Name: ________________________ Matrikelnummer: _______________________ Klausur Emotion, Lernen, Gedächtnis, Dezember 2006, Seite 1 von 4 Es ist Prüfung. Ich habe ein flaues Gefühl im Magen, die Knie sind weich, meine Hände sind feucht, und mein Pulsschlag ist erhöht. Ich habe Angst. Wie würde Cannon die Zusammenhänge erklären? (Mehrere Antworten sind möglich). Die angstauslösende Situation führt durch unbewußt bleibende Mechanismen zu körperlichen Reaktionen wie Schweißausbrüchen und Herzrasen. Diese körperlichen Symptome werden von mir wahrgenommen und führen zum Gefühl der Angst. Die angstauslösende Situation führt durch unbewußt bleibende Mechanismen zu körperlichen Reaktionen wie Schweißausbrüchen und Herzrasen. Diese körperlichen Symptome sind aber viel zu unbestimmt, um ein spezifisches Gefühl auszulösen. Das Gefühl entsteht vielmehr unabhängig durch eine kognitive Bewertung der Situation. Die körperlichen Symptome können allenfalls das Gefühl intensivieren. Die angstauslösende Situation führt zur Aktivierung der Amygdala. Diese löst über die Hypophyse eine Aktivierung des autonomen Nervensystems (ANS) aus. Das wiederum führt zur Aktivierung der Schweißdrüsen, und nimmt Einfluß auf die Herzrate. Emotionen sind sozial konstruierte Reaktionsmuster. Ich habe Angst vor der Prüfung, weil ich gesehen habe, daß andere auch Angst vor der Prüfung haben. Wenn es in unserem Kulturkreis üblich wäre, lachend den Prüfungsraum zu betreten, würde ich das auch tun. Emotionen greifen auf ein Repertoire biologisch determinierter Reaktionskomponenten zurück. Die Bewertung der Prüfungssituation führt zu einer Auswahl von Komponenten, dem Reaktionspaket. Da Prüfungssituationen häufig sind, wird das dazu passende Paket von Reaktionskomponenten als elementar (Angst) empfunden. Plutchick ordnet 8 Elementaremotionen in einem Kreis an und definiert verschiedene Arten von Mischemotionen. Welche der folgenden Kritiken treffen zu? Mischungen von Emotionen widersprechen dem Konzept von Elementaremotionen. Denn damit eine Emotion als elementar beschrieben werden kann, darf sie gerade nicht aus einer Mischung verschiedener Anteile bestehen. Das limbische System ist als die zentrale Schaltstelle für menschliche Emotion nicht auseinanderdividierbar in verschiedene Subsysteme, die scharf voneinander zu trennen wären. Deshalb ist das Konzept von Elementaremotionen physiologisch nicht haltbar. Die kreisförmige Anordnung, und die Einteilung der Dyaden in primäre, sekundäre, und tertiäre Dyaden suggeriert eine in Wirklichkeit nicht gegebene Kenntnis über Ähnlichkeit und Verschiedenheit der elementaren Emotionen. Bei „gemischten Gefühlen“ handelt es sich um die sozial vermittelte Überformung der Darbietungsregeln elementarer Emotionen, nicht um die Mischung verschiedener Emotionen. Die Züchtungen von Rattenstämmen, die besonders ängstlich sind, beweisen, daß Bewertungen und dazugehörige „Reaktionspakete“ von Reaktionskomponenten sehr wohl genetisch angelegt sein können. Name: ________________________ Matrikelnummer: _______________________ Klausur Emotion, Lernen, Gedächtnis, Dezember 2006, Seite 2 von 4 Graff, Squire, und Mandler zeigten 1984, daß sich Amnestiker je nach Instruktion mehr oder weniger gut an Listen von Wortpaaren erinnern konnten. Welche der folgenden Aussagen zu diesem Experiment treffen zu? Am besten konnten sich die Amnestiker an die Wortlisten erinnern, wenn man ihnen die Lernsituation (Lernkontext) so deutlich wie möglich wieder vor Augen führte. Durch schrittweises Aneinanderreihen von gelernten Teilergebnissen („chaining“) konnte die gesamte Sequenz am Ende fehlerfrei reproduziert werden. Wenn man den Amnestikern jeweils das erste Wort eines Wortpaares vorgab und sie dazu ein weiteres Wort frei assoziieren sollten, war dies überzufällig häufig das zweite Wort des Paars aus der Liste der gelernten Wortpaare. Nach einem Tag Pause kam es zur „spontanen Erholung“, obwohl in dieser Zeit kein CSUS-Paar geboten worden war. Mit diesem Experiment wird demonstriert, daß die Amnestiker neben dem geschädigten expliziten Gedächtnis über ein offensichtlich ungeschädigtes implizites Gedächtnissystem verfügten, das je nach Instruktion zur Leistung im Experiment beigetragen hat. LeDoux wurde für das Feld der Emotionspsychologie gewonnen durch Experimente mit split-brain Patienten. Darin wurde gezeigt, daß emotionale Inhalte von einer Hemisphäre in die andere übertragen werden konnten. Welche der folgenden Aussagen treffen zu? Bei diesen Experimenten wurden Kopfhörer verwendet, mit denen auf dem einen Ohr ein anderes Tonsignal (gesprochene Wortlisten) dargeboten wurde als auf dem anderen Ohr. Die Aufgabe der Versuchsperson war es, die Wortliste auf dem rechten Ohr nachzusprechen. Eine split-brain Patientin konnte sich zwar nicht mehr explizit