FAKULTÄTSVERTRETUNG THEOLOGIE DER KARL FRANZENS UNIVERSITÄT GRAZ Universalkirchliche Verfassungsstrukturen WS 05 Verfasst von Bernd Obermayer Alle Rechte, insbesondere das Recht auf Vervielfältigung und Verbreitung, vorbehalten. Alle Angaben ohne Gewähr. 1. Einführung .............................................................................................................................. 3 2. Die Kirche und ihr Recht – Grundlagen des Kirchenrechts ................................................... 3 2.1 Die Kirche Jesu – Rechtskirche oder Liebeskirche? ........................................................ 3 2.2 Infragestellung durch die Reformation ............................................................................ 4 2.3 Katholische Rechtstheologie – Neuere Ansätze ............................................................... 5 2.4 Hauptquellen des Kirchenrechts ...................................................................................... 8 2.5 Die Gesetze der Kirche und ihre Anwendung ................................................................ 12 3. Auslegung von Gesetzen ...................................................................................................... 18 4. Die Rechtssubjekte – zum kirchlichen Personbegriff .......................................................... 19 5. Verwaltung und Rechtssprechung ........................................................................................ 21 6. Grundprinzipien der Kirchenverfassung .............................................................................. 23 7. Communio – Ekklesiologie und die Verfassung der Kirche ................................................ 26 8. Die Rechtsstellung der Glieder der Kirche .......................................................................... 39 8.1 Die Kirchengliedschaft ................................................................................................... 39 9. Pflichten und Rechte aller Gläubigen ................................................................................... 40 10. Kirchliche Personenstände ................................................................................................. 43 11. Die Hierarchische Verfassung der Kirche .......................................................................... 46 2 1. Einführung Das Kirchenrecht ist heute in Defensivstellung innerhalb der akademischen Theologie; weiters: Desinteresse der Studierenden; ein kritischer Ansatzpunkt: steht das Kirchenrecht gegen das Evangelium (als DER Maßstab christlichen Lebens)? Stecher (Innsbrucker Bischof) spricht von der Kirche als von einem 4fachen Druck: Blaudruck: Kirche als Apparat ( oft hat das Bild der Menschen von der Kirche einen Blaustich); Rotdruck: das mystische Element gelber Druck: die pastorale Seite der Kirche Schwarzdruck: Kontoren, wodurch das Bild besser sichtbar wird (Bsp.: Lehramt); hinter den einzelnen rechtlichen Artikeln des Kirchenrechts steht immer eine Geschichte (wie und warum ist es zu diesem Gesetz gekommen?); das Gesamt der Gesetze kann aber nie das Leben der Kirche ersetzen!! die Entwicklung des Kirchenrechts ist nicht nur Aufgabe der Rechtssprechung und der Kanoniker, sondern jeder Theologe und pastoral Tätige muss das Recht anwenden; Der CIC gilt für die Lateinische Kirche (Westen); das Rechtsbuch der mit Rom unierten Ostkirchen ist der Codex Canonum Ecclesiarum Orientalium; 2. Die Kirche und ihr Recht – Grundlagen des Kirchenrechts 2.1 Die Kirche Jesu – Rechtskirche oder Liebeskirche? bei der Begegnung mit dem Kirchenrecht in der Pastoral reagieren die Menschen oft mit Skepsis, Ablehnung oder Missachtung oft beruft man sich dabei auf Jesus: er wollte keine Rechtsvorschriften, sondern predigte die Freiheit; dies greift aber sehr zu kurz: 1. war Jesus nicht für die absolute Freiheit und 2. gab es auch in der Urgemeinde (Ostergemeinde) Regeln; 3. von der anderen Seite her betrachtet, suchen auch die Kirchenrechtler ihr Heil nicht im Gesetz! einen Widerspruch zwischen Liebe und Recht/Gesetz gibt es nicht; Liebe ohne Recht ist keine wahre Liebe (sondern eine rosarote Brille) erst durch das Recht wird die Liebe gerecht; Liebe und Recht sind keine Gegensätze; 1 Kor 5,6f.: „bringt euch nicht vor heidnische Gerichte, sondern Rechtsspruch innerhalb der Gemeinde!“ Christen sollen nicht ungeprüft das jeweils aktuelle, zeitbedingte Recht übernehmen, sondern das Leben aus/im Glauben an Christus bedingt auch ein „eigenes“ Recht; Verpflichtung auf den Geist Christi: Unrecht selbst erleiden entgegen dem eigenen Recht (obwohl ich „Recht“ habe, bestehe ich aus Liebe zu Christus und zum anderen darauf Recht zu bekommen); dies ist aber nicht gleichbedeutend mit: auf jegliches Recht von vornherein verzichten; 3 Lohfink: diese Meinung, es bräuchte gar kein Recht, ist genauso absurd/gefährlich wie die Meinung, es bräuchte gar keine Autorität; damit wird Kirche nur als unsichtbare Kirche festgelegt! aber: das Recht muss immer wieder im Geiste Jesu durchbrochen werden (s.o.!); Recht im Geiste Jesu: Schutzfunktion für den Schwachen und Benachteiligten; Schutz der individuellen Rechtsbedürfnisse; dies ist aber nur möglich, wenn das Recht überall befolgt und durchgesetzt wird; keine ekklektizistische Befolgung oder Auslassung; sonst ist die Ordnung in Gefahr; Aufgabe des Rechts: - Sicherung der Ordnung der Gemeinde - Abbau von Spannungen - Schutzfunktion für den Benachteiligten 2.2 Infragestellung durch die Reformation Infragestellung der Berechtigung des Kirchenrechts; 1521: Verbrennung der Bulle und des Corpus Juris Canonici (Vorgänger des CIC; eine Kompillation mehrerer Bücher) durch Luther; er wollte gegen die Missbräuche und falschen Ansprüche des Papstes demonstrieren; er stellt nicht das Recht als solches infrage, sondern seinen Stellenwert; eine Kirche ohne Recht lag nicht in seinem Interesse; er selbst schrieb später evangelische Kirchenordnungen; Luthers Unterscheidung: - ecclesia abscondita (die unsichtbare Kirche) - ecclesia manifesta (die sichtbare Kirche) für Luther war allein die eccl. abscondita die wahre und entscheidende Kirche (vgl. Augustinus und seine civitas Dei); darunter musste naturgemäß die Bedeutung der eccl. manifesta leiden und immer mehr abnehmen; die eccl. manifesta wurde dem Landesfürsten (als „summum episcopus“) anheim gestellt; Grundsätzliche Infragestellung des Kirchenrechts: durch den evangelischen Rechtsgelehrten Rudolf Sohm (1841 – 1917); These: das Wesen der Kirche ist geistlich, das Wesen des Rechts ist weltlich das Kirchenrecht steht im Widerspruch mit dem Wesen der Kirche; seine Sicht: zuerst war das Urchristentum nicht rechtlich, sondern charismatisch verfasst; das Recht verdrängte allmählich das Charisma; Harnack: die These von der primär charismatischen Verfasstheit der Kirch ist falsch!! die Kirche ist immer als rechtlich strukturierte Gemeinschaft greifbar; im 20. Jhd.: Annäherung der evangelischen Theologie an die Einsicht der Wichtigkeit des Kirchenrechts (Katholische Position); die Reformation stellte die theologische Begründetheit des Kirchenrechts infrage; dies wurde v.a. in der Zeit des Nationalsozialismus zum Problem, als die atheistische Naziregierung Gesetze für die Kirche(n) aufstellte, die gegen das Evangelium gingen; dagegen wurde auch die evangl. Kirche aktiv: die „Bekennende Kirche“; Aufnahme auch von eigenen Rechtsartikeln in der Evangelischen Kirche; 4 2.3 Katholische Rechtstheologie – Neuere Ansätze geprägt vor allem von der Würzburger / Tübinger Schule des 19. Jhd. (v.a. Bertram und Stickler); 1.) der inkarnatorische Ansatz: wie Christus eine wahre Natur angenommen hat, ist auch die Kirche eine weltliche Gesellschaft Recht ist nötig! das Motto: ubi societas – ibi ius! Impulse davon finden sich auch im II. Vaticanum: Ausgangspunkt dabei ist die Christologie: die Menschwerdung Gottes als Mysterium ist auch Maßstab und Analogie für das Handeln der Kirche; aber: es handelt sich dabei um ein analoges (!!!) Verhältnis der Verfasstheit der Kirche und der Inkarnation Christi; die Kirche besteht aus 2 Aspekten (göttliches und menschliches Element: ecclesia abscondita und manifesta), die aber eine komplexe Wirklichkeit darstellt! Das Gesellschaftliche Gefüge der Kirche dient dem Geist Christi (LG 8)!! die Analogie besteht in der Dienstfunktion der menschlichen Natur Christi zur Erlösung der Menschen und der gesellschaftlichen Verfasstheit der Kirche, die dem Geist Christi dient; Kirche ist eine komplexe Wirklichkeit das weltliche Element hat eine (nämlich diese) Bedeutung; 2.) das Programm der Enttheologisierung des Kirchenrechts in nachkonziliarer Zeit: die pastoralen Bedingungen stehen dabei im Vordergrund; das Kirchenrecht wird eher als („lose“) Kirchenordnung gesehen; gefordert wird eine Kirche der freien Gefolgschaft; v.a. von Klein geprägt: Kirche entsteht durch die Glaubensentscheidung der Menschen darüber hat niemand zu richten dem Recht kommt allein eine regulative Funktion zu! vgl. II. Vaticanum (DH): der Glaubensakt ist immer ein freier Akt des Menschen er ist unter Zwang nicht erreichbar; aber: regulatives und konstitutives Recht stehen nicht im Widerspruch zueinander und sind keine Gegensätze; das konstitutive Recht ist immer auch regulativ!! der Glaubensakt ist nicht nur Zustimmung zur Kirche, sondern setzt diese immer auch schon voraus (dies muss man mitbedenken!!); mit der Enttheologisierung des Rechts geht auch eine Entrechtlichung der Theologie einher! die Kanonistik hat nur mehr pragmatisch-technische Funktion Einschränkung auf reine Ausübung des Rechts! aber dabei bleibt die Frage offen: Welche Theologie soll ausgeübt werden? positive Seite dieses Ansatzes: - flexible Anwendung des Rechts - pastorale Gegebenheiten werden ernst genommen in der Rechtssprechung; aber: ist das Recht dann überhaupt noch verbindlich? 5 Huizing: das Kirchenrecht ist flexible Kirchenordnung, die zeitlich gestaltbar und veränderlich ist; die Kanonisten müssen auch mit dem Evangelium, der Dogmatik und der Pastoraltheologie vertraut sein! denn: wenn auf die Grundlage des Kirchenrechts verzichtet wird (Evangelium und Glaube), ergibt sich die Frage: Wie schaut das Recht dann überhaupt aus? das Kirchenrecht würde zum schwimmen anfangen! 3.) der sakramental-kerygmatische Ansatz – die Münchner Schule vor dem II. Vaticanum besonders von Klaus Mörsdorf ( 1989) geprägt; 1976: Art. Kanonisches Recht als theologische Disziplin: Grundgedanke: Wort und Sakrament sind konstitutive Bauelemente, auf die Christus die Kirche gegründet hat; das Wort muss/soll verkündet, die Sakramente gespendet werden; dies setze Christus ein! beide Elemente (Wort + Sakrament) weisen immer schon auch auf rechtliche Dinge hin; beide sind auch ein menschliche Kommunikationsvollzug; Gott wirkt in ihnen; sie haben gemeinschaftsbildende und –erhaltende Bedeutung; es sind 2 Elemente der einen Kirchenbildung; Ausgangspunkt dabei: die Christusstiftung der Kirche; Sendungsauftrag der Kirche: damit wurde ihr auch die Art und Weise der Umsetzung in gewisser Weise vorgegeben; die primäre Bedeutung: die Heilsvermittlung; das Wirken des Heils; dabei gibt es aber immer auch einen rechtlichen Charakter; Wortverkündigung: sie führt zur Gemeinschaft mit Gott und mit den Menschen (in die/der Kirche); das Wort hat verpflichtenden Charakter und damit auch eine rechtliche Dimension; das Wort verlangt bspw. eine Entscheidung des Hörers (Annahme oder Ablehnung) und hat Geltungsanspruch (Joh 14: ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben,...); das Wort hebt zwar die Freiheit der Entscheidung nicht auf, aber tritt mit einem Anspruch auf; aber man muss auch sehen: die Verkündigung kann von den Aposteln, denen sie aufgetragen wurde, nicht abgelöst werden! die Apostel haben die Aufgabe der Verkündigung; sie repräsentieren die Verkündigung in gewisser Weise; das Wort des Bischofs bedingt daher auch einen rechtlichen Charakter: die Verkündigung (auch des Bischofs) geschieht im Auftrag des Herrn er spricht nicht als Privatperson; Wortverkündigung: Stiftung durch Christus Vollmacht des Herrn Wort – Verkündigung fordert Gehorsam Kirchenrecht; Das Sakrament: als Rechtssymbol (wie bspw. das Verkehrszeichen); primär hat es aber das Ziel des Wirkens des Heils; auch den Symbolwert bekommt das Sakrament aufgrund der Stiftung Christi (vgl. das Verkehrszeichen hat seinen Symbolwert wg. der StVO); die Quelle des Sakraments ist eine „unsichtbare“ Macht: Christus; von daher: Recht als ius divinum; Stiftung durch Christus Sakrament ergibt Verbindlichkeit Kirchenrecht; 6 der Rechtscharakter gründet im ius divinum: das Recht, das von Christus der Kirche unveränderlich vorgegeben ist; aber: nicht alles Recht (auch in der Kirche) ist göttlich; Bsp.: Taufe: den Ritus ersetzen ist unmöglich aufgrund der Stiftung Christi (Taufe im Kontext des ius divinum); aber Veränderungen in der konkreten Feiergestalt ist möglich und wurde auch gemacht durch die Zeit der Kirche hindurch; das Recht ist dem Menschen zur Veränderung anvertraut, aber gleichzeitig ist es unveränderbarer Bestandteil der Kirche; der Ansatz von Klaus Mörsdorf: Wort und Sakrament begründen die Kirche; beiden Dingen wohnt eine rechtliche Dimension inne; Wort ist nicht nur Information, sondern wird mit Anspruch verkündet es fordert Gehorsam; auch das Sakrament hat eine rechtliche Gestalt; Bsp.: Taufe ist die einzig verbindliche Form, in die Kirche einzutreten es gibt keine andere!! Christus selbst spricht und spendet die Sakramente; von da her ergibt sich die Unverfügbarkeit ius divinum; aber: nicht alles im Bereich von Wort und Sakrament ist automatisch göttliches Recht; Wort und Sakrament sind Gabe und Aufgabe zugleich die konkrete Gestalt der Feier ist der jeweiligen Zeit bzw. Kultur aufgegeben; Im Bereich der Sakramente können 2 Ordnungen/Dimensionen unterschieden werden: 1.) die konstitutiv – konsekratorische Ordnung: wurzelt in der Tiefenschicht des Menschen; v.a. auf sakramentale Weise vollzieht sich die Entstehung der Kirche zu dieser Ordnung gehören v.a. die Sakramente der Taufe (als Initiation in die kirchliche Gemeinschaft), Firmung (Bestärkung in der kirchl. Gemeinschaft), Weihe (als Übernahme besonderer Aufgaben innerhalb der Kirche); auch die Ehe gehört dieser Ordnung an, weil sie den Bund zwischen Gott und Mensch in Christus wiederspiegelt; 2.) die operative Ordnung: in dieser Ordnung kommt die konsekratorische Ordnung im Vollzug zum Ausdruck; dazu gehören: Eucharistie, Beichte und Krankensalbung; beide Ordnungen sind zwei Seiten ein und derselben Medaille (der Kirche); sie lassen sich zwar unterscheiden, nicht aber voneinander trennen (vgl. LG 8!); zur Communio plena der Kirche ist immer und zu jeder Zeit zu streben; sie wird verwirklicht durch (1) das Band des gemeinsamen Glaubens/Glaubensbekenntnisses, das Band der (2) gemeinsamen Sakramente und das Band der (3) gemeinsamen Leitung; „communio“ wurde terminologisch sehr bedeutend in nachkonziliarer Zeit; dieser Begriff meint die Gemeinschaft von Gott und Mensch und von Menschen untereinander; eine Vertiefung der Communio erfolgt in der Feier der Eucharistie; Wiedereingliederung in die Communio erfolgt durch die Buße; die anderen Kanonisten im Gefolge von Mörsdorf, wie Corecco, Aymnas, Krämer usw. gehen wie Mörsdorf von der Analyse des Fundaments der Kirche aus und bauen auch auf der Terminologie des II. Vaticanums auf: „Volk Gottes“, „Leib Christi“, „Tempel des Hl. Geistes“, „Corpus Christi mysticum“,...; 7 2.4 Hauptquellen des Kirchenrechts I. Ein Blick in die Geschichte kirchliche Rechtsdokumente finden sich bereits aus dem 2. Jhd.; rechtliche Makrostrukturen gab es bereits damals; im 1. Jahrtausend waren besonders die Konzilsbeschlüsse die hauptsächlichen Richtlinien; auch die Symbiose mit dem römischen Denken beflügelte das Rechtsdenken des Christentums! im Mittelalter wird der Papst wichtig für die Rechtsgebung; erst im 12. Jhd. spricht man aber von einer kanonischen Wissenschaft (die Wissenschaft des Kirchenrechts ist sehr alt!); Corpus Iuris Canonici der Großvater des CIC; es war DAS Rechtsbuch der Kirche im Mittelalter; es besteht aus 5 Büchern; 1. Decretum Gratianum (~ 1140) Gratian war Kamaldulenser; er war der erste, der das damals gängige Recht ordnete; aber sein Werk war eine rein private Rechtssammlung; das Buch selbst erschien öffentlich erst um 1220; die Methodik der Darstellung der Rechtssätze war die der quaestiones (wie in der Scholastik üblich); im Mittelalter kam der Wunsch nach Neuerfassung und Neuauflegung des Rechts 2. Liber Extra Gregor IX (1234) Zusammenfassung des Rechts; erste Neuerlassung des Kirchenrechts durch den Pontifex Maximus! 3. Liber extra Bonifaz VIII (1298) Ergänzungen zum Liber Extra Gregor IX. 4. Clementinen (1317) von Clemens V. zwar beauftragt, aber er starb vor dem Herauskommen; Johannes XXII. erlassen; 2 – 4 sind die päpstlichen (weil von ihm erlassenen) Rechtsnormen; 5. Extravagantes Johannes XXII. und Communes Eigentlich keine erlassenen Rechtsnormen mehr, sondern eine Privatsammlung päpstlicher Gesetzgebung; später wurden auch andere Rechtsbücher zusammengestellt, Bsp.: päpstliche Bullarien oder Konzilscanones; die Wissenschaft, die das Decretum Gratiani untersucht, ist die Dekretistik; die Wissenschaft, die päpstlichen Rechtsnormen untersucht (Pkt. 2.) – 4.)), nennt man Dekretalistik; bis 1917 war diese mittelalterliche Gesetzessamlmung in Kraft dies wurde schon länger als ungenügend empfunden; 8 Ruf nach Straffung und Erneuerung; Vorbild dafür waren die bürgerlichen Gesetzbücher des 19. Jhd., besonders der Code Napoleon; 1917: der CIC ist da; in Kraft tritt er in 1918; es ging um die Straffung und Neuordnung des bisherigen Rechts; zuvor waren verschiedene Gesetzeskorpora gültig (viele Texte mussten gelesen werden, bevor man eine Auskunft geben konnte) Ruf nach Straffung; es ging aber nicht darum, ein neues Recht zu schaffen; 3. der CIC 1983 im 20. Jhd.: tiefgreifende gesellschaftliche Veränderungen die Verbesserung des eigenen Rechtsbuchs gefordert; weiters Kritik (Balthasar, De Lubac u.a. am CIC 1917: dieses war ja nie ein neues, an die Zeit angepasstes Recht, sondern nur das Alte Recht in einem mehr oder weniger neuen Gewand; erst 1959: Johannes XXIII. sah die Aufgabe als wichtig an! Entstehungsgeschichte des CIC – Die Reform des CIC die eigentliche Arbeit begann erst nach dem Ziel durch eine eingerichtete Kodexkommission; 1. Phase: Erarbeitung von Einzelentwürfen (1965 – 77) sogenannte „Schemata“ wurden erstellt; 2. Phase: Konsultationsphase (1972 – 80) konsultiert wurden die Bischöfe und die Konferenzen, die Kongregationen und Universitäten; viele Kritikvorschläge wurden auch zurückgeschickt; 3. Revisionsphase (1980 – 82) ein ganz neues Schema wurde erarbeitet; dann wurde es dem Papst vorgelegt; er überarbeitet den Text nochmals 4. Entscheidungsphase (1982-1983) er lässt sich Zeit 25.1. 