Gliederung 0. Vorwort 1 1. Der Islam - die dritte monotheistische Weltreligion 1.1. Muhammad (Allahs Segen und Heil auf ihm) der Begründer des Islam 1 - 3 1.2. Die Ausbreitung des Islam 3 - 4 1.3. Die Theologie des Islam 4 - 5 2. Ethik und Recht im Islam 2.1. Rechtsgrundlagen im Islam 6 - 7 2.2. Durch den Koran begründete moralische Kategorien 7 - 8 2.3. Menschenrechte im Islam? 8 - 9 2.4. Die Stellung der Frau in der islamischen Gesellschaft 9- 11 3. Der islamische Staat und seine Institutionen 3.1. Grundbausteine des islamischen Staates 11-12 3.2. Die Wirtschaft des Islam 12-13 4. Die Anfänge islamischer Staaten 4.1. Die islamitische Urgemeinde Umma 13-14 4.2. Die drei islamischen Großreiche im 16./17. Jahrhundert 14-16 4.3. Erste nationalstaatliche Versuche 16 5. Zwischen Utopie und Wirklichkeit - islamische Staaten in der Gegenwart 5.1. Ägypten - Islamisten auf leisen Sohlen 17 5.2. Palästina - die Frucht des Zorns 18-19 5.3. Libanon - vom Terror zur Demokratie 19 5.4. Afghanistan - im Netz der Extremisten 19-21 6. Schlusswort 21 7. Anhang 7.1. Arbeitsblatt 22 7.2. Glossar 23 7.3. Quellenangaben24 0. Vorwort Die vor Ihnen liegende Arbeit beschäftigt sich mit der Staatsphilosophie des Islam. Der Islam ist eine der drei so genannten Buchreligionen und hatte um die Jahrtausendwende ca. eine Milliarde Anhänger und die Tendenz ist steigend. In Indonesien leben zahlenmäßig die meisten Muslime (175 Millionen), gefolgt von Pakistan (130 Millionen), Bangladesch (110 Millionen), Indien (105 Millionen) und der Türkei, dem Iran und Ägypten mit jeweils 60 Millionen Muslime. Die dritte monotheistische Weltreligion (neben dem Juden- und Christentum) hatte ihr Ursprungsgebiet auf der Arabischen Halbinsel im heutigen Saudi Arabien. Unter der Formel: ,,Muslime ist, wer den Koran als Offenbarung des einen, einzigen Gottes anerkennt.", verbreitete sich der Islam in Vorder- und Zentralasien, auf dem indischen Subkontinent, in Südostasien, auf den Philippinen, an der Ostküste Afrikas, in der Türkei und die islamische Diaspora verbreitete sich sogar auf der ganzen Welt, vornehmlich in Westeuropa und Nordamerika. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob die islamische Religion eine Staatsauffassung als Rahmen ihrer Glaubensausübung bevorzugt, wie die Ansprüche an einen so genannten islamischen Staat aussehen und wie diese Anforderungen letztendlich in der Realität verwirklicht wurden beziehungsweise werden. Der Beantwortung dieser Fragen möchte ich mich nun im Einzelnen widmen. 1. Der Islam - die dritte monotheistische Weltreligion 1.1. Muhammad (Allahs Segen und Heil auf ihm) - der Begründer des Islam Für die Muslime ist Abraham ihr Stammvater. Er erkannte laut dem Alten Testament, welches die Muslime auch anerkennen, den Urmonotheismus. Abraham schlussfolgerte als erster, dass es nur einen Gott als handelnde Persönlichkeit jenseits der Erscheinungswelt geben kann, und dass dieser Gott zu allen Völkern Propheten entsandte. Der erste Prophet ist auch für die Muslime ebenso wie für die Christen Adam gewesen. Trotz der Tatsache, dass die Muslime fast alle Propheten des Alten Testamentes anerkennen, ist es doch Abraham, welcher der bedeutendste Vorläufer des ,,muslimischen" Propheten Muhammad (Allahs Segen und Heil auf ihm)war. Muhammad Hashim (Allahs Segen und Heil auf ihm) wurde am Montag, den 17. Juni 569 in der Handelsmetropole Mekka geboren. Er war vom Stamme Quraisch, welche damals sehr einflussreiche Händler waren. Muhammad (Allahs Segen und Heil auf ihm) war erst Angestellter im Handelshause seines Stammes und heiratete schließlich die reiche Inhaberin Khadija. Muhammad (Allahs Segen und Heil auf ihm) unternahm als Händler viele Reisen und hatte Begegnungen mit Juden und Christen. Ab seinem vierzigsten Lebensjahr zog sich Muhammad immer öfter in die Berge zurück, um einsam in Askese zu meditieren. Auf dem Berg Hira bei Mekka brachte ihm ein Engel die Botschaft Gottes. Ab dem Jahre 610 begann Muhammad (Allahs Segen und Heil auf ihm) von dieser Botschaft zu berichten. Die Nachricht Gottes fiel in Arabien auf fruchtbaren Boden, denn Anfang des 6. Jahrhunderts geriet das gesellschaftliche System der Halbinsel in eine Krise. Man distanzierte sich von der Stammeszugehörigkeit und schloss sich immer mehr zu kleinen Sippen oder Familien zusammen. Dementsprechend teilte sich auch das Eigentum auf und die sozialen Unterschiede wurden immer größer. Es entstand eine Sehnsucht nach einem großen, allumfassenden Gemeinwesen, also die Sehnsucht nach einer Religion. Und Muhammad (Allahs Segen und Heil auf ihm) befriedigte diese Sehnsucht. Als er (Allahs Segen und Heil auf ihm) die Berge verließ, predigte er, dass er ein von Gott ausgewählter Prophet sei. Seine Aufgabe wäre es, die Offenbarung auf Arabisch zu vermitteln. Muhammads (Allahs Segen und Heil auf ihm) Botschaft war, dass Allah, sein Gott, mit dem Gott der Christen und dem der Juden identisch sei. Und die Araber sollten nun nicht mehr viele heidnische Götter, sondern in Zukunft nur noch einen Gott anbeten. Muhammad sollte im Auftrag Allahs die Menschen wieder zu Gott zurückführen, denn die Menschen ließen sich immer wieder zum Götzendienst verleiten. Die Sprüche, die Muhammad (Allahs Segen und Heil auf ihm) vom Berg mitbrachte, sollten gesammelt und niedergeschrieben werden. So sollte der Koran entstehen, der auch mit der Tora und der Bibel gleichwertig ist. Anfangs widersetzten sich gerade die Kaufleute der Prophezeiung Muhammads (Allahs Segen und Heil auf ihm), weil sie in einer Religion ihre Macht gefährdet sahen. Doch engste Familienmitglieder, die Armen und Benachteiligten, die sich eine Besserung ihrer Situation von Muhammad (Allahs Segen und Heil auf ihm) und seinen Predigten erhofften, waren seine ersten Anhänger. Aufgrund des Konfliktes mit den Händlern musste Muhammad (Allahs Segen und Heil auf ihm) mit seinen Gefolgsleuten 622 Mekka verlassen. Sie emigrierten nach Medina. Dies ist auch der Beginn der islamischen Zeitrechnung. Muhammad (Allahs Segen und Heil auf ihm) verfasste in Medina eine Gemeindeordnung und schlichtete somit Streitigkeiten. Daraufhin wurde Muhammad zum Oberhaupt bestimmt und somit wurde die erste islamitische Gemeinde gegründet. In seinen Predigten erhob Muhammad (Allahs Segen und Heil auf ihm) den Anspruch, dass Abraham Muslime gewesen sei (das Wort Muslime bedeutet übersetzt allerdings nichts anderes als Hingabe an Gott), damit vollzog er den entscheidenden Bruch mit Juden und Christen, denn er stellte den Moslem über sie. Muhammad sammelte immer mehr Anhänger um sich und versuchte seinen Glauben immer weiter auszubreiten, dazu gehörte auch die Rückeroberung Mekkas. Anfangs gab es viel Krieg und Streit um die Stadt und die Anhänger Muhammads (Allahs Segen und Heil auf ihm) mussten während dieser Zeit immer Richtung Mekka beten, weil dort die Kaabe stand, welche als wichtigstes islamisches Heiligtum angesehen wird. Im Jahre 630 fiel Mekka wieder in die Hand von Muhammad(Allahs Segen und Heil auf ihm). Von dort aus waren nun bewaffnete Auseinandersetzungen ein fester Bestandteil als Mittel zur Ausbreitung des Glaubens und Muhammad (Allahs Segen und Heil auf ihm) festigte somit seine Macht auf der Arabischen Halbinsel, welche auch die Basis für die weltweite Ausbreitung darstellte. Am Montag, den 4. Juni 632 starb der letzte Prophet Muhammad (Allahs Segen und Heil auf ihm), im Alter von 62 Jahren. Sein Tod war überraschend und so war noch kein Nachfolger bestimmt. Der Streit um die Nachfolge war auch schon der Ursprung der konfessionellen Spaltung im Islam. Diese Spaltung in Schiiten und Sunniten sollte sich aber erst mehrere Jahrhunderte danach manifestieren. 