Wirtschaftssoziologie 1. Einheit Zitat: „Es gibt keinen Aspekt des sozialen Lebens, den wir verstehen, ohne dabei wirtschaftliche Tatbestände zu beachten = Ökonomie“ (sinngemäß) Aus der soziologischen Sicht sind wirtschaftliche Organisationen Phänomene. Wirtschaftliche Institutionen (Firmen, Verbände, Märkte, Organisationen) sind ein Teil des sozialen Lebens. Alle sozialen Phänomene kann man auch aus ökonomischer Sicht betrachten. Zu sehen ist das zum Beispiel bei der Familien- und Bildungsökonomie. Die Soziologie ist eine empirische Wissenschaft von sozialen Phänomenen. Was ist Wissenschaft? Das Hauptkriterium ist die Art und Weise wie diese Phänomene erklärt werden. Was ist eine empirische Wissenschaft? Es handelt sich um eine nachvollziehbare Erklärung. Außerdem ist es eine Erfahrenswissenschaft und somit zur Mathematik und zur theoretischen Ökonomie abgegrenzt. Es handelt sich um eine Menge systematisch miteinander verknüpfter und methodisch nachvollziehbarer Aussagen über einen Ausschnitt der Welt ( es handelt sich um keine einzelnen Aussagen, weil alles in einem bestimmten Zusammenhang steht) Jede wissenschaftliche Aussage ist provisorisch und somit widerlegbar. Was ist Soziologie? = eine Wissenschaft sozialer Phänomene. Problematisch ist, dass es keine einheitliche Beschreibung dieser Phänomene gibt. Eine Möglichkeit wäre: Sie sind die Zusammenhänge menschlicher Beziehungen. Sozusagen die Zusammensetzungen menschlicher Handlungen mit Bezugnahme aufeinander, was nicht unbedingt Kooperation bedeuten muss. In einer Gesellschaft handeln verschiedene Akteure, deren Handlungen sich aufeinander beziehen. Sie sind enger verknüpft. Beispiele sind dafür: Freundschaften, soziale Mobilität, Firmen, Versammlungsprozesse. Doch es gibt auch größere Phänomene, die man als kollektives Handeln bezeichn en kann, wie zum Beispiel Demonstrationen, Revolutionen und Streiks. Geschichte der Soziologie Soziologie gab es schon immer, weil man sich über das Miteinanderleben der Menschen Gedanken machte. Jedoch war dies alles stark mit normativen Gedanken verbunden. Diese sind allerdings nicht Gegenstande der Soziologie, weil diese unparteiisch ist. Ein Vorläufer der Soziologie was Thomas Hobbes. Er fragte sich, wie so etwas wie eine soziale Ordnung möglich ist, wenn die Menschen derart nutzenorientiert handeln. Seine Lösung wäre eine so genannte Überperson, der Staat. Es müsste jeder einen Teil seiner Verantwortung abgeben. 2 Ursachen für die Entstehung der Soziologie 1. Die Entstehung der Soziologie war mit der Entstehung und dem Aufkommen der kapitalistischen (modernen) Industriegesellschaft (1750 – 1850) verbunden. Man spricht hier von der großen Transformation, welche auf den ungarischen Wirtschaftshistoriker K. Polanyi zurückgeht. Die soziale Welt wurde völlig umgekrempelt: die Positionen des sozialen Denkens, die Dimensionen der sozialen Welt. Beispiele dafür: Familienstruktur, Mobilität, Art und Weise Geld zu verdienen (Landflucht) Dies war aber mit großen Umstellungsschwierigkeiten verbunden, weil es sich um universale Veränderungen aller Lebensbereiche handelt. Das Soziale ist nicht reduzierbar auf die wissenschaftliche, technische Revolution, sondern ist etwas Eigenständiges mit eigenen Folgen und eigener Dynamik. Es hängt mit einer Eigendynamik sozialer Prozesse zusammen. 2. Die 2. Ursache für die Entstehung der Soziologie war die politische Dimension. Diese ist nicht auf den Kapitalismus zurückführbar, sondern auf die französische Revolution. Sie ging oft in eine konservative Richtung. Die Idee, welche dahinter steckte, war, dass, wenn Menschen durchführen, was sie wollen, dies zu ganz anderen Ergebnissen führt als ursprünglich beabsichtigt. Mit der Revolution waren ungewollte Auswirkungen verbunden. Die Hauptströmung bezog sich auf die große Transformation. 3 Leute, die zwar noch nicht als Soziologen arbeiteten, aber als deren Vorgänger gelten, versuchten analog zu den Naturwissenschaften Gesetze zu erschaffen: Augustine Comte (Franzose) Herbert Spencer (Engländer) Karl Marx (Deutscher) Sie waren Pioniere. Bei ihnen stand die Idee des Fortschritts im Vordergrund. Augustine Comte: Er unterscheidet 3 Phasen des Lebens = 3 - Stadien – Gesetz: Religion Metaphysik Wissenschaft = Die Richtung des Positivismus. Am Ende der Geschichte, in der Moderne, ist das soziale Leben wissenschaftlich steuerbar, nicht mehr anarchisch, sondern rational von aufgeklärten Leuten gesteuert. Herbert Spencer: Er wurde stark von Darwin beeinflusst. Spencer beschreibt den Übergang einer kriegerischen in eine friedliche Gesellschaft. Durch den Handel erkannten die Menschen, dass sie durch Frieden besser im Stande sind, ihre Bedürfnisse zu befriedigen. Friede stellt eine effizientere Form des Wirtschaftens dar als Krieg. Beide wollten nicht glauben, dass große Menschen Einfluss auf die Welt haben. Sie haben dies, wenn die Welt ohnehin schon in diese Richtung geht. Das heißt, sie müssen die Gesetze beachten und