Predigt vom 20.11.2011 - Bischof Ludwig 10 Jahre Weihe Exzellenz, Hwst. Apostolischer Nuntius, Verehrte Angehörige, Mitbrüder und Freunde des Jubilars, Schwestern und Brüder im Herrn, Lieber Bischof Ludwig Schwarz! „Servite Domino in Laetitia“ – „Dient dem Herrn in Freude“! Diesen Wahlspruch hast Du mit Deiner Bischofsweihe verbunden, die Du am 25. November 2001 durch Kardinal Christoph Schönborn im Wiener Stephansdom erhalten hast. Kurz zuvor, am 15. Oktober 2001, hatte Dich der Sel. Papst Johannes Paul II. zum Titularbischof von Simidicca in Tunesien und Weihbischof in der Erzdiözese Wien ernannt. Papst Benedikt XVI. berief Dich dann am 6. Juli 2005 zum Diözesanbischof von Linz, also in jenes verantwortungsvolle Amt für die Menschen in diesem Land, das Du mit dem feierlichen Amtsantritt am 18. September 2005 übernommen hast. „Dient dem Herrn in Freude“ – ist für Dich Lebensmotto und Programm seit jenem denkwürdigen Christkönigssonntag vor einem Jahrzehnt. Der Festgedanke dieses Herrentages fügt sich dabei hervorragend in Dein Selbstverständnis als Christ und Bischof, denn Christus ist es, der uns in der Taufe als sein Volk zusammenruft und in dessen Namen Du den kirchlichen Hirtendienst für die Menschen wahrnimmst. Sein Evangelium der Freiheit ist Orientierung und Herausforderung gegenüber den vielfältigen Machtansprüchen und Ungerechtigkeiten in der Welt. Sein unbedingtes JA zum Menschen fordert uns als Kirche heraus, gelegen oder ungelegen Position zu beziehen zu Gunsten einer echten Kultur der Menschlichkeit. Es gilt dabei, Christi Maßstab der Liebe als realistische Handlungsanleitung für unsere eigenen Entscheidungen in die Tat umzusetzen. Als traditioneller Bekenntnistag der Jugend passt das Christkönigsfest zugleich sehr gut zum Charisma der Ordensgemeinschaft der Salesianer Don Boscos, die ganz wesentlich zu Deiner biographischen Identität gehört. Gerade weil die Jugend im Blick auf die Botschaft Jesu seit jeher „nicht nur Ja und Amen“ sagt zu den Anforderungen in Kirche und Gesellschaft, ist es Dir, Bischof Ludwig, ein besonderes Anliegen, auf die jungen Menschen zuzugehen, indem Du in Katechesen, bei Schulbesuchen oder in den Kindersegensfeiern Deiner vielen Visitationen die drei Säulen salesianischer Pädagogik auf Deine Weise einsetzt. Don Bosco ging es nämlich in seiner ganzheitlichen Sorge um jeden Einzelnen darum, das Verantwortungsbewusstsein und die persönliche Entscheidungsfähigkeit junger Christen zu stärken durch Liebenswürdigkeit im Umgang miteinander, durch vernünftiges Gespräch, das vorrangig auf Erklärung und Einsicht aufbaut, und durch ein tiefes Vertrauen auf den liebenden Gott, das den Glauben an das Gute im Anderen zur Grundlage des alltäglichen Umgangs miteinander macht. Die diesbezüglichen Erfahrungen als Rektor des Canisiusheims in Horn, als Professor für klassische und christliche Philologie in Rom sowie als Provinzial der Ordensgemeinschaft waren für Dich, Bischof Ludwig, gewiss eine gute Schule für Deinen jetzigen Leitungsdienst für die große und lebendige Diözese Linz. „Gott hat uns für die anderen in die Welt gestellt“ - meinte Don Bosco und verdeutlicht damit das vorangestellte „servire“ in Deinem Wappenspruch. Konkret tat dies der Ordensheilige in durchaus phantasievoller Weise als Zauberkünstler, Seiltänzer, Handwerker, Erzieher und Priester. Betrachtet man diese Dienste mit salesianischem Humor, der Dir, Bischof Ludwig, keineswegs fremd ist, dann erkennt man in dieser Berufspalette sogar manche Aspekte bischöflicher Herausforderungen: Natürlich weiß jeder, dass ein Bischof nicht zaubern kann, doch das eine oder andere Wunder sollte