1983: Promulgation des CIC mit dem Schreiben „Sacrae disciplinae leges“; mit dem Beginn des Kirchenjahres 1984 (27.11.) trat das Recht in Kraft; 2. Der Aufbau des CIC I. II. III. IV. V. VI. Allgemeine Normen Volk Gottes: a. die Christgläubigen b. die hierarchische Verfassung der Kirche c. die Institute des gottgeweihten Lebens und die Gesellschaft des apostolischen Lebens; der Verkündigungsdienst der Kirche der Heiligungsdienst der Kirche: a. Sakramente b. Sonstige gottesdienstliche Handlungen c. Heilige Orte und Zeiten die zeitlichen Güter der Kirche kirchliches Strafrecht 9 VII. kirchliches Prozessrecht; am Ende des CIC finden sich noch andere Teile, wie die Rotagesetzgebung; Kern des CIC sind die Punkte III und IV. (gemäß dem Konzept von Mörsdorf entspricht III. dem Wort und IV. dem Sakrament); 3. Der Geltungsbereich der CIC gilt für die lateinische römisch – katholische Kirche; nicht für die unierten Kirchen des Ostens; persönlicher Geltungsbereich: die Gesetze des ius divinum gelten eigentlich für alle Menschen der ganzen Welt!! die Kirchenrechte gelten für alle westlichen Katholiken (aber nur für jene, die einen Vernunftgebrauch besitzen); der CIC gilt mit der regionalen Einschränkung für alle Getauften auch für jene, die aus der Kirche ausgetreten sind; auch die Ausgetretenen sind prinzipiell dem Recht verpflichtet (wegen dem Taufcharakter); es gibt aber Ausnahmebestimmungen v.a. im Bereich des Eherechts; Voraussetzung für einen prinzipiellen Geltungsbereich des kanonischen Rechts ist der Gebrauch der Vernunft und das Vollenden mindestens des 7. Lebensjahres; Der Codex Canonum Ecclesiarum Orientalium – CCEO es gibt 21 katholische Ostkirchen mit ihren jeweils eigenen Rechtsnormen; jede für sich ist eine Ecclesia suae iuris; erst vor kurzem wurde ein gemeinsames Rechtscorpus erlassen, der CCEO (promulgiert am 18.10. 1990; in Kraft seit dem 1. Oktober 1991 1 Jahr Legisvakanz); der Papst ist primatialisches Oberhaupt der gesamten katholischen Kirche und damit auch der Osterkirchen, die mit Rom uniert sind; die Kirchen sind unterschiedlich verfasst; manche als Patriarchate, andere als Metropolen, Erzbistümer, Exarchate,...; die Ostkirchen (die größte ist die ukrainisch – katholische Kirche) sind zu unterscheiden von den orthodoxen Kirchen, die nicht in voller Gemeinschaft mit Rom stehen; im Osten ist das Prinzip der Demokratisierung und der Subsidiarität viel stärker ausgeprägt als im Westen: Bsp.: der Hl. Synod,...; Klerikerrecht: die Ostkirchen kennen das Institut des in Ehe lebenden Priesters, hat aber auch Wertschätzung für den zölibatären Kleriker; beides ist lt. CCEO in der Ostkirche (und nur dort gilt nicht im Bereich, der dem CIC untersteht) anerkannt! der CCEO ist eingeteilt in 30 Tituli; Zu den außerkodikarischen Rechtsquellen CIC und CCEO gelten in der ganzen Kirche; man nennt sie „universalkirchliche Bestimmungen“; aber es gibt auch andere Rechtstexte von dieser Qualität wie bspw. päpstliche Dekrete u.ä.; 10 daneben gibt es auch partikularkirchliche Gesetze: sie gelten nur in bestimmten Teilkirchen; sie können vom Papst, aber v.a. auch von der zuständigen Bischofskonferenz oder dem Bischof erlassen werden; das Gesetz muss, damit es Geltung hat, veröffentlicht werden; Bsp.: Acta Apostolicae Sedi (für den universalkirchlichen Bereich) oder das amtliche Gesetzblatt in der jeweiligen Diözese; in Österreich hat auch die Bischofskonferenz ihr eigenes Blatt; die Gesetze sind stufenmäßig ihres Geltungsbereichs nach aufgebaut; Universalkirchliche Bestimmungen Partikularkirchliche Bestimmungen Gesetze der Bischofskonferenz Diözesangesetze die kirchliche Rechtssprache das Recht und seine Sprache: Normen müssen verständlich sein und ihre Intention muss klar und eindeutig erkennbar sein; Voraussetzung: Einheitlichkeit in der Wortbedeutung durchgehend im ganzen Dokument; der CIC hat in dieser Hinsicht Defizite, weil verschiedene Kommissionen an ihm gearbeitet haben jeder war unterschiedlichen Traditionen verpflichtet und brachte die jeweilige Terminologie ein; seit 1917 sind auch Übersetzungen der Rechtstexte erlaubt; maßgebliche Norm und der authentische Text bleibt aber immer noch die lateinische Fassung; aber: Übersetzungen sind eine große Hilfe; ein Problem bei der Übersetzung ist die Übertragung von lateinischen Begriffen in die Muttersprache (lat. Begriffe decken sich nicht 1:1 mit den dt. Begriffen); weiters: die Sprache kann sehr schnell antiquiert wirken; das Team der deutschen Übersetzung entwickelte eine eigene Fachsprache, die verstanden werden muss, wenn man den Gesetzestext selbst verstehen will; Bsp.: im Lateinischen Text wird oft der Konjunktiv verwendet übersetzt wurde dies immer mit „soll“ Kritik: besser wäre gewesen, mit „müssen“ zu formulieren, weil die andere Variante zu vage ist; theologische Aussagen im CIC auch diese finden sich dort; oft werden erklärende Worte (übernommen oft von Konzilstexten) vor die einzelnen Bestimmungen gestellt; sie stellen den theologischen 11 Zusammenhang/Kontext her, von dem her die Bestimmungen zu sehen sind; aber Problem: gesagt wird nicht, in wie weit diese Texte Gültigkeit haben oder umgesetzt werden sollen; Gesetzestexte sind immer in einen theologischen Kontext gestellt; Bsp.: Taufrecht: die ersten Canones behandeln die theologische Komponente (Tauftheologie) ohne diese sind manche Bestimmungen, die dann folgen nicht zu verstehen (warum soll man das Kind schnell taufen nach der Geburt?); die literarische Gattungen in Gesetzeswerken Einordnung und Klassifizierung nach Ladislaus Örsy: (1) dogmatische Feststellungen: Glaubenssätze, die am Anfang von Texten stehen; sie sind keine Rechtstexte an sich sie unterliegen nicht der richterlichen Interpretation; sehr oft werden hier Konzilstexte verwendet; (2) theologische Meinungen: keine Glaubenssätze, sondern Lehrmeinungen, die vertreten werden; Unterschieden werden muss hierbei zwischen Einzelmeinungen und Schulmeinungen; (3) moralische Feststellungen: Bsp.: Pflicht zur Buße; Verpflichtung der Eltern auf eine verantwortungsvolle Erziehung ihrer Kinder,...; (4) spirituelle Ermahnungen: besonders im Klerikerrecht: gewisse Übungen und Lebensformen werden anempfohlen, ohne sie rechtlich einzufordern; (5) philosophische Theorien: Bsp.: bezüglich der Willensfreiheit des Menschen und ihrer philosophischen Implikationen; dabei ist man aber nicht einer bestimmten Schule verpflichtet; (6) Bezüge zu empirische Wissenschaften: medizinische, psychologische,... Erkenntnisse (Ehefähigkeit und ähnliches); der Auslegungshorizont ist der jeweilige letzte Stand der Wissenschaft!! (7) Echte Gesetze und rechtliche Bestimmungen 2.5 Die Gesetze der Kirche und ihre Anwendung Die kirchliche Rechtsordnung ius etymologisch kann es zweifach gesehen werden. 1.) ius quia iustum: lat. gerecht, gerichtet; wenn das Handeln mit dem Recht in Einklang steht; aber: die Rechtsnorm steht auch unter der Aufgabe, dass sie der Ordnung entspricht; Recht ist Recht, weil es gerecht ist; das Recht muss sich immer der Anforderung der Gerechtigkeit stellen; 2.) ius quia iussum: lat. befohlen von „jubeo“; Recht ist immer etwas Verbindliches; es bindet den Betroffenen; Recht ist mehr als ein Wunsch oder eine Bitte; hierbei geht es um den Befehlscharakter des Rechts; 12 I. Recht im subjektiven Sinn: der Rechtsanspruch den jeder Mensch hat; aufgrund der Rechtsordnung besteht der Anspruch auf Recht und dessen Durchsetzung; man spricht von subjektiver Rechtsbefugnis; das Recht kann jeder beanspruchen; II. Objektives Recht/Rechtsordnung: DAS Recht an sich; die Normen als Ganzes; 3.) Recht und Moral: jede Rechtsordnung ist bruchstückhaft und ist nie perfekt, so dass sie allem gerecht werden könnte! weiters muss sich das Recht selbst Grenzen setzen, weil sonst die Gefahr bestände, dass alle Dimensionen menschliche Lebens verrechtlicht/ausjudiziert werden würde! Cicero: Summum Jus summum iniuria (das größte Recht ist die größte Ungerechtigkeit); Geboten ist ein Zusammenspiel von Recht und Moral; Recht ohne gelebte Moral (würde in etwa einer ius quia iussum entsprechen) ist nicht tragbar; Recht und Moral geht es um die Ordnung des Lebens des Menschen, jedoch auf unterschiedliche Weise: das Recht will das Zusammenleben ordnen; die Moral greift weiter aus: auch die Beziehung des Menschen zu sich selbst und zu Gott wird von ihr in die Betrachtung hineingenommen; nur solange Rechts- und Sittenorndung deckungsgleich sind, kommt dem Recht auch sittliche Verpflichtung zu! es gibt unter den Partikularrechten auch ein vom Abt/Ordensoberen erlassenes Recht! 2. Recht und Moral Recht kann nie so weit ausgebaut werden, dass es der gesamten Lebenssituation aller Menschen gerecht wird; Aufgabe des Rechtsgebers: Prozess der Weiterentwicklung des Rechts im Sinne des moralisch Gebotenen; Moral als Quelle des Rechts; Recht: Regelung der Gemeinschaft; Ordnung der Beziehung des Einzelnen zur Gemeinschaft und umgekehrt; Moral: fasst auch das sittliche Verhalten des Menschen zu sich selbst, zu Gott und zum anderen mit ein; das Recht ist eingeordnet in die Moral; Recht als verlässlicher Bundesgenosse der Moral; Recht und Moral sind aufeinander verwiesen und bedingen einander; man unterscheidet: 1. rein moralische Normen: keine rechtliche Verpflichtung; sittlich – ethische Verpflichtungen; es fehlt die rechtliche Durchsetzbarkeit; Bsp.: du sollst den Nächsten lieben; 2. rein rechtliche Normen: immer durchsetzbar; grundsätzlich moralisch indifferent: Bsp.: Festlegung der Rechts- oder Linksfahrordnung; aber wenn die Norm einmal erlassen ist, ist die Norm sittlich zu befolgen im Sinne des Zwecks der Norm; 3. rechtlich – sittliche Norm: moralische Normen werden rechtlich positiviert; Bsp.: du sollst nicht stehlen der Gesetzgeber erlässt Normen, die diese moralische Forderung ausgestalten und konkretisieren; 13 die Trennung von Recht und Moral führt zu moralwidrigen Rechtsordnungen (positivistisches Rechtsverständnis: Bsp.: Mauerschüsse, Nürnberger Gesetze,...); 3. Flexibilität des Kirchenrechts das Kirchenrecht geht vom gesatzten Recht aus der Rechtssatz ist bestimmend (nicht wie im Englischsprachigen Raum, wo man von einer Fallgesetzgebung ausgeht); das Kirchenrecht verlangt flexible Anwendung, die die Situation bedenkt und mit einbezieht, weil das Recht den diakonischen Auftrag der Kirche mittragen muss; der diakonische Auftrag des Rechts; das Recht steht im Auftrag des Heils der Menschen; es muss dem Einzelnen und der Gemeinschaft gleichermaßen dienen; Instrumentarium der Flexibilität wurde entwickelt, ohne der Beliebigkeit Tür und Tor zu öffnen; Anpassung des Rechts je nach Einzelfall und spezieller Situation; es verlangt den Blick auf den Zweck der jeweiligen Rechtsnorm und den Blick auf das Wohl des Einzelnen; das Instrumentarium - Toleranz: die kirchliche Autorität lässt nach Abwiegen des Für und Wider zu, was eigentlich nicht erlaubt ist; Toleranz ist mehr als Wegschauen! - Erlaubnis: bei Rechtseinführung wird auch eine Erlaubnismöglichkeit miteingeführt (Bsp.: Taufe im Haus eigentlich nicht erlaubt, aber mit der ausdrücklichen Erlaubnis des Bischofs ist eine solche möglich!); - kanonische Billigkeit: jede Norm ist so anzuwenden, dass der moralische Sittlichkeit Rechnung getragen wird; - Epikie: „~ Billigkeit“; jemand findet, dass der Rechtssatz für ihn in der bestimmten Situation nicht gilt die Gründe müssen aber vernunftgemäß und nachvollziehbar sein, sonst wäre es eine rein willkürliche Handlung; bei solchen Entscheidungen nach dem eigenen Gewissen ist darauf zu achten, ob man nur selbst oder aber auch das Recht anderer Menschen betroffen ist! aber es ist grundsätzlich möglich, vom Gewissen her, von der Rechtsnorm abzuweichen; - Dispens: hoheitliche Befreiung der Wirkungskraft eines kirchlichen Gesetzes in einem konkreten Fall; can. 85 schreibt dies im CIC selbst fest; der Dispens ist in bestimmten Umständen immer einforderbar; der Dispens ist der Epikie vorzuziehen, weil man dadurch gleichsam das Lehramt auf seiner Seite hat!; in der mit Rom unierten Ostkirche kommt die oikonomia vor: Freiheit vom Gesetz unter konkreten Umständen, der Bischof handelt als „Ökonom“ (Hausvater) und tut so, als wäre das Gesetz nicht da! man handelt über das Gesetz hinweg; es gilt das Recht und die Durchbrechung gleichzeitig; Der Dispens ist Befreiung von der Rechtsnorm durch die kirchliche Obrigkeit; 4. Göttliches und menschliches Recht und ihr Verhältnis zueinander göttliches Recht wurzelt im Sakralen einer Flexibilität im bestimmten Maße entzogen; 14 Einteilung des Rechts nach seinem Ursprung 1.) jus mere ecclesiasticum: bloß menschliches Recht; 2.) jus divinum a) ius divinum positivum: der Kern des Rechts der Kirche; aus diesem werden die anderen Gesetze und Vorschriften abgeleitet; aus den Rechtsnormen von AT und NT ( aus der göttlichen Offenbarung) lassen sich diese Gesetze ableiten (Bsp.: der Primat des Papstes ist zwar in der Bibel grundgelegt, steht aber so natürlich nicht in der Bibel Ausformulierung; weiters: die Unauflöslichkeit der Ehe); b) jus divinum naturale(?): Naturrecht; ableitbar aus der natürlichen Sittlichkeit der Schöpfung verweist auf ein sittliches Grundwissen der Menschen (Unterscheidung von Gut und Böse); es gibt auch göttliche Rechtssätze, die erst ausformuliert werden; manche biblische Aussagen bedürfen eines Prozesses der Umwandlung in ein positiv formuliertes, gesatztes Recht; es bedarf der Auslegung der biblischen Weisung; es gibt auch Gebote, die nicht ins Recht übernommen wurden (Bsp.: Schwurverbot, Streitschlichten vor heidnischen Richtern; Schleiergebot für die Frau im Gottesdienst); umgekehrt gibt es göttliches Recht, das SO nicht in der Hl. Schrift steht (Ämterstrukturen, der päpstliche Primat,...); manche Rechte waren früher auch göttliches Recht, sind es heute aber nicht oder wurden überhaupt ad acta gelegt (Bsp.: Zinsverbot); es gibt Veränderungen auch im göttlichen Recht; vieles bleibt aber unveränderlich (v.a. im Sakramentenrecht); göttliches Recht ist nicht unveränderlich und dennoch ist es nicht gleichzeitig menschlicher Willkür unterworfen; durch den Rückverweis auf göttliches Recht, ergeht der Verweis auf die Stabilität des Rechts; aber göttliches Recht bedingt nicht ein generelles Diskussionsverbot über das göttliche Recht selbst; es gibt auch in diesem Bereich eine Lehrentwicklung (v.a. durch die Kanonisten, aber auch durch den Sensus fidelium): teilweise nach dem Motto: vox populi vox dei; der Papst entscheidet, was göttliches Recht ist; aber die Nachfolger Petri sind sehr behutsam mit dem Umgang mit dem göttlichen Recht; von den 1752 des CIC sind nur 25 dezitiert als göttliches Recht bezeichnet; menschliches Kirchenrecht wird vom göttlichen Recht normiert und begrenzt; Aufgabe: Umsetzung des Göttlichen Rechts in praktische, handhabbare Form; aber auch: Verwirklichung des Sendungsauftrags der Kirche in ihrem Tun; das menschliche Kirchenrecht wird von der kirchlichen Obrigkeit eingeführt, verändert und auch teilweise wieder abgeschafft; auch ein Dispens davon ist möglich; 5. Gesetzeshierarchie und Verfassung Staatliches Recht: stufenweise aufgebaut; unterschiedliche Rechtsebenen; die unteren Ebenen müssen durch die oberen Ebenen gedeckt sein die untere Ebene darf der oberen nicht widersprechen! 