akzeptieren. Karl Marx: Er sieht die Entwicklung, die Veränderungen primär als Veränderungen der ökonomischen Strukturen = eine Veränderung aller Institutionen und sozialen Bereiche. Er unterscheidet Über- und Unterbau der Gesellschaft. Beim Unterbau handelt es sich um den dynamisch, kausal wirksamen Kern, der aus 2 Bereichen besteht: Der Technologie Den Besitzverhältnissen Es ist der Kern des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Alles andere bildet den Überbau: Religion, Recht, Wissenschaft Diese 3 Theorien sind Vorformen der Soziologie. Die eigentliche Soziologie beginnt mit der Kritik dieser. Die Klassische Soziologie Diese geht auf 2 Autoren zurück: Emile Durkheim Max Weber Beide haben sich auf unterschiedlichen Ebenen mit der großen Transformation beschäftigt. Daraus resultierte, dass sie 2 unterschiedliche Richtungen der Soziologie begründeten, welche erst heute langsam wieder zueinander finden. Sie versuchen nicht nur die gesamte Gesellschaft zu definieren, sondern forschen nach Details. Emile Durkheim: Er nimmt die Frage Hobbes auf: „Wie entsteht Gesellschaft? Was hält sie zusammen?“ Er versucht eine Gegentheorie aufzustellen, welche widerlegt, dass Menschen nur nutzenorientiert handeln. Er behauptet, menschliches Leben, die Gesellschaft sei dem eigenen Nutzen übergeordnet. Schließlich kann man seinen Nutzen als Mensch nur innerhalb bestimmte Gesellschaften verfolgen nur dann, wenn vorgegeben ist, was gut und schlecht ist, was wertvoll und erstrebenswert ist. Soziale Gemeinsamkeiten sind auf das Prinzip der Arbeitsteilung zurückzuführen. Es begründet Gemeinschaft, Wertvorstellungen und die Grenzen des Eigennutzen. Der Mensch kann alleine nicht existieren, weshalb Menschen notwendigerweise schon immer in sozialen Gesellschaften leben. Emile Durkheim definiert soziale Phänomene als soziale Tatsachen. die Soziologie ist eine Wissenschaft der sozialen Tatsachen. Alles, was Leute glauben, ist von den äußeren Tatsachen abhängig. Jeder muss sich an vorgegebene Regeln, welche in formelle und informelle unterschieden werden, halten. Jedoch sind die Regeln von Kultur zu Kultur unterschiedlich. Mit seinem Buch „Der Selbstmord“ verfasst Durkheim eine empirische Studie, in welcher er erstmals Selbstmordstatistiken aller gesellschaftlichen Schichten analysierte. Er fand heraus, dass in jedem Land, in jeder Kultur, in jeder gesellschaftlichen Schicht gleich viele Menschen davon betroffen sind. Dies ist natürlich kein Zufall. Am meisten sind alleinstehende Akademiker gefährdet, was daraus resultiert, dass sie weniger zur sozialen Gesellschaft gehören. Durkheim befürchtet, dass die Menschheit durch zu starke Arbeitsteilung den sozialen Zusammenhalt verliert, weil der Einzelne die Arbeitsteilung nicht mehr überblicken kann. Laut Durkheim gibt es 3 Gruppen der Arbeitsteilung: 1. Mechanische Solidarität: Solidarität an Ähnlichkeit = alle sind gleich (Glaube, Tradition, Sitten,…) segmentäre Gesellschaften 2. Organische Solidarität: Gesellschaft wird durch Arbeitsteilung zusammengehalten, weil man aufeinander angewiesen ist. 3. Anarchistische (gesetzlose) Solidarität: Auseinanderfallen des gesellschaftlichen Zusammenhalts Max Weber: Er hat die große Transformation unter dem Aspekt der Rationalisierung gesehen. Rationalisierung = Beherrschung durch Berechnung. Dies ist zum Beispiel durch Technologie, Bürokratie oder Wissenschaft möglich. Oft wird nach dem Muster des Militärs vorgegangen = eine rational-kapitalistische Weltordnung. Rationale Dinge nehmen die Überhand. Bürokratie = Zerlegung von komplexen Zusammenhängen in Einzelteile, für die verschiedene Leute zuständig sind. Man nennt dies auch eine rationale und vorhersehbare Arbeitsteilung. Alles wird klarer, berechenbarer und vorhersehbarer. Kapital hat es schon immer gegeben, doch heute ist auch alles quantifizierbar und vorhersehbar (Beispiel: Gewinn- und Verlustrechnung) Warum entstand das in Europa? Weber meint die Ursache dafür in der protestantischen Religion zu finden. Erstmals war es möglich auch mit weltlichem Handeln in den Himmel zu kommen. Somit wurde der Gelderwerb zum zentralen Verhalten. Webers Grundaussage war, dass die Religion das homogenisierte Leben verhindert. Dieser Weber’sche Protestantismus ist heute Inhalt reger Diskussionen. Im Gegensatz zu Durkheim dreht sich nach Webers Ansichten nicht alles um soziale Tatsachen, sondern vielmehr um soziale Handlungen. Weber war sehr stark von der Ökonomie beeinflusst und führte somit alles auf die Handlungen von Akteuren zurück. Durkheim betont also das Erbliche, das Vorgegebene, während Weber den Prozess des Machens, die Revolution hervorhebt. Beide sind sie empirischer Wissenschaftler, die gegen die Idee des Fortschritts sind. Talcott Parsons: Talcott Parsons war eine amerikanischer Soziologe, der versuchte Durkheim und Weber in einem Aspekt zusammenzufassen. Jede Gesellschaft besteht aus einer sozialen Gesellschaft und im Kern finden sich normative Vorstellungen