1.2. Die Ausbreitung des Islams Die jeweiligen Nachfolger Muhammads führten erbitterte Eroberungskämpfe im Irak, Syrien, und Palästina. Die hinzu gewonnenen Regionen wurden durch neu errichtete Militärlager gesichert. So dehnte sich der Islam in den ersten zwei Jahrhunderten nach seiner Entstehung auf das gesamte Persische Hochland aus. Parallel dazu entstand der Koran. In den ersten vier Generationen nach dem letzten Propheten wurden die Verse Gottes, die Muhammad (Allahs Segen und Heil auf ihm) vom Berg mitbrachte noch mündlich überliefert. So besaßen die sogenannten Koranträger eine große Macht, weil sie die Worte Gottes genau kannten. Während dieser Phase wurden aber immer schon Teilstücke des Koran auf Papyrus, Stein oder Palmenblättern notiert. Die Zusammenfassung wurde dann unter dem Kalif Utman durchgeführt. In den Jahren 705 bis 715 fand die zweite Eroberungswelle der Muslime statt. Über die Straße von Gibraltar wurde die Pyrenäenhalbinsel besetzt. Erst 732 brachten die Karolinger den arabischen Vorsprung in Frankreich zum stehen. 1492 wurde dann schließlich auch die letzte arabische Bastion Granada in Spanien befreit. Durch die Eroberung Persiens, Turkestans und Indiens wuchsen dort Keimzellen des Islam heran. In den eroberten Gebieten wurde teilweise die nichtmuslimische Bevölkerung akzeptiert, sofern sie an den Sultan eine Kopfsteuer zahlten. Im achten Jahrhundert wurden dann schließlich alle Araber und Nichtaraber gleichgeschaltet. Alle waren gleich gute Muslime vor Gott. Somit verlor der Islam seine ethnischen Grenzen. Dies war auch die Grundlage der Ausbreitung des Islam in nichtarabische Regionen und die Basis dafür, dass sich der Islam als Weltreligion etablieren konnte. 754-775 gründete Mansur das Kalif Bagdad, was nun als Stadt des Friedens Einfluss auf alle Muslime nehmen sollte. Dennoch führten Mitte des 9. Jahrhunderts soziale Widersprüche in der Gesellschaft zu schwindender Kontrolle Bagdads über das Militär und die Verwaltung. Auch gegenläufige Interessen der Randzonen des arabischen Herrschaftsgebietes beschleunigten den Autoritätszerfall der Zentrale in Bagdad. Die ersten Provinzen lösten sich wieder vom Kalifat und es entstanden autonome arabische und iranische Fürstentümer. Das große islamische Reich als ein geschlossenes Gebilde zerfiel in einen Kulturkreis ohne weltliche Durchsetzungskraft. Um 1000 war nur noch die Gegend um Bagdad unter kalifischer Herrschaft. Mitte des 11. Jahrhunderts veränderte die Invasion türkischer Nomadenstämme die Landkarte der Muslime. Die Seldschuken erreichten einen Sieg über das christliche Byzanz und eine vorübergehende Einnahme Jerusalems. Dies war dann schließlich der Auslöser für die christlichen Kreuzzüge. Der Einfall der Mongolen sorgte dafür, dass sich der Islam im Osten bis nach China ausdehnte, weil die Eroberer die Religion ihrer Untertanen annahm. Nachdem das Mongolenreich zerfiel und in Kleinstaaten aufgeteilt wurde, konnte sich eine glänzende islamische Kultur entwickeln. 1.3. Die Theologie des Islam Der Gott der Muslime heißt Allah. Muslime glauben an die Existenz eines einzigen, personalen Gottes, Schöpfer und Erhalter der Welt. Für die Muslime ist ihr Gott immanent (innewohnend) und transzendent (übersinnlich). Für die Muslime war Muhammad (Allahs Segen und Heil auf ihm) der letzte Prophet und auch dieser war nicht sündenlos, weil selbst im Koran über Fehler des Propheten berichtet wird. Gott offenbarte für die Muslime sein Wort im Koran. Dieser Schrift ist unbedingt Folge zu leisten. Für die Muslime ist Religion und Wissenschaft miteinander vereinbar, denn nur die Religion sucht die letzte Ursache des Kosmos und nur die Religion kann ein Wertesystem, Sinnhaftigkeit und Qualität ermitteln und ermessen. Die Schöpfungsgeschichte des Koran weicht sehr von der Bibel ab. Die Muslime glauben daran, dass die Erde urknallähnlich entstanden ist und dass alles Leben im Wasser entsprang. Somit zählen sie auch die Amphibien zu den ersten Lebewesen im Islam. Ähnlich wie die Christen glauben auch die Muslime an ein letztes Gericht und der damit verbundenen kosmischen Katastrophe. Im Islam werden einem die Sünden vergeben, solange man seine Reue bekundet. Allerdings ist das Leben nach dem Tod kein zwangsläufig eintretendes Ereignis, sondern von Gottesgnaden abhängig. Im Islam gibt es fünf Säulen, die die gottesdienstlichen Verpflichtungen darstellen. Diese Säulen sind von jedem Moslem strengsten einzuhalten und nicht abänderbar. Die erste Säule ist das Glaubensbekenntnis. Ein Moslem bekennt laut, dass er an Mohammad (Allahs Segen und Heil auf ihm) und Allah glaubt. Er findet in der Hingabe an Gott seinen Frieden, aber nur durch die Religion des Islam. Die zweite Säule ist das Gebet. Ein Moslem kann jederzeit privat beten, wie und wo es ihm gefällt. Allerdings ist er dazu verpflichtet fünfmal am Tag das rituelle Gebet zu verrichten. Dieses Gebet darf nur in arabischer Sprache gesprochen werden, muss zu bestimmten Zeiten und unter spiritueller Reinheit erfolgen. Wichtig ist, dass sich der Betende, Richtung Mekka ausrichtet. Die dritte Säule der gottesdienstlichen Verpflichtungen ist das Fasten im Monat Ramadan. Dieser Monat richtet sich nach dem Mond und verschiebt sich somit jährlich um bis zu elf Tage. Es ist also schon ein erheblicher Unterschied, ob man zwölf oder siebzehn Stunden auf Essen, Trinken, Rauchen und sexuelle Handlungen verzichtet, denn ein gläubiger Moslem fastet im Ramadan vom Sonnenaufgang bis zum Sonnenuntergang. Die vierte Säule der Verpflichtungen ist die Pilgerfahrt nach Mekka, die jeder Muslime einmal in seinem Leben antreten sollte, sofern es ihm finanziell möglich ist. Die letzte gottesdienstliche Aufgabe ist die Abgabe der Sozialsteuer, ähnlich dem Kirchenzehnt. Der Verwendungszweck dieser Steuer ist im Koran genau festgelegt. Die Steuer, die nicht auf das Einkommen, sondern auf das Vermögen erhoben wird, muss an Notleidende, Verschuldete, Gefangene oder an die staatliche Verwaltung, die Missionierung oder Förderung des Islam gehen. Somit ist die Steuer auch ein Symbol für Solidarität gegenüber dem Gemeinwesen im islamischen Staat. 