo die Addition im Lycopenmolekül stattfindet und wie viele Additionen vorgenommen werden. So ergibt sich je nach der Bromkonentration mehrere Schichten aus Molekülen, die im Bereich des blaugrünen bis violetten Bereichs der elektromagnetischen Strahlung absorbieren und demnach Farben zwischen rot und gelb zeigen. Auch Entfärbungen finden statt. Ist die Bromkonzentration hoch, sehen wir eine gelbe Schicht, weniger hoch orange. Bei niedrigen Konzentrationen werden Farbänderungen nach grün und blau beobachtet. Dies ist auf den pi-Komplex der Brom-Addition zurückzuführen. Absorbiert ein solcher pi-Komplex Licht, geht er in einen angeregten Zustand über, wobei ein pi-Elektron vom Donor (dem Alken) auf den Akzeptor (das Brom) übergeht. Das Erscheinen einer neuen Absorptionsbande bei längerer Wellenlänge als der des Donors ist charakteristisch für solche Absorptionen. Da diese Absorptionsbanden im roten Spektralbereich liegen, weist der π-Komplex eine blau-grüne Farbe auf. Da die Lycopenmoleküle in den Lipidaggregaten der Zellmembran der Tomaten immobilisiert sind und nahe zusammengehalten werden, ist die Zersetzungsrate für die gebildeten Komplexe stark reduziert. Das bedeutet, dass der pi-Komplex eine ungewöhnlich lange Lebensdauer aufweist. Dies wiederum führt zum Vorherrschen der Absorptionsbanden des πKomplexes. Entsorgung: Der Tomatensaft wird mit gesättigter Natriumthiosulfatlösung vermischt und anschließend in den organischen Abfall entsorgt. Literatur: (Schmidkunz, 2011, S. 377)(Wagner W. (2010) Die Theorie hinter dem Versuch ist relativ komplex, sodass sie der Lerngruppe entsprechend reduziert werden muss. 3.2 V 2 – (die blaue Rose) In diesem Versuch wird die pH-abhängige Färbung des Cyanins untersucht, welches für die rote Farbe der Rosen verantwortlich ist. Gefahrenstoffe Eisessig H: 226-314 P: 280-301+330+331-305+351+338 Konz. Ammoniaklsg. H: 314-335-400 P:280-273301+330+331-305+351+338309-310 Aceton H: 225-319-336 P: 210-233-305+351+338 Vorkenntnisse: Säure-Base-Begriff nach Brönsted, pH- Indikatoren, Farbigkeit, konjugierte Doppelbindungssystem, Aromaten, funktionelle Gruppen: Ketone, Alkohole, Ether. Materialien: 2 Standzylinder, 2 Glasscheibe, Becherglas. Chemikalien: konz. Ammoniaklösung (25%ig), Eisessig, Aceton, rote Rose. Durchführung: Die Blumen werden kurz in das Becherglas mit Aceton getaucht und anschließend an der Luft getrocknet. In einen Standzylinder füllt man einen cm hoch Eisessig und in den anderen ebensoviel konz. Ammoniaklösung. Beide werden leicht umgeschwenkt, um in den Zylindern eine gesättigte Gasphase zu erreichen. Nun taucht man die rote Rose für 1-2 Minuten in den Zylinder mit dem Ammoniakgas. Der Zylinder wird wieder mit der Glasscheibe verschlossen. Anschließend wird die Rose in der Essigsäureatmosphäre platziert. Beobachtung: Die Rosenblätter färben sich im Ammoniakgas zuerst an den Rändern blau- violett, dann breitet sich die Färbung weiter aus. Vereinzelte rote Stellen bleiben bestehen. Nach der Überführung in den Eisessigdampf verfärben sich die blauen Bereiche wieder rot. Einzelne blaue Flecken bleiben bestehen und es sind auch Entfärbungen festzustellen. Abb.4 –links: Rose direkt nach der Platzierung in dem Ammoniakdampf. Rechts: Rose nach mehreren Minuten im Ammoniakdampf. Deutung: Die rote Farbe der Rose wird durch Cyanin, einem Anthocyan hervorgeru fen. Dieses kann an bestimmten Stellen im Molekül deprotoniert werden. Dadurch verändert sich das Absorptionsmaximum der absorbierten Wel lenlänge des Lichtes und somit die