über das, was gut oder schlecht ist, wie man leben soll. Er hat versucht die Soziologie in einem Guss zu erfassen, doch heute zerfällt sie in verschiedene Bereiche, Schulen, die sich jeweils auf Teile Webers, Dürkheims oder Parsons beziehen. Materialien Weber hat sein Material aus den Geschichtswissenschaften entnommen. Auf diese Weise hat er zum Beispiel verschiedene Religionen miteinander verglichen. Er hat auch schon mit Interviews gearbeitet. Durkheim hat als erster mit Statistiken gearbeitet. Beide haben sie bereits empirische Methoden verwendet, welche auch heute die vorherrschenden Verfahren sind. Man spricht von der quantitativen Schule. Die quantitative Schule ist das Auswerten von offiziellen Statistiken aber auch die Durchführung von eigenen Befragungen. Die Soziologie ist die Aufklärung über die Umstände des eigenen Lebens, alles dass was umfassender und abstrakter ist, als das, was man sich auf Grund von eigenen Erfahrungen erarbeiten kann. Soziologen bauen als nicht auf Experimenten auf, sondern sie arbeiten deskriptiv. Entstehung der empirischen Sozialforschung Paul Felix Lazarsfeld versuchte auf der Basis empirischer Studien zu arbeiten. Er sagt, es gäbe zu viele Phänomene, die sich unserem Alltagsleben entziehen. Er zeigte, dass es bestimmte soziale Handlungsmuster gibt. Vermittlungsinstanzen haben Einflüsse, wie zum Beispiel die Verbreitung der Massenmedien: Die Beitragenden und die Konsumenten haben keine Ahnung von der Distribution. Man benötigt die Sicht von außen. Ein anderes Beispiel ist die Verbreitung von Medikamenten: Der Einzelne hat keine Ahnung. Wieder benötigt man die Sicht von Außen. Benachbarte Wissenschaften der Soziologie: Ethnologie: Analysen haben großen Einfluss auf Soziologie Sozialpsychologie: Experimente von Ausnahmesituationen bei zwischenmenschlichen Beziehungen BWL: normative Wissenschaft, die sich für die Optimierung wirtschaftlicher Prozesse interessiert. Strukturgeschichte: ist schwer abzugrenzen Einheit 2 Unterschied zwischen Soziologie und Ökonomie Gegenstand der Soziologie: Es gibt 2 klassische Antworten/ 2 Schulen: 1. Soziale Tatsachen nach Dürkheim. Man muss sich an Situationen anpassen. Sachverhalte zwingen uns etwas zu tun (z.B. Religion). Man wird sozusagen geprägt. 2. Soziales Handeln nach Weber. Es geht um Sachverhalte, die wir schon immer tun. Daraus resultiert wirtschaftliches Handeln, Veränderungen des politischen Handelns und die Bürokratisierung. Dabei handelt es sich um unterschiedliche Perspektiven. Der Unterschied ist nicht so groß. Für Dürkheim ist die Religion sehr wichtig, weil wir in sie hineingeboren werden. Auch bei Weber spielt sie eine große Rolle, aber sie ist uns nicht vorgegeben, sondern sie beeinflusst unser Handeln. Man kann beide Thesen zum Beispiel bei der Bewertung von Firmen integrieren. Ferdinand Tönnies Er unterscheidet streng zwischen Gemeinschaft: der Akteur fühlt sich als Teil als eines Ganzen, in welchem jeder seinen vorbestimmten Platz hat. Er ist ein dienendes Mittel zum Zweck. Und Gesellschaft: der Akteur bedient sich anderer Akteure. Sie sind ein Mittel zu seinen eigenen individuellen Zwecken. Weber nannte das „Vergemeinschaftung“ und „Vergesellschaftung“ in Wirtschaft und Gesellschaft. Heute gibt es in Gesellschaften noch Inseln von Gemeinschaften. Gegenstand der Soziologie sind Handlungszusammenhänge (soziale Phänomene).Sie werden konkret realisiert und verfestigt, durch Regeln und Vorschriften. Soziologie ist eine empirische Wissenschaft und bezieht sich auf reale Vorgänge und reale Prozesse. Sie berücksichtigt subjektive und objektive Aspekte. In einem Punkt ist Weber die Erweiterung von Durkheim: Dieser mein Soziologie ist eine Zwangshandlung. Weber erweitert dies und meint man kann nur im Umfeld von Zwangsanstalten handeln. Das heißt man muss sich zuerst anpassen, um etwas zu verändern oder revolutionieren zu können. Die Erklärung von Handlungsmotiven Beispiel Arbeitsmarkt: Wie kommt man zu einem Job? Hier gibt es den formellen und den informellen Weg. Man muss sich dem Betrieb/Unternehmen anpassen, sich als Mitglied bewähren Hier geht es um die Definition eines Wirklichkeitsabschnittes. Warum existieren Phänomene, warum sind sie entstanden, verändern sich oder hören auf? Was streben Menschen an, was tun sie tatsächlich, welche Wertvorstellungen haben sie, was finden sie fair? Die Beschreibung ist bereits eine Vorstufe des Erklärens. Warum ist der Arbeitsmarkt so wie es ist, warum gibt es so viele Arbeitslose? Dies alles geschieht in 2 Schritten: 1. Der Wirklichkeitsausschnitt muss definiert werden, was man auch Explanandum nennt. Beispiele für Explanandi: Die Entstehung des BWZ; Gewohnheiten von Konsumenten Um einen Wirklichkeitsausschnitt zu definieren, muss man den Handlungszusammenhang, die Einstellung der relevanten Gruppen verstehen. Dies geschieht durch quantitative Methoden. 