Mutter–Sprache , Mutter-Wirtschaft – Freitag abend Genevieve

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Mutter–Sprache , Mutter-Wirtschaft – Freitag abend
Genevieve Vaughan
Vor einigen Jahren schrieb Marilyn Waring, eine junge
Parlamentsabgeordnete aus Neuseeland, ein Buch über die Tatsache, dass
die von Frauen geleistete unbezahlte Arbeit für die Bruttosozialprodukte
nicht gezählt wurde. Sie behauptete, dass man zum Beispiel in den USA
das Bruttosozialprodukt um 40% höher ansetzen müsste, wenn die Arbeit
der Frauen auch zählte, und in anderen Ländern sogar einen noch höheren
Prozentsatz. Ich arbeitete damals gerade an meiner Idee der
Schenkwirtschaft und erkannte, dass diese unentgeltliche Arbeit in den
Haushalten in riesiges unerkanntes Geschenk ist, das die Frauen der
Wirtschaft insgesamt machen.
In Wirklichkeit gibt es zwei Wirtschaften, eine freie Wirtschaft und eine
Wirtschaft, die auf dem Tausch beruht. In der einen geben wir etwas, um
ein Bedürfnis zu erfüllen, und in der anderen geben wir etwas, um dafür
etwas anderes zum Ausgleich zu erhalten. Eigentlich hat der Tausch eine
Reihe von Fehlern, die wir nicht erkennen, weil wir einer Gehirnwäsche
unterzogen wurden, die uns denken lässt, dass dies die natürliche Art der
Verteilung von Waren und damit die Antwort auf alles ist. Es hat Kulturen
gegeben und gibt sie immer noch, wo Güter nicht mittels der Tausch- und
Marktwirtschaft verteilt werden, sondern wo Güter als direkte Antwort auf
Bedürfnisse gegeben werden. In unsere Gesellschaft, die auf dem Markt
gründet, müssen Mütter nach wie vor ihren jungen Kindern geben, weil sie
– wie auch überall anders – bei ihrer Geburt völlig auf andere angewiesen
sind. In der Tat lernen Kinder erst mit 4 oder 5 Jahren, wie man tauscht.
Das bedeutet, dass wir alle in einen Schenkwirtschaft hineingeboren
werden und uns im Laufe der Zeit an die Tauschwirtschaft der
Erwachsenenwelt anpassen müssen – eine Tatsache, die möglicherweise
dazu führt, dass die Schenkwirtschaft als primitiv und kindisch betrachtet
wird. In Wahrheit schadet uns jedoch die Tauschwirtschaft psychisch und
materiell, während die Schenkwirtschaft zu Gemeinschaft führt und uns
wirklich menschlich sein lässt.
Etwas als direkte Antwort auf ein wahrgenommenes Bedürfnis zu geben
spielt sich zwischen Müttern und kleinen Kindern ab und schafft positive
menschliche Beziehungen, die auf Gegenseitigkeit und Vertrauen beruhen.
Die Mutter muss dem Kind ihre Aufmerksamkeit schenken, erkennen was
das Kind wirklich braucht, und irgendwie das beschaffen, was das
Bedürfnis des Kindes stillt. Das Kind empfängt dieses Geschenk mit
Kreativität und verwendet es, es verdaut die Nahrung, die es sättigt, es
wächst, entwickelt neue Bedürfnisse und ist bald in der Lage, manches
eigenständig zu tun. Die Mutter versteht die unterschiedlichen Bedürfnisse
ihres Kindes, die sich verändern, während das Kind heranwächst, und sie
kann auch erkennen, wann das Geschenk just darin besteht, nichts zu
geben, d.h. ihm nicht zu helfen, wenn es etwas selbst tun muss. Das
Geben und Nehmen zwischen Mutter und Kind folgt einer eigenen
beziehungsfördernden Logik und kann als Basis für eine Wirtschaft ohne
Tausch bezeichnet werden, als Basis des Gebens um eines Bedürfnisses
willen. Diese Wirtschaft ist bereits global, weil sie für das Überleben aller
jungen Kinder notwendig ist. Wir sind alle so veranlagt, nicht genetisch,
sondern sozial, weil eben die Abhängigkeit von Babys einen erwachsenen
Menschen dazu veranlasst, ein Verhalten an den Tag zu legen, das auf das
DU ausgerichtet ist. Wie gesagt, das ist nicht genetisch bedingt, sondern
eine soziale Konsequenz, die für Erwachsene aus der Biologie der Kinder
entsteht.