2. Ethik und Recht im Islam 2.1. Rechtsgrundlagen im Islam Im Islam gibt es kein lesbares Gesetzesbuch. So ist die Hauptquelle des islamisches Rechts der Koran. In diesem Buch widmen sich circa 600 von 6200 Versen dem normativen Recht. Die göttlichen Normen und Prinzipien des Korans, sowie das darin beschriebene Vorbild und die Lehre der Propheten sind für Moslems die Rechtsgrundlage. Unter Verwendung von Analogieschlüssen aus dem Koran wurde ein Juristenrecht entwickelt. Analogieschlüsse müssen allerdings strenge Kriterien befolgen. Sie müssen ausschließlich dem öffentlichen Wohl dienen, man muss ihre Notwendigkeit beweisen und sie müssen Kontinuität haben. So müssen auch alle neuen Gesetze in einem islamischen Staat auf den Koran zurückführbar sein. Eine weitere Quelle des Rechts ist der Konsens der Rechtsgelehrten, denn Muhammad (Allahs Segen und Heil auf ihm) hat einmal gesagt: ,,Mein Volk wird nie in einem Irrtum übereinstimmen." Letztendlich gibt es in einem muslimischen Staat in letzter Instanz nur eine Rechtsquelle und die ist Gott. Einzig und allein für die Organisation des Staates hat der Koran einen Spielraum gelassen, dessen Rahmen adäquat auf Veränderungen reagieren kann. Denn der Koran gewährt den Staatsführern die Möglichkeit Rechtsvorschriften zu erlassen, die zu Erfüllung der Staatsaufgaben nötig sind. Das Strafrecht im Islam ist in drei Kategorien aufgeteilt. Die folgenden Kategorien sind gleichzeitig in Rang- und Reihenfolge aufgestellt. Die erste Klasse beinhaltet Straftaten, die im Koran und in der Sunna genannt sind, wie zum Beispiel Ehebruch, Diebstahl und Alkoholgenuss. Mögliche Strafen hier wären Auspeitschen, Handabhacken oder sogar die Todesstrafe, wenn eine Frau ihren Mann betrügt. Die zweite Kategorie beinhaltet Straftaten, wie schwere Körperverletzung und Mord. Die Strafe hier ist entweder Blutzoll oder eine andere Form der Entschädigung. Die letzte Klasse besteht aus Straftaten, die gegen die Gebote und Verbote Allahs verstoßen. Hier liegt dann die jeweilige Strafe im Ermessen des Richters. Dieser kann bei dieser Art von Verstößen auch die Todesstrafe verhängen. Es ist also schon ersichtlich, dass sich das Strafrecht in den islamischen Staaten deutlich von dem der so genannten zivilisierten Staaten unterscheidet. Es ist teilweise mit unserem Menschenverständnis nicht vereinbar, dass man einen Menschen für seine Taten körperlich züchtig oder ihn sogar tötet. Hinzu kommt, dass der Aspekt der Blutrache fern jeglichen europäischen Denkens liegt. Anzumerken ist allerdings, dass in den meisten islamischen Staaten dieses Strafrecht noch immer unverändert angewendet wird. Ein weiterer Unterschied zu dem uns bekannten Rechtssystem ist im Islam auch, dass man für Vergehen bestraft werden kann, die im Koran stehen. Sicherlich darf man in Deutschland weder stehlen noch töten und diese Delikte stehen auch in der Bibel unter Bestrafung, aber im Islam gilt der Umkehrschluss, alles was im Koran verboten ist, ist auch tatsächlich nicht im Staat erlaubt. So würde sich in Europa niemand strafrechtlich, höchstens moralisch über einen Ehebruch erzürnen. Im Islam hingegen steht darauf die Todesstrafe, wobei hinzuzufügen ist, dass nur die Frau bei Ehebruch mit dem Tode bestraft werden kann, der Mann hingegen muss maximal eine Art Abfindung, also das Brautgeld zahlen, wenn er den Ehebruch beging. Mehr zu der Stellung von Mann und Frau finden Sie unter Punkt 2.4. 2.2. Durch den Koran begründete moralische Kategorien Die moralischen Gebote des Islam finden sich natürlich in der Sunna und im Koran, wobei die starren Regeln auch hier einen Spielraum erlauben zwischen absolut gebotenem Verhalten, wie zum Beispiel dem Beten und absolut verbotenem Verhalten, wie Ehebruch und Mord. Dazwischen gibt es Taten, die üblich, erwünscht, unerwünscht oder sogar moralisch neutral sind, oder solche, die man meiden sollte. Grundsätzlich gilt, dass alles erlaubt ist, was nicht verboten ist. Dennoch ist dies nur die Theorie. In der Praxis gibt es die Tendenz zur schwarz-weiß Malerei und man kann sich nur an Geboten und Verboten orientieren. Im Islam gilt, dass die Taten nur nach den verfolgten Absichten zu beurteilen sind, was natürlich implizieren könnte, dass allein das gute Motiv reiche, um sich auch für ,,schlechte Taten" rechtfertigen zu können. Aber auch die allgemeinen Moralvorstellungen der westlichen Welt gelten im Islam. So sind zum Beispiel Leben, Körper, Ehre und Eigentum der Mitmenschen nicht zu verletzen. Es gilt weiterhin, dass ein Muslim danach streben sollte gerecht, gütig, fleißig, vertrauenswürdig, diskret und ehrlich zu sein. Im Islam gilt das Verbot jeglichen Selbstmordes, sei es der schnelle oder der langsame Tod, denn auch Kettenrauchen und Alkoholismus als Selbstzerstörung sind verboten. Des Weiteren gilt das Verbot jeglichen Konsums von Mitteln, die das Denken oder die Selbstkontrolle beeinflussen könnten. Weiterhin werden Wahrsagerei, Astrologie und Kaffeesatzlesen im Islam missbilligt. Männer und Frauen haben sich auch so zu kleiden, dass davon keine sexuellen Provokationen ausgehen und erotisch aufreizende, suggestive oder hypnotisierende Musik ist den Muslimen nicht erlaubt. Des weiteren sind moralische Grundwerte wie auch: Gerechtigkeit, Gleichwertigkeit aller Menschen, Gemeinwohl kommt vor Eigennutz, Verantwortlichkeit, Familiensinn, Wertschätzung von Güte, Verlässlichkeit, Unbestechlichkeit, Ehrlichkeit, Aufrichtigkeit, Sauberkeit, Tapferkeit, Mitgefühl, Opferbereitschaft, Genügsamkeit und Bescheidenheit im Islam tief verankert. Es ist also beruhigend, dass es im Islam ähnliche moralische Wertvorstellungen gibt wie in Europa (würden alle Muslime diese Gebote und Verbote einhalten, wäre der islamische Staat ja zwangsläufig das beste Gesellschaftssystem der Welt). Dennoch sind uns viele Zwänge und Vorschriften sehr fremd und widersprechen unserer Kultur. Zum anderen darf man nicht vergessen, dass auch Theorie und Praxis im Islam manchmal weit entfernt voneinander sind. Denn die islamischen Extremisten scheinen das Tötungsverbot und das Recht des Nächsten nicht so zu achten, wie man sich das vorstellen würde. Das liegt daran, dass der Koran zwar all diese moralischen Gesetze aufstellt, aber auch gleichzeitig der bewaffnete Kampf gegen die Ungläubigen befürwortet wird. So kommt es denn - wie bei jeder Buchreligion - zu unterschiedlichen Auslegungen des Korantextes. Das hat zur Folge, dass sich unterschiedliche Strömungen im Islam gebildet haben, von den gemäßigten Islamisten bis zu den Extremisten. Und je nachdem wird dann auf die eine oder andere moralische Vorschrift des Koran mehr oder weniger Wert gelegt. 2.3. Menschenrechte im Islam? Im Islam gibt es im Grunde genommen das Wort Menschenrechte nicht, da alle Individuen Gottes Geschöpfe sind und somit sind sie keine eigenständigen Träger von Rechten, denn nur Gott verleiht und gewährt Rechte. Auch wenn es die klassischen Menschenrechts-bewegungen wie in Frankreich und den USA nicht gab, so kann man doch feststellen, dass viele Menschenrechte schon seit 1400 Jahren im Koran verankert sind. Diese sind allerdings nur als Reflexivrecht formuliert. Denn zum Beispiel aus dem Verbot des Tötens lässt sich das Recht auf Leben ableiten. Aus dem Verbot des Diebstahl kann man das Recht auf Eigentum erkennen und das Gebot der Konsultation lässt das Recht auf politische Partizipation erkennen. Dennoch darf man nicht vergessen, dass der Islam ständig in Konflikte mit den Menschenrechten gerät. Dies allein lässt schon das Rechtssystem des Islam erkennen, denn Körperstrafen und Todesstrafen, die das islamische Strafrecht verlangen, verstoßen gegen die aktuellen Menschenrechtskonventionen, werden allerdings immer noch täglich im Islam praktiziert. Außerdem basiert das Familienrecht des Islam auf der Annahme, dass Männer und Frauen physisch und psychisch unterschiedlich sind. Das bedeutet in der Praxis, dass die Frau und der Mann weder in der Familie noch vor dem Gesetz gleich behandelt werden. Also sind in der Realität nicht alle Menschen gleich. Und auch das ist ein Verstoß gegen die weltweit geltenden Menschenrechte. 