Evangelischer Diakonissenverein Siloah, Pforzheim

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Infobroschüre: Sturz und Sturzprophylaxe
Sehr geehrte Bewohnerin,
sehr geehrter Bewohner,
werte Angehörige,
Das Stolpern, Hinfallen und Stürzen ist eines der am häufigsten auftretenden Phänomene
insgesamt. Im Alter verstärkt sich diese Tendenz leider häufig und führt mitunter zu gravierenden Folgen. Angefangen bei Schmerzen, über Hämatome bis hin zu Frakturen aus
denen durchaus auch lebensbedrohliche Folgen resultieren können, kann ein Sturz also
verschiedenartige Konsequenzen nach sich ziehen.
Dennoch kann man diesen Szenarien – wenn auch begrenzt – entgegenwirken. Im Folgenden wollen wir Ihnen aufzeigen, worauf Sie achten sollten, was Sie im privaten Umfeld
tun können, aber auch, was wir in unseren Einrichtungen tun, um präventiv tätig zu sein.
Worauf müssen Sie im Allgemeinen achten bzw. was können Sie tun?

Arbeiten im Haushalt: die meisten Stürze ereignen sich im Haushalt und im Freien.
Bei genauerer Betrachtung sind es hier häufig z.B. defekte und schlecht gesicherte
Leitern, die Ihnen zum Verhängnis warden können; aber auch Teppiche und Treppen Bergen Gefahren. Lassen Sie hier also unbedingt Sorgfalt walten

Ärztliche Therapie: viele Krankheitsbilder und mit Ihnen die Medikamente haben
Auswirkungen auf das Allgemeinbefinden, die Durchblutung und andere physiologische Abläufe des Körpers. Besprechen sie mit Ihrem Arzt und/oder Apotheker die
möglichen Wirkungen und Nebenwirkungen von Verordnungen und geben Sie ihrem
Arzt bei Wahrnehmungsveränderungen unverzüglich ein Feedback

Beleuchtung: sorgen Sie dafür, dass Sie überall ( auch im Keller ) genügend Licht
zur Verfügung haben, um Hindernisse und Stolperfallen rechtzeitig erkennen zu
können

Ernährung: ernähren Sie sich ausgewogen und sorgen Sie für eine genügende
Aufnahme von Vitaminen und Mineralien

Fitness: bewegen Sie sich möglichst viel und versuchen sie dabei auch verschiedene Muskelgruppen zu belasten. Dies stärkt die Rumpfstabilität insgesamt, aber
speziell auch die Muskulatur in den Beinen und verhindert so den Zellabbau

Flüssigkeit: trinken Sie über den Tag verteilt genügend Flüssigkeit, um Schwindelzuständen wirksam vorzubeugen. Denken Sie daran: allein über die Atmung und die
Haut verliert ein Mensch tgl. 800 – 1000 ml Flüssigkeit!

Hilfsmittel: achten Sie darauf, dass sich die Hilfsmittel, die Sie im Alltag benutzen,
immer in einwandfreiem Zustand befinden, z.B. Brille immer sauber halten und bei
verändertem Sehverhalten unverzüglich anpassen lassen. Hörgeräte regelmässig
reinigen, um Gefahren schneller wahrnehmen zu können und mehr Reaktionszeit zu
haben. Gehhilfen wie Rollatoren sollten immer über genügend Luft und funktionsfähige Bremsen verfügen
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Insgesamt sollten sich ihre persönlichen Hilfsmittel immer in „greifbarer Nähe“ befinden

Schuhe: tragen Sie feste und wenn möglich geschlossene Schuhe mit einer leicht
profilierten Sohle. Eine der wichtigsten Sturzursachen liegt im Tragen von glatten
Pantoffeln o.ä., häufig in Verbindung mit einem rutschigen Boden

Stolperfallen: minimieren Sie die Stolperfallen in Ihrer Wohnung. Benutzen Sie
möglichst keine Teppiche und nutzen Sie beim Treppensteigen immer die Handläufe

Umbaumaßnahmen: verfügen Sie bereits über ein bestimmtes Risiko zu stürzen,
ist es durchaus lohnenswert zu überlegen, ob man die Wohnung nicht z.B. mit
Haltegriffen in der Toilette o.ä. ergänzt. Ihre Krankenkassen und die Wohnraumberatung des Kreisseniorenrats beraten Sie hier gerne
Was wird in den Einrichtungen getan?

