Lobbyisten-Reggae / 11 Fragen Was ist ein Lobbyist? Rainhard Fendrich: Ein Lobbyist ist ein Interessenvertreter wie etwa von wirtschaftlichen Verbänden, Konzernen, Volksgruppen oder Vereinen, der auf Grund seiner Kontakte zur Politik durch gegenseitige Informationen auf die Gesetzgebung zu Gunsten seiner Kunden Einfluss nehmen will. Gibt es einen guten und einen bedrohlichen Lobbyismus? Rainhard Fendrich: Lobbyismus wird bedrohlich, wenn es nicht mehr darum geht zu vermitteln oder zu informieren, sondern von einem zu vergebenden Budget ein großes Stück abzubekommen. Beziehungsweise durch „Geschenke“ einen Entscheidungsträger im Sinne seines Auftraggebers zu beeinflussen. Warum ist eine gewisse Art dieser Einflussnahme auf Entscheidungen wie in Politik und Wirtschaft so gefährlich? Rainhard Fendrich: Lobbyismus steht immer im Spannungsfeld zwischen einer legitimen Interessenvertretung und einer möglichen Gefährdung demokratischer Grundprinzipien durch die Korrumpierung von Mandatsträgern oder durch Druck, den man auf Regierungsparteien ausübt. Zudem wird leider Geld immer mehr eine wichtige Voraussetzung für erfolgreichen Lobbyismus. Was zur Folge hat, dass Großkonzerne gestärkt und mittelständische Betriebe geschwächt werden. Das Sprichwort „Geld regiert die Welt“ erlangt mehr und mehr einen äußerst bedenklichen Wahrheitsgehalt. Das ist auf lange Sicht gesehen eine äußerst gefährliche Entwicklung. Wie ist Ihnen die Idee zu diesem Lied gekommen? Haben dabei aktuelle Affären in Österreich eine Rolle gespielt, die zu einem KorruptionsUntersuchungsausschuss geführt haben? Rainhard Fendrich: Natürlich geben die aktuellen Ereignisse unmittelbaren Anlass zum Nachdenken. „Freunderlwirtschaft“ und „Haberer Partien“ hat es in Österreich schon immer gegeben, schon am Kaiserhof gab es die „Hofschranzen“. Aber das, was zur Zeit an Gestank hochkommt, ist eine Schande für dieses Land, das in der Bundeshymne seine „großen Söhne“ (und Töchter) besingt und ehrt. Hier sind Gauner in Maßanzügen am Werk, für die Amtsmissbrauch und Untreue Kavaliersdelikte sind. Das Sittenbild, das man von uns zur Zeit außerhalb unserer Grenzen zeichnet, ist wenig schmeichelhaft und bekräftigt leider Thomas Bernhard, der Österreich einmal als die „Eiterbeule Europas“ bezeichnet hat. Besonders wenn man wie ich sehr viel im Ausland unterwegs ist, erlebt man die Ablehnung und den Spott hautnah. Das ist mitunter äußerst schmerzlich. Wie ist diese bitter-heitere „Hymne gegen Lobbyisten“ entstanden? Rainhard Fendrich: Das Lied ist buchstäblich „Federleicht“ zwischen Tür und Angel entstanden. Es war plötzlich da. Es ist kein „Wutlied“, sondern eine Satire über diese „Ehrenwerte Gesellschaft“, die scheinbar mit der Justiz „Katz und Maus“ spielt. Außerdem war Humor immer schon eine sehr wirksame Waffe gegen Missstände und Ungerechtigkeit. Wo auf der Skala von „Sehr ehrenhaft“ bis „Sehr schlecht“ steht Ihr „Lobbyist“? Rainhard Fendrich: Er steht bei „sehr schlecht“ und verkörpert diese Personen, die einen im Grunde ehrenwerten Beruf in Misskredit bringen. Lobbyismus hat eine Tradition, die bis in die Antike (Lobia = Die Vorhalle) zurückreicht. In England ist die „Lobby“ die Vorhalle des Parlaments, in der man auf Entscheidungsträger zugehen kann, um seine Anliegen vorzubringen. In diesem Lied sind jene gemeint, die ihr eigenes Süppchen kochen