er – zumindest nach den Vorstellungen so mancher Briefschreiber – schon vollbringen. Leichter fällt es da vielleicht, die Menschen durch manche Fertigkeit zum Staunen zu bringen, in rascher Wandlungsfähigkeit von einem Ort zum anderen zu gelangen oder eine Unmenge an Terminen und Korrespondenz zeitgerecht wahrzunehmen. Schwieriger wird es, wenn Zerbrochenes wie durch einen Zauberspruch wieder heil werden soll, denn geheime „Tricks“ darf es in der Pastoral nicht geben. Zuweilen fühlt sich ein Bischof als Diener der Einheit wohl eher ausgesetzt wie auf einem Hochseil, aufgespannt zwischen weltkirchlichen Vorgaben und ortskirchlichen Erwartungen. Wie ein Seiltänzer gilt es manchmal die Balance zu halten zwischen rechtlichen Normen und verständnisvollen Lösungen im Rahmen des Möglichen, zwischen der Notwendigkeit klarer Aussagen des kirchlichen Lehramtes und der Bereitschaft zum evangeliumsgemäßen Hinhören auf die Not und Sorge, die Freude und Hoffnung der Menschen von heute, um sich in der großen Gemeinschaft von Kirche vom Geist des Herrn in die Zukunft führen zu lassen. Gefährdungen bestehen dabei immer, doch um ans Ziel zu gelangen, braucht es mehr als Sicherheitsnetze, nämlich einen im Glauben vertrauenden Blick nach vorn. Wenn Don Bosco sehr praktisch als Handwerker erlebbar war, so eifert dem Bischof Ludwig wohl dadurch nach, dass er zum einen im Auftrag von Papst Benedikt ein unermüdlicher Arbeiter an der deutschen Übersetzung des lateinischen Messbuches in zwei internationalen Kommissionen ist („Ecclesia celebrans“ und „Quo principia“); zum anderen engagiert sich Bischof Ludwig, wie schon sein Amtsvorgänger Bischof Maximilian Aichern, besonders in sozialen Fragen, etwa als Referatsbischof für die Katholische Sozialakademie Österreichs, für die Kommission „Iustitia et Pax“ und die Koordinierungsstelle der Österreichischen Bischofskonferenz für Internationale Entwicklung und Mission. Für soziale Themen zählt er zu den Beratern der Europäischen Bischofskonferenz und so ist es ihm beispielsweise eine ganz besondere Freude, dass die „Allianz für den freien Sonntag“ zu einem immer weitreichenderem gesellschaftlichen Schulterschluss zu Gunsten von „Zeitwohlstand und Lebensqualität“ der arbeitenden Bevölkerung führt. Ganz im Sinne des Christkönigstages betonte Bischof Ludwig bei einer Rede im Europaparlament 2010: „Indem sich der Mensch nicht völlig an die wirtschaftliche Nutzung seiner Zeit ausliefert – oder ausliefern lässt –, erfüllt er den Sinn seines Daseins. Der freie Sonntag ist nicht nur ein Tag der Erholung, um wieder funktionsfähig zu sein. Er verkörpert eher den Sinn des menschlichen Lebens, den Raum für menschliche Kontakte und Gemeinschaft – auch mit Gott –, für ein zweckfreies Dasein. Der Mensch ist nicht geschaffen, um zu funktionieren, zu produzieren oder seinen Besitz zu vermehren, sondern er ist auf den anderen Menschen hin geschaffen. Indem er am Sonntag ruht, feiert oder Gemeinschaft erlebt, tut er das, was Gott will“. Wie auch Don Bosco in den hungrigen, kranken, notleidenden, bloßgestellten und obdachlosen Kindern Christus erkannt hat und ihnen als Pädagoge und Priester nach seinen eigenen Kräften konkret geholfen hat, so ist auch der apostolische Dienst eines Bischofs darauf ausgerichtet, den Gott des Lebens und der Liebe im gesellschaftlichen Diskurs von Heute zur Sprache zu bringen und dem entsprechend Maßnahmen anzuregen, zu fördern und im eigenen Wirkungsbereich umzusetzen. Weil Christus sich selbst mit den Geringsten identifiziert, zeigt er sich als ein Gott, der sich radikal für alle Menschen entschieden hat. In seiner Nachfolge stehen wir als