15 Verfassung Gesetze Verordnungen Verwaltungsbescheide ...; das Kirchenrecht kennt eine ähnliche Typisierung, kennt aber keine formale Verfassung, sondern spricht von materieller Verfassung; Bsp.: Papstgesetze gelten höher als Bischofsgesetzgebungen und dieses darf nicht im Widerspruch zum Papstgesetz stehen; vom Prinzip her ist das Kirchenrecht dem staatlichen Recht ähnlich; den höchsten Platz nimmt das göttliche Recht ein; auch die Verwaltungsentscheide müssen gedeckt sein von der oberen Ebene; ein (gescheiterter) Versuch: Lex Ecclesiae Fundamentalis (LEF): nach der Codexreform meinte man, ein einheitliches Grundgesetz der Kirche erarbeiten zu müssen in Anlehnung an das staatliche Grundgesetz für Ostkirche und lateinischer Kirche; das Projekt wurde jedoch aufgegeben, weil man sich nicht einigen konnte, welche Gesetze in ein solches Grundgesetz nehmen sollte (nur göttliches Recht wäre zu vage formuliert; nur bestimmte göttliches Normen sind diese wichtiger als andere?... Dilemma; dies bedeutet aber nicht, dass die Kirche keine Verfassung hätte; es gibt bspw. einen päpstlichen Rat zur Auslegung des Kirchenrechts; es gibt auch eine päpstliche Instanz, die die Einhaltung des Kirchenrechts überprüft; Eine Art Rechtsabteilung der Kirche; der oberste Gerichtshof der apostolischen Signatur ist letzte Entscheidungsinstanz über die Richtigkeit von Bischofserlässen (überprüft wird dies von der Rota); 6. Kirche und Staat – Staatskirchenrecht die Kirche hat ein internes Recht; aber die Kirche ist auch Gegenstand der staatlichen Normierung und Gesetzgebung; der Staat wacht über das Recht der Religionsfreiheit; Staatskirchenrecht oder auch Religionsrecht genannt: Normen, die vom Staat im Bezug auf kirchliche Gemeinschaften und Religionsgemeinschaften erlassen werden; in Österreich: v.a. in den Verfassungsrechten: Art. 14/15 des Staatsgrundgesetzes (1867): alle Staatsbürger haben das Recht, ihren Glauben individuell und auch in Gemeinschaft auszuüben; es gibt auch einfache Gesetze: Anerkennung des Rechtsstatus von Religionsgemeinschaften; Bundesgesetz für die Eintragung und die Stellung von Religionsgemeinschaften zum Staat; Kirchenbeitragsgesetz (1939(!): von Hitler eingeführt und später beibehalten); Religionsunterrichtsgesetz,...; oft gibt es auch vertragliche Vereinbarungen: die KONKORDATE zwischen der Kirche und dem Staat: die römisch – katholische Kirche wird dabei vertreten durch den Papst; das Konkordat regelt das Leben der Kirche im Staat auf Dauer intendiert sind Stabilität, Kontinuität und Ordnung; im Osten werden heute viele Konkordate geschlossen; England und Amerika haben keine Konkordatstradition (geschichtlich und gesellschaftlich bedingt); 16 in Österreich: das Konkordat von 1934: geregelt werden u.a. das Feiertagswesen, die Militärseelsorge und die Seelsorge in Spitälern und Gefängnissen; weiters: die Bischofsbestellungsregelungen; Zusatzkonkordate: 1960: Vermögensvertrag 1962: Schulvertrag anerkannte Religionsgemeinschaften: haben öffentlich – rechtlichen Charakter (Steuerbegünstigungen, Religionsunterricht, Sendezeit im ORF,...): Katholische Kirche, protestantische Kirchen HB und AB, Altkatholiken, israelitische Glaubensgemeinschaft, islamische Glaubensgemeinschaft, Buddhisten, Mormonen, griechisch – orientalische Kirche, armenisch – apostolische Kirche, Neuapostolische Kirche, Herrenhutter Brüderkirche, Kopten; weiters gibt es 10 eingetragene Religionsgemeinschaften: u.a.: Bahai, Baptisten, Freie Christen, Pfingstler, Adventisten, Hinduisten, Menoniten,...; seit dem 2. Jhd. gibt es bereits Rechtssätze: v.a. Bischofsgesetze und Konzilscanones; Francisco Suarez (17. Jhd.): Kirchenrechtssatz: ein allgemeiner, dauerhafter, hinreichend veröffentlichter Befehl; heutige Definition – Kirchliches Gesetz das kirchliche Gesetz ist eine dem Glaubensgut entsprechende, mit den Mitteln der Vernunft gestaltete, auf Förderung des Lebens der Kirche ausgestaltete, allgemein verbindlich Norm, die von der zuständigen kirchlichen Autorität für einen bestimmten Personenkreis auf Dauer hin erlassen und förmlich als Gesetz kundgemacht (promulgiert) wurde. 1. allgemeine Rechtsverbindlichkeit: eine Norm ein bestimmter Personenkreis ist angesprochen; die Rechtsverbindlichkeit ist in gewisser Weise auch abstrakt: das Gesetz gilt nicht nur für einen ganz bestimmten geschichtlich einmaligen Fall, sondern ist auf Dauer und auch räumliche Universalität hin angelegt; Verbindlichkeit: kein Wünschen, sondern notfalls auch mit Sanktionen verbunden Rechtsverbindlichkeit verlangt auch Durchsetzung; Sanktionen: Strafen (u.a. Exkommunikation, Lehrverbot, Interdikt,...) oder Nichtigkeitssanktionen (die begangene Handlung wird für ungültig erklärt); 2. zuständiger Gesetzgeber: dies ist im Kirchenrecht genau abgesteckt: der Bischof ist bspw. nur in seiner eigenen Diözese Gesetzgeber; Gesetzgeber sind kraft göttlichen Rechts in erster Linie der Papst (zusammen mit dem Bischofskollegium) für die Gesamtkirche und der Bischof für die eigene Diözese; der Papst kann aber bestimmte Gesetzgebungen auch an andere Stellen delegieren; nach Kirchenverfassung sind auch die Bischofskonferenzen und auch die Ordenskapitel in bestimmten Bereichen Gesetzgeber; 3. die passiv gesetzesfähige Gemeinschaft: verschiedene größere oder kleinere Gruppen, die die Gesetze betreffen (Einwohner der Diözese, Pastoralassistenten, Ordensleute,...) 17 4. Amtliche Kundmachung: Einführung des Gesetzes durch Promulgation: amtliche und öffentliche Bekanntgabe des Gesetzes; Rechtskraft erhält das Gesetz aber erst durch die Inkraftsetzung; Unterscheidung: Promulgation und Inkraftsetzung; die Zeit dazwischen (gewöhnlich nach CIC 3 Monate) nennt man „Legisvakanz“ Möglichkeit für die Menschen und die Wissenschaft, sich mit dem neuen Gesetz vertraut zu machen; die Gesetze betreffen immer zukünftiges, nicht aber Vergangenes; zweifelhaftes Gesetz: dieses bindet nicht (vgl. can 14) bei Unkenntnis des Gesetzes muss man unterscheiden: wenn daraus Ungültigkeitssanktionen erwachsen, spielt die Unkenntnis keine Rolle; bei Strafsanktionen muss geprüft werden, ob die Unkenntnis eine schuldige oder unverschuldete ist; I. II. inhabilitierende Gesetze: ein Gesetz, das jemanden zu einer Handlung unfähig macht; die Person selbst wird für unfähig erklärt! (Bsp.: auch wenn man 5x heiratet, ist man dennoch nur 1x gültig verheiratet!); irritierende Gesetze: das Gesetz macht den Rechtsakt selbst ungültig der Akt wird selbst für unfähig erklärt! 5. Vernünftigkeit: damit die Gesetze eine Chance auf Befolgung haben; vernünftig bedeutet: 1. logisch rational und 2. auch dem Glauben und dem Dogma der Kirche gemäß: nützlich, gerecht, naturgemäß,...; wenn dies nicht mehr der Fall ist, muss das Gesetz außer Kraft gesetzt werden! Bsp.: bis zum II. Vaticanum war das Verbot aufrecht, dass keine Messe nach 12 Uhr gefeiert werden durfte! 6. Ausrichtung auf das Gemeinwohl: sehr wichtig; Ausrichtung auf das Gesamtziel der Gemeinschaft; das Wohl der gesamten communio der Glaubenden; Ziel Heil der Seelen („supra lex est salus animarum!“); ob ein Gesetz wirklich Gesetz ist, oder nicht, hängt von diesen Kriterien ab!! 3. Auslegung von Gesetzen viele Gesetze sind in sich klar und leicht praktisch 1:1 anwendbar; es braucht keine Auslegung; andere Gesetze sind wiederum nicht klar es braucht eine Auslegung: man muss den Sinn des Gesetzes erkennen und dann die Anwendbarkeit auf den konkreten Fall durchleuchten; auch die Absicht, die mit dem Gesetz intendiert wird, muss berücksichtigt werden; wichtig auch: Kenntnis des spezifischen, rechtlichen Wortschatzes und Erfahrung und Wissen um das, was für das Heil der konkreten Person förderlich ist; Grundsätze: CIC ist von der Theologie des Konzils her zu betrachten und nicht umgekehrt! die Kanonistik ist nicht nur eine rechtliche Arbeit, sondern auch ein theologisches Geschäft!! 18 Interpretation von Gesetzen 1. Authentische Interpretation: der Gesetzgeber selbst stellt die Norm klar; er selbst gibt dem Gesetz den authentischen Sinn; die Norm selbst aber bleibt unverändert; Bsp.: can 117; 2. Gesetzliche Interpretation: can 17: Gesetze sind zu verstehen gemäß ihres eigenen Wortlauts und des Kontextes; bei Unklarheit sind Parallelstellen – so es welche gibt – heranzuziehen bzw. gemäß des Sinns des Gesetzes zu entscheiden; 3. Doktrinelle Interpretation: von Seiten der Wissenschaft, Forschung und der Lehre; 4. Forensische Interpretation: die Auslegung von Verwaltung und konkreter, tatsächlicher Rechtssprechung (als eine Art von Präzedenzfällen); 5. Gewohnheitsmäßige Interpretation: can 27: die beste Auslegung, ist die nach der Gewohnheit; neben den Gesetzen gibt es ergänzend auch Statuten, Durchführungsverordnungen,...; 4. Die Rechtssubjekte – zum kirchlichen Personbegriff Rechtsperson (= Träger von Rechten und Pflichten) (Kennzeichen: Rechtsfähigkeit und Handlungsfähigkeit) physische Person kreiert); juristische Person (von der Gesetzgebung selbst Handlungsfähigkeit: Vermögen, die Rechte in eigener Verantwortlichkeit zu übernehmen und zu befolgen; Rechtsfähigkeit ist nicht automatisch gleichbedeutend mit Handlungsfähigkeit; Bsp.: Kinder und geistig Kranke sind nicht handlungsfähig es braucht Vertreter für sie, die den Rechtsakt vollziehen; die physische Person: von Natur aus ist der Mensch Träger von unveräußerlichen Rechten und Pflichten; eine allgemeine Rechtsübernahme; mit der Eingliederung in die Kirche kraft der Taufe wird der Mensch auch eine kirchliche Rechtsperson; aber auch die Ungetauften haben in der Kirche gewisse Rechte, wen ihnen auch die kirchliche Rechtspersonhaftigkeit fehlt; Bsp.: Ungetaufte haben, wenn sie die Kriterien erfüllen, ein Recht auf Taufe; alle (!!!) Getauften sind Glieder und Rechtspersonen der einen Kirche Jesu Christi; alle Getauften sind Träger des kirchlichen Rechts; Umstände, die den Rechtsstatus der Person beeinflussen: 1. Alter 2. Weihegrad: Kleriker / Laien 3. Amtsträger – Stand / Status: Stand in der hierarchischen Ordnung der Kirche; Bischof Pfarrer Pastoralassistenten; für alle gilt anderer Rechtsstatus; 4. communio: die KK sieht die eine Kirche Jesu Christi in der KK voll verwirklicht; (siehe II. Vaticanum: subsistit – Debatte) Kriterien für die communio plena sind gestuft: Kirchengliedschaft durch Gemeinschaft im Glaubensbekenntnis, in den gemeinsamen Sakramenten und in der gemeinsamen Leitung; nur die KK hat die 19 vollen Rechte; aber auch die Mitglieder anderer Kirchen haben Rechte in der einen Kirche Jesu Christi (wenn auch weniger); die Gesetze göttlichen Rechts gelten aber für alle (weil sie ja für alle Menschen gelten!); 5. schwer sündhaftes Tun: Strafen können verhängt werden; Sanktionen: Rechtsbeschränkungen für die Person; Bsp.: Beugestrafen: Exkommunikation, Kirchenbann, Interdikt, Suspension Ziel: Verhaltensänderung (can 31 ff); Exkommunikation ist aber nicht Verlust der Kirchenmitgliedschaft (wegen des unzerstörbaren Taufcharakters), sondern Verlust kirchlicher Rechte (v.a. im Sakramentenrecht!); die Pflichten bleiben aber bei kirchlichen Strafen aufrecht! Bsp.: Kirchenaustritt: Taufe ist unaufhebbar das Taufband ist unzerstörbar; der Austritt betrifft daher nur die rechtliche Stellung; die Person bleibt zwar dem Kirchenrecht unterstellt, ist aber von bestimmten Rechten und Pflichten ausgenommen; die Kirchenbeitragspflicht (Grund für viele Austritte) bleibt kirchenrechtlich gesehen aber aufrecht (wegen unaufhebbarer Taufe); aber: die staatliche Einklagepflicht geht durch den öffentlichen Kirchenaustritt verloren! Exkommunikation: die Fähigkeit, Sakramente zu spenden, geht auch nicht verloren, aber das Verbot zur Spendung wird ausgesprochen; sobald die Umkehr erfolgt ist, hat der Exkommunizierte das Recht auf Aufhebung der Kirchenstrafe! juristische Person (Rechtsperson, persona juridica): eine Personengruppe, Sachgesamtheit; Substrate, die Träger von Rechten und Pflichten sind; das Gesetz anerkennt von sich aus ein bestimmtes Gebilde als Träger von Rechten; Grund ist die Einsicht, dass die institutionelle Einrichtung mehr ist als die Summe ihrer Mitglieder; Bsp. für juristische Personen: Pfarren, Diözesen, der Hl. Stuhl, Anstalten, Stiftungen, Vereine,...; juristische Personen göttlichen Rechts sind die Diözesen und der Hl. Stuhl; die meisten juristischen Personen sind aber kirchenverfassungsmäßig festgeschrieben: Vereine, Gemeinden,...; wichtig für die aktive Teilnahme am Kirchenrecht für die juristischen Personen ist, dass die juristischen Personen auch auf staatlicher Ebene als solche bekannt sind! modus vivendi in Österreich seit dem Konkordat von 1934: der Bischof hinterlegt die Urkunde, die die Anerkennung der juristischen Person für ein bestimmtes Gebilde festschreibt, beim Kultusamt; damit ist das Gebilde in beiden Ordnungen (staatlich und kirchlich) juristische Person! die Rechtsfähigkeit ist grundsätzlich von der physischer Personen nicht unterschiedlich (mit Einschränkung im Bezug auf das Sakramentenrecht natürlich!); die Handlungsfähigkeit ist aber sehr unterschiedlich: eine juristische Person kann nicht selbst handeln; dazu braucht sie Menschen, die sog. Organe der juristischen Person; wer ein solches Organ ist, wird im Gesetz oder in den Statuten der juristischen Person selbst festgelegt; Bsp.: im CIC: Organe der Pfarren werden dort genau festgelegt; die juristische Person ist voll handlungsfähig, aber sie braucht zur Umsetzung Organe; 20 5. Verwaltung und Rechtssprechung 1. Allgemein: im Staat: Gewaltenteilung: Gesetzgebung/Verwaltung/Gerichtsbarkeit; in der Kirche: alle 3 sind in Papst und Bischof vereint; es gibt nur eine Gewaltenunterscheidung: Verwaltung: führt Gesetze aus; sie hat die Aufgabe, Anwendungsentscheidungen zu finden; auch die Durchführung der Gesetze müssen dem bonum der Kirche dienen (can. 35!); Verwaltungsakt: Unterscheidung zwischen allgemeinem und individuellem Verwaltungsakt; der individuelle Verwaltungsakt dient dem Einzelnen oder mehreren Einzelnen; diese Verwaltungsakte dehnen das Gesetz aus oder schränken es für den bestimmten Fall ein; es gibt dabei 2 Formen: das Dekret (Sonderform: Verwaltungsbefehl) und Reskript; im Bezug auf den Verwaltungsakt gibt es zwei Prinzipien: 1.) Legalitätsprinzip: alle Verwaltungsakte müssen rechtskonform sein; es darf kein Gesetz verletzt werden; das Verwaltungsorgan ist immer ans Gesetz gebunden; 2.) Schriftlichkeitsprinzip: alle Verwaltungsakte müssen schriftlich sein; in der Kirche ist dies nicht so genau wie im staatlichen Recht: Bsp.: im Bußakt darf gar nichts schriftlich festgehalten werden; 2. das Einzeldekret can. 48-59; Verwaltungsdekret für einen bestimmten Einzelfall; Notwendig dafür: 1.) die Erlassung von einem dafür kompetenten Organ (Bsp.: Ordinariat); 2.) betrifft einen Einzelfall; für das Einzeldekret ist aber kein Antrag Voraussetzung! inhaltlich betrifft das Einzeldekret: Verleihungen (Titel, Missio canonica, Kirchenamt,...), hoheitliche Entscheidungen im Einzelfall (allgemeine Definition), Entscheidung auf Ansuchen auf Pension; vor dem Erlass: 1.) Erkenntnis im konkreten Einzelfall einholen can. 50; 2.) schriftliches Erlassen des Dekrets und eine kurze Begründung für das Dekret (um Missbräuche zu verhindern), can. 51 3.) Rechtskraft erhält das Einzeldekret ab der Zukenntnisbringung für den Betreffenden (heute meist per Post); auch wenn der Betreffende sich aber taub stellt, gilt das Dekret; Verlust der Rechtskraft des Dekrets: Widerruf des Erlasses durch die kompetenten Organe oder Wegfall des Gesetzes überhaupt; fristgerechter Erlass: das Dekret muss fristgerecht (meist 3 Monate nach Anrufung) erlassen werden; bleibt das Organ säumig, gibt es einen Beschwerdeweg; Sonderfall Verwaltungsbefehl: nachdrücklicher Aufruf zur Einhaltung von Gesetzen; auch Rechtskonsequenzen können angedroht werden; (Bsp.: Religionslehrer verabsäumt, seinen Unterricht zu halten; Androhung: Entzug der Missio); das Dekret entspricht dem staatlichen Verwaltungsbescheid; 21 3. Reskript „Rückschreibung“, can. 55-59; Antwortschreiben der Verwaltungsbehörde auf eine Anfrage; die ist der markante Unterschied zum Dekret; es muss zuerst eine Anfrage erfolgen; inhaltlich sind Reskripte: Privileg, Dispens, Gnadengunst; Privileg: besonderer rechtlicher Gunsterweis durch einen besonderen Rechtsakt, der einer physischen Person gewährt wird; sehr selten, bspw. Ablassprivilegien; Dispens: Befreiung von einem kirchlichen Gesetz durch die kirchliche Autorität (can. 85); der Einzelne kann gegen ein bestimmtes bestehendes Gesetz handeln; nicht alle Gesetze sind jedoch dispensierbar: vom ius divinum kann nicht dispensiert werden; auch deren Rechtshandlungen sind nicht dispensabel (Bsp.: kein Dispens vom Konsens in der Eheschließung möglich); wichtig ist ein Dispensgrund: es braucht eine nachvollziehbaren Grund für den Dispens; es sind die Situation des Einzelfalls und die Wichtigkeit des Gesetzes mitzubeachten; Bsp.: Dispens von der katholischen Formpflicht der Ehe bei interkonfessionellen Ehen, die vor dem Standesamt geschlossen werden; Zuständigkeit der Dispenserteilung: jedes Organ mit Verwaltungsvollmacht, v.a. aber der Bischof und der Papst; aber auch ihre Stellvertretungsorgane (Generalvikar und die Kurie in Rom); auch eine Delegierung der Vollmacht ist möglich (Bsp.: In Abwesenheit des Generalvikars: Übertragung der Vollmacht auf den Kanzler); die Erwirkung von Reskripten: jeder kann ein Reskript erwirken (can. 60); es kann sogar für Dritte ohne deren Mitwissen erwirkt werden; Bsp.: geheime Ernennung von Priestern zu Prälaten o.ä.; Sonderregel: can. 65: der Bischofsvikar kann nicht Reskripte, die vom Generalvikar ausgestellt wurden und ablehnend auf eine Anfrage antworten, zum positiven wenden; (dies wäre nur dem Bischof selbst möglich); Rechtswirksamkeit: Gültigkeit schon vor der Kenntnisnahme des Betreffenden; bei der Ausstellung des Schriftstücks; Reskripte des Hl. Stuhls gehen meist den Amtsweg über die diözesane Rechtssprechung; 4. Rechtsmittel im Verwaltungsverfahren auch im staatlichen Bereich kann man sich gegen Bescheide wehren; im CIC plante man, eine eigene Diözesanstelle für Beschwerden einzurichten; dies wurde aber nicht getan; dennoch gibt es Wege der Beschwerde; der sog. „hierarchische Rekurs“ gegen alle Verwaltungsdekrete kann Einspruch erfolgen (außer auf päpstliche und Konzilsentscheide); a) diözesane Schieds- und Schlichtungsstelle: Suche nach einer Entscheidung ohne Rechtskämpfe und Streit; Suche nach friedlichen Lösungen und Kompromissen; diese Schlichtungsstelle umfasst 2002 in Graz 3 Laien und 2 Priester; Suche nach außergerichtlichen Lösungen, aber beide Parteien müssen vorher schon den Spruch der Stelle als geltend anerkennen! 