Geben und Nehmen, die einseitige Erfüllung von Bedürfnissen, schafft
positive Beziehungen zwischen Menschen, die jenseits bzw. vor der
Reziprozität, Schuld und Verpflichtung bestehen. Ich glaube, dass alles,
was mit Beziehungen zu tun hat, die sich AnthropologInnen zufolge zum
Austausch von Geschenken und schließlich zur Marktwirtschaft entwickeln,
in Wahrheit als einseitiges Schenken und Empfangen beginnt. Dies ist
grundlegender und weiter verbreitet als der Geschenkaustausch oder die
Marktwirtschaft.
Das einseitige Schenken vollzieht sich nach einer transitiven Logik, ein
Bewegen von Gütern, das auch den Wert der empfangenden Person mit
einbezieht. Ja, wenn die empfangende Person für die gebende nicht
wichtig wäre, würde sie oder er das Geschenk nicht machen. Es gibt auch
einen Syllogismus des Schenkens, der da lautet: „Wenn A B gibt und C B
gibt, dann gibt A C.“ Dieser Syllogismus ist der Zirkulation von
Geschenken unterlegt, die einseitig von einer Person an eine andere
gegeben werden. Der Wert der empfangenden Person ist hier auch
implizit, und eine gebende Person, die vorher EmpfängerIn war, verliert
den Wert, der ihr verliehen wurde, auch dann nicht, wenn sie das
Geschenk an jemand anderen weiter gibt.
Hingegen vollzieht sich die Marktwirtschaft nach einer intransitiven
Identitätslogik. Indem sich die Transaktion nach einem gleichwertigen
Ausgleich richtet, wird das einseitige Geschenk ausgelöscht und der ganze
Vorgang wird ICH-orientiert anstatt auf das DU ausgerichtet. Einseitiges
Geben und Nehmen schafft Verbindung, während die Marktwirtschaft sie
abbricht und auslöscht, und zu Gleichgültigkeit zwischen den
TransaktionspartnerInnen führt. Tatsächlich hat der Tausch etwas
Feindseliges, und zwar weil jede/r Beteiligte versucht, vom angeblich
fairen Tausch mehr zu profitieren als sein/ihr Gegenüber (Hyde 1979).
Der Tausch ist selbstreflexiv und selbstbestärkend, während das einseitige
Schenken sich auf das Gegenüber konzentriert und daher die gebende
Person oft unbemerkt bleibt. Aufmerksamkeit und Wert werden zugleich
mit dem Geschenk oder dem Dienst an die andere/den anderen
weitergegeben.
Durch die frühen Prozesse des einseitigen Schenkens und Empfangens
werden die Körper der Mitglieder einer Gemeinschaft und ihr Geist
geformt, weil diese Interaktionen ihre Erfahrungen prägen. Ich bin der
Meinung, dass dieser transitive Geschenktransfer von Bedürfnis
erfüllenden Gütern und Diensten als Kommunikation bezeichnet werden
kann, als eine materielle Kommunikation, die sowohl Körper als auch
Beziehungen und Bewusstsein schafft, und die materielle Güter und Wert
weitergibt. Diese Kommunikation bildet die Gemeinschaft, lat. co-muni-tas
(munus = Geschenk,) d.h. gemeinsam Geschenke machen.
Die Marktwirtschaft hingegen ist eine Art misslungener materieller
Kommunikation, eine Nicht-Kommunikation, die intransitiv ist und das
Schenken verhindert. Der Wert des DU, der im Schenkvorgang inbegriffen
ist, ist ausgeblendet. Indem das DU dazu dienen muss, die eigenen
Bedürfnisse zu erfüllen, stellt der/die Tauschende seinen/ihren eigenen
Wert dar und nicht den des Gegenübers. Aufmerksamkeit und
(Tausch)Wert werden auch dem Produkt gezollt, dem Gut und nicht den
beteiligten Menschen. Der so genannte symbolische Austausch von
Geschenken hat eine Vermittlungsfunktion zwischen diesen beiden
Extremen, dem einseitigen Schenken und der Marktwirtschaft, und alle
drei können nebeneinander bestehen.