2.4. Die Stellung der Frau in der islamischen Gesellschaft Laut Koran sind Männer und Frauen gleichwertige Geschöpfe, die sich gemeinsam Gott hingeben und darin in der Partnerschaft Glückseeligkeit erreichen. Männer und Frauen haben also die gleichen religiösen Rechte und Pflichten. Der Koran sieht vor, dass sich Männer und Frauen ergänzen. Somit ist der Grundstein für die klassische Rollenverteilung zwischen Mann und Frau gelegt. Die Frau kümmert sich um Haushalt und Kinder, der Mann kommt in den Genuss der Bildung, darf das Geld verdienen und wird zu Hause wie ein Sultan bedient. Der Koran schreibt weiterhin vor, dass diejenigen, die es können, heiraten sollen und zwar mit Ehevertrag. Denn wird eine Frau geheiratet, erhält sie ein Brautgeld vom Mann, welches nicht unerheblich ist. Dieses Geld ist sozusagen ihre Altersversicherung. Kritiker des Islams behaupten auch, dass das Brautgeld eine Art geringe Bezahlung für die lebenslange Schufterei im Haushalt ist. Mit dem Eingehen der Ehe erhalten beide das Recht ihren Geburtsnamen zu behalten, ein eigenes Vermögen anzuhäufen und sich beruflich zu entfalten. Allerdings werden diese Rechte in der Praxis nur dem Mann zugestanden, denn eine Frau könnte sich zwar beruflich bilden, aber im Islam sind alle Einrichtungen für Männer und Frauen getrennt und Frauen dürfen auch nur von Frauen unterrichtet werden, sowie Männer nur von Männern. Nun steht also die Frage im Raum, wenn die Männer nun schon immer die Vorherrschaft hatten, wer denn die Frauen unterrichten soll, denn es gibt ja keine ausgebildeten Lehrer. Kann also eine Frau keinem Beruf nachgehen, kann sie also auch kein eigenes Vermögen anhäufen. Diese Möglichkeit steht nur dem Manne zu Verfügung. Somit gerät die Frau in eine weitere Abhängigkeit in der Ehe. Ein anderer Aspekt ist, dass es im Islam immer noch die Sozialstruktur der Großfamilien gibt. Somit ist das erklärte Ziel, so viele Kinder wie möglich groß zu ziehen. Und wie sollte eine Frau bei zehn Kindern noch arbeiten gehen, wenn sie ihren Mann und die Söhne wie Könige bedienen muss? Da der Islam die Familie immer noch als Basis für die Großfamilie, und die wiederum als Grundlage für den Stamm ansieht, welcher schließlich eine Nation bildet, ist im Islam die Frau, welche die Familie umsorgt immer noch angesehener als beruftätige Frauen. Gerade das erschwert auch diverse Frauenrechtsbewegungen im Islam, beziehungsweise macht diese nahezu unmöglich. In den letzten sechzig Jahren, seit dem es Frauenrechtsbewegungen in der islamischen Hemisphäre gibt, sind immer noch keine nennenswerten Erfolge erzielt worden. So gibt es zum Beispiel immer noch kein Wahlrecht für die Frauen. Eine weitere Ungerechtigkeit in dem System der islamischen Ehe zeigt sich, wenn man feststellt, dass ein Moslem durchaus eine Jüdin oder Christin ehelichenen darf, aber einer Muslima ist es nur gestattet innerhalb ihrer Religion zu heiraten. Wie schon erwähnt, geht der Islam von den physischen und psychischen Unterschieden zwischen Mann und Frau aus, was allerdings nicht nur impliziert, dass der Mann über der Frau steht, sondern das besagt auch, dass der Mann dazu verpflichtet ist seine Frau zu schützen. Auch zur Familienplanung äußert sich der Koran (beziehungsweise die gezogenen Analogieschlüsse). Es ist erlaubt zu verhüten, wenn der Kindersegen die Grenzen der sozialen Verträglichkeit sprengt. Als letzter Punkt in Bezug auf die Ehe ist zu sagen, dass die Scheidung einer Ehe unter den Muslimen als die hassenswerteste Handlung überhaupt gilt. Allerdings ist es einem Mann erlaubt, erneut zu heiraten, einer Frau hingegen nicht. Hinzu kommt, dass in der islamischen Gesellschaft auch heute noch ausschließlich die Frau für das Scheitern der Ehe verantwortlich gemacht wird. Selbst wenn der Mann fremdgehen sollte, ist dies auf das Versagen der Ehefrau zurück zu führen. Man sieht also deutlich, dass die Frauen an einer Unterprivilegiertheit gegenüber den Männern leiden und das stellt man nicht nur am äußeren Erscheinungsbild fest, denn die Frauen müssen ihren gesamten Körper, außer Hände und Füße verhüllen. Es gibt Stimmen, die meinen diese Verhüllung hätte einen emanzipatorischen Charakter, denn Frauen würden nicht nach ihrer Begierde, sondern nach ihren Fähigkeiten beurteilt, dies gilt gerade in der Arbeitswelt. Aber diese Logik greift nur, wenn es den jeweiligen Frauen frei gestellt wäre, sich zu verhüllen. Außerdem gibt es kaum berufstätige Frauen im Islam. Das zweite oberste Gebot für Frauen ist neben der Verhüllung, dass es ihre Aufgabe ist, den Blick vor einem Mann zu senken. Sie sind dem Mann verpflichtet und dienen diesem. Schon die Mädchen ab dem siebenten Lebensjahr werden zur zweiten Dienstleistende neben der Mutter erzogen und müssen ihre Brüder wie den Vater bedienen. Ein Ausbrechen aus diesen Traditionen ist schwer möglich, denn wie schon oben geschildert dürfen Frauen nur mit Frauen verkehren (außer mit ihrem eigenen Ehemann oder in der Anwesenheit der gesamten Familie auch mit den männlichen Verwandten). Dies schließt auch ein, dass sich Frauen nur von Frauen behandeln lassen dürfen. Da es aber wenig ausgebildete Frauen gibt, gibt es noch weniger weibliche Ärzte. Dies hat auch zur Folge, dass im Islam die gesundheitliche Versorgung für die Frauen sehr schlecht ist. Es ist also schon so, dass sich Frauen im Islam eindeutig dem Mann unterordnen müssen und fast keinerlei Rechte besitzen. Dies widerspricht unserem fortschrittlichen europäischen Denken. Zumal wir schon fast die Emanzipation überwunden haben und Frauen den Männern nahezu gleich gestellt sind, während im Islam immer noch Frauen gesteinigt werden, wenn sie Ehebruch begehen. Und diesen Ehebruch muss der Mann nicht einmal beweisen können. Es genügt schon, seine Frau dieses Verbrechens zu beschuldigen. Irgendwelche Stammesangehörige werden sich dann immer finden, die dieses Ereignis mit hundertprozentiger Sicherheit bezeugen können. 3. Der islamische Staat und seine Institutionen 3.1. Grundbausteine des islamischen Staates Im Grunde genommen gibt es im Islam keine Trennung zwischen dem Staat und der Religion, weil Allah alle Bereiche dominiert. Somit ist das Ziel eines islamischen Staates schon vor 1400 Jahren formuliert worden: Das Errichten einer Großgemeinde (Umma), welche alle Muslime in sich vereint. Diese Vereinigung soll in einem Staate geschehen, in dem keinerlei Gewaltenteilung herrscht. Es soll ein Primat regieren. Dabei ist es gleichgültig, ob dieser einen König- oder Kaisertitel hat, oder sich gar Präsident nennt. Die Tagesgeschäfte werden dann meistens von einem (Schatten-)Kabinett übernommen. Sollte es islamische Staaten mit so genannten Parlamenten geben, haben sie nicht die uns bekannten Aufgaben, sondern dienen nur der Wahrung des Scheins. Parlamente sind also keine Elemente der Demokratie, wie zum Beispiel in Europa. Eigentlich beschäftigt sich der Koran nicht mit dem Staat, sondern nur mit der Gestaltung einer idealen muslimischen Gesellschaft. Somit impliziert der Koran keine bestimmte Staatsform, sondern nur Normen für die gläubige Gemeinde. Die oberste Norm ist, wie schon erwähnt, dass jede Staatsform ein Oberhaupt haben muss, welches sich von der Religion leiten lässt und auch die Ausübung dieser im Staat kontrolliert. Seine Ernennung sollte über eine Wahl erfolgen und er ist für die Amtsführung individuell verantwortlich. Ein anderer Aspekt ist, dass jeder Muslime im Prinzip den Rang eines Stadthalters oder Sachverwalters Gottes besitzt. In jedem muslimischen