1 Prof.Dr.Peter Eicher, 25.05.2006 (All rhigths reserved, copyright) Vorlesung: Buddha – Jesus – Muhammad: 5.Vorlesung: Das Rad der Lehre. Hinführung: Meditation des achtsamen Wohlwollens: Zuwendung zum freundlichen Selbst durch Entspannung – Vorstellung – Verinnerlichung – Lösung – Auflösung. I. DHAMMA – DIE „LEHRE“ 1. Das Verhältnis der Überlieferung im ältesten Pali-Kanon zum historischen Buddha und seiner Lehre: Die Buddha-Statuen, in denen wir den Buddha zu erblicken glauben, sind Mischprodukte aus westlicher Phantasie und östlichem Geist, seit ca. dem 1. und 2. Jh. hellenistisch-römische Darstellungen aufnehmend.. Westlich: Faltenwurf, gersade4 stehende und aufrecht sitzende Gestalt. Östlich: Symbolik, Handstellung, Ausdruck. Die ältesten Darstellungen Buddhas (vor der Zeitenwende) zeigen von ihm - Fußabdrücke - einen Abdruck des Rades (der Lehre), das von seinem Sitzen zurückgeblieben sei einen leeren Thron - den Baum der Erleuchtung in symbolischer Form. Also: Historisch ist nicht die genaue Gestalt, sondern das weiter wirkende „Gehen“, der achtfache „Pfad“ und das Rad der Lehre (Dhamma). Es ist auch daran zu erinnern, dass Buddha vom 36.-80.Lebensjahr lehrend umherzog, die Lehre sich also auch in ihm entwickelte, voran kam – erst recht bei den vielen Schülern, die sich auf ihn beriefen... 2. Der Buddha wirkt nicht durch Wunder und wohl auch nicht als Heiler, Magier oder Arzt. Die älteren Überlieferungen wissen noch um seine Distanz zum Wunderglauben: „Das wahre Wunder tut, wer andere zu rechtem Denken und innerer Läuterung führt, wer für selbst Versenkung, Erkenntnis und Erlösung erwirbt.“ (zit. in:W.Trutwin, Licht vom Licht. Religionen in unserer Welt, Düsseldorf 1976, 252.) 3. Die Lehre enthält zwar eine Fülle theoretischer Annahmen, sie will jedoch selber nur als Ausdruck einer befreienden und heilenden Praxis verstanden werden. Das macht die unüberwindliche Grenze ihres rein wissenschaftlichen universitären Verstehens aus. Für die spätere Tradition gehörte die Zuwendung (1)zum Buddha, (2) zur Lehre und (3) zum Shanga, also zur Ordensgemeinschaft im engeren oder weiteren Sinn zur selbstverständlichen Voraussetzung des Verstehens. Historisch hat Buddha nicht die Gefolgschaft, sondern den eigenen Weg in den Vordergrund gestellt. Es ist jedoch sicher, dass er zu seinen Lebzeiten von einer größeren Schar von Mönchen und auch schon von Nonnen begleitet war. Die Lehre bedeutet also auch eine Einführung in eine Lebensform. Im letzten Gespräch mit Ananda, soll er – an der Fleischvergiftung sterbend – gesagt haben: 2 „Führwahr, ich bin hinfällig geworden, ein Greis von hohem Alter. Ich habe die Lebenszeit durchschritten… wie ein alter Karren, der nur noch unter Schwierigkeiten fährt, so bewegt sich nun der Körper des Thtagata…. Darum verharrt nun, ihr Mönche im innern Frieden und seid euch selbst zur Leuchte. Die Lehre sei eure Zuflucht. Wenn ihr keine andere habt: ihr habt sie in euch.