Farbe verändert. Die Protonierung und Deprotonierung kann nur durch Basen beziehungsweise Säuren erreicht werden, für welche die Pflanzenmembran durchlässig ist. Ammoniak als gasförmiges ungeladenes Teilchen kann im Vergleich zu der stark polaren Base NaOH in die Pflanzenzelle eindringen. Diese Reaktionen sind reversi bel, sodass viele Anthocyanine als pH-Indikatoren eingesetzt werden kön nen. OH HO O OH + OH NH3 O O CH 3COOH O - Zucker OH O - Zucker O - Zucker O - Zucker Cyanin pH 1-2 Chinoide Base pH 6-7 Abb. 5- Deprotonierung und Protonierung des Cyanins Entsorgung: Die Säure und die Lauge werden in den Säure-Base-abfall entsorgt. Aceton wird in den Abfall für organische Lösungsmittel gegeben. Literatur: (Schmidkunz, 2011 S. 386), Anstelle von Rosen können auch andere rote Blumen verwendet werden. Es sollte sich am besten um dunkelrote Blüten handeln. Die Rosen sehen nach dem Versuch nicht mehr frisch aus! Im gleichen Kontext sollte auch auf Rotkohlsaft verwiesen werden, der ebenfalls Anthrocyane enthält. 4 Schülerversuche 4.1 V 3 – (Synthese von Fluorescein) In diesem Versuch stellen die SuS auf einem sehr einfachen und schnellen Weg den fluoreszierenden Triphenylmethanfarbstoff Fluorescein her. Gefahrenstoffe Resorcin H: 302-319-315-400 P: 273- 302+352-305+351+338 Phthalsäureanhydrid H: 302-335-315-318- 334317 P: 260-262- 304+340-302+352-305+351338+-313 Verd. Natronlauge H: 314-290 P:280-301+330+331-305+351+338-406 Zinkchlorid H: 302-314-335-410 P: 273-280- 301+330+331-305+351 Vorkenntnisse: Kondensationsreaktionen, Farbigkeit. Materialien: Reagenzglas, Spatel, Stopfen, Becherglas (100 mL), Becherglas (300ml), UVLampe, Bunsenbrenner, Reagenzglaszange. Chemikalien: Resorcin, Phthalsäureanhydrid, Zinkchlorid, Natranlauge (10%ig), dem. Wasser Durchführung: In ein Reagenzglas werden 2 Spatelspitzen Resorcin, eine Spatelspitze Phthalsäureanhydrid und eine Spatelspitze wasserfreies Zinkchlorid gegeben. Nach dem Mischen wird das Reagenzglas vorsichtig bei nicht rauschender Bunsenbrennerflamme bis zur Schmelze erhitzt. Nach dem Abkühlen werden wenige mL verd. Natronlauge in das Reangenzglas gegeben. Anschließend wird die Lösung in ein mit dem. Wasser gefülltes Reagenzglas gegossen. Die Lösung wird unter UV-Licht betrachtet. Beobachtung: Beim Erhitzen bildet sich eine dunkelrote Schmelze. Wird Natronlauge dazugegeben, bildet sich eine trübe rot-orange Lösung. Im Becherglas mit dem. Wasser ist eine grün-gelbe Fluoreszenz zu beobachten, welche unter der UV-Lampe noch deutlicher zu sehen ist. Wird Salzsäure zu der Lösung gegeben, kann keine Fluoreszenz mehr beobachtet werden. Abb. 5 –Fluorescein in alkalischer Lösung in UV-Licht Deutung: Der Mechanismus der Fluoresceinbildung ist eine Kombination aus 2 elektrophilen aromatischen Substitutionen, einer Kondensation und einer Tautomerie. O O O O C O O + - O O O O O HO O + + H O OH OH H2O + H H O H OH OH HO HO O O C + O H HO HO HO OH -H+ OH OH O OH HO HO O O OH O O freie Säure, chinoide Form HO O lactoide Form O H2O O H (dunkelrot) (gelb) Abb 6: Reaktionsmechanismus der Bildung von Fluorescein Es sind zwei verschiedene Formen des Stoffes bekannt, und zwar eine (stabilere) mit chinoider Struktur und dunkelroter Färbung sowie eine (weniger stabile) mit Lactonstruktur und gelber Färbung (s.o.). Die dunklere Farbe der chinoiden Struktur kann mit dem Vorhandensein eines Chromophors erklärt werden. Beim Ansäuern von Fluoresceinlösungen geht die Fluoreszenz zurück, denn nur das Anion ist Träger der Fluoreszenzeigenschaft. Der