Die Identitätslogik der Marktwirtschaft drängt uns sehr, nur jene
Beziehungen als gültig zu betrachten, die sich abspielen nach dem Modus
des Gebens um einen Ausgleich zu erhalten oder um einen Gewinn zu
machen. Darüber hinaus betont die Marktwirtschaft die ICH-Orientierung
des Homo Oeconomicus und betrachtet jedwede andere Ausrichtung als
eine unrealistische Neigung zur Moral. Hingegen glaube ich, dass die
vorhandene mütterliche Schenkwirtschaft transitiv ist, Bedürfnisse stillt
und Beziehung schafft. Sie ist nicht vorrangig moralisch sondern
funktionell. Der Begriff Wirtschaft ist identisch geworden mit der
Tauschwirtschaft. Ich bin der Meinung, wir sollten das mütterliche
Schenken, das Hegen und Pflegen als einen Verteilungsmodus bezeichnen,
als einen Weg der Verteilung von Gütern entsprechend den Bedürfnissen,
somit als einen Modus, der genauso wirtschaftlich ist wie der Tausch. Das
heißt, wir sollten den Begriff „wirtschaftlich“ ausdehnen auf die einseitige
mütterliche, Beziehung schaffende Schenkwirtschaft. Die auf Tausch
beruhende Wirtschaft könnte folglich verstanden werden als eine
Ableitung aus der einseitigen Schenkwirtschaft, indem ein Geschenk
aufgedoppelt wird, die Gegentransaktion verpflichtend ist und ein
Ausgleich entrichtet werden muss. Die Marktwirtschaft würde dann nicht
mehr den Alleinvertretungsanspruch für alles „Wirtschaftliche“ erheben
können.
Die Trennung zwischen den Sphären des Heims, der Wirtschaft und der
Politik kann folglich aufgehoben oder überbrückt werden, indem die
mütterliche Schenkwirtschaft als eine alternative Wirtschaftsform
anerkannt wird, die bereits besteht und eigentlich die auf dem Tausch
basierende Wirtschaft subventioniert. Die Antwort auf die schrecklichen
Probleme, die uns der patriarchale Kapitalismus beschert hat, ist die
Befreiung der mütterlichen Wirtschaft von der Wirtschaft, die auf dem
Tausch beruht, und die schrittweise Eliminierung und
Unglaubwürdigmachung der Marktwirtschaft anstatt der Assimilierung der
Schenkwirtschaft durch die Marktwirtschaft. Deshalb bin ich nicht für die
Bezahlung von Hausarbeit. Es geht darum, den Markt ganz auszuschalten
und an seine Stelle eine allgemeine mütterliche Schenkwirtschaft zu
setzen. Schon über diese Möglichkeit nachzudenken und auf ihre
Umsetzung hinzuarbeiten führt bereits dazu, dass der Monolith Risse
bekommt und der Wert des Schenkens gegenüber dem des Tausches
bestätigt wird.
Ich glaube, dass ein wichtiger Schritt in diese Richtung darin besteht,
zwischen Geschenk und Tausch zu unterscheiden, und die Reziprozität, die
in indigenen Gesellschaften bis heute praktiziert wird, als eine Form der
Schenkwirtschaft zu begreifen und nicht als eine primitive Form des
geldlosen Tausches. In der Tat ist es heute oft so, dass die
Schenkwirtschaft interpretiert wird als ein Tausch von Geschenk gegen
Reputation, wie das in der Software Schenkwirtschaft im Internet der Fall
ist. Ich spreche vom einseitigen Schenken, das seiner eigenen transitiven
Logik folgt, die sich fundamental von der selbstbezogenen Identititätslogik
des Tausches unterscheidet.