22 b) Verwaltungsbeschwerde: can. 1732-39; man wendet sich an den hierarchisch Oberen des Verwaltungsorgans, das den Verwaltungsentscheid ausstellte; 1. Schritt: schriftliches Ansuchen; gilt auch zugleich als Antrag auf Vollzugsaussetzung des Dekrets; nach 10 Tagen muss eine Entscheidung um die Fortsetzung der Gültigkeit des Dekrets kommen oder nicht; die höhere Verwaltungsbehörde kann das vorherige Dekret entweder bestätigen, abändern oder auch für ungültig erklären; die Römische Kurie ist Letztinstanz; c) Verwaltungsgerichtsbarkeit: nicht die inhaltliche Seite, sondern die Rechtskonformität der Erlassung wird untersucht; ist der Akt rechtskonform gesetzt worden oder nicht? die Kompetenz dazu hat die II. Sektion der apostolischen Signatur; es geht um die spezifischen Verwaltungsverfahrensnormen; d) diözesane Gerichtsbarkeit: die Gerichtsbarkeit war immer schon wichtig in der Kirche (vgl. 1 Kor!); Sicherung des Rechts des Einzelnen, Friede in der Gemeinde,...; die Richter üben ihr Amt ohne Verfügbarkeit von oben aus; Voraussetzung: moralische Sittsamkeit; bei Entscheidungen genügt ein moralischer Eindruck, es braucht kein absolutes Wissen; die Rechtsvorschriften und die Normen für die Verfahren sind aber sehr streng einzuhalten; 6. Grundprinzipien der Kirchenverfassung A Theologische Strukturelemente Ekklesiologische Grundlegung Kirche als societas perfecta vor dem II. Vaticanum war dies die vorherrschende Sicht auf Kirche; dies bedeutet nicht, dass die Kirche sündenlos (perfekt) ist, sondern dies ist gerichtet v.a. gegen den absolutistischen Staat; die Kirche betonte dadurch: die Kirche ist eine „eigenrechtliche“ Gesellschaft es braucht den Staat eigentlich gar nicht; dies ist Reaktion auf die Staatsideologie des 17. Jhd.: dem Staat gehört alle Macht; auch die Kirche ist dem Staat unterstellt; in den Kirchen der Reformation gab es dagegen wenig Widerstand, weil für diese die wahre Kirche ohnehin die ecclesia abscondita ist die sichtbare Kirche ist dem Staat zur Gestaltung durchaus auch zu überlassen; Bsp.: für absolutistische Eingriffe: Joseph II. legt die Anzahl der Altarkerzen fest; im Norden sind viele Könige noch heute Oberhäupter der Landeskirche; 23 im katholischen Raum kam es zu weniger drastischen Maßnahmen, weil sich die Katholische Kirche immer auch als sichtbare Gesellschaft verstand; Anspruch wurde laut: libertas ecclesiae; Theoretische Grundlegung: Kirche ist societas perfecta; ähnlich dem Staat hat sich alle rechtlichen Mittel, um ihre Ziele von selbst zu erreichen; Christus hat die Kirche auf das Fundament der Apostel gegründet Kirche hat auch eine sichtbare Dimension; Grundsatz: ubi societas ibi ius! Der Grundsatz der societas perfecta wurde im 18. Jhd. v.a. in der Würzburger Schule theologisch weiter entfaltet; die Konzeption blieb bis zum II. Vaticanum gängig; manche gesellschaftliche Grundmuster wurden aber auch in die societas – perfecta Theologie übernommen: starke Betonung der Obrigkeit und der Leitungsämter; Ungleichheit von Laien und Priestern; Papstzentralität als Kontrapunkt zum staatlichen Fürsten; die Gleichheit der Würde aller Gläubigen wurde dagegen wenig betont; das societas perfecta – Denken war fruchtbar für die Freiheit der Kirche vom Staat und für die Internationalität der Kirche (Stichwort Universalkirche) sie hat in gewisser Hinsicht durchaus auch heute noch ihre Berechtigung; Neuansätze im II. Vaticanum Perspektivenwechsel: die Terminologie societas perfecta wird vermieden nur das Äußere ist zur Beschreibung der Kirche für die Konzilsväter zu wenig auch das Innere der Kirche ist wichtig! Kirche als Volk Gottes Daraus ergibt sich theologisch die Taufe, das allgemeine Priestertum aller Gläubigen und die Gleichheit aller; die Kirche ist vom Geist gewirkt und entsteht durch gemeinsamen Glauben, dieselben Sakramente und in der gemeinsamen Leitung; damit in Verbindung steht auch die Bezeichnung ecclesia: die häufigste Bezeichnung im NT für die an Christus Glaubenden; etymologisch von ekkaleo (herausrufen): das von Gott durch Christus herausgerufene Volk Gottes; auch Bezeichnung für die Gottesdienstliche Versammlung und später auch für das Gotteshaus; Anknüpfung an das jüdische Verständnis von Volk; das neue Volk versteht sich als für alle Menschen offene Gemeinschaft keine ethnischen Grenzen; dies macht auch deutlich: Ursprung, Zweck und Ziel der Kirche kommen von Gott her kein rein menschliches Gebilde, das aus sich heraus besteht; das Volk Gottes hat auch atl. Bezug: Erwählung durch Gott Unterschied zu allen anderen weltlichen gesellschaftlichen Gemeinschaften; dies bedeutet gleichzeitig aber auch eine Indienstnahme durch Gott (Sendungsauftrag Jesu); dies bedeutet auch eine je neue Ausrichtung auf das Evangelium (dies gilt auch im Bezug auf die sozialen und rechtlichen Strukturen der Kirche!!); Kirche und Reich Gottes sind nicht identisch, aber aufeinander hingeordnet die Kirche steht im Dienst der Verwirklichung des Reiches Gottes; 24 da die Kirche Volk Gottes ist, ist die Kirche auch universal geprägt durch die Offenheit allen Menschen gegenüber; daher gibt es auch Spannungen zwischen der Teil- und der Universalkirche; Voraussetzung: unter Wahrung der Einheit gibt es die Verschiedenheit der Teilkirche; Kirche als Leib Christi: von der Vielheit zur Einheit gedacht; 1 Kor 1,9: alle sind zur Gemeinschaft mit Christus berufen; echte Teilhabe an Christus (nicht nur äußerlich); besonders sichtbar wird dies in der Eucharistie! Kirche und Eucharistie bedingen einander grundsätzlich! Eucharistie setzt Taufe voraus Röm 12: alle Getauften werden zum Leib Christi; Leib Christi: Kirche ist auch sichtbares Zeichen des „unsichtbaren“ Auferstandenen Kirche als „fortlebender“ Christus; dies bedeutet aber auch: die Kirche ist gebunden an den, den sie repräsentieren soll; Kirche ist von Christus her unverfügbar grundgelegt keine rein menschliche Gesellschaft daran muss sich die Kirche auch jederzeit neu überprüfen! das Communio Modell auch ein Bild für die Einheit von Teilkirchen (Bsp.: von Judenchristen und Heidenchristen in der Frühzeit); Kirche ist nicht nur international, sondern v.a. katholisch; die Vielfalt ohne Beeinträchtigung der Einheit keine Aufspaltung; in der Patristik: communio ecclesiarum: Einheit der Kirchen und doch sind sie eins; Kirche als Tempel des Heiligen Geistes der Geist als Quelle der Kirche; die pneumatologische Dimension der Kirche: die Kirche ist auch Geschöpf des Heiligen Geistes; Rahner: die Verfassung der Kirche ist mehr, als ein Schriftstück je festlegen könnte: auch der Geist der Kirche ist nämlich wichtig! auch die Amtsvollmacht in der Kirche kommt von Christus und wird durch den Heiligen Geist wirksam! c) Tempel des Hl. Geistes: Verhältnis Amt und Charisma zur Kirche gehört auch das Wirken des Hl. Geistes in ihr dazu; zwischen Amt und Charisma (Amtskirche und Liebeskirche) wird es immer eine Spannung geben, die unmöglich aufzulösen ist; auch das Amt wird erst durch das Wirken des Hl. Geistes wirksam; Medard Kehl: Wirken des Hl. Geistes gründet die Kirche nur durch den Geist ist Einheit in der Kirche möglich; die konkrete Einheit braucht auch Strukturen um bestehen zu können; der Geist bedient sich der Strukturen zur Verwirklichung der Einheit; das persönliche Charisma wirkt immer auch in das Amt hinein (vgl. Franziskus; er hat darüber hinaus auch die herkömmlichen Ordensstrukturen verändert); mit dem Wirken des Hl. Geistes muss immer gerechnet werden; auch eine Trennung zwischen Amt und Charisma ist nicht sinnvoll! man muss aber auch sehen: Strukturen fallen nicht vom Himmel! es ist ein Wirken des Hl. Geistes und des Menschen; 25 Ordnung und Kontinuität sind ohne dauerhafte Strukturen nicht möglich; aber die Kirche steht immer unter ständiger Erneuerung (ecclesia semper reformanda) ein Wesensmerkmal der pneumatologischen Dimension der Kirche; communio als Strukturprinzip der Kirche Kirche ist Gemeinschaft der Gläubigen (communio Christi fidelium); fruchtbarer Ansatz des Konzils und große Rezeption danach; communio ist aber organische Wirklichkeit, die rechtliche Gestalt verlangt und zugleich von der Liebe beseelt ist; im Inkraftsetzungsdokument des CIC (1983) „Sacrae Disciplinae leges“: der CIC ist rechtliche Ausgestaltung dessen, was das II. Vaticanum mit communio meinte; man versuchte auch das Recht vom Blickwinkel aller Gläubigen ausgehend zu konzipieren; zuerst geht es auch im CIC um das Recht aller; dann erst werden spezifische Rechtsnormen für die verschiedenen Stände angeführt (vgl. Aufbau von LG!); früher ging man umgekehrt primär vom Recht der Geweihten Kleriker aus; 7. Communio – Ekklesiologie und die Verfassung der Kirche ausformuliert von der Münchner Schule 1. Kirche „in und aus Teilkirchen“ die Kirche wird verstanden als Verbindung einzelner Ortskirchen durch gemeinsame Sakramente und den gemeinsamen Glauben; LG 23 und CIC can. 68: „in quo et ex quo“; in quo: Kirche ist nicht Kirchenbund, sondern mehr! die Kirche ist ihrem Wesen nach schon von vornherein eins! es gibt eine gewisse Autonomie und doch bilden sie eine communio und sind daher eins; a) Gesamtkirche und Teilkirche (Diözese oder Diözeseähnliche Kirchen) und ihr Verhältnis zueinander: die Gesamtkirche verwirklicht sich voll in jeder Teilkirche und nimmt dort konkrete Gestalt an; kein theologischer Unterschied zwischen Gesamt- und Teilkirche; sie haben beide kein mehr an Berufung und Aufgabe; in der auf der Ebene unter der Diözese (Pfarre) ist keine volle Verwirklichung der Gesamtkirche möglich, weil das Bischofsamt als solches fehlt! die Teilkirche ist gleich ausgerüstet wie die Gesamtkirche (LG 26); ex quo: Gesamtkirche bedeutet nicht bloß die Summe aller Teilkirchen, sondern mehr; sie entsteht aus dem Vollzug der Teilkirchen, andererseits ist sie auch mehr; Aufgabe: Stärkung der einzelnen Teilkirchen; Beide Teil- und Gesamtkirche darf man nicht gegeneinander ausspielen oder eine Seite zu stark betonen! die Person des Bischofs: er ist Repräsentant der Teilkirche nach außen hin (gegenüber der Gesamtkirche und anderen Teilkirchen); aber auch die Gesamtkirche wird von ihm repräsentiert insofern er dem Kollegium der Bischöfe angehört qua dieser Mitgliedschaft repräsentiert er auch die Gesamtkirche; 26 die Teilkirche ist sichtbare Form der Gesamtkirche und Gesamtkirche bedeutet Einheit; Eine Ortskirche ist nur dann wahre Teilkirche, wenn sie in voller Gemeinschaft (communio plena) mit den anderen Teilkirchen und der Gesamtkirche steht; b) Personalität und Territorialität: früher wurde Kirche stark unter territorialen Gesichtspunkten gesehen; communio – Theologie: die Kirche ist immer Gemeinschaft von Gläubigen Gemeinschaft aufgrund der Taufe und nicht primär aufgrund örtlicher Zugehörigkeit; die Diözese ist Teil des Gottesvolkes; dem Bischof und seinem Kollegium ist sie zur Seelsorge anvertraut; Betonung des personalen Elements; aber die Diözese ist auch weiterhin territorial bestimmt, wenn dies auch nicht primäre Definitionsgrundlage ist (auch eine territoriumslose Diözese ist denkbar); can 15 §1: auch auf Ebene der Pfarre ist das personale Prinzip stärker, aber dennoch gilt natürlich auch hier weiterhin das territoriale Prinzip; der Regelfall ist weiterhin die territorial umgrenzte Pfarre (Ausnahmen: kategoriale Pfarren); 2. Kirche als Gemeinschaft der Glaubenden a) Gleichheit: LG 32: „so waltet doch eine allen gemeinsame Gleichheit zum Aufbau des Leibes Christi“ noch vor der Unterscheidung der verschiedenen Stände wird die Gleichheit aller (auch im Bezug auf die Berufung zur Heiligkeit) betont (LG 30-38); in der Einheit aller werden alle Ungleichheiten aufgehoben! die sekundäre Unterscheidung hebt die prinzipielle Gleichheit nicht auf; auch das Recht nahm beim einzelnen Christgläubigen Ausgang (früherer Ausgangspunkt: der Kleriker); can. 208: Gleichheitsgrundsatz: beruht auf Taufe und Firmung; Grundsatz: Gleiches ist gleich zu behandeln; die Gleichheit ist nicht so verstanden wie im staatlichen Bereich: can 207 §1: kraft göttlichen Rechts: gibt es eine Ausdifferenzierung in geweihte Ämter und Laien; can. 1024: es gibt geschlechtliche Grenzen für das Weiheamt; heute wird dies nur mehr theologisch begründet; Bsp.: Papst: die Kirche hat nicht das Recht, die apostolischen Gebräuche zu ändern die 12 Zahl haben sie nicht bebehalten, die geschlechtliche Differenzierung sehr wohl belassen; b) Verschiedenheit: der Geist in der Kirche tätig verschiedene Charismen in der Kirche die Vielheit als Gestaltungsprinzip der Kirche; es gibt ein Recht auf eine eigene Form der Spiritualität (eigener Ritus, Gebete, Kirchenmusik,...) das Recht will keine Uniformität herbeiführen! es gibt auch verschiedene Stände innerhalb der Kirche (Weihestand, Ehestand, Stand der Unverheirateten,...); das Recht auf Vielheit ist auch vom Recht her schützenswert; 3. Kirche als hierarchische Gemeinschaft – communio hierarchica a) Hierarchie – zum Begriff: Leib Christi meint: er ist das Haupt und die einzelnen Glieder sind auf ihn hingeordnet; ein Amt muss sich daher immer von Christus herleiten gemäß der Etymologie: hieros arche: Heiliger Ursprung/Anfang; 27 Christus als einziger Legitimationsgrund eines jeden Amtes; Amtsträger sind daher immer (auch) Repräsentanten Christ Dienstvollmacht; LG 21: in den Bischöfen ist Christus der Hohepriester anwesend; aber: der Bischof ist nicht Christus; die Weitergabe des Amtes erfolgt durch Handauflegung Weihevollmacht; apostolische Sukzession; auch das Volk kann bei der Auswahl der Kandidaten mitwirken; aber die Kirche ist ihrem Wesen nach keine Basisdemokratie, sonder bleibt im Heilswillen Gottes grundgelegt; das Amt ist auf Christus hin rückgebundnen und entzieht sich daher der menschlichen Verfügungsgewalt; eine 1:1 Übertragung des kirchlichen Handlungsmodells auf den Staat und umgekehrt ist nicht möglich oder sinnvoll; neben dem hierarchischen gibt es aber seit jeher auch ein konziliares, synodales Prinzip in der Kirche; demokratische Methoden können und müssen mit Modifikationen in der Kirche eingesetzt werden (Pfarrgemeinderat, Ordensgemeinschaften,...) ein Zusammenspiel von hierarchischem und konziliaren Prinzip; b) das kirchliche Amt: heute hat dies die Bedeutung einer gewissen Stellung zur Leitung mit bestimmten Rechten und Durchsetzungsmöglichkeiten; ursprüngliche Bedeutung: Dienst(leistung), Dienerschaft; bis heute gibt es seit der nachkonziliaren Zeit eine Diskussion um den Begriff „Amt“; wegen möglicher Missverständnisse fordern manche die Ersetzung des Begriffes durch den Begriff „Dienst“; aber der Gesetzgeber hielt an der Bezeichnung „Amt“ fest, weil Dienst wohl zu unpräzise wäre; - Amt ist immer Auftrag: man hat Pflichten und Aufgaben; Amt ist immer Dienst: man lässt sich von der Kirche in Dienst nehmen; Amt ist immer Berufung; zum Amt gehört auch immer die Last/Verantwortung für Entscheidungen Unterscheidung zwischen hierarchischem (das Amt, das auf Weihe beruht) und nicht hierarchischem Amt (ohne Weihe); die Kirche wusste immer um die Spannung zwischen der Aufgabe/der Pflicht des Amtes und der Menschlichkeit des Amtsträgers die hierarchischen Amtsträger sind qua Amtsträger keine besseren Christen; zugleich sind sie doch „mehr“, weil sie durch ihr Amt Repräsentanten Christi sind (dies gilt aber auch für Religionslehre als Repräsentanten der Kirche); im einen Volk Gottes gibt es verschiedene Dienste; das Verhältnis zwischen Laien und Klerikern ist dialogisch, kein Prinzip der Unter- bzw. Überordnung; c) Wesenselemente des kirchlichen Amtes can. 145 §1: das kirchliche Amt ist auf Dauer angelegt und dient der geistlichen Zielsetzung der Kirche; eine weite Definition; früher: nur der Kleriker hat Amtsfunktion; 28 II. Vaticanum: der Amtsbegriff wurde für Kleriker und Laien eingeführt; man war aber auch bestrebt die Weihevollmacht und die Leitungsvollmacht miteinander in Beziehung zu setzen; Leitungsvollmacht gekoppelt an die Weihe; die Laien können bei der Ausübung der Leitungsvollmacht aber partizipieren; diese Partizipation kann sehr weit gehen; diese Tendenz wurde gemacht als Reaktion auf den früheren Usus, dass auch Ungeweihte kirchliche Ämter einnehmen durften (Bsp.: auch Ungeweihte konnten Papst werden und wurden erst danach geweiht jetzt muss man vorher geweiht sein!; Bsp.: auch gegen Fürstbischöfe); 3b) das kirchliche Amt: can. 145: „jedweder Dienst“: Dienstcharakter (munus): bestimmte Rechte und Pflichten sind mit dem Amt verbunden Amt ist als Dienst auf das Volk Gottes hingeordnet eine abgestufte und abgegrenzte Handlungskompetenz; Amt ist zeit- und ortsgebunden und ist vom sozialen und kulturellen Kontext mitbeeinflusst; „Einrichtung“: die Errichtung/Konstituierung des Amtes ist charakteristisch für das Amt selbst 2 Arten: 1.) durch göttliche Anordnung (ein Amt göttlichen Rechts): sehr wenige Ämter (Bsp.: Bischofsamt, Papstamt, Priesteramt); 2.) durch kirchliche Anordnung (ein Amt menschlichen Rechts): die Mehrheit der Ämter (Religionslehrer, Pastoralassistenten, Kapläne); „Dauercharakter“: Ämter werden nur dort konstituiert, wo Bedarf besteht das Amt ist grundsätzlich auf Dauer hin eingerichtet es bleibt auch bestehen, wenn das Amt selbst vakant ist der Pflichten- und Rechtskreis des Amtes bleibt auch bestehen, wenn das Amt gerade niemand ausübt! es gibt bei Ämtern auch sog. „ordentliche Vollmachten“, die mit einem bestimmten Amt verbunden sind (Bsp.: die Vollmacht, die Beichte zu hören, ist an das Priesteramt gebunden); „geistliche Zielsetzung“: das Amt muss in das geistliche Handeln der Kirche integrierbar sein v.a. im seelsorglichen Bereich; Bsp.: der Kirchliche Braumeister ist zwar wichtig, ist aber kein kirchliches Amt (weil nicht unbedingt der geistlichen Zielsetzung dienlich); die Arten des kirchlichen Amtes: unterschiedliche Kriterien: - hohe und niedere Ämter: hohe Ämter sind mit hohen Vollmachten ausgestattet: Bsp.: Bischofsamt, Papstamt, Patriarchen, Metropoliten,..; niedere Ämter: Priester, Pfarrer,...; - Präsidenzamt (Bsp.: Pfarramt) und nicht Präsidenzamt - amorible Ämter und nicht – amorible Ämter: historische Unterscheidung: die Amtsträger sind versetzbar, oder nicht versetzbar; - bepfründetes Amt und nicht bepfründetes Amt: historische Unterscheidung: mit dem Amt sind bestimmte Vermögenswerte verbunden; v.a. im Mittelalter entwickelt (bei Pfarren zur Selbsterhaltung); die Abschaffung des Pfründenwesens ist auch im CIC festgeschrieben (can. 1272/1274), aber teilweise gibt es dies bis heute (in 29 Österreich aber kaum mehr, weil so gut wie alle Pfarren über den Kirchenbeitrag finanziert werden); Verleihung von Kirchenämtern: a) durch kanonische Amtsübertragung (can. 146): das Amt ist grundsätzlich übertragungsbedürftig; ein Amt kann man sich nicht selbst geben! Verleihung können nur kompetente höhere zuständige Stellen (meist der Bischof) vornehmen; der Amtsinhaber ist dann im Namen der Kirche tätig! jede Amtsübertragung ist eine Art kirchlicher Sendung; dies ist teilweise auch gültig für die Taufe und die Firmung! Formen der Verleihung: bei der Amtsverleihung gibt es 2 Schritte: 1. Auswahl (Designierung) der Person und 2. Übertragung des Amtes; 1.) freie Amtsverleihung: der Verleiher wählt aus und nimmt