2. Die Handlungen müssen erklärt werden. Um dies zu tun, gibt es zwei verschiedene Arten (1) Die Motive müssen aufgezeigt werden: Warum wähle ich diese Lehrveranstaltung und keine andere? Was sind die Motive, die politischen Ziele Politiker? Was sind die Motive der Arbeitnehmer/geber in bestimmten Branchen? Was sind die Zielvorstellungen von Gewerkschaften und Kammern? Es gibt bestimmte Traditionen, Professionen, welche das Motiv von Handlungen erklären. Laut Weber gibt es 4 verschiedene Motive und nicht nur ein Handlungsmotiv. Diese betreffen nicht nur einzelne Personen, sondern auch deren externen Korrelate ( = soziale Institutionen). Man handelt in Subkulturen, in welchen es verschiedene Wertvorstellungen gibt. Die 4 Arten: Zweckrationales Handeln: Dabei handelt es sich um nutzenorientiertes, optimierendes Handeln. Was Nutzen ist, ist nicht von vorneherein klar. In unserer Gesellschaft ist man meist an materiellen Auszahlungen interessiert, es gibt aber auch noch Prestige, religiöses Ansehen,… Die Nutzenfunktion wir kulturell bestimmt. Künstler haben eine andere Nutzenfunktion als Manager. Wertrationales Handeln: Man handelt auf Grund von innerer Überzeugung, man kämpft für seine Weltanschauung, für seine moralischen Vorstellungen, die nicht nur einen Zweck erzeugen. Zum Beispiel: Wehrdienstverweigerung Emotionales Handeln: Man handelt auf Grund von Gefühlen, Emotionen, Reizwörtern. Emotionen sind nicht private Dinge. Georg Simmel spricht von einer inneren Soziologie. Gefühlszustände wie Scham oder Angst sind Reaktionen auf bestimmte soziale Konstellationen. Traditionales Handeln: Aus Ehrfurcht vor dem immer schon Bestehenden (Tradition) Aus Routine handelt man so, wie man immer schon handelt. Man denkt nicht mehr näher darüber nach. Diese Form ist in der Soziologie weniger wichtig, weil es sich meist um Zwischenhandlungen handelt. (2) Ein soziales Phänomen ist ein Mechanismus. Angenommen es gibt eine Reihe von Interessengruppen, von Bereichen. Es wird ein Kompromiss geschlossen, den niemand wirklich wollte. Es hat sich eine Eigendynamik entwickelt. Der Einzelne hat nur geringen Einfluss auf das Ergebnis. Ein Beispiel dafür ist der 1. Weltkrieg, den niemand wirklich wollte. Um diese Kompromisse zu verstehen, muss man das Ganze mit einer Außensicht betrachten, und nicht nur mit der Innensicht der Menschen. In diesem Fall spricht Weber von der Heteronomie der Zwecke und meint damit die Abhängigkeit von fremden Einflüssen. Thomas Schelling’s Modell: Wenn es in einer Gemeinde 100 Einwohner gibt, wovon 50 Schwarze und 50 Weiße sind und jeder den Wunsch äußert, dass zumindest einer seiner Nachbarn die gleiche Hautfarbe wie er hat, dann kommt es im Endeffekt zu einer totalen Segregation = vollkommene Trennung In der Soziologie gibt es weiters das Phänomen des self-fulfilling. Das sind Mechanismen, die bestimmte Resultate hervorführen. Behauptet man zum Beispiel die Bawag wäre pleite, lösen alle ihre Konten auf, woraufhin sie wirklich bankrott geht, obwohl alles nur ein Gerücht war. Gegenstand der Ökonomie In der Ökonomie geht es nicht mehr um die Erklärung empirischen Geschehens, sondern um den Nachweis einer spezifischen Logik, die allen Phänomenen inhärent ist. Der Ausgangspunkt dieser Logik sind rationale und nutzenorientierte Individuen. Ökonomen haben nur ein Motive: sie streben nach der Maximierung von Vorteilen. Sie haben somit stabile Präferenzen und sie stehen in marktförmigen Austauschbeziehungen zueinander. Immer werden „verpreiste“ Dinge ausgetauscht. Anstelle einer diffusen Vielfalt an Handlungszusammenhängen sind Tauschhandlungen konstitutiv die Logik der Akteure ist vorgegeben: der Akteur wählt aus der Menge ihm zur Verfügung stehenden Alternativen die von ihm bevorzugte aus. Das nennt man rationales Handeln. Durch die Erhöhung von Preisen sinkt die Nachfrage. Wettbewerbsmärkte sind besser als Monopole auf Grund der Konkurrenz. Die einzelnen Firmen maximieren ihren Vorteil, was den Kunden zu Gute kommt. Gary Becker Seine Idee war es, ökonomische Perspektiven auf soziale Fragen anzuwenden. Er weist unter anderem auf Nutzen Kinder für ihre Eltern hin. Eine andere seiner Behauptungen ist, dass man nur dann heiratet, wenn dies den Nutzen des Alleinseins übersteigt. Principal – Agent – Problem Principal = Auftraggeber; der Direktor einer Firma; die Aktionäre Agent = Durchführungsorgan; die Manager Die Aktionäre wollen mehr Gewinn und die Manager mehr Geld. Hier gibt es eine informationsmäßige Asymmetrie: der Manager weiß viel besser über die Betriebsprozesse Bescheid. Diese Asymmetrie verlangt nach einer Informationskontrolle. Aber wie kann der Arbeitsgeber zum Beispiel sicher gehen, dass der Arbeitnehmer bei der Bewerbung nicht schummelt? Wie kann der Arbeitgeber diese Asymmetrie in den Griff bekommen? Es gibt 4 Möglichkeiten: 1) Die Strategie des Principals: Direkte Verhaltenskontrollen sind jedoch aufwendig und mit hohen Kosten verbunden. Außerdem können diese den Nebeneffekt haben, dass das Vertrauen zerstört wird. Schließlich muss auch immer ein gewisses Vertrauensverhältnis bestehen bleiben. Andererseits werden heute keine zu engen Beziehungen mehr aufgebaut = Fluktuation 2) Ergebnisabhängige Belohnung: zum Beispiel Akkordlohn. Das Problem ist, dass man die Akkordlöhne manipulieren kann. Diese Methode ist nur dann möglich, wenn man wirklich jedem Arbeitnehmer seine Arbeitsproduktivität zuordnen kann. Sie geht immer stärker zurück, will in Europa die unqualifizierten Jobs zurückgehen. 