Zu geben um ein Bedürfnis zu stillen ist ein Verteilungsmodus, aber die
mütterliche Schenkwirtschaft wurde unglücklicherweise ihres
Produktionsmodus beraubt, weil die auf dem Tausch basierende Wirtschaft
neben ihr existiert und alles an sich gerissen hat. Das Schenken setzt die
Fülle voraus, damit niemand Opfer bringen muss. In der Fülle ist das
Schenken leicht und macht Freude. Der Tausch braucht den Mangel, weil
die Marktwirtschaft in der Fülle nicht bestehen kann – wenn alle genug
hätten, würde niemand für einen Chef oder eine Firma arbeiten, sondern
sich des Lebens erfreuen, die Früchte der Erde genießen, andere
beschenken und von ihnen empfangen. Die auf dem Tausch basierende
Wirtschaft schafft Mangel, der nötig ist, um die Kontrolle zu behalten. Sie
kanalisiert den Fluss der Geschenke von den Vielen zu den Wenigen,
nimmt die kollektiven Geschenke der Hausarbeit und anderer Gratisarbeit,
und verwendet sie, um die Produktionskosten zu reduzieren. Sie eignet
sich die Geschenke der Natur an, indem sie uralte Wälder zerstört und
wieder Kosten spart, indem sie verschmutzt; sie verwandelt Gratissamen
und sogar ganze Spezies in Güter durch die Patentierung von
Lebensformen. Sie nimmt indigenes Wissen und stellt es unter das
Copyright eines Unternehmens. Die Tauschwirtschaft ist in Wahrheit ein
Parasit, der die Geschenke aller konsumiert. In unserer Gesellschaft ist die
Produktion auf den Markt ausgerichtet, und nicht auf die Erfüllung
menschlicher Bedürfnisse. Das Gewinnstreben ist die treibende Kraft, was
dazu führt, dass produziert wird, was sich gut verkaufen lässt. Anstatt zu
produzieren was gebraucht wird, wurde der Begriff der Nachfrage
eingeführt, die ihrerseits wiederum sehr stark durch die Werbung
beeinflusst wird. Dadurch wird die Grundlage des Schenkens wirksam
eingeschränkt, und die Schenkwirtschaft kommt nicht zum Blühen,
während gleichzeitig die Schulden für die Konsumgüter (die beinahe wie
Geschenke angepriesen werden) den Mangel für die Vielen
aufrechterhalten und die Profite zu den Wenigen kanalisieren.
Indigene Völker, die die Göttin verehren, beten zum Geist der 4 Elemente
Erde, Feuer, Wasser, und Luft. Zwei dieser Elemente sind bereits
privatisiert worden, Erde und Wasser, und die Luft wird auch zu einem Gut
durch den Handel mit Emissionszertifikaten. Die Natur auf dem Land hat
uns mit vielen Geschenken versorgt, aber die Menschen sind von ihr
weggelaufen, sind in Städte abgewandert wie die Motten, die zur
Glühbirne drängen, weil sie denken das sei die Sonne. Auf der südlichen
Hemisphäre leben heute viele Menschen in Städten, die von den
Geschenken der Natur erhalten worden wären, an den einzigen Orten, an
denen es nichts kostet, nämlich den Müllhalden. Wenn es der
Tauschwirtschaft nicht gelingt, genug Mangel zu erzeugen, dann schafft
sie Krieg um den Reichtum zu verschwenden oder sie lässt Finanzblasen
entstehen wie das kürzlich der Fall war. Ich weiß nicht, ob dies bewusst
inszeniert wird, oder ob es ein automatischer und unbewusster Vorgang
ist. Es ist jedoch klar, dass dieses weltumspannende Wirtschaftssystem
nicht funktioniert. Es ist dysfunktional und schädigt alle.
Ich glaube, dass einer der Gründe für die Grausamkeit, die
Dysfunktionalität und das Scheitern dieses Systems in seiner Unfähigkeit
liegt, das Hegen und Pflegen (mütterliches Prinzip) zu erkennen und zu
sehen, wie das mütterliche Schenkprinzip ausgebeutet wird. Und genau
deshalb bin ich überzeugt, dass eine Bewegung für eine neue Wirtschaft
von Müttern und Frauen angeführt werden muss, die die Werte der
Mütterlichkeit vertreten, unterstützt von jenen Männern, die das Erbe
ihrer Mütter vor dem Macho Ideal des kapitalistischen Patriarchats
bewahren konnten. Sie alle müssen sich mit den indigenen und
kolonialisierten Völkern verbünden, die noch nicht assimiliert worden, mit
UmweltschützerInnen, die versuchen, die Geschenke von Mutter Erde zu
retten, und mit allen jenen, die in Friedens- und
Gerechtigkeitsbewegungen darum ringen, das Geschenk einer besseren
Welt zu machen.