Christen und steht auch jeder Bischof. Deren Hirtendienst fordert nun, uns als Lehrer des Glaubens und Vermittler der Frohen Botschaft gerade darin zu bestärken, zu ermutigen und zu ermahnen. sensibel gegenüber anderen machen. Wir sollen einander nicht ausgrenzen oder uns voreinander verschließen, sondern es gilt vielmehr gemeinsam auf Gott zu hören, der auf seine Weise Unrecht aufzeigt und Bedürftigen zu ihrem Recht verhilft. Es mag vielleicht romantisch klingen, wenn wir im Lesungstext vom „guten Hirten“ gehört haben: „Jetzt will ich meine Schafe selber suchen und mich selber um sie kümmern“. Doch wenn man die näheren Umstände bedenkt, in denen Ezechiel diese Worte Gottes seinem Volk mitteilt, dann gewinnen sie rasch ihr kritisches Potential zurück: Der Profet spricht nämlich zu Menschen, die in die Fremde verschleppt wurden, deren Tempel zerstört ist und deren religiöse Heimat verloren zu gehen droht, die von einer Führungsschicht regiert werden, die mehr an Eigennutz, Karriere und Selbstinszenierung dachte, nicht aber das Wohl des Volkes im Sinn hatte. In die Aussichtslosigkeit dieser Menschen wurde ein Wort der Hoffnung gesprochen, nämlich die Zusage, dass Gott selbst einen Ausweg aus den Verirrungen der Zeit, aus der Fremde geistlicher Wüsten und der Verlorenheit im Kampf ungerechter Interessen aufzeigen wird. Wie aber löst Gott seine Zusagen ein, wie hält er sein Wort? Vor allem dadurch, dass er uns Menschen schickt, die sich auf seinen Ruf der Liebe einlassen und darin den Aufruf zu eigenem Handeln erkennen – unkompliziert, spontan und fröhlich. „Servite Domino in laetitia“ (Dient dem Herrn in Freude), so wie es in unzähligen Bereichen durch das Engagement vieler Frauen und Männer der Katholischen Aktion und darüber hinaus nicht nur, aber vor allem auch in dieser Diözese passiert. Es mag ein Trostwort der Hoffnung auch für Dich sein, Bischof Ludwig, dass Gott uns im Bild des „Guten Hirten“ Mut machen will, indem wir darauf vertrauen dürfen, dass er sich gerade um jene kümmert, die sich in der Weite scheinbar schrankenloser Freiheit verirrt haben und in ihrer Verlorenheit nicht weiter wissen; dass er den Vertriebenen eine neue Heimat schenkt (eine Erfahrung, von der Du auf Grund Deiner Lebens- und Familiengeschichte immer wieder erzählst); dass Gott jedem nach seinen Bedürfnissen entgegen kommt – heilsam-sorgend den Verletzten und Enttäuschten, kräftigend-aufrichtend den Schwachen und die Starken in ihrem Übermut vor sich selbst behütend, wenn Glück und Erfolg sie blind, taub oder bloß un- Im Dienst dieses liebenden Gottes zu stehen und als Nachfolger der Apostel das Hirtenamt des Bischofs erhalten zu haben, ist nicht nur in unserer Zeit eine echte Herausforderung. Umso mehr will ich Dir, lieber Bischof Ludwig, zum einen Danke sagen im Namen der Diözese Linz für Deinen Einsatz in den letzten 10 Jahren, der ja schließlich auch an Deiner Gesundheit zehrte, und Dir zum anderen – ganz im Sinne Deines Wahlspruchs – noch viel Freude als Bischof unserer Ortskirche wünschen, im Vertrauen auf die Fürsprache der Gottsmutter Maria sowie der Heiligen und Seligen unserer Diözese. Mögest Du Kraft und Bestärkung finden in der Feier der Sakramente mit den und für die Gläubigen, in guten Begegnungen mit den großen und kleinen Menschen dieses Landes, in der Verlässlichkeit und Loyalität so vieler haupt- und ehrenamtlicher Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Kirche – Priester, Diakone, Laien, Ordenschristen –, getragen vom Gebet der Menschen, zu denen Du gesandt bist, die Frohe Botschaft des Evangeliums zu bringen. „Mit uns bist Du Christ, für uns bist Du Bischof“ – Amen.