Anamnese: wir versuchen von Anfang an, die unterschiedlichen Risiken, die gesundheitsbedingt bei einem Menschen vorliegen einzuschätzen und auf dieser Basis
gemeinsam mit ihm einen Präventions- bzw. Prophylaxenplan zu erstellen. Frei nach
dem Motto: Gefahr erkannt – Gefahr gebannt!

Balance- und Kraftübungen: In den meisten Einrichtungen werden im Rahmen der
sog. „Sturzprophylaxe“ Programme mit Balance- und Kraftübungen angeboten. Ziel
ist hier eindeutig die Erhaltung der Muskulatur und die Schulung des Gleichgewichts. Für Demenzkranke sind diese Übungen aber leider häufig nicht geeignet, da
sie den Anweisungen zu den Übungen häufig nicht mehr folgen können

Begleitung Ärztlicher Maßnahmen: Ältere Menschen leiden oft zeitgleich an
mehreren Krankheitsbildern, die medikamentös therapiert werden müssen. Jede
Dosierungsanpassung kann sich hierbei zum Vor- oder zum Nachteil auswirken.
Unsere Mitarbeiter beobachten mit geschultem Blick die Auswirkungen von Medikamenten auf die Mobilität und geben dem Arzt und Ihnen Hilfestellung im Hinblick auf
das rechte Maß

Bewegung: „Laufen und laufen lassen“: Jede Bewegung ist wichtig; von daher
versucht man Menschen, die eine motorische Unruhe in sich tragen, soweit als
möglich Freiraum zu geben, um die Unruhe auch in Bewegung umsetzen zu können. Mit Menschen, die schlecht bzw. kaum noch laufen können wird ein kontrolliertes Gehtraining gemacht

Freiheitsentziehende Maßnahmen: Auch wenn in einem konkreten Einzelfall auf
Wunsch eines einwilligungsfähigen Menschen, auf Basis der Biografie oder einer
Patientenverfügung eine freiheitsentziehende Maßnahme wie z.B. das Anbringen eines Bettgitters ein Mittel zur Abwendung einer konkreten Sturzgefährdung darstellen
kann, so ist wissenschaftlich der Effekt bzw. die Nützlichkeit derartiger Maßnahmen
bislang nicht nachgewiesen.
Freiheitsentzug als solcher ( und dazu zählt eben bereits auch das Anbringen eines
2. Bettgitters ) muß jedoch immer als letztes Mittel der Wahl gelten. Andere Lösungen – auch wenn diese ggf. mit weiteren, aber dafür sanfter verlaufenden Stürzen
einhergehen – haben in jedem Fall zunächst Vorrang
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
Hilfsmittel: In den Pflegeeinrichtungen werden diverse Hilfsmittel in der Sturzprophylaxe bzw. in der Reduktion möglicher Folgen von Stürzen eingesetzt. Zu nennen
sind hierbei z.B. Niedrigflurbetten ( die sehr tief abgesenkt werden können ), Sturzsensormatten ( die Alarm auslösen, sobald z.B. ein unsicherer Bewohner aus dem
Bett aufsteht ), Sturzmatten und Matratzen, die immobile Bewohner einigermassen
sanft auffangen, sollte er aus dem Bett fallen.

Hüftprotektoren: Bei mobilen sturzgefährdeten Bewohnern veranlassen wir gemeinsam mit ihnen im Einzelfall auch immer wieder eine Versorgung mit körpernahen sog. „Hüftprotektoren“. Diese sind in hohem Maß dazu geeignet, bei einem
Sturz die kinetische Energie am Oberschenkelhals aufzufangen bzw. umzuleiten.
Gerade hier befindet sich nämlich eine der sensibelsten und brüchigsten Stellen im
Skelett eines älteren Menschen.

Inkontinenz: Da Stürze gehäuft auch im Zusammenhang mit dem Thema Inkontinenz und den damit verbundenen Toilettengängen auftreten, versuchen wir gerade
diese Situation relativ konkret mit Ihnen zu lösen. Hierzu gehören z.B. auch ein
Gang zur Toilette zu festen Zeitpunkten, aber auch die Auswahl des richtigen Produkts zur Inkontinenzversorgung

Korrektur von Sehschwächen: Gerade im Alter können zunehmende Sehschwäche und degenerative Veränderungen der Linse zu schlechterem Sehen führen. In
der Folge entsteht hieraus natürlich auch eine erhöhte Sturzgefährdung, da Hindernisse nicht bzw. nicht mehr rechtzeitig wahrgenommen werden können. Wir beraten
Sie diesbzgl. Und organisieren gerne Termine beim Augenarzt für Sie