Staat muss die Gerichtsbarkeit unabhängig sein, die die Gesetze des Koran überwacht und bei Fehltritten über diese richtet. Die islamische Gemeinde kann im Grunde genommen multireligiös sein, da die verschiedenen Religionsanhänger eine Kopfsteuer entrichten. Diese Grundzüge wurden auch teilweise aus der Urgemeinde in Medina abgeleitet, die auf einer Art Gesellschaftsvertrag aufbaute. Laut der modernen Koranauslegung muss ein Staat nicht zwangsläufig theokratisch sein. Staat und Religion müssen nur harmonisch aufeinander bezogen sein und bis zu einem gewissen Grad integriert werden. Daraus lässt sich ableiten, dass der Islam nichts gegen eine republikanische Staatsverfassung einzuwenden hätte. Würde man so einzig den idealen beziehungsweise den möglichen Handlungsspielraum eines islamischen Staates betrachten, ergebe sich zwangsläufig die Schlussfolgerung, dass diese Staatsform demokratisch, weil sie pluralistisch ist und Rechtsstaatlichkeit für sich beanspruchen kann, weil sie eine Gewaltenteilung besitzt. Leider sieht die Praxis anders aus. Denn im Zuge der Re-Islamisierung haben die meisten Staatsoberhäupter ein totalitäres Regime aufgebaut, weil sie aus den Fehlern des 17., 18. und 19. Jahrhunderts gelernt zu haben meinten. Durch Einfluss von außen seien damals die Grundlagen für einen islamischen Staat weg gebrochen. Um dieses im 21. Jahrhundert zu verhindern, werden jegliche nichtislamischen Einflüsse unterdrückt, verboten und bekämpft. So gibt es in islamischen Staaten keine parlamentarische Demokratie, keine Parteien oder Parlamente, die auf einer pluralistischen Entscheidungsfindung basieren. Außerdem fehlt teilweise die Presse- und Meinungsfreiheit und wenn eine Gewaltenteilung existieren sollte, besteht diese nur auf dem Papier. Es fehlen also in den islamischen Staaten jegliche Elemente einer Demokratie. 3.2. Die Wirtschaft des Islam Auch für den Aufbau der Wirtschaft finden sich im Koran die entscheidenden Hinweise. So soll es im islamischen Staat eine soziale Marktwirtschaft geben. Schutz von Privateigentum (auch an Produktionsmitteln), sowie Schutz des Luftraumes, der Gewässer, der Weiden, der Wälder und der Bodenschätze als natürliche Ressourcen sollten gewährleistet sein, wobei letzteres unter Kontrolle der staatlichen Führung stehen sollte. Im Islam ist es verboten, das Kapital festverzinslich einzusetzen. Man darf das Vermögen nur so anlegen, dass Kreditnehmer und Geber davon profitieren oder gemeinsam den Verlust tragen. Dennoch ist hierbei eine Versicherung von Risiken auf Gegenseitigkeit erlaubt. Versteuert wird nur das Kapitalvermögen und zwar einkommensunabhängig. Spekulationen, Wetten und Horten, sowie Monopolbildung ist im islamischen Staat verboten. Somit gibt es weder eine Börse noch ein Wirtschaftszentrum. Normalerweise ist das Leben in Luxus sowie das Schmarotzen im Islam ebenfalls verboten. Die islamische Wirtschaft soll dem Gemeinwohl und den Menschen dienen, fern jeglichen Profitdenkens. Dies ist allerdings mehr eine Wirtschaftsmoral als ein Wirtschaftssystem und kein Land setzte bisher diese Ansprüche des Korans um, oder wie sonst lassen sich die arabischen Ölstaaten in ihrer Existenz erklären. Es ist vielmehr so, dass sich die Wenigen, die die Möglichkeiten haben, am Öl bereichern und somit die Bodenschätze für sich allein beanspruchen und die Mehrheit der Bevölkerung in Armut lebt. Dennoch ist ein erster Ansatz dieser Wirtschaftsmoral seit der Ölkrise umgesetzt worden. Es gibt in den islamischen Staaten erste Banken, die ein zinsfreies Darlehen vergeben. 4. Die Anfänge islamischer Staaten 4.1. Die islamische Urgemeinde Umma Als Mohammad (Allahs Segen und Heil auf ihm) Anfang des 7. Jahrhunderts aus Mekka nach Medina vertrieben wurde entstand die erste Urgemeinde des Islam. Sie wird auch Umma genannt. Diese Entstehung wurde rückwirkend von den Geschichtswissentschaftlern vielfach als historischer Prozess der arabischen Staatenbildung klassifiziert, denn die Nomadenstämme, die der neuen Religion beitraten wurden sesshaft und es entstand, wie das Wort Umma in der Übersetzung schon sagt, eine Nation als neuartige Form der Gemeinschaft. Diese Gesellschaft war nicht mehr durch die triviale Loyalität gekennzeichnet, die durch die Einbettung eines Individuums in seinen Clan oder Stamm entsteht, sondern wurde vielmehr durch das religiöse Bekenntnis geprägt, welches jetzt ein neues Kennzeichen war. Sozusagen gab die Religion den Anstoß zur Staatenbildung. In der Umma waren sich nicht mehr Stammesgenossen untereinander verpflichtet, sondern ein Moslembruder dem anderen. Es entstand also ein Staat, wo zuvor keiner war. Im Laufe der Zeit expandierte das Staatswesen der Araber über seine Grenzen des arabischen Staatsraumes hinaus. Historiker meinen aber, dass die Ausbreitung dieses Staates erst die Voraussetzung war für die Verbreitung der Religion. Dennoch darf man nicht verkennen, dass Muhammad (Allahs Segen und Heil auf ihm) eigentlich keinen richtigen Staat hinterließ, sondern nur ein Gemeinwesen, welches durch die wichtigsten Merkmale eines Staates gekennzeichnet wurde. So gab es einen relativ hohen Grad der Zentralisierung. Es gab die Vorstellung von einem Primat der Gesetze oder zumindest die einer höheren Autorität, die bei der Beilegung von Konflikten beteiligt war. Den einzelnen Amtsinhabern (Kalifen) standen unabhängige Institutionen zur Ausübung administrativer staatlicher Aufgaben zur Verfügung. Außerdem gab es Anfänge eines geregelten Steuersystems. Denn zum einen gab es die soziale Abgabe als gottesdienstliche Verpflichtung, zum anderen mussten die zur Umma gehörenden Stämme eine Abgabe leisten und Nichtmoslems mussten eine Kopfsteuer entrichten, damit sie in der muslimischen Gemeinde bleiben dürfen und geschützt werden. Ein weiterer Aspekt ist, dass die Umma einen urbanen Charakter hatte, dass heißt, die Kopfsteuer ermöglichte Andersgläubigen das Ausüben ihrer Religion (und Ziel war dann nicht die Missionierung, weil somit eine Einnahmequelle versiegen würde). Zum letzten Merkmal der Umma gehörte auch, dass es teilweise sehr ausgeprägte ökonomische Strukturen gab. So zum Beispiel in der Stadt Higaz. Letztendlich wurde der Kampf zwischen Stamm und Staat zu Gunsten des Staates entschieden - allerdings mit Hilfe des Islam. 