Reaktionsmechanismus sollte nicht genau besprochen werden, nur dem Reaktionstyp der Kondensation zugeteilt werden. Es bietet sich aber an den Unterschied der Farbigkeit der latoiden und chinoiden Struktur mit der Länge des konjugierten Doppelbindungssystems zu begründen. Es kann auch Fluoreszenz thematisiert werden. Die Fluoreszenz ist noch in Verdünnungen bis 1:100000000 nachweisbar und wird deshalb auch zur Verfolgung von unterirdischen Strömen eingesetzt. Andere Anwendungsgebiete sind der Nachweis von Brom, die Färbung von Badesalzen und die Diagnose von Hornhautschäden. Entsorgung: Die Fuoresceinlösung wird in den Abfall für organische Lösungsmittel gegeben. Der rote Feststoff kann aufbewahrt werden. Literatur: (Blume, 2005) 4.2 V 4 – (Synthese von Thymolphthalein) In diesem Versuch stellen die SuS auf einem einfachen und schnellen Weg den pH- Indikator Thymolphthalein her. Gefahrenstoffe Thymol H: 302-314-411 P: 273-301+330+331-305+351+338 Phthalsäureanhydrid H: 302-335-315-318- 334317 P: 260-262- 304+340-302+352-305+351338+-313 Verd. Natronlauge H: 314-290 P:280-301+330+331-305+351+338-406 Ethanol H: 225 P:210 Zinkchlorid H: 302-314-335-410 P: 273-280- 301+330+331-305+351+338 Vorkenntnisse: Kondensationsreaktionen, Farbigkeit. Materialien: Schnappdeckelgläschen, Watte, Kerze, Tiegelzange, Bunsenbrenner, Becherglas (100 mL), Becherglas (300 mL) Chemikalien: Thymol, Phthalsäureanhydrid, Zinkchlorid, Natranlauge (10%ig), dem. Wasser, Ethanol. Durchführung: In ein Schnappdeckelgläschen werden 1 g Thymol, 0,5 g Phthalsäureanhydrid und 1 g wasserfreies Zinkchlorid gegeben. Nach dem Mischen wird das Schnappdeckelgläschen mit Watte verschlossen und mittels der Tiegelzange über einer Kerzenflamme bis zur Schmelze erhitzt. Nach kurzem Sieden lässt man das Schnappdeckelgläschen abkühlen. Das Produkt lässt sich mittels Ethanol lösen und in dem. Wasser überführen. Dieses wird mittels verd. Natronlauge alkalisch gemacht. Beobachtung: Beim Erhitzen bildet sich eine violette Schmelze. Wird Ethanol dazugegeben, bildet sich eine klare Lösung, in der sich weiße Feststoffpartikel befinden. Im Becherglas mit dem. Wasser ist zunächst keine Veränderung zu beobachten, erst bei Zugabe von Natronlauge wird die Lösung tief blau. Abb. 7 – links: Synthese von Thymolphthalein, rechts: Thymolphthalein in alkalischer Lösung Deutung: Es findet eine Friedel-Crafts-Acylierung statt. Dabei werden zwei Äquivalente Thymol mit einem Äquivalent Phthalsäureanhydrid zu Thymolphthalein umgesetzt. Anstelle des in der Abb. gezeigten Katalysators wurde Zinkchlorid eingesetzt. Abb 8: Synthese von Thymolphthalein In neutralem und saurem Milieu ist die Lösung des Thymolphthaleins farblos. Im alkalischen hingegen liegt die deprotoniere Form vor. Mit der Deprotonierung geht auch eine Öffnung des Lactonrings einher, was zu einer Ausdehnung des konjugierten Doppelbindssystems führt, sodass elektromagnetische Strahlung im roten Bereich des Spektrums absorbiert wird. Die Lösung erscheint uns deshalb blau. Abb 9: protonierte und deprotoniere Form des Thymolphthaleins Entsorgung: Die Thymolphthaleinlösung kann als pH-Indikator verwendet oder in den Abfall für organische Lösungsmittel gegeben werden. Literatur: (kein Autor, 2012) 4.3 V 5 – (Synthese und Färben mit Indigo) Dieser Versuch besteht aus zwei Teilen. Im ersten Schritt synthetisieren die SuS Indigo, woraufhin sie den Farbstoff verwenden, um mittels der Küpenfärbung ein Stück Baumwolle zu färben . Gefahrenstoffe o-Nitrobenzaldehyd H: 302-315-319-335 P: 