Ischialgie: Definiert als Schmerzsymptomatik ( - algie) im Bereich des Ischiasnervs und seiner Versorgungsgebiete. (Abbildung S. 750, 320, 322) Bei diesem häufig auftretenden Krankheitsbild klagen die Betroffenen über Schmerzen oder Empfindungsstörungen entweder im Bereich des unteren Rückens, im Po, entlang des Beines oder punktuell im Oberschenkel, Knie, Wade bis zum Fuß. Die Beschwerden sind häufig einseitig, gelegentlich auch beidseitig. Die Schmerzen treten entweder bei bestimmten Bewegungen oder Haltungen auf, oder sie sind dauerhaft. Meist gibt es auch Haltungen oder Bewegungen, die schmerzlindernd oder schmerzfrei sind. Beginnt die Ischialgie unterhalb der LWS, also im Po oder im Bereich des Kreuzbeins, so finden wir häufig eine Beteiligung des birnenförmigen Muskels (M.piriformis). M. piriformis Der entspringt am Kreuzbein in unmittelbarer Nähe der Incisura ischiadica major. Er setzt am großen Rollhügel (trochanter major) des Oberschenkelknochens an und bewirkt durch seine Kontraktion die Außenrotation, Extension und Adduktion des Hüftgelenkes. (Abbildung 217) Der Piriformis agiert als Hüftstabilisator, das bedeutet, das dieser beidseitige Muskel sowohl beim Gehen wie auch beim Stehen angespannt ist und infolgedessen zur Verspannung neigt. Eine häufig sehr rasche Besserung der Ischialgie-Symptomatik, die durch einen verhärteten Piriformis verursacht wird erreichen wir durch die gezielte Dehnung dieses Muskels. Die wirkungsvollsten Haltungen zur Dehnung des Piriformis sind Gomukhasana, Kreuzdehnung in der Rückenlage (Tiryaka Pavanamuktasana) und die ruhende Taube (Supta Kapotasana). Auch die stehende Vorwärtsbeuge (Padahastasana) dehnt diese Muskeln, sogar beidseitig, ebenso die gegrätschte Vorwärtsbeuge (Upavista Konasana). Protrusion und Prolaps Eine gänzlich andere Problematik finden wir bei Ischialgien, die durch Bandscheibenschäden verursacht werden. Sie werden für etwa ein Fünftel der klassischen Rückenbeschwerden verantwortlich gemacht. Protrusion Eine Protrusion ist eine Vorwölbung von Bandscheibengewebe. (Darstellung Bandscheibe: Skript) Da die Bandscheiben, wie auch alle übrigen Gelenknorpel, nicht innerviert sind, merkt man Beschädigungen (Verletzungen) wenn überhaupt erst dann, wenn im umliegenden Gewebe Nervenfasern gereizt werden. Dies ist bei der durch eine Protrusion hervorgerufenen Ischialgie der Fall: Je nachdem, welcher der im LWSBereich austretenden Faserstränge des N.Ischiadicus (siehe Skript) durch das Bandscheibenmaterial gereizt wird, treten die Beschwerden in unterschiedlichen Regionen des Beines auf. (siehe Abbildung) Prolaps Der Bandscheibenprolaps bezeichnet den Zustand des vollständig zwischen den Wirbelkörpern hervorgequollenen Gallertkerns der Bandscheibe. (Beschreibung Aufbau Bandscheibe). Meist geht dem Prolaps (Vorfall) eine längere Phase der Protrusion voraus. Es kann allerdings auch infolge eines Sturzes oder Unfalls zu einem Prolaps kommen. Schulmedizinisch gilt der Prolaps als irreversibel und wird mit Schmerzmitteln, Spritzentherapie und Operationen, bei denen das vorgefallene Bandscheibenmaterial entfernt wird, behandelt. Ursachen der Überbelastung Zu den Hauptursachen von Bandscheibenvorwölbung bzw. – vorfall gehört die permanente Überbelastung des entsprechenden Wirbelsäulenabschnittes. Während selbst bei einer gesunden Wirbelsäule bei normal ausgeprägten