die Übertragung vor er ist dabei nicht an Dritte gebunden; Bsp.: Pfarrerbestellung durch den Bischof; die freie Amtsverleihung kann auch an die Anhörung bestimmter Personen(gruppen) gebunden sein die Entscheidung erfolgt dennoch frei! 2.) gebundene Amtsverleihung: Verleiher ist an Dritte gebunden; Vorschlagsrecht bei der gebundenen Amtsverleihung: 1. Wahl; 2. Präsentation; 3. Postulation (Wahlbitte); Bsp.: Pfarrgemeindegemeinderatswahl, Priesterratswahl, Dechantenwahl; Konsequenz der Amtsverleihung: die Person hat ein Recht auf das Amt und dessen Pflichten; manchmal bedarf es aber einer 2. Handlung zur Möglichkeit der Ausübung des Amtes der sog. „Amtsantritt“ („Investitur“; Bsp.: Besitzanweisung an den Pfarrer); b) Zuständigkeit für die Verleihung (can.148): wer das Amt errichtet, ist auch berechtigt, dieses zu verleihen und es aufzuheben; in der Regel ist dies der Diözesanbischof oder das Ordenskapitel; es können auch Änderungen eintreten, wenn das zur Verleihung zuständige Organ nicht fristgerecht handelt Übergang des Rechtes auf Verleihung des Amtes an die hierarchisch höhere Ebene ( Devolution); das Amt devoliert; c) Voraussetzungen der Person er muss in der Gemeinschaft mit der Kirche stehen; die Person muss grundsätzlich die Eigenschaften mitbringen, die das Recht und die Pflichten des Amtes vorsehen; Bsp.: Voraussetzung zum Pfarramt ist die Priesterweihe; früher war für (fast) jedes Amt die Priesterweihe nötig; heute wird dies getrennt betrachtet (Amt // Weihe), auch wenn die Weihe noch immer für viele Ämter Voraussetzung ist: kirchliche Grundämter und Leitungsamt (Papstamt, Bischofsamt, Pfarramt, Ämter mit großen seelsorglichen Kompetenzen: Bsp.: Kaplan); weiheungebundene Ämter: liturgische und seelsorgliche Dienste, soziale Aufgaben, konziliare Dienste (Gemeinderat), schulischer Dienst,...; Simonie: Kauf geistlicher Befugnisse und Ämter per Gesetz verboten und ungültig! auch umgekehrt (Geldzahlung für die Übernahme eines Dienstes verboten!); d) Verbot der Ämterhäufung: nicht jeder kann alle Ämter gleichzeitig haben es gibt inkompatible Ämter; dahinter steht: jeder Amtsinhaber muss sein Amt auch wirklich und persönlich ausüben! Bsp.: Regens und 30 Spiritual kann man nicht gleichzeitig sein; auch Advokat (Anwalt einer Partei) und Richter zugleich! vereinbare Ämter: Diözesanbischof und Metropolit, oder Pfarrer verschiedener Gemeinden gleichzeitig; e) Vakanz und Neubesetzung (can. 153 §1): ein Amt, das noch nicht frei ist, kann nicht verliehen werden; Ausnahme (max. 6 Monate im Voraus): bei Verleihungen von Ämtern auf Zeit (Bsp.: Übergang vom alten zum neuen Pfarrgemeinderat); gültig ist die Verleihung aber auch hier erst ab der Vakanz; die Ratio dahinter: Kontinuität des Amtes; Amtsversprechen sind nichtig und unwirksam; aus einem Amtsversprechen kann kein rechtlicher Anspruch, sehr wohl eine moralische Verpflichtung erwachsen (§154) sog. „Anwartschaften“; f) Zeit und Form der Amtsverleihung: nicht generell geregelt! can. 151: rasche Durchführung bei Seelsorgeämtern wird eingemahnt; Pfarre rasch besetzen; g) gebundene Amtsverleihung: - Präsentation: rechtsverbindliches Vorschlagsrecht einer oder mehrerer Personen; historisch kann dies begründet sein durch ein Patronat: Vorrecht eingeräumt für bestimmte Wohltäter/Mäzene der Kirche (heute v.a. in NÖ noch gängig) Stiftungspatronate; im CIC selbst ist das Patronat nicht mehr greifbar! auch bei der Verleihung seelsorglicher Aufgaben an einen Ordensmann hat der Ordensobere ein Präsentationsrecht dem Verleiher (Diözesanbischof) gegenüber! Vorschlagsrecht: can. 155: wenn mehrere Personen präsentiert werden, muss (!) der Verleiher einen davon wählen, wen die Voraussetzungen erbracht werden; - Wahl: Bestimmung der Bestellung durch die Personmehrheit einer Körperschaft; Unterscheidung: bestätigungsunabhängige und bestätigungsbedürftige Wahl: bei bestätigungsunabhängiger Wahl ist die Wahl gleichzeitig der Amtsantritt (durch Amtsannahme (Bsp.: Papstwahl)); die meisten Ämter sind jedoch bestätigungsbedürftig; Voraussetzung der Amtsverleihung durch den modus Wahl: rechtlich darf keine andere Ernennungsregelung gelten; Wahl ist nachgiebiges Recht! die besonderen Rechtsbestimmungen verdrängen des allgemeine Wahlrecht; der CIC kennt verschiedene Wahlen: - Per Scrutinium: der Regelfall heute: geheime, schriftliche Stimmabgabe; - Per Compromissum: bei Unentschieden durch per scrutinium Wahl: Beauftragung bestimmter Männer und Frauen durch das Wahlkollegium, um Wahl zu treffen; heute kaum mehr praktiziert; dieser Modus setzt den einstimmigen Beschluss aller Wähler voraus; (Ziviles Bsp.: Wahl des US – Präsidenten); - Per Quasi – Inspirationem (per Acclamationem): von allen gleichsam aufgrund einer Eingebung von Oben gewählt; ist nicht mehr vorgesehen, weil dies zu unsicher für eine Wahl ist; (Bsp.: die Wahl des Ambrosius zum Bischof); - Postulation (Wahlbitte) (can. 180f.): vom Kollegium an den Oberen gestellte Bitte zur Berufung einer Person, die eigentlich wegen eines Hindernisses nicht gewählt werden kann; Ratio: nur trotz eines bestimmten Hindernisses sollte man dennoch ein Amt verliehen bekommen können, wenn man dazu sonst sehr gut geeignet ist! Bsp.: eine Kommunität postuliert einen neuen Abt, der nicht aus ihrer eigenen Kommunität 31 stammt, da dieser eigentlich nicht wählbar ist, da er nicht derselben Kommunität angehört!); h) Verlust des Amtes: - - - Ablauf der Amtszeit: bei Ämtern auf Zeit; Bsp.: Pfarrgemeinden; Erreichung der Altersgrenze Amtsverzicht: freiwilliges Abgeben eines Amtes; dies kann jeder rechtlich Handlungsfähige grundsätzlich tun (ungültig sind Verzichte aus Furcht, Panik, Gewaltandrohung oder Simonie!); es bedarf aber eines gerechten Grundes für den Verzicht! die Entscheidung über die Annahme des Verzichts hat die höhere Instanz vorzunehmen Ratio: das Amt ist hingeordnet auf das Wohl der Kirche keine mutwillige Amtsaufgabe; verlangt wird eine Kundgabe des Verzichts (schriftlich oder mündlich vor 2 Zeugen); wirksam ist der Verzicht nur durch die Annahme durch den Oberen!! Ausnahme: Papst (hat keinen über ihm Stehenden), Administrator bei Bischofsvakanz; ein Widerruf ist nur bis zur Entscheidung durch den Oberen möglich wenn man danach widerrufen will, ist dies nicht möglich, sondern es bedarf einer Neubewerbung um das Amt; Versetzung (translatio): Verzicht bei gleichzeitiger Übertragung eines neuen Amtes; Amtsaufgabe und gleichzeitig Amtsübernahme; dies muss aber begründet sein! Unterscheidung: freiwillige Versetzung: es genügt ein gerechter Grund; zwangsweise Versetzung: gegen den Willen des Amtsinhabers; dazu braucht es einen schwerwiegenden Grund (= Schutz vor der Willkür der hierarchisch Oberen!); Versetzungen sind verfahrensgebunden (aber keine bestimmten Normen); bei zwangsweiser Versetzung können im Verfahren auch Gegengründe vom zu Versetzenden eingebracht werden! besondere Regelung: Pfarrerversetzungsverfahren; die Versetzung muss schriftlich und per Dekret erlassen werden; Amtsenthebung (amotio): Entzug eines kirchlichen Amtes ohne gleichzeitiger Verleihung eines neuen Amtes; Voraussetzung muss aber nicht eine Schuld des Amtsinhabers sein auch schuldlose Enthebung ist möglich! dies ist durch Verwaltungsdekret oder per Entscheid möglich; die Enthebung ist nur möglich bei: Verlust des Klerikerstandes Abfall vom katholischen Glauben und der Kirchengemeinschaft (Glaubensabfall) einem Eheschließungsversuch eines Klerikers; diese Dinge müssen aber nachweisbar und beweisbar sein! wenn per Dekret vom Amt enthoben wird, braucht es schwere Gründe dafür und es setzt ein geregeltes Verfahren voraus; das Pfarrersenthebungsverfahren ist gesondert geregelt; es gibt aber auch Regelungen bei Ämtern, wo eine Enthebung leichter (ohne Verfahren) aber nur unter Aufweis von Gründen möglich ist (Bsp.: Pfarr- oder Bischofsvikar); 32 - Amtsabsetzung (privatio) (can. 196): strafweise Amtsentziehung; ein Delikt/Strafbestand muss vorliegen; immerwährender Entzug des Amtes nur durch einen Gerichtsprozess möglich; bei Offenkundigkeit des Delikts reicht auch ein Dekret; dies gilt für innerkirchliche und auch zivile Straftatbestände; Leitungsvollmacht: Begriff: Kirche ist auch communio hierarchica => Leitung ist nötig („sacra potestas/potestas regiminis); Begründung: Christus hat die Kirche auch mit Leitung gewollt (Aposteldienst, Petrusdienst); aber Leitung ist v.a. Dienst (Hirtendienst in Joh 10 bspw.); => Leitungsvollmacht zu folgen geschieht nicht so sehr aus Zwang, sondern v.a. durch das Charisma begründet (=> auch die Leitung muss theologisch argumentieren und nicht selbstherrlich bestimmen!); davon zu unterscheiden: „Hausherrliche Vollmacht“ (Bsp.: die Eltern über die Kinder) und „Hausvollmacht“ (Bsp.: der Regens für die Ordnung im Seminar); Träger der Leitungsvollmacht: can. 129: können nur geweihte Personen sein! => aber: (im Geiste des II. Vaticanum (GS 22)): die Laien nehmen an dieser Vollmacht teil! => heute: Weihe ist Grundlage für die Leitungsvollmacht; die Ausübung durch Laien kann aber sehr weit gehen; wie weit, wird nicht genau ausformuliert!; Ac) Wirkunsbereiche: Unterscheidung: forum internum und forum externum Can. 131.: die Leitungsvollmacht wird auf diesen beiden Ebenen ausgeübt; Unterschied: im internen Bereich ist geheim vorzugehen (keine schriftlichen Aufzeichnungen)! Unterscheidung im forum internum: 1.) forum internum sacramentale (Bußsakrament): ein Höchstmaß an Geheimhaltung ist gefordert durch das Beichtegeheimnis! => keine schriftliche Aufzeichnungen und wenn dann nur mit Decknamen; 2.) forum internum extrasacramentale: es gibt schriftliche Aufzeichnungen, aber diese sollen sicher und geheim verwahrt werden; dieser Bereich ist vorgesehen, damit später bei Streitfragen Beweise erbracht werden können; forum externum: Handeln in der Öffentlichkeit; => es gibt schriftliche Aufzeichnungen und diese sind auch vorzunehmen (Bsp.: Eintragung im Taufmatrikel oder Ehebuch); dennoch ist diskret vorzugehen; grundsätzlich ist im forum externum vorzugehen; auf Wunsch der Person kann aber auch auf dem forum internum vorgegangen werden; Bsp.: Befreiung von nicht bekannt gemachten Kirchenstrafen, Zulassung wiederverheirateter Geschiedener zur Eucharistie, wenn der Ehenichtigkeitsprozess nicht schlüssig durchgeführt werden konnte; Grund für die Zweiteilung des forum: einerseits geht es um das bonum commune innerhalb der Kirche, andererseits ist auch der Schutz der einzelnen Person wichtig! Rechtsgeschichtlicher Grund gerade für das forum internum: das kirchliche Bußwesen: die radikale Bekanntmachung in der Öffentlichkeit war schädlich für den Umkehrenden und die Praxis überhaupt! 33 Die kirchliche Leitungsvollmacht hat aber auch soziale Verantwortung => Handeln ist v.a. im öffentlichen Bereich geboten! Wenn nichts anderes angeordnet ist, gilt die Leitungsvollmacht im forum externum auch im forum internum! Die Apostolische Poenitentiarie (Gnadengericht) ist für ALLE Fragen des forum internum der Weltkirche zuständig; b) Einteilungen der Leitungsvollmacht: 1. nach dem Ursprung: gegründet auf göttlichem Recht: Bsp.: päpstliche und bischöfliche Leitungsvollmacht (durch Stiftung des Apostel- und Petrusamtes); gegründet auf menschlichem Recht: wenn die Leitungsvollmacht an Ämter gebunden ist, die nicht göttlichen Rechts sind; Bsp.: Bischofsvikar,…; 2. nach dem Grad: hoheitliche Vollmacht: Bischof und quasibischöfliche Leitungsvollmacht: Kennzeichen: bestimmte rechtliche Autorität: gesetzgebend, gerichtssprechend und Verwaltungsakt setzend; Träger der hoheitlichen Leitungsvollmacht werden „Ordinarius“ genannt; dazu gehören: der Papst, Leiter einer Diözese und Diözese ähnlichen Teilkirchen; can. 195: auch der Generalabt und alle, die Vollzugsmacht besitzen (Bischofs- und Generalvikar; bei Ordensgemeinschaften auch die höheren Oberen; ihre Befugnisse: nach can. 83 in allen Rechten des Diözesanbischofs gleichgestellt; Ausnahme: Bischofs- und Generalvikare: nur durch spezielle Beauftragung durch den Bischof möglich; Bsp.: der Generalvikar kann von sich aus keine Pfarreien besetzen außer durch dezitierte Befugnis durch den Bischof;); Nicht hoheitliche Vollmacht: Leiter kleinerer kirchlicher Einheiten (Bsp.: Pfarrer,…) => keine gesetzgebende, richterliche oder Verwaltungsakt setzende Vollmachten; 3. nach dem Fundament: Unterscheidung: ordentliche (ordinaria) und übertragene (delegata) Vollmacht (potestas): Potestas ordinaria: mit einem bestimmten Amt verbunden; durch die Amtsbekleidung werden auch die Vollmachten mit übernommen; Bsp.: mit dem Pfarramt ist auch die Beichtvollmacht und die Vollmacht zu bestimmten Dispensen verbunden; diese Vollmachten gehen mit dem Amtsverlust auch wieder verloren; die potestas ordinaria kann eigenberechtigt (propria) ausgeübt werden, d.h. wenn der Bevollmächtigte sie im eigenen Namen selbst ausübt (Bsp.: Papst, Pfarrer, Bischof); auch stellvertretend (vicaria) kann sie ausgeübt werden (im Namen eines anderen durch andere Personen; Bsp.: der Vikar, die Ämter der römischen Kurie, Präfekten als Leiter von Diözesen und Diözesen ähnlichen Gebilden im Auftrag des Papstes usw.); => Unterscheidung: Grundamt und Stellvertretungsämter; die Vollmacht kann durch Kirchenstrafen verloren werden, ohne dass das Amt dabei verloren wird; die übertragene Vollmacht (potestas delegata): wenn die Vollmacht einer Person übertragen wird, ohne dass dem Beauftragten das Amt, mit dem die Vollmacht verbunden ist, selbst übertragen wird; der Bevollmächtigte hat zwar das Amt nicht inne, handelt aber im eigenen Namen (= der Unterschied zu den stellvertretenden ordentlichen Bevollmächtigten); Bsp. für delegierte Vollmachten: Trauungsvollmacht und Beichtvollmacht an den Kaplan; 4. nach der Funktion: Vollmacht in der Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung; 34 In der Kirche gibt es keine Gewaltentrennung im staatlichen Sinn, dennoch können diese Dimensionen unterschieden werden; => es gibt eine „Gewaltenunterscheidung“, nicht aber eine „Gewaltentrennung“; 1. Gesetzgebungsbefugnis: diese ist nicht delegierbar! Der Gesetzgeber muss diese Vollmacht selbst ausüben; Papst und Bischofskollegium haben die Gesetzgebervollmacht für die Gesamt- und die Teilkirchen; in den Teilkirchen hat dieses Recht der Bischof und die Leiter von Diözese ähnlichen Gebilden; auch die Bischofskonferenz hat eine gewisse gesetzgebende Funktion; auch die Ordenskapitel haben bestimmte Kompetenzen in der Gesetzgebung; Can. 35: der Bischof kann keine Gesetze erlassen, die gegen Gesetze der höheren Instanz stehen! 2. in der Rechtsprechung: richterliche Befugnisse; der Papst hat die oberste Rechtsprechungsvollmacht über ALLE Fälle der Gesamt- und Teilkirche! Der Bischof hat die richterliche Amtsvollmacht innerhalb seiner Diözese; dort haben auch die Kirchenrichter und das Richterkollegium bestimmte Kompetenzen; diese richterlichen Befugnisse sind nicht delegierbar; gewisse Dinge zur Vorbereitung der Rechtsprechung können aber abgegeben werden (Bsp.: Vernehmung einer Person delegierbar bspw. an den Pfarrer); => aber auch die Richter sprechen im Namen des Bischofs => die Appellation gegen einen richterlichen Entscheid ist nicht an den Bischof möglich (weil er auf der gleichen Ebene steht!) => Appellation an das Metropolitangericht und dann weiter nach Rom; => der Bischof kann ein Urteil des Diözesangerichts nicht aufheben! 3. Vollzugsgewalt/Verwaltung: Bsp.: Führung der Matrikelbücher (nicht hoheitlicher Bereich); auch das sakramentale Tun ist darin enthalten; => Verwaltung ist alles, was nicht Gesetzgebung und Rechtssprechung ist => der größte Bereich des bevollmächtigten Tun! c) Verwaltungsgewalt im Besonderen: ca: örtliche und personelle Geltung: die Vollmacht kann örtlich begrenzt sein, aber auch außerhalb des örtlichen Zuständigkeitsbereiches kann die Vollmacht für die „Untergebenen“ gelten; Bsp.: Trauung in fremden Pfarren: es braucht die Bevollmächtigung dafür durch den Ortspfarrer (bzw. durch den zuständigen Bischof); im Regelfall kann man auch bei Auswärtigen Personen die Verwaltung vollziehen (Ausnahmen gibt es dabei aber); cb. Delegation und Subdelegation die ordentliche Vollzugsmacht kann delegiert werden, wenn nichts anderes vorgesehen ist; wichtig: die Delegation ist aber begrenzt: man kann nicht mehr Vollmacht abgeben, als man selbst hat; => man kann auch keine Vollmacht übergeben, die man selbst nicht mehr ausüben darf! Der Delegierte darf nicht mehr Rechte besitzen als der Delegierende; Delegation kann per Gesetz (durch den Bischof, Bsp.: Erlaubnis, dass die Pfarrer von gewissen Ehehindernissen eigenmächtig dispensieren dürfen, damit dies nicht der Bischof selbst immer tun muss) geschehen oder durch Erlass; Unterscheidung: besondere Delegation: (mündlich oder schirftlich): für einen oder mehrere Einzelfälle; allgemeine Delegation: für alle Fälle überhaupt (Bsp.: allgemeine Trauungsvollmacht); Subdelegation: Weiterdelegation durch einen bereits Delegierten; can. 137: komplizierte Regelung: wenn die Vollmacht vom Hl. Stuhl delegiert wurde, dann kann sie subdelegiert werden (Ausnahme: die Wahl fiel aus speziellen Gründen auf den Delegierten!); dies ist selten der Fall; wenn von anderer Stelle delegiert wurde, dann kann für bestimmte Einzelfälle 35 subdelegiert werden, wenn die Delegation selbst allgemein war; bei Delegation für Einzelfälle ist eine Subdelegation nicht möglich, außer wenn der Delegierende damit einverstanden ist (Rückfrage an den 1. Beauftrager ist vonnöten); Folgen bei Mandatsüberschreitung: das Handeln ist dann immer ungültig; jenseits der Grenzen wird ohne Kompetenz und Zuständigkeit gehandelt; cc) Zuständigkeitsregeln hierarchische Regelung: bei Zuständigkeit mehrerer Stellen: sie beeinträchtigen einander nicht, sondern stehen nebeneinander, außer sie stehen hierarchisch untereinander; dann darf die untere Instanz nicht entgegen dem Entscheid der oberen Instanz handeln und nicht widersprechen (umgekehrt ist das möglich?!); konkurrierende hierarchische Zuständigkeit: solidarische Delegation: mehrere Personen/Personengruppen werden in gleicher Weise delegiert; jeder ist für sich zur Leitungsvollmacht berechtigt; Regelung: derjenige, der als erste den Fall an sich zieht, hat „Alleinrecht“ auf die Entscheidung; alle anderen nicht mehr; Stichwort: prior tempore, potior jure; Kummulative Delegation: die Gruppe kann nur als Gruppe den Fall behandeln nicht die Einzelperson ist zuständig und bevollmächtigt; es braucht immer einen kollegialen Entscheid; sukzessive Delegation: eine Gruppe oder Personen werden nacheinander delegiert; derjenige, der früher delegiert wurde, soll zuerst in der Vollmacht handeln; dies ist gedacht zur Vermeidung von Konflikten und zur Erhaltung der Ordnung; Bsp.: im Ordinariat: „wenn ich nicht da bin, dann ist 1. N.N. mein Vertreter, wenn 1. nicht da ist, dann ist 2. N. N. der nächste Bevollmächtigte,...; cd) Erlöschung der vollziehenden Vollmacht/Vollzugsgewalt can. 142 §1 wenn diese delegiert wurde gibt es mehrere Möglichkeiten der Erlöschung (can. 141 §1): - bei Ausführung des Mandats - bei zeitlicher Mandatur durch Ablauf dieser Zeitdauer - bei Erschöpfung der Fälle ( nichts mehr zu tun) - Wegfall der Zweckursächlichkeit (wenn bspw. bei einer Hochzeit die Brautleute ausbleiben); - durch Widerrufung des Delegierenden - durch Verzicht des Delegierten (dieser muss aber vom Delegierenden angenommen werden!); bei ordentlicher Vollmacht (wenn die Vollmacht mit einem Amt verbunden ist): mit Verlust des Kirchenamtes erlischt auch die Vollmacht in der Regel; die Vollmacht kann auch eingeschränkt werden trotzdem das Amt beibehalten wird (bspw. durch Kirchenstrafen); d) Supplierung fehlender Vollmacht (can 144) vom Gesetz her wird gültiges Recht hergestellt, damit ein Akt, der eigentlich ungültig vollzogen wurde, Rechtsgültigkeit hat; die Intention dahinter: das Wohl der Gläubigen; Rechtssicherheit; keine doppelten Handlungen (2x Hochzeit o.