“ (verändert zit. nach ebd.255). Zur Erläuterung: Handhaltung (Mudra) beim „Denken“:Himmelshand, Erdhand, oder die bekannten Handstellungen von Meditation, Lehre, Weisheit, Schutz und Wunscherfüllung. Rechte Hand am Boden: Erleuchtung. (Trutwin 263) 4. Die Prüfung der Lehre geschieht durch die innere Erfahrung von Erwachen, von Ruhe, Frieden und Erleuchtung. Westlich: durch das, was focusing bewirkt: Ein-Klang der Gefühle mit Worten und Bildern. Dies fordert etwas anderes als die Tätigkeit des Memorierens und der Reflexion ein. Es fordert den ganzen Menschen in seiner körperlichen Gegenwart ein. Und es bringt ihn in seinem Werden, im Vergangenen und Kommenden zum Vorschein. Die Lehre Ver-Sammelt den ganzen Menschen. Das Studium gewinnt daher einen meditierenden Charakter. Dadurch wir nicht der kritische Geist gelöscht, aber die Kritik wird auf einer umfassenderen Ebene lebendig. Der ganze Mensch mit all seinen Gefühlen wird zum kritischen Organ der Lehre. 5. Es wäre absurd, die vier Wahrheiten und den achtfachen Pfad als eine Art elementare Philosophie zu betrachten, die „den“ Buddhismus wiedergibt. Anders als in westlich geprägter Schulphilosophie ist gerade in der Überlieferung des Buddha alles in Fluss, in Bewegung, es wird angeeignet, erweitert, ironisiert, vergessen und hochgehalten – je nach Situation. Insofern ist es unmöglich, „den“ Buddhismus durch die Reduktion auf einige Prinzipien kennen zu lernen. Allerdings. Auch die wenigen Sätze genügen noch heute, um ein Leben zum Erwachen zu bringen und Menschen auf den Pfad ihrer Befreiung und ihrer Lösung aus der Angst zu führen. . II. DIE DREI ERSTEN WAHRHEITEN VOM LEIDEN I DIES IST DIE EDLE WAHRHEIT VON DUKKHA: Die Geburt ist dukkha, das Alter ist dukkha, die Krankheit ist dukkha, der Tod ist dukkha, mit Unlieben verbunden und von Lieben getrennt zu sein, ist dukkha, das Gewünschte nicht erlangen, ist dukkha, kurz: die fünf Daseinsgruppen des Ergreifens sind dukkha. 1. Die Einsicht, die Buddha von der Qual der religiösen Wirklichkeitsflucht befreit und zum meditativen Dasein erweckt hat, besteht nicht in einer rein objektiven Sacherkenntnis. Der Anfang der Weisheit liegt nicht in äußerlichen und banalen Erkenntnis, wonach alles was wird auch wieder vergeht,. Die Erkenntnis, alles sei Leiden, gibt vielmehr einer Erfahrung Ausdruck, wonach alles Seiende mit dem innersten Wesen des Betrachtenden in einem unaufhaltsamen Prozess verbunden ist. Das Subjekt der Betrachtung ist ohne Vorbehalt in der Erekenntnis allen Werdens und Vergehens mit einbegriffen – und zwar von seiner eigenen Geburt bis zu seinem eigenen Tod, von allen realen Prozessen seines Lebens bis zu denäußersten Lebenswünschen. Insofern ist der erste Grundsatz buddhistischer Weisheit eine relationale Bestimmung: er gibt das Verhältnis eines sich über seine Vergänglichkeit 3 aufklärenden Subjekts zu allem Vergänglichen bekannt. In der Sprache Gabriel Marcels: Buddha wird durch die Erfahrung des „mystère ontologique“ erweckt und nicht durch eine Problemstellung, wie sie beinahe gleichzeitig den Vorsokratikern eigen war. Nicht das von Platon dem Heraklit zugeschriebene panta rhei trieb den Buddha um, sondern seine eigene Nichtigkeit. Vg. die treffende Erklärung aus Wikipedia zu panta rhei: Die Formel panta rhei (griechisch πάντα ῥεῖ, „alles fließt“) geht auf Platon zurück, der damit eine Zusammenfassung der Lehre von Heraklit geben wollte. Sie ist die knappste Formulierung der sogenannten Flußlehre, die besagt: Alles fließt und nichts bleibt; es gibt kein eigentliches Sein, sondern nur ein ewiges Werden und Wandeln. Die philologische Forschung hat jedoch ergeben, dass dies nicht dem Gedanken Heraklits entsprach. Das originale Fragment lautet: „Denjenigen, die in dieselben Flüsse steigen, fließen andere und andere Wasser hinzu“ (B 12). Das vollständige und treffende Fragment lautet: „In dieselben Flüsse steigen wir hinab und nicht hinab, wir sind es und sind es nicht, denn in denselben Strom vermag man nicht zweimal zu steigen“ (Heraklit). Anders als für Plato gibt es „hinter“ dem Werden und Vergehen kein sich gleich bleibendes Reich von Ideen oder von absolutem Sein. Weder der Strom, noch derjenige, der sich im anvertraut, bleibt sich gleich – alles ist Strömung. 