4.2. Die drei islamischen Großreiche im 16./17. Jahrhundert Zu Beginn des 16. Jahrhunderts teilte sich die Welt der Muslime in drei große politische aber auch religiöse Machtbereiche auf. In das Osmanische Reich, in das Kaiserreich in Indien und in den theokratischen Staat Iran. Im Osmanische Reich auf der Arabischen Halbinsel bestimmten die Sunniten das Schicksal des Landes. Dieser straff organisierte Staat ist fast mit einem totalitären Staat vergleichbar. Das Staatsoberhaupt, der Sultan stellte sicher, dass die Religion den obersten Stellenwert im Land einnahm und ließ sich auch von dieser leiten. Hinzu kamen eine gut strukturierte Verwaltungsbasis und ein starkes Militär. Das propagierte Ziel war der ,,dsch-ihad" - also der Heilige Krieg gegen alle Ungläubigen im Reich. Juden und Christen waren allerdings in den Augen der Moslems als Buchbesitzer keine Ungläubigen, sondern durften gegen eine Abgabe weiter ihre Religion ausüben und hatten sogar eine Vertretung beim Sultan in Istanbul. Allerdings setzte der Sultan Provinzherren in den eroberten Gebieten ein. Diese nutzten dann ihre Stellung aus, um die Landstriche zu plündern und teilweise auch wirtschaftlich ausbluten zu lassen. Durch die Plünderungen wurden die wichtigsten islamischen Kunstschätze und Handschriften nach Istanbul gebracht. Das Osmanische Reich war ebenso wie die Urgemeinde durch einen Primat, unabhängige Verwaltungsinstitutionen, eine Art Steuersystem und einen urbanen Charakter gekennzeichnet. Allerdings fehlte dem Großreich eine Zentralisierung. Man bemühte sich zwar ein Machtzentrum in Istanbul aufzubauen, doch dieses Unterfangen war nicht von Dauer, wohl auch, weil das Osmanische Reich zu groß war, um es in dieser Zeit mit den damaligen Mitteln zu kontrollieren. Hinzu kam, dass das Osmanische Reich durch fehlgeschlagene Eroberungsversuche in Europa, durch die Entdeckung Amerikas und des Seeweges um Afrika geschwächt wurde. Diese Merkmale zeigen, dass sich das Staatssystem des Islam in dieser Region innerhalb von tausend Jahren kaum verändert hatte. Nur der Herrschaftsbereich war wesentlich größer geworden und das Volk war jetzt nicht mehr ausschließlich arabisch, sondern multikulturell. Die Sunniten hatten aber auch in Indien ihren Einfluss und errichteten dort ein Kaiserreich mit einem so genannten Mogulkaiser. Die sich anfangs widersetzenden Hindus wurden als Schutzbefohlene angesehen und konnten weiter ihrer Religionsausübung nachgehen, allerdings nur gegen die Abgabe der Kopfsteuer. Doch die Europäer, insbesondere die Engländer stellten eine Gefahr für den islamischen Staat dar. Seit 1774 setzte die Kolonialmacht in Indien einen britischen Generalgouverneur ein. Somit saß in Indien nur noch ein entmachteter Titelkaiser auf dem Thron. Nach einem Volksaufstand wurde 1857 der Gouverneur durch einen britischen Vizekönig abgelöst. Damit war die Herrschaft des islamischen Kaiser de facto beendet. Somit veränderte sich erstmals die Struktur eines islamischen Staates, denn das Staatsoberhaupt war nun kein Muslime mehr, sondern ein christlicher Brite. Das hatte erhebliche Folgen auch in der muslimischen Bevölkerung. Denn der Primat hatte immer die Aufgabe die Gesetze des Korans selbst zu leben und auch über deren Ausführung im Staate zu wachen. Da diese Aufgabe nun aber nicht mehr wahrgenommen wurde, sah die Bevölkerung die strengen Regeln des Korans auch nicht mehr so genau. Sie wurden auch offener für westliche Einflüsse. Als Indien 1947 die Unabhängigkeit erlangte, teilte sich das Land in das hinduistische Indien und den islamischen Staat Pakistan auf, wobei die Grenzen ausschließlich nach konfessionellen Gesichtspunkten gezogen wurden. Im Iran herrschten die Safawiden. Anfänglich gab es im Iran nur Stammesverbände. Daraus entstand ein straff organisierter Zentralstaat, der auf den Koran ausgerichtet war. Die Schiiten bauten hier einen theokratischen Staat der Schia auf. Die Staatsgewalt wurde also allein durch die Existenz eines Gottes legitimiert. Es entwickelten sich zu diesem Zeitpunkt enge diplomatische Beziehungen zu den Europäischen Staaten. Denn diese suchten in den Safawiden einen Verbündeten gegen das Osmanische Reich und die Safawiden profitierten von den Europäern in den Bereichen Technik und Wissenschaft. Doch der wachsende Einfluss Englands und Russlands zerstörte das Reich. Denn die europäischen Mächte waren einzig und allein darauf bedacht, ihre Interessen durchzusetzen. So zerbrach auch hier der islamische Staat, weil die Regierung sich nicht mehr an die Gesetze des Koran hielt. Es hat also den Anschein, als ob die islamische Bevölkerung in einem Staat ihre Religionsausübung stark von ihrem Primat abhängig macht. Nach dem Motto: Ist die Regierung fromm, so gottesehrfürchtiger sind auch wir und umgekehrt. Das würde natürlich implizieren, dass ein gut funktionierender Staat eine starke Zentralisierung und eine straffe Führung benötigt, um die Bevölkerung auf dem ,,rechten Weg" zu halten. Am Beispiel Iran sehen wir diese Annahme bestätigt, denn im Zuge der Re-Islamisierung Anfang des 19. Jahrhunderts gewannen die schiitischen Rechtsgelehrten immer mehr an Einfluss. Sie schafften es sogar, dass 1905 eine Klausel in der Verfassung geändert wurde. Fortan war das religiöse Recht eine Pflicht und ein Nichtmuslime wurde automatisch zum Staatsfeind. Und diese Verfassungsänderung war nur deshalb möglich, weil die islamische Partei zu diesem Zeitpunkt sehr mächtig war. 4.3. Die ersten nationalstaatlichen Versuche Durch die Befreiungsbestrebungen des Osmanischen Reiches entstand im Libanon, in Ägypten und Syrien ein Nationalgefühl. Diese Länder begannen sich vom Großreich zu emanzipieren, obwohl eigentlich das ideale Staatsmodell, sollte es so etwas geben, ein Großreich ist, welches alle Muslime in sich vereint. Dennoch setzte sich das Streben nach staatlicher Gliederung und Identität durch. Bedingt wurden diese nationalstaatlichen Bestrebungen wohl auch durch den zunehmenden Einfluss Europas. So sehen einige Historiker die Landung Napoleons 1798 als Beginn der nationalstaatlichen Bestrebungen. Europa brachte Staatsmodelle mit säkularisierten und liberalen Gesellschaften in das Gedankengut der Muslime. Aber auch Erfolge der Wissenschaft im Zuge der industriellen Revolution machten die Muslime empfänglich für neue Staatsvorstellungen. Muhammad Ali wollte die osmanische Provinz Ägypten erstmals zu einem Nationalstaat umformen. Er sah die europäische Unterstützung als eine Möglichkeit sich von den Osmanen zu befreien. Allerdings war diese Symbiose ein gefährliches Geschäft für Ägypten, denn sie begaben sich immer mehr in Abhängigkeit von den Briten unter dem Ziel sich vom Großreich unabhängig zu machen. Das traurige Ende dieses nationalstaatlichen Versuches war, dass die Ägypter ihren osmanischen Sultan gegen das britische Protektorat eintauschten. Die Folge war, wie überall, dass durch das Fehlen eines gläubigen Primaten sich auch die Bevölkerung immer mehr und mehr vom Islam abkehrte. Aber auch in der Türkei entwickelte sich unter den so genannten Jungtürken eine nationalstaatliche Bewegung, die ausschließlich auf die türkische Bevölkerung ausgerichtet war. Somit wurden die Araber ausgeschlossen. Die Folge war, dass die Türkei kein islamischer Nationalstaat wurde, denn sie brach radikal mit den islamischen Traditionen und führte Reformen nach europäischem Vorbild durch. Die Europäischen Großmächte nutzten diese Uneinigkeit des Osmanischen Reiches. So teilten Frankreich und England 1916 im geheimen Sykes-Picot-Abkommen das Osmanische Reich in eigene Interessensphären und Machtbereiche auf. So entstanden viele Einzelstaaten anstatt eines arabischen Reiches. 