Die Fehleranalyse der bestehenden Wirtschaft muss mit in Betracht
ziehen, wie die Verwundbarkeit der Schenkenden, die kreative
Lebensquelle und die Fürsorge ausgebeutet werden. Der Erfolg dieser
Ausbeutung führt oft dazu, dass wir diejenigen nicht sehen, die die
Schenkwirtschaft praktizieren, nicht nur bei uns zuhause, sondern auch
jene weit weg, die das Geschenk ihrer billigen Arbeiten unter schlechten
Bedingungen machen, damit die Konzerne einen Profit machen können,
indem sie uns ihre Produkte verkaufen.
Schenken und Mütterlichkeit, wurden weder in der akademischen Welt,
noch in der Politik und oft auch nicht im Feminismus als ein
Erklärungsschlüssel verwendet, weil wir alle im Bann der Tauschwirtschaft
gefangen worden sind. Wir glauben, dass die Tauschwirtschaft zu
Gerechtigkeit und gegenseitigem Respekt, und gerechter Entlohnung für
geleistete Arbeit führt, und dass manche viel mehr verdienen sollen als
andere. Wir glauben an die Regeln und die Maße, an Noten in der Schule
und daran, uns selbst an einem Wertmaßstab zu messen, und unsere
Produkte und die Arbeit die wir leisten am Geld. Das Alles gehört zur
Denkweise des Marktes, und wir verwenden den Markt als Metapher für
alles vom Humankapital bis zum Heiratsmarkt. Wenn jetzt der Markt
scheitert, können wir erkennen, dass das gesamte Gewebe der
Gesellschaft von Lügen durchzogen ist, von Werbung und Propaganda,
von den Lügen des Präsidenten der USA, der zuerst den Wahlerfolg
gestohlen und uns dann in den Krieg gelogen hat; und wahrscheinlich war
sogar 9/11 ein Produkt seiner Lügen. Jetzt stehen wir da mit den Lügen
der Wirtschaft, den Lügen der Wirtschaftstreuhänder, den Lügen der
Steueroasen, den Lügen der Pyramidenspiele, Lügen über Millionen und
Milliarden von Dollars, die genau jene Leute bekommen, die das Unglück
verursacht haben, aber ganz besonders mit den Lügen der Leute, die
armen Menschen Hypotheken und Kreditkarten angedreht, dann die
Hypotheken weiterverkauft haben und nun diesen Armen die Schuld
geben, weil sie die Kredite nicht zurückzahlen können. Und ganz
besonders können wir daran erkennen, dass der Wertstandard, an den wir
geglaubt haben, nämlich das Geld, eine Lüge ist, nur ein Stück Papier oder
ein Computerklick.
Warum darf man so lügen? Meiner Meinung nach geht dies deshalb, weil
wir nicht in der Lage sind, die schenkende Mutter als den menschlichen
Standard oder grundlegenden Wert anzuerkennen, und weil wir genauso
wenig das große positive mütterliche Prinzip in der Sprache erkennen. Wir
glauben mit Chomsky, dass die Sprache in unseren Gehirnen fest
verankert ist, oder dass sie eine Übung entlang von grammatikalischen
Regeln ist, oder mit Wittgenstein, dass sie ein Werkzeug oder ein Spiel
sei. Umberto Eco stellte sogar die Hypothese auf, dass sie ein Instrument
zum Lügen sei und dass das Lügen das typische Merkmal unserer Spezies
sei. Lügen passt gut zur ICH-Orientierung des Tausches, dazu, das
Bedürfnis eines anderen Menschen nur zu erfüllen, um mein eigenes
Bedürfnis zu stillen. Das ist ganz gewiss nicht das typische Merkmal des
schenkenden Menschenwesens, des Homo Donans, sondern das ist das
Merkmal des Homo Oeconomicus. Wir teilen uns in zwei Arten, und die
eine versucht die andere zu domestizieren, indem sie ihr Lügen füttert.