2. „Leiden“ hat im buddhistischen Sinn nicht den pessimistischen und negativen Klang, den der Ausdruck im westlichen Vokabular hat. Das Werden und ‚Vergehen wird anders als bei Plato nicht gegenüber einem sich gleich bleibenden ewigen Seienden abgewertet. Beim Leiden in Buddhas Sinn geht es nicht primär um Qual und Schmerz und um eine depressive Wahrnehmung der Wirklichkeit.. Es geht darum, auf heitere Weise zuzulassen, dass alle Dinge mitsamt dem Betrachter aller Dinge niemals feststehen, keine zeitliche Fixierung zulassen, ständig im Fluss sind, aus dem Nicht-sein kommen und ins Nicht-sein übergehen und also nur werdend wirklich sind. 3. Für Christen ist es nicht leicht, beim Thema Leiden nicht das Thema „Schuld“ mit zu empfinden. Denn Krankheit, Tod, physisches und psychisches Leiden gelten nach der Bestimmung der christlichen Dogmatik als Bestrafung für menschliche Verfehlungen und als Strafe für des Menschen Erbschuld vor Gott. Buddha spricht nicht vom „zugefügten“, nicht vom „verhängten“ Leiden, weil er keinen außer der Welt befindlichen „Schöpfer Himmels und der Erde“ annimmt. Das Leiden kann in den Blick kommen, weil das Schuldgefühl vor einem Gott höchstens als Leiden an einer illusionären Vorstellung, nicht aber als real begründet verstanden wird. Erst durch diese Überwindung des europäischen Schuldkomplexes kam – historisch gesehen – das Leiden als solches überhaupt zum Bewusstsein. Friedrich Nietzsche hat – im Anschluss an Schopenhauer – die Differenz des „Leidens“ im Sinne von Buddha und des „Leids“ im christlichen Sinn am schärfsten gesehen. Vgl. F.Nietzsche, Der Antichrist, No 20f: „20 . .Der Buddhismus ist hundertmal realistischer als das Christentum, - er hat die Erbschaft des objektiven und kühlen Probleme-Stellens im Leibe, er kommt nach einer Hunderte von Jahren dauernden philosophischen Bewegung; der Begriff "Gott" ist 4 bereits abgetan, als er kommt. Der Buddhismus ist die einzige eigentlich positivistische Religion, die uns die Geschichte zeigt, auch noch in seiner Erkenntnistheorie (einem strengen Phänomenalismus -), er sagt nicht mehr "Kampf gegen die Sünde", sondern, ganz der Wirklichkeit das Recht gebend, "Kampf gegen das Leiden". Er hat - dies unterscheidet ihn tief vom Christentum - die Selbst-Betrügerei der Moral-Begriffe bereits hinter sich, - er steht, in meiner Sprache geredet, jenseits von Gut und Böse. …Auf Grund dieser physiologischen Bedingungen ist (im Christentum, P.E.) eine Depression entstanden: gegen diese geht Buddha hygienisch vor. Er wendet dagegen das Leben im Freien an, das Wanderleben; die Mäßigung und die Wahl in der Kost; die Vorsicht gegen alle Spirituosa; die Vorsicht insgleichen gegen alle Affekte, die Galle machen, die das Blut erhitzen; keine Sorge, weder für sich, noch für andre. Er fordert Vorstellungen, die entweder Ruhe geben oder erheitern - er erfindet Mittel, die anderen sich abzugewöhnen. Er versteht die Güte, das