Brief von Papst Benedikt XVI. an die muslimischen Gelehrten

Werbung
Benedikt XVI. antwortet auf Offenen Brief von 138 muslimischen Gelehrten
Respektvoller, aufrichtiger Dialog als Voraussetzung für eine produktive Zusammenarbeit
ROM, 29. November 2007 (ZENIT.org).- Anlässlich des Endes des Fastenmonats Ramadan
richtete eine Gruppe von muslimischen Religionsführern und Gelehrten einen offenen Brief an
Papst Benedikt XVI. und die Verantwortlichen der anderen christlichen Kirchen und
Konfessionen. Ihr Schreiben trägt den Titel: Ein gemeinsames Wort zwischen uns und euch.
Der Heilige Vater antwortete mit einem Brief, der heute vom Heiligen Stuhl veröffentlicht
wurde und die Unterschrift von Kardinal-Staatssekretär Tarcisio Bertone trägt. Er ist an Seine
Königliche Hoheit, den Prinzen Ghazi bin Muhammad bin Talal, adressiert. Ghazi bin
Muhammad bin Talal ist der Präsident des „Aal al-Bayt Institute for Islamic Thought“ und
einer der Mitunterzeichner des Briefes. Er hatte sich persönlich um die Übereichung des
Schreibens an den Papst gekümmert.
Papst Benedikt spricht sich für einen Dialog aus, der folgende Kriterien beherzigt: Respekt vor
der Würde jeder menschlichen Person; objektive Kenntnis der Religion des anderen; die
religiöse Erfahrung, die miteinander verbinde, sowie die Förderung des gegenseitigen
Respekts und der gegenseitigen Annahme unter der jüngeren Generation. Aus einem solchen
Dialog könne eine fruchtbare Zusammenarbeit zum Wohl der ganzen Menschheit
hervorgehen.
***
Seine Königliche Hoheit
Prinz Ghazi bin Muhammad bin Talal
The Royal Palace
Amman
Jordanien
Aus dem Vatikan, am. 19. November 2007
Ihre Königliche Hoheit,
Am 13. Oktober 2007 unterzeichneten 138 muslimische religiöse Führer, darunter auch Sie,
Ihre Königliche Hoheit, einen Offenen Brief an Seine Heiligkeit Papst Benedikt XVI. und andere
christliche Hirten. Sie wiederum waren so gütig, ihn Bischof Salim Sayegh vorzulegen, dem
Vikar des Lateinischen Patriarchen von Jerusalem in Jordanien, mit der Bitte, ihn Seiner
Heiligkeit zukommen zu lassen.
Der Papst hat mich gebeten, Ihrer Königlichen Hoheit und allen, die den Brief unterschrieben
haben, seinen Dank zu übermitteln. Außerdem hegt er den Wunsch, seine tiefe Wertschätzung
für diese Geste zum Ausdruck zu bringen; für den positiven Geist, der den Text inspiriert hat,
und für den Ruf zum gemeinsamen Einsatz zur Förderung des Friedens in der Welt.
Ohne unsere Verschiedenheiten als Christen und Muslime zu übergehen oder
herunterzuspielen, können und sollten wir daher auch auf das schauen, was uns eint, nämlich
auf den Glaube an den einen Gott, den vorausschauenden Schöpfer und universalen Richter,
der am Ende der Zeiten jede Person so behandeln wird, wie es seine oder ihre Taten
verdienen. Wir sind alle dazu aufgerufen, uns ganz in seinen Dienst zu stellen und seinem
heiligen Willen zu gehorchen.
Den Inhalt seiner Enzyklika Deus caritas est („Gott ist die Liebe“) vor Augen, war Seine
Heiligkeit besonders über die Aufmerksamkeit beeindruckt, die in dem Brief dem zweifachen
Gebot, Gott und den Nächsten zu lieben, entgegengebracht wird.
Wie Sie wahrscheinlich wissen, erklärte Papst Benedikt XVI. zu Beginn seines Pontifikats: „Ich
bin zutiefst davon überzeugt, dass wir, ohne dem negativen Druck der Umgebung zu weichen,
die Werte der gegenseitigen Achtung, der Solidarität und des Friedens bekräftigen müssen.
Das Leben jedes Menschen ist heilig, für die Christen wie für die Muslime. Wir haben ein
großes Aktionsfeld, in dem wir uns im Dienst an den moralischen Grundwerten vereint fühlen
dürfen“ (Ansprache an die Vertreter einiger muslimischer Gemeinden, Köln, 20. August 2005).
Eine solche gemeinsame Basis erlaubt es uns, unseren Dialog auf dem nachhaltigen Respekt
vor der Würde jeder menschlichen Person zu gründen, auf der objektiven Kenntnis der
Religion des anderen, auf der religiösen Erfahrung, die wir miteinander teilen, und schließlich
auf dem gemeinsamen Einsatz zur Förderung des gegenseitigen Respekts und der
gegenseitigen Annahme unter der jüngeren Generation. Der Papst ist zuversichtlich, dass –
wenn das einmal erreicht worden ist – es möglich sein wird, in den Bereichen der Kultur und
Gesellschaft sowie zur Förderung von Gerechtigkeit und Frieden innerhalb der Gesellschaft
und überall auf der Welt produktiv zusammenzuarbeiten.
In der Absicht, Ihre lobenswerte Initiative zu ermutigen, freut es mich, Ihnen mitzuteilen,
dass Seine Heiligkeit höchstbereit ist, Sie, Ihre Königliche Hoheit, und eine begrenzte, von
Ihnen ausgewählte Gruppe von Unterzeichnern des Offenen Briefes zu empfangen. Für die
gleiche Zeit könnte ein Arbeitstreffen zwischen Ihrer Delegation und dem Päpstlichen Rat für
den Interreligiösen Dialog zusammen mit einigen fachkundigen Päpstlichen Instituten (wie das
Päpstliche Institut für Arabische und Islamische Studien und die Päpstliche Universität
Gregoriana) organisiert werden. Über die genauen Details dieser Begegnungen könnte später
entschieden werden, sollte es sich erweisen, dass dieser Vorschlag für Sie generell annehmbar
ist.
Ich möchte diese Gelegenheit dazu benützen, um Sie, Ihre Königliche Hoheit, erneut meiner
höchsten Wertschätzung zu versichern.
Kardinal Tarcisio Bertone
Staatssekretär
[ZENIT-Übersetzung des englischen Originals von Dominik Hartig; © Copyright 2007 –
Libreria Editrice Vaticana]
Herunterladen