daran erinnern, daß LeDoux sie eines Tages mit einer Reißzwecke in der Hand begrüßt hatte, weigerte sich aber noch Tage später, ihm noch einmal die Hand zu geben. Wurde ein visueller Reiz im linken Halbfeld gezeigt (= rechte Hemisphäre), dann konnten die split-brain Patienten das Wort zwar nicht vorlesen, aber angeben, ob es ein positives oder negatives Wort war. Nach einer Adrenalininjektion konnten die split-brain Patienten zwar ihre eigene Erregung registrieren, konnten diese aber nicht situativ zuordnen. Nach dem Bearbeiten von gerontologischen Wortlisten gingen split-brain Patienten deutlich langsamer als nach dem Bearbeiten von neutralen Wortlisten. Name: ________________________ Matrikelnummer: _______________________ Klausur Emotion, Lernen, Gedächtnis, Dezember 2006, Seite 3 von 4 Welche der folgenden Aussagen über das Konditionieren und Gegenkonditionieren treffen zu? Gegenkonditionieren ist kein probates Mittel, sexuelle Gewalttäter zu behandeln, da die Prägung der Gewalttäter auf bestimmte Auslöser (z.B. Kinder) durch das Gegenkonditionieren noch verstärkt wird. Da die CS-US Kopplung nie vergessen wird, halten die Effekte einer Gegenkonditionierung lange an. Nach einer Pause ohne CS-US-Kopplung kommt es zur „spontanen Erholung“. Der Lernkontext spielt beim Konditionieren keine Rolle. Eine einmalige Darbietung des US (ohne CS) kann nach einer langen Phase der Löschung (CS ohne US) ein erneutes Auftreten der CR bewirken. Beim instrumentellen Konditionieren wird der Verstärker am besten 500 ms vor der Reaktion eingesetzt. müssen Verstärker und Reaktion zueinander paßfähig sein. können komplexe Bewegungsabläufe in Teilbewegungen zerlegt werden, die separat gelernt werden. führt zufälliges Verstärken (unabhängig von der Reaktion) zum Verstärken von zufälligen Bewegungen. wird ein neuer Reflex (Verbindung CSCR) gelernt. Welche der folgenden Aussagen zum impliziten Lernen treffen zu? Da explizites und implizites Gedächtnis getrennt sind, kann ich etwas entweder nur explizit oder nur implizit lernen, aber nicht beides. Implizites und explizites Wissen kooperieren so eng miteinander, daß es (außer bei läsionsgeschädigten Patienten) schwer fällt, ein rein implizites Lernen nachzuweisen. Implizites Lernen beschreibt den Vorgang, daß eine zunächst explizit gelernte Fähigkeit (Sprache, Autofahren) durch massive Übung so automatisiert wird, daß sie schließlich ohne Aufmerksamkeitszuwendung beiläufig ausgeübt werden kann und dabei unbewußt bleibt. Ein sensitiver Test auf den Grad der Bewußtheit gelernten Wissens ist der multiple-choice Test, bei dem z.B. abgefragt werden kann, ob eine einzugebende Sequenz eine Regelmäßigkeit aufweist oder nicht. Die Unterscheidung von implizitem und explizitem Lernen läßt sich im Rahmen des Behaviorismus nicht treffen, da das mentale Konzept des Bewußtseins abgelehnt wird. Name: ________________________ Matrikelnummer: _______________________ Klausur Emotion, Lernen, Gedächtnis, Dezember 2006, Seite 4 von 4 Die Gedächtniskurve nach Ebbinghaus zeigt unter logarithmischer Darstellung der Zeitachse bei linearer Auftragung des Ersparnismaßes einen annähernd linearen Verlauf. folgt in etwa einem Potenzgesetz mit positivem Exponenten. findet sich nicht nur bei Vergessensverläufen, sondern auch bei Lernvorgängen. folgt einer linearen Differentialgleichung erster Ordnung. gilt für explizite wir für implizite Gedächtnisinhalte. Welche der folgenden Aussagen zum visuellen Kurzzeitgedächtnis nach Sperling (1960) („ikonisches Gedächtnis“) treffen zu? Der Teilberichtsvorteil verschwindet bei Inter-Stimulus-Intervallen (ISIs) > 1000 ms. Das ikonische Gedächtnis ist sehr anfällig gegenüber Störreizen. Die Kapazität des ikonischen Gedächtnisses ist hoch. Bei diesem Experiment wird die Aufmerksamkeit der Versuchsperson nachträglich auf eine Teilmenge des inzwischen nicht mehr eingeblendeten Stimulusmaterials gelenkt. Ralph Norman Haber hält das ikonische Gedächtnis für einen zentralen Baustein künftiger Gedächtnismodelle. Bei der Ausbreitung von Aktivierung zwischen Gedächtnisknoten gelten welche der folgenden Aussagen? Wenn ein Zielfaktum mit vielen, nicht miteinander verbundenen Nebenfakten verbunden ist, erhöht das wegen der stärkeren Vernetzung die Abrufleistung. Gesetzmäßigkeiten der Aktivierungsausbreitung gelten für im Labor gelerntes Wissen wie für Alltagswissen. Die Ausbreitung von Aktivierung kann zu Reaktionszeitverkürzungen, aber auch zu Reaktionszeitverlängerungen führen, und sie kann nicht willentlich unterdrückt werden. Bei Primingstudien führt das Darbieten eines für die Aufgabe irrelevanten Primes, der aber eine Assoziation zum aufgabenrelevanten Target hat, eine Verkürzung der Reaktionszeit aus. Schädliche Effekte multipler Assoziationen können sich auch in verlängerten Lernzeiten zeigen.