physiologischen Krümmungen mit kräftiger Muskel- und Bändersicherung bereits eine enorme maximale Druckbelastung erreicht wird (HWS 5,6 kp/cm2; BWS 11,6kp/cm2; LWS 6,2kp/cm2), können sich diese Belastungen bei mangelhaft entwickelter Muskel- und Bändersicherung oder bei Fehlhaltungen vervielfachen (HWS 7fach; BWS 5fach; LWS 2,3fach). Yogatherapeutisch gehen wir dieses Problem mit Übungen an, die gewissermaßen wie eine Art „Eigenchiropraktik“ wirken, den sogenannten „Korrektiv-Asanas“. Korrektiv- Asanas sind Übungen, die vorwiegend auf die Lenden- und Beckenregion wirken, sowohl auf Muskulatur und Gelenke(dehnend und entspannend) aber eben auch auf die Nervenstränge und die benachbarten inneren Organe. Aufgrund der sehr individuellen Schmerzsymptomatik ist eine sehr behutsame, individuell zugeschnittene Vorgehensweise bei der Auswahl und Durchführung der Übungsreihe erforderlich. In sehr vielen Fällen konnte eine sehr nachhaltige Erleichterung bis hin zur Schmerzfreiheit erreicht werden, je nach Bereitschaft des Patienten zur Mitarbeit. Lumbago Der Lumbago ist die medizinische Bezeichnung des wohlbekannten Hexenschuss. Eine plötzlich auftretende, sehr schmerzhafte Muskelverspannung zumeist im unteren Rücken, die allerdings auch in anderen Bereichen der Wirbelsäule auftreten kann. Die häufigste und zunächst harmloseste Ursache ist ein sogenannter Muskelhartspann, der durch kurzfristige Überbelastung (z.B. schweres Heben bei Kälte) eines oder mehrerer Stütz- oder Haltemuskeln. Durch die plötzliche Anspannung schützt sich der überlastete Muskel vor Verletzung. Dieser verspannte Muskel drückt auf eine benachbarte Nervenwurzel, im Lendenbereich zumeist Fasern des Ischiasnervs, was die typischen Schmerzen oder Beschwerden zur Folge hat. Der Betroffene nimmt eine Schonhaltung ein und hat oft das Gefühl, sich nicht mehr richtig aufrichten zu können. Wärmeanwendungen und sanfte Massagen helfen, den betroffenen Muskel aus seiner Schutzstarre wieder herauszuholen. Ischiassyndrom Alle oben beschriebenen Faktoren können zum Beschwerdebild des „Ischiassyndroms“ führen. Damit wird die Nervenwurzelreizsymptomatik bezeichnet, welche die Wurzeln des Ischiasnervs zwischen den Rückenwirbeln L4/L5/S1 betrifft und zu der beschriebenen Schmerzausstrahlung im Bein, Abschwächung der Muskeleigenreflexe und Störung der Willkürmotorik sowie in einigen Fällen auch zu Lähmungserscheinungen oder Sensibilitätsstörungen führt. Weitere, eher seltene Ursachen können Rückenmarks- oder Knochentumore sein, Gebärmutterverschiebung in der Schwangerschaft, Wirbelsäulenerkrankungen, Neuritis, Traumen (auch durch chirurgische Eingriffe), Brüche, Hüftgelenksluxationen oder Polyneuropathie (bei Diabetes oder Alkoholismus). Tumore können auch Schwellungen innerer Organe sein. Die bei weitem harmloseste und am einfachsten zu behebende Form der Schwellung ist die Dickdarmschwellung durch Kotstau bei Verstopfung. Die Schwellung (Tumor) verursacht permanenten Druck, der entweder direkt auf die Nervenwurzel drückt oder reflektorisch einen benachbarten Muskel durch Reizung zu dem bereits erwähnten Muskelhartspann veranlasst. So ist auch die chronische oder akute Verstopfung eine der häufigeren Ursachen oder Begleitfaktoren des Ischiassyndroms. Manche Autoren stellen muskuläre Dysbalancen in bis zu 80 % aller Fälle als Hauptursache für Rückenbeschwerden in den Vordergrund.