ä.); das Ziel: fehlerhafte Handlungen eines kirchlichen Organs ausgleichen! die Kirche suppliert das Recht im Falle a) des Irrtums b) des Zweifels; 36 die Supplierung erfolgt in Sachen der Firmvollmacht, der Eheassistenz und der Lossprechungsvollmacht (Beichte); Voraussetzung einer solchen Supplierung: die Handlung muss theoretisch ersetzbar sein (d.h. konkret der Handelnde muss geweiht sein, damit die Vollmacht suppliert werden kann d.h. es muss prinzipiell möglich sein, dass er die Handlung kraft seiner Weihe durchführen kann); a) bei allgemeinem Irrtum (d.h. die Allgemeinheit irrt): 1. wenn der den Jurisdiktionsakt Setzende irrtümlich als in der Vollmacht handelnd angesehen wird „error de facto“; 2. wenn die betreffende Gemeinschaft irrt, weil sich Gründe nahe legen, dass der den Jurisdiktionsakt Setzende in der Vollmacht handelt, aber dies nicht der Fall ist „error de jure“ (Bsp.: der nichtbevollmächtigte Priester sitzt mit Talar im Beichtstuhl keiner würde vermuten, dass er die Beichte nicht hören darf!); der Rechtsakt ist in beiden Fällen dennoch gültig, weil hier die Supplierung des Rechts greift! b) bei positiv begründetem Zweifel (dubitum positivum et propabile): wenn der Handelnde die Vollmacht objektiv nicht besitzt, er aber subjektiv zweifelt, ob er die Vollmacht hat oder nicht; er hat gewisse Gründe anzunehmen, dass er sie hat! Rechtszweifel; oder: der Handelnde hat sich rechtlich kundig gemacht, meint aber, dass das Recht zweifelhaft ist (d.h., dass das Recht nicht greift) selten! oder: Tatsachenzweifel: er zweifelt, ob seine Vollmacht (noch) gilt oder nicht (Bsp.: bei Vollmachten auf Zeit, die abgelaufen sind Gilt sie weiter oder nicht?); grundsätzlich: es ist die Aufgabe und Pflicht der Seelsorger, dafür zu sorgen, dass sie die benötigten Vollmachten besitzen; bei Vergehen im Bereich der Beichte werden auch Kirchenstrafen verteilt: für Laien Interdikt, für Geweihte Suspension; 5. Weitere Verfassungsrechtlichen Implikationen der „communio“ a) Kollegialität: das I. Vaticanum hatte nur die Stellung des Papstes in der Kirche behandeln können, bevor es aufgelöst wurde; in Ergänzung dazu verfasste das II. Vaticanum die Lehre über die Stellung der Bischöfe und ihre Gemeinschaft zur Leitung der Kirche; die Bischöfe tragen Mitverantwortung für die Gesamtkirche; dieses Prinzip gilt auch auf diözesaner Ebene für das Presbyterkollegium! unter der Leitung des Papstes üben die Bischöfe ihr Amt für die Gesamtkirche aus; sie sollen sich besorgt zeigen für die Anliegen aller Teilkirchen; das Bischofskollegium ist nicht ein Gegenüber zum Papst, sondern er ist das Haupt des Kollegiums; ein Gegenüber zwischen dem Papstamt an sich und dem Kollegium mit dem Papst als Haupt dieses Kollegiums; das Kollegium ist ohne oder gegen den Papst nie möglich! der Papst ist unverzichtbares Haupt des Bischofskollegiums, aber immer als Teil desselben! die Bischöfe selbst sind Stellvertreter Christi in der Teilkirche, d.h. sie sind nicht Stellvertreter des Papstes; b) synodale Mitverantwortung synodos: im antiken Griechenland: politische Körperschaft; auch im kultischen Bereich: Versammlung; das Verb synodeuein bedeutet „zusammen auf dem Weg sein“, „begleiten“; 37 im Lateinischen entwickelte sich „concilium“ zum Pendant (von Tertullian eingeführt); die Synode bildete sich zuerst aus praktischen Gründen zur Lösung aktueller Fragen, zur Wahrung der Einheit und zur Abwehr von Bedrängnissen; am I. Konzil von Nicäa (325) beschloss man, jährlich 2 Synoden in der Kirchenprovinz abzuhalten (dies wurde aber nicht durchgeführt); zuerst waren die Versammlungen partikulare Synoden; erst nach 313 konnte man gesamtkirchliche Konzilien durchführen: Unterscheidung: ökumenische Konzilien und partikulare Konzilien nach dem II. Vaticanum bspw. gab es allerorts Partikularsynoden, um die Konzilsbeschlüsse in der jeweiligen Region durchzusetzen; II. Vaticanum: Betonung des synodalen Prinzips wegen dem allgemeinen Priestertum aller Gläubigen; Intention: die bessere Einbindung aller Gläubigen in die Entscheidungen die verschiedenen Räte werden eingeführt: Diözesan-, Dekanats-, Pfarrgemeinderat,...; bei all diesen Beratungsorganen bleibt die Vollmacht aber in „geweihter Hand“; diese trägt aber dann auch die Letztverantwortung! c) Subsidiarität jeder soll und muss den Teil erfüllen, zu dem er fähig und berechtigt ist! nur wenn die Bemühungen umsonst sind, soll die höhere Instanz eingreifen; nur wenn die kleinere Einheit ihren Aufgaben nicht gewachsen ist, darf und muss die höhere Stelle eingreifen; auch im Recht gilt die Ordnung: Pfarre Dekanat Diözese Gesamtkirche d) Ökumene und Kultur Ziel des Konzils: Wiederherstellung der Einheit; auch in den von Rom getrennten Kirchen sind authentische Elemente Christi verwirklicht; v.a. durch die gemeinsame Taufe fühlt sich die KK mit allen Christen verbunden (wenn auch nicht in einer communio plena); aber auch: die Kirche Jesu Christ subsistit in catholicam ecclesiam; auch der CIC trägt dem ökumenischen Anliegen Rechnung: rein kirchliche Bestimmungen gelten nur für Katholiken; außer, wenn das Recht anderes vorsieht; Bsp.: im Sakramentenrecht (bes. Eherecht) gibt es Bestimmungen für andere Christen; can. 844: sakramentale Gemeinschaft aller Christen; mit zentralen kirchlichen Ämtern sind auch ökumenische Pflichten verbunden; der kulturelle Aspekt im Recht: der Rechtsgeber strebt eine stärkere Regionalisierung/Verländerung an CIC macht teilweise nur Rahmenvorgaben, die durch diözesane Gesetze ergänzt und konkretisiert werden müssen/wurden; ein Grund dafür: die Aufwertung des Bischofsamtes durch das II. Vaticanum; Vermehrung demokratischer Strukturen war Aufnahme von politischen, profanen Entwicklungen Räte; 38 8. Die Rechtsstellung der Glieder der Kirche 8.1 Die Kirchengliedschaft sie ist in der Taufe begründet; dies ist die einzige Möglichkeit; die Christen werden aber in die jeweilige Kirche eingegliedert; die Kirchengliedschaft wird in der jeweiligen Konfession verwirklicht; die Kirchengliedschaft ist entfaltbar; UR 20: dennoch ist die Taufe Anfang und Ausgangspunkt zur Entfaltung hin zur Gemeinschaft in die volle Eingliederung in durch das Band des einen Glaubens, der einen kirchlichen Leitung und der gemeinsame Sakramente! das II. Vaticanum vertritt eine abgestufte Kirchengliedschaft 1.) Volle Gemeinschaft: gemeinsamer Glaube, gemeinsame Sakramente und gemeinsame Leitung; dann abgestufte Zugehörigkeit dadurch gibt es keine Entscheidung alles oder nichts!! dies Gliedschaft ist fassbar, weil die Kirche auch (!!) empirische Größe ist! das dreifache Band der Gemeinschaft - Band des Glaubensbekenntnisses: der katholische Glaube ist Voraussetzung; dies meint nicht nur das Credo, sondern alles, was zur Lehre des Lehramtes dazugehört! - Band der Sakramente: als Mittel der Stärkung und der Bezeugung des gemeinsamen Glaubens! - Band der gemeinsamen kirchlichen Leitung: kraft göttlicher Einsetzung durch die Ämter von Papst und Bischöfen als die Nachfolger der Apostel; nur wenn alle drei Bestimmungsstücke erfüllt sind, ist die Kirchengliedschaft voll verwirklicht; nur das dreifache Band ermöglicht dem Getauften alle Rechte in der Kirche! wer das dreifache Band zerbricht, hat auch mit Rechtseinschränkungen zu rechnen; der Grundsatz gilt aber: semel catholicus, semper catholicus der Katholik kann daher, wenn er zur Kirche zurückkehrt, nicht „übertreten“ (dies kann nur ein Christ anderer Konfession), sondern nur „zurückkehren“; Beeinträchtigung der vollen Gemeinschaft: die Rechte können eingeschränkt werden/sein durch 1. Mangel an Gemeinschaft mit der Kirche oder 2. durch kirchliche Sanktionen; 1.) Mangel an Gemeinschaft die Getauften stehen nicht in voller Gemeinschaft mit der Katholischen Kirche; sie haben daher nicht alle Rechte; dies ist aber nicht eine Art Strafe, sondern eine Art Sperre Ausgangspunkt der Betrachtung ist die faktische Trennung; aber dadurch ergibt sich, dass die Einschränkung keine Strafe ist; die nicht katholischen Christen sind auch von bestimmten Pflichten befreit; Ausnahme von dieser Regelung: wenn im CIC bestimmte Rechte einräumt! 2.) kirchliche Sanktionen Einschränkung der Rechte durch Strafsanktionen: dies setzt eine Straftat voraus! die Strafe selbst kann aber die Kirchengliedschaft selbst nicht auflösen (Taufcharakter!!); auch die Exkommunikation als härteste Strafe hat keinen Verlust der Kirchengliedschaft zu Folge, sondern ist „nur“ die stärkste Einschränkung der Rechte! eine Minderung der Rechte ergibt sich auch aus dem staatlichen Kirchenaustritt: wird gesehen als eine Art Abfall, die mit automatisch eintretender Exkommunikation geahndet wird! diskutiert wird dabei, wenn dies aus finanziellen/fiskalen Beweggründen geschieht! 39 auch durch offenkundige Gegensätze im Lebensvollzug zu den christlichen Werten kann das Recht der Person beschnitten werden: beim Sakramentenempfang, Trauungsverbot, Patenamtseinschränkung; 9. Pflichten und Rechte aller Gläubigen 1. Einführung 2. Kapitel des CIC: Grundkatalog der christlichen Grundrechte (Christenrechte); die Grundrechtsidee bildete sich in der Zeit der Emanzipation des Individuums vom Absolutismus; Idee: jeder Mensch hat angeborene Rechte; sie sind der staatlichen Ordnung vorgeordnet; auch die Kirche anerkennt die Menschenrechte; sie sind aber nicht im CIC behandelt, weil es nicht im CIC nicht um die gesamte Menschheit geht, sondern nur um die Gläubigen; aber: die Menschenrechte müssen eingehalten werden; im CIC sind die Rechte auch mit Pflichten verbunden und beides wird auch behandelt; die Pflichten sind jedoch mehr sittlicher Natur als rechtlicher Art (sie sind nicht wirklich einklagbar!); 2. Pflichten des Einzelnen a) Gemeinschaft mit der Kirche: diese ist zu wahren; dies betrifft mündliche Bezeugung und auch das Leben nach der kirchlichen Lehre; das freiwillige Verlassen ist ein schwerer Verstoß gegen diese Pflicht ( geahndet mit selbsteintretender Exkommunikation); b) Heiligungsdienst/Pflicht zur Heiligung (can. 210): sittliche Pflicht kann nicht eingeklagt werden; es geht um das Streben nach der Heiligung des Lebens; besonders von Klerikern, Ordensleuten und Eheleuten eingefordert; begründet wird die Pflicht aber über die Taufe ein Auftrag an alle!! c) Verkündigungsdienst (can. 756-759; 211): alle Menschen muss die Frohbotschaft erreichen; hergeleitet wird die Pflicht über die Teilhabe aller Getauften am prophetischen Amt Christi kraft Taufe und Firmung; durch Leben und Wort muss die Verkündigung geschehen; das Lehramt hat dabei eine Sonderstellung in der Verkündigung eine besondere Pflicht dazu! d) Gehorsamspflicht (can. 212): Pflicht zur Gemeinschaft mit der Kirche; was die geistlichen Hirten als Glaubenslehre und in ihrer Leitungsvollmacht bestimmen, haben die Gläubigen unter Verwendung ihres Verstandes gehorsam zu befolgen; der Gehorsam wird dabei aber eigentlich Gott geschuldet! sie sollen es tun „bewusst ihrer eigenen Verantwortung“ kein blinder Gehorsam! Papst und Bischöfe stehen dabei nicht über der Offenbarung, sondern sie sollen diese schützen (DV 10: das Lehramt dient dem Wort Gottes!); Unfehlbarkeit des Papstes und des Bischofskollegiums: nur in bestimmten Fällen: wenn die Aussage Gegenstand der Glaubensoder der Sittenlehre ist und wenn es vorher als verbindliche Lehre deklariert wird; geschuldet wird diesen Aussagen absoluter Glaubensgehorsam (1870: Unfehlbarkeit des Papstes und 150: die Aufnahme Mariens in den Himmel; die einzigen unfehlbaren Aussagen bis heute); der absolute Gehorsam ist deshalb verpflichtend, nicht weil der Papst es sagt, sondern weil die Aussagen Teil des Glaubens sind; can. 751: bei Ablehnung des Glaubensgehorsams erfüllt sich der Tatbestand der Häresie; 40 can. 750: es gibt eine 2. Art von Wahrheiten, die keine Glaubenswahrheiten ist, und dennoch definitiv vorgelegte Lehre der Kirche ist (Kritikpunkt am CIC: was sind diese Wahrheiten konkret?) es sind keine direkten Offenbarungswahrheiten, sondern sie ergeben sich indirekt aus der Offenbarung ((schlechtes) Beispiel: Jesus beruft nur Männer zu Aposteln indirekt: keine Frauen; aber dies ist nicht direkt geoffenbart); bei „normalen“ päpstlichen Äußerungen: kein absoluter Glaubensgehorsam, sondern freier religiös-motivierter Willensgehorsam (ein Hinhören auf das Lehramt Verstand und Denken ist bei jedem einzelnen gefordert); e) Beitragspflicht: Pflicht, finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen für die Sakramentenspendung, für die Caritas und für den Unterhalt der Amtsträger die Ziele des Beitrags sind zentral! dies ist unterschiedlich gelöst: freiwilliges Spendensystem (Frankreich, USA, Niederlande); Kultursteuer (mit Zweckwidmung, in Italien); Kirchensteuersystem (Einhebung durch das Finanzamt; Deutschland, Schweiz, Skandinavien); Kirchenbeitragssystem (Einhebung durch die Kirche selbst), in Österreich: die ausstehenden Beiträge können auch zivilrechtlich eingeklagt und gepfändet werden; nur volljährige Glieder mit eigenem Einkommen sind beitragspflichtig (1,1% des zu versteuernden Einkommens); bei staatlich erklärtem Kirchenaustritt erlischt die Beitragspflicht; Rechtsgrundlage ist noch immer die Einigung von 1937; 1960 wurde das Beitragssystem abgesichert und per Konkordatszusatz festgeschrieben; Problem: die Motivation zum Zahlen und die bloße Schätzung des Einkommens; die Abschaffung des Systems (nicht sinnvoll) wäre aber schwer, weil es staatskirchenrechtlich geschützt ist (auch der Staat müsste zustimmen); wer nicht zahlen will (Solidarität), exkommuniziert sich praktisch selbst; f) Förderung sozialer Gerechtigkeit: er gibt sich aus der Schrift und aus der Tradition der Kirche; 3. Rechte des Einzelnen a) freie Meinungsäußerung: Recht und unter Umständen auch eine Pflicht; Meinungen zum Wohl der Kirche, Wünsche, geistliche Bedürfnisse artikulieren; dies umfasst positive Anregungen und auch Kritik je mehr das Wohl der Kirche im Blick ist, desto mehr ist auch die Kritik der einzelnen Gläubigen berechtigt und zu beachten; das Recht gilt v.a. den Hirten gegenüber, kann aber auch öffentlich werden; Voraussetzung. 1. Wahrung des Glaubens; 2. Ehrfurcht und Respekt vor den Hirten; 3. Wahrung der Personwürde; es gibt auch ein Recht auf Dissens: in nicht definitiv behandelten Lehrfragen; b) geistliche Dienste: Recht auf Hilfe durch Geistliche Güter, v.a. durch das Wort Gottes und die Sakramente; es braucht jedoch subjektive Voraussetzungen zum Empfang (Bitte darum und die Fähigkeit zum Empfang); Problem heute gibt es v.a. durch den Priestermangel bei der Eucharistie und bei den anderen Sakramenten; 41 c) eigener Ritus und eigene Lebensform: sofern diese mit der Kirche in Einklang stehen; gewisse Lebensformen sind auch zu beachten (eigene Tradition, Ordenstraditionen,...); d) Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit: gewisse Dinge (Frömmigkeit, Wohltätigkeit,...) brauchen Gemeinschaft; es gibt ein eigenes kirchliches Vereinsrecht (can. 298 – 329); e) Recht auf eigene apostolische Tätigkeit: durch Taufe hat jeder das Recht auf Entfaltung dieser Tätigkeit; wie die Vereinigung steht auch das persönliche Apostolat unter der Obhut und Verantwortlichkeit des Bischofs! (wenn der Verein „katholisch“ heißt, braucht er die Zustimmung des Bischofs); Bsp.: Schulen, Heime, Kindergärten,...; f) Recht auf christliche Erziehung: das Recht auf Erziehung ist ein heiliges Recht, das in der Würde des Menschen festgemacht ist ( allgemeines Menschenrecht!); das Recht auf christliche Erziehung kommt allen Christen aufgrund der Taufe zu eine Modifikation für Christen; die Erziehung umfasst die allgemeine Erziehung und auch die Erkenntnis des Heilsgeheimnisses und seine Auswirkungen auf das Leben; die Pflicht ergeht zuerst an die Eltern, aber auch an die Kirche insgesamt! g) Forschungs- und Veröffentlichungsfreiheit: Freiheit in wissenschaftlicher Erkenntnis und Forschung; die Theologie ist aber als Glaubenswissenschaft auch gebunden an den Glauben der Kirche eine gewisse Grenze der Freiheit die Kirche hat das Recht und die Pflicht, den Glauben der Kirche zu schützen Schutzpflicht mit gewissen Konsequenzen bei Übertretung der Grenze: Entzug der Lehrbefugnis, Veröffentlichungsverbot, Imprimatur – Verweigerung; dies liegt daran, dass die Gläubigen das Recht auf unverfälschte und unverkürzte Lehre haben; die Veröffentlichung ist in allen Medien möglich; es ist aber ein Recht IN der Kirche und nicht gegen sie! Spannung zwischen Einheit und Freiheit! h) freie Standeswahl: eine abgeleitete Freiheit aus dem allgemeinen Menschenrecht der freien Entfaltung der Persönlichkeit; die Kirche hat dadurch aber nicht automatisch die Pflicht, jede Bitte um bspw. Weihe und Wahl des Standes entsprechen zu müssen; i) Unverletzlichkeit des guten Rufes und der Intimsphäre (can. 220): bei gerechtfertigter Verurteilung wird aber der gute Ruf zurecht „verschmutzt“; diese Beschmutzung darf nur nicht ungerechtfertigt passieren; das Recht auf Intimsphäre ist aber absolut unverletzlich (Beichtgeheimnis; Briefgeheimnis, Amtsgeheimnis, Datenschutz); j) Freiheit der Glaubensannahme: diese findet sich innerhalb des Missionsrechts (can. 748): kein Zwang zum Glauben FREIE Glaubenszustimmung! 