Gütigsein als gesundheit-fördernd. Gebet ist ausgeschlossen, ebenso wie die Askese; kein kategorischer Imperativ, kein Zwang überhaupt, selbst nicht innerhalb der Klostergemeinschaft (- man kann wieder hinaus -). … Eben darum fordert er auch keinen Kampf gegen Andersdenkende; seine Lehre wehrt sich gegen nichts mehr als gegen das Gefühl der Rache, der Abneigung, des ressentiment (- "nicht durch Feindschaft kommt Feindschaft zu Ende": der rührende Refrain des ganzen Buddhismus ...). Und das mit Recht: gerade diese Affekte wären vollkommen ungesund in Hinsicht auf die diätetische Hauptabsicht… In der Lehre Buddhas wird der Egoismus Pflicht: das "Eins ist not", das "wie kommst du vom Leiden los" reguliert und begrenzt die ganze geistige Diät (- man darf sich vielleicht an jenen Athener erinnern, der der reinen "Wissenschaftlichkeit" gleichfalls den Krieg machte, an Sokrates, der den Personal-Egoismus auch im Reich der Probleme zur Moral erhob). 21. Die Voraussetzung für den Buddhismus ist ein sehr mildes Klima, eine große Sanftmut und Liberalität in den Sitten, kein Militarismus; und daß es die höheren und selbst gelehrten Stände sind, in denen die Bewegung ihren Herd hat. Man will die Heiterkeit, die Stille, die Wunschlosigkeit als höchstes Ziel, und man erreicht sein Ziel. Der Buddhismus ist keine Religion, in der man bloß auf Vollkommenheit aspiriert: das Vollkommene ist der normale Fall.“ II DIES IST DIE EDLE WAHRHEIT VON DER URSACHE VON DUKKHA: Es ist dieser «Durst» (Begehren, tanha), der zur Wiedergeburt und zum Wieder-Werden führt, mit leidenschaftlicher Begierde verbunden ist, sich hier und dort ergötzt, nämlich der Durst nach sinnlicher Lust, nach Dasein und nach Nichtsein (Selbstvernichtung). 1) Dukkah führt zur Reinkarnation. Die Phänomenologie des Leidens stellt den Zusammenhang des Anhaftens an Vergänglichem und dem Nicht-Enden-Wollen von Leiden besteht. Solange keine Loslösung von dem Vergehenden vollzogen wird, kann das ewige Werden und Vergehen nicht durchbrochen werden. Hier stoßen wir auf ein – wissenschaftliche schwer verständliches - mythisches Verständnis, das auch von Buddha mit dem vorgegebenen Hinduismus geteilt wird. Nach dieser Vorstellung gibt es zwar eine Geburt, aber normalerweise keinen Tod, der das Werden des geborenen Menschen für immer beendet. Die Geburt wird als die Widergeburt einer früheren Daseinsweise und der Tod dementsprechend als der Übergang zu einer wiederum anderen Daseinsweise begriffen. 2) Sinn von Reinkarnation und Meditation. 5 Rational verständlich wird diese Lehre vielleicht am ehesten durch folgende Überlegung. Wenn alles, was neu entsteht, von vorhergehenden Zuständen mit bestimmt wird, dann gehen auch Wirkungen von dem, was vergeht, in das neu Entstehende über. Solange kein Ich als bleibendes, als reinkarniertes gedacht wird (wie in magischeren Formen des hinuistischen Seelenwanderungsglaubens), kann diese Lehre auch experimentell verifiziert werden. Buddha suchte das Leiden nicht eigentlich zu akzeptieren oder sozial, medizinisch und psychisch aus der Welt zu schaffen, (wie der Humanismus von Judentum, Christentum, Islam und Atheismus). Er sucht, dem Leiden für immer zu entkommen, von ihm ein für allemal frei zu werden. Dies ist nur möglich, wenn das Bewusstsein vom Werden und Vergehen völlig frei wird. Um dies zu erreichen, ist es nicht nur notwendig, sich