Elsa Hackl Das „Allgemeine Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen“: Reichweite und Struktur Das „Allgemeine Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen“ (GATS - General Agreement on Trade in Services) bezweckt die Liberalisierung des Dienstleistungssektors. Es ist Teil des „Abkommen zur Errichtung der Welthandelsorganisation – WTO-Abkommen“ und 1995 in Kraft getreten. Seither hat der weltweite Handel mit Dienstleistungen massiv zugenommen. Die Abkommen bildet den Rahmen für einen fortschreitenden Abbau nationaler Handelsbeschränkungen, dem die weiteren Verhandlungsrunden dienen. Eine neue Verhandlungsrunde, die im Januar 2005 abgeschlossen sein soll, ist derzeit im Gange. Das Abkommen definiert vier Arten der Dienstleitungserbringung, die unter GATS fallen: Modus 1: Grenzüberschreitende Erbringung: eine Dienstleistung aus einem WTOMitliedstaats wird in einem anderen erbracht, z.B. Fernstudium, e-learning, Modus 2: Inanspruchnahme einer Dienstleistung im Ausland, z.B. StudentInnen, die in ein anderes als ihr Heimatland zum Studium gehen, Modus 3: Geschäftliche Präsenz, z.B. ein Bildungsunternehmen eines WTO-Staats eröffnet eine Niederlassung in einem anderen WTO-Staat, Modus 4: Aufenthalt natürlicher Personen, z.B. LehrerInnen aus einem WTO-Staat unterrichten in einem anderen. Dann unterscheidet GATS zwischen Dienstleistungen, die unter seine Bestimmungen fallen und solchen, „die in staatlicher Zuständigkeit erbracht werden“ und dies nicht tun.Unter dem Begriff „im Rahmen staatlicher Zuständigkeit erbrachte Dienstleistung“ werden solche subsumiert, „die weder zu gewerblichen Zwecken noch in Wettbewerb eines oder mehrerer Erbringer von Dienstleistungen erbracht wird“. Teil II des Abkommens enthält allgemeine Verpflichtungen, die für alle WTO-Mitglieder bindend sind, wie z.B. Meistbegünstigungsklausel oder Transparenz staatlicher einschlägiger Regelungen. Teil III behandelt spezifische Bindungen, die beim Eingehen nationaler Verpflichtungen zu spezifizieren sind, wie Marktzugang und Inländerbehandlung, die Teile IV und V enthalten prozessuale und institutionelle Bestimmungen und VI Schlussbestimmungen wie die Zurücknahme von Handelsvorteilen. GATS teilt die Dienstleistungen in zwölf Sektoren. Der fünfte enthält United Nations Provisional Central Product Classification) und ist unterteilt, das sind der Primär- und Sekundärbereich, der Erwachsenenbildung und andere, nicht unter die vorher genannten Bildungsdienstleistungen. Bildung (CPC 920 – in fünf Subsektoren Postsekundärbereich, Kategorien fallende In Kombination mit den vier Erbringungsarten erlaubt es diese Klassifikation, dass die Mitgliedstaaten sehr spezifische Verpflichtungen eingehen. Wenn ein Staat einen Dienstleistungsbereich oder einen Subbereich in seine nationale Verpflichtungsliste aufnimmt, legt der das Ausmaß der jeweiligen Liberalisierung fest, indem er das Ausmaß an Marktzugang und an Inländerbehandlung, das er garantiert, spezifiziert Wozu hat sich Österreich 1994 verpflichtet ? Das Dokument, das die österreichische Verpflichtungen betreffend Dienstleistungen auflistet, ist das „Schedule of Specific Commitments: Austria“, das einen Anhang zum GATS – Abkommen darstellt. Danach hat sich Österreich in Primär-, Sekundärbereich und in der Erwachsenenbildung verpflichtet, und zwar gibt es im primären und sekundären Bildungsbereich hinsichtlich der Erbringsarten eins, zwei und drei (grenzüberschreitende Erbringung, Inanspruchnahme einer Dienstleistung im Ausland und geschäftliche Präsenz) hinsichtlich Marktzugang und Inländerbehandlung keine Beschränkungen für WTOMitglieder. Erbringungsmodus vier (Anwesenheit natürlicher Personen) unterliegt den gleichen Beschränkungen, die für alle