4. Ausübung und Schutz des Rechts Generalklausel: die Gläubigen müssen bei der Rechtsausübung auf das Wohl der Kirche und auf das Recht des anderen bedacht sein und auch die Pflichten gegenüber dem anderen müssen beachtet werden! 42 die Christenrechte sind keine Einrichtung eines absoluten Autonomiebereiches für den Einzelnen; die Obrigkeit hat auch das Recht, die Rechte in gewissen Umständen einzuschränken, aber nur wenn es das Wohl der Kirche nötig macht; Bsp.: die Ehehindernisbestimmungen beschränken des Recht auf Sakramentenempfang; krichlicher Rechtsschutz: die Gläubigen können ihre Rechte auch einfordern (Bsp.: durch Klage); bei Anklage haben die Gläubigen auch das Recht auf ein gefälltes und gerechtes Urteil ( es gibt ein Recht auf Recht(ssprechung)); die Bestrafung ist nur nach Maßgabe des Rechts möglich (nicht willkürliche Strafbestimmungen); 10. Kirchliche Personenstände die äußere Stellung, die einem Menschen in der Gemeinschaft zukommt; die konkreten Rechte und Pflichten, die einem durch bestimmte „Dispositionen“ (Geschlecht, Alter, definitive Lebensentscheidungen (Weihe, Ehe,...)) zukommen; v.a. Grundunterscheidung: Laien -, Klerikerstand, Ordens- und Ehestand; 1. Laien – Kleriker: das II. Vaticanum unterschied in LG 31,43,44 v.a. zwischen diesen beiden Ständen; can. 207 §1: kraft göttlicher Weisung werden Amtsträger mit Weihe zu Recht als Kleriker bezeichnet; der Laienbegriff wird negativ abgegrenzt; aber im CIC hat der Begriff „christifideles“ ein eigenes Profil; LG 31 betont gerade die Weltbezogenheit der Laien in der Welt wirken; aber auch: Beteiligung der Laien am Ämtern; der CIC verstärkte diese Tendenz: Wort und Sakrament werden von den Laien nicht nur passiv empfangen, sondern auch mit“gestaltet“; can. 204 §1: Beschreibung von Laien: durch Taufe haben alle Anteil am königlichen, prophetischen und priesterlichen Amt ( positives kirchenrechtliches Profil!) Träger gewisser kirchlicher Sendung; Kleriker übernehmen das besondere Priestertum; gründet sich auf das Sakrament der Weihe besonderer Anteil an der Sendung der Kirche wird durch die Weihe vom Kleriker übernommen; das „besondere Priestertum des Dienstes“ und das „allgemeine Priestertum“ unterscheiden sich qualitativ und nicht quantitativ (kein mehr oder weniger) daher ist auch keine Delegation von unten möglich die Weihe bewirkt keine Steigerung des allgemeinen Priestertums, sondern eine besondere Rückbindung an Christus als das Haupt der Kirche; der Rätestand/der Ordensstand: can. 207 §2: ihr Stand gehört nicht zur Hierarchie der Kirche und sind dennoch für die Heiligkeit der Kirche von besonderer Bedeutung; der Rätestand ist für die Kirche wichtig, gehört aber nicht zur grundlegenden Verfassung der Kirche der Ordensstand ist eine Einrichtung menschlichen Rechts kein eigener Stand neben Klerus und Laien ( es gibt ja sowohl Laienbrüder als auch geweihte Ordensmänner!); der Rätestand umfasst die männlichen und weiblichen (klassischen) Orden, die Eremiten und Laieninstitute,....; 43 der Ehestand: er ist auch ein besondere Christusnachfolge auferbaut wird die sog. „Hauskirche“: Pflege und Weitergabe des Glaubens; Pflicht zur christlichen Erziehung; (Erziehungspflicht ist immer primär Pflicht der Eltern); 2. Rechte und Pflichten der Laien (can. 224 – 231) a) Teilhabe am Verkündigungsdienst: kraft der Taufe und der Firmung; als Einzelner und in Vereinigungen; Intentio: allen Menschen soll das Evangelium nahe gebracht werden es braucht die Mithilfe aller Gläubigen; b) Lebenszeugnis in der Welt: can. 225 §2: weltliche Dinge im Lichte des Evangeliums gestalten; Zeugnis abgeben für Christus in der Welt; besonders in den Bereichen der Ehe, Familie, Politik, Gesellschaft und des Arbeitslebens; c) Apostolat in Ehe und Familie: gilt v.a. für den Ehestand: besondere Aufgabe zum Aufbau der Kirche (Kinder und „Hauskirche“); besondere Pflicht zur christlichen Erziehung der Kinder: für Katholiken meint dies auch die Pflicht zur katholischen Erziehung; bei konfessionsunterschiedlichen Ehen muss der katholische Ehepartner versprechen, alles zu tun, um die Kinder katholisch zu erziehen, aber er muss auch auf das Gewissen des Partners achten; d) Recht/Pflicht auf christliche und theologische Bildung: je nach Stand innerhalb der Kirche unterschiedlich „intensiv“ nötig; Kenntnis der kirchlichen Lehre auch das Recht der Laien auf akademische Berufe; e) Beauftragung von Laien zu kirchlichen Ämtern und Aufgaben: bei Eignung; eingerichtet wurden „laikale“ Ämter (Weihe ist nicht nötig); unterschieden wird dabei zwischen ehrenamtlichen Aufgaben und Berufen (gerechter Lohn und Versicherung, Pensionszahlungen usw.); tätig sind Laien v.a. in Verkündigung (Religionslehrer, Schulamtsleiter, Theologen,...), Heiligungsdienst (v.a. Gottesdienst: Kommunionsspender, Taufspender, Sakramentalienfeier, Kantor,...), sozial-karitativen Diensten, Kirchenleitung (Kanzler, Kirchenanwalt, Richter,...), pastoralen Aufgaben (Pastoralassistenten, Katechist,...); im Gottesdienst: Regelung der Bischofskonferenz 1992 und auf diözesaner Ebene 2002; 1995: Österreichweit wurden Laien für die Leitung von Begräbnisfeiern zugelassen (in Graz aber nicht praktiziert!); Laien können und sollen auch das Leben der Kirche besonders auch in speziellen Diensten und Ämtern mitgestalten! 3. die Rechtsstellung des Klerikers a) Aufnahme in den Klerikerstand: durch Weihe es entsteht ein character indelebilis unauslöschbarer Weihecharakter; der erste Schritt in den Stand des Klerus ist die Diakonenweihe; dadurch ergeben sich bestimmte Rechte und Pflichten; heute: 3stufige Weihe: Diakon Priester Bischof (= Vollform der Weihe); früher war die Weihe – Hierarchie 8stufig: niedere Weihen: Akolyth Ostiarier Exorzist noch ein Amt; höhere Weihen: Subdiakon Diakon Priester Bischof; in den Klerikerstand wurde man auch nicht durch Weihe aufgenommen, sondern durch Tonsur! can. 1024: nur der Mann kann die Weihe empfangen; damit ist die Frau davon ausgeschlossen; aber. die Glaubenskongregation lässt Aussagen über die Diakonatsweihe für Frauen in den 70er Jahren offen; Johannes Paul II. 44 verstärkte wieder die Tendenz, Frauen vom Weihesakrament auszuschließen! Johannes Paul II. war auch gegen die Meinung (zu Recht), aufgrund der Gleichheit aller Menschen habe man ein Recht auf Weihe (Weihe Recht, sondern Berufung/Gnade!); nach jetziger Lehraussage ist das fix und nicht mehr diskutierbar; die Folge der Weihe: Dienst des Lehrens, Heiligens und Leitens (je nach Weihegrad unterschiedlich ausgeformt); jeder Kleriker wird aber grundsätzlich durch die Diakonatsweihe auch einem bestimmten Heimatverband zugeordnet (sog. „Inkardination“); gewöhnlich ist das die Diözese, in der er lebt; in diesem Heimatverband hat er Dienste zu tun; die Inkardination ist eigentlich eine lebenslange Verbindung; es gibt aber unter Voraussetzungen auch die Möglichkeit, den Heimatverband zu verlassen (Bsp.: bei Wechsel des Wohnorts in eine andere Diözese); heute MUSS jeder Kleriker inkardiniert werden (keine clerici vagantes mehr)! Vorteil: der Heimatverband muss ihn unterhalten; b) Rechte und Pflichten des Klerikers 1. grundsätzlich gelten einmal alle Rechten und Pflichten für Christgläubige automatisch auch für die Kleriker; es gibt aber besondere Klerikerpflichten: 2. Verbundenheit untereinander/Einheit des Klerus/Verpflichtung zur Zusammenarbeit (can. 275 §1) 3. Respektieren der Sendung der Laien 4. Förderung des Friedens (can. 287§1) für alle 5. Recht auf Urlaubszeit, Alters- und Krankenversorgung, sowie auf gerechten Lohn (can. 281) 6. Verpflichtung zur Weiterbildung (can. 279) 7. Pflicht zur Vermeidung von ungeziemendem Verhalten (can. 285): Bsp.: Übernahme politischer Ämter (früher durchaus üblich); 8. Pflicht zur geistlichen Lebensführung (can. 276): möglichst tgl. Eucharistiefeier, Stundengebet, Bußsakrament, Marienverehrung,...; 9. immerwährende Enthaltsamkeit: Zölibatspflicht um des Himmelsreiches willen (can. 277); der Zölibat ist grundgelegt in der Tiefendimension der empfangenen Weihe; der Zölibat muss auch gesehen werden als spirituelle Glaubensentscheidung; der Zölibat umfasst die Ehelosigkeit sowie die Enthaltsamkeit überhaupt; Zölibat muss aber zuvor versprochen werden; Zölibat ist frei gegebenes Versprechen, aber dazu muss man berufen sein; hinter dem Rechtssatz steht immer eine Berufung! der Zölibat ist nicht grundgelegt im göttlichen Recht, sondern ist menschliches Recht (in den Ostkirchen gibt es ja auch verheiratete Priester!); theoretisch änderbar! die Befreiung vom Zölibat ist nur möglich durch den Verlust der Weihe im Zuge eines Weihenichtigkeitsverfahrens oder der Laisierung, sonst aber nicht! 45 Laisierungen sind nur möglich wenn 1. das Amt schon sehr lange nicht mehr vom Amtsinhaber ausgeführt wird oder es irreversibel nicht mehr ausgeführt werden kann (bspw. wenn der Priester staatlich bereits geheiratet hat und auch Kinder schon da sind) oder 2. wenn die Weihe gar nicht gespendet werden hätte dürfen, wenn die ganze Wahrheit bereits bekannt gewesen wäre; c) der ständige Diakon: Wiedereinführung nach LG 29 beschlossen; neben den jungen Priesteramtskandidaten, die zuvor zum Diakon geweiht werden, können auch verheiratete Männer ab dem 35. Lebensjahr bei spezieller Eignung zum „ständigen Diakon“ geweiht werden; Diakon kann man hauptberuflich oder nebenberuflich sein! die Kirche verpflichtet sich dafür zu sorgen, dass sie den Geweihten nötigenfalls (falls er das Amt hauptamtlich ausführt) versorgt; der Diakon übernimmt Aufgaben im liturgischen Bereich, in der Verkündigung und der Caritas; Diakone arbeiten im gesamten Bereich kirchlichen Lebens; sie haben die gleichen Aufgaben wie „normale“ Laien, fungieren aber zusätzlich als ordentliche Tauf- und Kommunionsspender, Segensspender, Eheassistenten und Abhalter von Begräbnisfeiern; Rahmenordnung für die Österreichischen Diözesen (1989); römisches Direktorium (1998); d) Verlust des Klerikerstandes: eigentlich kann eine gültige Weihe nie mehr verloren oder entzogen werden (charakter indelebilis); bei Entlassung aus dem Klerikerstand Verlust aller Rechte des Weihestandes (Entzug der Weihevollmachten; Ausnahme: Beichte in Todesgefahr); durch eine (mögliche) Laisierung kommt es zur Änderung des Personstandes der Geweihte wird Laie mit all seinen Rechten und Pflichten (Ausnahme eigentlich: Eheschließung ist nicht mehr möglich, dies wird aber oft aufgehoben!); der Weihenichtigkeitsprozess (can. 1708-1712) dient zur Feststellung der Ungültigkeit der Weihe (kommt sehr selten vor!); das Laisierungsverfahren hat eigene Normen lt. Glaubenskongregation 1980; es ist nur nach langer Aufgabe des Amtes oder bei Irreveribilität der Aufgabe möglich Laisierungsprozesse werden restriktiv gehandhabt! auch eine strafweise Entlassung aus dem Klerikerstand gibt es, aber sehr selten! 11. Die Hierarchische Verfassung der Kirche 1. die höchste kirchliche Autorität und ihre Ausübung A die Träger der obersten Leitungsvollmacht Der Papst und die Bischöfe can. 330: Papst und Bischöfe (als Apostelnachfolger) sind miteinander verbunden; „Analogie“: Apostelkollegium – Bischofskollegium die Beschlüsse von 1870 wurden auf dem II. Vaticanum ergänzt durch die Lehre über das Bischofskollegium (LG 22) Lehre von der Kollegialität der Bischöfe: diese ist begründet durch die Schrift und durch die Tradition seit den Anfängen der Kirche; can. 330: die höchste kirchliche Autorität haben der Papst und das Kollegium der Bischöfe (dieses schließt aber den Papst als das Oberhaupt des Kollegiums immer mit ein!); man muss 2 Träger der obersten Autorität unterscheiden: 46 1.) Papst allein: primatialisches Vorgehen 2.) Bischofskollegium: mit dem Papst als dessen Oberhaupt can. 337 §3: der Papst kann selbst entscheiden, ob er die Gewalt allein (primatialisch) oder aber kollegial (zusammen mit dem Kollegium der Bischöfe) ausüben will; da bei beiden Trägern der obersten Vollmacht der Papst jeweils Teil ist, können Aussagen des Lehramtes nicht widersprüchlich sein; ekklesiologische Auswirkung der Lehre von der kollegialen Verfasstheit der obersten Leitungsgewalt: stärkere Akzentuierung der Teilkirche in der Gesamtkirche und Betonung ihrer Wichtigkeit; im Dienst der obersten Leitungsgewalt stehen verschiedene Hilfsinstanzen: Kardinalskollegium, die römische Kurie und päpstliche Einrichtungen anderer Art; B der Papst – Träger der Primatialvollmacht ein Datum für die Kirche: Jesus überträgt Petrus die oberste Leitungsgewalt dies ist eine Norm göttlichen Rechts daher ist sie unverfügbar der Kirche vorgegeben; da der Papst als Bischof von Rom der Nachfolger des Petrus ist, nimmt er auch den Vorrang im Bischofskollegium ein Primat (= „Vorrang“); LG 18: Papst ist Träger der Einheit; dogmatisch wurde dies formuliert am I. Vaticanum (Pastor Aeternus) und am II. Vaticanum (LG); 1. der Umfang päpstlicher Vollmacht can. 331: Haupt des Bischofskollegiums, Hirt der Gesamtkirche (seelsorglicher Aufgabenbereich); er hat volle, höchste, unmittelbare und universale ordentliche Gewalt, die er immer frei ausüben kann; Primat ist daher kein Ehrenvorrang (primus inter pares), sondern ein Jurisdiktionsprimat; 1.) oberste Vollmacht (potestas suprema): keine kirchliche Stelle ist dem Papst übergeordnet; das Papstamt ist unmittelbar von Christus kommend; daher wird es auch nicht von Menschen übertragen: bei allen anderen Ämtern wird von der missio canonica gesprochen, nur die Sendung des Papstes wird als missio divina bezeichnet; der Papst steht über allen anderen kirchlichen Stellen (auch über den Konzilien und jedem Kirchengericht can. 1404: prima sedes a nemine judicatur); 2.) volle Vollmacht (potestas plena): umgreift alles, was zum Vollzug des dreifachen Amtes (Lehren, Leiten, Heiligen) gehört! 3.) unmittelbare Vollmacht (potestas immediata): der Papst ist nicht der Oberaufseher über das Ganze, sondern er kann jederzeit und überall unmittelbar rechtlich wirksam eingreifen; auch umgekehrt können sich alle Gläubigen direkt an den Papst wenden; der Papst ist eine Art episcopus ecclesiae (ein Bischof der Gesamtkirche); Verhältnis zwischen bischöflicher Gewalt und päpstlicher Leitungsgewalt in Belangen einer Teilkirche: keine Konkurrenz!; can. 333: der Papst hat Verantwortung und Leitungsgewalt für die Gesamtkirche und alle Teilkirchen; er ist die Stütze der 47 bischöflichen Leitungsgewalt daher muss man die unmittelbare Vollmacht subsidiär verstehen: nur wenn der Bischof sich verfehlt oder eine Aufgabe zu keinem guten Ende bringen kann, soll der Papst als zuständige höhere Stelle sich der Sache annehmen; 4.) universale Vollmacht (potestas universalis): die Vollmacht erstreckt sich über alle Teilkirchen und alle Gläubigen der Bischof hat dagegen die Vollmacht territorial und personal eingeschränkt; 2. Inhalt des päpstlichen Primates Heiligung, Lehren, Leiten dies wird wirksam in Verwaltung, Gesetzgebung und Rechtsprechung; zum Lehren: die Gläubigen sollen vom Papst auf den Weg der Wahrheit gebracht werden dies betrifft die Glaubens- und Sittenlehre der Papst hat die höchste Lehrautorität; Zeichen dieser Hoheit ist die Unfehlbarkeit von ex cathedra Aussagen: sie gehören zum unverzichtbaren Glaubensgut der Kirche; zum Leitungsamt: bedeutet nicht nur die Leitung der Kirche, sondern auch das Engagement für die Welt; der Papst ist höchster Gesetzgeber, Verwalter und höchste richterliche Instanz für alle Gläubigen, sowie auch für einzelne Gruppen; die Gesetzgeberischen Kompetenzen der Bischöfe beschränken sich bspw. einerseits auf ihre Diözese und dürfen den päpstlichen Entscheidungen nicht widersprechen; der Papst als Gesetzgeber und Rechtssprecher ist allein ans göttliche Recht gebunden und nur dieses allein kann er nicht verändern; der Papst ist auch oberster Richter und kann daher alle Fälle der Kirche an sich ziehen; persönlich übt er das Amt jedoch nicht aus, sondern durch die Rota Romana und die apostolische Signatur; der Papst selbst unterliegt keiner kirchlichen Rechtsinstanz; der Papst ist auch oberster Inhaber der Verwaltungsvollmacht; trotz Dezentralisation und Subsidiarität auf und nach dem II. Vaticanum ist der Papst noch immer zuständig für die Verwaltung der Gesamtkirche; Bestellung von Diözesanbischöfen, Einteilung der Kirchensprengel,....; auch die allgemeinen seelsorglichen Dienst mit der obersten Verwaltungsvollmacht des Papstes verbunden; die meisten Dinge werden jedoch (aus Zeitmangel) aber an die Bischöfe delegiert; päpstliche Akte ergehen regelmäßig in Schriftform: Unterscheidung unter dem Aspekt der Feierlichkeit 1. Bulle/bulla: sehr feierlich 2. Breve / Briefform: weniger Feierlich inhaltliche Unterscheidung. 