Einführung Pädagogische Ansätze in der Elementarpädagogik

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Gedächtnis: Erinnern und
Vergessen
FTS
Prof. Dr. Kerstin Dietzel
Gliederung
1.
2.
3.
4.
5.
Was ist das Gedächtnis?
Das Mehr-Speicher-Modell
Das Ein-Speicher-Modell
Das Vergessen
Gedächtnisarten und Erinnerung
1. Was ist das Gedächtnis?
-> Wahrnehmung, Denken, Lernen nicht möglich ohne
Gedächtnis
-> Vorrang des Behaltens von Fakten
Prozess:
• Enkodieren
• Speichern
• Abruf von Informationen
Ständige Interaktion
Gedächtnispsychologie
„Gedächtnispsychologie befasste sich lange Zeit mit der
Untersuchung assoziativen, verbalen Lernens. Der Erwerb,
und das Vergessen von Verknüpfungen zwischen einfachen
verbalen Elementen wurden experimentell analysiert.“ (Spada
1992, S. 117
Locke‘s Annahme: dass Inhalte des Gedächtnisses, ob
Bewusstseinsempfindungen, Gedanken oder Vorstellungen
nicht voneinander isoliert existieren; sie sind miteinander
verknüpft
Zentrale Methoden
1) Serielles Lernen
Ebbinghaus 1885: sinnlose Silben (z.B. ral, pon, heg…)-> LernPrüf-Methode oder Antizipationsmethode
2) Paar-Assoziationen
Itempaare werden in der richtigen Position eingeprägt,
Wiedergabe: linkes Item wird gezeigt, rechts Item muss
genannt werden, Verknüpfung durch Assoziation wichtig
3) Freies Reproduzieren
Reihenfolge der Wiedergabe vorher eingeprägten Materials ist
freigestellt
Freies Reproduzieren
Nehmen Sie bitte KEIN Blatt Papier!
Selbsttest
Begriffe 1
Sokrates
Mülltrennung
Arbeitsanzug
Aschaffenburg
Braunkohlebergbau
Spaghetti
Begriffe 2
Einlegesohle
Perikles
Fußball
Proband
Schlagzeug
Psychologie
Begriffe 3
Sauerkraut
Kastanie
Gedächtnis
Milchtüte
Bus
Hochschule
Begriffe - Gesamt
Sokrates, Mülltrennung, Arbeitsanzug,
Aschaffenburg, Braunkohlebergbau, Spaghetti
Einlegesohle, Perikles, Fußball, Proband,
Schlagzeug, Psychologie
Sauerkraut, Kastanie, Gedächtnis, Milchtüte,
Bus, Hochschule
Auswertung Test
Welche der 18 Begriffe konnten Sie behalten?
Welche Erkenntnisse daraus schließen Sie für das
Kurzzeitgedächtnis?
2. Das Mehr-Speicher-Modell
2.1 Sensorischer Informationsspeicher („ganz kurzfristiges Kurzzeitspeichersystem“)
• hält eine sensorische Information nur solange aufrecht, wie sie für das
Wahrnehmen, Erinnern, Urteilen usw. benötigt wird
Formen: visuelle sensorische Information = Ikon (weniger als 1 Sek., Nachbild)
akustische Information = Echo (etwa 1 Sek. gespeichert, Nachhall)
Mustererkennung – Identifizierung des Reizes nach Mustern Muster müssen erkannt
werden, um Erfahrungen einen Sinn zu verleihen
(z.B. eine Ziffer als Ziffer zu erkennen, ein Wissen darüber wird vorausgesetzt,
Merkmale werden mit Vorlagen im Gedächtnis verglichen)
6
6
6
6
6
Verteilte Aufmerksamkeit
• „Cocktailpartyphänomen“ – geteilte Aufmerksamkeit auf 2 Situationen gleichzeitig,
Austarieren von Vordergrund- und Hintergrundereignis
2.2 Kurzzeitgedächtnis
• Ist ein Arbeitsgedächtnis, begrenzte Informationsmengen werden zur
bewussten Weiterbearbeitung durch geistige Prozesse festgehalten 
Speicherung von Informationen für ca. 30 Sek., können nur 5-7
unabhängige Einheiten enthalten (Wörter, Zahlen, …)