261-305+351+338 Aceton H: 225-319-336 P: 210-233-305+351+338 Verd. Natronlauge H: 314-290 P:280-301+330+331-305+351+338-406 Natriumdithionit H: 251-302 P:370-378 Vorkenntnisse: Kondensationsreaktionen, Farbigkeit. a) Synthese von Indigo nach A. Bayer Materialien: Becherglas (100 mL), Becherglas (25 mL), Pasteurpipette, Glasstab. Chemikalien: o-Nitrobenzaldehyd, Aceton, verd. Natronlauge (10%ig) dem. Wasser. Durchführung: Es werden 1 g o-Nitrobenzaldehyd und 4 mL Aceton in ein Becherglas gegeben. Dazu werden 4 mL dem. Wasser gegeben und umgerührt. Anschließend wird unter ständigem Umrühren langsam Natronlauge hinzugetropft, bis keine weitere Veränderung festzustellen ist. Anschließend wird das entstandene Produkt abfiltriert, mit Aceton gewaschen und getrocknet. Wenn der Schwerpunkt des Versuchs auf eine große Ausbeute an Indigo gelegt wird, sollte ein anderer Versuchsaufbau gewählt werden. Die Reaktion sollte in einem Rundkolben mit Rückflusskühler und Tropftrichter durchgeführt werden. Beobachtung: Nach der Zugabe von Wasser bildet sich eine helle Emulsion. Beim Hinzutropfen von Natronlauge ist anfangs eine grüne, braune und schließlich blau-violette Färbung zu beobachten. Es fällt ein blau-violetter Feststoff aus. Das Becherglas wird warm. Das getrocknete Produkt ist ein dunkelblauer Feststoff. Abb 10: Syntheseprodukt Indigo Deutung: Bei der Reaktion entsteht der Farbstoff Indigo. Das o-Nitrobenzaldehyd reagiert zunächst in einer Aldolreaktion mit dem Aceton. Nach intramolekularen Umformungen und zweimaliger Wasserabspaltung kommt es zu einem Ringschluss. Von diesem wird unter Einfluss von Hydroxidionen Acetat abgespalten, sodass Indoxyl entsteht. Dieses dimerisiert letztendlich zu dem Indigomolekül. Abb 11: Synthese von Indigo Entsorgung: Das Indigo kann aufgehoben werden; die Lösung wird in den Abfall für organische Lösungsmittel entsorgt. b) Küpenfärbung mit Indigo Materialien: Becherglas (300 mL), Glasstab, Tiegelzange, Dreifuß, Bunsenbrenner (evtl. Thermometer) Chemikalien: Indigo (entweder aus eigener Synthese oder, wenn es nicht ausreicht als Laborchemikalie), Natriumdithionit, dem. Wasser, verd. Natronlauge. Durchführung: 0,5 g Indigo werden mit 0,5g Natriumdithionit und ein 2-3 Tropfen Wasser zu einem Brei verrieben. Nun gibt man 10 mL verdünnte Natronlauge hinzu und erwärmt vorsichtig. Diese Lösung wird mit ca. 200 mL Wasser verdünnt. Anschließend wird das Baumwollstück in der Lösung platziert und zum Sieden erhitzt. Nach ca. 2-5 min. wird das Textil der Lösung entnommen und unter fließendem Wasser ausgewaschen. Das Stück Stoff wird an der Luft getrocknet. Es können auch mit Schnüren Batiken und Muster auf der Baumwolle erzeugt werden. Beobachtung: Nach kurzer Zeit fängt der blau-violette Feststoff an, sich zu lösen und die zuvor blaue Lösung färbt sich gelb-grün. Ab der Oberfläche befindet sich eine „blaue Blume“. Taucht man den Baumwollstoff in diese Lösung, so verfärbt er sich zunächst gelb–grün. Beim Waschen unter fließendem Wasser nimmt der Stoff zunehmend eine blaue Farbe an, welche sich nach dem Trocknen noch verstärkt. Abb12: Küpenfärbung mit Indigo Deutung: Indigo ist wasserunlöslich. Zum Färben wird es aus diesem Grund mittles Natriumdithionit reduziert. Dabei entsteht das wasserlösliche Leukoindigo. Dieses färbt die Lösung grün- gelb. Dieses Molekül bindet über van-derWaals-Wechselwirkungen an die Faser. Der Luftsauerstoff oxidiert anschlie ßend die Leuko-Form wider zu dem wasserunlöslichem Indigo, sodass die Baumwolle sich blau färbt und