3) Kautionsregelungen: Wenn Arbeitnehmern zum Beispiel die Weiterbildung gezahlt wird, müssen sie sich für eine gewisse Zeit verpflichten. Ansonsten müssen sie die Kosten selber tragen. 4) Verbesserung der Informationssysteme: Management muss sich über die inneren Prozesse informieren. Relevante Vergleichszahlen sind von Nöten. Wo kann man diese Vergleich heranziehen, wo nicht? Man kann das Principal – Agent – Problem nie zu 100% lösen In der Ökonomie geht man von einem Gütermarkt aus. Aus der soziologischen Sicht besteht immer die Kritik, dass das Engagement der Menschen unterschätzt wird. Diese Theorie geht von Gegensätzen aus. Es gibt Fragen nach der Wichtigkeit der einzelnen Lebensbereiche. Die Menschen sehen in der Arbeit viel mehr als nur ein Mittel zum Zweck. Daher kann man auch von anderen Werten ausgehen. In der experimentellen Ökonomie wird nach der Fairness gefragt. Die Anwendung des ökonomischen Ansatzes Sie bringt mehrere Probleme mit sich. Menschen sind keine modellhaften Wesen, sie haben unterschiedliche Wertvorstellungen. Die Theorie wird leer, wenn man behauptet, alle streben nach dem Nutzen. Aber natürlich verfolgen sie auch einen Zweck. Beispiel: Teilnahme an einer Demonstration. Nach der Theorie hat jeder eine bestimmte Nutzenfunktion in Bezug auf die Teilnahme. A: Was habe ich davon, wenn ich daran teilnehme? Was kann ich erreichen? B: Wie schauen mich dann meine Nachbarn an? C: Was passiert, wenn mich die Polizei erwischt? Folgt daraus ein Schaden im Beruf? Im Endeffekt kommt es auf die Summe der Bewertungsdimensionen mal der Wahrscheinlichkeit an. Modell des Prisoner’s Dilemma Zwei Gefangene haben zusammen ein Verbrechen begangen und werden von der Polizei getrennt vernommen. In der Regel werden beide kooperieren, weil sich beide einen größeren Nutzen daraus versprechen. Dieses Modell setzt natürlich voraus, dass es zwischen den beiden keine Vertrauensbasis gibt. Der wesentlichste Unterschied zwischen der soziologischen und der ökonomischen Perspektive ist, dass sie eine Vielzahl von unterschiedlichen Motiven verfolgen. Einheit 3 Wirtschaftsethnologie und Wirtschaftsgeschichte Funktionale Differenzierung Im Laufe der Geschichte hat sich eine Differenzierung der einzelnen Lebensbereiche entwickelt (Religion, Wirtschaft, etc.). Man kann aber nicht sagen, dass die Bereiche vollständig getrennt wären. Marcel Mauss – Archaische Ökonomie Marcel Mauss spricht in der Wirtschaftsethnologie von der Archaischen Ökonomie. Archaisch bedeutet altertümlich, aus der Urgeschichte der Menschheit stammend. Damit meint Mauss, dass die Versorgung mit Gütern, die man selbst nicht herstellen kann, nicht durch Tauschprinzipien wie heute von Statten geht, sondern durch Geschenke und Gaben. Das nennt man auch den Gabentausch. Scheinbar ist dieser Vorgang freiwillig, jedoch ist man in Wirklichkeit dazu gezwungen, weil die Rollen des Schenkers und des Beschenkten ganz genau fest gelegt sind. Die Anlässe sind oft Feste, Begräbnisse und Initiationsriten. Man tauscht Lebensmittel, Gebrauchsgegenstände, Werkzeuge, Schmuck- und Luxusgegenstände. Die Übermittlung der Geschenke ist mit mystischen Vorstellungen verbunden, denn in den Geschenken ist oft ein Teil der Person enthalten. Somit fordert der Schenker ein Gegengeschenk. Daraus resultiert auch, dass man das Geschenk nicht ablehnen darf, was ja auch heute noch gilt. Etwas zu schenken ist mit Macht verbunden. Man kann Gastfreundschaft nicht nicht annehmen und Geschenke zurückweisen. Es gibt 3 Verpflichtungen, auf welchen die Archaische Ökonomie beruht: 1) Geschenke zu machen 2) Geschenke anzunehmen 3) Geschenke zu erwidern Der Ring der Kula Der Ring der Kula ist ein Begriff aus Indonesien. Es handelt sich dort um einen verzögerten Tausch. Die einzelnen Völker unternehmen Reisen, um einander zu beschenken. Dadurch, dass jedes Geschenk erwidert werden muss, entwickelt sich ein reisendes Tauschsystem. Ohne den Ring der Kula wären die Völker nicht lebensfähig. Gleichzeitig ist es auch ein religiöses Ritual. Heute werden solche soziologischen Situationen in der experimentellen Ökonomie simuliert und man wird erkennen, dass diese Methode des fairen Tausches auch bei uns verbreitet ist. Diese mystischen Denkweisen sind allerdings im abnehmen, aber sie werden nie ganz verschwinden. Es ist umstritten, ob man hier von einer Evolution sprechen kann. Wenn man davon ausgeht, dass es so etwas wie einen reinen Markt gibt, in dem alles auf Rationalität und Nutzenorientierung ausgerichtet ist, dann schon. Wirtschaftsgeschichte