• Kann durch Wiederholen und Repetieren zeitlich ausgedehnt werden
• Interferenz: Überladen des Kurzzeitgedächtnisses, d.h. Informationen
gehen verloren
Repetieren (lautes wiederholen von Informationen als „Echoprozess“) als
auditiv-verbale Kodierung
3.3 Langzeitgedächtnis
•
•
•
•
Behalten der Bedeutung einer Information, gilt als unbegrenzter Speicher
Material nicht direkt abrufbar, suchen nach Hinweisen und „Adressaten“ ist
dadurch erschwert, dass das LZG ein komplexes System ist
Umfasst alles, was wir jemals erlebt haben und was aus dem sensorischen
Gedächtnis und dem KZG in das LZG überschrieben wurde (durch das
Verarbeitungsniveau oder den Kontext), also Emotionen, Erlebnisse, Wissen,
Einstellungen,…
Ist nach einem „Ordnungsplan“ geordnet (Bsp. Bibliothek)
 Episodische Gedächtnis (wann, wo, was – Fakten und Erfahrungen)
 Semantische Gedächtnis (Netzwerk an Regeln, Anweisungen, Geschichten, das
Erkennen von Zusammenhängen)
Aufgabe: Konstruieren Sie eine eigene Verkettung von Wissens- und
Erfahrungsbeständen als MindMap zum Thema:
Nashorn
Beispiel für ein semantisches Netzwerkgedächtnis
Nashorn
Lebendgeburt
Umweltschutz
Säugetier
Indisch/afrikanisch
Politik
Tierschutz
Horn
Parteien
WWF,
Greenpeace
Bundestag
Exkursion mit Schule
Wilderei
Elefant
Afrika
Sommerurlaub
Familie
Zugfahrt
Schwester
„Kleine“
Kategorien und
Unterkategorien
Merkmale
warm
3. Das Ein-Speicher-Modell
u.a. Shiffrin (1977):
Fortentwicklung des Gedächtnismodells:
• Sensorische Register werden nicht mehr separat angesehen, da sie eine Stufe
im gesamten Verarbeitungsprozess darstellt
• Das KZG wird ebenfalls nicht mehr separat betrachtet, da angenommen wird,
dass sich eine Teilmenge des KZG im LZG temporär befindet, die verfügbar ist
 Es existiert ein Modell des Gedächtnisses, welches das als große Einheit das
LZG ist
Grundgedanken:
• Die Kodierung und Verarbeitung von Inhalten geschieht in einer Folge von
Schritten und nicht aufeinanderfolgenden Ebenen
• Gedächtnisprozesse sind kontrollierte oder automatische Verarbeitungen
3. Das Vergessen
Was haben Sie in der Schule gelernt? Was haben Sie vergessen? Warum?
Wie vergessen wir? – Fähigkeiten (z.B. Fahrradfahren) vs. Wissen (z.B. Biologie)
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•
•
Das Gehirn ist ein Speicher, aber wir erinnern uns nicht endlos an alles
Wichtig: der Zeitraum von der Informationsaufnahme bis zur Erinnerung
schlechte Enkodierung, Überlastung des Kurzzeitgedächtnisses
Fehler bei der Übertragung des aus dem KZG in das LZG
Verlust geeigneter Hinweisreize für den Abruf aus dem LZG
Ebbinghaus (1885): Studie zur Messung des
Behaltens, Selbstversuch mit „sinnlosen“ Silben
„KVK-Trigramme“ -> 1 Listen (z.B. CEG, DAX, LAJ)
gelernt; hat die Lernzeit gemessen->
Formel: die Differenz der Lerndauer beim ersten
Lernen der Liste und dem zweiten Lernen der Liste
ergibt die Menge des Behaltens (Vergessenskurve bzw. Behaltensmenge)
Theorien des Vergessens
Spurenzerfallstheorie
Annahme: Das Erlernen im Gedächtnis hinterlässt eine „Spur“. Wenn wir das
Erlernte nicht nutzen, zerfällt es über die Zeit. Wissen zerfällt, bleicht aus
oder wird „überzeichnet“. Es bedarf also der „Auffrischung“.
