Kognitive Psychologie Wahrnehmung Vorlesung SS 2010 Was ist Wahrnehmung? Über unsere Sinne erhalten wir Zugang zur äußeren Welt, nehmen diese wahr, bilden Vorstellungen und machen Erfahrungen. Die Wahrnehmung ist der erste und grundlegendste Prozess der Erkenntnisgewinnung, durch den wir Wissen über die äußere Welt erwerben. Aber liefert uns die Wahrnehmung ein objektives Bild der Wirklichkeit? Definition Wahrnehmung Unter Wahrnehmung versteht man die Konstruktion der internen Repräsentation der physikalischen Umwelt unter Einbeziehung der Sinnesorgane und deren kortikalen Verarbeitungszentren, in Abhängigkeit von Motivation, Kontext und Erfahrung. Prinzip: Figur-Hintergrund-Unterscheidung Strukturierung in Vorder- und Hintergrund Aufbau der Retina Aktivierte Zelle erregt nachfolgende Zelle und hemmt benachbarte Zelle in ihrer Aktivierung Kippfigur: ermöglicht keine Figur-Hintergrund-Unterscheidung Kippfigur Gestaltwahrnehmung: Individuen tendieren dazu, ihre Sinneseindrücke in einer geschlossenen, geordneten, symmetrischen und einfachen Weise aufzubauen und zu organisieren Gestaltgesetze: Gesetz der Nähe Gestaltgesetz: Gesetz der Geschlossenheit Anwendung der Gestaltprinzipien auf Tafelbild Vom Ikon zum Perzept - bisher beschriebener Mustererkennungsprozess verläuft unbewusst, automatisch - Verarbeitungsmodus: datengesteuerte Informationsverarbeitung Ikon Prozess verläuft von unten nach oben (von der Merkmalsanalyse) zum Perzept (Begriff Sensorisches Gedächtnis • Psychologen gehen davon aus, dass man für jede Sinneseinheit ein sensorisches Gedächtnis hat. D. h. Reize werden unbewusst, nachdem sie beendet sind für eine kurze Zeit erhalten. • Schwerpunkt der Forschung lag dabei bisher auf dem visuellen und dem auditiven Bereich, da im Alltag am wichtigsten. Ikonisches Gedächtnis • Bezeichnet das sensorische Gedächtnis im visuellen Bereich. • Große Informationsmengen für sehr kurze Zeit speicherbar. • Eine visuelle Erinnerung („icon“) bleibt ca. ½ Sekunde lang bestehen. Versuche von Sperling (1960, 1963) Buchstabenreihen kurz dargeboten Ergebnis: Versuchspersonen können im Durchschnitt 4 - 5 Buchstaben reproduzieren Gleicher Versuch, jedoch: Tonsignal bestimmt welche Reihe reproduziert werden soll Ergebnis: Nahezu fehlerfreie Reproduktion der jeweils gewünschten Zeile. Je später jedoch Tonsignal desto schlechtere Reproduktion Das bedeutet: Alle dargebotenen Informationen sind ins ikonische Gedächtnis gelangt, können nur nicht reproduziert werden hohe Speicherkapazität Sehr kurzlebig - Informationen verblassen sehr schnell wieder • Damit im Sensorischen Register “ultrakurz” gespeicherte Informationen wahrgenommen werden können, müssen sie mit Inhalten des LZG verglichen werden Bsp.: Anblick einer orangefarbenen Frucht; um diese als Apfelsine wahrzunehmen, muss Information über Aussehen einer Apfelsine im LZG gespeichert sein • d.h. Interpretation der Reize (Begriff / Perzept) wird ins Arbeitsgedächtnis übertragen, nicht die im Sensorischen Register gespeicherte Reizgegebenheit selbst • Erwartungen haben Einfluss auf diese Interpretation Bsp.: Interpretation als 13 oder als B je nach Erwartung einer Zahl oder eines Buchstabens es muß stets Auswahl von relevanten Informationen erfolgen, was im Laufe des Lernprozesses immer besser gelingt Wie funktioniert unser Gedächtnis? - sensorisches Register