verbunden mit sozialen Ideen Antikes Griechenland Hier gab es keine geschlossene politische Anordnung, sondern eine Anordnung von Stadtstaaten. Die einzelnen Städte sollten von einander unabhängig sein. Die Grundlage dafür bildete die autarke Hauswirtschaft: Alles was gebraucht wurde, wurde in oder rund um den Städten selbst erzeugt. Ein autarker Mensch = ein selbstständiger Mensch. Das Umland steht unter der Herrschaft der Städte. Falls es so etwas wie Märkte gab, dann jene, die die Stadt mit dem Umland verbanden. Überseehandel war hauptsächlich für Luxusgüter für die Oberschicht gedacht. Römisches Reich Es war schon ein moderner Staat in unserem Sinn. Zum ersten Mal entstand ein einheitlicher wirtschaftlicher Raum des ganzen Mittelmeerraums. Dass der Wirtschaftsraum überhaupt möglich war beruhte auf 2 Punkte: Auf der Ausbeutung der Provinzen Auf dem Sklavensystem Als Sklaven wurden nicht nur besiegte Soldaten bezeichnet, sondern auch ganze Gebiete und Völker, die erobert wurden. Im Zentrum Italiens war zur Römerzeit alles von Großgrundbesitzern und von Sklavenwirtschaft beherrscht. Die Großgrundbesitze (=Latifundien) wurden von Managern im heutigen Sinn verwaltet. Letztlich stagnierte die Wirtschaft, weil es zu wenig Konsumenten gab, die die Wirtschaft hätten ankurbeln können. Der internationale Handel bzw. der Handel zwischen den Regionen war der Oberschicht vorbehalten. Mit der Zeit gab es keine Völker mehr zu erobern und folglich auch keine Kriege und keinen Nachschub an Sklaven. Dies war ein Grund warum das Römische Reich unterging. Als Reaktion wurde ein Teil der Sklaven freigelassen, um ihnen die Möglichkeit zu geben, eine Familie zu gründen. Die Verkehrswege wurden immer unsicherer, was den Austauschhandel erschwerte. Max Weber meint, dass das Reich auf Grund des Arbeitskräftemangels scheiterte. Deshalb konnte nicht mehr für den Wohlstand des Volkes gesorgt werden. Es gab eine enge Verbindung zwischen Wirtschaft, Politik und Militär- heute würde man sagen Imperialismus und Wirtschaft. Mittelalter Es gibt 2 Wirtschaftsordnungen, die weitestgehend politisch bestimmt waren. Die ländliche Wirtschafsauffassung Das Wirtschaftsleben in den Städten Die ländliche Wirtschaftsauffassung: Es gibt große Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern, vor allem zwischen Ost und West. In Westeuropa gab es Freibauern, die relativ unabhängig ihr Land bebauen konnten. Nur einen geringen Prozentsatz mussten sie abgeben. In Osteuropa kam es im 15. Jahrhundert zu einem völligen Niedergang der Bauern. Sie wurden sozusagen versklavt, was offiziell erst im 19. Jahrhundert wieder beendet wurde. In beiden Teilen waren die relevanten Subjekte die Aristokraten der Kirche. Das Leben ist streng traditionell geregelt und es gibt eine Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern. Der Grundherr hatte eine Schutzmacht: es gab keine stabilen staatlichen Einheiten. So kam es zu vielen Kämpfen und Überfällen. Der Grundherr ist so etwas wie der Ministerpräsident und der Wirtschaftsminister gleichzeitig: er kontrolliert den Austausch. Das alles wird von der Kirche kontrolliert und eingeschränkt durch den Mangel an Verkehrswegen. Immer wieder kam es zu Hungeraufständen. Im 19. Jahrhundert kam es zum letzten Aufstand: es wurde verboten in den Wäldern Bruchholz zu sammeln. Es war eine Zwangswirtschaft mit ganz kleinen Spielräumen für die Tauschwirtschaft. Ein Ökonomisches System hat sich nur für die Luxusgüter für die Oberschicht entwickeln können. Am schlimmsten war es für die Bauern in Russland, am besten im Westen in der Nähe von Städten. Das Wirtschaftsleben in den Städten: Die Bürger haben sich gegen die Obrigkeit und die Aristokratie verbrüdert. Der erste Staat, der sich in Richtung Demokratie und Kapitalismus entwickelte, war Venedig. Mittelalterliche Städte hatten eine eigene Verwaltung, eine eigene, kleine Armee und wurden von den Zünften beherrscht. Die Zünfte bildeten die Oberschicht, dann gab es eine Mittelschicht, und die Unterschicht, welches durch das Proletariat gebildet wurde. Alle diese Schichten waren relativ frei. Es entstand eine gewisse Konkurrenz zwischen den Städten und dem Umland. Trotzdem gab es einen regen Warenaustausch, weil sich die Städte nicht selbst versorgen konnten. Diese Märkte sorgten in der Folge für die ersten industriellen Revolutionen. Nach Polanyi entwickelten sich 3 Wirtschaftssysteme: Der Handel zwischen Stadt und Land Der Binnenhandel innerhalb eines Staates, welcher unter Kontrolle der Staatsmacht stattfand. Sowohl der regionale Handel als auch der Binnenhandel unterlagen traditionellen Einschränkungen bezüglich Ort und Zeit. Alles war genau geregelt. Der Handel sollte möglichst konkurrenzfrei sein. Der Fernhandel: Er entwickelte sich auf Grund der Kolonialisierung und der damit verbundenen Bedeutung der Küstenstädte. Er hat die Traditionen aufgeweicht. Während des Mittelalters gab es einen Konkurrenzkampf zwischen 3 Gruppen: Könige, Papst