5. Zwischen Utopie und Wirklichkeit - islamische Staaten in der Gegenwart 5.1. Ägypten - Islamisten auf leisen Sohlen Als Gamal Abd al - Nasser noch Staatspräsident in Ägypten war (1952-1970), existierte in Israel und dem Westen ein erklärtes Feindbild für jeden Ägypter. Der Staat war straff organisiert und es gab eine staatlich gelenkte Wirtschaftspolitik mit dem Ziel Wohlstand und Fortschritt an den Nil zu bringen. Dieser Ruck ging in allen Bereichen des Lebens durch das Land. Fortschritt hieß der Wind, der den Ägyptern um die Nase wehte und da hatte der Islam wenig Chancen unter der Bevölkerung sich erfolgreich auf seine Wurzeln zurück zu besinnen. Die Nachfolger Nassers waren allerdings zu schwach und zu kurzsichtig, um diesen Kurs aufrecht zu erhalten. So zog sich in den siebziger Jahren der Staat immer mehr aus den Bereichen des öffentlichen Lebens zurück. Die zusätzliche Landflucht verstärkte dieses Problem. Die Folge waren soziale Elendsviertel in allen ägyptischen Großstädten. Darin sahen die Muslime ihre Chance. Sie sprachen die Menschen in den Slums direkt an, bauten dort eine Infrastruktur aus, die sie mit einer Art Kopfsteuer finanzierten. Sie gaben den Menschen Hoffnung und wieder ein Feindbild. Denn nachdem Sadal 1986 bis 1997 einen pro-westlichen Kurs einschlug, wurde der Feind in der eigenen Regierung gesucht, der den Staat durch die Orientierung gen Westen zerstörte, wie damals. So konnte der militante Islamismus immer mehr junge Männer für sich gewinnen, die ihr Leben für utopische Ziele riskierten, wie zum Beispiel einen islamischen Staat und Gerechtigkeit für alle. So wurden schließlich die Muslimbrüder, die sich gegen alles Westliche wenn nötig mit Gewalt sperrten, Anfang der achtziger Jahre zur stärksten politischen Kraft im Land. Ägypten wird heute durch viele Anschläge erschüttert. Der Staat befindet sich schon seit Jahren in einer Übergangsphase zwischen säkularen und religiösen Tendenzen und er wankt zwischen Demokratie und Diktatur. Verfolgt der Staat mal wieder zeitweise ein klares Ziel, sind die Islamisten schwach und anders herum. Solange sich Ägypten nicht für eine Richtung entschieden hat, wird es immer militante Moslems geben, die mit allen Mittel versuchen einen islamischen Staat aufzubauen, so wie es ihnen der Koran gebietet. Allerdings gehen Beobachter davon aus, dass sich die momentane Situation des Landes noch ein wenig halten wird, denn militante Islamisten und der Staat scheinen in einer Symbiose miteinander zu stehen. Denn der Staat rechtfertigt seine repressive Politik mit dem Aufrechterhalten der islamischen Gefahr und die militanten Islamisten wären als Staatsoberhäupter in Ägypten überfordert, weil ihnen ein Konzept zur Gestaltung eines Gottesstaates unter heutigen Bedingungen fehlt. 5.2. Palästina - die Frucht des Zorns In Palästina hält sich die Meinung, dass nicht die Juden der Feind sind, denn Zionismus wurde aus Europa importiert, lebten doch Muslime und Juden jahrhundertelang friedlich miteinander, sondern dass es gilt, dass 1948 verlorenen Land wieder zu gewinnen, aus dem die Vertreibung erfolgte. Der Zorn der Palästinenser begründet sich darin, dass sie nicht begreifen, warum sie für den Holocaust zahlen müssen. Nach dem Versagen der arabischen Bruderstaaten im Sechstagekrieg gegen Israel entwickelte sich in Palästina entgegen der Forderung im Koran ein starkes Nationalgefühl. Es bildete sich die PLO, eine nationale Befreiungsbewegung, die den bewaffneten Kampf gegen die Besetzer als Miliz aufnahm. In dieser Phase beschränkten sich die Muslimbrüder darauf die Gesellschaft zu islamisieren und hielten sich noch in den sechziger Jahren aus allen Gewaltaktionen heraus. Sie fühlten sich vornehmlich dazu berufen, an die Bevölkerung zu appellieren und diese an ihre ursprünglichen und alten islamischen Wurzeln zu erinnern. So kam der Hass gegen die Besatzer ganz von alleine. Man könnte also im übertragenen und auch im übertriebenen Sinne sagen, dass die Religion den Hass und die Kampfbereitschaft der Palästinenser gegenüber den Israelis schürte. Ende der siebziger Jahre traten die ersten militanten Islamisten in Palästina auf. Allerdings richteten sich ihre Gewaltanschläge zunächst auf die eigene Regierung, weil diese eine Re-Islamisierung verhinderte und gegen die Grundprinzipien des Islams verstieß. Nach dem Motto: der Feind meines Feindes ist mein Freund, gab es seitens der Israelis bis in die späten achtziger Jahre finanzielle Unterstützung für diese militanten Muslimbrüder. Somit unterstützten die Israelis eine gewaltsame Bewegung in Palästina, die ein Gegengewicht zur PLO darstellte, welche ihr eigener Feind war. Dies ging gut bis zum palästinensischen Bürgeraufstand Intifada Anfang der achtziger Jahre. Hier waren die Muslimbrüder nun gezwungen an der Seite der PLO in Erscheinung zu treten, um ihre Glaubwürdigkeit im Volke nicht zu verlieren. Aus diesem Bürgerkrieg ging die islamische Bewegung Hamas hervor, die zum stärksten und radikalsten Gegner einer friedlichen Lösung wurde. Seit den neunziger Jahren setzt die Hamas gezielt Selbstmordattentäter ein, um die Friedensverhandlungen zu stören oder Vergeltungsaktionen durchzuführen. All dies begründen sie durch den Koran, denn auch dieser fordere einen islamischen Staat und keinen israelischen, außerdem fordert der Islam förmlich zur Blutrache auf. In der Bevölkerung verschaffte sich die Hamas - ähnlich wie in Ägypten - Ansehen, indem sie sich für sie einsetzte, sich wohltätig beteiligte, am Aufbau der Infrastruktur half und somit die Lebenssituation vieler Palästinenser verbesserte. Es zeigen sich also hier Ansätze einer islamischen Wirtschaftsmoral. 5.3. Libanon - vom Terror zur Demokratie Im Libanon entstand in den sechziger Jahren die militante islamische Bewegung namens Hisbollah. Ihr Ziel war es, Israel und den Westen militärisch zu konfrontieren und sich somit auch Aufmerksamkeit für den Islam in der eigenen Bevölkerung zu verschaffen. Die Hisbollah terrorisierte das Land. Sie ging gegen die Besatzer im Süden des Landes vor und verschaffte sich somit Respekt unter der Bevölkerung. Selbstmordattentate und die spektakulären Entführungen westlicher Touristen, Staatsdiener oder Wirtschaftseliten sorgten für Aufsehen in der ganzen Welt. Ihr Ziel war die Utopie des islamischen Staates in die Wirklichkeit umzusetzen und den Einfluss des Westens zu verringern. Ihre Methode war der Fanatismus. Doch letztendlich hatte die muslimische Bevölkerung darunter am meisten zu leiden, weil sie ständig Opfer der israelischen Vergeltungsanschläge wurde. So musste die Hisbollah, um ihre Beliebtheit in der Bevölkerung nicht zu verlieren, sich für diese auch engagieren. So versorgte sie systematisch die Libanesen und setzte sich karitativ ein. Dies war natürlich nicht ganz uneigennützig, denn eine ausgebaute Infrastruktur bildet die Basis für einen erfolgreichen Widerstand. Mit dem sozialen Engagement wuchs auch das politische Betätigungsfeld der Hisbollah, sodass sie heute eine politische Organisation mit politischen Zielen ist. 5.4. Afghanistan - im Netz der Islamisten In Afghanistan fand die Islamisierung erst relativ spät statt. Wenn man bedenkt, dass das Land erst vor 250 Jahren islamisiert wurde, kann man nicht davon sprechen, dass Afghanistan Tradition hat. Und erst im Jahre 1964 wurde die absolutistische Monarchie in eine konstitutionelle umgewandelt. Um die in der Illegalität operierenden antidemokratischen Splittergruppen zu stoppen, wurden radikale Islamistengruppen gefördert, deren Merkmale eine extreme Frauenfeindlichkeit und Konservatismus waren. Als dann am 17. Juli 1973 die Republik ausgerufen wurde, unterwanderten die Islamisten die Armee, um den Staat immer wieder zu putschen. Die Bevölkerung begann sich von ihrer Regierung zu distanzieren, da diese gewisse Reformen wie zum Beispiel in Ehe und Scheidungsangelegenheiten, die Bodenreform und das Problem der Analphabetisierung zu schnell anging. Dies war mit der noch im Land herrschenden feudalen Stammeskultur nicht vereinbar. Die Islamisten instrumentalisierten diese Unzufriedenheit in der Bevölkerung. Als 1979 die damalige