1. litterae decretales: päpstliche Entscheidungen meist in Bullenform 2. constitutio apostolicae: häufig gebraucht; einfache Bullenform; päpstliche Gesetze und Verwaltungsakte; dogmatische Lehrschreiben; 3. motu proprio: in Breve – Form; von sich aus erlassene Dinge (aus eigener Motivation); einfache Gesetze, Verlautbarungen, Mitteilungen, Durchführungsbestimmungen nach dem II. Vaticanum wurde so erlassen; 4. litterae apostolicae: apostolische Schreiben in Breve – Form; Verleihungen von Ehrenrechten; Patronszuschreibungen,...; 5. litterae enzyclicae: Rundschreiben zu verschiedensten Themen der Glaubens- und Sittenlehre; 48 6. epistolae enzyclice: Rundschreiben für die Bischöfe sehr unterschiedlichen Inhalts; 7. nunci radiophonici et televisiofici: Radio- und Fernsehansprachen; oft werden diese später in den Actae Apostolicae Sedis veröffentlicht; 8. allocutiones: Ansprachen, Homilien und Adohorationes: Ermahnungen; diese werden im L’Osservatore romanum (Zeitung des Vatikan) abgedruckt; II. der Papst als Garant der Einheit der Kirche und seine Beziehung zum Kollegium der Bischöfe LG 18: der Papst ist eingesetzt als Garant der Einheit der Bischöfe und damit der Kirche; er sorgt für eine gewisse Lehreinheit in der Glaubens- und Sittenlehre; er ist Garant der Einheit der kirchlichen Gemeinschaft (die Kirche hat nur „ein Haupt“ (ist zwar Christus, aber der Papst vicarius Christi)); Jursidiktionsprimat; LG 23: auch die Bischöfe sind Grundlage der Einheit und zwar insofern sie das Bischofskollegium zusammen mit dem Papst als Oberhaupt bilden; der Papst darf nicht unbedingt isoliert gesehen werden; in voller Weise verwirklicht sich die Einheit im Weltkonzil und den Bischofssynoden; III. Ehrentitel und Amtsbezeichnungen des Papstes (siehe Art. Yves Congar, in: conc. (1975), 538ff.) diese sind sehr zahlreich und auch eine Unterscheidung ist oft sehr schwer; Ehrentitel: - perpetudo vestra - sanctitas vestra - sancte pater DER Titel ist aber Papst: etym. papa gr. papas: Vater; ursprünglich war der Titel in der Ostkirche sehr verbreitet bei Bischöfen und Äbten; erst ab dem 4. Jhd. ist er für den Bischof von Rom belegt; im Osten führten auch die Patriarchen diesen Titel; erst im Mittelalter wird der Papsttitel vom Papst „allein“ in Anspruch genommen; Amtsbezeichnungen a) Bischof von Rom: der Papst ist zuallererst Diözesanbischof einer ganz bestimmten Diözese mit allen Vollmachten, die einem daraus erwachsen; er wird oft auch nur „episcopus“ genannt: dies deutet auch an, dass der Papst eben nur Bischof ist und kein Mehr an Weihe durch das Papstamt erhält; auch wird er als Romanus Pontifex bezeichnet; als Bischof von Rom ist der Papst Mitglied, als Nachfolger Petri ist er Haupt des Bischofskollegiums; persönlich übt der Papst die Leitung der Diözese Rom nicht wirklich aus; ein Kardinal, der Kardinalvikar, vertritt ihn dabei mit allen Vollmachten; die Diözesanleitung Roms wird als Vicariato di Roma genannt; die Diözesanleitung wird vom Papst ernannt; teilweise nehmen die Päpste aber durchaus auch Anteil an den diözesanen Bedürfnissen Roms! b) vicarius Christ/Stellvertreter Christi: der Papst symbolisiert den unsichtbar in seiner Kirche gegenwärtigen Christus; dies zeigt: nur Christus ist das Haupt und oberste Instanz der Kirche; der Titel kann aber auch missbraucht werden; heute wird der 49 Titel sehr zurückhaltend verwendet; FN: auch die Diözesanbischöfe wurden früher so bezeichnet; c) Nachfolger des Apostels Petrus, des Oberhauptes der Apostel: der Papst ist Nachfolger Petri; die anderen Bischöfe sind „nur“ Nachfolger des Apostelkollegiums (d.h. keine „persönliche Festschreibung“); der Papst ist Inhaber des Petrusamtes; dieses besitzt seine Gültigkeit kraft göttlichen Rechts und muss in der Kirche immer vorhanden sein! der Ort des Petrusamtes und andere Bestimmungen sind aber menschlichen Rechts, d.h. historisch gewachsen und daher prinzipiell veränderlich! d) oberster Bischof der Gesamtkirche, sichtbares Oberhaupt der gesamten Kirche, oberster Hirte, summum pontifex,...; e) Patriarch des Abendlandes: can. 438: aus diesem Titel erwächst aber keinem Bischof lt. CIC ein Mehr an rechtlicher Kompetenz (im Gegensatz zum Osten, wo sehr wohl rechtliche Sonderstellung daraus erwächst); im Westen wurde „Patriarch“ zu einem Ehrentitel; f) Primas von Italien: can. 438: nur Ehrentitel g) Erzbischof und Metropolit der römischen Kirchenprovinz: der Papst ist auch oberster Verwalter einer Kirchenprovinz; er hat Metropolitengewalt über die anderen Bischöfe seiner Provinz, was aber im Fall des Papstes keinerlei Konsequenzen in seinem rechtlichen Status hat (er hat ja schon die höchste Gewalt); zur Kirchenprovinz gehören die 7 suborbitarischen Bistümer, eine weitere Erzdiözese, 7 Diözesen und mehrere Abteien; h) Souverän des Staates Vatikanstadt: mit 1870 erlosch die Würde des Papstes als Staatsoberhaupt; die Lateranverträge (drei an der Zahl: 1. Einrichtung des Staates; 2. Konkordat mit Italien; 3. finanzielle Regelungen) wurde ein Minimum an territorialer Hoheit wieder hergestellt; eigene Verwaltung usw.; i) Servus Servorum Dei: dieser Titel geht auf Gregor den Großen zurück sehr alt; er entspricht dem biblischen Selbstverständnis des Petrusamtes; bis 1968 wurde immer der Zusatz „der glorreich Regierende“ dazugefügt; nun nimmt man diesen Titel! IV. Besetzung des apostolischen Stuhles 1. Vakanz: tritt mit dem Tod des Papstes ein; can. 332: auch ein freiwilliger (kein Zwang!) Verzicht ist möglich; es bedarf keiner Annahme bei Amtsverzicht, weil es keine höhere Stelle als den Papst gibt; eine geeignete Bekanntgabe an das Kardinalskollegium reicht; während der Vakanz geht die oberste Hoheitsgewalt nicht auf das Bischofs- oder Kardinalskollegium über, sondern die primatialische Gewalt ruht/sistiert; die notwendigsten Geschäfte laufen weiter, aber es darf nichts entscheidendes verändert werden! can. 428: in vacante sedis nihil novetur! spezielle Gesetzgebung für die Zeit der Vakanz und die Wahl des Papstes: constitutio apostolica: „Universi Dominici Gregis“ (1996); die Papstwahl steht nicht im CIC, sondern ist eine außerkodikale Gesetzgebung; 50 2. Papstwahl nur das Bischofsamt wird durch Handauflegung vergeben; das Papstamt wird nie durch Handauflegung, sondern immer durch Wahl vergeben; im ersten Jht. waren auch die Kleriker und Laien an der Wahl beteiligt; im 11. Jhd.: Wahlrecht für Kardinäle; 1259: „in nomine Domine“: Vorschlagsrecht; 1275: Papstwahl nur mehr durch die Kardinäle; die 2/3 Mehrheit ist seit damals festgeschrieben; zur Beschleunigung der Wahl wurde 1274 unter Gregor X. das Konklave festgeschrieben; Vorbild dazu waren die Wahlen in italienischen Stadtkommunen; Johannes Paul II. ordnet die Papstwahl neu durch „Universi Dominici Gregis“ (1996); can. 332 §2: auch ein Amtsverzicht ist beim Papst möglich; während der Vakanz ruht die primatialische Vollmacht des Papstes; die Leitung der Kirche geht auf das Kardinalskollegium über; II. Wahl heute das ausschließliche Vorrecht der Kardinäle, weil im Kardinalskollegium beide wichtigen Aspekte bei der Wahl eines Papstes präsent sind: 1. die römische Kirche und 2. die Weltkirche (die Kardinäle stammen aus aller Welt); Paul VI. war durchaus bereit, andere auch zur Wahl zuzulassen, aber aus verschiedenen Erwägungen nahm er Abstand davon; heute sind nicht mehr als 120 Kardinäle (2005 waren 115 an der Wahl beteiligt) wahlberechtigt; ab dem 80. Lebensjahr hat man kein aktives Wahlrecht mehr! kein Einzug ins Konklave (Begründung: die Beschwerlichkeit der Wahl); Wahlkollegium und Kardinalskollegium sind nicht deckungsgleich! Kardinal kann aber grundsätzlich jede Person werden, sofern sie in der vollen Gemeinschaft mit der Kirche steht; Ablauf der Wahl: zwischen dem 15. und dem 20. Tag nach dem Tod des Papstes beginnt das Konklave; untergebracht sind die Kardinäle in der Domus Sacntae Marthae; Begleitpersonal ist grundsätzlich nicht (mehr) erlaubt (Ausnahme: gesundheitliche Gründe); strikte Geheimhaltung: eidliche Verpflichtung zur strengen Geheimhaltung; keine Aufnahmegeräte in den Wahlräumen; nur mit Ausnahmegenehmigung ist ein Kontakt zur Außenwelt erlaubt; keine Nachrichten von draußen, kein TV, keine Zeitung, keine Handytelefonate,...; die rigorosen Bestimmungen sollen die Entscheidungsfreiheit und die Geheimhaltung sicherstellen; Wahlort: die Sixtinische Kappelle (zuvor auf Wanzen überprüft); Wahlgang: täglich 2 Wahlsitzungen mit jeweils 2 Wahlgängen; 51 heute erfolgt die Wahl nur mehr per scrutinum; Johannes Paul II. hat die Wahl per Inspirationem und per compromissum abgeschafft; Begründung: die Wahl soll die persönliche Entscheidung der Kardinäle sein und nicht eine eher zufällige Entscheidung; der Modus ist genau geregelt: jeder Kandidat bringt seinen Stimmzettel gefaltet vor den Altar, hebt die Hand und wirft den Zettel in die Urne, die am Altar steht und spricht: „ich rufe Christus, meinen Richter, an, dass ich den gewählt habe, der meiner Meinung nach zum Papst gewählt werden soll!“ persönlicher Eid; auch kranke Kardinäle können wählen (3 Kardinäle gehen mit der Urne zur Domus Sanctae Marthae; alle Stimmzettel werden am Ende des Tages verbrannt zur Raucherzeugung werden chemische Zusätze verwendet; das Wahlergebnis wird im Archiv verwahrt, darf aber nur mit Zustimmung des Papstes eingesehen werden; Wahl: 2/3 Stimmen der anwesenden Wähler (oder 1 mehr, bei einer Wählerzahl, die nicht durch 3 teilbar ist); bei Uneinigkeit: nach 3 entscheidungslosen Tage: 1 Tag keine Wahl: Gebete, Gespräche, Ansprache,...; nach weiteren 7 ergebnislosen Tagen: wieder Unterbrechung; nach weiteren 7 Abstimmungen: wieder Unterbrechung;...; nach 34 Abstimmungen kann das Kardinalskollegium das weitere Vorgehen bestimmen: auch eine Wahl mit einer absoluten Mehrheit können dann den Kandidaten zum Papst machen; auch eine Stichwahl ist denkbar; entscheidend für die Wahl ist die persönlich Eignung für den Dienst an der Gesamtkirche ausschlaggebend für die Wahl darf kein Zwang, Druck oder Beeinflussung sein! untersagt sind weiters: Ämterkauf (Simonie), Aussprechen eines Vetos (Bsp.. der österreichische Kardinal legt das Veto des Kaisers ein und blockiert die Wahl Pius X. wird daraufhin gewählt); auf ausgesprochene Wahlkapitulationen gibt es keiner rechtlichen Anspruch; Gebete auf der ganzen Welt sollen die Wahl begleiten, weil sie eine sehr wichtige Sache der Gesamtkirche ist; nach der Wahl und deren Annahme durch den Kandidaten ist die Wahlvollmacht des Kollegiums erloschen; wenn der Kandidat bereits Bischof ist, hat er nach der Annahme der Wahl („acciopo lectionem) bereits das Amt des Papstes inne; wenn der Kandidat kein Bischof ist (ist theoretisch möglich!) muss er zuvor zum Bischof geweiht nicht; der neue Papst wählt sich einen Papstnamen (seit dem 10. Jhd. Brauch): die Wahl des Namens gibt oft Hinweise auf die Programmatik des Papstes oder auch gemeint als Anschluss an früher Pontifikate: danach: feierliche Zeremonie: heute kommt es dabei zu keiner Krönung mehr (seit Paul VI., der die Tiara (nach seiner Krönung) abgeschafft und verkauft hat); V. Die völkerrechtliche Stellung des Papstes er ist Staatsoberhaupt des Staates Vatikanstadt (seit 1929) Vatikan ist Völkerrechtssubjekt; der Papst ist zugleich Staatsoberhaupt und Haupt der Katholischen Kirche weltweit; aber die völkerrechtliche Stellung der Kirche ist höher als die des Staates Vatikanstadt (dieser hat ja nur sehr wenige Einwohner); 52 die Kirche gilt als supranationale Einrichtung; die päpstliche Diplomatie vertritt beide Völkerrechtssubjekte (Hl. Stuhl und Vatikanstadt); 1957: Änderung der Unterschrift des Papstes von „Vatikan“ zu „Hl. Stuhl“: dies bringt zum Ausdruck der Papst unterschreibt für die Katholische Kirche weltweit und nicht für das kleine Gebiet des Vatikan! Achtung: unterschiedliche Terminologie: im Völkerrecht: „Hl. Stuhl“ meint die Katholische Kirche als völkerrechtliches Subjekt; innerkirchlich: „Hl. Stuhl“ meint den Papst und die kurialen Einrichtungen es gibt viele diplomatische Beziehungen u.a. mit der UNO bzw. ihren Organisatoren wie der IAEO, UNHCR, UNEHO, UNESCO sowie mit dem Europäischen Rat, OSZE und mit 174 Ländern in aller Welt; C Bischofskollegium und ökumenisches Konzil ergänzend zur vollen Leitungsvollmacht des Papstes ist auch das Kollegium der Bischöfe Träger der obersten Leitungsvollmacht (mit dem Papst immer als Haupt des Kollegiums); Grund: II. Vaticanum: Lehre von der Kollegialität der Bischöfe in Ergänzung zum I. Vaticanum); Zweifache Form der Ausübung: 1.) Konziliare Form 2.) extrakonziliare Form can. 337 §1: die oberste Gewalt übt das Kollegium im ökumenischen Konzil aus; §2: aber auch extrakonziliar ist die Ausübung möglich (sog. Briefkonzil); immer unter der Voraussetzung der Anerkennung durch den Papst; Dekrete des Bischofskollegiums brauchen immer die Zustimmung/die Approbation des Papstes und seine Promulgation (can. 341 §1); Bsp.: für extrakonziliare Vorgehensweise: Befragung zur leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmel (Brief- oder Fernkonzil); II. das ökumenische Konzil 1. Allgemein Versammlung aller Bischöfe der Welt unter bestimmten rechtlichen Auflagen; das Kollegium und der Papst üben dabei ihre oberste Leitungsgewalt in ihrer feierlichsten Form aus; Beratung und Beschlüsse in Fragen des Glaubens, der Sitte und der Disziplin; Kennzeichen: - Abhängigkeit vom Papst: er besitzt: o Einberufungsrecht o Verlegungsrecht o Vertagungsrecht o Auflösungsrecht o Promulgationsrecht der Beschlüsse o auch die Tagesordnung wird vom Papst genehmigt; Oppositionsrecht der Bischöfe leitet sich aus ihrer apostolischen Vollmacht her, die der ihnen aufgetragenen Sorge für die Gesamtkirche zugrunde liegt! 53 bei Vakanz des Papststuhls ruht das Konzil bis der neue Papst das weitere Vorgehen (Wiederaufnahme oder Auflösung) entscheidet; Bsp.: Johannes XXIII. stirbt 1963; Paul VI. führt das Konzil weiter; das Konzil ist abhängig vom Papst, aber der Papst ist immer auch eingebunden in das Konzil; 2. Teilnahme und Stimmrecht alle Bischöfe, die Teil des Kollegiums sind, sind berechtigt und verpflichtet, am Konzil teilzunehmen; Grundlage ist die Bischofsweihe daher auch Titular-, Weih- und Diözesanbischöfe; dies gilt aber allgemein nur für jene, die in voller Gemeinschaft mit dem Papst stehen! can. 339 §2: auch andere können zum Konzil gerufen werden, aber dies ist nach jeweiliger Maßgabe zu entscheiden; im alten CIC: auch die Abtpraeses, Ordensoberen usw. waren zugelassen mit Stimmrecht; heute ist dies nicht mehr verpflichtend der Fall, aber eine Fortführung der Bestimmung wäre möglich nach Maßgabe des Papstes; auch bestimmte Fachleute können herangezogen werden (sog. Konzilsmeriti); 3. Konzilstechnik man hält heute Konzilien in Sitzungsperioden ab; in der Zwischenzeit werden Texte (Schemata) erarbeitet; das II. Vaticanum hatte bspw. 4 Sitzungsperioden (1962-1965); bisher gibt es nach der westlichen Zählung XXI. ökumenische Konzilien; 4. Konzilsdekrete und Promulgation: Konzilsbeschlüsse gelten grundsätzlich immer für die Gesamtkirche; Rechtskraft erhalten sich durch die Approbation durch das Kollegium und den Papst sowie durch die päpstliche Promulgation; die Beschlüsse des II. Vaticanum wurden bspw. in den Acta Apostolicae Sedis veröffentlicht; Patrikularsynoden sind Versammlungen bestimmter Teilkirchen; D Hilfsorgane des Papstes zur Leitung der Gesamtkirche Das Bischofskollegium selbst ist auf keinen Fall ein Hilfsorgan des Papstes, sondern selbst Träger der obersten Leitungsgewalt! Die Bischofssynode eine sehr junge Einrichtung; auf Wunsch Pauls VI. auf dem II. Vaticanum zur Hilfe für das Petrusamt; Entscheidung für die Einrichtung erfolgte 1964; mit dem Motu Proprio „Apostolica Sollicitudo“ (1965) wurde die Bischofssynode errichtet; die Bischofssynode ist keine ständige Einrichtung; auch der Terminus „Synode“ ist rechtlich etwas unglücklich, weil traditionell Synode Konzil bedeutet, die Bischofssynode aber rein beratende und keine beschließende Funktion hat! 1966 erhält die Bischofssynode ihre eigene Ordnung , deren wichtigste Artikel auch Eingang in den CIC gefunden haben (can. 342 – 348); 54 2. Aufgaben und Begriff Die Bischofssynode ist eine Versammlung von bestimmten Bischöfen aus der ganzen Welt, die sich von Zeit zur Zeit zur Unterstützung und Beratung des Papstes versammeln; Ziel: engere Verbundenheit zwischen Papst und Bischöfen; Rat und Hilfe für den Papst; Untersuchung von Fragen der Stellung der Kirche in der Welt; die Bischofssynode ist Beratung aber keine Entscheidungsinstanz! jedoch kann der Papst der Synode in bestimmten Fällen Entscheidungsvollmacht zugestehen bzw. er kann die Ratschläge annehmen und selbst handeln! Der Papst leitet die Bischofssynode; er hat das Recht der Einberufung, Festsetzung des Tagungsortes und der Tagesordnung, Verlegung, Vertagung und Schließung; bei Vakanz des Papststuhls wird die Synode suspendiert bis der neue Papst entscheidet, was weiter geschehen soll; an der Bischofssynode können auch Bischöfe anderer Konfessionen teilnehmen; 3. Arten und Formen der Bischofssynode ordentliche Generalversammlung: can. 346 §1: Teilnehmer sind die Bischöfe, die von den Bischofskonferenzen entsandt wurden, sowie jenen, die vom Papst bestellt werden und anderen Teilnehmern (Ordensobere, Bischöfe anderer Konfessionen,...) eine „normale“ Bischofssynode außerordentliche Generalversammlung: dient der Beratung in dringenden Fragen (weniger Mitglieder sind anwesend); Spezialsynoden (can. 346 §3): behandeln Fragen betreffend einer bestimmten Teilkirche oder Region: Beschickung besonders aus dieser Örtlichkeit; 5. Generalssekretariat und Spezialsekretäre der Papst ernennt den Sekretär; während den Synoden werden mehrere Spezialsekretäre ernannt, die ihr Amt nach der Synode aber wieder verlieren; an der 11. ordentlichen Generalsynode der Bischöfe im Oktober 2005 zum Thema Eucharistie nahmen 246 Bischöfe teil: davon waren 117 von den Bischofskonferenzen gesandt, 40 vom Papst bestellt; weiters nahmen teil: 10 Generalobere, 32 nichtstimmberechtigte Spezialisten (Kanonisten und Theologen) sowie 26 männliche und weibliche Auditoren; es gab neben den 11 ordentlichen auch 2 außerordentliche Generalversammlungen; und insgesamt 8 Spezialsynoden: Holland, Europa, Afrika, Libanon, Amerika, Asien, Ozeanien, Europa II; 55