der Verhaftung des Bewusstseins in die rasend schnellen Prozesse der Vorstellungen und der Emotionen bewusst zu werden. Das Bewusstsein muss sich auch davon lösen. Genau dies ist der Kern der Meditation. Meditation als allmähliches Bewusstwerden der mentalen und der emotionalen Prozesse, die das Innenleben bestimmen, ist nur möglich als Vorgang der Introspektion, der Selbstwahrnehmung. Die innere Lösung von den Prozessen der Emotionen und der Reflexionen verlangt eine jahrelange disziplinierte Übung im Wahrnehmen und im Lösen von sich selbst. Genau diesem Vorgang dienen die Meditationsformen, die Yoga-Haltungen, die Zen-Praxis und die beinahe unendlich vielen andern Formen buddhistischer Lebensweise. 3. Die Gier. Gier, Durst und brennendes Verlangen heißt das Begehren, weil es auf irrationale Weise selbstdestruktive Momente enthält. Es erfolgt 1 Nicht nach klarer Erkenntnis des Objekts der Begierde. Vielmehr können sich die Strebungen auf dies oder jenes, auf viele Möglichkeiten also richten. Die Intensität einer Gier verhindert andere Strebungen etc. Das Leiden, das Vergehen von Erfreulichem und das Bleiben von Unerfreulichem wird durch diese Zersplitterung gefördert. 2. Nicht flexibel: Die Gier will permanente Befriedigung und scheitert an der Veränderlichkeit. (Das romantische Problem). 3. Nicht ereichbar.Zu verwirklichen wären solche Wünsche nur, wenn der Begehrende immer neu geboren würde, niemals zu sein aufhörte. Deshalb wird der Begehrende (der Vorstellung und der psychischen Angst oder Erwartung entsprechend) ipso facto reinkarniert. 4. .Die Gier nach Besitz oder nach Verschwinden von Etwas führt notwendigerweise zum Konflikt, zur Gewaltanwenung, zum Krieg oder zur Tötung. Damit wird die friedliche Grundlage der Gesellschaft permanent zerstört 4. Löschung des Ich. Der Kern der Loslösung besteht in der allmählichen Preisgabe des Ich-Bewusstseins, also des Verhältnisses, welches das ganze innere Bewusstsein zur Vorstellung vom „Ich“ aufbaut. .Es sind zwei Momente, die das Ich-Bewusstsein im destruktiven Sinn aufbauen: a) Das Festhalten an der Lehre. Das Festhalten an eigenen Ansichten führt zur Illusion, zum Schein der Wahrheit. Deshalb muss jedes dogmatische Verhältnis zu Einsichten zur Feindschaften mit andern Besitzern von Dogmen führen. Insofern wird Religion zum Grund von Feindschaft. Die roten Khmer, Stalin und Hitler haben ganz bewusst bestimmte Anschauungen dogmatisiert und den Anhängern das Bewusstsein zu vermitteln gesucht, dass 6 es gut sei, für diese Wahrheit sich zu opfern. Damit wurde der Sinn für Wahrheit in sein Gegenteil verkehrt. b) Das Festhalten am Ich: Zur Zeit Buddhas suchte der Brahmanismus und auch der Jainismus gerade die Befreiung zum wahren Lebensprinzip, zum geläuterten, wahren Ich (atman). Dieses wahre und beständige Ich sollte durch alle Lebenszeitalter hindurch sich bewähren (Seelenwanderung). Dagegen verwies Buddha auf die Erfahrung. Im Selbstbewusstsein gibt es nach der Introspektion des Buddha nichts Bleibendes, Festes, Ewiges. Der Wille kann keine Emotion bleibend kontrolleiren, die Emotionen bleiben flüchtig und veränderlich und die Gehalte und Formen des Denkens wechseln unendlich schnell. Insofern ist es nach buddhistischer Erkenntnisphilosophie nicht möglich, sinnvoller Weise zu sagen „Ich“ leide, „Ich“ freue mich, „Ich“ bleibe mir treu. Immer sei es ein bereits wieder anderes „Ich“, das sich in solchen Aussagen totalisiere. Natürlich gibt es Kontinuität, Fluß und Charakter, aber keine psychisch mit sich identische Substanz des Immer Bleibenden. Es geht also genau besehen (vgl. Harvey, Buddhisme 76) nur um die Ablehnung eines metaphysischen „Ich“, also um die Leugnung der Möglichkeit einer transzendentalen Setzung (wie bei Kant).