ÙdSSR in Afghanistan intervenierte, weil die politische, soziale und wirtschaftliche Lage zu prekär war, bekamen die putschenden Islamisten natürlich Hilfe von den USA und Afghanistan wurde zu einem weiteren Nebenschauplatz des Kalten Krieges. Auch wenn es innerhalb der militanten islamischen Strömung immer wieder zu Differenzen kam, waren sich doch alle Gruppierungen in der Frauenfrage einig. Die Frau sollte wieder zu dem werden, was sie war. Besonders die Gruppe der Modjahedin verachteten die Frauen und wollten diese das spüren lassen. Nach jahrelangen bewaffneten Kämpfen in Afghanistan, also nach jahrelangem Bürgerkrieg, übernahmen die Modjahedin die Macht in Kabul und verbannten die Frauen aus allen Bereichen des öffentlichen Lebens. Frauen wurden wieder zur bevorzugten Zielscheibe für Angriffe der Islamisten. Sie wurden brutal geschlagen, ermordet, vergewaltigt, entführt, zur Prostitution gezwungen, zwangsverheiratet oder verkauft. Besonders die Frauen der Hindus, denen in Afghanistan keinerlei Existenzberechtigung mehr eingeräumt wurde, hatten unter diesen Angriffen stark zu leiden. Mit der Machtübernahme der Islamisten kehrte der vom Volk erhoffte Frieden jedenfalls nicht zurück. Wegen der Priorität eigener politischer und ökonomischer Interessen gelang es diesen nicht, das Land gemeinsam zu regieren. So wurde der Krieg unter äußerster Brutalität fortgesetzt und es wurden auf allen Seiten mehrere hunderttausend Opfer beklagt. Unter diesen Bedingungen flüchteten die Intelligenz und die Facharbeiter in das Ausland. Die Bevölkerung war macht- und fassungslos und konnte nicht verstehen, warum die Verteidiger des zuvor angeblich gefährdeten Islam nun gegeneinander Krieg führten. Damit Pakistan und die USA ihren wirtschaftlichen Interessen im Land nachgehen konnten, musste etwas Ruhe in den Bürgerkrieg kommen, denn die Amerikaner wollten eine Ölpipeline durch das Land legen und das war nur möglich, wenn dafür eine gewisse Sicherheit und Stabilität gewährleistet wurde. Deswegen förderte die USA ab den neunziger Jahren die Taliban als eine eigenständige Kampftruppe. Sie belieferten die Taliban mit Waffen und Geld und hofften so, dass das Land etwas ruhiger werde, wenn eine Gruppe den Sieg erringen würde. Die Talibankämpfer wurden aus den Kriegswaisenkindern rekrutiert und erhielten eine religiös-fundamentalistische und militärische Ausbildung. Die historische Mission der Taliban wurde seitens der Westmächte darin gesehen, ganz Afghanistan zu besetzen, um die Bedingung für die Realisierung der ökonomischen, politischen und ideologischen Projekte der USA, Pakistans und Saudi-Arabiens zu schaffen. Das Terrorregime, welches die Taliban in Afghanistan aufbauten, nahm bisher nie da gewesenen Dimensionen an. Es verschärfte die von den Vorgängern eingeführten Einschränkungen für Frauen enorm. Arbeits- und Schulungsverbot für Frauen, Ausschluss von jeglichem kulturellen Zugang wurde fast zur Staatsdoktrin erhoben. Missachtung elementarster Menschenrechte, nie da gewesene Unterdrückung und Verfolgung ethnischer und religiöser Gruppen, die Verhängung und Vollstreckung grausamster, mittelalterlich anmutender Strafen wie Handabhacken, Aufhängen, Steinigen, die völlige Unfähigkeit der Grundversorgung der Bevölkerung in allen Bereichen waren die Kennzeichen des Taliban-Regimes. Erst als sich 1998 herausstellte, dass auch die Taliban nicht in der Lage waren, das ganze Land unter ihre Kontrolle zu bringen beziehungsweise die für eine Pipeline benötigte Sicherheit und Stabilität zu gewährleisten, gingen die USA auf Distanz zu den Taliban. Die US-Firma Unocal zog auf Empfehlung ihres Beraters, Henry Kissinger, ihre Pläne für eine Pipeline durch Afghanistan vorerst zurück. Was dann drei Jahre später nach dem 11. September geschah, ist sicherlich jedem bewusst. Heute sind die Taliban wieder eine anerkannte politische Kraft im Land, die sogar wieder an den Wahlen teilnimmt. 6. Schlusswort Abschließend ist zu sagen, dass der Islam laut dem Koran sehr heroische Ziele hatte, aber sich dennoch immer sehr schwer tat im Laufe seines Bestehens, diese in die Tat umzusetzen. Der Islam ist eine allumfassende Religion, die für sich beansprucht den Staat zu lenken. Dennoch gibt es keine muslimischen Staatskonzepte, die auf die heutige Wirklichkeit übertragbar und anwendbar sind. Und so bleibt dem Islam nur die Möglichkeit einer totalen Unterdrückung seiner Bevölkerung in einem Terrorregime oder der bewaffnete Widerstand in den Staaten, die zwar eine muslimische Bevölkerung aber keine muslimische Staatsführung aufweisen können. Es ist allerdings im 21. Jahrhundert fraglich, ob das Konzept des religiös gelenkten und bestimmten Staates überhaupt noch anwendbar ist. Die ganzen gewaltsamen Konflikte, die in diesem Zusammenhang auf der gesamten Erde auftauchen, verneinen diese Aussage deutlich. 7.1. Islam - staatsphilosophische Ansätze - gründender Prophet: Muhammad Hashim (Allahs Segen und Heil auf ihm) (17.6.5694.6.632), er sollte die Offenbarung auf arabisch vermitteln - bewaffnete Auseinandersetzung war ein fester Bestandteil als Mittel zur Ausbreitung der Religion - Ursprungsgebiet: Arabische Halbinsel, Ausbreitung auf der gesamten Welt (1,5 Milliarden Muslime) - Theologie: Gott ist ein personaler Schöpfer, das Glaubensbekenntnis, das formale Gebet, das Fasten im Monat Ramadan, die Pilgerfahrt nach Mekka und die Abgabe einer Steuer bilden die 5 Säulen des Islams - Rechtsgrundlage: Koran, Sunna und Analogieschlüsse daraus, harte Strafen für Missachtung von Geboten und Verboten des Korans - starke Unterdrückung und Unterpreviligiertheit der Frau - Staatsvorstellungen: Allah dominiert alle Bereiche, alle Muslime sollen sich in einer Großgemeinde vereinen, ein Primat wacht über die Ausführung der Religion im Land, die Umma kann multireligiös sein, Konzept einer sozialen Markwirtschaft [Schaubild aus Darstellungsgründen nur in Downloaddatei enthalten] 7.2. Glossar Monotheismus: der Glaube an einen einzigen Gott Diaspora: verstreut lebende konfessionelle Minderheit Tora: Buch der Juden Kaabe: architektonisches Kunstwerk in Mekka (der Kupperlbau im Inneren der Moschee, siehe Fronbild) Schiiten: Minderheit im Islam, die die Sunna verwirft und einen anderen Nachfolger Muhammads (Allahs Segen und Heil auf ihm) als Kalifen betrachtete Sunniten: Hauptströmung im Islam, die sich auf die Sunna beruft Kalif: Titel des weltlichen und geistlichen Herrschersim islamischen Feudalreich spirituelle Reinheit: das heißt mit gewaschenen Händen, Füßen und einem sauberen Gesicht Sunna: Buch der Muslime neben dem Koran, mit geringerer Bedeutung, enthällt das Leben und Wirken der muslischen Propheten, insbesondere Muhammad (Allahs Segen und Heil auf ihm) Blutzoll: Einforderung eines körperlichen Racheaktes (Auge um Auge, Zahn um Zahn) Brautgeld: ein hoher Geldbetrag, denn die Braut vom Ehemann bei der Hochzeit erhält theokratischer Staat: Gottesstaat; ein Staat, der ausschließlich auf eine Religion ausgerichtet ist Buchbesitzer: Bezeichnung für Religionsanhänger, deren Glauben auf einem Buch basiert (Juden, Christen, Muslime) Schia: Machtbereich der Schiiten Safawiden: persischer Dynastie (1502-1722) Jungtürken: extremistische länderübergreifende Organisation bzw. Partei Sadal: Nachfolger Nassers in Ägypten Muslimbrüder: extremistische länderübergreifende Organisation bzw. Partei