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Veröffentlicht: 21.10.10
Science
Das Labor auf dem Chip
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Die beiden ETH-Forscher Nils Goedecke und Ralf Streichan entwickeln mit ihrem ETHSpin-off MicroDuits neue Biochips für die Zellforschung. Mit ihrer Technologie können
einzelne Zellen analysiert werden, wo bisher ganze Gewebestücke notwendig waren.
Michael Zollinger
Nils Goedecke und Ralf Streichan gründeten das ETH-Spin-off MicroDuits. (Bild: MicroDuits) (Grossbild)
Begonnen hat alles mit der Anfrage einer Kollegin. Diese hat gemeinsam mit Nils Goedecke an der
Humboldt-Universität Berlin Biophysik studiert. Die Wissenschaftlerin erkundigte sich bei ihrem ExKommilitonen nach alternativen Techniken, mit denen die Kontraktion von einzelnen Zellen
gemessen werden könnte. Der 41-jährige Leipziger Goedecke, seit fünf Jahren Oberassistent an
der ETH, war von diesem Thema fasziniert und überlegte, wie eine Lösung aussehen könnte. Er zog
den Mikrosystemtechnologie-Ingenieur Ralf Streichan hinzu, der sein Know-how in
Mikrofabrikation, Instrumentenbau und Mikrofluidik einbrachte.
Wertvolle Zusatzinformationen
Mit mikrofluidischen Chips, so genannten Biochips, können durch Flüssigkeiten oder Gase einzelne
Zellelemente analysiert werden. Heute werden diese zum Beispiel zur DNA-Analyse oder bei
Schnell-Bluttests eingesetzt. Um Kräfte der Muskel- und Zellkontraktionen zu messen, wird in der
Forschung vor allem der Myograph eingesetzt.
Die neuen Biochips von MicroDuits sind günstiger und im Vergleich zum Myographen
bedienungsfreundlicher. Darüber hinaus können mit Hilfe eines solchen «Lab-on-a-Chip»
zusätzliche Details, wie zum Beispiel Änderungen des Zellinnenskeletts, gemessen und
kartografiert werden. Dadurch lassen sich bestimmte Zellmechanismen besser verstehen. Auch
können die Zellen durch die Zugabe von kontraktionsauslösenden Substanzen gezielt beeinflusst
werden.
Kleinste Gewebeproben
Ein weiterer Vorteil der Methode ist, dass stecknadelkopfgrosse Gewebeproben ausreichen, um
wissenschaftliche Untersuchungen durchführen zu können. Zur Vorbereitung der Analyse werden
diese Zellen zwei Tage auf dem Biochip kultiviert. Dabei haften Einzelzellen auf mehreren winzigen
Gummipfosten an. Werden diese Zellen durch chemische Stimulation zur Kontraktion gebracht,
ziehen sie an den Gummipfosten, die als Mikrosensoren dienen. Das Verbiegen der Mikrosensoren
wird mit einem Lichtmikroskop beobachtet und zeigt an, wann, wie lange und wie stark eine Zelle
sich zusammenzieht.
In der Asthmaforschung liefert die Art der Kontraktion der Lungenzellen zum Beispiel Nachweise
darüber, was Asthma auslöst. Die Ergebnisse liefern genaueres Grundlagenwissen über Zellen und
sind auch für die Medikamentenentwicklung von grösstem Interesse. «Der grosse Vorteil besteht
darin, dass wir auch an menschlichen Zellen, anstelle von Ratten- oder Mauszellen, testen können.
Eine ganze Reihe von Nebenwirkungen, die später in den klinischen Tests möglicherweise
auftauchen, können wir von vornherein ausschliessen», erklärt Goedecke.
30-Millionen-Dollar-Markt
Bereits haben Goedecke und Streichan einen Prototypen für Hochschul-Forschungslabors gebaut
und wollen den Chip noch in diesem Jahr verkaufen. Danach soll die Pharmaindustrie vom Produkt
überzeugt werden, zu der bereits erste vielversprechende Kontakte geknüpft wurden. Den
gesamten Cytomechanik-Markt beziffert Goedecke auf rund 30 Millionen Dollar; Tendenz steigend,
da das Bedürfnis nach Untersuchungen von Einzelzellen weiter zunimmt. Vom Potenzial ihres erst
im vergangenen Mai gegründeten Unternehmens sind Nils Goedecke und Ralf Streichan überzeugt.
Bis in fünf Jahren soll MicroDuits ein solides Unternehmen mit 10 bis 12 Mitarbeitenden sein und
einen Umsatz von 8,5 Millionen Franken erwirtschaften.
Finanziert wird das ETH-Spin-off bisher durch die ETH und durch private Investoren. Noch arbeiten
Nils Goedecke und Ralf Streichan 60-Prozent am Bio-Engineering-Laboratory des D-BSSE der ETH
Zürich in Basel. Sobald ihre Firma die nötige Marktgrösse erreicht hat, werden sie ihre Arbeit im
ETH-Labor aufgeben. Dies bedeutet zwar ein Verlust für die ETH, ist gleichzeitig aber der
Durchbruch für ein weiteres innovatives Spin-off-Unternehmen der ETH.
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