und lokale Aristokraten Der erste wirklich zentralisierte Staat und Vorbild für alle anderen war Frankreich, in dem die Großgrundbesitzer zwar reich waren aber keine politische Bedeutung mehr hatten. Der Staat wurde immer wichtiger und hatte alleine die Steuerhoheit. Er war davon abhängig Steuern einzuheben. Es kam zu einer Zentralisierung der politischen Ordnung in Europa. Im 16. und 17. Jahrhundert wurde der Merkantilismus wirksam. Weitere Schritte waren: Die Zentralisierung der Verwaltung Die Vereinheitlichung des Steuersystems Zunehmende Eingriffe in wirtschaftliche Prozesse Weiters kam es zu einer Zentralisierung der Rechtspflege und somit zur Legalisierung von Verträgen. Im 16. Jahrhundert fand ein Wandel von der Tausch- zur Geldwirtschaft statt. Der Handel entfernte sich aus den Städten und weitete sich auf das gesamte Land aus. Alle Entscheidungen der Wirtschaft und Politik fielen auf den königlichen Höfen und es entwickelte sich langsam eine Wissensgesellschaft. Letztlich gab es eine Befreiung von den herkömmlichen Traditionen. Es kam zu einem rationalen und kalkulierbaren Umgang mit Wirtschaftsfaktoren, die von wissenschaftlichen und technologischen Erfindungen gestützt wurden. Die Wirtschaft entwickelte eine gewisse Eigendynamik und eine zunehmende Unabhängigkeit von politischen Einflüssen. Die Lehre aus der Wirtschaftsgeschichte ist, dass man die wirtschaftlichen Zusammenhänge nicht verstehen kann, wenn man die Rahmenbedingungen nicht verstanden hat und berücksichtigt. Einheit 4 Kapitalismus und soziale Schichtung Max Weber Laut Weber ist der Kapitalismus ein sozialer Missbrauch. Er meint, er sei ein Bestreben der Wirtschaftssubjekte, um Erträge zu bringen. Das menschliche Leben ist darauf ausgerichtet Bedürfnisse zu decken. Die Akkumulierung erfolgt im rationalen Betriebskapitalismus. Die Einheiten, in denen Erträge gewonnen werden, sind rational organisierte Vereinigungen, welche mit Gewinn- und Verlustrechnung und auch der doppelten Buchhaltung arbeiten. Gewinnmaximierung erfolgt durch strategisches Verhalten ohne traditionelle Schranken. Das Verhalten andere wird analysiert. Weiters wird alles genau kalkuliert. Weber: „ Kapitalismus ist ein friedlicher Kampf. Menschen gegen Menschen“ Bedingungen für rationales Verhalten: Gewinn- und Verlustrechnung; doppelte Buchhaltung Geldwirtschaft Sicherung der Rahmenbedingungen für den Markttausch Vertragsrecht: Möglichkeit bei Gericht auf Vertragsbruch zu klagen Ausnutzung und Entwicklung der Wissenschaft für die Produktion. Voraussetzung der Massenproduktion, technologische Revolution. Formale Gleichheit der wirtschaftlichen Subjekte. Zentrum = Arbeitsvertrag Der rationale Kapitalismus konzentriert sich um den Arbeitsvertrag, den Anbieter des Arbeitsplatzes und den Anbieter der Arbeitskraft. Das Gewinnstreben ist ein Selbstzweck. Wieso konnte das passieren? Alles steht im Gegensatz zu Altem, zur Kirche. Die protestantische Religion hat einen Bruch herbeigeführt. Der Beruf steht jetzt im Zentrum eines gottgefälligen Lebens. Der Kapitalismus kritisiert den Marxismus, der einen politischen und intellektuellen Einfluss hatte. Heute gibt es 2 große Deutungen des Kapitalismus, eine von Weber bezogen auf den Arbeitsmarkt und eine bezogen auf Ausbeutung. Karl Marx Er hatte mehrere Ideen, wir beschränken uns auf 2: 1) evolutionäre Gesetze der Gesellschaft, von denen sich die einzelnen gesellschaftlichen Formationen ablösen. Hier lässt er sich von Darwin beeinflussen 2) Die Evolution durchläuft den Klassenkampf. Dadurch kommt es zu immer neu entwickelten Gesellschaftsformen, die in Gruppen von Unterdrückten und Unterdrückern zerfallen. Marx sagt die Evolution bezieht sich auf die Produktionsweise einer Gesellschaft. Damit ist gemeint, dass der Feudalismus durch den Kapitalismus abgelöst wurde. Die Produktionsweise besteht aus 2 Elementen: den Produktionsmitteln und den Eigentumsverhältnissen. Es kommt zu zwei Gruppen bezüglich der Eigentumsverhältnisse: Die Eigentümer der Produktionsmittel (Bourgeoisie) Die Arbeiter und Angestellte (Proletariat) Das Proletariat arbeitet für die Bourgeoisie und wird laut Marx von ihr ausgebeutet, was in der Folge zu Konflikten und zum Klassenkamp führt. Ausbeutung = Arbeiter trägt bei weitem mehr zur Wertschöpfung bei als er durch Lohn zurückbekommt. Der Arbeiter bekommt nur so viel, wie er braucht. Der Unterschied zwischen Weber und Marx Weber spricht von der formalen Gleichheit von Arbeitgebern und –nehmern durch Arbeitsverträge. Aber das ist eine rein rechtliche Ansicht. Rechtlich und formal sind die vielleicht gleich, aber inhaltlich nicht. Marx meint unter diesen Bedingungen kommt es zur Entstehung von homogenen Klassen, was bedeutet, dass Klassen in ähnliche Situationen sein werden. Produktionsweise (Organisationsmittel, Eigentumsverhältnisse) Klassen soziale Ungleichheiten kollektives Handeln Politik Durch soziale Ungleichheiten entsteht eine Kollektivverlagerung, eine kollektive