Cäsium 137 Insgesamt sind 39 Isotope und 23 weitere Kernisomere des Caesiums bekannt. In der Natur kommt nur das Isotop 133Cs vor. Caesium ist daher ein Reinelement. Von den künstlichen Isotopen haben 134Cs mit 2,0648 Jahren, 135Cs mit 2,3 Millionen Jahren und 137Cs mit 30,17 Jahren mittlere bis sehr lange Halbwertszeiten, während die der anderen Isotope zwischen 17 µs bei 113Cs und 13,16 Tagen bei 136Cs liegen.[22] Ein wichtiges künstliches Isotop ist 137Cs, ein Betastrahler mit einer Halbwertszeit von 30,17 Jahren. 137Cs zerfällt mit einer Wahrscheinlichkeit von 94,6 % zuerst in das metastabile Zwischenprodukt 137mBa, das sich mit einer Halbwertszeit von 2,552 Minuten durch Gammazerfall in das stabile Barium-Isotop 137Ba umwandelt. Bei den restlichen 5,4 % gibt es einen direkten Übergang zum stabilen Barium-Isotop 137Ba. Zusammen mit weiteren Caesiumisotopen entsteht es bei der Kernspaltung in Kernreaktoren. Bildung von 137Cs bei der Kernspaltung von 235U[23] 137 Cs ist neben dem Cobaltisotop 60Co eine wichtige Gammastrahlenquelle und wird in der Strahlentherapie zur Bekämpfung von Krebs, zur Messung der Fließgeschwindigkeit in Röhren und zur Dickenprüfung etwa von Papier, Filmen oder Metall verwendet.[24] Daneben dient es in der Qualitätskontrolle in der Nuklearmedizin als langlebiges Nuklid in Prüfstrahlern.[25] Größere Mengen des Isotops 137Cs gelangten durch oberirdische Kernwaffenversuche und vor allem durch das Reaktorunglück von Tschernobyl in die Umwelt. Die Gesamtmenge an 137Cs, das durch die Tschernobyl-Katastrophe freigesetzt wurde, hatte eine Aktivität von etwa 1018 Bq.[26] Durch den Fallout wurden viele Gebiete in Europa, auch in Deutschland, mit radioaktivem Caesium belastet. Besonders reicherte sich 137Cs in Pilzen an, die Lignin zersetzen können und dadurch einen leichteren Zugang zu Kalium und damit auch zu dem chemisch sehr ähnlichen Caesium haben als Pflanzen. Betroffen waren auch Wildtiere, die Pilze fressen.[27] Die genaue Caesiumbelastung ist abhängig von der Menge an niedergegangenem Fallout und der Bodenbeschaffenheit, da Böden Caesium unterschiedlich stark binden und damit für Pflanzen verfügbar machen können.[26] Ein Vorfall, bei dem Menschen aufgrund der Strahlenexposition durch 137Cs starben, war der Goiânia-Unfall im Jahr 1987 in Brasilien, bei dem Diebe ein Strahlentherapiegerät stahlen und das enthaltene 137Cs an Freunde und Bekannte verteilten.[28] Biologische Bedeutung Caesium kommt normalerweise nicht im Körper vor. Mit der Nahrung aufgenommenes Caesium wird auf Grund der Ähnlichkeit zu Kalium im Magen-Darm-Trakt resorbiert und analog zu Kalium vorwiegend im Muskelgewebe gespeichert. Die biologische Halbwertszeit, mit der Caesium vom menschlichen Körper wieder ausgeschieden wird, ist abhängig von Alter und Geschlecht und beträgt im Durchschnitt 110 Tage.[26] -2- Caesium ist chemisch nur in sehr geringem Maß giftig. Typische LD50-Werte für Caesiumsalze liegen bei 1000 mg/kg (Ratte, oral).[14] Von Bedeutung ist jedoch die toxische Wirkung der ionisierenden Strahlung aufgenommener radioaktiver Caesiumisotope, die je nach Dosis die Strahlenkrankheit verursachen können. Wegen der guten Wasserlöslichkeit der meisten Caesiumsalze werden diese im Magen-Darm-Trakt vollständig resorbiert und vorwiegend im Muskelgewebe verteilt.[36] Durch die Aufnahme von radioaktivem 137Cs nach dem Reaktorunglück von Tschernobyl ergab sich in den ersten drei Monaten eine durchschnittliche effektive Strahlendosis von 0,6 μSv pro Einwohner der Bundesrepublik Deutschland.[26] Einzelnachweise 1. ↑ Harry H. Binder: Lexikon der chemischen Elemente, S. Hirzel Verlag, Stuttgart 1999, ISBN 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 3-7776-0736-3. ↑ Die Werte für die Eigenschaften (Infobox) sind, wenn nicht anders angegeben, aus www.webelements.com (Caesium) entnommen. ↑ Manjeera Mantina, Adam C. 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