die Farbe nicht mehr herausgewaschen wer den kann. O N H H N O + Na 2S2O4 + 4 OH- 2 NaSO3 - 2 H2O O N H H N O - O [ O2] N H H N O Abb. 12: Reaktion bei der Küpenfärbung mit Indigo Entsorgung: Die Lösung kann in den Abfall für organische Lösemittel entsorgt werden. Literatur: (Häusler, Rampf, Reichelt, 1995 S. 331 f.) In dem Kontext sollte auf die Geschichte des Farbstoffes Indigo und die großtechnische Synthese sowie Küpenfärbung eingegangen werden. Andere Färbemethoden können der Küpenfärbung gegenübergestellt werden. Färben mit Indigo Versuchsdurchführung: a)0,5 g Indigo werden mit 0,5 g Natriumdithionit und 2-3 Tropfen Wasser zu einem Brei verrieben. Nun gibt man 10 mL verdünnte Natronlauge dazu und erwärmt vorsichtig. Diese Lösung wird mit ca. 200 mL Wasser verdünnt. Anschließend wird das Baumwollstück in der Lösung platziert und zum Sieden erhitzt. Nach ca. 2-5 min. wird das Textil der Lösung entnommen und unter fließendem Wasser ausgewaschen. Das Stück Stoff wird an der Luft getrocknet. Zur Beschleunigung des Trocknens kann man den Streifen föhnen. Nach dem Trocknen wird der Streifen gründlich mit Wasser gewaschen. b) In einem Parallelversuch wird versucht, den Baumwollstreifen in einer Indigosuspension (eine Spatelspitze in 150 mL Wasser) zu färben. Der Streifen wird auch hierbei getrocknet und anschließend gründlich mit Wasser gewaschen. Aufgaben: 1. Skizzieren Sie die wichtigsten Grenzstrukturen des Indigomoleküls. 2. Erklären Sie unter Einbeziehung von Reaktionsgleichungen und Oxidationszahlen die chemischen Vorgänge, die bei dem Versuch ablaufen. Hinweis: Natriumdithionit (Na2S2O4) ist ein Reduktionsmittel, wobei die Dithionitionen bei einer Redoxreaktion zu Sulfit- bzw. Sulfationen oxidiert werden. 3. Erklären Sie die unterschiedlichen Beobachtungen, die beiden Durchführungen a) und b) gemacht wurden. 4. Informieren Sie sich über die Geschichte von Indigo insbesondere unter dem Begriff „Küpenfärberei“. Strukturformel von Indigo: 1 Reflexion des Arbeitsblattes Das Arbeitsblatt thematisiert den Küpenfarbstoff Indigo. Nachdem die Grundlagen der Farbigkeit bekannt sind, kann das Arbeitsblatt eingesetzt werden. Die Synthese von Indigo ist dafür nicht Voraussetzung. Die SuS wenden bei diesem Arbeitsblatt den erweiterten Redoxbegriff an und erklären mit den Stattfinden einer Redoxreaktion die Färbung von Textilien mit Indigo. Außerdem führen sie die unterschiedliche Löslichkeit und Farbe der beiden Indigoformen auf ihre Struktur zurück. Des Weiteren skizzieren die SuS mesomere Grenzstrukturen und recherchieren die Geschichte des Indigos. 1.1 Erwartungshorizont (Kerncurriculum) Fachwissen: Die SuS... unterscheiden Einfach- und Mehrfachbindungen (A1, A2). erklären die Mesomerie mithilfe von Grenzstrukturen in der Lewis-Schreibweise (A1). erklären Stoffeigenschaften Wechselwirkungen. (A3) anhand ihrer Kenntnisse über zwischenmolekulare erläutern Redoxreaktionen als Elektronenübertragungsreaktionen (A2) beschreiben mithilfe der Oxidationszahlen korrespondierende Redoxpaare (A2) Erkenntnisgewinnung Die SuS... verwenden Formelschreibweisen zur Erklärung von Elektronenverschiebungen (A1 A2) Kommunikation: Die SuS... stellen den Zusammenhang zwischen Molekülstruktur und Stoffeigenschaft fachsprachlich dar (A3). stellen die Elektronenverschiebung in angemessener Fachsprache dar (A1, A2). stellen Redoxgleichungen in Form von Teil- und Gesamtgleichungen dar. (A2) wenden Fachbegriffe zur Redoxreaktion an. (A2) Bewertung: Die SuS... erkennen und beschreiben die gesellschaftliche Relevanz und Bedeutung von Stoffen in ihrer Lebenswelt (A 4) erörtern und bewerten Verfahren zur Nutzung und Verarbeitung ausgewählter Naturstoffe vor dem Hintergrund knapper werdender Ressourcen (A4). 