Einstellung = Identität, und kollektives Handeln. Das nennt man auch kausale Kette. Marx glaubte es würde zur Homogenisierung der Klassen kommen, daher hat er die einzelnen Unterklassen unberücksichtigt gelassen. Er dachte sie würden sich in die zwei Klassen einordnen. Weber allerdings sagte, dass es diese 2 Klassen zwar gibt, sie aber nicht die einzigen 2 sind. Klassen bedeutet ein Leben lang in der gleichen Situation. Die einzelnen Klassen bedeuten, dass sich jede Klasse ihrer Situation bewusst und definiert ist. Marx hat die Situation überschätzt: Es gab die Etablierung des Sozialstaates, welche 2 Gründe hatte: 1) Politischer Grund: In England und Deutschland wurde erkannt, dass es für die staatliche Politik unzumutbar ist, wenn die Bevölkerung dem Staat feindlich gegenüber steht. Das führt zur Einführung staatlicher Garantien, Pensionsversicherungen, Arbeitslosenversicherungen, Arbeitsrechtsbestimmungen, Arbeitszeitbestimmungen, Mindestlohn, Kollektivverträge. Klassen haben sich zwar gebildet, aber nicht in der revolutionären Form wie Marx dachte. 2) Die Entwicklung der Massenproduktion: Kapitalisten hatten Interesse an Lohnsteigerungen damit die Kaufkraft steigt und die massenhaft erzeugten Produkte einen Absatzmarkt finden. Marxismus war eine Gesamtheit von sozialer Bewegung und Theorie. Ohne den Marxismus hätte es diese Veränderung nie gegeben, weil in den Klassen eine kollektive Bewegung gab = Sozialismus. Es entstanden neue Gruppen von Arbeitnehmern, die Marx nicht vorhergesehen hatte. Zum Beispiel die Angestellten: Diese wurden stärker in das Management integriert und besser bezahlt. 1912 trat zum 1. Mal das Problem im marxistischer Literatur auf: Das Management. Die Klassentheorie von Max Weber Weber hatte ein anderes Ziel vor den Augen: Er versuchte die Verteilung des Vermögens zu beschreiben und die gesellschaftliche Revolution zu erklären. Er entwickelte 3 Begriffe: 1) Klassenlage: Sie definiert alle Phänomene, die vom Handeln des Einzelnen ausgehen. Das ist der Zugang zu Gütern, zu Lebenschancen, zu Lebensschicksalen, auf Grund der Verfügung über Besitz, Leistung, Qualifikation. 2) Klasse: in der gleichen Klassenlage befindliche Gruppe von Menschen a) Besitzklasse: positiv privilegierte: Rentner, Großgrundbesitzer Negativ privilegierte: Arbeitslose, Obdachlose b) Erwerbsklasse: positiv privilegierte: Unternehmer, Beamte, Selbstständige, Facharbeiter, Rechtsanwälte, Ärzte Negative privilegierte: verschiedene Arbeitergruppe 3) Soziale Klassen: kann Erwerbs- oder Besitzklasse sein, es handelt sich um eine Gruppe von Menschen zwischen denen ein Wechsel (Interaktionen) leicht stattfinden kann, d.h. Kollektivität ist vorhanden. Beispiele für solche Klassen sind Beamte, Selbständige, privilegierte Arbeiter usw. Weber entwickelt seine Theorie auf Grund einer deskriptiven analytischen Betrachtungsweise. Er forscht, welche Kriterien es in einer Gesellschaft gibt und versucht dann Gruppen von Leuten herauszuheben. Marx entwickelt seine Theorie aus der Theorie der Ausbeutung. Er dachte, Sozialismus entwickle sich von selber. Die Klassentheorie nach G. Lenski Sie entwickelt sich von der eindimensionalen Theorie des Kapitalismus zu mehrdimensionalen Schichten. Lenski unterscheidet 4 Klassensysteme, die auf objektiven Fakten beruhen. Man kann in 4 Systemen oben oder unten sein somit bilden sich verschiedene Schichtungsmodelle. Der Unterschied zu Weber und zu Marx ist, dass in diesen Mehrdimensionalen objektiven Schichten die einzelnen individuellen Gruppen nichts miteinander zu tun haben. Es werden 2 Richtungen beschrieben, die die moderne Schichtungsordnung eingeschlagen hat: 1) Stefan Hradil und Ulrich Beck haben den Zerfall der Klassen beschrieben = Schichtungsforschung a) Milieukategorie von Stefan Hradil beruht auf unterschiedlichen Einstellungen. Sie definiert das aufstiegsorientierte Milieu (untere Mittelschicht) und das hedonistische Milieu (jüngere Mittelschicht) b) Individualisierung nach Ulrich Beck: Es geht um den Aspekt der Individualisierung. Klassenunterschiede verschwinden, aber die sozialen bleiben bestehen. Traditionelle Institutionen zerfallen, jeder wird als allein lebende Einzelperson sein eigener Manager. Es entstehen Risikogesellschaften, was bedeutet das jeder sein eigenes Risiko auf sich nehmen muss. 2) Neo – Marxismus Pierre Bourdieu sagt es gibt 3 Arten von Kapital: a) Ökonomisches Kapital (der Markt) b) Kulturelles Kapital = der Zugang zu kulturellen Gütern ist stark sozial geschichtet c) Soziales Kapital = der Zugang zu sozialen Netzwerken, durch Beziehungen zu Machthabern erreicht man Ziele leichter. Manchmal kann man soziales und kulturelles Kapital auch in ökonomisches umtauschen. Innerhalb der Schichten gibt es soziale Felder, die geschichtet sind. Habitus: Nach der Position, die ich im sozialen Raum einnehme, handle ich. Es kommt darauf an, in welche Gruppe man hineingeboren wurde. Er kann das ganze Leben prägen, man kann aber auch herausspringen.