Dienstleistungen gelten. Der Bereich Erwachsenenbildung ist ähnlich geregelt, allerdings sind hier Bildungsangebote mittels Radio und Fernsehen von der Liberalisierung ausgenommen. Wie oben angeführt, trat das WTO-Abkommen am 1.1.1995, d.h. in Österreich gleichzeitig mit dem EU-Vertrag in Kraft. Die Verhandlungen hatte Österreich noch als Nicht-EUMitglied geführt und weicht deshalb in mancher Hinsicht von anderen EU-Staaten ab. So hat die EU, nicht aber Österreich, anlässlich der GATS-Errichtung unter der Rubrik „horizontale Verpflichtungen“ eintragen lassen, dass in sämtlichen EU-Mitgliedstaaten „Dienstleistungen, die auf nationaler oder örtlicher Ebene als öffentliche Aufgaben betrachtet werden, staatlichen Monopolen oder ausschließlichen Rechten privater Betreiber unterliegen“, d.h. die EU hat sich das Recht vorbehalten, den Marktzugang im Bereich öffentlicher Aufgaben einzuschränken. Ebenso hat sich die EU das Recht vorbehalten, Zweigstellen von Unternehmen aus Nicht-EU-Staaten, die nicht nach dem Recht eines Mitgliedstaates errichtet worden sind, vom Prinzip der Inländerbehandlung auszunehmen. Darüber hinaus können Subventionen der Gemeinschaft oder eines Mitgliedstaates auf im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates bzw. seines Teilgebietes niedergelassene juristische Personen beschränkt werden. Die derzeitige Verhandlungsrunde unterscheidet sich von der Uruguay Runde darin, dass Österreich nunmehr EU Mitglied ist, die EU neben Ihren Mitgliedstaaten WTO Mitglied ist, die Handelspolitik koordiniert und nach gemeinsamen Grundsätzen gestaltet wird (im sog. Artikel 133 Komitee). Österreich ist nun bemüht, seine bereits bestehenden Zugeständnisse im Bildungsbereich wie die anderen EU Staaten einzuschränken. Allerdings ist hier anzumerken, dass diese auch im Hochschulbereich Verpflichtungen eingegangen sind. Wird es Österreich gelingen, das eine ohne das andere durchzusetzen? In der laufenden Verhandlungsrunde wurden im Bildungsbereich von Australien, Neuseeland, Japan und den USA Liberalisierungsanträge eingebracht; sie betreffen den Hochschul- und Erwachsenenbildungsbereich sowie Bildungsdienstleistungen. Sowohl von Österreich als auch seitens der EU wird betont, dass keine weiteren Verpflichtungen im Bildungsbereich eingegangen würden, vielmehr würden die USA aufgefordert, ihren Markt im privat finanzierten Hochschulsektor zu öffnen. Woran stoßen sich die KritikerInnen? An GATS wird die Vorgangsweise und inhaltlich die Liberalisierung von bisher öffentlichen Aufgaben kritisiert. Das Abkommen unterstützt und befördert nationaler Privatisierungspolitiken. Die prozessualen und inhaltlichen Regelungen des GATS sind komplex und nicht leicht zugänglich. Das hängt in erster Linie damit zusammen, dass GATS den Rahmen für ein Verhandlungssystem vorgibt und ein solches prinzipiell Transparenz ausschließt. Denn: wie kann man eine Karte ausspielen, die bereits bekannt ist? Inhaltlich wird kritisiert, dass die Gemeinnützlichkeit von Bildung zugunsten der Kommerzialisierung aufgegeben wird und dadurch Ungleichheiten verschärft, die Abhängigkeit - besonders von Entwicklungsländern – von ausländischen Ressourcen erhöht, Akkulturation durch den Gebrauch einer fremden Sprache (die der Bildungsexportstaaten) befördert und Tendenzen zu einer Standardisierung von Bildung vorangetrieben werden. Weitere Befürchtungen, die aus einer Kommerzialisierung resultieren, sind: Verschlechterung der Situation der Lehrenden, Lohndumping, ausschließlich profitorientierte Angebote und Entwicklung, mangelnde Qualitätssicherung, rein funktionelle Ausrichtung der Bildung nach den Bedürfnissen der Wirtschaft, reines Fertigkeitstraining, Konzentrationsprozesse und Gefährdung der Lehrfreiheit