wollen und ein großes Stück vom Kuchen für sich beanspruchen. Man sollte sie vielmehr als „Mitesser“ bezeichnen. Ein „ehrenhafter“ Lobbyist würde so etwas niemals tun. Er agiert mehr wie ein Anwalt für beide Seiten. Sollte man diese einflussreichen Strippenzieher besser kontrollieren? Rainhard Fendrich: Natürlich, aber wie? Der Einfluss solcher Personen reicht oft bis in die höchsten politischen Kreise und macht auch nicht vor der Justiz halt. Wer einmal „genommen“ hat, ist in ihrer Hand. Ich gehe aber prinzipiell davon aus , dass die Mehrheit der Volksvertreter und hochrangigen „Staatsdiener“ sich ihres Amtseides und ihrer Verantwortung bewusst sind und nun beginnen „auszumisten“. Weiters wird natürlich auch den Medien eine wesentliche Rolle zuteil bei der Herstellung der nötigen Transparenz. So absurd es klingen mag, aber da hatte die Finanzkrise wiederum etwas Gutes. Denn ohne die Pleiten mancher „Firmen- Konstellationen“ und den damit einhergehenden Überprüfungen wäre Einiges erst viel später, oder gar nie ans Licht gekommen. Wo fängt für Sie das Strafbare an? Rainhard Fendrich: Wenn die Regeln der Demokratie nicht eingehalten werden. Wenn nicht der Beste den Auftrag bekommt, sondern derjenige, der das meiste Schmiergeld, die höchste Parteispende oder das schönste „Geschenk“ anbieten kann. Oder den unangenehmsten Druck ausüben kann. Wenn die Entscheidungsfreiheit - mit welchen Mitteln auch immer untergraben wird. Mit Ihrem Hit „Tango korrupti“ haben Sie schon einmal in dieses Wespennest „Bestechlichkeit“ gestochen. Ist Manches noch schlimmer geworden? Rainhard Fendrich: Ich denke schon. Das berühmte „Kuvert“ gibt es kaum noch. Heute werden Millionenbeträge verschoben, durch Kanäle, die oft nicht mehr nachvollziehbar sind. Der „Lobbyisten Reggae“ ist - wenn man so will – eine „Hymne“ derer, die davon gekommen sind. Die man nie erwischt hat, weil sie zu schlau waren oder die Zeit ihre Spuren verwischt hat. Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass nur ein Bruchteil dieser Machenschaften jemals aufgedeckt wird. Die meisten Fälle bleiben im Verborgenen. Die Unschuldsvermutung gilt aber nur innerhalb der Justiz. Dieses Lied ist meine ganz persönliche „Schuldvermutung“. Es ist an die gerichtet, die es sich „gerichtet“ haben. Auch wenn sie immer wieder gebetsmühlenartig ihre Unschuld beteuern: Sie sollen nur wissen, dass wir es wissen! Einige Kritiker vermuten, es liege am System und der „maßlosen Gier“ von Privilegierten, die sich mit Insiderwissen Vorteile verschaffen. Welche Gründe sehen Sie dafür? Rainhard Fendrich: Es ist die Habsucht, die diese Menschen leitet und nichts Anderes. Sei es die Waffen-Lobby, die Öl-Lobby oder die Atom-Lobby: Es geht immer nur um Geld und Macht. Wenn man bedenkt, was ein amerikanischer PräsidentschaftsWahlkampf kostet und woher das Geld kommt, muss man wirklich nur Eins und Eins zusammenzählen. Wer investiert, will auch etwas dafür haben. Man muss nicht besonders schlau sein, um zu durchschauen, wer nach einer gewonnenen Wahl im „Weißen Haus“ in Wahrheit die Fäden zieht. Für welches Projekt könnten Sie sich vorstellen, sich als Lobbyist zu engagieren ? Rainhard Fendrich: Zum Beispiel für die Erforschung seltener Krankheiten, an denen Menschen sterben, weil es sich für die Pharmaindustrie (Lobby) nicht rechnet, geeignete Medikamente zu entwickeln.