(Vgl. die deutliche Kritik des Dalai Lama an dieser Form der Lehre). III DIES IST DIE EDLE WAHRHEIT VON DER AUFHEBUNG VON DUKKHA: Es ist das völlige Aufhören dieses «Durstes», den man aufgeben, dem man entsagen, von dem man sich befreien und loslösen muss. Die Wahrheit von der Aufhebung von dukkha ist nibbana. nach Harvey, Bouddhisme 1993) - Was „Nibbana“ wirklich bedeutet, können gültig nur diejenigen sagen, die sich von der Verhaftung ins Werden und Vergehen ganz gelöst haben, sei es plötzlich, sei es bis zum Pianissimo äusserster Loslösung. Das Aufhören von dukkha ist gleichzeitig das Beginnen des nibbana. - Um nibbana zu erreichen, ist eine paradoxe Haltung erforderlich: Einerseits muss ich diesen Zustand begeheren, anderseits soll er im Aufhören des Begehrens bestehen: Begehren nicht zu begeheren – also Begehehren fahren lasssen P.E.: Lösung: Es geht nicht darum, etwas nicht zu wollen, sondern darum, nicht zu wollen. - Über dukkha können wir reden und über das Aufhören auch. Über nibbana nicht. Wörtlich meint der Ausdruck: „Auslöschen, Aufhören des Feuers.“ Die buddhistischen Texte gebrauchen dafür in dreifacher Weise die Sprache der Negation: nicht-geboren, nicht geworden, nicht getan, un-bedingt, un-sterblich, der metaphorischen Poesie: das andere Ufer, die Insel in der Überschwemmung, Schutz der Grotte, das Wunderland. positive Steigerung: samatha: voll Frieden, in der Fülle der Wahrheit, im höchsten Glück, immer ewig… (89 - Das Feuer, worin das Begehehren verbrennt besteht gerade aus dem, waoraus Leiden auch entsteht: aus den Flammen des Hasses und der Illusionen, aus den Flammen von Geburt, Altern und Tod.. Psychologisch gesehen liegt darin die präzise therapeutische Beobachtung, dass die neurotische Einseitigkeit den Weg zur Heilung in sich enthält. Systematisch sprechen buddhistische Texte oft von den drei Flammenherden des Haben-Wollen Das Nicht-Haben-Wollen von Unliebsamem Scheinens: des spirituellen Nicht-Wissens 7 - Immer ist es die Menderung des Ich-Bewustsins, bis zu ihrem Erlöschen, die im Zentrum der Erfahrung von Erlöschen, Beruhigen und ewigem Nicht-Sein steht. - .In wem immer diese drei Flammenherde erloschen sind, der kann aber auch vor dem Tod zum „Nichts“ erwacht leben. Mönche und Nonnen erstreben den nibbana-Zustand vor dem Tod ohne ihn erzwingen zu können. Denn dieser Zustand hängt von keiner äußeren Bedingung ab. Er ist jedoch beschreibbar und wird durch das Bewustsein von Arahat, das Bewusstsein vom Nicht-Bewusstsein erreicht. Arahat heißt „würdig“, „vornehm“. Der würdige Zustand wird durch die momentane Erfahrung von nibbana erreicht. Denn natürlich kann nibbana im Leben niemals ständig realisiert sein, da jedes Atmen, jedes Wachen und Schlafen, Essen, Trinken, jedes Gehen und Liegen, jedes Sprechen, alles Kranksein und das Sterben ohne Bewusstsein von vergänglichen und angenehmen und unangenehmen Emotionen begleitet sind. Wer durch das nibbana durchging, der kann an bestimmten Haltungen erkannt werden: Achtsamkeit Mitleid Universale Liebe Erleuchtung mit den sieben Lichtern: Wachsein, Dhamma-Verstehen, anstrengungslose Energie, Freude, Ruhe, Konzentration, Gleichmut Auf je verschiedene Weise werden Begabungen zum Lehren, Heilen, Meditieren etc. gefördert. - Nach dem Tod: „Existiert der Würdige, Vollkommene noch?