Physiotherapie: Zur begleitenden Wiederherstellung nach längeren Liegenszeiten
ist es häufig sinnvoll die Mobilität und den ganzen Bewegungsapparat unter Zuhilfenahme eines Physiotherapeuten wieder zu stärken bzw. zu kräftigen. Wir besprechen im Einzelfall gemeinsam mit Ihnen und Ihrem Arzt die Sinnhaftigkeit einer solchen Therapie. Die letztliche Verordnungshoheit unterliegt aber allein dem Arzt

Prüfung des Umfelds und individuelle Beratung: sollte bereits ein Sturz geschehen sein, beraten wir Sie, wie ein neuerlicher ggf. verhindert werden kann. Konkrete
Maßnahmen könnten hier z.B. das Stellen eines Toilettenstuhls neben das Bett bzw.
das Anbringen einer Toilettensitzerhöhung im Bad sein. Auch kann es sein, dass wir
Ihnen zu anderen Schuhen oder dem Einsatz sog. „Stoppersocken ( mit Noppen )
raten

Strukturierte Erfassung und Evaluation: Stürze werden in Pflegeeinrichtungen
ausführlich dokumentiert. Dazu gehören z.B. Zeit, Ort und die möglichst konkrete
Beschreibung der Sturzsituation. Nur auf dieser Basis können wir Sie letztlich beraten und Vorschläge zur individuellen Prophylaxe machen. Denn: die Maßnahmen
sollten immer auf das konkrete Ereignis bezogen sein
Die häufigsten Fragen

Kann man Stürze nachhaltig verhindern?
o
Klare Antwort: nein. Bedingt durch die vielfältigen Abbauprozesse im Alter ( angefangen beim Sehen, über Empfindungsstörungen z.B. bei Diabetes bis hin zu
Veränderungen am Skelett, Abbau der Muskulatur, Herz-Kreislaufschwäche )
steigt das Risiko für einen Sturz immer mehr an. Kumulieren bestimmte Risiken,
sind Stürze sogar unvermeidbar.
Hier geht es einzig darum, rechtzeitig Prävention zu treiben und mögliche Konsequenzen zu mildern.
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

Kann ich mir die Hilfsmittel überhaupt leisten?
o
Die Hilfsmittel im Umfeld dieser Problematik sind nur tw. vom Arzt verordnungsfähig. Eine Grundausstattung mit Hüftprotektoren kostet 100 – 150 €. Dies ist
jedoch gut angelegtes Geld – angesichts der Probleme, die entstehen können
und v.a. der Schmerzen, die man im Falle eines Sturzes, gleich ob mit oder ohne
Fraktur, durchleiden muss
o
Rollatoren bzw. Gehwagen werden in der Regel zumindest in der Standardvariante problemlos von den Krankenkassen nach ärztlicher Verordnung über ein
Sanitätshaus gestellt
Was kann ich aktiv tun?
o

Die grundsätzliche Devise lautet: Bewegung und Mobilität erhalten, ohne dabei
jedoch die eigenen Grenzen zu überschreiten. Auf dieser Basis ist das wichtigste, sich selbst immer wieder zum Laufen / zum Sich-Bewegen zu animieren.
Auch wenn man z.B. nur kleinere sog. „Mikrobewegungen“ in den Gelenken oder
mit Händen und Beinen machen kann: alles in dieser Hinsicht ist förderlich, um
den Bewegungsapparat, die Muskeln und Sehnen in ihrer Beweglichkeit zu
erhalten bzw. zu kräftigen
Was ist, wenn trotzdem mal etwas passiert?
o
Natürlich ist der Bruch eines Oberschenkelhalses eine schwerwiegende Verletzung, die nachhaltig die Gesundheit beeinträchtigen kann. Dennoch ist es heute
für die Medizin auf der anderen Seite eine Routineoperation und viele Beispiele
belegen, dass selbst nach einem derartigen Missgeschick – in Abhängigkeit von
der Gesamtkonstitution – eine nahezu vollständige Rehabilitation möglich sein
kann
o
Die Angst vor einem Sturz sollte einen in keinem Fall dazu verleiten, weniger zu
gehen oder nur noch „das Nötigste“ zu tun. Der einem solchen Verhalten zugrundeliegende Gedanke ist irrig. Denn, wenn ich mich wenig bewege, bin ich nicht
weniger sturzgefährdet. Im Gegenteil: dadurch, dass ich meinem Bewegungsapparat nur noch wenig abverlange, schwäche ich ihn noch mehr und dann wirft
mich, wie es der Volksmund plastisch formuliert – bereits der erste Luftzug um.
Also:
Haben Sie auch an dieser Stelle Mut zum Leben und damit natürlich
auch zum Risiko!
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