2) Es findet eine Redoxreaktion statt. Während Natriumdithionit oxidiert wird, wird Indigo reduziert. Der Luftsauerstoff oxidiert wiederum das Leko-Indigo. Das CarbonylKohlenstoffatom wechselt bei diesem Prozess seine Oxidaionszahl zwischen +2 und +1. 3) Indigo kann wegen seiner schlechten Wasserlöslichkeit nicht direkt zum Färben benutzt werden. Wird Natriumdithionit zu der Suspension gegeben, wird Indigo reduziert. Dabei bildet sich eine wasserlösliche Leukoform, welches das Färbebad grün-gelb färbt. Dies kann mit den Strukrutformlen erklärt werden. Das Leuko-Indigo besitzt anionische Gruppen, welche von den Wassermolekülen hydratisiert werden. Da das konjugierte Doppelbindungssystem verkürzt ist, erscheint uns der Farbstoff gelb-grün. In der Faser wird der Farbstoff durch starke van-der-Waals-Kräfte gebunden und durch den Luftsauerstoff schließlich wieder zum blaugefärbten Indigo zurück oxidiert. Aus diesem Grund ist das Resultat aus Versuch a) viel besser als aus Versuch b9. 4) Indigo ist einer der ältesten bekannten pflanzlichen Farbstoffe. Bereits die Ägypter verwendeten diesen jeansblauen Farbstoff. In Mumien, 2.000 vor Christus, finden sich mit Indigo gefärbte Bänder. Der Indigo wurde aus der im Orient und in Indien wachsenden Indigopflanze, einem Schmetterlingsblütler, gewonnen. Der tropische Strauch wird bis eineinhalb Meter hoch und besitzt weiße oder rosenrote Blüten. Indigo kann auch aus dem heimischen Färberwaid (Isatis tinctoria) gewonnen werden. Merkwürdigerweise ist bei diesen beiden Pflanzen nirgends ein blauer Farbstoff zu finden. Erst der Mensch holt den verborgenen Farbstoff aus der Pflanze und bringt das wunderbare Blau zur Erscheinung. Im Saft der Indigopflanze findet sich ein gelber Farbstoff, der erst an der Luft durch eine Oxidation blau wird. Im Mittelalter wurde der Färberwaid vor allem in Thüringen und Sachsen angebaut. Der Indigo aus Indien und aus dem Orient wurde zwar immer noch nach Europa eingeführt, doch im 16. Jahrhundert wurde die Einfuhr von Indigo nach Deutschland zeitweise unter Androhung der Todesstrafe aus Konkurrenzgründen verboten. Das Verbot konnte sich jedoch nicht halten, da der Indigo aus Indien eine höhere Qualität aufwies. Um 1870 gelang dem Chemiker Adolf von Baeyer die erste künstliche (synthetische) Herstellung von Indigo. Im Jahre 1897 kam dieser synthetische Indigo durch die Firma BASF in Ludwigshafen auf den Markt. Heute wird der Indigo nach der Heumann-Synthese hergestellt. Ein Ausgangsstoff dafür ist das krebserregende Anilin. Indigo selbst ist jedoch nicht giftig. Heute werden jährlich über 12000 Tonnen Indigo weltweit produziert. Er ist der wichtigste Farbstoff zum Färben von Jeans. Die in Amerika erfundenen Jeans wären ohne den Indigo nicht denkbar. 6. Literaturverzeichnis Häusler K., Rampf H., Reichelt R., (1995) Experimente für den Chemieunterricht. Oldenbourg: München Schmidkunz, H. (2011). Chemische Freihandversuche Band 2. Hallbergmoos: Aulis-Verlag. Unbekannter Autor (2012) http://www.kd-chemie.de/farbstoffe.html (zuletzt abgerufen am 14.10.12, 20 Uhr) Blume R. (2005) http://www.kd-chemie.de/farbstoffe.html (zuletzt abgerufen am 14.10.12, 20 Uhr) Wagner W. (2010) http://daten.didaktikchemie.uni-bayreuth.de/experimente/effekt/effekt_tomatenh.htm#top (zuletzt abgerufen am 14.10.12, 22 Uhr) 2