Interferenztheorie
Annahme: Das Vergessen hängt davon ab, was im Laufe der Zeit geschieht.
Alles, was wir lernen, bleibt über die Zeit erhalten, es sei denn, dass neues
Material erlernt wird, was auf das bisher gelernte störend wirkt.
z.B. „Bulimie-Lernen“
5. Gedächtnisarten und Erinnerung
Wie wird erinnert? – Welche Art der Erinnerung?
„So nun aber vielleicht zurück zu der schulischen Ausbildung. (4) eh die ging
dann ohne eh bemerkenswerte Dinge eh glatt bis zum Ende des Jahres
1944. Also schon vor Weihnachten 1944 hörte der Schulbetrieb in G-Stadt
auf. Die Ostfront war noch weit weg, aber Flüchtlingsströme zogen durch GStadt und die wurden dann noch als Sammelquartiere genutzt eh jedenfalls
war ein Schulbetrieb dann nicht mehr möglich. Eh (6) nun kommt
normalerweise der große große Bruch des Kriegsendes. Den Krieg selber als
Solches haben wir von den (3) unmittelbaren Kriegseinwirkungen her nur
sehr eh am Rande gespürt. G-Stadt war nie Ziel eines Luftangriffs, obwohl
die Stadt also so 45.000 Einwohner hatte und die Brosigk-Werke als
Rüstungswerke und umfangreiche andere Firmen, Textilindustrie, die auch
in die Rüstung eingebunden waren ….“
Wie wird erinnert? – Welche Art der Erinnerung?
„Erst ma (2) beschattet (2) beschattet das ist ist ist doch nen falscher
Ausdruck. Das ist- (2) Wissen Se (…) wenn man Krimifilme sieht, sagt
man observieren. So ist es ja gar nicht. Das haben die doch gar nicht
nötig gehabt. (3) Jeder Betriebsleiter war verpflichtet über solche
Elemente, so sagt man das ja im Jargon, jedes Vierteljahr nen Bericht
zu schreiben. Warum sollte man den noch beschatten? Und ist
verpflichtet jedes Vorkommnis hat er da zu melden (2) Also IM hatten
se genug.“
„ja, was mich am meisten geschockt nicht, mit meiner Mutter. Wo ich ja
wusste, dass die es nur gewusst hat (wusste von der Fluchtabsicht des
Bruders aus der DDR, K.D.) und dazu beigetragen hat, dass es- das ist auch
das, was ich denen (der Stasi, K.D.) bis heute nicht verzeihen kann, dass
man meine Mutter eingesperrt hat. Aber ich merke, dass mich das doch
sehr belastet. Immer noch. Ja (2).“
Wie wird erinnert? – Welche Art der Erinnerung?
„Ja das war ja durch die Aufarbeitung, die wir (die Familie, K.D.) gemacht haben.
Ende 2004. Also das war ne Zeit, wo wir uns viel drüber unterhalten haben und die
Unterlagen durchgegangen sind. Aber wie gesagt, das war manchmal och schlimm,
weil sie (die Eltern, K.D.) in der Vergangenheit immer so gelebt haben. Klar, das hat
meine Eltern dann auch aufgewühlt. Das verstehe ich ja irgendwo, ne. Aber wenn
man damit (der Vergangenheit, K.D.) nicht irgendwann mal abschließen kann und
mal nach vorne guckt und dann das neue Leben genießt, ne- Ich meine erst haben
sie’s gemacht, sind gereist und dann haben sie sich so eingeigelt.“
„Aber ich habe damit schon abgeschlossen und ja wir reden jetzt übrigens auch
nicht mehr so oft über die Vergangenheit. Die ersten Jahre habe ich mit meinem
Mann viel darüber gesprochen. Was alles war und so. War ja alles noch irgendwie
frisch. Und jetzt ist das aber irgendwie alles weg. Habe ich och alles in ne Kiste
gepackt was ich so hab, Unterlagen, (…) Aber ich hab dann auch gesagt, gut, das ist
ja die Vergangenheit dann hab ich das in den Schrank gestellt und dann war’s o.k., ja.
Muss man dann halt. Das bringt ja auch nicht viel, wenn man da ewig grübelt.“
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