Wenn wir zeigen können, dass die Mütterlichkeit nicht nur ein Instinkt ist,
oder Sklaverei, oder sinnlose Mühe, sondern ein menschliches Prinzip das
den Rest der Gesellschaft durchdringt, dann können wir eine große
gesellschaftliche Kraft freisetzen und einen Interpretationsschlüssel
anbieten, der ein anderes Verständnis vieler Aspekte des Lebens
ermöglicht. Ich bin überzeugt, dass ein Weg dorthin über die Sprache
führt. Aus meiner Sicht ist Sprache eine virtuelle, verbale
Schenkwirtschaft, und wir setzen die Sprache ein um die kommunikativen
Bedürfnisse anderer zu erfüllen. Das sind menschliche
Beziehungsbedürfnisse, die über den Einzelmenschen hinausgehen. Die
Worte, die wir einander schenken, korrespondieren mit den Geschenken
der Welt, die wir einander schenken und damit Beziehung herstellen
könnten – was wir aber zurzeit nicht tun. Aber auch wenn diese Dinge zu
groß oder zu klein oder zu viele sind um sie zu schenken, können wir
einander dennoch Worte an ihrer Stelle schenken und so in Beziehung mit
anderen Menschen treten. Das mütterliche Geschenk der Sprache verfügt
immer über eine Fülle, wir verlieren Worte nicht, indem wir sie
verschenken, und die anderen haben die gleiche Fähigkeit. Wir verfeinern
unser Schenkpotential und unsere Aufnahmefähigkeit indem wir Worte,
Sätze und Diskurse schenken und empfangen. Die sprachliche Kreativität,
von der Chomsky spricht, besteht nicht nur aus der unbegrenzten
Fähigkeit Sätze zu bilden, sondern darin, dass wir mit unseren Worten die
kommunikativen Bedürfnisse anderer erfüllen.
Solange wir glauben, dass die Sprache ein Neutrum und ein neutrales,
vererbtes Gehirnmodul ist, macht es wenig Unterschied, ob wir lügen oder
Lügen glauben. Wenn wir jedoch glauben, dass die Sprache ein Geschenk
darstellt und eine Konstruktion von Geschenken, eine Konstruktion die auf
der Orientierung zum DU beruht, die uns als Menschen ausmacht, die es
uns ermöglicht, die Worte der Ahnen in die Zukunft zu tragen, um eine
Gemeinschaft der Generationen zusammen mit den Völkern der Erde zu
schaffen, dann können wir die Sprache und die Mutter ehren – Mutter
Erde und Mutter Gesellschaft. Wir sind keine Spezies, die aussterben
muss. Wir sind eine Spezies, die ihre Mütter ehren sollte.
Im Folgenden eine kurze Aufstellung von Möglichkeiten, die
Schenkwirtschaft zu praktizieren. Leider (so weit ich weiß) gibt es keine
bewusste Verbindung zwischen diesen Organisationen und dem Prinzip der
Mütterlichkeit.
Gemeinschaften, die ihr Einkommen teilen
Gemeinschaftsgärten
Wikipedia
Hacker Communities
Open Source Software (Reputation)
Copyleft
Blutbaken und Organspenden
Mitfahrbörsen
Yellow Bikes
Couch Surfing
AA
Burning Man
Rainbow-Treffen
Geld, das von Emigranten in die alte Heimat geschickt wird
Einige alternative Währungen – alternative Banken
Ehrenamt und Vieles aus dem Non-Profitbereich
Solidarische Gemeinschaftsarbeit wie z.B. die Feuerwehren bei 9/11, oder
Menschen, die in New Orleans halfen, oder die solidarischen Freiwilligen,
die nach dem Erdbeben in Italien im Einsatz waren
Internationale Hilfe ist normalerweise kein Geschenk, sondern ein Tausch
mit Bedingungen
Hugo Chavez und Evo Morales jedoch beschenken jetzt die Armen und
beginnen echte internationale Zusammenarbeit.
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