“ Das wurde Buddha immer wieder gefragt, auch in vielen Lehrrreden durch die Jahrhunderte. Die Anwort ist: Buddha schweigt. Denn jede Sekunde, die an prinzipiell nicht lösbare Fragen verschwendet wird, hält vom spirituellen Weg ab. Vgl. die Parabel vom schwer Verletzten, der nach Ursachen und Folgen fragt und sich nicht pflegen lässt, z.B. Gautama Buddha, die vier edlen Wahrheiten. Texte desursprünglpichen Budhismus. Hg. K.Myhus, ,München 1983, 141ff (Das kleine Lehrgespräch mit dem Sohn des Malunkya. IV DER ACHTFACHE PFAD vgl. Text dazu. 8 V. Zum konzentrierten Blick auf Buddha und das Rad der Lehre Jaspers, Karl, Die maßgebenden Menschen. Sokrates, Buddha, Konfuzius, Jesus. München, Piper 1975 Buddha. Mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. von Volker Zotz Rowohlt Tb., 2005 Erschwingliche Textausgaben: Gautama Buddha, Die Reden des Buddha. Lehre, Verse, Erzählungen von Gautama Buddha, Hrsg. Heinz Bechert, Herder, Freiburg 2000) Buddha. Die Lehren. Auswahl aus dem Palikanon von Gautama Buddha Komet MA-Service und Verlagsgesellschaft, 2000 Gautama Buddha, Die Reden des Buddha, Dtv 2005 (EUR 6,00) Dhammapada, die Weisheitslehren des Buddha. von Gautama Buddha, Munish B. Schiekel Herder, Freiburg, 2005 Paul H.Köppler, O.W.Barth (Hrsg),, Auf den Spuren des Buddha. Die schönsten Legenden aus seinem Leben. Scherz 2001 Populäre Darstellung: Unterwegs zum Buddha. Sein Leben, seine Lehre, seine Wirkung von Pankaj Mishra, u. a. Blessing. 2005 Dhammapada. Der Pfad der Lehre von Gautama Buddha, Gitta Peyn, PhänomenVerlag, 2004 Paul H.Köppler, O.W.Barth (Hrsg),, Auf den Spuren des Buddha. Die schönsten Legenden aus seinem Leben. Scherz 2001. CD: Buddha. 2 CDs von Ursula Gräfe, Erkki Hopf Hoffmann & Campe (März 2006) Buddhistische Darstellung: Thick Nhat Hanh, Der Buddha, Sein Leben, seine Lehren, seine Weisheiten, Theseusk, Berlin 2002 Zur Meditation des achtsamen Wohlwollens vgl. u.a: Eugene T.Gendlin, Focusing-orientierte Psychotherapie. Ein Handbuch der erlebensbezogenen Methode, München 1997; Erving und Miriam Poster, Gestalttherapie. Theorie und Praxis der integrativen Gestalttherapie, Köln 2001.A.Douglas, A.Bernstein, D.Borkovec, Entspannungs-Training. Handbuch der 'progressiven Muskelentspannung' nach Jacobson, Stutgart, Klett und Cotta 2002. Auswahl wissenschaftlicher Texte: Hermann Beckh, Buddha und seine Lehre, Stuttgart 1958. Edward Conze, Der Buddhismus, Stuttgart 1953 (ständige Neuauflage); Buddhistisches Denken, Frankfurt a.M 1988 (ständige Neuauflagen) Andre Bareau u.a. Die Religionen Indiens, Bd.III Buddhismus,- Jinismus – Primitvvölker, Stuttgart 1964. H.J.Greschat, M.-Kraats, Buddhismus, Göttingen 1985 (exzellent) Peter Harvey, An introduction to buddhisme. Teachings, history and practices. Cambridge 1990. (Le Bouddhisme, Enseignement, histoire, pratique, Paris 1993) Peteer Harvey, An Introduction to Buddhist Ethics, Cambridge 2000 9 Hans Wolfgang Schumann, Mahayana-Buddhismus. Das Große Fahrzeug über den Ozean des Leidens, München 1990. Helmuth von Glasenapp, Die Weiheit des Buddha, Wiesbaden o.J.